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POSITION | AUSSENWIRTSCHAFTSPOLITIK | GLOBALISIERUNG
Neues Momentum für die Globalisierung
Abhängigkeiten reduzieren und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit aufbauen
Globalisierung im Systemwettbewerb gestalten
Deutschland ist ein Export- und Importland. Sein wirtschaftlicher Erfolg hängt in hohem Maße vom Außenhandel ab. In den letzten Jahren sind jedoch die Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Globalisierung zunehmend unter politischen Druck geraten: Der Systemwettbewerb mit autokratisch regierten Staaten, der Hegemonialkonflikt zwischen den USA und China, die Folgen der Corona-Pandemie, die mit der Globalisierung einhergehenden ökologischen Kosten sowie die gegenwärtige Energiekrise stellen die Globalisierung vor große Herausforderungen. Die Europäische Union und Deutschland müssen neue Antworten auf diese Situation ohne Präzedenz finden.
Zudem ist die Welt mit einem Angriffskrieg auf dem europäischen Kontinent konfrontiert, der verdeutlicht: Autokratische Regime sind geneigt, wirtschaftliche Prosperität und Interdependenzen der inneren Stabilität und geopolitischen Ambitionen zu opfern. Systemwettbewerb wird auch in Zukunft ein Richtungsstreit zwischen regelbasierter Kooperation auf der einen und machtpolitischer Einflussnahme auf der anderen Seite sein. Dies fordert ein Umdenken in der Art, wie die deutsche Industrie Globalisierung als Stütze ihres wirtschaftlichen Erfolgs begreift
Erfolg und Nutzen der Globalisierung messen sich nicht nur an ihren Effizienzgewinnen. Globale Wertschöpfungsketten mussten und müssen künftig auch an Qualität und Belastbarkeit zunehmen. Diversifizierung und Resilienz spielen dabei eine wichtige Rolle. Diese nächste Stufe der Globalisierung verlangt ein verändertes Engagement von allen Akteuren: der Politik, der Wirtschaft und der Gesellschaft.
1. Unternehmen müssen den Wandel der Globalisierung aktiv mitgestalten
International tätige Unternehmen sind mehr denn je gefordert, den globalen Wandel ambitioniert und aktiv mitzugestalten und geostrategische Risiken in ihre Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Unternehmen können ihre Entscheidungshoheit nur dann bewahren, wenn sie den globalen Wandel mitgestalten: ökonomisch, ökologisch und sozial. Deswegen sind sie gefordert, eigene Standards zu etablieren und im Fall von Verstößen dagegen oder bei Gefahr der eigenen Verwicklung in diese Verstöße auch zum Rückzug aus Ländern bzw. Märkten bereit und fähig zu sein. Die Wahrnehmung privatisierter Gewinne und vergesellschafteter Verluste muss im Zustand der Dauerkrisen eine absolute ordnungspolitische Ausnahme bleiben.
2. Investitions- und Wirtschaftsstandort stärken
Im internationalen Wettbewerb brauchen Deutschland und Europa eine Position der Stärke und eine attraktive Ausstrahlung. Hierzu zählen neben Wohlstand und Innovationskraft auch bessere Voraussetzungen, um private und staatliche Investitionen aus dem In- und Ausland anzuziehen. Dazu gehört auch eine öffentliche Investitionsoffensive. Zudem müssen die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten hierzulande intensiviert und Technologietransfers begünstigt werden, um Deutschlands und Europas Innovationskraft zu steigern. Ein international wettbewerbsfähiges Unternehmenssteuerrecht würde zumindest in Deutschland die dafür nötigen privaten Investitionen in Forschung und Entwicklung spürbar erhöhen Gleichzeitig müssen die großen Potenziale im Bereich der digitalisierten Industrieproduktion (Industrie 4.0), bspw. mit dem digitalen Euro, gehoben werden, um Effizienzen und neues Innovationspotenzial zu schaffen Die Transformation, bspw. im Rahmen des Green Deal, darf nicht durch Verbote, ein enges Regelungskorsett oder Strafabgaben erzwungen werden. Vielmehr bedarf es mehr Freiräume und ambitioniertere Förderungen des Neuen und Nachhaltigen
3. Die deutsche Bundesregierung muss Außenwirtschaftspolitik auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene aktiver koordinieren
Die Thematik Außenwirtschaftspolitik bedarf einer zentralen Koordinierung in der Bundesregierung und einer intensiven Betrachtung im Deutschen Bundestag Gleichzeitig ist die Politik gefordert, die Wirtschaft in außenpolitische und außenwirtschaftliche Prozesse systematisch einzubinden. Bestehende handelspolitische Instrumente (Exportkreditgarantien, Länderbeschlusslagen) müssen evaluiert und verbessert werden.
Internationaler Handel und internationale Investitionen zu fairen Rahmenbedingungen sind die Voraussetzung zur Sicherung von Wachstum, Nachhaltigkeit und Arbeitsplätzen in Deutschland und der EU Die deutsche Bundesregierung muss sich auch auf Ebene der EU stärker für internationale Handelsregeln und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit Drittstaaten einsetzen, um die Wirtschaftsbeteiligten des Binnenmarktes vor unfairem Wettbewerb durch Dritte zu schützen. Erfolgreiche Instrumente müssen gemeinsam (national, europäisch, international) weiterentwickelt und verstetigt werden.
4. Ambivalenzen anerkennen und aushalten
Der hohe Nutzen des Freihandels und der weltweiten Vernetzung muss in der öffentlichen Debatte stärker verankert sein. Politisch getriebene und inhaltlich/technisch mangelhafte Initiativen, wie bspw. das Lieferkettengesetz, sind zu hinterfragen. Einer Schwächung und Fragmentierung der Welthandelsordnung und Protektionismus muss von allen Akteuren – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – entgegengewirkt werden.