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#Tax2025: Mobiles Arbeiten im Ausland Steuerpolitik in der 20. Legislaturperiode – 2021 – 2025
Februar 2022 Neue Arbeitswelt verstärkt den Trend zum mobilen Arbeiten Die Arbeitswelt verändert sich rasant. Mobiles Arbeiten gehört für viele Beschäftigte und Unternehmen zum „new normal“. Diese Entwicklung wurde durch die Corona-Pandemie zusätzlich beschleunigt. Auch im grenzüberschreitenden Kontext gewinnt mobiles Arbeiten an Bedeutung, z. B. im Rahmen der Gewinnung von internationalen Fachkräften. Zahlreiche Unternehmen möchten in diesem Zusammenhang ihren Beschäftigten das mobile Arbeiten im ausländischen „Homeoffice“ ermöglichen.
Mobiles Arbeiten im Ausland kann zu steuerlichen Risiken führen Mobiles Arbeiten im Ausland führt jedoch zu verschiedenen steuerrechtlichen Fragen. So kann insbesondere in Fällen, in denen Beschäftigte im Ausland leben oder sich dort längere Zeit aufhalten und von dort für ein Unternehmen tätig sind, die Problematik einer unbeabsichtigten Begründung von Betriebsstätten entstehen. Hieraus erwachsen für Unternehmen zahlreiche Anforderungen, z. B. Registrierungs- und Deklarationspflichten im Ausland und Gewinnabgrenzungserfordernisse. Unabhängig vom Vorliegen einer Betriebstätte können bei grenzüberschreitender mobiler Arbeit auch lohnsteuerliche Verpflichtungen des deutschen Arbeitgebers und ggf. auch des Arbeitnehmers im Ausland ausgelöst werden. So müssen z. B. die Arbeitstage im Ausland ermittelt, Lohnsteuer im Ausland abgeführt und eine Doppelbesteuerung vermieden werden.
Vorschlag für eine international abgestimmte und rechtssichere Lösung Unternehmen und Beschäftigte benötigen Rechtssicherheit und unbürokratische Lösungen für diese steuerlichen Aspekte. Von zentraler Bedeutung ist die Festlegung nachvollziehbarer Kriterien, um zu entscheiden, in welchen Fällen durch grenzüberschreitendes mobiles Arbeiten Betriebsstätten begründet werden. Unilaterale deutsche Regelungen sind dazu nicht ausreichend, stattdessen ist ein international abgestimmtes Vorgehen innerhalb der Europäischen Union und zwischen den OECDMitgliedstaaten erforderlich. Zudem sind auch Verfahrenserleichterungen bei der Lohnsteuer erforderlich. So sollten keine Lohnsteuerverpflichtungen des Arbeitgebers im anderen Staat entstehen, solange eine bestimmte Anzahl an mobilen Arbeitstagen im Ausland nicht überschritten wird. Diese Vorschläge sind gemeinsame Überlegungen der Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft.
Benjamin Koller | Abteilung Steuern und Finanzpolitik | T: +49 30 2028-1584 | b.koller@bdi.eu | www.bdi.eu
#Tax2025: Mobiles Arbeiten im Ausland
Betriebsstättenbegründung anhand nachvollziehbarer Kriterien Für die betriebliche Praxis kommt es angesichts der aktuellen Rechtsunsicherheit bei der Begründung von Betriebsstätten im Ausland darauf an, dass international ein möglichst einheitliches Verständnis zur Betriebsstättenbegründung im Kontext des mobilen Arbeitens besteht. Zentral ist dabei eine dauerhafte, nachvollziehbare und praxisgerechte Ausgestaltung. Dies schafft für Unternehmen, Beschäftigte und Finanzverwaltungen die dringend erforderliche Rechtssicherheit. Einfache Lösung für kurze Zeiten im Ausland: Dabei sollte zunächst folgende, für alle Beteiligten einfach zu administrierende Grundregel gelten: Stellt ein Unternehmen einem Mitarbeiter (wie bisher) Arbeitsräume im Staat der Beschäftigung zur Verfügung und gestattet auf Wunsch des Mitarbeiters das grenzüberschreitende mobile Arbeiten nur vorübergehend für kurze Zeiträume (z. B. bis zu 120 Tätigkeitstage bzw. 183 Aufenthaltstage pro 12-Monatszeitraum), so sollte dies schon auf Grund der kurzen Zeitdauer weder eine feste Geschäftseinrichtung, noch eine Vertreterbetriebsstätte des Unternehmens im Ausland begründen und auch nicht zu einem tatsächlichen Ort der Geschäftsleitung führen. Innerhalb dieser Zeitspanne herrscht somit grundsätzlich Klarheit darüber, dass keine Betriebsstätte begründet wird. International abgestimmte Definition einer Betriebsstätte für längere Zeiträume: Falls diese Zeitspanne überschritten wird, sollte auch nicht zwingend bzw. automatisch eine Betriebsstätte begründet werden. Vielmehr sollten die bestehenden Regelungen in den Doppelbesteuerungsabkommen zur Abgrenzung einer Betriebsstätte mit Blick auf mobiles Arbeiten konkretisiert und praxistauglich ausgestaltet werden. Dabei kann auf bereits bestehende, praxisgerechte Ausführungen in dem OECD-Musterkommentar 2017 zu dem OECD-Musterabkommen 2017 zurückgegriffen werden. Zur Klarstellung, in welchen Fällen durch mobiles Arbeiten im Ausland eine Betriebsstätte begründet wird bzw. unter welchen Voraussetzungen diese ausgeschlossen ist, sind die folgenden drei Kriterien maßgeblich: ▪ ▪ ▪
die Dauer der Tätigkeit im Ausland, die Verfügungsmacht des Unternehmens an den Räumlichkeiten im Ausland und die Art der Tätigkeit bzw. der Umfang einer Vertretungsbefugnis des jeweiligen Mitarbeiters.
Dabei muss klargestellt werden, dass keine Betriebstätte vorliegt, wenn eines der o. g. Kriterien nicht erfüllt ist. Aus Sicht der Wirtschaft wäre das zeitliche Kriterium (Dauer) für eine rechtssichere Abgrenzung besonders geeignet, da die notwendigen Dokumentationserfordernisse vergleichsweise einfach erbracht werden könnten. Anhand dieser Kriterien kann Rechtssicherheit sowohl für die Unternehmen als auch für die Finanzverwaltung geschaffen werden. Eine international abgestimmte, einheitliche Auslegung dieser Parameter ist dabei von entscheidender Bedeutung. Ein multilaterales Instrument (MLI) mit seinen Regelungen zu Betriebsstätten könnte ein gutes Umsetzungsinstrument sein, das eine einheitliche Umsetzung in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen sicherstellt.
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#Tax2025: Mobiles Arbeiten im Ausland
Lohnsteuerliche Verfahrenserleichterungen Unabhängig vom Vorliegen einer Betriebstätte können bei grenzüberschreitender Tätigkeit von Arbeitnehmern lohnsteuerliche Verpflichtungen im Ausland ausgelöst werden. Insbesondere im Fall der Ansässigkeit des Mitarbeiters im Ausland und/oder bei Grenzgängern ergeben sich erhebliche steuerliche Konsequenzen, wenn Arbeitstage in einem anderen Staat (z. B. im ausländischen „Homeoffice“) erbracht werden. Während der Corona-Pandemie sind zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bzw. des Wechsels des Besteuerungsrechts bezüglich des Arbeitslohns von Grenzpendlern und Grenzgängern zahlreiche Konsultationsvereinbarungen mit mehreren deutschen Nachbarstaaten geschlossen worden. Danach gelten Arbeitstage, die an grenzüberschreitend tätige Beschäftigte für eine beispielsweise im „Homeoffice“ ausgeübte Tätigkeit vergütet werden, als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage, in dem die Beschäftigten ihre Tätigkeit sonst, also ohne Pandemiesituation, ausgeübt hätten. Dieser Ansatz sollte für die Zeit nach der Pandemie weiterentwickelt werden, sodass ▪ ▪
zum einen über das „Homeoffice“ im engeren Sinne hinaus das gelegentliche oder regelmäßige, standortunabhängige, mobile Arbeiten im Ausland erfasst wird und zum anderen der persönliche Anwendungsbereich nicht mehr nur auf Grenzpendler und Grenzgänger beschränkt, sondern auf Arbeitnehmer im Allgemeinen erstreckt wird.
Im Ergebnis würden Arbeitstage, die z. B. im ausländischen „Homeoffice“ ausgeübt werden, als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage gelten, in dem die Beschäftigten ihre Tätigkeit sonst ausgeübt hätten, soweit eine gewisse Anzahl von Tagen nicht überschritten wird. Besonders praxisgerecht wäre hier eine Übereinstimmung mit der Tage-Grenze für die ertragssteuerlichen Betriebsstättenbegründung, um zusätzliche Komplexität zu vermeiden. Somit entstehen in diesen Fällen keine Lohnsteuerverpflichtungen des Arbeitgebers aufgrund des mobilen Arbeitens im anderen Staat. Dies entlastet Unternehmen, Beschäftigte und Finanzverwaltung. Erforderlich ist auch diesbezüglich ein gemeinsames verbindliches Verständnis der Staaten zumindest in der EU – besser noch auf Ebene der OECD.
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#Tax2025: Mobiles Arbeiten im Ausland
Zusammenfassung Mobiles Arbeiten im Ausland gewinnt an Bedeutung, wirft aber derzeit steuerrechtliche Fragen und Probleme auf. Um Rechtssicherheit für Unternehmen, Beschäftigte und Finanzverwaltungen zu schaffen, schlägt der BDI folgende Lösungen vor: Änderung der Doppelbesteuerungsabkommen bzw. des OECD-Musterabkommens mit folgenden Zielen: ▪
Einfache Grundregel für kurze Tätigkeiten im Ausland: Keine Betriebsstätte im Ausland bei bis zu 120 Tätigkeitstagen bzw. 183 Aufenthaltstagen im Ausland
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International abgestimmte Kriterien für langfristige Tätigkeiten: Festlegung nachvollziehbarer Kriterien zur Entscheidung über die Betriebsstättenbegründung
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Verfahrenserleichterungen bei der Lohnsteuer: keine Lohnsteuerverpflichtungen des Arbeitgebers im anderen Staat, solange eine bestimmte Anzahl an mobilen Arbeitstagen nicht überschritten wird.
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Gemeinsames verbindliches Verständnis der beteiligten Staaten, zumindest in der EU – besser noch auf Ebene der OECD.
Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Registernummer: R000534 Redaktion Frau Dr. Monika Wünnemann Abteilungsleiterin Steuern und Finanzpolitik T: +49 30 2028-1507 m.wuennemann@bdi.eu Herr Benjamin Koller Referent Steuern und Finanzpolitik T: +49 30 2028-1584 b.koller@bdi.eu Herr Philipp Gmoser Referent Steuern und Finanzpolitik T: +32 2 7921012 p.gmoser@bdi.eu BDI Dokumentennummer: D1496
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