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FuelEU Maritime: Kraftstoffe für eine nachhaltige Schifffahrt Empfehlungen der deutschen Industrie für die Gesetzgebungsinitiative
13. Oktober 2022 Dekarbonisierung der Seeschifffahrt wettbewerbsneutral und technologieoffen voranbringen Die Initiative FuelEU Maritime der Europäischen Kommission soll die Seeschifffahrt auf Kurs der europäischen Klimaziele bringen. Hierzu sieht der Vorschlag der Kommission vor, die Treibhausgasintensität von Seeschiffsverkehren auf Fahrten zwischen zwei EU-Häfen, zwischen EUHäfen und Dritthäfen sowie während des Aufenthalts in einem EU-Hafen kontinuierlich zu verringern. Den überwiegend technologieoffenen Ansatz der Europäischen Kommission zur Dekarbonisierung der Seeschifffahrt begrüßt der BDI. Zur Ausschöpfung der Dekarbonisierungspotenziale der Seeschifffahrt müssen der technologieoffene Ansatz und die ambitionierten Zielvorgaben von FuelEU Maritime beibehalten werden. Ein schneller Markthochlauf alternativer Kraftstoffe ist die notwendige Voraussetzung zur Realisierung der Treibhausgasminderungsziele der Seeschifffahrt. Damit dieser gelingt, sind eine Unterquote für RFNBOs im innereuropäischen Schiffsverkehr, die Zweckbindung von Sanktionszahlungen für die Finanzierung des Markthochlaufs nachhaltiger Kraftstoffe und Antriebstechnologien im maritimen Sektor sowie die Einführung von Flexibilitätsmechanismen zur unbürokratischen Anrechnung nachhaltiger Kraftstoffe notwendig. Hieraus resultiert Investitionssicherheit für die Inverkehrbringer nachhaltiger Kraftstoffe, die den Markthochlauf nachhaltiger Kraftstoffe verkehrsträgerübergreifend voranbringt. Carbon Leakage und Wettbewerbsverzerrungen müssen durch eine wettbewerbsneutrale Ausgestaltung der Verordnung ausgeschlossen werden.
Empfehlungen für FuelEU Maritime ▪ Technologieoffenen Ansatz beibehalten und Potenziale von Brückentechnologien nutzen: Der in FuelEU Maritime skizzierte "Well-to-wake"-Ansatz erfasst die Treibhausgasemissionen von Antriebstechnologien über deren gesamten Lebenszyklus. Dieser Ansatz muss beibehalten werden, um einen Einsatz der technologisch geeignetsten Optionen in den diversen Anwendungsbereichen der Seeschifffahrt zu ermöglichen und die Potenziale emissionsmindernder Brückentechnologien auszuschöpfen.
FuelEU Maritime: Kraftstoffe für eine nachhaltige Schifffahrt
▪ Treibhausgasminderungsziele an Klimazielen der EU ausrichten und Unterquote für RFNBOs einführen: Die Treibhausgasminderungsziele der FuelEU Maritime für den innereuropäischen Schiffsverkehr sollten an den Klimazielen der EU ausgerichtet bleiben. Die Einführung einer ambitionierten, zugleich aber realistischen Unterquote für RFNBOs im innereuropäischen Schiffsverkehr zahlt auf die Dekarbonisierung der Seeschifffahrt ein und schafft Investitionssicherheit für die Inverkehrbringer. ▪ Wettbewerbsgleichheit fördern und Carbon Leakage verhindern: Ambitioniertere Quoten für den Schiffsverkehr zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten lehnt der BDI ab, um die mit FuelEU Maritime einhergehende Benachteiligung der europäischen maritimen Wirtschaft und ihrer Kunden im internationalen Wettbewerb nicht weiter zu verschärfen und Carbon Leakage zu verhindern. Ein Bunkern von Kraftstoffen außerhalb der EU muss verhindert werden. Weitere Schritte sollten im Sinne der internationalen Wettbewerbsgleichheit in direkter Abstimmung mit der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) erfolgen. ▪ Anwendungsbereich auf kleinere Schiffe ausweiten und Pooling ermöglichen: Die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von unter 5.000 BRZ erlaubt die Dekarbonisierungspotentiale kleinerer Schiffe abzurufen und stärkt die Wettbewerbsgleichheit innerhalb der Europäischen Union. Ein Pooling Mechanismus – die Anwendung der Treibhausgasminderungsziele auf die ganze Flotte anstelle der einzelnen Schiffe – setzt schon heute Anreize für Investitionen in innovative Antriebstechnologien und sollte daher ermöglicht werden. ▪ Sanktionszahlungen zur Finanzierung des Markthochlaufs alternativer Kraftstoffe und der Förderung nachhaltiger Antriebstechnologien nutzen: Die Erträge aus Sanktionszahlungen für Verstöße gegen FuelEU Maritime müssen der Finanzierung des Markthochlaufs erneuerbarer und kohlenstoffarmer Kraftstoffe, dem Aufbau der zugehörigen Infrastrukturen wie Bunkeranlagen und Landstromanschlüssen in Häfen sowie der Förderung nachhaltiger Antriebstechnologien über den Ocean Fund oder alternative Fördertöpfe dienen. ▪ Flexibilitätsmechanismus zur Inverkehrbringung alternativer Kraftstoffe einführen: Die Bereitstellung von nachhaltigen und kohlenstoffarmen Kraftstoffen an EU-Häfen ist insbesondere zu Beginn der Markthochlaufphase mit hohem Aufwand verbunden. Daher sollte bis 2025 ein delegierter Rechtsakt der Kommission ein Book & Claim-System einführen, das die Verwendung, die Verteilung und den Vertrieb alternativer Kraftstoffe kosteneffizient und flexibel ermöglicht. Dies kann zum Beispiel durch den Handel mit Zertifikaten für klimafreundliche Kraftstoffe geschehen, ähnlich wie bei Ökostrom-Zertifikaten. Auf diese Weise könnten Kraftstoffe auch über ein europäisches und perspektivisch weltweites Book & Claim-System gebucht werden, um aufwändige Kraftstofftransporte zu vermeiden und breite Marktimpulse zu setzen. ▪ Infrastrukturausbau in Häfen sichern und Selbstversorgung von Schiffen über 2030 hinaus ermöglichen: Der Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur sowie die Verfügbarkeit nachhaltiger Kraftstoffe in den Häfen, müssen gewährleistet werden und dem Bedarf voraus gehen. Darüber hinaus muss die Energieversorgung von Häfen auf eine landseitige Stromversorgung von Schiffen vorbereitet werden. Die ETD und die AFIR müssen hierzu flankierende und kohärente Maßnahmen enthalten. Eine Selbstversorgung von in Häfen liegenden Schiffen, die klimaneutrale Kraftstoffe und fortschrittliche Abgasnachbehandlungssysteme nutzen (Near Zero Emission Technologies), sollte über 2030 hinaus ermöglicht werden.
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FuelEU Maritime: Kraftstoffe für eine nachhaltige Schifffahrt
▪ Definition von Null-Emissions-Technologien und Emissionsfaktoren technologieoffen ausgestalten: Für einen fairen Wettbewerb der in Annex II aufgelisteten alternativen Energieträger müssen diese die in der Produktion anfallenden Treibhausgasemissionen berücksichtigen. Eine pauschale Definition des Emissionsfaktors für Strom auf „Null“ verkennt die Diversität des Strommixes und ist daher abzulehnen. Daher ist auch in Annex III bei der Definition von NullEmissions-Technologien der Emissionsfaktor des eingesetzten Energieträgers als wesentliches Kriterium für die Definition der Klimafreundlichkeit eines Verkehrsträgers zu implementieren. ▪ Review Clause ergänzen: Eine Klausel zur Überprüfung der Vorgaben von FuelEU Maritime muss die EU-Kommission verpflichten, einen Mechanismus zu entwickeln, der ab 2030 Carbon Leakage und Wettbewerbsverzerrungen effektiv verhindert.
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FuelEU Maritime: Kraftstoffe für eine nachhaltige Schifffahrt
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Redaktion Marianne Berg-Letzgus Senior Manager Mobilität und Logistik T: +32 2 792 1009 m.berg-letzgus@bdi.eu Marco Kutscher Referent Mobilität und Logistik T: +49 30 2028 1751 m.kutscher@bdi.eu
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