3 minute read

OZG-Änderungsgesetz – OZG-ÄndG

Vorbemerkungen

Obwohl das Onlinezugangsgesetz (OZG) bereits 2017 verabschiedet wurde und damit mehrals fünfJahreZeit fürdie UmsetzungzurVerfügungstanden, ist es Bund und Ländern nicht gelungen, die darin enthaltenen Digitalisierungsverpflichtungen zu erfüllen. Das Ziel, bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen auch digital anzubieten, wurde deutlich verfehlt. Laut Jahresbericht 2022 des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) waren kurz vor Ende der Umsetzungsfrist von 575 angekündigten Verwaltungsleistungen erst 33 flächendeckend online verfügbar.

Dabei hat Deutschland bei der digitalen Transformation schon lange einen enormen Nachholbedarf. Im Digital Economy and Society Index (DESI), dem Digitalranking der Europäischen Union, liegt Deutschland in der Kategorie „Digitale öffentliche Verwaltung“ nur auf Platz 18 von 27. Das ist für die führende Industrienation Europas nicht hinnehmbar.

Ohne digitale und agile Verwaltungsprozesse verliert Deutschland als Innovations-und Investitionsstandortstetig anAttraktivität undZukunftsperspektiven. Ohne eine umfassende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist das Ziel des Koalitionsvertrages, die Dauer von Verwaltungsverfahren zu halbieren, nicht realisierbar. Ohne ein solches „Deutschland-Tempo“ sind letztlich auch die deutschen Klimaschutzziele nicht zu erreichen. Denn unzähligeGenehmigungsverfahrenfür Neu-undUmbauprojektetreffen weiterhin auf eine papierlastige und entsprechend ineffiziente Verwaltung, die gleichzeitig aufgrund des demografischen Wandels von einem immer stärkeren Personalrückgang betroffen ist.

Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung muss daher dringend vorangetrieben werden, sowohl für die Unternehmen als Poweruser der Verwaltung als auch für die Bürgerinnen und Bürger – alles muss digital laufen

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft – BDI, BDA, DIHK und ZDH – haben bereits im November 2022 in einer gemeinsamen Position „Verwaltungsdigitalisierungsgesetz“ ihre Erwartungen an und Vorschläge für die Weiterentwicklung des Onlinezugangsgesetzes dargelegt.1 Die vorliegende Stellungnahme ergänzt diese Position mit konkreten Änderungsvorschlägen für den vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) am 26. Januar 2023 vorgelegten Referentenentwurf eines OZG-Änderungsgesetzes.

1 bdi.eu/publikation/news/verwaltungsdigitalisierungsgesetz-ozg

Diedeutsche IndustriebegrüßtdieBemühungendes BMI,dieDigitalisierung der Verwaltung durch die Weiterentwicklung des Onlinezugangsgesetzes (OZG), des E-Government-Gesetzes (EGovG) und des IT-Netzgesetzes zu beschleunigen. Insbesondere der stärkere Einbezug der Kommunen, die explizite Adressierung des Themas Nutzerfreundlichkeit sowie eine Antwort aufdas digitalisierungshemmendeSchriftformerfordernissind entscheidende Schritte in Richtung einer modernen öffentlichen Verwaltung.

Gleichwohl muss festgestellt werden, dass der von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft erhoffte große Wurf ausgeblieben ist. Der nicht ressortabgestimmte Referentenentwurf des BMI verspricht einige Verbesserungen gegenüber dem Status quo. Diese Verbesserungen sind jedoch bis auf wenige Ausnahmen wenig substanziell und greifen die in den letzten Jahren deutlich gewordenen Probleme nur unzureichend auf.

Insbesondere ist eine enge Verzahnung aller Maßnahmen zur Verwaltungsdigitalisierung erforderlich. Dies betrifft sowohl die Verzahnung der einzelnen Einer-für-Alle-Projekte als auch die Verzahnung von Onlinezugangsgesetz und Registermodernisierung. Nur mit vollständig digitalisierten und vernetzten Registern ist eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung von Verwaltungsleistungen und die Umsetzung des Once-Only-Prinzips möglich. Die Registermodernisierung muss daher dringend an Fahrt gewinnen und darf nicht weiter verzögert werden.

Damit die Verwaltungsdigitalisierung gelingt, müssen Bund, Länder und Kommunen in Zukunft viel stärker als bisher zusammenarbeiten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass man sich beispielsweise noch nicht auf ein gemeinsames digitales Bürgerkonto – wie jetzt vom BMI vorgeschlagen – einigen konnte und stattdessen begrenzte Mittel in die parallele Entwicklung von 17 Konten steckt. Die deutsche Industrie erwartet insbesondere von den Bundesländern mehr Bereitschaft, auf den Weiterbetrieb bisher eigenständig entwickelter Produkte zugunsten bundeseinheitlicher Lösungen zu verzichten.

Die nachfolgend vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) vorgeschlagenen Anpassungen des Referentenentwurfs können entscheidend dazu beitragen, dass die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland doch noch ein Erfolg wird.

Kommentierung des Referentenwurfes im Einzelnen – OZG

Gesetzestitel

Ein zentraler Kritikpunkt der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft am Onlinezugangsgesetz ist die falsche Fokussierung auf den Onlinezugang zu Verwaltungsleistungen. Notwendig ist nichtnurein digitalerZugang,sondern die Digitalisierungder öffentlichen Verwaltung insgesamt. Dass das OZG trotz seines zumindest irreführenden Namens dieses Ziel verfolgt, schreibt das Bundesministerium des Innern in der Begründung des Änderungsgesetzes. Es wäre daher nur konsequent, das Gesetz auch entsprechend zu benennen. Die deutsche Industrie schlägt daher vor, das Gesetz in Verwaltungsdigitalisierungsgesetz umzubenennen.

§ 1 Anwendungsbereich

Der Bund sollte die Suchfunktion als zentralen Basisdienst zur Verfügung stellen, statt den Ländern die Mitnutzung des Suchdienstes des Bundes anzubieten – analog zum in § 3 vorgeschlagenen zentralen Bürgerkonto. Alle anderen Portale würden anschließend auf das zentrale Suchportal verlinken. Dadurch würde ein einheitlicher, klarer und verständlicher Einstiegs- und Informationspunkt für Verwaltungsleistungen gelegt und den Nutzenden eine übersichtliche Orientierung ermöglicht. Aufbauen könnte ein solcher zentraler Suchdienst auf den positiven Erfahrungen mit dem Portal YourEurope auf europäischer Ebene oder gov.uk in Großbritannien.

Der BDI empfiehlt daher folgende Anpassung des vorgeschlagenen § 1a (3):

„Der Bund stellt für die elektronische Suche nach Verwaltungsleistungen im Portalverbund einen zentralen Suchdienst bereit. Weitere landeseigene Suchdienste werden im Portalverbund nicht zugelassen. “

Das „Einer für Alle“-Prinzip, kurz „EfA“, sollte dazu führen, dass nicht jedes Land fürsichjedeVerwaltungsleistung digitalisierenmuss, sondernmansich die Arbeit aufteilen kann. Ein Bundesland oder eine Allianz aus mehreren Ländern sollte eine Leistung zentral entwickeln und diese anschließend anderen Ländern und Kommunen zur Mit- oder Nachnutzung zur Verfügung stellen. Der Beweis, dass das EfA-Prinzip tatsächlich funktioniert, steht jedoch noch aus. Bislang existiert keine nach dem EfA-Prinzip entwickelte Leistung, die in der Mehrheit der Bundesländer nach- oder mitgenutzt wird.

This article is from: