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Horizon MSCA Projektantrag „SME 5.0“ erhält Förderzusage

Aufgrund der positiven Resonanz des Horizon 2020 Projektes „SME4.0 - Smart Manufacturing and Logistics for SMEs in an X-to-order and Mass Customization Environment” (https:// www.sme40.eu/), welches sich schwergewichtig mit der Verbesserung von Produktions- und Logistikprozessen in Klein- und Mittelunternehmen mit Hilfe von Industrie 4.0 Technologien beschäftigt hat, wurde vom Konsortium (Freie Universität Bozen, Italien; Montanuniversität Leoben, Österreich; Technische Universität Kosice, Slowakei) eine Weiterführung der Projektergebnisse im Zuge einer Neueinreichung beschlossen. Wir freuen uns sehr, hiermit mitteilen zu können, dass der Nachfolgeantrag „SME5.0 – A Strategic Roadmap towards the Next Level of Intelligent, Sustainable, and Human-Centred SMEs“ von der Europäischen Kommission genehmigt worden ist. In den nächsten vier Jahren wird somit die Montanuniversität Leoben gemeinsam mit der Technischen Universität Graz als neuen Projektpartner in Kooperation mit weltweit führenden Universitäten an den Themenbereichen der intelligenten, nachhaltigen und humanzentrierten Produktion und Logistik arbeiten. Für weitere Informationen steht Ihnen Herr Priv.-Doz. Dr. Manuel Woschank, MSc (manuel.woschank@unileoben.ac.at) gerne zur Verfügung.

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Foto: © Stephan Tischler

Alexandra Anderluh, Vera Hemmelmayr, Belma Turan

Pros und Cons urbaner Paketzustellung mit Lastenrädern

Einleitung

Die Anzahl der Paketzustellungen wächst ständig und Same Day Delivery, also die Lieferung am gleichen Tag, wird von vielen Kund*innen gewünscht (RTR, 2022). Durch die anhaltende Urbanisierung wächst auch die städtische Bevölkerung. Diese Trends führen zu einer höheren Anzahl an Lieferfahrzeugen und mehr Lärm, Emissionen und Stau gerade in Städten. Im Gegensatz dazu fordern Stadtbewohner*innen zunehmend eine faire Verteilung des öffentlichen Raums mit einer Umwandelung von Straßen und Parkplätzen zu Parks und Erholungsräumen. Viele Städte wollen daher den Verkehr reduzieren bzw. auf emissionsarme oder -freie Verkehrsmittel umsteigen.

Eine mögliche Transportalternative ist das Lastenrad. Es ist umweltfreundlich und leise und daher für den Transport in der Stadt bestens geeignet. Außerdem ist es flexibel und wendig, kaum betroffen von Staus und durch den geringeren Platzbedarf entfällt die lange Suche nach einem Parkplatz. Ein Problem stellen aber die geringere Transportkapazität und die limitierte Reichweite verglichen mit den klassischen Lieferfahrzeugen dar.

Literaturüberblick

Um Lastenräder auf der letzten Meile effizient einsetzen zu können, werden sie meist in Kombination mit Mikrodepots (MDs) verwendet (siehe Abbildung 1). LKWs oder Vans, also Fahrzeuge, die über eine größere Ladekapazität verfügen, liefern Waren zum MD. Dort werden die Güter auf die Lastenräder verteilt, die direkt zu den Kund*innen fahren (Crainic, et al., 2009) (Anderluh, et al., 2016). Ein MD fungiert also als Umschlagsplatz für Waren und dient der Sortierung, Konsolidierung und Lagerung bis zur Abholung für die Feinverteilung auf der letzten Meile. Auf diese Weise wird der Transport innerhalb einer Stadt oder eines Stadtzentrums vom Transport außerhalb der Stadt getrennt (Quak, et al., 2011).

Ein großer Vorteil der Lastenräder ist, wie eingangs erwähnt, die Schnelligkeit und Wendigkeit. Sie können flexibel auf Routenänderungen reagieren und Staus leicht umfahren. Durch das Wegfallen der langwierigen Parkplatzsuche wird die Servicezeit und damit die gesamte Lieferzeit verringert (Assmann, et al., 2020). Lastenräder sind deshalb vor allem in Städten mit einer hohen Stauanfälligkeit und einer sehr begrenzten Parkplatzverfügbarkeit eine effiziente Alternative. Außerdem ist der Einsatz für Routen mit einer hohen Dichte an Kund*innen und einem geringen Liefervolumen pro Stopp empfoh-

Abbildung 1: Zweistufiges Distributionsnetzwerk mit Mikrodepot in der Nähe des Zustellgebietes; Eigenerstellung mit Bildern unter der Lizenz von Shutterstock.com

len. Eine deutsche Studie ermittelte für Transporte bis 50kg ein Verlagerungspotential auf das Lastenrad von 8 - 22,6 % (Gruber, et al., 2016). Verschiedene Arbeiten belegen auch ein hohes CO2 Einsparungspotential eines zweistufigen Liefersystems mit Lastenrädern auf der letzten Meile im Vergleich zu einer traditionellen Belieferung (Assmann, et al., 2020) (van Heeswijk, et al., 2019) (Büttgen, et al., 2021).

Best Practices

In vielen Städten gibt es bereits gute Beispiele für die Paketzustellung mit Lastenrädern, von denen stellvertretend drei näher beschrieben werden.

UPS München

In München hat das Unternehmen UPS im Bereich der Umweltzone links der Isar 2018 die Paketzustellung komplett auf Lastenräder umgestellt (in der Fußgängerzone selbst erfolgt diese fußläufig).

Dafür sind 24 Lastenräder unterschiedlicher Bauart im Einsatz, die pro Jahr ca. 600.000 Pakete (Stand 2020) zustellen (Blösl, 2020). Als MDs werden Wechselbrücken und Anhänger eingesetzt.

Daher ist zusätzlich ein zentral gelegener, sicherer Abstellort für die Lastenräder erforderlich, in dem es die Möglichkeit zum Laden der Akkus und zum Reparieren der Räder gibt, ebenso wie Sozialräume für die Fahrer*innen. Diese sind auch als wesentlicher Erfolgsfaktor zu nennen. Sie sollten explizit für die Paketzustellung mit Lastenrädern eingestellt werden, dann finden sich auch ambitionierte Personen in ausreichender Anzahl.

Einen wesentlichen Beitrag zum guten Arbeitsklima leistet die Voll- oder Teilzeitanstellung ebenso wie eine umfassende Einschulung. Ein weiterer Erfolgsfaktor sind gute Kontakte zur Verwaltung der Stadt für erforderliche Genehmigungen. Die Stadt kann den Einsatz von Lastenrädern aber auch durch entsprechende Rahmenbedingungen fördern, die den Unternehmen Planungssicherheit geben. Die fünf größten deutschen Paketdienstleister waren am Praxisprojekt KoMoDo (LNC, 2019) beteiligt und haben zwischen 01.06.2018 und 30.06.2019 getestet, wie gut sich Lastenräder für die Lieferungen auf der letzten Meile im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg eignen. Für Warenumschlag und Zwischenlagerung der Sendungen wurde ein MD bestehend aus 7 Seecontainern benutzt. Im Rahmen des Projekts wurden 28.000 konventionelle Fahrzeug-km und damit ca. 11t CO2 eingespart. Sowohl die Kund*innen als auch die Projektpartner waren mit den Projektergebnissen zufrieden. Drei KEP-Dienstleiter haben das MD sogar nach dem Projektende weiterhin gemeinsam benutzt. Allerdings gab es Kritikpunkte vor allem hinsichtlich der Kooperation zwischen den Projektbeteiligten. Es gab keine Bündelung von Sendungen zwischen den Paketdienstleistern, obwohl die Projektpartner teilweise dieselben Kund*innen beliefert und dieselben Subunternehmer beauftragt hatten. Es wurde nur das MD gemeinsam als Sammel- und Verteilpunkt genutzt. Weiters waren einige Pakete zu groß für die Zustellung mit Lastenrädern, weshalb zusätzlich auch Lieferwagen eingesetzt wurden.

Gnewt Cargo London

Gnewt Cargo stellt als Pionier bereits seit 2009 Pakete mittels Lastenrädern in London zu. Im Rahmen des CycleLogistics Projekts wurde zwischen 01.10.2013 und 31.01.2014 ein Pilotprojekt durchgeführt, um Zustellungen für Hermes mittels der emissionsfreien Elektroflotte von Gnewt Cargo nachhaltig zu gestalten (Wrighton, et al., 2016). Sendungen wurden vom Verteilzentrum mithilfe von E-Vans zu einem MD gebracht und auf der letzten Meile mit Lastenrädern zugestellt. Dadurch wurde ca. 1 Tonne CO2 eingespart und auch die Kund*innen reagierten äußerst positiv auf die Lieferungen mit Lastenrädern. Die besten Ergebnisse konnten in sehr kompakten Gebieten mit kurzen Distanzen zum MD erzielt werden. Eine Herausforderung war es, genug Lastenradfahrer*innen zu finden. Deswegen liefert Gnewt Cargo die Sendungen seit 2015 überwiegend mit E-Vans aus.

Projektergebnisse

Aktuelle Forschungsergebnisse zur Paketzustellung mit Lastenrädern in österreichischen Städten zeichnen ein klares Bild der Möglichkeiten aber auch der Herausforderungen.

Hemmnisse und Vorteile des Einsatzes von Lastenrädern

Basierend auf Expert*inneninterviews in Wien, Kopenhagen, Budapest und München hat sich gezeigt, dass es verschiedene Einflussfaktoren gibt, wie geeignet eine Stadt für den Einsatz von Lastenrädern ist (Anderluh, et al., 2016). Dazu gehört die Topographie der Stadt, aber auch die klimatischen Bedingungen, wobei Hitze als größere Herausforderung genannt wurde als Schnee und Regen. Was wetterbedingt allerdings ein Sicherheitsproblem darstellen kann, sind stark vereiste Straßen. Die für Lastenräder nutzbare Infrastruktur stellt ebenfalls einen wichtigen Faktor dar. Dazu zählen Umfang und Durchgängigkeit des Radwegenetzes sowie die Eignung für Lastenräder (z.B. Kurvenradien). Auch die Möglichkeiten zum Abstellen von Lastenrädern ist nicht unwesentlich. Nicht vergessen werden darf auch die Instandhaltung und Haltbarkeit von Lastenrädern im gewerblichen Einsatz. Hier zeigt sich, dass die Situation von Jahr zu Jahr besser wird. Eine für den jeweiligen Einsatzzweck passende Konfiguration und Ausgestaltung des Lastenrades fördert in jedem Fall die Nutz- und Haltbarkeit. Als wesentliche Vorteile der Lastenradnutzung sind der Beitrag zur Reduktion von Emissionen und Lärm ebenso wie von Staus zu nennen sowie die überwiegend positiven Assoziationen der Bevölkerung mit Lastenrädern und die Werbemöglichkeit auf den Cargoboxen der Räder.

Standorte für Mikrodepots

Um Lastenräder für die innerstädtische Paketzustellung sinnvoll einsetzen zu können, braucht es MDs, von denen im Umkreis von ca. 3-5km die

Abbildung 2: Inns’Paket – Zustelladressen (grüne Punkte) und MD (lila Punkt) im Pilotversuch; Eigenerstellung unter Verwendung von Kartenmaterial von openstreetmap

Zustellung zu den Endkund*innen erfolgt. Je nach Paketmenge und vorgesehenen Aktivitäten am MD benötigt es unterschiedlich viel Platz, der gerade im dicht bebauten städtischen Umfeld nicht leicht zu finden ist. Neben sehr kleinen mobilen MDs wie Wechselbrücken und Anhängern können auch fixe Standorte angedacht werden. Dafür eignen sich beispielsweise leerstehende Geschäftsflächen, die einen ebenerdigen, stufenlosen Eingang mit breiter Tür haben, sodass ein Lastenrad durchpasst, sowie über eine Ladezone verfügen und auch mit konventionellen Zustellfahrzeugen, die die Pakete vom Verteilzentrum anliefern, gut erreicht werden können (Anderluh, et al., 2018).

Für größere Depots, die auch die Möglichkeit für Konsolidierung und Kooperation mehrerer Unternehmen bieten, ist ein Standort deutlich schwieriger zu finden, da es innerstädtisch nur wenige entsprechende Flächen gibt. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist jedenfalls, dass aus den verfügbaren Standorten derjenige ausgewählt wird, der für alle Betroffenen (Stadt, Unternehmen und Anwohner*innen) geeignet ist (Anderluh, et al., 2020).

Pilotversuch Inns‘Paket

Im Rahmen des Projekts Inns’Paket wurden Möglichkeiten erarbeitet, um die Zustellung von Sendungen in der Innsbrucker Innenstadt nachhaltiger zu gestalten (FFG, 2022). Von 23.8.2021 bis 17.09.2021 wurde von den Projektpartnern gemeinsam mit den Unternehmen DPD, MPREIS und Goodville Mobility ein Pilotversuch zur Zustellung von Paketen mit Lastenrädern durchgeführt. Als MD für die Zwischenlagerung der Sendungen wurden Räumlichkeiten von MPREIS zur Verfügung gestellt. Etwa 150 Pakete wurden täglich vom DPD Zentraldepot in Hall zum MD gebracht und mit drei Lastenrädern von Goodville Mobility im Zentrum von Innsbruck zugestellt (siehe Abbildung 2). Dabei hat sich gezeigt, dass sich Lastenräder am besten für die Lieferung im B2C Bereich eignen, wo die Pakete überwiegend relativ klein und leicht sind.

Die Art des Lastenrads ist ein kritischer Faktor für den Erfolg, wobei eine Balance zwischen der Kapazität des Lastenrads und seiner Wendigkeit anzustreben ist. Das MD sollte nahe dem Zustellgebiet gelegen sein, um die Anfahrtszeit so kurz wie möglich zu halten. Um die Lieferung möglichst effizient zu gestalten, sollten die Pakete bei der Ankunft im MD schon vorsortiert sein. Außerdem könnten die Lastenräder in Innsbruck wegen der besonderen topographischen Lage auch für die Lieferung der Sendungen vom Zentraldepot in Hall bis zum MD verwendet werden.

Diskussion und Conclusio

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich Lastenräder vor allem im dicht besiedelten Gebiet mit einer hohen Stoppdichte effizient einsetzen lassen. Die zentrale Lage eines MD ist von Vorteil. Ob sich der Einsatz lohnt, hängt im Endeffekt von vielen Faktoren ab, die geprüft werden müssen. Das volle Verlagerungspotential ist im Moment aber in den meisten Städten noch nicht ausgeschöpft. Tabelle 1 fasst die Vor- und Nachteile ebenso wie die Herausforderungen eines Einsatzes von Lastenrädern in der urbanen Güterzustellung übersichtlich zusammen.

Literaturverzeichnis

Anderluh, A. und Hemmelmayr, V. 2018. Mikrodepots in Wien. Wien : WU Wien, 2018. Projektendbericht. Anderluh, A., Hemmelmayr, V. und Rüdiger, D. 2020. Analytic hierarchy process for city hub location selection - The Viennese case. Transportation Research Procedia. 2020, Bd. 46, S. 77-84. Anderluh, A., Hemmelmayr, V. und Wakolbinger, T. 2016. Einsatz von Lastenfahrrädern zur innerstädtischen Güterlieferung – ein Städtevergleich und Best Practice Empfehlungen für die Stadt Wien. Wien : WU Wien, 2016. Projektendbericht. Assmann, T., et al. 2020. Impact Assessment Model for the Implementation of Cargo Bike Transshipment Points in Urban Districts. Sustainability. 2020, Bd. 12, S. 4082.

Tabelle 1: Vorteile, Nachteile und Herausforderungen von Lastenrädern in der urbanen Güterzustellung; Eigenerstellung

Blösl, P. 2020. Besichtigung Lastenradprojekt UPS München. [Befragte Person] Alexandra Anderluh. 06. Aug. 2020. Büttgen, A., Turan, B. und Hemmelmayr, V. 2021. Evaluating Distribution Costs and CO2-Emissions of a TwoStage Distribution System with Cargo Bikes: A Case Study in the City of Innsbruck. Sustainability. 2021, Bd. 13, 24, S. 13974. Crainic, T. G., Ricciardi, N. und Storchi, G. 2009. Models for Evaluating and Planning City Logistics Systems. Transportation Science. 2009, 43, S. 432–454. FFG. 2022. FFG Projektdatenbank. INNS'PAKET. [Online] 2022. [Zitat vom: 18. 10 2022.] https://projekte.ffg. at/projekt/3707805. Gruber, J. und Rudolph, C. 2016. Untersuchung des Einsatzes von Fahrrädern im Wirtschaftsverkehr (WIV-RAD). Berlin : DLR, 2016. LNC. 2019. KoMoDo - Kooperative Nutzung von Mikro-Depots durch die KEP-Branche für den nachhaltigen Einsatz von Lastenrädern in Berlin. Berlin : s.n., 2019. Projektendbericht. Quak, H. und Tavasszy, L. 2011. Customized Solutions for Sustainable City Logistics: The Viability of Urban Freight Consolidation Centre. [Buchverf.] J.A., Huijbregts, P., Rietveld, P. van Nunen. Transitions Towards Sustainable Mobility: New Solutions and Approaches for Sustainable Transport Systems. Berlin/ Heidelberg : Springer, 2011, S. 213-233. RTR. 2022. Plus 16,9 Prozent mehr Pakete im Jahr 2021: neuer Jahresrekord bei Paketmengen in Österreich. [Online] 09. 06 2022. [Zitat vom: 18. 10 2022.] https://www.rtr.at/TKP/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen/pinfo09062022tkp.de.html. van Heeswijk, W., Larsen, R. und Larsen, A. 2019. An urban consolidation center in the city of Copenhagen: A simulation study. International Journal of Sustainable Transport. 2019, Bd. 13, S. 675-691. Wrighton, S. und Reiter, K. 2016. CycleLogistics – Moving Europe Forward! Transportation Research Procedia. 2016, Bd. 12, S. 950-958.

Danksagung

Teile des Artikels beruhen auf den Projekten INNS’PAKET (FFG Nr. 877701) und MIHU (FFG Nr. 867170), die von BMK/FFG im Rahmen des Programms Mobilität der Zukunft gefördert wurden, sowie den Projekten Einsatz von Lastenfahrrädern zur innerstädtischen Güterlieferung und Mikrodepots in Wien, die vom WU-Jubiläumsfonds der Stadt Wien eine Förderung erhielten.

Autorinnen

Dr. Alexandra Anderluh ist Senior Researcher am Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitätsforschung der Fachhochschule St. Pölten, wo sie sich in ihrer Forschung vor allem mit quantitativen sowie qualitativen Fragestellungen zu nachhaltiger Personen- und Gütermobilität und dem weiter gefassten Kontext zu kreislauffähigen und resilienten Wertschöpfungsketten befasst.

Assoz. Prof. Dr. Vera Hemmelmayr

ist assoziierte Professorin am Institut für Transportwirtschaft und Logistik der Wirtschaftsuniversität Wien. Sie absolvierte Forschungsaufenthalte an der Universität Bologna, dem interuniversitären Forschungszentrum CIRRELT in Montreal und am Georgia Institute of Technology (Atlanta). Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der nachhaltigen Logistik, dem Design und der Analyse von Optimierungsalgorithmen sowie deren Anwendung in der Praxis.

Belma Turan, Ph.D., studierte Betriebswirtschaftslehre an der Karl-Franzens-Universität Graz und Universität Wien, wo sie 2016 promovierte. Sie arbeitet als Senior Lecturer am Institut für Transportwirtschaft und Logistik an der Wirtschaftsuniversität Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf nachhaltiger Logistik sowie den Methoden der mathematischen Optimierung.

Dr. Alexandra Anderluh

Senior Researcher am Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitätsforschung der Fachhochschule St. Pölten

Belma Turan, Ph.D.

Senior Lecturer am Institut für Transportwirtschaft und Logistik an der Wirtschaftsuniversität Wien Assoz. Prof. Dr. Vera Hemmelmayr

assoziierte Professorin am Institut für Transportwirtschaft und Logistik der Wirtschaftsuniversität Wien

Foto: ©Wiener Linien/T. Topf

Matthias Hayek, Roy Huisman

Nachhaltige Abwicklung der letzten Meile in einer Stadt der Zukunft

Entwicklung eines Konzepts zur synergetischen Paketzustellung im öffentlichen Personennahverkehr

Eine nachhaltige Logistik in einer Stadt der Zukunft wird nicht mehr über die Trennung der unterschiedlichen Entitäten (Güter und Personen) und deren Verkehrsträgern gestaltet werden können, sondern durch eine synergetische Nutzung aller Transportmittel und Verkehrsträger. Der Ansatz von Crowdsourcing Delivery (CD) – Verlagerung der logistischen Tätigkeiten an eine breite Masse – bietet hierfür eine Möglichkeit, wie der Transport von Gütern (Pakete) und Personen kombiniert durchgeführt werden kann. Besonders der Einsatz von nachhaltigen Transportmitteln wie beispielsweise Straßenbahnen bietet das Potenzial für eine nachhaltige Abwicklung der letzten Meile.

Einleitung und Herausforderungen

Klimaneutralität, Urbanisierung sowie die Corona Pandemie und der damit verbundene starke Anstieg des Sendungsvolumens (vgl. Pokorný & Sertic, 2022) in den Städten symbolisieren für die beteiligten Stakeholder, bestehend aus Politik und Logistik (Güter- und Personentransport), enorme Herausforderungen. Die Gesellschaft fordert die Aufrechterhaltung bzw. Steigerung der Lebensqualität. Durch die bis 2050 prognostiziert Urbanisierung wird es zu einer starken baulichen Verdichtung und Flächenausdehnung kommen (vgl. Breuste et al., 2016; United Nations, 2018). Im Zusammenhang mit der Zielerreichung der Klimaneutralität und der Aufrechterhaltung des Mobilitätsstandards einer Stadt wird der Ausbau der Infrastruktur des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) forciert, wobei dieser zum aktuellen Zeitpunkt nur für den Personentransport vorgesehen ist. Die seit 2020 anhaltende Tendenz der Paketsendungen lässt die Zielerreichung der Klimaneutralität mit den konventionellen Zustellmethoden in weite Ferne rücken Insbesondere die kundenseitigen Anforderungen bei Paketsendungen hinsichtlich SameDay-Delivery und gebührenfreier Retournierungen erschweren die Erreichung des angestrebten Zielzustands, da diese zu einer Überbelastung der Straßeninfrastruktur führen. Störungen im Verkehrsnetz sowie eine Einschränkung der Personenmobilität sind die Folgen (vgl. Pokorný & Sertic, 2022; World Economic Forum, 2016).

Für eine nachhaltige und langfristige Entlastung der Infrastruktur sowie für die Bewältigung der oben genannten Herausforderungen ist eine separate Betrachtung der Güter- und der Personenmobilität nicht mehr zielführend. Nachdem Vorbild des Physical Internets von Montreuil (2011), wo Güter in gleicher Weise wie Daten im digitalen Internet transportiert werden sollen, stellt die Mobilität der Entitäten (Güter und Personen) eine adäquate und zukunftsorientierte Betrachtung der Logistik dar. In diesem Kontext wird in den nachfolgenden Abschnitten auf die synergetische Nutzung des ÖPNV sowie dessen Infrastruktur für die Abwicklung des Gütertransports betrachtet.

Eine nachhaltige Abwicklung der urbanen Logistik über den ÖPNV wurde seit Beginn des 21. Jahrhunderts in diversen europäischen Städten (vgl. Tabelle 1) in Form von Forschungs- und Industrieprojekten geprüft bzw. realisiert. In Abhängigkeit des zu transportierenden Gutes können die Transportmittel in Güter- und Personenstraßenbahnen unterteilt werden.

Eine erfolgreiche Umsetzung der in Tabelle 1 aufgelisteten Straßenbahnkonzepten ist gegeben, wenn entweder die Quellen-Senken-Beziehung (QSB) des Gütertransports vom Personentransport entkoppelt oder der Fahrgastbetrieb aufrechterhalten werden kann. Unter QSB wird Start- und Endpunkt eines Transportes definiert. Die Konzepte aus Dresden und Zürich konnten durch Adressierung der Anforderung für eine separate QSB erfolgreich realisiert werden (vgl. Oelmann, 2020; Stadt Zürich, 2020). Der Einsatz von Personenstraßenbahnen wurde bereits in Amsterdam, Wien, Frankfurt am Main und Schwerin untersucht, wobei die Projekte in Frankfurt, Wien und Schwerin noch in einer konzeptionellen Phase sind. Das Projekt in Amsterdam wurde 2012 wieder eingestellt, da keine der beiden oben angeführten Anforderungen (Entkopplung der QSB und Einhaltung des Fahrgastbetriebs) eingehalten werden konnte (vgl. Marinov et al., 2013). In Frankfurt am Main und Schwerin werden Zustellkonzepte für die Abwicklung der letzten Kurier-ExpressPaket (KEP)-Meile untersucht, wobei der Fokus auf dem Einsatz von Transportcontainern für den Pakettransport in den Straßenbahnen liegt. Anhand dieser können in Schwerin rund 450 Pakete täglich bzw. in Frankfurt rund 60 Pakete pro Transportcontainer transportiert werden (vgl. Deutsche Post DHL Group, 2022; Schocke et al., 2020). Für einen solchen Pakettransport sind konstruktive und technische Maßnahmen notwendig, welche die Kapazitäten für den Personenverkehr reduzieren (vgl. Bogdanski & Cailliau, 2022). Darüber hinaus kann der Umschlag der Transporteinheit nur an speziellen Haltestellen (gering frequentiert oder betrieblich genutzter Gleisabschnitt/ Wendeschleife) realisiert werden (vgl. Deutsche Post DHL Group, 2022; Schocke et al., 2020).

Im Vergleich zu den Straßenbahnkonzepten, welchen den reinen Gütertransport beinhalten, wurde ein kombinierter Transport von Personen und Gütern in Wien über den Ansatz von Crowdsourcing Delivery betrachtet. Unter Crowdsourcing Delivery bzw. Crowd Logistik wird die Verteilung von logistischen Prozessen an eine große Masse verstanden. Die technische Infrastruktur (z. B. Transportmanagement-Plattform) für die Koordinierung der einzelnen Teilprozesse ist ein zentrales Kernelement in diesem Konzept (vgl. Mehmann et al., 2015). Wie eine Realisierung des Konzeptes von CD im ÖPNV vorgenommen werden kann und welche Restriktionen betrachtet werden müssen, wird im nachfolgenden Abschnitt behandelt.

Tabelle 1: Auflistung der ÖPNV-Projekte (eigene Darstellung nach Deutsche Post DHL Group, 2022; Marinov et al., 2013; Oelmann, 2014; Schocke et al., 2020; Stadt Zürich, 2020; Wiener Linien GmbH & Co KG, 2005)

Crowdsourcing Delivery im ÖPNV

Das Straßenbahnnetz der Wiener Linien umfasst eine Betriebslänge von 171 km und ist damit das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt (vgl. Wiener Linien GmbH & Co KG, 2022). Zusätzlich stellen die Wiener Linien ihren Fahrgästen insgesamt 1.235 Straßenbahnhaltestellen auf ihrem Netz als Ein- und Ausstiegsmöglichkeit zur Verfügung. Mit einem Fahrgastaufkommen von mehr als 305 Mio. Fahrgästen pro Jahr (Stand 2018) bzw. einer Kapazität für 166 Fahrgäste pro Straßenbahn (Auslastung von 80 %) bieten die Stadt Wien und die Wiener Linien als ÖPNV-Betreiber ideale Voraussetzungen für die Einführung eines CD-Konzepts (vgl. Biach, 2020; VCÖ, 2021).

Wie im vorigen Abschnitt angeführt, bedarf ein solches Konzept einen zentralen Steuerungsmechanismus, welcher die Transportrouten der einzelnen Entitäten (Fahrgast und Paket) erfasst, miteinander vergleicht und dementsprechend für einen kombinierten Transport datentechnisch verknüpft. Des Weiteren besteht für ein CD-Konzept im ÖPNV der Bedarf, Pakete für ein bestimmtes Zeitintervall zwischenzulagern, beispielsweise in Paketstationen. Diese agieren in diesem Konzept als Mikro Hubs, da eine Konsolidierung bzw. Feinverteilung an den Paketstationen realisiert werden kann (vgl. Hofmann et al., 2017).

Nachdem der Fahrgast in diesem Konzept als Transporteur des Paketes fungiert, kann die Steuerung über die gängigen Mobility-as-a-ServiceAnwendungen (z. B.: ÖPNV-Routenplanungstools) realisiert werden (vgl. Abbildung 1). In diesem Fall startet der Pakettransportprozess im ÖPNV damit, dass der Fahrgast die Erfassung der Start- und Zielhaltestelle durchführt (erster Prozessschritt). Die erfassten Routen in Kombination mit den hinterlegten Transportmitteln (Bus, Straßenbahn und U-Bahn) bilden den initialen Ausgangspunkt für den Abgleich der Paket- und Fahrgastrouten. Diese Routen werden im zweiten Prozessschritt (Matching) miteinander verglichen. Tritt der Fall ein, dass ein Match vorhanden ist, erhält der Fahrgast im dritten Prozessschritt eine Benachrichtigung, dass

Abbildung 1: Schematische Prozessdarstellung für den Pakettransport im ÖPNV (eigene Darstellung)

Abbildung 2: Übersicht der Straßenbahnhaltestellen (grau) und den Paketverteilzentren (gelb) in Wien (eigene Darstellung, Mapbox,2022)

ein Paket für den Transport bereitsteht. Sobald der Transportauftrag für das Paket angenommen wird, erhält der Fahrgast eine Benachrichtigung, mit welcher dieser das Paket aus der Paketstation entnehmen kann. Ab der Bestätigung ist der Fahrgast mit dem Paket systemseitig gekoppelt. Im vierten Prozessschritt wird der Transport mit der Straßenbahn durchgeführt. Sobald der Fahrgast an der Zielhaltestelle angekommen ist, wird das Paket in die Paketstation an der Zielhaltestelle eingelagert und der Fahrgast erhält eine Bestätigung für die Einlagerung. Das Paket steht nach der Einlagerung für einen weiteren Transport (in Abhängigkeit der Paketroute) oder für die Abholung durch den Endkunden bereit.

Nachdem das CD-Konzept die Nutzung von Paketstationen an Haltestellen für die Paketeinlagerung und -auslagerung sowie den Paketumschlag vorsieht, ist es in weiterer Folge notwendig, die Entfernung zwischen Haltestelle und potenzieller Zustelladresse zu identifizieren. Wie aus Hofer et al. (2019) hervorgeht, sind Endkunden bereit, eine Entfernung von 0,7 km zu Fuß zu überwinden, um ein Paket aus einer Paketstation abzuholen. In diesem Zusammenhang geht aus den öffentlichen Verkehrs (ÖV)-Güteklassen, welche die Haltstellen in Abhängigkeit der Entfernung sowie der Frequentierung klassifiziert, hervor, dass Straßenbahnhaltestellen in Wien nicht weiter als 0,7 km vom jeweiligen Einzugsgebiet entfernt sind (vgl. Fersterer et al., 2019).

Ausgehend von den ÖV-Güteklassen und der Bereitschaft des Endkunden bedarf es in weiterer Folge einer Analyse der Haltstellen, damit das Potenzial für eine Umsetzung abgeschätzt werden kann.

Evaluierung und Ergebnisse

Entlang dem Streckennetz der Wiener Linien sind 1.235 Haltestellen implementiert. Unter der Voraussetzung, dass öffentliche Flächen (Eigentum der Stadt) nicht berührt werden, können rund 41 % der Haltestellen für die Etablierung einer Paketstation an der Haltestelle herangezogen werden. In Bezug auf die zuständigen Logistikdienstleister (LDL) konnte identifiziert werden, dass die Paketverteilzentren der LDL in der Nähe der Straßenbahnhaltestellen lokalisiert sind. Somit besteht die Möglichkeit, Paket über die vorhandene Infrastruktur effizient in das System einzuspeisen (vgl. Abbildung 2 gelbe und graue Punkte). Um die Akzeptanz bei den Fahrgästen zu erfragen, wurde eine empirische Fahrgastanalyse im Zeitraum von August bis Oktober 2021 durchgeführt. Hierbei adressierte die Umfrage die Themenschwerpunkte der Nachhaltigkeit, der Routenführung, des Transports, des Transportguts sowie einer möglichen Vergütung für den Pakettransport. Eine detaillierte Aufstellung der Fragen kann aus Tabelle 2 entnommen werden. Insgesamt haben 6.049 Teilnehmer an der Umfrage teilgenommen.

Seitens der Fahrgäste wurde das CD-Konzept positiv aufgenommen (vgl. Abbildung 3), da 75,59 % (Stichprobengröße n=6.017) der Befragten zukünftig den Gütertransport als aktives Element klimaneutral mitgestalten wollen (vgl. Abbildung 3 Frage 1). Die Bereitschaft für eine aktive Teilnahme als Transporteur lag bei 67 % (n=5.899) der Befragten (vgl. Abbildung 3 Frage 2). Zukünftig würden es auch rund 92 % (n=3.457) begrüßen (vgl. Abbildung 3 Frage 3), wenn eine Abholung der Paketsendungen von ihren Zielhaltestellen möglich wäre.

Zusätzlich wurden einzelne Transportstrecken auf die Auswirkung der Treibhausgas (THG)-Emissionen untersucht. Tabelle 3 bietet einen Überblick über die THG-Emissionen [gCO2e/Pkm bzw. gCO2e/ km] für den konventionellen Paket- sowie für den Straßenbahntransport. Für die Gegenüberstellung der Emissionswerte wurde eine Transportstrecke von einem Paketverteilzentrum (nahe dem Stadtrand) bis zu einer innerstädtischen Straßenbahnhaltestelle herangezogen. Die Wegdifferenz zwischen der Straßenbahnroute und der Paketzu stellroute ent-steht durch die Linienführung der Straßenbahn.

Wie aus Tabelle 3 hervorgeht, können im Vergleich zum konventionellen Pakettransport bis zu 96 % der THG-Emissionen über das CD-Konzept per Straßenbahn reduziert werden.

Nr. Frage

1 Wollen Sie als aktives Element den Gütertransport in Zukunft durch Ihr Mobilitätsverhalten klimaneutral mitgestalten?

2 Würden Sie während einer Fahrt mit der Straßenbahn der Wiener Linien im Sinne einer klimafreundlichen Gütermobilität ein Paket/mehrere Pakete befördern?

3 Ist für Ihre Bereitschaft des Pakettransportes eine Entschädigung notwendig?

4 Welche Form der Entschädigung würden Sie sich wünschen?

5 Gibt es Routen, die Sie jeden Tag mit der Straßenbahn zurücklegen und sich besonders gut für einen Pakettransport eignen? deswegen

6 Wann würden Sie ein Paket transportieren?

7 Könnten Sie sich vorstellen, regelmäßig ein Paket/mehrere Pakete zu transportieren?

8 Könnten Sie sich vorstellen, regelmäßig ein Paket/mehrere Pakete zu transportieren?

9 Wie lange würden Sie ein Paket maximal mitbefördern?

10 Ist der Inhalt des Paketes für Sie relevant? Wollen Sie wissen, was Sie befördern? Anmerkung: Es werden nur B2C-Sendungen transportiert (von verifizierten Unternehmen)

Wie viele Pakete würden Sie gleichzeitig befördern?

Wie schwer darf das Paket/die Pakete maximal sein?

13 Wie groß darf das Paket bzw. dürfen die Pakete in Summe maximal sein? Danksagung

14 Stellen Sie sich vor, Sie wären der Endkunde und würden ein Paket erwarten. Würden Sie es begrüßen, wenn Ihr bestelltes Paket an Ihrer Ziel-Haltestelle für Sie bereitstehen würde?

Tabelle 2: Fragestellungen der empirischen Fahrgastanalyse (eigene Darstellung)

Abbildung 3: Ergebnisse der empirischen Fahrgastanalyse im Kontext der Nachhaltigkeit (vgl. Hayek & Komarek, 2022)

Zusammenfassung und Ausblick

Im Zuge der Fahrgastanalyse wurde ein großes Interesse an einer Teilnah-

me an einem CD-Konzept festgestellt. Hierbei konnte eine Korrelation zwischen der Teilnahmebereitschaft mit der Gestaltung der Vergütung für den Pakettransport identifiziert werden (vgl. Marcucci et al., 2019).

In Bezug auf die Nachhaltigkeit kann gezeigt werden, dass der Einsatz von Straßenbahnen zu einer Reduktion von THG führt. Für eine Detaillierung der THG-Emissionen bedarf es einer zusätzlichen Differenzierung der Emissionsfaktoren, basierend auf den verursachungsgerechten Transportsegmenten.

Um das Konzept hinsichtlich der ökonomischen Faktoren sowie den potenziell abzuwickelnden Paketsendungen zu betrachten, ist es notwendig, weitere Analysen in Bezug auf die Zusammensetzung des Paketvolumens durchzuführen und die Inve-

stitionskosten für die Paketstationen zu bewerten. Zur Quantifizierung der Wirtschaftlichkeit des CD-Konzepts bedarf es einer Entwicklung eines Geschäfts- und Vergütungsmodells, der notwendigen Transportmanagementsoftware mit Matching-Algorithmus und der Paketstationen für die Haltestellen.

Der Ansatz von CD bietet für die urbane Logistik ein großes Potenzial, diese nachhaltig zu gestallten. Sowohl durch den Einsatz von Straßenbahnen als auch durch die Etablierung von Paketstationen an den Haltestellen können Transporte und Emissionen eingespart werden. Darüber hinaus ist die Bereitschaft der Fahrgäste und der Vergütung für den Pakettransport einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für ein CD-Konzept.

Diese Arbeit wurde vom österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) im Rahmen des Forschungsprogramms "Mobilität der Zukunft" unter der Förderungsnummer 897312 (Öffi-Packerl) gefördert. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) wurde mit der Programmabwicklung beauftragt

Literaturverzeichnis

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CO2e-Kenngrößen

gemäß existierenden Studien Untersuchter Use-Case bzw. zugrundeliegende Annahmen Quantifizierung der Auswirkungen im Use-Case

CO2e [g/Pkm] für öffentliche Transportmittel z. B. Straßenbahn 12,6 g/Pkm

CO2e [g/km] pro Paket bei einem österr. LDL von 433 g/km Transportstrecke von 8,9 km CO2e pro Paket von 112,14 g

Transportstrecke von 6,9 km CO2e pro Paket von 2987,7 g

Tabelle 3: Gegenüberstellung der THG-Emissionen für einen Pakettransport per Straßenbahn vs. konventioneller Zustellmethode (eigene Darstellung nach Oblin & Hagenauer, 2021; Umweltbundesamt GmbH, 2021)

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Autoren:

Dipl.-Ing. Matthias Hayek studierte Maschinenbau an der TU Wien und ist seit April 2021 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Intralogistik und Materialwirtschaft bei Fraunhofer Austria tätig. Er forscht im Rahmen seiner Tätigkeiten bei Fraunhofer Austria an der Entwicklung von Physical Internet Containern und an nachhaltigen Citylogistikkonzepten.

Roy Huisman MSc studierte Technology and Operations Management an der University of Groningen und Supply Chain Management an der WU Wien. Seit Oktober 2022 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der in der Gruppe Intralogistik und Materialwirtschaft bei Fraunhofer Austria tätig.

Dipl.-Ing Matthias Hayek

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Geschäftsbereich Logistik und Supply Chain Management bei Fraunhofer Austria Roy Huisman, MSc

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Geschäftsbereich Logistik und Supply Chain Management bei Fraunhofer Austria

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