Bündnis Zukunft der Industrie zur Erarbeitung einer neuen Industriestrategie der Bundesregierung

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GemeinsameEmpfehlungenvonMitgliedern des Bündnisses „Zukunft der Industrie“ zurErarbeitung einer neuen Industriestrategieder Bundesregierung

Ökologische Verantwortung, soziale Gerechtigkeit, stabile Finanzen und wirtschaftlichen Erfolg müssen wir mit Investitionen in eine erfolgreiche, nachhaltig wirtschaftende Industrie verbinden. Dafür tragenwir gemeinsamVerantwortung.

Dabeiorientieren wir uns an gemeinsamen Leitmotiven: Die Zukunft der Industrie müssenwir jetzt gestalten undsichern.Soerreichenwir das Ziel einer internationalwettbewerbsfähigen Industrie, welche die Transformationhin zur Treibhausgas-Neutralität erfolgreich bewältigt.Zur Erreichung dieser Ziele tretenwir für eine nachhaltige deutsche und europäische Industriepolitik auf Grundlage einer breit abgestimmten nationalenIndustriestrategie ein.

In diesem Sinne empfehlen wir auf Basis der Vorschläge des Bündnisses „Zukunft der Industrie“ vom November 2022 folgende Maßnahmen:

Verlässliche Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen/Energiewende- und Antriebswende im Verkehr vorantreiben/Investitionen erhöhen

Unsere energieintensivenBranchen, insbesondere in der Grundstoffindustrie, müssen auchin einer Welt, in der die ErneuerbarenEnergienfür unsere Energieversorgung prägendsind, verlässliche und internationalwettbewerbsfähige Energiepreise inDeutschland vorfinden. Entsprechende Umsetzungsschritte müssen jetzt in Angriff genommen werden.

Die Versorgungssicherheit, auch bei Last- und Leistungsschwankungen, muss gewährleistet sein. Hierfür kann die anstehende Weiterentwicklung des Strommarktdesigns imRahmender Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS) für die Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten. Vordringlich ist der zügige Ausbau der gesicherten Leistung durch Gaskraftwerke, die langfristig Wasserstoff nutzen können.

Zudem muss mehr Tempo bei der Planung, Genehmigung undUmsetzung energierelevanter Investitionsprojekte – insbesondere dem Ausbau der Erneuerbaren, der Netzinfrastruktur und von Speicherkapazitäten – erreicht werden. Wir begrüßen das Inkrafttretendes Wind-an-Land-Gesetzes und der Umsetzung der EU-Notfallverordnung. Weitere Schritte müssen folgen.

Die Fertigungskapazitätenfür erneuerbare Energieerzeugungsanlagenmüssen(wieder-)aufgebaut bzw. erheblich erweitert werden. Den Vorschlag einer „EuropäischenPlattformfür Transformationstechnologien“ unterstützenwir nachdrücklich, da der zügige Ausbau von industriellen Produktionskapazitäten in für die Energiewende zentralen Transformationstechnologien (z.B. Photovoltaik, Wind, Wärmepumpen, Brennstoffzellen sowie deren Komponenten) unerlässlich ist.

Darüber hinaus müssen Entwicklung, Aufbau undEinsatzvon Substitutions-und EffizienzTechnologien sowie Technologien der Sektorenkoppelung inDeutschlandsichergestellt werden. Neue IPCEIs sind zuentwickeln.

Ausreichende undzielgerichtete öffentliche Investitionen müssen ermöglicht und umgesetzt werden, auch um bessere Rahmenbedingungen für solche privatenInvestitionen in Infrastruktur zu schaffen, die Basis für die Energie-und Antriebswende im Verkehr sind (insbesondere bei Stromund Wasserstoffnetzen, Ladeinfrastruktur).

Die zeitnahe und ausreichende Verfügbarkeit von Anschlüssenan die Zukunftsnetze (Strom, Wasserstoff, CO2, Wärme/Kälte) sind von höchster Priorität. Umeinen signifikanten Hochlauf der Wasserstoffkapazitätenzu erreichen, sind die ElektrolysekapazitäteninDeutschland auf mindestens 10 GW bis 2030 festzulegen.

Die derzeitige Ausbaugeschwindigkeit der Ladeinfrastruktur muss verfünffacht werden, wenn das Ziel von 1 Mio. öffentlich zugänglichenLadepunkten bis 2030 erreicht werden soll. Um die ambitionierten Klimaziele zuerreichen, müssen bis 2035 allein im Übertragungsnetz ca. 12.800 Trassenkilometer ausgebaut werden.

Resilienz und strategische Souveränität steigern

Die Energiewende muss durch eine resiliente und diversifizierte Energieversorgung Deutschlands und Europas und neue globale Energiepartner künftige (Import-)Abhängigkeitsrisiken senken. Erdgaswird in der Transformation zueiner klimaneutralen Energieversorgung eine unverzichtbare Rolle spielen; daher muss intensiv an der Erschließung weiterer alternativer Bezugsquellen gearbeitet werden. Neue Infrastruktur muss allerdings so gebaut werden, dass sie auf grünen Wasserstoff umgestellt werden kann, wo immer dies technisch machbar ist.

Deutschland und Europa braucht schnell eine Antwort auf den „Inflation ReductionAct (IRA)“ in den USA. Die Vorschläge der Europäischen Kommission zum GreenDeal IndustrialAct gehen in die richtige Richtung Hierbei gilt es, einen Subventionswettlauf und Handelskrieg zu verhindern, gleichwohl aber durch bessere Rahmenbedingungen Wettbewerbsnachteile auszugleichen.

Zudem werden diese internationalen Anstrengungengebraucht, um mögliche Handelskonflikte zu entschärfen, Standardszuvereinbarenund grüne Märkte zuetablieren. Damit vergleichbare Wettbewerbsbedingungen, insbesondere für die energieintensive Industrie, in der Transformation gewährleistet sind, bleibt ein wirksamer Carbon-Leakage-Schutzvongroßer Bedeutung.

Eine nachhaltige Rohstoffgewinnung und -verarbeitunginDeutschland und Europa sowie die Diversifizierung von Rohstoffquellen und die Forschung an innovativen Rohstoffprojekten und Produktionsverfahren müssen gestärkt werden Zugänge zuRohstoffen aus dem Ausland müssen verbessert und Handelsbarrierenabgebaut werden. Wir tretenein für die Stärkung der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), die die internationalenRohstoffmärkte kontinuierlich analysiert und bewertet, umkritische Abhängigkeitenfrühzeitig zu identifizieren und rechtzeitig politische Maßnahmen zu deren Vermeidung vorzuschlagen.

Transformation erfolgreich gestalten

Eine digitale und souveräne Industrie mit ihrenzahlreichen mittelständischen Unternehmenbraucht eine durchgängige Datenvernetzung.Hierfür müssen neue Modelle der Zusammenarbeit entwickelt werden. Voraussetzung sind Industrie 4.0-Standardssowie die Etablierung eines souveränen Datenraums„Manufacturing-X“ für die Industrie.

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Wir müssen die sich aus der EU ergebenden Chancen und Risiken noch stärker in den Blick nehmen und den EU-Binnenmarkt stärken. Denn von eineminnovationsstarken Europa profitiert gerade Deutschlandalsindustrieller und innovativer Motor der EU in besonderem Maße. Neben den Schlüsseltechnologien müssen vermehrt auch digitale Technologien wie KI und 6G zentrale Elemente eines Modernisierungsschubs sein.

Die Datenwirtschaft muss angekurbelt werden, ohne dass durch Regulierung Rechtsunsicherheiten geschaffen und digitale Geschäftsmodelle in der Industrie erschwert werden, denn sie ermöglicht es Unternehmen jeglicher Größe an der Wertschöpfung der digitalenWirtschaft teilzuhaben. Gezielte Investitionenin Technologien, die Digitalisierung und Nachhaltigkeitsziele verbinden,wie beispielsweise Smart Grids und Smart Mobility, müssen mit Kraft vorangetriebenwerden.

Die rasanten technologischenEntwicklungen, unter anderemimBereich der Hochleistungsrechner (High Performance Computing, HPC), der Quantentechnologie und im Edge Computing, können in Verbindung mit der deutschenIndustriekompetenzTreiber für positive Entwicklungen sein.

Um die Transformation der deutschen Industrie wirksam zubegleiten sollte die Industriestrategie Leitlinien einer verbesserten Vernetzung inder Industrie-, Energie-und regionalenStrukturpolitik entwickeln.

Die vom BMWK gefördertenregionalen Transformationsnetzwerke leistenhier wichtige Arbeit Eine rechtzeitige Evaluationsollte erfolgen, um die Netzwerke ggf. über 2025 hinaus zu fördern.

Fachkräftemangel entgegenwirken

Die Verfügbarkeit von gut ausgebildetemFachpersonal ist ein zentraler Erfolgsfaktor der Transformation und entscheidet über die industrielle Zukunftsfähigkeit Deutschlands und damit der weiterenWohlstandsentwicklung. Die Berufsorientierungin allen Schulformen, auchden Gymnasien, muss verbessert undausgebaut werden.

Die Verringerung der Schulabbrecherquoten, Stärkung des MINT-Nachwuchses, Förderung von Erwerbsmigration ausDrittstaatenvereinfacht und die Zuwanderungsindzentrale Aufgaben eines vernetztenpolitischen Handelns.

Die Verringerung der Schulabbrecherquoten, die Stärkungdes MINT-Nachwuchses,die Förderung von Erwerbsmigration ausDrittstaaten und die Zuwanderung sindzentrale Aufgaben eines vernetztenpolitischen Handelns.

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