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Der neue deutsche Kampfpanzer KF51 Panther .............................................. Seite

MELDUNGEN CAVS als Nachfolger der Füchse

(BS/df) Am 14. Juni unterzeichneten Vertreter des deutschen und finnischen Verteidigungsministeriums eine Absichtserklärung, mit der Deutschland dem finnisch geführten CAVSProgramm (Common Armoured Vehicle System) beitritt. Bei den CAVS-Fahrzeugen handelt es sich um 6x6-Radfahrzeuge vom finnischen Unternehmen Patria, diese sollen die deutschen Füchse ablösen. Beim CAVS-Programm wurde eine Modularität ähnlich wie beim Boxer gewählt. Auf einer Plattform sollen die verschiedenen Variationen realisiert werden. Aktuell gibt es bereits die Version Führungsfahrzeug sowie gepanzerter Mannschaftstransporter, weitere sind geplant, wie beispielsweise eine Amphibie mit Schwimmfähigkeit oder ein Mörser. Die NATO-STANAGSchutzklasse liegt regulär bei Level zwei, optional bei Level vier. Ein höheres Schutzniveau bedeutet allerdings auch mehr Gewicht, dabei liegt der Vorteil dieses Fahrzeugs darin, dass es weniger als die Hälfte des Gewichtes des Boxers auf die Straße bringt. Hinzu kommt ein gegenüber dem Boxer deutlich geringerer Stückpreis. Mit dem CAVS-Beitritt wird Deutschland das fünfte Land, das sich an der ersten Stufe des multinationalen Programms beteiligt. Finnland, Lettland und Estland nehmen seit 2019 an dem Programm teil, Schweden seit 2021. Im Rahmen des Programms bestellte Lettland im August 2021 mehr als 200 geschützte Mannschaftstransporter, von denen Patria bereits über ein Dutzend geliefert hat. Finnland unterzeichnete im August 2021 eine Absichtserklärung für 160 neue Mannschaftstransporter, die Vorserienlieferungen erfolgen im Juni. Schweden folgte Anfang dieses Monats mit einer Vereinbarung für eine Forschungs- und Produktentwicklungsphase. Patria ist als ausgewählter Anbieter der 6x6Fahrzeugplattform für die Systementwicklung im Rahmen von CAVS verantwortlich.

Exoskelett für Soldaten

(BS/df) Alle Streitkräfte haben das Problem, welches Gewicht den Soldaten noch zumutbar ist. Vor allem die Schutzsysteme sind für den Großteil der zu tragenden Kilos verantwortlich, aber auch die Digitalisierung mit Elektronik und Akkus verschärft die Situation. Dabei belegen zahlreiche Studien, dass moderne Soldaten die Grenze der Belastbarkeit bereits erreicht oder sogar überschritten haben. Eine mögliche Lösung dieses Problems zeigte Mawashi auf der Eurosatory: Das Ultralight Passive Ruggedized Integrated Soldier Exoskeleton (UPRISE). Dabei handelt es sich um eine ergonomische, passiv lasttragende Titanstruktur, welche dem Soldaten dynamische und unvorhersehbare Bewegungen trotz großer Lasten ermöglicht. Es ist also keine maschinell betriebene, sondern eine rein mechanische Lösung. UPRISE besteht aus einer gelenkigen Wirbelsäule, einem verschiebbaren Gürtel für die Rotationsfreiheit des Rumpfes, zwei Beinabschnitten mit funktionellen Hüft-, Knie- und Knöchelgelenken, die den Körperbewegungen folgen, und zwei in das Schuhwerk integrierten lastübertragenden Sohlen. Durch diesen Aufbau ergibt sich eine effektive Lastübertragung und Lastableitung auf den Boden.

Die Attraktion auf der Eurosatory

Der neue deutsche Kampfpanzer KF51 Panther

(BS/Dorothee Frank) Es sind besondere Zeiten. Die Rüstungsindustrie, die bisher zwischen Schattendasein und Pfui existierte, ist plötzlich Vogue geworden. Menschen diskutieren öffentlich über die Vorteile von Flugabwehrsystemen und die Eurosatory, die größte Rüstungsmesse Europas, erhielt erstmals eine wohlwollende Aufmerksamkeit in Deutschland.

Während bei früheren Eurosatorys Kamerateams der öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehsender wenig beliebt waren, weil sie vor allem versuchten, dunkelhäutige Menschen an Gewehren und anderen Systemen einzufangen und dann zu berichten, dass solche Messen die Kriegstreiberei schürten und Deutschland doch statt Waffen lieber Kindergartenstühle oder Gemüsesamen exportieren solle, wurde diesmal sogar die Präsentation eines neuen deutschen Kampfpanzers lobend erwähnt. Und der Chef eines Rüstungskonzerns konnte im Interview mit der ARD erläuternde Worte über diesen neuen Kampfpanzer verlieren, ohne dass vor und nach seinem Statement Entwicklungshelfer oder Altfriedensbewegte sich negativ über deutsche Waffenproduktionen äußerten. Vollständig digitalisiertes Konzept

Mit diesem Kampfpanzer war Rheinmetall aber auch eine große Überraschung gelungen. Ohne Beteiligung der anderen deutschen Panzerschmiede präsentierte das Unternehmen ein durchdachtes, ausgefeiltes Konzept für den Kampfpanzer der Zukunft. Der KF51 Panther erfindet natürlich nicht den Panzer neu, verbindet allerdings einige neue Systeme und Technologien in seinem Konzept, sodass er sich deutlich vom aktuellen Leopard abhebt. So werden die Sensoren, Effektoren, Rechner und Bedienkonsolen über eine vollständig digitalisierte und natürlich NGVA-konforme Architektur miteinander verbunden. Beim Panther wurde die Digitalisierung dabei direkt im Design mitgedacht und nicht erst nachträglich implementiert, was die Durchgängigkeit, Störfestigkeit und den Betrieb deutlich verbessert. Bei den Bedienplätzen realisierte das Unternehmen ein besonders interessantes Konzept. Ausgelegt ist der Panther auf eine DreiPersonen-Besatzung (Kommandant und Richtschütze im Turm, Fahrer im Fahrgestell), es ist im Fahrgestell allerdings noch ein zusätzlicher, vierter Bedienerplatz vorgesehen. Hier könnte ein Waffen- oder Systemspezialist oder Führungspersonal wie der Kompaniechef bzw. Bataillonskommandeur sitzen. Dies trägt dem zunehmend mit Spezialsystemen durchsetzen künftigen Gefechtsfeld Rechnung, da von diesem zusätzlichen Bedienerplatz aus etwa Drohnenschwärme geleitet oder Störmaßnahmen koordiniert werden könnten. Aufgrund der vollständig digitalisierten Architektur gemäß dem Standard der NATO “Generic Vehicle Architecture (NGVA)” ist eine nahtlose Integration von Sensoren und Effektoren sowohl innerhalb der Plattform als auch im Verbund mit anderen Systemen möglich. Dies bedeutet, dass jeder Bedienplatz die Aufgaben von jedem anderen Bedienplatz übernehmen kann. Somit wird bei künftigen Versionen ein unbemannter Turm eine wahrscheinliche Option sein. Wobei auch der aktuelle Turm mit dem 130mm Rheinmetall “Future Gun”-System bereits eine um rund 50 Prozent gesteigerte Feuerkraft bietet als die 120-mm-Glattrohrkanone des Leopard 2 A7V.

Rheinmetall präsentierte mit dem KF51 Panther einen neuen, rein durch das Unternehmen entwickelten Kampfpanzer auf der diesjährigen Eurosatory. Foto: BS/Oliver Hoffmann

Erwartbare Schutzsysteme

An Schutz bietet der Panther die erwartbare Mischung aus aktiven und passiven Schutzkomponenten, ohne die kein moderner Kampfpanzer in Serie gehen könnte. “Das herausragende Merkmal der Überlebensfähigkeit ist sicherlich der aktive Schutz vor KE-Bedrohungen. Er erhöht das Schutzniveau, ohne das Gewicht des Systems zu beeinträchtigen. Das Rheinmetall “Top Attack Protection System” (TAPS) wehrt Bedrohungen von oben ab. Das Schnellnebelschutzsystem ROSY entzieht den KF51 Panther der feindlichen Sicht”, berichtet das Unternehmen. “Dank der Pre-Shot-Detection-Fähigkeit kann der KF51 Panther Bedrohungen frühzeitig erkennen und neutralisieren. Als System, das für den Einsatz in einem umkämpften elektromagnetischen Spektrum ausgelegt ist, ist der KF51 vollständig gehärtet gegen Cyber-Bedrohungen.” Auch wenn der gezeigte Panther, der extra für die Eurosatory fertiggestellt wurde, noch die Wanne eines Leopard-Kampfpanzers nutzt, wird bei Rheinmetall bereits an einer eigenen Wanne gearbeitet. Bei dem Panther handelt es sich also tatsächlich um einen neuen, firmenentwickelten Kampfpanzer, der laut dem CEO des Unternehmens in zwei Jahren die Produktionsreife erreichen könnte.

Bereit zur Bestellung

Die deutschen Beschaffer erwischte der neue Kampfpanzer kalt. Das deutsch-französische Programm “Main Ground Combat System” (MGCS) erreichte bisher keine nennenswerten Meilensteine. Technologien wurden noch nicht festgelegt, Systeme noch nicht beschrieben. Während beim ebenfalls deutsch-französischen Luftkampfprojekt “Next Generation Weapon System” bereits Entwicklungssäulen mit verantwortlichen Unternehmen und entsprechenden Technologiekonzepten stehen, fehlt all dies beim MGCS. Nun bringt Rheinmetall die deutschen Beschaffer in Zugzwang, da jetzt eine Alternative zum MGCS existiert, die ein modernes Kampfpanzerkonzept bietet. Ein ähnlicher Coup war Rheinmetall bereits mit dem Schützenpanzer Lynx gelungen, der die Erkenntnisse aus der Puma-Entwicklung nahm und ohne deutschen Goldrand ein günstiges und dennoch modernes System erschuf, an dem bereits mehrere Nationen großes Interesse zeigen. Ungarn ist der Erstkunde des Lynx, der 80 bis 90 Prozent der Performance des Pumas für 60 bis 70 Prozent des Preises bietet. Diesem Konzept treu bleibend präsentierte Rheinmetall nun also den Panther, der sicherlich auf ebenso großes Interesse wie der Lynx stoßen wird. Schließlich benötigen im Grunde alle NATOStaaten neue, an moderne Gefechtsfelder angepasste Kampfpanzer. Deutschland inklusive.

Voices in Defence

Über das Konzept und die Technologien des Panthers sprach der Behörden Spiegel während der Eurosatory mit Oliver Mittelsdorf, Vertriebsleiter Taktische Fahrzeuge bei Rheinmetall. Der Podcast kann hier angehört werden.

Seit sie 2021 ihr Studium “Öffentliche Verwaltung Brandenburg (LL. B.)” abgeschlossen hat und fest beim Dezernat I im Fachbereich Bauordnung und Kataster im Fachdienst Rechtliche Bauaufsicht des Landkreises Oberhavel angestellt ist, darf die 29-Jährige eigene Fälle bearbeiten. Aber schon während des Studiums kam Stieg dank des dualen Ausbildungssystems der Technischen Hochschule Wildau mit der praktischen Arbeit der Bauaufsicht in Berührung.

Zwischen Praxis und Theorie

Vor dem Studium machte Stieg erst ein Freiwilliges Soziales Jahr – weswegen sie beinahe Soziale Arbeit studiert hätte – und anschließend eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation in der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Nach dem Abschluss der Ausbildung 2016 bewarb sie sich beim Landkreis Oberhavel auf einen Studienplatz für den neu eingeführten Studiengang Öffentliche Verwaltung Brandenburg (LL. B.). Sie landete aber auf Platz drei und wurde somit abgelehnt, da von der Rangliste externer Bewerberinnen und Bewerber (die bis dato nicht bei der Kommune angestellt waren) nur die ersten beiden genommen werden konnten. Daher arbeitete sie zunächst ein Jahr für den vzbv, um sich 2017 erneut zu bewerben und wieder auf dem dritten Platz zu landen. Diesmal konnte sie jedoch aufsteigen, nachdem ein Mitbewerber abgesprungen war, und im September 2017 das Studium in Wildau antreten. Mit der Belastung des sehr juristisch geprägten Studiums seien die Kommilitonen – manche seien direkt von der Schule gekommen, andere hätten bereits einen Bachelor- oder Masterabschluss und wieder andere hatten ein juristisches Examen – sehr unterschiedlich zurechtgekommen, berichtet sie. “Dadurch, dass ich eine abgeschlossene Berufsausbildung und bereits gearbeitet hatte, bin ich manche Aspekte entspannter angegangen als andere – vor allem den ersten Praxiseinsatz”, so die 29-Jährige. Dieser fand im vierten Semester statt, nachdem die ersten drei mit theoretischen Inhalten gefüllt waren, und stand unter der Aufsicht zertifizierter Betreuer. Insgesamt gab es vier dieser berufspraktischen Studienzeiten mit einer Dauer von je zehn Wochen, welche Stieg erst im Jobcenter sowie im Rechnungsprüfungsamt und zuletzt im Fachbereich Bauordnung und Kataster des Bauamtes sowie der Widerspruchsstelle des Bauamtes absolvierte. Gerade diese Praxiseinsätze seien es gewesen, die ihr geholfen hätten, die theoretischen Inhalte besser zu verstehen. “Da konnte ich dann mit Flächennutzungs- und Bebauungsplänen als Instrumente für Städte und Gemeinden wirklich etwas anfangen und auch die verschiedenen Aspekte des Bauordnungs- und Baunutzungsrechts mit Anwendungsbeispielen verknüpfen – das ist das, was diesen Bereich für mich so spannend macht.” Zwischen den einzelnen Semestern, in der vorlesungsfreien Zeit und unabhängig von den Praxiseinsätzen wurden zusätzlich Praktika von fünf bis sechs Wochen in den Behörden absolviert – im Fall von Laura Stieg war das beispielsweise im Jugendamt, in der Personalverwaltung und im Bauamt. Gerade Letzteres gab auch den Ausschlag, ihre Bachelorarbeit im Fachbereich Bauordnung und Kataster im Fachdienst Rechtliche Bauaufsicht schreiben zu wollen. Das hatte zudem den Vorteil, dass die angehende Bachelor of Law schon wusste, dass es freie Stellen in dem Fachbereich gab, auf welche Sie sich direkt bewerben konnte. “Es war sehr beruhigend, noch vor der mündlichen Abschlussprüfung zu wissen, dass es einen fließenden Übergang geben wird.” Entsprechend anders war auch die Einarbeitung. Da sie die Abläufe der Abteilung bereits kannte, bekam sie direkt eigene Fälle sowie feste Gebiete und Zuständigkeiten zugewiesen.

Im Sinne der Verhältnismäßigkeit

Laura Stieg berichtet von ihrer Arbeit in der Bauaufsicht

(BS/Malin Jacobson) “Haben Sie das schon gesehen?”, fragt der Bereichsleiter und kommt zur offenen Bürotür herein. In der Hand hält er einen Zeitungsartikel, der von einem neuen Café im Landkreis Oberhavel berichtet. Das Bild zeigt ein provisorisches Gebäude, das wohl nur für die Sommermonate hochgezogen worden zu sein scheint. Ob das ein Fall für den Fachbereich Bauordnung und Kataster ist, muss sich erst noch zeigen – zunächst legt Laura Stieg eine Akte mit den bisherigen Informationen an.

Posteingang auf dem einen Bildschirm, zu bearbeitende Akten auf dem anderen – so behält Laura Stieg den Überblick.

Fotos: BS/Jacobson

Mit Helm und Stahlkappenschuhen ist die 29-Jährige auch für Baustellenbegehungen gerüstet.

Es gibt auch Bürger, die sich selbst an die Recherchearbeit machen, um einen Bestandsschutz nachweisen und damit eine Beseitigung umgehen zu können.

Baustopp, Evakuierung und Fernsehauftritt

Der erste große Fall inklusive Fernsehauftritt ließ auch nicht lange auf sich warten. Sie sei gerade ein halbes Jahr fest dabei gewesen, berichtet die junge Verwaltungsmitarbeiterin, als im August 2021 in Oranienburg eine Baugrube fast senkrecht abgegraben worden sei, was zu tiefen Rissen in den Wänden des Nachbargebäudes mit insgesamt acht Wohnungen geführt habe. “Da musste wirklich schnell ein Baustopp veranlasst werden!” Einen solchen Fall hatten aber auch die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen der Abteilung bis dato noch nicht gehabt, sodass dann mit vereinten Kräften und mithilfe der Statiker schnell und rechtssicher der Bescheid für den Baustopp, die Verfüllung der Baugrube und das Abstellen der Grundwasserpumpe verfasst wurde. Auch die Straße vor dem Gebäude musste sicherheitshalber gesperrt werden. In diesem Fall habe man generell sehr eng mit allen beteiligten Stellen zusammengearbeitet, vor allem mit der Feuerwehr, welche schon am Vorabend alle elf Bewohner evakuiert habe, bevor am nächsten Tag die weiteren Schritte veranlasst worden seien. “An dem Morgen war ich dann mit dem Statiker vor Ort, um die Situation zu bewerten. Zu dem Zeitpunkt waren bereits Kamerateams da, die gefilmt haben, wie wir das vermeintlich einsturzgefährdete Gebäude verlassen.” Das zivilrechtliche Verfahren zu diesem Fall laufe derzeit noch, so Stieg, und es sei noch nicht klar, wer die Kosten für den Feuerwehreinsatz, die Unterbringung der evakuierten Bewohner oder die sonstigen Maßnahmen trage.

Der Blick in die Akte verrät, wann welche Gebäudeteile entstanden oder erweitert worden sind.

Legalisierung oder Beseitigung

Ob die Fälle immer so dramatisch sind? Nein, meint Stieg, die die erste in ihrer Familie mit einem akademischen Abschluss ist. “Ich habe Kolleginnen und Kollegen, die seit über zehn Jahren hier sind und es noch nicht ins Fernsehen geschafft haben." Meistens gehe es eher um Carports, genehmigungspflichtige Umnutzungen oder Einfriedungen, die auch mal von Nachbarn gemeldet würden. Was viele nicht wüssten: Im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes müssten die Mitarbeitenden im Fachdienst Rechtliche Bauaufsicht auch nach rechts und links schauen. So würden dann häufig auch Verfahren gegen Nachbargrundstücke eingeleitet. Nach der Sachstandsaufklärung gehe es dann daran, die baurechtmäßigen Zustände herzustellen – und dafür seien die Bürgerinnen und Bürger selbst zuständig. “Wir können ihnen allerdings nicht vorschreiben, wie sie dies tun”, erklärt sie. Grundsätzlich habe jeder das Recht, auch im Nachhinein einen Bauantrag zu stellen, um beispielsweise seinen Carport genehmigen zu lassen – über die Zulässigkeit müssten dann andere entscheiden und es komme auch vor, dass ein solcher Bauantrag genehmigt werde. “Das ist allerdings mit Kosten und Aufwand verbunden”, weiß die Verwaltungsmitarbeiterin, “denn es muss ein vollständiger Bauantrag mit Bauvorlageberechtigung, amtlichem Lageplan sowie – das ist in Oranienburg besonders – Kampfmittelfreiheitsbescheinigung eingereicht werden.” Und: “Nur weil ein Bau bereits seit zehn oder zwanzig Jahren irgendwo steht, legalisiert er sich nicht automatisch!” Drei- bis viertausend Euro in die Legalisierung eines Carports zu investieren, überlege sich da der eine< oder andere zweimal. Wenn dann die Nachricht und beispielsweise ein Fotobeweis kämen, dass der Carport beseitigt worden sei, sei der Fall erledigt, erklärt Stieg. Sollte der Bürger aber weder für eine Legalisierung noch Beseitigung sorgen, müsse sie nach entsprechender Fristsetzung eine Beseitigungsanordnung verhängen. Das sei ein offizieller Verwaltungsakt, dem der Bürger nachkommen müsse, da sonst Zwangsgelder – in nicht unbeträchtlicher Höhe – bis hin zur Zwangsbeseitigung drohzen. “Diesen Schritt versuchen wir so gut es geht, zu vermeiden, da 100 bis 3.000 Euro Zwangsgeld für viele eine schmerzhafte Summe sind. Wenn die Betroffenen gar nicht mit uns reden oder uneinsichtig bleiben, haben wir manchmal keine andere Möglichkeit.”

Lokale Regelungen entscheiden

Das letzte Mittel ist die Ersatzvornahme, bei der ein Unternehmen mit der Beseitigung beispielsweise eines Carports beauftragt wird. Dabei muss die Verwaltung allerdings in finanzielle Vorleistung gehen und kann die Kosten erst im Nachhinein an den entsprechenden Bürger weitergeben. Auch eine Ersatzzwanghaft wäre bei andauernder Zahlungsverweigerung möglich, “aber solche Maßnahmen beispielsweise wegen eines genehmigungspflichtigen Carports anzusetzen, wäre unverhältnismäßig, schließlich arbeiten wir mit Steuermitteln”, erklärt Stieg. Sie dürfte sogar versiegeln, um eine Nutzungsuntersagung durchzusetzen, berichtet sie. Als einzige im Team habe sie hierfür ein entsprechendes Siegel, das dann aber auch im Beisein der Polizei angebracht werden müsse. Man versuche aber immer, die Fälle auf weniger invasive Art und im Sinne der Verhältnismäßigkeit zu lösen. Immer wieder gibt es auch Anzeigen seitens der Städte und Gemeinden, gerade bei Einfriedungen, da diese in deren Wahrnehmungsfeld liegen. “Für uns ist aber maßgeblich, ob es überhaupt Vorschriften in den lokalen Bebauungsplänen oder Satzungen gibt. Wenn nicht, dürfen sich die Leute nach Brandenburgischem Bauordnungsrecht auch zwei Meter hohe Steinmauern an die Grundstücksgrenze stellen”, so die Bergfelderin, denn nach Optik könne sie nicht entscheiden. In solchen Fällen haben dann die Kommunen die Möglichkeit, Satzungen zu ändern, um gegen hohe Sichtschutze vorzugehen.

Jeder Tag ist anders

Seit der Pandemie können die Mitarbeitenden der Verwaltung des Landkreises Oberhavel mobil und flexibel zwischen sechs und 22 Uhr beziehungsweise freitags bis 20 Uhr arbeiten. Nur in dieser Zeitspanne komme man in das System, an Wochenenden oder Feiertagen könne man sich gar nicht einloggen. Einen immer gleichen Tagesablauf gebe es nicht, antwortet sie auf die Frage, wie denn ein Arbeitstag in der Regel aussehe. Sie habe zeitgleich verschiedene Verfahren mit unterschiedlichen Fristen, die es regelmäßig nachzuhalten gelte. So erinnere sie das System, wenn beispielsweise die Frist für eine Anhörung auslaufe. Etwa einmal pro Woche gehe es mit den landkreiseigenen Hybrid- oder Elektroautos zu Außeneinsätzen, um vor Ort bauliche Maßnahmen zu beurteilen, erzählt die Verwaltungsmitarbeiterin weiter, dabei fahre man immer zu zweit raus. Zum einen aus Sicherheitsgründen, da “mit den ordnungsbehördlichen Maßnahmen eher negative Dinge verbunden werden, weil die Bürgerinnen und Bürger etwas gemacht haben, was sie baurechtlich nicht dürfen oder ohne Genehmigung durchgeführt haben”. Angefeindet worden sei Stieg bisher aber nicht. Man treffe vor allem auf Unverständnis seitens der Bürger, erläutert sie, die auf ihrem Grundstück gerne machen würden, was sie wollten. Zum anderen fahre man mindestens zu zweit, um sich den notwendigen Respekt zu verschaffen, auch weil Frauen auf der Baustelle nicht immer vollständig ernst genommen würden. Und letztendlich sei es auch einfach wichtig, immer einen Zeugen zu haben, damit der Bürger nicht behaupten könne, eine entsprechende Anweisung nicht erhalten zu haben.

Lösungsorientierte Kommunikation

Die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern hat Stieg im Studium vor allem durch die Praxiseinsätze, in erster Linie aber über den Sport gelernt. Im Cheerleading, einer gymnastisch-akrobatischen Sportart, die sehr auf den Zusammenhalt des Teams aufbaue, komme man mit den verschiedensten Charakteren zusammen und müsse immer wieder einen Weg finden, gemeinsam Herausforderungen zu überwinden. Da sei es wichtig, sich klar artikulieren und mit Menschen in Interaktion treten zu können. “Im Cheerleading lernt man auch, lösungsorientiert zu denken. Wenn etwas nicht funktioniert, bringt es eben nichts, nur zu meckern. Es muss gemeinsam geschaut werden, was anders gemacht werden kann.” Ebenso könne man den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur sagen, dass es ein Problem gebe, sondern müsse diesen auch Lösungsoptionen aufzeigen. Seit acht Jahren übt die Verwaltungsangestellte diesen Sport bereits aus, den sie ursprünglich nur angefangen hatte, weil ihre Zwillingsschwester das gerne ausprobieren wollte. Mit dem Cheerleading kam auch die Begeisterung für andere sportliche Aktivitäten: Fitnessstudio, Mammutmarsch oder auch Halbmarathon und Marathon. Und für die Zukunft sind weitere extreme Events dieser Art geplant. Auch beruflich ist sie angekommen. “Die vergangenen zwei Jahre haben mir gezeigt, dass eine feste Anstellung wirklich pures Gold wert ist, auch weil man ganz anders planen kann”, meint Stieg. So strebe sie zumindest für die nahe Zukunft erst mal keine Veränderung an – auch wenn der Studienabschluss Öffentliche Verwaltung Brandenburg (LL. B.) sie für Führungspositionen in der Kreisverwaltung qualifiziere. Vorerst will sie definitiv noch dabeibleiben, dann ist voraussichtlich Familienplanung angesagt.

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