BDI & Fraunhofer Two-Pager Forschungsdaten

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POSITION | DIGITALISIERUNGSPOLITIK | FORSCHUNGSDATEN

BDI & Fraunhofer Two-Pager Forschungsdaten Nutzbarmachung von Forschungsdaten für Wissenschaft und Wirtschaft November 2022 Innovationspotenziale nutzen – Zukunft gestalten Die Gestaltung der digitalen Transformation und die Nutzbarmachung der wachsenden Datenmengen sind einige der großen Chancen unserer Zeit. Sie sind unverzichtbar, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im europäischen Binnenmarkt zu stärken und um gesellschaftliche Ziele, wie die Pandemiebekämpfung, Energiewende oder die Bewältigung des Klimawandels, zu erreichen. Bei der Digitalisierung von Wissenschaft und Wirtschaft übernimmt die Gestaltung des Umgangs mit Forschungsdaten (z. B. Messdaten, Laborwerte, audiovisuelle Informationen, Texte, Umfragedaten) eine Schlüsselfunktion. Durch die Kombination und Auswertung von Daten unterschiedlicher Quellen und / oder verschiedenster Datengeber lassen sich Innovationspotenziale und neue Geschäftsmodelle erschließen, z. B. zur besseren Steuerung von Lieferketten, Produktionsprozessen oder zur effizienteren Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Vor diesem Hintergrund ist die in Koalitionsvertrag und Digitalstrategie gemachte Ankündigung der Bundesregierung, nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der Wirtschaft den Zugang zu Forschungsdatendaten zu erleichtern, ausdrücklich zu begrüßen. Daten sind eine Ressource, die richtig genutzt, z. B. durch passende Geschäftsmodelle, das Innovationspotenzial heben. Dazu müssen Daten für Wirtschaft und Wissenschaft verfügbar und damit nutzbar gemacht werden.

Nutzbarmachung von Forschungsdaten für Wirtschaft und Wissenschaft Damit Forschungsdaten im Sinne des Datennutzungsgesetz1 kollaborativ genutzt werden können, sind noch einige Fragen – gleichermaßen in der anwendungsorientierten Forschung wie in der Industrie – zu lösen. Dazu zählen zum Beispiel qualitative Unterschiede bei den Daten, Fragen des Zugangs verschiedener Einrichtungen, die Verknüpfung von Daten und Interoperabilität von Datenräumen, die Datensouveränität, Normen und Standards und auch rechtssichere Vertragsgestaltungen für eine kollaborative Datennutzung. Insbesondere braucht es eine klare Regelung zum Umgang mit personenbezogenen Daten und deren Verarbeitung, z. B. durch eine einheitliche bundesweite Auslegung der Datenschutzregeln. Um die Innovationspotenziale der Digitalisierung für die anwendungsorientierte Forschung und Industrieforschung voranzubringen, müssen Daten zunächst branchen- / domänenspezifisch nutzbar gemacht werden (Datenstrukturierung, -aufbereitung), die Anwendung der FAIR2-Prinzipien und anderer

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"Datennutzungsgesetz vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2941, 2942,, 4114)" DNG - Gesetz für die Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors (gesetze-im-internet.de) 2 Das Akronym FAIR steht für Findable (Auffindbar), Accessible (Zugänglich), Interoperable (Interoperabel) und Reusable (Wiederverwendbar).

Dr. Anke Soemer | Fraunhofer Gesellschaft | T +49 89 1205 1073 | anke.soemer@zv.fraunhofer.de Dr. Sophia Helmrich | BDI e.V. | T: +49 30 2028-1402 | s.helmrich@bdi.eu


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Mechanismen geprüft und ein zukunftsorientiertes Datenmanagement etabliert werden. Die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) hat hierbei Pionierarbeit geleistet. Bei der weiteren Entwicklung der NFDI sollte die Zusammenarbeit mit Unternehmen eine wichtige Rolle spielen, um Daten der NFDIKonsortien für anwendungsorientierte Vorhaben gemeinsam zu nutzen. Selbstverständlich für Wissenschaft und Wirtschaft sind hier die Prinzipien, wie der Schutz sensibler Daten und die Maßgabe „as open as possible, as closed as necessary“. Beim Aufbau von kollaborativen Datenräumen werden je nach Branche bzw. Domäne unterschiedliche Ontologien, Vokabulare, Formate und Schnittstellen zur Anwendung kommen. Eine enge Verzahnung von Forschung und Industrie ist hier der beste Weg, um in einem harmonischen Prozess interoperable Datenräumen zu schaffen und Datensilos zu vermeiden. In der Praxis sind bereits eine Reihe von Datenräumen in der Entstehung, die helfen, Vertrauen bezüglich der Datenverwendung zu schaffen. So kooperiert z. B. NFDI4Cat erfolgreich mit Unternehmen wie BASF, Clariant, Covestro, Evonik, hte, Linde und Thyssenkrupp. Auch baut NFDI4DataScience aktuell Kooperationen mit Unternehmen in unterschiedlichen Anwendungsdomänen auf. Wir brauchen kein Forschungsdatengesetz, sondern ein Forschungsdatenbefähigungsgesetz, in welchem der Staat den Aufbau der Datenräume unterstützt.

Anforderungen an den Gesetzgeber Auf dieser skizzierten Basis lassen sich Innovationspotenziale erschließen und neue Geschäftsmodelle entwickeln. Voraussetzung hierfür sind abgestimmte Maßnahmen und eine enge, eindeutige Forschungsdatendefinition der Politik für den Aufbau einer Datenökonomie in Europa, damit Forschung und Industrie in einem transparenten und sicheren rechtlichen Rahmen handeln können. Das für die aktuelle Legislaturperiode angekündigte Forschungsdatengesetz der Koalition, in dem die Forschungsdatennutzung neben der Wissenschaft auch für die Wirtschaft gefördert wird, kann hier ein weiterer Baustein sein, Forschungsdaten im großen Stil gemeinsam nutzen zu können. Um sich erst im Aufbau befindliche Geschäftsmodelle und Datenräume gedeihen zu lassen, muss hierbei von einer Überregulierung, insbesondere mit Blick auf Datenbereitstellungsverpflichtungen im Rahmen einer Forschungsdatenklausel, Abstand genommen werden. Zu weitreichende Datenbereitstellung- und Dokumentationspflichten würden eine breite Akzeptanz, u. a. im Mittelstand, gefährden.

Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0

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Redaktion Dr. Anke Soemer 2PT – Forschung T: +49 89 1205 1073 anke.soemer@zv.fraunhofer.de

BDI Dokumentennummer: D 1690

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