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Normalzustand – Notzustand – Blackoutzustand und der regionale und überregionale Netzaufbau

Roland Bergmayer

Foto: https://www.pexels.com/de-de/foto/fotografie-von-elektrischen-turmen-im-feld-1133500/

Die obersten Prämissen der Netzführung sind der sichere Netzbetrieb, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und -qualität sowie die Einhaltung der anzuwendenden Normen. Ist die Versorgungssicherheit gefährdet, so hat der Netzbetreiber alle ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, diese wiederherzustellen. Um die Sicherheit und Qualität des elektrischen Systems gewährleisten zu können, ist die Erbringung der sogenannten Systemdienstleistungen durch die Netzbetreiber von wesentlicher Bedeutung. Der „Netzzustand“ bezeichnet den anhand der betrieblichen Sicherheitsgrenzwerte beurteilten Betriebszustand des Netzes, bei dem es sich um den Normalzustand, den Notzustand, den Blackoutzustand oder den Netzwiederaufbauzustand handeln kann. Da der Systemzustand nach einer Großstörung direkt vom Störungsverlauf abhängt, müssen die Methoden des Netzwiederaufbaues für jede beliebige Ausdehnung des gestörten Netzbereiches anwendbar sein.

Betrieb elektrischer Netze

Die obersten Prämissen der Netzführung sind der sichere Netzbetrieb, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und -qualität sowie die Einhaltung der anzuwendenden Normen. Die Anforderung hinsichtlich Versorgungssicherheit (speziell die damit verbundenen operational Technology Security), bedingt durch die voranschreitende Digitalisierung und zunehmende Vernetzung aller Marktteilnehmer, wird zukünftig zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ausreichende (Online-)Informationen über das Netz und damit ein hoher Grad an Beobachtbarkeit gehören zu den Grundvoraussetzungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und somit zur Vermeidung von Netzzuständen, die im worst case Großstörungen nach sich ziehen könnten. Ist die Versorgungssicherheit gefährdet, so hat der Netzbetreiber alle ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, die Versorgungssicherheit, bzw. bei regionalen Versorgungsunterbrechungen bis hin zu Großstörungsereignissen, die Versorgung selbst wiederherzustellen (Netzwiederaufbau). Vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung von Großstörungen wurden in dem TOR (TOR 2022) Systemschutzplan Österreich (Technische Maßnahmen zur Vermeidung von Großstörungen und Begrenzung ihrer Auswirkungen) festgelegt und sind von den Netzbetreibern umzusetzen.

Die elektrische Energieversorgung ist ein Kernelement des öffentlichen Lebens und der öffentlichen Sicherheit. Um die Sicherheit und Qualität des elektrischen Systems gewährleisten zu können, ist die Erbringung der sogenannten Systemdienstleistungen durch die Netzbetreiber von wesentlicher Bedeutung. Für die Spannungshaltung, die Netzführung und wenn erforderlich für den Netzwiederaufbau ist jeder Netzbetreiber in seinem Netz eigenverantwortlich, wobei die Verantwortung für das Gesamtkonzept für den Netzwiederaufbau dem Übertragungsnetzbetreiber obliegt.

Die Frequenzhaltung im System wird durch die Regelzonenführer (Anm.: in Österreich ist dies der Übertragungsnetzbetreiber APG) in enger Abstimmung mit den angrenzenden Regelzonen gewährleistet, wobei für diesen Zweck vermehrt Anlagen zur Regelleistungserbringung in den Verteilernetzen eingesetzt werden. Die Gewährleistung der Versorgungssi-

cherheit ist somit eine gemeinsame Aufgabe aller Netzbetreiber, den Übertragungs- und Verteilernetzbetreibern. Der „Netzzustand“ bezeichnet den, anhand der betrieblichen Sicherheitsgrenzwerte (u.a. Frequenz, Spannung, Strom) beurteilten, Betriebszustand des Netzes, bei dem es sich um den Normalzustand, den Notzustand, den Blackoutzustand oder den Netzwiederaufbauzustand handeln kann. (Siehe Tab. 1)

Normalzustand Notzustand Black-Out-Zustand Netzwiederaufbauzustand

Bezeichnet den Netzzustand, in dem im ungestörten Betrieb alle betrieblichen Sicherheitsgrenzwerte des Netzes eingehalten werden und alle Sicherheitsmechanismen uneingeschränkt genützt werden können. Bezeichnet den Netzzustand, in dem im ungestörten Betrieb zumindest ein betrieblicher Sicherheitsgrenzwert überschritten wird oder die Möglichkeit zur Systemführung aufgrund von Nichtverfügbarkeiten eingeschränkt ist. Bezeichnet den Netzzustand, in dem die Versorgung ganz oder teilweise nicht gewährleistet werden kann (Verlust von mehr als 50% der Last oder Spannungslosigkeit in der Regelzone für mindestens drei Minuten). Ein Übertragungsnetz befindet sich im Netzwiederaufbauzustand, wenn ein Übertragungsnetzbetreiber, dessen Netz sich im Not- oder Blackoutzustand befindet, mit der Aktivierung von Maßnahmen seines Netzwiederaufbauplans begonnen hat.

Tabelle 1

Mechanismen die zu einem Notzustand führen können

Eine Vielzahl möglicher Ereignisse sind denkbar, die im elektrischen Netz zu regionalen bis hin zu großflächigen überregionalen Versorgungsunterbrechungen führen könnten. Diese Ereignisse lassen sich in folgende vier Überbegriffe unterteilen (siehe Tab 2):

Die nicht vorhandene Systemstabilität stellt hierbei das Ereignis mit der größten Auswirkung hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung dar. Dies begründet sich darin, dass ein Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch mit der damit verbundenen Frequenzabweichung und den automatischen Gegenmaßnahmen nicht regional begrenzt bleibt, sondern das gesamte zusammenhängende europäische Netz gleichsam trifft. Ein Zusammenbruch der Netzstabilität eines einzelnen Landes in Europa kann damit bereits das Potential haben, sich auf das gesamte europäische Stromnetz auszuwirken und im worst case in großen Teilen Europas, zumindest teilweise, Stromversorgungsunterbrechungen (Blackout) zu verursachen. Unsere heutige Gesellschaft ist gewillt, in sämtlichen Lebensbereichen ein hohes Maß an Sicherheit zu erreichen. Der Wille ist

opportun, das Ziel, eine 100 %-ige Sicherheit zu erreichen, jedoch nicht realistisch. Zur Erhaltung des Normalzustands bzw. zur Minimierung der Wahrscheinlichkeit in den Notzustand oder Blackoutzustand zu gelangen bzw. zur Begrenzung der Auswirkungen, werden seitens der Netzbetreiber laufend eine Vielzahl von Maßnahmen im Netz präventiv umgesetzt.

„ Hohe Investitionen ins Netz (Erhöhung Verkabelungsgrad, Digitalisierung der Netze, Erhöhung der

Beobachtbarkeit des Netzes speziell in den unteren Spannungsebenen) „ Strikte und harmonisierte Umsetzung der in den Network Codes (Network Codes Home 2022) geforderten Anforderungen an die

Netze und Erzeuger „ Redundanter Netzwiederaufbau (regionaler Netzwiederaufbau als

zweites Standbein zum überregionalen Netzwiederaufbau) „ Ständiges Netzwiederaufbautraining der relevanten Netz- und

Kraftwerksbetreiber in einer eigens dafür geschaffen Simulationsumgebung „ Kontinuierliche reale Netzwiederaufbauversuche mit den, gemäß Konzept vorgesehenen,

Kraftwerken „ Jährliche Überprüfung der bei großflächigen Versorgungsunterbrechungen erforderlichen Kommunikationseinrichtungen auf deren Einsatzbereitschaft „ Vereinbarungen mit anderen

Netzbetreibern zur gegenseitigen

Störaushilfe (Aushilfslieferung,

Störaushilfeplattform über Österreichs Energie) „ Vorhaltung eines ständig geübten

Stör- und Notfalls- sowie Krisenmanagements „ Bereithaltung von rund um die

Uhr verfügbaren Entstör- und Bereitschaftsdiensten „ Bereithalten von wichtigen Ressourcen (Aggregate, LKW, Material, …)

Menschen

- menschliches

Versagen - Kommunikation zwischen

Marktteilnehmern - Terrorismus

Tabelle 2

Naturereignisse Technisches Gebrechen

- Stürme - Hochwasser - Eisregen / extremer

Schneefall - Alterung - Materialfehler - Software/

Firmewarefehler Systemstabilität

- Erzeugung und

Verbrauch sind nicht deckungsgleich

Der regionale und überregionale Netzwiederaufbau

Für die Maßnahmen des Netzwiederaufbaus gelten folgende Grundsätze: „ Sicherheit (sowohl der Personen als auch der elektrischen Anlagen) hat Vorrang gegenüber

Schnelligkeit „ Auswirkungen auf die Netznutzer müssen minimal sein „ Wirtschaftlichkeit „ Minimalprinzip – nur Aktivierung der notwendigen Maßnahmen „ Gesetzte Maßnahmen dürfen nicht dazu führen, dass angeschlossene Übertragungsnetze in den Not- oder Blackoutzustand übergehen

Die koordinierende Stelle im Netzwiederaufbaufall ist in Österreich der Übertragungsnetzbetreiber / Regelzonenführer APG. Ihm obliegt das Ausrufen einer Großstörung, die Festlegung der Vorgangsweise samt des dafür notwendigen Kraftwerkseinsatzes und die Abstimmung mit den Verteilernetzbetreibern bzgl.

Last- und Erzeugungsaufnahme. Für die Kommunikation zwischen den Netzbetreibern innerhalb der Regelzone APG wurde das „Austrian Awareness System“ (AAS) eingeführt. Das AAS ermöglicht im Normal- und Störungsbetrieb möglichst schnell die wichtigsten Informationen darzustellen und gegenseitig über die Leitsysteme auszutauschen. Dieses System reduziert den Bedarf an fernmündlichen Absprachen, dient somit der Entlastung der Mitarbeiter in den Leitstellen und erlaubt einen Überblick über die Gesamtsituation in den Netzen in Österreich. Mit dem AAS kann die APG als Regelzonenführer das Ereignis „Großstörung“ ausrufen. Während eines Netzwiederaufbaues werden die Leistungsvorgaben für die Übergabestellen Übertragungs- zu Verteilernetzbetreiber (Wirkleistungssollwert, Leistungsband, Leistungsgradient) und die aktuellen Versorgungsgrade ausgetauscht bzw. es besteht die Möglichkeit, durch die APG einen Lastaufnahmestopp (Frequenzruhe) auszurufen. Vor Beginn eines regionalen Netzwiederaufbaus in den Verteilernetzen sind folgende Maßnahmen durchzuführen: „ Lagebild „Netzzustand“ erstellen; wichtig hierbei ist vor allem, die Ursache des Großstörungsszenarios, die Verfügbarkeit der eignen Betriebsmittel und die Topologie des Netzes (welche Schalter haben geöffnet) zu eruieren „ Information (über Festnetztelefonie, Betriebsfunk, Melder) aller relevanten Stellen über die eingetretene Lage o Landeswarnzentrale o Krisenmanagement o Leiter der Zentralen Warte o vorgesehene Erzeuger für den regionalen Netzwiederau bau o weitere Wartenmitarbeiter zur Unterstützung o Betriebsverantwortliche Mi arbeiter in den Regionen o Großkunden und Weiterve teiler „ Vorbereitungsmaßnahmen für den Netzwiederaufbau werden gestartet (horizontale und vertikale Netztrennung); d.h. sämtliche Übergabestellen zwischen

Verteiler- und Übertragungsnetzbetreiber werden geöffnet und der Ausgangszustand im 110-kV

Netz für den regionalen Netzwiederaufbau im Verteilernetz wird hergestellt „ Überprüfung, ob Nullspannungsauslösung überall sicher ausgelöst hat Da der Systemzustand nach einer Großstörung direkt vom Störungsverlauf abhängt, müssen die Methoden des Netzwiederaufbaues für jede beliebige Ausdehnung des gestörten Netzbereiches anwendbar sein. Folgend werden die grundlegenden Strategien des österreichischen Netzwiederaufbauplans beschrieben.

Unter dem Ansatz der Spannungsweiterschaltung (TOP-DOWN-Ansatz) ist das Wiederbespannen des eigenen Netzes von einem stabilen externen Netz aus zu verstehen, d.h. das betroffene Netz eines Verteilernetzbetreibers wird über die Übergabestellen zu dem Übertragungsnetz wiederbespannt oder das betroffene Netz eines Übertragungsnetzbetreibers wird über die Kuppelleitungen zu einem anderen Übertragungsnetzbetreiber wiederbespannt (Bsp.: Blackout in Italien 2003). Der überregionale Inselaufbau dagegen beginnt mit der Bespannung des Übertragungsnetzes ausgehend entweder von einem schwarzstart- und inselbetriebsfähigen Kraftwerk, von einer beim Zusammenbruch entstandenen Insel oder einer in einem Verteilernetz aufgebauten Insel. Generell ist die Strategie des Inselaufbaus komplexer als die der Spannungsweiterschaltung, d.h. dieser Ansatz wird vom Übertragungsnetzbetreiber erst dann gewählt, wenn von angrenzenden Übertragungsnetzen in absehbarer Zeit keine stabile Spannung zu erwarten ist. Auch im Verteilernetz kann ein Inselaufbau (regionaler Netzwiederaufbau NOTTOM-UP Ansatz) erfolgen. Dieser bietet neben der Möglichkeit von dieser ausgehend das Übertragungsnetz aufzubauen vor allem den Vorteil der schnelleren Wiederversorgung der eigenen Anlagen und Netzkunden. Im nächsten Schritt muss die Synchronisation der regionalen Inseln zur überregionalen Insel erfolgen. Neben einer schnelleren Wiederversorgung von Kundenanlagen mit regionalen Netzinseln ergeben sich auch weitere Vorteile: „ Gesamtösterreichische Netzwiederaufbau wird erheblich beschleunigt „ Vermeidung unnötiger öffentlicher Gefährdung durch die raschere Versorgungswiederherstellung von Kundenanlagen mit regionalen Netzinseln „ Erhöhung der Optionen der Startpunkte eines Netzwiederaufbaues nach einem großflächigen

Blackout unter Berücksichtigung der Vielfalt der möglichen Ausfallsszenarien „ Sicherstellung des Eigenbedarfes der Leitstellen, Schalt- und Erzeugungs-anlagen in den Verteilnetzen (Sprach- und Datenkommunikation) „ Rasche Wiederversorgung von

Ballungsräumen und kritischer

Infrastruktur „ Reduktion des volkswirtschaftlichen Schadens durch kürzere

Ausfallszeiten „ Stabilisierung des übergeordneten

Netzwiederaufbaus sowie schnellere Versorgung von Gebieten, in denen ein regionaler Netzwiederaufbau nicht möglich ist Die organisatorischen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Netzwiederaufbau basieren auf drei Säulen: „ Netzwiederraufbaukonzept „ Inselbetriebsversuche „ Netzwiederaufbautrainings

Die Basis für einen erfolgreichen Netzwiederaufbau bildet neben der Verfügbarkeit geeigneter Kraftwerke ein funktionierendes Netzwiederaufbaukonzept. Die Erhebung der relevanten Kraftwerksdaten und -charakteristika sowie Leitungsdaten, sowie die damit umsetzbaren dynamischen Modellrechnungen, führen dann zu den maximal möglichen Lastzuschaltungsschritten. Das Ergebnis ist ein theoretisches, wenn möglich unter wissenschaftlicher Begleitung erstelltes, Netzwiederaufbaukonzept, welches bis zur Erstellung eines realen Netzwiederaufbaukonzepts die beiden weiteren Säulen noch durchlaufen muss. Existiert ein reales Netzwiederaufbaukonzept muss dieses auch weiterhin den Regelkreis - reale Überprüfung anhand von Inselbetriebsversuchen – Simulatortrainings – Anpassung des Konzepts durchlau-

fen. Die Durchführung realer Inselbetriebsversuche bildet die zweite Säule. Anhand des theoretisch erarbeiteten Netzwiederaufbaukonzepts wird deren Anwendbarkeit unter Realbedingungen untersucht. Hierfür ist es erforderlich Teile des Netzes für den Versuch verfügbar zu machen, ohne dass die Versorgungsicherheit des Restnetzes dadurch gefährdet wird.

Eine weitere Herausforderung ist die Bereitstellung geeigneter Lasten. Pumpen von Pumpspeicherkraftwerken oder von Beschneiungsanlagen eignen sich hierfür ausgezeichnet. Mit Pumpen kann das Verhalten des Kraftwerks in der Insel bei Lastzuschaltungen sehr gut untersucht werden. Scharfe Lastsprünge sind mit Pumpen (Sanftanlauf oder umrichtergesteuerte Antriebe) jedoch nur bedingt möglich. Abhilfe verschafft hier das Synchronisieren des Inselnetzes mit dem ENTSO-E (Power Regions 2022) Netz, dem gesamteuropäischen Übertragungsnetz. Danach wird die Pumpleistung erhöht/gesenkt und das Inselnetzkraftwerk im Drehzahlverstellmodus mit konstanter Leistung belassen. Durch plötzliches Wegschalten der Insel vom ENTSOE Netz (z.B. über die Querkupplung in einem Umspannwerk, auf welchem auf einer Sammelschiene das ENTSO-E Netz und auf der anderen das Inselnetz hängt) ergibt sich in dieser Insel eine plötzliche Lastüber/-unterdeckung, ein künstlicher erzeugter Lastsprung. Dies muss das frequenzführende Kraftwerk in der Insel ausregeln können. Die Netzwiederaufbautrainings stellen schließlich die dritte und letzte organisatorische Säule dar. In einem Simulatortrainingszentrum in dem das Netz und die relevanten Kraftwerksdaten hinterlegt sind, werden die erarbeiteten Netzwiederaufbaukonzepte nochmalig auf ihre praktische Umsetzung überprüft, optimiert und dem Leitstellenpersonal verinnerlicht. Diese Netzwiederaufbautrainings finden jährlich mehrmals gemeinsam mit den Übertragungsnetzbetreibern, den relevanten Verteilernetzbetreibern und den relevanten Kraftwerksbetreibern statt. Weiters wird die Möglichkeit geboten, in einer geschützten Simulatorumgebung neue Ideen auszuprobieren. Die dabei gewonnenen Erfahrungen zeigen, dass durch den regionalen Netzwiederaufbau zum einen kritische Infrastruktureinrichtungen viel rascher wiederversorgt werden können und zum anderen der Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes wesentlich unterstützt und beschleunigt werden kann. Die Simulatortrainings haben weiters gezeigt, dass ein >90 %-iger Wiederversorgungsgrad der Kundenanlagen in Österreich unter Anwendung der „Bottum Up“-Strategie innerhalb von etwa 24 Stunden erreicht werden kann. Neben den organisatorischen Voraussetzungen müssen für einen erfolgreichen Netzwiederaufbau auch die technischen Voraussetzungen gegeben sein.

Die Kommunikationsanlage muss eine blackoutsichere und redundante Stromversorgung aufweisen und aus technisch redundanten Gerätschaften (Festnetztelefonie über eigene Leitungen, Betriebsfunk) bestehen. Die Kommunikation muss von der Netzleitwarte aus zu allen relevanten Beteiligten für den Netzwiederaufbau möglich sein. Diese müssen ebenfalls eine blackoutsichere und redundante Stromversorgung aufweisen und sollten georedundant aufgebaut sein. Die Datenkommunikation muss von der Netzleitwarte aus zu allen relevanten Beteiligten für den Netzwiederaufbau möglich sein. Mit dieser Applikation (Austrian Awareness System – AAS) werden wichtige Informationen über den Netzzustand, über Lastzuschaltungen, den Versorgungsgrad, usw. zwischen den Netzbetreibern ausgetauscht. Speziell für die Resynchronisierung von Inselnetzen ist es erforderlich, hochauflösende Frequenzmessungen in den für eine Synchronisierung vorgesehenen Umspannwerken unverzögert in der Netzleitstelle zur Verfügung zu haben. Durch sogenannte Phasore Measurement Units (PMU) lassen sich zeitsynchronisierte, hochaufgelöste Frequenzmessungen aber auch Netzwinkelmessungen in geeigneter Weise in der Netzleitstelle visualisieren. Die Aufgabe von den schwarzstart- und inselbetriebsfähigen Kraftwerken ist es, das Netz nach den Vorgaben des Netzbetreibers hinsichtlich Frequenz und Spannung stabil hochzufahren und einzelne Lastzuschaltungen decken zu können. Die Schwarzstartfähigkeit einer Erzeugungseinheit bedeutet, dass diese ohne elektrischen Energiebezug aus dem öffentlichen Netz in Betrieb genommen werden kann. Die entsprechende Erzeugungseinheit muss nach Anforderung des Schwarzstarts durch den Netzbetreiber innerhalb von einer zu vereinbarenden Zeit Spannung am Netzanschlusspunkt vorgeben, dauerhaft halten und in einem festgelegten Bereich der Nennspannung variieren können. Hierfür werden die Kraftwerke meist mit Notstromaggregaten ausgerüstet. Die Inselbetriebsfähigkeit einer Erzeugungseinheit bedeutet, dass nach Lastzuschaltungen im Netz diese Erzeugungseinheit in der Lage ist, die Frequenz und Spannung automatisch auf einen vom Netzbetreiber vorgegebenen Wert zu stabilisieren.

Anforderungen an schwarz- und inselbetriebsfähige Kraftwerke sind dabei: „ Sie müssen auch ohne Energiebezug aus dem öffentlichen Netz hochfahren können. „ Sie müssen die Vorgaben des

Netzbetreibers hinsichtlich Frequenz- und Spannungshaltung einhalten können. „ Sie müssen Lastzuschaltungen ausregeln können, ohne dass die definierten Frequenzbänder verletzt werden. „ Primärenergie muss in ausreichenden Mengen vorhanden sein. „ Bei Nichtverfügbarkeit des Kraftwerks muss ein adäquates Ersatzkraftwerk verfügbar sein, d.h.

Geforderte Verfügbarkeit eines schwarz- und inselbetriebsfähigen Kraftwerks: 24/7 „ Blackoutsichere Daten- und

Sprachkommunikation zu der

Kraftwerks- und Netzleitwarte muss vorhanden sein.

Neben den organisatorischen und technischen Voraussetzungen wurde mit den wiederkehrenden Konformitätstest ein Überprüfungsinstrument geschaffen, um die Einhaltung der Voraussetzungen auch stets sicherstellen zu können. Die Konformitätstests haben die Aufgabe, die Umsetzbarkeit des Netzwiederaufbauplans sicherzustellen.

Dipl.-Ing. Roland Bergmayer

Technischer Betriebsleiter Bereich Strom der Energienetze Steiermark GmbH - Leiter „Zentrale Warte“ der Energienetze Steiermark GmbH, verantwortlich für - die Netzführung des steirischen 110-kV Netzes sowie des zugeordneten Mittelspannungsnetzes und Gashochdrucknetzes - die Schutz-, Fernwirk-, Leit- und Systemtechnik - die Operational Security Krisenstabschef der Energie Steiermark, Mitglied in diversen Gremien von Österreichs Energie

Literaturverzeichnis:

Network Codes Home (2022). Online verfügbar unter https://www.entsoe. eu/network_codes/, zuletzt aktualisiert am 17.08.2022, zuletzt geprüft am 17.08.2022. Power Regions (2022). Online verfügbar unter https://www.entsoe.eu/regions/, zuletzt aktualisiert am 17.08.2022, zuletzt geprüft am 17.08.2022. TOR (2022). Online verfügbar unter https://www.e-control.at/marktteilnehmer/ strom/marktregeln/tor, zuletzt aktualisiert am 17.08.2022, zuletzt geprüft am 17.08.2022.

Dipl.-Ing. Roland Bergmayer

Technischer Betriebsleiter Bereich Strom der Energienetze Steiermark GmbH

UNINACHRICHTEN

Philipp Kraker

Instandhaltung im Fokus

Der Maintenance Award Austria ermittelt jährlich die Top-Unternehmen im Bereich Instandhaltungsmanagement

Im Mittelpunkt des jährlich zu vergebenden MA2 – Maintenance Award Austria stehen Top Unternehmen im Bereich des Anlagenmanagements.

Ziel der Initiative ist es, die besten Instandhaltungsorganisationen und Innovationen auf dem Gebiet des Asset Managements vorzustellen. Dazu werden auch dieses Jahr wieder im Zuge des jährlich stattfindenden Instandhaltungsforums der Maintenance Award Austria für die exzellenteste Instandhaltung und der MA²-Innovationspreis für die ausgefallenste Produkt- oder Prozessinnovation aus dem Bereich Anlagenmanagement vergeben.

Die heurigen Finalisten für den Hauptpreis sind in alphabetischer Reihenfolge Liebherr Hausgeräte Lienz, die Melecs EWS GmbH aus Siegendorf, die Miba Gleitlager aus Laakirchen und Pöttinger Landtechnik aus Grießkirchen. Neben diesen drei Unternehmen mit ihren exzellenten Asset Management Organisationen freuen wir uns auch schon darauf Ihnen den Sieger des Innovation Award mit seiner spannenden Lösung vorstellen zu dürfen!

Sollten Sie Interesse daran haben, am MA² 2023 teilzunehmen und Ihre Instandhaltung mit den besten Organisationen Österreichs vergleichen wollen, bewerben Sie sich ab Anfang Jänner bis Ende Mai 2023!

Nähere Infos zum Maintenance Award Austria und dem MA²Innovationspreis auf https://www. oevia.at/maintenance-award/

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