Quartalsbericht Deutschland IV/2023: Deutschlands Konjunkturmotor springt nicht an

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QIV-2023 QUARTALSBERICHT DEUTSCHLAND

Deutschlands Konjunkturmotor springt nicht an Erholung lässt weiter auf sich warten

Die deutsche Wirtschaft braucht lange, um sich von der Energie-Krise zu erholen. Nach dem pandemiebedingten Einbruch des BIP im Jahr 2020 geraten die wirtschaftlichen Aktivitäten erneut ins Stocken. Wir rechnen für das gesamte Jahr 2023 mit einem Rückgang der realen Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent.

Die Industrieproduktion gerät immer mehr ins Stocken. Der hohe Auftragsbestand wurde langsam abgebaut, neue Aufträge bleiben aus. Von Januar bis Oktober 2023 sank die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,3 Prozent.

Der Außenhandel hat zwar das Wachstum unterstützt. Ursache hierfür waren aber nicht starke Exporte, sondern der preisbedingte Rückgang der Wareneinfuhren.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich auf dem Weg in eine Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im dritten Quartal 2023 preis-, kalender- und saisonbereinigt um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal, nach einem Plus von 0,1 Prozent im zweiten Quartal und Stagnation zu Jahresbeginn.


Deutschlands Konjunkturmotor springt nicht an | Erholung lässt weiter auf sich warten 12/12/2023

Inhaltsverzeichnis Konjunktur in Deutschland ................................................................................................................ 3 Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle .................................................................................................. 3 Außenhandel ......................................................................................................................................... 4 Beschäftigung: Erwerbstätigkeit auf historischem Höchststand ........................................................... 6 Auftragseingang zu Beginn des vierten Quartals schwach ................................................................... 7 Sinkender Auftragseingang, dünnere Auftragsbücher in der Industrie ................................................. 8 Auftragsbücher werden dünner, Industrieproduktion nimmt ab ............................................................ 9 Kapazitätsauslastung weiter oberhalb des langjährigen Durchschnitts .............................................. 10 Kaum noch Umsatzwachstum im Verarbeitenden Gewerbe .............................................................. 11 Ifo-Geschäftsklima ............................................................................................................................... 12 Perspektiven ...................................................................................................................................... 13 Quellenverzeichnis ............................................................................................................................ 15 Impressum ......................................................................................................................................... 15 Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen .................................................. 16

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Deutschlands Konjunkturmotor springt nicht an | Erholung lässt weiter auf sich warten 12/12/2023

Konjunktur in Deutschland Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle Die konjunkturelle Erholung der deutschen Wirtschaft lässt weiter auf sich warten. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im dritten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal saison- und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent, nach einem Mini-Wachstum von plus 0,1 Prozent im zweiten Quartal und Stagnation im ersten Quartal. Im Vergleich zum vierten Quartal 2019, dem Quartal vor Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland, lag das preis-, saisonund kalenderbereinigte BIP gerade einmal 0,3 Prozentpunkte oberhalb des Vorkrisen-Niveaus. Im Vorjahresvergleich hat die deutsche Wirtschaftsleistung erneut abgenommen. Das reale BIP sank gegenüber dem dritten Quartal 2022 preis- und kalenderbereinigt um 0,4 Prozent (ohne Kalenderbereinigung minus 0,8 Prozent). Im Vergleich mit den größeren EU-Mitgliedsstaaten bildete Deutschland damit das Schlusslicht. Spaniens Bruttoinlandsprodukt legte im gleichen Zeitraum um plus 1,8 Prozent zu, Frankreichs um 0,7 Prozent. In Italien stagnierten die wirtschaftlichen Aktivitäten. Die korrespondierenden Werte für die EU und den Euroraum betrugen nach aktuellen Angaben von Eurostat jeweils plus 0,1 Prozent. Die Wirtschaftsleistung wurde im dritten Quartal 2023 von rund 46 Millionen Erwerbstätigen erbracht. Dies waren 337.000 Personen oder 0,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Damit erreichte die Erwerbstätigkeit in Deutschland einen neuen Höchststand. Dennoch blieb das in Stunden gemessene Arbeitsvolumen aller Erwerbstätigen nach ersten vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarktund Berufsforschung (IAB) im Vorjahresvergleich unverändert, da im Durchschnitt je erwerbstätiger Person 0,7 Prozent weniger Arbeitsstunden geleistet wurden als im dritten Quartal 2022. Entwicklung des realen BIP in Prozent 12 10 8 6

2,7

3,2

4

1,1

1,0

2

1,8

0 -2 -4 -3,8

-6 -8 -10 -12 I

II

III IV

2017

I

II

III IV

I

2018

II

III IV

2019

I

II

III IV

I

2020

II

III IV

2021

I

II

III IV

2022

I

II

III IV

2023

Veränderung ggü.Vorjahresquartal Veränderung ggü. Vorquartal, saison- und kalenderbereinigt Veränderung ggü. Vorjahr Quelle: Statistisches Bundesamt

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Deutschlands Konjunkturmotor springt nicht an | Erholung lässt weiter auf sich warten 12/12/2023

Die Bruttowertschöpfung ist im dritten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,7 Prozent gesunken. In den einzelnen Wirtschaftsbereichen zeigte sich dabei ein differenziertes Bild. Während in der Land- und Forstwirtschaft die Aktivitäten mit plus vier Prozent am stärksten zulegten, sank die Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe um minus 1,8 Prozent. Das Baugewerbe konnte seine Aktivitäten erstmals seit fünf Quartalen wieder ausweiten (plus 1,2 Prozent). Unter den weiteren Dienstleistungssektoren expandierte der Informations- und Kommunikationssektor mit plus 2,1 Prozent am stärksten, gefolgt von den sonstigen Dienstleistern (plus 1,1 Prozent) und dem Grundstücks- und Wohnungswesen (plus ein Prozent). Bei den Unternehmensdienstleistern stieg die Bruttowertschöpfung mit plus 0,3 Prozent nur leicht. In den Bereichen Handel, Verkehr und Gastgewerbe sowie bei den öffentlichen Dienstleistern, deren Wertschöpfungsanteil jeweils mehr als ein Sechstel beträgt, gingen die Aktivitäten um 0,4 beziehungsweise 0,5 Prozent zurück. Bei den Finanz- und Versicherungsdienstleister belief sich der Rückgang auf minus 1,2 Prozent. In der verwendungsseitigen Betrachtung sind die Konsumausgaben der privaten Haushalte im dritten Quartal 2023 im Vorjahresvergleich um real minus zwei Prozent gesunken und damit mehr als doppelt so stark wie in den beiden Quartalen zuvor. Abgesehen von den Ausgaben für Verkehr und Nachrichtenübermittlung, die um 3,1 Prozent stiegen, ging der Konsum in allen anderen Bereichen zurück. Vor allem für Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände (minus 6,2 Prozent), Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen (minus 4,8 Prozent) sowie für Schuhe und Bekleidung (minus 4,5 Prozent) gaben die Verbraucher deutlich weniger aus als vor einem Jahr. Die Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel (minus drei Prozent), Wohnung, Energie- und Wasserversorgung (minus 2,7 Prozent) sowie für Freizeit, Unterhaltung und Kultur (minus 2,7 Prozent) sanken ebenfalls überdurchschnittlich. Die staatlichen Konsumausgaben gingen im dritten Quartal mit minus 1,6 Prozent nicht ganz so stark zurück, so dass in der Summe die Konsumausgaben im Sommerquartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,9 Prozent nachgaben. Nach dem Anstieg in der ersten Jahreshälfte sind die Bruttoanlageinvestitionen im dritten Quartal 2023 im Vorjahresvergleich preisbereinigt leicht um 0,2 Prozent gesunken. Während in Ausrüstungen mit plus 1,1 Prozent nochmals mehr investiert wurde als vor einem Jahr, sanken die Bauinvestitionen mit minus ein Prozent bereits das sechste Quartal in Folge. Für die Schwäche am Bau ist in erster Linie der Rückgang bei den Wohnungsbauinvestitionen verantwortlich, die um knapp zwei Prozent nachgaben. Bei gewerblichen und öffentlichen Bauten war jeweils ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Die Investitionen in sonstige Anlagen (Patente; Lizenzen) gingen mit minus 0,6 Prozent ebenfalls zurück. Der preisbereinigte Export von Waren und Dienstleistungen ging im dritten Quartal 2023 mit minus 3,8 Prozent deutlich zurück. Vor allem die Warenausfuhren gaben im Vorjahresvergleich mit minus 4,8 Prozent deutlich nach. Die Dienstleistungsexporte traten mit plus 0,1 Prozent auf der Stelle. Bei den Importen ging der Bezug von Waren in realer Rechnung mit minus 8,2 Prozent deutlich zurück. Dafür legten aufgrund der starken Reisetätigkeit die Dienstleistungsimporte mit plus 2,5 Prozent erneut zu. Da die Importe mit insgesamt minus 5,7 Prozent stärker zurückgingen als die Exporte resultierte hieraus ein positiver Außenbeitrag von 0,9 Prozentpunkten. Außenhandel Der deutsche Außenhandel hat auch im dritten Quartal 2023 erneut deutlich an Schwung verloren. So sanken die Ausfuhren gegenüber dem dritten Quartal des Vorjahres (saisonbereinigte Werte mit Länderdifferenzierungen sind nicht verfügbar) um 25,4 Milliarden Euro oder 6,3 Prozent auf 379 Milliarden

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Euro. Der in absoluten Zahlen gemessene stärkste Rückgang entstand im Handel mit Österreich (minus 4,79 Milliarden Euro beziehungsweise minus 19,8 Prozent) sowie mit China (minus 2,64 Milliarden Euro beziehungsweise minus 9,9 Prozent). Auch die Geschäfte mit den Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn liefen mit einem Minus von 3,92 Milliarden Euro oder minus 7,7 Prozent deutlich schlechter als vor einem Jahr. Die Ausfuhren in die Euro-Partnerländer Frankreich und Italien sanken mit jeweils minus 1,5 Milliarden Euro ebenfalls deutlich. Im USA-Geschäft verzeichneten die deutschen Exporteure mit minus 1,31 Milliarden Euro beziehungsweise minus 3,2 Prozent ebenfalls Verluste. Die EU-Sanktionen zeigten ebenfalls Wirkung. Der Handel mit der Russischen Föderation brach um mehr als ein Drittel ein (minus 1,21 Milliarden Euro beziehungsweise minus 37,2 Prozent). Leichte Zuwächse gab es bei den Ausfuhren nach Mexiko mit plus 658 Millionen Euro beziehungsweise plus 15,3 Prozent. Deutsche Ex- und Importe im dritten Quartal 2023 nach ausgewählten Ländern Veränderung gegenüber Vorjahresquartal Exporte Zu- (+) bzw. Abnahmen (-)

Importe Zu- (+) bzw. Abnahmen (-)

in Million Euro

in %

in Million Euro

in %

Österreich

19 347

- 4 790

-

19,8

Norwegen

6 058

- 17 109

-

73,8

China

24 051

- 2 639

-

9,9

China

37 770

- 10 074

-

21,1

Belgien

14 656

- 2 312

-

13,6

Russland

618

- 7 124

-

92,0

Schweiz

16 205

- 1 846

-

10,2

Niederlande

24 938

- 5 428

-

17,9

Frankreich

27 740

- 1 585

-

5,4

Belgien

13 270

- 4 234

-

24,2

Italien

19 514

- 1 563

-

7,4

Österreich

13 140

- 2 425

-

15,6

Polen

22 218

- 1 527

-

6,4

Großbritannien

8 916

- 1 739

-

16,3

USA

39 739

- 1 314

-

3,2

USA

22 895

- 1 732

-

7,0

Tschechien

12 490

- 1 312

-

9,5

Irland

6 256

- 1 441

-

18,7

Russland

2 045

- 1 211

-

37,2

Schweiz

12 461

- 1 174

-

8,6

Ungarn

7 886

-

976

-

11,0

Südafrika

2 769

- 1 028

-

27,1

Niederlande

26 759

-

931

-

3,4

Indien

3 383

-

868

-

20,4

Norwegen

2 040

-

751

-

26,9

Kolumbien

271

-

797

-

74,6

Irland

2 314

-

742

-

24,3

Bangladesch

1 989

-

726

-

26,7

Mexiko

4 966

+

658

+

15,3

Libyen

1 251

+

707

+ 130,2

- 25 424

-

6,3

Insgesamt

Insgesamt

378 995

325 763

- 63 301

-

16,3

Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

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Deutschlands Konjunkturmotor springt nicht an | Erholung lässt weiter auf sich warten 12/12/2023

Die deutschen Einfuhren sind im dritten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahresquartal mit minus 63,3 Milliarden Euro beziehungsweise 16,3 Prozent auf 325,8 Milliarden Euro um knapp ein Sechstel gesunken. Die mit Abstand stärksten nominalen Rückgänge stammten aus dem Handel mit Norwegen. Aus dem im Vorjahresvergleich niedrigerem Preis für Gas resultierte eine entsprechend kleinere Importrechnung (minus 17,1 Milliarden Euro beziehungsweise minus 73,8 Prozent). Auch das ChinaGeschäft fiel mit minus 10,1 Milliarden Euro oder minus 21,1 Prozent erheblich schlechter aus als im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum. Durch das Ausbleiben der Gaslieferungen aus der Russischen Föderation haben sich auch die Importe von dort nahezu marginalisiert (minus 7,12 Milliarden Euro beziehungsweise minus 92 Prozent). Mit minus 5,43 Milliarden beziehungsweise 4,23 Milliarden Euro gingen auch die Importe aus den Niederlanden und Belgien überdurchschnittlich stark zurück. Im Vergleich dazu fiel der Rückgang der Importe aus den USA mit minus 1,73 Milliarden Euro beziehungsweise minus sieben Prozent und aus der Schweiz (minus 1,17 Milliarden Euro, minus 8,6 Prozent) moderat aus. Die im Vorjahresvergleich um mehr als das Doppelte gestiegenen Importe aus Libyen lassen auf einen alternativen Bezug von energetischen Rohstoffen schließen. Beschäftigung: Erwerbstätigkeit auf historischem Höchststand Noch schlägt sich die konjunkturelle Schwäche nicht in den Beschäftigtenzahlen nieder. So stieg nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes die Zahl der Erwerbstätigen im Oktober 2023 saisonbereinigt im Vormonatsvergleich um 15.000 Personen. Im Vergleich zu Oktober 2022 nahm die Zahl der Erwerbstätigen sogar um 272.000 oder 0,6 Prozent auf nunmehr 46,26 Millionen Personen zu und erreichte damit einen neuen historischen Höchststand. Im Vergleich zum Februar 2020, dem letzten Monat vor Ausbruch der Pandemie war die Zahl der Erwerbstätigen Personen in saisonbereinigter Betrachtung um 564.000 höher. Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stieg auf ein neues Allzeithoch. Am aktuellen Rand waren nach Hochrechnungen der Bundesagentur im September 2023 (letzter verfügbarer Wert) insgesamt 35,09 Millionen Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 195.000 Personen mehr als vor einem Jahr und in saisonbereinigter Rechnung rund eine Million Personen mehr als im Februar 2020. Die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung nahm dabei im Vorjahresvergleich um 93.000 oder 0,4 Prozent zu. Die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung legte im gleichen Zeitraum mit plus 102.000 Personen oder ein Prozent noch stärker zu. Die sonstigen Formen der Erwerbstätigkeit haben, sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger stieg im dritten Quartal 2023 saisonbereinigt um 2.000 auf 3,91 Millionen. Gegenüber dem Vorjahr ist die Selbständigkeit unverändert geblieben. Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten ist nach ersten Hochrechnungen der Bundesagentur im September 2023 im Jahresvergleich um 150.000 oder 4,6 Prozent auf 3,42 Millionen gestiegen. Die Zahl der Arbeitslosen stieg im November um 171.700 oder 7,1 Prozent auf 2,61 Millionen (Vorjahresvergleich). In der saisonbereinigten Betrachtung stieg die Arbeitslosenzahl im November gegenüber Oktober um 22.000. Die Arbeitslosenquote lag im November 2023 nach Systematik der Bundesagentur bei 5,9 Prozent und nach ILO-Systematik bei einem Wert von 3,1 Prozent.

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Deutschlands Konjunkturmotor springt nicht an | Erholung lässt weiter auf sich warten 12/12/2023

Arbeitsmarkt in Deutschland* 36

4 Arbeitslose (rechte Achse)

34

3

32

2 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (linke Achse)

30

1

28

0

26

2015 2012

2016 2013

2017 2014

2018 2015

2019 2016

2020 2017

2021

2022

2 2023

-1

Veränderung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum Vorjahresmonat (rechte Achse) *saisonbereinigt in Millionen Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Auftragseingang zu Beginn des vierten Quartals schwach Der Auftragseingang in der Industrie ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im Oktober 2023 gegenüber September 2023 saison- und kalenderbereinigt um 3,7 Prozent gesunken. Für den September ergab sich nach einer Aufwärtsrevision ein Plus von 0,7 Prozent (bisher plus 0,2 Prozent). An dem Ergebnis für das dritte Quartal hat sich durch die Datenrevision wenig geändert. So sammelte die Industrie im dritten Quartal 2023 im Vergleich zu den Frühjahrsmonaten saison- und kalenderbereinigt 3,8 Prozent weniger Aufträge ein. Im Vergleich zum dritten Quartal 2022 waren es sogar 6,8 Prozent weniger. Mit Blick auf die Herkunft der Aufträge ist im dritten Quartal 2023 der Auftragseingang aus dem Inland gegenüber dem zweiten Quartal 2023 um 7,1 Prozent gesunken. Die Nachfrage aus der Eurozone sank gegenüber dem Vorquartal ebenfalls deutlich (minus sechs Prozent). Dass die Auslandsorders in der Summe nur um 1,5 Prozent im Vorquartalsvergleich nachgaben, ist der gestiegenen Nachfrage aus Drittländern geschuldet (plus 1,6 Prozent). Bei den industriellen Hauptgruppen zeigt sich im saison- und kalenderbereinigten Quartals-Vergleich folgendes Bild: Die Nachfrage nach Konsumgütern stagnierte gegenüber dem zweiten Quartal 2023. Das Vorjahresergebnis wurde mit minus 4,1 Prozent aber deutlich verfehlt. Die Hersteller von Investitionsgütern verbuchten nach zwei Quartalen Wachstum einen deutlichen Rücksetzer. Sie sammelten 5,9 Prozent weniger Aufträge ein als noch im Frühjahr. Dabei sank die Nachfrage aus dem Ausland im Vergleich zum Vorquartal um 2,6 Prozent. Die Inlandsorders brachen mit minus 11,7 Prozent regelrecht ein. Die Hersteller von Vorleistungsgütern erhielten im dritten Quartal 2023 0,9 Prozent weniger Aufträge als im Frühjahr. Das Vorjahresergebnis wurde mit minus 8,8 Prozent deutlich verfehlt.

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Innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes verlief die Entwicklung der Auftragseingänge im dritten Quartal 2023 sehr unterschiedlich. Der gewichtige Maschinenbau sammelte im Vergleich zum zweiten Quartal saison- und kalenderbereinigt 3,4 Prozent weniger Aufträge ein. Bei den Herstellern von Fahrzeugen und -teilen war der Rückgang im gleichen Zeitraum mit minus 7,7 Prozent doppel t so stark. Im Bereich Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen lagen die Ordereinbrüche sogar im zweistelligen Bereich. Bei den Herstellern von Metallerzeugnissen gingen die Aufträge mit minus 0,8 Prozent nur leicht zurück, ebenso in der chemischen Industrie mit minus 1,7 Prozent. Im Gegensatz dazu stieg die Nachfrage nach pharmazeutischen Produkten im dritten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorquartal um plus 5,6 Prozent. Auftragseingang, Verarbeitendes Gewerbe 120

75

115

65

110

55

105

45

100

35

95

25

90

15 0,5

85

5

0,0

80

-3,8

75 70

-2,7

-5 -15 -25

65

-35 2019

2020

2021

2022

2023

Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich, in Prozent (rechte Achse) Index des Verabeitenden Gewerbes, 2-Monats-Durchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt

Sinkender Auftragseingang, dünnere Auftragsbücher in der Industrie Nach Angaben des ifo Instituts sank die Reichweite des Auftragsbestands im Verarbeitenden Gewerbe im September 2023 im Vorjahresvergleich den sechsten Monat in Folge auf nunmehr sieben Produktionsmonate. Unter den industriellen Hauptgruppen verminderte sich der Auftragsvorlauf bei den Herstellern von Vorleistungsgütern im Vorjahresvergleich leicht um 0,1 auf 3,7 Produktionsmonate. Bei den Investitionsgüterherstellern ging der Auftragsbestand bereits den siebten Monat in Folge zurück. Mit 9,6 Produktionsmonaten bewegt sich der Auftragsvorlauf nur noch ein Monat oberhalb des langjährigen Mittels. Vergleichsweise voll sind die Auftragsbücher der Konsumgüterproduzenten. Mit 3,4 Produktionsmonaten sind sie deutlich oberhalb des langjährigen Mittels von 2,4 Monaten und nur knapp unterhalb des Spitzenwertes von 3,6. Laut Statistischem Bundesamt sank der preisbereinigte Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe im September 2023 saison- und kalenderbereinigt gegenüber August um 0,8 Prozent. Binnen Jahresfrist ist der Auftragsbestand um mehr als fünf Prozent gesunken. Während die unbea rbeiteten Aufträge aus dem Inland im Vergleich zu September 2022 nur leicht zurückgingen, nahm

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der Bestand an Auslandsaufträgen im gleichen Zeitraum um minus 7,1 Prozent deutlich stärker ab. Trotz des Rückgangs am aktuellen Rand ist der gesamte Auftragsbestand des Verarbeitenden Gewerbes per September 2023 noch immer rund 24 Prozent höher als vor Beginn der Corona -Pandemie. Auftragsbücher werden dünner, Industrieproduktion nimmt ab Neben dem rückläufigen Auftragseingang fielen auch die Produktionsdaten zu Beginn des vierten Quartals etwas schwächer aus. So sank im Oktober 2023 die Industrieproduktion saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem Vormonat um minus 0,5 Prozent, nachdem im September schon ein Minus von 1,7 Prozent zu verzeichnen war. Gleichzeitig gingen die Aktivitäten im Baugewerbe im Vormonatsvergleich um 2,2 Prozent zurück. Im Gegensatz dazu wurde die Energieerzeugung im Oktober deutlich ausgeweitet (plus 7,1 Prozent). Produktionsentwicklung im Produzierenden Gewerbe Vergleich zum Vorjahr in Prozent 2021 2022 2023 Jahr Q1 Q2 Q3 Ursprungswerte kalenderbereinigt

Vergleich zum Vorzeitraum in Prozent 2023 2023 Q1 Q2 Q3 Aug Sep Okt saison- und kalenderbereinigt

Produzierendes Gewerbe

3,7

-0,7

0,1

-0,2

-2,4

1,6

-1,2

-2,0

-0,1

-1,3

-0,4

Industrie

4,8

-0,3

1,3

0,9

-1,9

1,1

-0,8

-2,1

0,6

-1,7

-0,5

Vorleistungsgüter

8,3

-3,2

-5,0

-5,3

-5,3

1,4

-1,7

-1,2

0,6

-2,0

-0,4

Investitionsgüter

2,7

1,7

9,5

8,6

2,4

1,8

0,1

-2,9

1,4

-0,3

-1,0

Konsumgüter

2,8

0,6

-3,8

-3,0

-4,8

-1,5

-0,6

-2,1

-1,5

-4,6

0,4

Energie

2,9

-1,8

-10,8

-20,0

-22,2

-0,6

-10,1

-6,2

-2,3

-2,8

7,1

Baugewerbe

-1,3

-1,9

-2,1

-0,1

0,8

4,5

-1,1

-0,3

-2,8

1,5

-2,2

Bauhauptgewerbe

0,9

1,4

-1,3

0,8

0,4

3,6

-0,8

-1,4

-3,2

2,2

-2,6

Ausbaugewerbe

-3,3

-5,1

-2,9

-1,1

1,1

5,5

-1,5

0,8

-2,4

0,8

-1,9

Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Damit setzte sich der konjunkturelle Abwärtstrend in der Industrie weiter fort. Bereits im dritten Quartal ist die Industrieproduktion gegenüber dem zweiten Quartal 2023 in saison- und kalenderbereinigter Rechnung um 2,1 Prozent gesunken. Der Vergleich zum Vorjahr weist nach vier Quartalen Anstieg in Folge einen Rückgang um 1,9 Prozent aus. Die Energieerzeugung verringerte sich saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem zweiten Quartal 2023 um 6,2 Prozent. Der Vergleich zum Vorjahr weist ein Minus von mehr als einem Fünftel (22,2 Prozent) aus. Im Baugewerbe sanken die Aktivitäten im Vergleich zum Vorquartal leicht um 0,3 Prozent, während der Vergleich zum dritten Quartal 2022 leicht positiv ausfiel (plus 0,8 Prozent).

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In den einzelnen industriellen Hauptgruppen verfehlten die Hersteller von Vorleistungsgütern das saison- und kalenderbereinigte Ergebnis aus dem zweiten Quartal 2023 um 1,2 Prozent und produzierten auch weniger als vor einem Jahr (minus 5,3 Prozent). Die Investitionsgüterproduktion sank gegenüber dem Vorquartal um minus 2,9 Prozent, fiel aber 2,4 Prozent höher aus als vor einem Jahr. Die Konsumgüterproduktion zeigte ebenfalls Schwächen. Sie sank um minus 2,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im Vorjahresvergleich war der Rückgang mit 4,8 Prozent noch stärker. Ein Blick auf die Entwicklung in den einzelnen Industriebranchen zeigt für das dritte Quartal 2023 im Vorjahresvergleich innerhalb der einzelnen Branchen ein sehr differenziertes Bild. Positive Daten lieferten nur der Fahrzeugbau (plus 5,5 Prozent) und sonstiger Fahrzeugbau (plus 11,2 Prozent). Erstmals seit langem vermeldeten die Elektroindustrie (minus 0,7 Prozent) und der Maschinenbau (minus 1,3 Prozent) eine rückläufige Produktion im Vergleich zum Vorjahresquartal. In den energieintensiven Industrien waren die Produktionseinbußen sogar noch höher. So verbuchte die chemische Industrie ein Minus von 8,7 Prozent, die metallherstellenden und -verarbeitenden Betriebe ein Minus von 2,9 Prozent und die Papierhersteller einen Rückgang um minus 12,7 Prozent. Die höchsten Produktionseinbußen erlitten die Hersteller von Glas und Keramik mit minus 15,5 Prozent. Produktion, Verarbeitendes Gewerbe 110

40 30

100

20 10 1,1

90

0 -0,8

-2,1 -1,4 -10

80

-20 70

-30 2019

2020

2021

2022

2023

Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich in Prozent (rechte Achse) Index des Verarbeitenden Gewerbes, 2-Monatsdurchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt

Kapazitätsauslastung weiter oberhalb des langjährigen Durchschnitts Die Auslastung der Produktionskapazitäten im Verarbeitenden Gewerbe ist zu Beginn des vierten Quartals 2023 das zweite Mal in Folge deutlich gesunken. Der Auslastungsgrad in der Industrie lag nach Angaben des ifo-Instituts nur noch bei 82 Prozent. Damit waren die Kapazitäten um einen Prozentpunkt geringer ausgelastet als im Quartal zuvor. Verglichen mit dem Durchschnitt der vergange-

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nen zehn Jahre war die Auslastung 2,3 Prozentpunkte niedriger. Der Auslastungsgrad im Verarbeitenden Gewerbe ohne Ernährungsindustrie ging mit minus 1,3 Prozentpunkten noch stärker zurück. Mit 81,7 Prozent lag der Auslastungsgrad 2,9 Prozentpunkte unterhalb des Zehnjahresdurchschnitts. Innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes ging die Kapazitätsauslastung in nahezu allen Branchen zurück. Bei den Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten sank der Auslastungsgrad um vier Prozentpunkte auf 85,7 Prozent am stärksten. Zusammen mit dem Fahrzeugbau (85,4 Prozent), dem Maschinenbau (85,7 Prozent) und den Herstellern von Metallerzeugnissen (79,4 Prozent) war die Auslastung zwar höher als vor Ausbruch der Pandemie, aber geringer als im langjährigen Durchschnitt. Mit 75,1 Prozent (Chemie), 79,8 Prozent (Pharmazie), 79,5 Prozent (Möbel) und 70,9 Prozent (Textil) lag die Auslastung in diesen Branchen deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. Eine positive Ausnahme stellte die Nahrungs- und Genussmittelindustrie dar. Hier stieg die Kapazitätsauslastung auf 83,8 Prozent und lag damit 3,2 Prozentpunkte oberhalb des Durchschnitts der letzten zehn Jahre. Kaum noch Umsatzwachstum im Verarbeitenden Gewerbe Im dritten Quartal 2023 sind die preisbereinigten Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe im Vorjahresvergleich um 0,5 Prozent gesunken, nachdem im zweiten Quartal noch ein Anstieg um 3,1 Prozent zu verzeichnen war. Während der Inlandsumsatz um minus 2,5 Prozent nachgab, legte das Auslandsgeschäft im Vorjahresvergleich um 1,4 Prozent zu. Dieser wurde getragen von den Geschäften im Euroraum, die um 3,7 Prozent zulegten, während das Geschäft mit Drittländern stagnierte. Für die ersten neun Monate des laufenden Jahres ergibt sich hieraus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Umsatzanstieg von real ein Prozent (Inland: minus 1,9 Prozent; Ausland: plus 3,8 Prozent). Umsatz* im Verarbeitenden Gewerbe (Januar bis September 2023) Fahrzeugbau

14,1

sonstiger Fahrzeugbau

12,2

Elektroindustrie

10,0

Maschinenbau

9,4

Ernährung und Tabak

8,4

Textil Bekleidung Leder

3,5

insgesamt

2,3

Pharmazie

-0,5

Glas, Keramik, Steine und Erden

-0,9

Metallherst. und -verarbeitung

-4,4

Druckindustrie

-6,2

Papier und Pappe

-14,7

Chemie energieintensiv

-17,8 -28,9

*Veränderung in Prozent zum Vorjahreszeitraum Quelle: Statistisches Bundesamt

Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als die Umsätze aufgrund der stark gestiegenen Rohstoffpreise in nominaler Rechnung deutlich höher ausfielen als die Produktion, belief sich das Umsatzplus im Verarbeitenden Gewerbe in den ersten neun Monaten des laufende n Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei gleichzeitig stagnierender Produktion nur auf 2,3 Prozent. Mit Blick auf die einzelnen Industriebranchen zeigte sich dabei folgendes Bild. In den energieintensiven Branchen

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Chemie (minus 17,8 Prozent) und Papierindustrie (minus 14,7 Prozent) war der Umsatzrückgang zweistellig. Bei den Herstellern und Verarbeitern von Metallerzeugnissen und im Bereich Glas, Keramik, Steine und Erden waren die Umsatzeinbußen mit minus 4,4 Prozent beziehungsweise minus 0,9 Prozent moderat. Elektroindustrie, der sonstige Fahrzeugbau und die Hersteller von Kraftwagen und -teilen verbuchten Umsatzsteigerungen im zweistelligen Bereich. Der stark exportorientierte Maschinenbau erzielte in den ersten neun Monaten 2023 ein Umsatzplus von 9,4 Prozent. Ifo-Geschäftsklima Der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland ist im November das dritte Mal in Folge gestiegen. Wie schon im Oktober trugen sowohl die bessere Beurteilung der aktuellen Lage als auch die gestiegenen Geschäftserwartungen zur allgemeinen Stimmungsaufhellung bei. Jetzt schon von einer Trendwende zu sprechen wäre angesichts eines Anstiegs von nur 1,4 Indexpunkten innerhalb von ifo Konjunktur-Uhr Deutschland ifo Geschäftsklima-Index im Verarbeitenden Gewerbe* 30 Boom

Aufschwung Jan 2021

Erwartungen für die nächsten 6 Monate

20 10

Jan 2017

0

Jan 2020

-10 -20

Jan 2019

Jan 2023

November 2023

Jan 2018

Jan 2022

-30 -40 -50 Rezession

Abschwung

-60 -60

-50

-40

* Salden, saisonbereinigt

-30

-20

-10

0

10

20

30

40

50

60

Beurteilung der Geschäftslage

Quelle: ifo Institut

drei Monaten mehr als übertrieben. Unter den einzelnen Sektoren zeigte sich ein sehr heterogenes Bild. So hat sich im Handel nicht nur die aktuelle Lageeinschätzung verbessert. Gleichzeitig sind auch die Erwartungen im Hinblick auf die kommenden sechs Monate deutlich gestiegen. Anders der Dienstleistungssektor, wo die Unternehmen nicht nur mit ihren laufenden Geschäften unzufrieden sind und gleichzeitig pessimistischer in die Zukunft blicken. Im Bauhauptgewerbe hat sich zwar das Geschäftsklima den zweiten Monat in Folge ein wenig aufgehellt. Nichtsdestotrotz schätzen die Unternehmen sowohl ihre aktuelle Lage als auch die Erwartungen für die kommenden sechs Monate jeweils mit großer Mehrheit negativ ein. Im Verarbeitenden Gewerbe ist der Geschäftsklimaindex deutlich gestiegen, nachdem er in den beiden Monaten zuvor noch auf der Stelle trat. Die Unternehmen waren zufriedener mit den laufenden Geschäften und blickten mit weniger

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Skepsis in die Zukunft. Dies gilt vor allem für viele energieintensive Branchen. Die Unternehmen klagen jedoch weiterhin über fehlende Neuaufträge. Da die befragten Unternehmen sowohl die aktuelle Lage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate mehrheitlich negativ einschätzen, befindet sich der Zeiger der ifo-Konjunkturuhr für das Verarbeitende Gewerbe noch im Rezessions-Quadranten. Ein kleiner Lichtblick ging von den Exporterwartungen aus, die sich den zweiten Monat in Folge verbesserten. Allerdings sind bei den exportorientierten Unternehmen die Pessimisten seit Juni 2023 weiterhin in der Überzahl.

Perspektiven Anders als nach dem Corona-Jahr ist es der deutschen Wirtschaft bisher noch nicht gelungen, sich schnell vom Energie- und Inflationsschock zu erholen. Die hohe Inflation nagt an der Kaufkraft der Verbraucher. Entsprechend schwer sind die Belastungen durch den Privaten Konsum für das BIPWachstum. Die Versuche der Zentralbank, mit stark steigenden Zinsen die Inflation zu bekämpfen, zeigten erst spät Wirkung, haben aber an den Immobilienmärkten sehr schnell zu Erschütterungen geführt. Auch die Bauwirtschaft, insbesondere die im Wohnungsbau tätigen Unternehmen waren stark betroffen und sahen sich mit dramatisch einbrechenden Baugenehmigungen und Stornierungen konfrontiert. Entsprechend schwach war die wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Jahr. Die Privaten Konsumausgaben sind in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres um ein Prozent im Vorjahresvergleich gesunken und damit etwas stärker als von uns erwartet. Im restlichen Jahresverlauf dürfte sich die Konsumzurückhaltung aber abschwächen. Die seit Jahresmitte deutlich sinkenden Inflationsraten und vergleichsweise hohen nominalen Lohnabschlüsse dürften die verfügbaren Einkommen in realer Rechnung wieder steigen lassen. Auch die zuletzt stark gestiegene Beschäftigung trägt mit zur Stützung der Kaufkraft bei. Am aktuellen Rand hat sich auch die Stimmung unter den Verbrauchern etwas verbessert. Im Dezember hat sich das Konsumklima nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) nach zuvor drei Rückgängen wieder erholt. Das Konsumbarometer des Handelsverbandes Deutschland (HDE) ist seit dem Tiefpunkt vom Oktober 2022 mit Ausnahme von einem Monat kontinuierlich gestiegen. Zuletzt Anfang Dezember 2023 deutlich um 2,5 Indexpunkte. Zudem sprechen erste verfügbare Daten für das vierte Quartal für eine Belebung des Konsums. Die Einzelhandelsumsätze sind im Oktober 2023 im Vormonatsvergleich preisbereinigt um mehr als ein Prozent gestiegen. Wir erwarten daher im vierten Quartal eine leichte Belebung bei den Konsumausgaben und rechnen weiterhin für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Privaten Konsumausgaben im Vorjahresvergleich um 0,5 Prozent. Der Staatsverbrauch ist in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,4 Prozent gesunken. Der Verlauf entspricht unseren Erwartungen, so dass wir weiterhin für das laufende Jahr beim öffentlichen Konsum mit einem Rückgang um 2,5 Prozent rechnen. In der Summe resultiert hieraus ein Anstieg der Konsumausgaben im Jahr 2023 um minus 1,1 Prozent. Die Ausrüstungsinvestitionen sind in den ersten drei Quartalen im Vorjahresvergleich um insgesamt mehr als vier Prozent gestiegen. Aufgrund des starken Anstiegs zu Jahresbeginn haben wir bereits im Sommer eine Aufwärtsrevision unserer Prognose vorgenommen (BDI 2023). Im Sommerhalbjahr 2023 hat die Investitionstätigkeit weiter zugenommen, allerdings deutlich an Dynamik verloren. Der zuletzt gesunkene Auftragsvorlauf bei den Investitionsgüterherstellern spricht dafür, dass der Investitionszyklus sich seinem Ende entgegen neigt. Zwar dürften die Ausrüstungsinvestitionen im vierten Quartal etwas zurückgehen. Unsere Wachstumsprognose in Höhe von plus 3,5 Prozent für das gesamte Jahr 2023 halten wir dennoch weiter aufrecht. Bei den Bauinvestitionen sehen wir bei unserer Prognose

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von minus zwei Prozent keinen Revisionsbedarf. Die Entwicklung in den ersten drei Quartalen hat unseren Erwartungen entsprochen. Im vierten Quartal erwarten wir keinen starken Einbruch mehr. Beim Wohnungsneubau ist zwar mit einem deutlichen Rückgang zu rechnen. Dafür entwickelten sich der öffentliche Hochbau und der gewerbliche Tiefbau zuletzt recht positiv. Bei den Investitionen in sonstige Anlagen (Software, Forschung und Entwicklung) erwarten wir weiterhin einen Rückgang um 0,5 Prozent. In der Summe ergibt sich hieraus ein Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozent. BIP-Prognose für 2023: Veränderung der realen Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahr in Prozent BDI

Bundesregierung

2023

2023

Sachverständigenrat 2023

Bruttoinlandsprodukt

-0,4

-0,4

-0,4

Konsumausgaben

-1,1

-

-1,3

- Private Konsumausgaben

-0,5

-0,5*

-0,8**

- Staatsverbrauch

-2,5

-2,2

-2,4

0,1

0,4

0,2

- Ausrüstungsinvestitionen

3,5

3,8

3,1

- Bauinvestitionen

-2,0

-1,3

-1,3

- Sonstige Anlagen

-0,5

0,0

-0,2

Exporte

-1,5

-1,1

-1,2

Importe

-2,5

-1,5

-1,9

Außenbeitrag, Wachstumsleistung

0,4

0,2

0,3

Bruttoanlageinvestitionen

Quellen: Bundesregierung (Oktober 2023; *Private Haushalte und priv. Organisationen ohne Erwerbszweck), Sachverständigenrat (November 2023); **einschließlich priv. Organisationen ohne Erwerbszweck, eigene Berechnungen

In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres sind die Exporte laut den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen im Vorjahrsvergleich um 2,5 Prozent gesunken und damit deutlich stärker als noch im Herbst von uns erwartet. Am aktuellen Rand zeichnet sich aber eine deutliche Verlangsamung des Außenhandelsgeschäfts ab. In den Monaten September und Oktober gingen die Exporte in saisonund kalenderbereinigter Rechnung gegenüber dem Vormonat zurück. Wir revidieren daher unserer Wachstumsprognose für die realen Exporte von bisher minus 0,5 Prozent auf nunmehr minus 1,5 Prozent. Bei den Importen zeigt sich ein ähnliches Bild. Diese waren per drittem Quartal bereits 2,5 Prozent geringer als im Vorjahreszeitraum. Am aktuellen Rand sind die Importe im Vormonatsvergleich bereits das fünfte Mal in Folge gesunken, so dass wir jetzt mit einem Rückgang der Importe um

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2,5 Prozent rechnen. Vom Außenbeitrag geht damit ein positiver Wachstumsimpuls von 0,3 Prozentpunkten aus. Alles in allem rechnen wir damit, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr gegenüber dem Vorjahr in realer Rechnung um 0,4 Prozent sinkt. Wir unterstellen dabei, dass der Preisauftrieb bis zum Jahresende weiter abnimmt und sich negativen Wirkungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Anwendung der Schuldenbremse nicht mehr im laufenden Jahre materialisieren.

Quellenverzeichnis BDI (2023). Quartalsbericht Deutschland III / 2023. Verzögerte Erholung | Welthandel dämpft Ausblick. 13. September 2023. Berlin.

Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Lobbyregisternummer R000534 Autor Thomas Hüne T: +49 30 2028-1592 t.huene@bdi.eu Redaktion/Grafiken Dr. Klaus Günter Deutsch T: +49 30 2028-1591 k.deutsch@bdi.eu Marta Gancarek T: +49 30 2028-1588 m.gancarek@bdi.eu

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Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen Verwendung des Bruttoinlandsproduktes (preis-, saison- und kalenderbereinigt) Veränderung zum Vorzeitraum in Prozent 2022

2023

2021

2022

Q3

Q4

Q1

Q2

Q3

Konsumausgaben

2,0

3,2

0,6

-0,8

-0,9

0,0

-0,1

-Private Konsumausgaben

1,5

3,9

1,4

-1,1

-0,8

0,2

-0,3

-Konsumausgaben des Staates

3,1

1,6

-1,4

-0,1

-1,4

-0.4

0,2

Bruttoanlageinvestitionen

-0,2

0,1

1,0

-1,3

1,7

-0,3

0,6

-Bauinvestitionen

-2,6

-1,8

-0,6

-2,0

2,7

-0,9

0.4

-Ausrüstungsinvestitionen

2,8

4,0

4,2

-1,5

2,1

0,7

1,1

-sonstige Anlagen

2,1

-0,7

0,1

0,8

-1,6

0,0

0,3

Inländische Verwendung

2,5

3,2

0,8

-0,7

-1,0

0,7

-0,4

Exporte

9,7

3,3

1,0

-1.1

-0,2

-0.9

-0,8

Importe

8,9

6,6

2,1

-1,8

-2,2

0,1

-1,3

Insgesamt

3,2

1,8

0,4

-0,4

0,0

0,1

-0,1

Wachstumsbeiträge zum preisbereinigten BIP (in Prozentpunkten) Konsumausgaben

1,4

2,3

0,9

0,1

-0,7

-1,1

-1,4

-Private Konsumausgaben

0,8

1,9

0,9

0,1

-0,1

-0.4

-1,1

-Konsumausgaben des Staates

0,7

0,3

0,0

0,0

-0,5

-0,7

-0,4

Bruttoanlageinvestitionen

0,0

0,0

0,4

-0,2

0,0

0,1

0,0

-Bauinvestitionen

-0,3

-0,2

-0,2

-0,5

-0,4

-0,2

-0,1

-Ausrüstungsinvestitionen

0,2

0,3

0,6

0,3

0,4

0,3

0,1

-sonstige Anlagen

0,1

0,0

-0,1

0,0

0,0

0,0

0,0

Vorratsveränderungen u. Ä.

0,9

0,7

1,7

1,3

0,3

0,7

-0,3

Inländische Verwendung

2,3

3,0

3,0

1,1

-0,3

-0,4

-1,7

Außenbeitrag

0,9

-1,2

-1,8

-0,9

0,3

0,0

0,9

Quelle: Statistisches Bundesamt

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