Globale Mindeststeuer: Entwicklungen gefährde Wettbewerbsfähigkeit

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POSITION | STEUERPOLITIK | PILLAR TWO

Globale Mindeststeuer: Entwicklungen gefährden

Wettbewerbsfähigkeit

Notwendiger Schutz der deutschen Wirtschaft

7. März 2025

Die aktuelle US-Steuerpolitik unter Präsident Donald Trump birgt im Zusammenspiel mit der globalen Mindeststeuer erhebliche Risiken für die globale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen. Politische Entscheidungsträger müssen dringend Maßnahmen ergreifen, um drohende Belastungen für europäische Unternehmen zu minimieren, Wettbewerbsnachteile auszugleichen und den Standort Europa zu sichern

Drohende erhebliche Mehrbelastungen für deutsche Unternehmen

US-Präsident Trump hat eine Beteiligung der USA an der globalen Mindeststeuer ausgeschlossen und plant zusätzliche steuerpolitische1 Maßnahmen, die europäische Unternehmen massiv benachteiligen. Bereits in diesem Jahr könnten diese Regelungen in Kraft treten. Besonders besorgniserregend sind:

▪ Memorandum vom 20.01.2025: Untersuchung, ob ausländische Staaten Steuerabkommen nicht einhalten oder durch diskriminierende und extraterritoriale Steuerregelungen US-amerikanische Unternehmen benachteiligt sind. Bis zum 1. April 2025 sollen Ergebnisse und mögliche Gegenmaßnahmen präsentiert werden Zudem verweist ein weiteres Memorandum auf den seit Jahrzehnten existierenden, aber noch nie angewandten Abschnitt 891 des US-Steuergesetzbuchs, der eine Verdoppelung der Steuersätze für Unternehmen aus den o. g. Ländern vorsieht

▪ Republikanischer Vorschlag (H.R. 591, Abschnitt 899 IRC): Dieser sieht den Wegfall der reduzierten DBA-Quellensteuersätze und die Einführung von Sondersteuersätzen von bis zu 20 Prozent auf US-Einkünfte von Unternehmen aus Ländern mit vermeintlich diskriminierenden Steuerpraktiken vor. Dies betrifft Betriebsstätten, Dividenden, Zinsen und Lizenzen. Als diskriminierende Steuerregime werden hier die Undertaxed Profits Rule (UTPR) oder Digital Services Taxes (DST) genannt.

Im Fokus der US-Kritik steht insbesondere die UTPR als Kernstück des Mindestbesteuerungskonzepts der OECD Die im Deutschen als "Sekundärergänzungssteuer" bezeichnete UTPR zielt darauf ab,

1 Darüber hinaus sind zahlreiche weitere kostspielige Vergeltungsmaßnahmen von Trump geplant (u. a. gegen die europäische Mehrwertsteuer), die aber aufgrund einer unmittelbaren Verbindung zu Zöllen nicht rein steuerlich gelöst werden können. Hierfür müssen eigene Lösungen erarbeitet werden.

dass Unternehmensgewinne auch von Konzernen aus Ländern ohne Mindestbesteuerungsmechanismen (z. B. U.S. Konzerne) mit mindestens 15 Prozent belastet werden können, wenn eine Geschäftseinheit der Unternehmensgruppe in einem Land mit UTPR belegen ist Da die USA die Vorschriften der globalen Mindeststeuer nicht implementiert haben, wären auch US-amerikanische Konzerne, sogar mit ihrer U.S. Muttergesellschaft, von der deutschen UTPR erfasst2

Fallbeispiel Deutschland: Deutsche Unternehmen sind ein zentraler Wirtschaftsfaktor in den USA. Laut aktuellem Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums waren deutsche Unternehmen in den USA im Jahr 2023 mit 619 Milliarden US-Dollar investiert. Bei einer konservativ angenommenen Rendite von 5 Prozent ergibt dies unter vereinfachten Berechnungen jährliche Gewinne von rund 31 Milliarden US-Dollar. Diese würden unter vereinfachten Annahmen bei einer Ausschüttung an die deutschen Anteilseigner bei einer Besteuerung von 35 Prozent anstelle der bisherigen 0 Prozent eine steuerliche Mehrbelastung in Milliardenhöhe (nach dieser Rechnung also mindestens 11 Milliarden US-Dollar) in nur einem Jahr zusätzlich ergeben Hinzu kämen Steuerbelastungen auf Zins- und Lizenzzahlungen, die in ähnlicher Höhe erwartet werden können. Und damit wäre allein das Verhältnis USA – Deutschland erfasst.

Das Beispiel zeigt die fatalen Folgen dieser möglichen Zusatzsteuern für das US-Einkommen von deutschen Unternehmen: zusätzliche Steuerlasten in den USA in Milliardenhöhe, ein hieraus resultierendes sinkendes Steueraufkommen in Europa und massive Wettbewerbsnachteile. Eine derartige belastende Entwicklung, die allein auf Gegenmaßnahmen der USA aufgrund der Einhaltung einer OECD-Vereinbarung zurückzuführen wäre, muss dringend verhindert werden.

Wettbewerbsnachteile für EU-Unternehmen verschärfen sich

Die Mindeststeuer (Pillar 2) war ursprünglich insbesondere als Instrument gegen aggressive Steuervermeidung US-amerikanischer Konzerne zur Herstellung eines weltweiten „level playing fields“ bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen gedacht. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in den USA wird dieses Ziel nun ausdrücklich verfehlt und für die europäischen Unternehmen entstehen hierdurch Wettbewerbsnachteile.

Jetzt entschlossen handeln: Notwendige Reaktionen in Europa

Die europäischen Entscheidungsträger stehen nun vor der dringenden Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um die europäische Wirtschaft angesichts dieser neuen internationalen Rahmenbedingungen zu schützen.

2 Gleichwohl gilt in Deutschland und vielen weiteren Staaten noch für eine begrenzte Zeit ein sog. UTPR-Safe Harbour, sofern der nominelle KSt-Satz in dem Land mindestens 20 Prozent beträgt. Dann würde keine Nachversteuerung anfallen. Dies ist in den USA noch der Fall Hier ist aber eine Steuersatzsenkung in Planung, weshalb der Safe Harbour nicht mehr gelten würde und deutsche Unternehmen von Gegenmaßnahmen getroffen wären

1. US-Strafsteuern verhindern

Eine zentrale Priorität muss die Verhinderung von US-Strafmaßnahmen sein, um die umfassenden Wettbewerbsnachteile für die europäische Wirtschaft abzuwenden. Dazu bestehen aus unserer Sicht zwei Möglichkeiten:

Mindeststeuer-Richtlinie vorübergehend aussetzen

Zum Schutz der europäischen Wirtschaft sollte die europäische Mindeststeuer-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2523 DES RATES vom 14. Dezember 2022) vorübergehend ausgesetzt werden

Eine solche Aussetzung würde die Gleichheit im globalen Steuerwettbewerb wiederherstellen und die fatalen Folgen von drohenden Strafsteuern zulasten der europäischen Unternehmen verhindern. In dieser Aussetzungsphase kann die bestehende Rechtsunsicherheit geklärt und eine Nachbesserung der Mindeststeuer geprüft und umgesetzt werden.

UTPR entschärfen

Hilfsweise – falls eine Aussetzung der Mindeststeuer-Richtlinie z. B. aufgrund des Erfordernisses der Einstimmigkeit der EU-Mitgliedsstaaten zeitnah nicht möglich sein sollte – muss die konkrete Verhinderung von US-Strafmaßnahmen durch andere Maßnahmen eine zentrale Priorität haben Um den größtmöglichen Schaden für die europäische Wirtschaft abzuwenden, ist insbesondere eine weitere Entschärfung der UTPR für amerikanische Unternehmen durch eine Verlängerung des UTPRSafe Harbour sowie ein konstruktiver Dialog zur US-amerikanischen GILTI-Regelung von höchster Dringlichkeit. In diesem Fall muss jedoch auch die globale Mindeststeuer sowie das sonstige Unternehmenssteuerrecht erheblich vereinfacht werden, um den Wettbewerbsnachteil der europäischen Wirtschaft im Vergleich zur U.S. Konkurrenz abzumindern.

2. Mindeststeuer weiter vereinfachen

Unabhängig von den aktuellen Entwicklungen ist es erforderlich, eine Vereinfachung der hochkomplexen Regelungen zur Mindeststeuer voranzutreiben.

Mindeststeuer auf OECD-Ebene nachbessern

Die politischen Entscheidungsträger sind gefordert, sich bei der OECD für eine weitere Reduzierung der Komplexität und wichtige Nachbesserungen einzusetzen:

▪ Der übergangsweise geltende CbCR-Safe-Harbour muss verbessert und als dauerhafte Vereinfachungslösung ausgestaltet werden

▪ Der für die USA geschaffene UTPR Safe Harbour sollte auch auf die IIR ausgedehnt werden.

▪ Latente Steuern müssen entsprechend den IFRS-Abschlüssen im Rahmen von Säule 2 umfassend berücksichtigt werden können (statt nur bis 15 Prozent und bei fünfjährigen temporären Differenzen).

▪ Länderspezifische steuerliche Anreize sollten in die Mindeststeuerregelungen integriert werden, um einer wettbewerbsfördernden Politik einzelner Staaten mit Blick auf Investitionsanreize nicht zu widersprechen.

Weitere Vereinfachungen auf europäischer Ebene schaffen

Auf europäischer Ebene muss eine Evaluierung und Beseitigung von redundanten Regelungen erfolgen, die für die Wirtschaft zu überhöhtem Compliance-Aufwand führen. Dies betrifft insbesondere die parallele Anwendung der Mindeststeuer und der Hinzurechnungsbesteuerung sowie die Beseitigung von Überschneidungen zwischen der globalen Mindeststeuer und der Zinsschranke (Evaluierung der Richtlinie gegen Steuervermeidung, ATAD). Durch eine gezielte, befristete Anknüpfung an die Regelungen von Säule 2 könnten diese Vereinfachungen bereits während einer Aussetzungsphase umgesetzt werden. Nur durch diese konsequenten Anpassungen kann Europa nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit stärken, sondern sich auch auf die zukünftigen Herausforderungen der globalen Wirtschaft vorbereiten.

Forderung der deutschen Wirtschaft: Notwendige Reaktionen bei der Mindesteuer zum Schutz der europäischen Wirtschaft

Europäische Unternehmen stehen vor massiven Wettbewerbsnachteilen in Form von administrativen Belastungen der Mindeststeuer und steuerlichen Zusatzbelastungen durch US-Gegenmaßnahmen. Jetzt ist die Politik gefordert:

▪ US-Strafsteuern verhindern

▪ Mindeststeuer-Richtlinie in Europa vorübergehend aussetzen

▪ UTPR entschärfen

▪ Mindeststeuer weiter vereinfachen

▪ Mindeststeuer auf OECD-Ebene nachbessern

▪ Weitere Vereinfachungen auf europäischer Ebene schaffen

Impressum

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu

T: +49 30 2028-0

Lobbyregisternummer: R000534

Redaktion

Dr. Monika Wünnemann

Abteilungsleiterin Steuer- und Finanzpolitik m wünnemann@bdi.eu

Nadine Fetzer

Referentin Internationale Steuerfragen n.fetzer@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D2057

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