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Behörden Spiegel: Sind Sie zufrieden mit dem Grad an Digitalisierung im Heer? Umsetzung der Digitalisierung im Heer

Pieper: Aktuell? Nein! Wie könnte ich auch? Denn digital plus dnalog ergibt immer noch dnalog. Und das spiegelt unsere derzeitige Situation vor allem im Bereich der Übertragung wider. Unsere Funkgeräte haben 40 Jahre auf dem Buckel. Sie setzen gerade mal 16 Kbit um. Und das auch nur, wenn nicht gleichzeitig gefunkt wird. Unsere Gefechtsstandtechnik ist veraltet. Neue Systeme wie die Zellularen Netze Verlegefähig leiden noch unter Kinderkrankheiten. Die Themen Datenhaltung, Datenverarbeitung von Big Data, korrespondierende Fabric- und Analytics-Ansätze verzeichnen weitgehend Fehlanzeige. Das Projekt GMN 1, welches dieses Thema zumindest im Ansatz für die verlegefähige Ebene lösen soll, stolpert so vor sich hin, dass wir es nicht vor Ende der Dekade sehen werden. Und von dem eigentlich erforderlichen ganzheitlichen, über alle Ebenen und Dimensionen hinweg durchgängigen Shared Information Space im Sinne eines Defence-Cloud-Ansatzes möchte ich gar nicht erst reden. Gemeinsam versuchen die Teilstreitkräfte mit dem Kommando CIR, hier die notwendigen Grundlagearbeiten zu machen. Aber keiner von uns ist personell für dieses Mega- bzw. Meta-Thema aufgestellt.

Behörden Spiegel: Was fehlt?

Shared Information Space über alle Ebenen und Dimensionen

(BS) Am 6. Dezember 2018 gab der damalige Inspekteur Heer, General Jörg Vollmer, den Startschuss Digitalisierung für das deutsche Heer. 2019 folgte die Einrichtung der Funktion eines Chief Digital Officers im Kommando Heer mit einer entsprechenden Abteilung, in der Digitales und die klassische Führungsunterstützung zusammengefasst wurden. Der Behörden Spiegel sprach mit Brigadegeneral Frank Pieper, der seit Februar 2020 Chief Digital Officer für landbasierte Operationen im Kommando Heer ist. Die Fragen stellten Dorothee Frank und Reinhard Wolski.

Behörden Spiegel: Ich erinnere mich an Konzepte zur Vernetzten Operationsführung oder Versorgung der letzten Meile. Haben wir in der Digitalisierung ein Erkenntnis- oder ein Umsetzungsproblem?

“Zur Beschleunigung der Modernisierung im Heer soll noch vor dem Flächenrollout von D-LBO eine Basisdigitalisierung sichergestellt werden”,

sagt Brigadegeneral Frank Pieper, Chief Digital Officer für landbasierte Operationen im Kommando Heer.

Foto: BS/BWI, Pascal Villain

Pieper: Jetzt könnte ich ja noch mal auf die eben gegebene Antwort verweisen. Doch wenn man den Blick etwas aufzieht, dann sind es wohl die erforderliche Schwerpunktsetzung und das richtige Bezugssystem. Oder mit anderen Worten das fehlende angemessene Big Picture. Und das ist in meinen Augen die Defence Cloud. Ein Thema, dass ministeriell noch gar nicht besetzt ist. Die Aufstellung von BMVg CIT mit Kommando CIR ist als Teil der zukunftsorientierten Schwerpunktsetzung definitiv der richtige Schritt. Top-Arbeit wird dort geleistet. Aber zum einen fehlt es einfach an der entsprechenden Dienstpostenausstattung, um das Gesamtthema angemessen zu bearbeiten. Zum anderen ist CIT genuin eher technikorientiert ausgerichtet. Doch Digitalisierung als Kernelement unseres

taktisch-operativen Denkens und Handelns, die Umsetzung ihres osmotischen, alle Handlungsfelder durchdringenden Charakters, erfordert die entsprechende DNA in unserem Kerngeschäft: Kampf. Aber irgendwer muss das Thema im Herzen tragen und integrativ umsetzen. Und das ist schwierig. Oft ist die umfassende und durchgängige Digitalisierung unseres Kerngeschäftes Kampf immer noch etwas “alongside to serious soldiering”. Weil es auch, dass muss ich zugeben, schwerer zu erklären ist als ein weiterer Panzer und seine direkt archaisch ableitbare Wertschöpfung. Aber ich will nicht nur schimpfen. Tatsache ist, dass das BMVg und die militärische Führung bei der Umsetzung des Sondervermögens – und respektvoll sage ich: ein Stück weit der Devise “Kopf über Herz” folgend – Führungsfähigkeit und Digitalisierung massiv ins Geld gebracht haben. Und das ist dann durchaus tatsächlich eine Zeitenwende. Denn schon häufig in den letzten Dekaden wurden die Thema Führungsfähigkeit, Command and Control, NetOpFü, oder welcher Begriff gerade modern war, hoch priorisiert. Und dennoch bei der Verteilung der Gelder stets hinten eingereiht. Dieser Teufelskreis scheint jetzt durchbrochen.

Pieper: Vernetzte Operationsführung bzw. NetOpFü steht als Begriff nach wie vor für das “so what?”. Also für das Ziel, welches mit einer Digitalisierung der Operationsführung auf allen Ebenen erreicht werden soll. Alle, die bereits vor gut 15 Jahren NetOpFü betrieben haben, waren absolut auf dem richtigen Track. Allein, es fehlte ein konkretes Projekt. Und so konnten sie NetOpFü nicht in Geld bringen bzw. über die berühmte planerische Ablauflinie schieben. Mit D-LBO setzen wir hier neu an. Getreu der Devise: Man verliert zwangsläufig ab und zu mal. Die Kunst ist es, das nicht zur Gewohnheit werden zu lassen. Heute wissen wir, dass die damals geplante Vernetzung nicht nur horizontal in einer Ebene erfolgen darf, sondern auch vertikal sein muss. Benötigt wird ein Defense Cloud Act, der die strategische über die verlegefähige mit der taktischen Ebene verbindet. Als gemeinsamer Datenraum, mit abgestimmten Ebenen und Qualitäten in der Datenhaltung, Datenbereitstellung und Datenverarbeitung. Mit harmonisierten Datenaustauschprotokollen. Und mit Algorithmen, die sowohl Pla-

nungsprozesse wie auch Split Second Decisions präzise unterstützen. Und während plattformbezogene oder gering skalierte Digitalisierung wie die Vernetzung von Aufklärungsdrohnen und Schützenpanzern beispielsweise breite Akzeptanz finden, ist der umfassende Ansatz, der auch mit den Begriffen All Domain oder Multi Domain Operations beschrieben werden kann, dann doch für viele “one step beyond future”. Und, um Ihre Frage zu beantworten: Für eine wirklich umfassende Digitalisierung ist sowohl ein Erkenntnis- als auch ein Umsetzungsproblem zu attestieren. Wobei man fairerweise sagen muss, dass wir viele grundlegende Ausrüstungslücken haben, die zunächst einmal geschlossen werden müssen. Digitalisierung ist ja vornehmlich eine Frage der Qualität. Derzeit leiden die Landstreitkräfte aber vorrangig unter fehlender Quantität. Die Kunst ist es wohl, beide Stränge heute so aufzusetzen, dass sie bereits kurzfristig, d.h. bis 2025 intelligent ineinandergreifen.

Richtschütze im Schützenpanzer Puma. Der Puma ist das erste Großsystem, bei

dem die Vernetzung mitgedacht wurde. Foto: BS/Bundeswehr, Maximilian Schulz Behörden Spiegel: Wann wird die erste Brigade der Landstreitkräfte, einschließlich der Enabler, resilient mit sprach- und datenfähigen, verschlüsselten Funkgeräten für das Gefecht der Verbundenen Waffen ausgestattet sein?

Pieper: Zeit für positive Botschaften. In einem Kraftakt haben Leitung und Führung der Bundeswehr angewiesen, dass im Sinne von Sofortmaßnahmen, die vorhandenen Landstreitkräfte, mit anderen Worten die vielzitierte Hoflage, mit einer Variante des Programms D-LBO ausgestattet werden. Arbeitsbegriff: D-LBO Basic. Dieser Ansatz stattet jede verfügbare und geeignete Plattform mit einem modernen Software Defined Radio, einem Kommunikationsserver auf dem unser CORE laufen wird sowie mit verbauten und/oder mobilen Endgeräten mit dem BMS als Bedienungsoberfläche aus. Damit stellen wir schon vor dem Flächenrollout von D-LBO eine Basisdigitalisierung sicher. Eine Basisdigitalisierung, die bereits in der Division 2025 komplett auf Divisionstruppen und drei Brigaden ausgerollt sein könnte. Damit wäre eine mehr als hinreichende und konkurrenzfähige Führungsfähigkeit der mobilen Ebene sichergestellt. Doch genau an dem Punkt Resilienz wird dann auch der Unterschied zum eigentlichen Programm D-LBO deutlich und unterstreicht dessen ungebrochene Bedeutung. D-LBO Basic stützt sich allein auf VHF/UHF ab. D-LBO in voller Ausprägung sieht bereits für die mobile Ebene die Nutzung von fünf unterschiedlichen Übertragungswegen vor. Wobei genau diese Redundanz der entscheidende Beitrag zur Resilienz ist. Die erste voll nach dem Programm D-LBO digitalisierte Brigade kann bei gutem Verlauf 2027 erreicht werden.

Behörden Spiegel: Welche Erfahrungen hat die VJTF-Brigade einschließlich der Enabler, mit dem Battle Management System gemacht?

Pieper: Grundsätzlich ausgezeichnete Erfahrungen. Die Nutzer sind überzeugt. Allein das analoge Nadelöhr der Funkgeräte verhindert derzeit eine auch nur ansatzweise umfassende Nutzung des BMS. Wenn wir jedoch D-LBO Basic wie geplant an den Start bringen, dann werden wir 2025 mit der Kombination aus BMS, CORE und modernem Funkgerät ziemlich gut unterwegs sein. User Acceptance wird definitiv nicht unser Problem sein, da bin ich mir sicher. Behörden Spiegel: Welche dieser Projekte könnten in diesem Jahr noch angestoßen werden?

Pieper: Da kann man zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren. Noch kennt ja keiner den Wirt-

schaftsplan für das Sondervermögen. Was ich sagen kann, ist, dass D-LBO Basic noch dieses Jahr mit einer Auswahlentscheidung angeschoben wird. Verwiesen sei auch auf die laufenden Ausschreibungen im 1. Kräftedispositiv D-LBO sowie zum Soldatenfunkgerät VHF/UHF, die alle im Zeitplan sind. Da ist das BAAINBw richtig gut unterwegs. Und zuletzt bauen wir darauf, dass die von mir angesprochenen Hebel zur Sicherstellung der Führungsfähigkeit der Division 2025 Mitte 2022 so entschieden werden, dass über Ergänzungsbeschaffungen und das Ausschöpfen von Rahmenverträgen auch modernes Gerät wie das VS-Geheim fähige SVFuA ab 2023 vermehrt zuläuft.

Die erfolgreiche Einführung eines Battle Management Systems ist ein gewaltiger Technologiesprung für die Soldatinnen und Soldaten. Foto: BS/Systematic

Behörden Spiegel: Welche weiteren großen Projekte finden aktuell statt?

Pieper: Hier sind zwei Handlungsstränge zu betrachten. Zum einen sind wir dabei, die Division 2025 mit Brückenprojekten in Sachen Führungsfähigkeit schnell konkurrenzfähig zu machen. Das ist der Schwerpunkt. Denn nur reale Kräfte produzieren reale Abschreckung. Die Kunst ist es, die Realisierung der Zielsysteme dabei nicht aus den Augen zu verlieren. Zielsysteme. das sind zum Beispiel die verlegefähigen und mobilen Rechenzentren, also GMN 1 und GMN 3. Das ist aber auch der dringend benötigte Richtfunk mit dem System TaWAN, Tactical Wide Area Network. Und das ist das Projekt Gefechtsstand Access Net, GAN. Des Weiteren laufen beim Kdo CIR Ergänzungsbeschaffungen und Verbesserungen im Projekt SatComBw Stufe 2, von denen wir stark profitieren. Noch nicht projektiert, aber ein Herzensthema, ist die Ausstattung der vorgezogenen Gefechtsstände von Division und Brigade mit D-LBO auf sogenannten Geschützten Beweglichen Führungseinrichtungen, kurz GBF. Damit würden wir das Gefecht aus Gefechtsständen heraus führen können, die während der Fahrt arbeitsbereit sind und keinerlei Auf- und Abbauzeiten mehr benötigen. So kann man jeden noch so schnellen OODA- Loop des Gegners unterlaufen. Was wir mit F&T jetzt zeitnah angehen müssen, ist das Thema Mikrosatelliten und Mega Constellations. Hier liegt meiner Ansicht nach die Zukunft punktgenauer Breitbandverbindungen.

Behörden Spiegel: Parallel finden in anderen Bereichen ebenfalls Entwicklungen statt, beispielsweise eine Combat-Cloud im NGWS-Programm. Wie fließen die Erkenntnisse zusammen?

Pieper: Das ist eine ausgezeichnete Frage zu einer äußerst komplexen Materie. Daher werde ich meine Antwort stark zuspitzen. Hier gilt es, vom richtigen Ende her auf das Problem zu schauen. Entscheidend wird es sein, dass die Zukunftsprojekte NGWS und FCAS, die echte Langläufer sind, nicht eigene disjunkte und proprietäre Lösungen entwickeln, sondern vielmehr die jetzt im Rahmen der Digitalisierung aufgesetzten Korsettstangen in ihren Lösungen als Rahmenbedingungen setzen und diese berücksichtigen. Als Beispiel sei das BMS genannt. Und hier schließt sich der Kreis. Während MGCS und FCAS schlagkräftig im BMVg vertreten sind und ihre Ideen pushen können, ist das koordinierende Element, welches sicherstellt, dass diese Entwicklungen technologisch harmonisiert laufen, schlichtweg nicht vorhanden. Ich habe dazu ja in einer der vorigen Fragen ausgeführt: Integration, beginnend mit den Architekturen und den konzeptionellen Ansätzen, ist decisive.

Behörden Spiegel: Wer sind Ihre Ansprechpartner auf gleicher Ebene in den anderen militärischen Organisationsbereichen?

Pieper: Die Digitalisierung Landbasierter Operationen organisieren wir über die AG Digitalisierung Land, in der alle Stakeholder vertreten sind. Das funktioniert gut bis ausgezeichnet. Für das Thema Multi Domain Battle haben sich die Stellvertreter der klassischen Teilstreitkräfte und Kommando CIR in einem Format zusammengefunden und versuchen, u. a. den operativ-taktischen Ansatz einer Defence Cloud zu etablieren. Ministeriell wird über unterschiedliche Formate, aber vor allem über das Steuerungspanel Digitalisierung ein Abgleich der Projekte und Vorhaben erreicht. Und auch wenn man mich für die jetzt folgende Aussage mit dem Gesicht nach unten begräbt: Ich glaube jedoch, dass wir hier externe Unterstützung und Beratung brauchen. Hier müssen Fachleute ran, die bereits globale Clouds betreiben und Fachleute, die schon Großunternehmen auf die digitale Schiene gesetzt haben – eventuell koordiniert über die BWI und die Bw Consulting. Das muss man sehen. Aber allein werden wir keine Defence Cloud designen und aufziehen können.

Behörden Spiegel: Welche Lehren lassen sich aus dem Krieg in der Ukraine für die Digitalisierung des Heeres ziehen?

Pieper: Unser Weg ist genau der richtige. Beschleunigung wird natürlich gern genommen. Und wenn Sie so wollen, ist D-LBO Basic genau ein Element dieser Beschleunigung. Was lehrt uns die Ukraine? Zunächst einmal die überragende Bedeutung von OSINT. Mit einer KI-gestützten Korrelation offener Quellen kann man mindestens ebenso gute Intelligence betreiben wie mit rein militärischen Sensoren. Und da bin ich wieder beim Thema Daten und KI. Wer in solchen Konflikten seine eigenen Daten nicht schnell und präzise mit OSINT-Daten korrelieren kann, gerät ins Hintertreffen. Was noch? Auf der anderen Seite zeigt die ukrainische Armee, wie man schon mit einer Teildigitalisierung bzw. Teilvernetzung unter Nutzung vor allem von UAV eine qualitativ und quantitativ überlegene Streitmacht bekämpfen kann. Millionenteures Großgerät, zerstört durch 100.000-Dollar- Drohnen. Das ist Realität und sollte uns in der Ausrichtung unserer Streitkräfte zu denken geben. Nun ist es offensichtlich, dass die Russen einen Großteil ihres Hightech-Geräts und ihre digitalisierten Kräfte in der Ukraine nicht einsetzen. Daher warne ich vor vorschnellen Schlüssen bezogen auf unsere technologische Überlegenheit. Dennoch zeigt der Krieg, dass Führung, Command und Control modern und digitalisiert sein müssen. Die Russen sind schwerfällig in der Operationsführung, u.a. auch deshalb, weil sie ihre Gefechtsstände viel zu langsam verlegen können und viel zu unbeweglich sind. Ceterum censeo: Wir brauchen mobile Gefechtsstände, um nicht im Fall der Fälle die gleichen Effekte zu haben!

MELDUNGEN Kampfpanzer-Ringtausch

(BS/df) Deutschland genehmigt weitere schwere Waffensysteme für die Ukraine. Wie das BMVg mitteilte, werden 15 Leopard- 2-A4-Kampfpanzer an Tschechien gehen, das dafür wiederum seine vorhandenen Kampfpanzer russischer Bauart an die Ukraine liefert. Das System firmiert mittlerweile unter dem Namen “Ringtausch”, obwohl es sich eigentlich um eine lineare Weitergabe von Systemen handelt. Deutschland begrüße die Absicht des tschechischen Staates, die Ukraine durch die Abgabe von schweren Waffen aus eigenen Beständen signifikant zu unterstützen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Um keine Lücken in der Verteidigungsfähigkeit der Tschechischen Republik entstehen zu lassen, werde Deutschland diese Abgabe adäquat kompensieren. “Daher wird Deutschland die Lieferung von 15 Leopard-2-A4Panzern, die bei der deutschen Rüstungsindustrie stehen, einleiten”, führte das BMVg aus. “Die dabei entstehenden Kosten werden durch den deutschen Staat getragen. Im Lieferumfang werden auch Munition und Ersatzteile sein. Hierzu werden gerade alle notwendigen Vereinbarungen vorbereitet.”

Deutschland finanziert dabei nicht nur die Leoparden für Tschechien, sondern wird auch die tschechischen Soldatinnen und Soldaten an dem für sie neuen Kampfpanzer ausbilden. “Der Ringtausch mit Tschechien ist ein weiteres, sehr gutes Beispiel dafür, wie wir der Ukraine schnell und unkompliziert in ihrem mutigen Kampf gegen die russische Aggression beistehen können. Tschechien liefert schwere Waffen, wir helfen beim Schließen der Lücken mit Leopard-Panzern aus deutschen Industriebeständen”, betonte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. “Wir werden zudem mit unseren tschechischen Verbündeten in Zukunft bei der Rüstung, aber auch bei der strukturellen Zusammenarbeit unserer Streitkräfte noch enger zusammenarbeiten. Das ist der richtige Weg, um Europas Rolle in der NATO zu stärken.”

Neuordnung der Sicherheit

(BS/df) Beim Treffen der Chiefs of Defence der NATO wurde Mitte Mai deutlich, wozu das Bündnis in dieser aus militärischer Sicht vergleichsweise kurzen Zeit fähig ist. Der SACEUR, General Tod Wolters, stellte die Leistungen heraus, die, abgesehen von den Waffenlieferungen im Wert von über vier Milliarden Dollar an die Ukraine, seit dem russischen Angriff geleistet wurden. “Wir haben Elemente der NATO-Reaktionskräfte entsandt, um unsere Forward Defence zu stärken. Wir haben jetzt acht Gefechtsverbände unter NATO-Kommando, die entlang der Ostflanke stationiert sind”, beschrieb General Wolters. “Unter meiner Verantwortung als Supreme Allied Commander Europe befinden sich jetzt über 42.000 Soldaten und 120 Flugzeuge in höchster Alarmbereitschaft. Über 20 Schiffe sind einsatzbereit. Unser Heereskontingent hat sich verzehnfacht. Für die Luftverteidigung haben wir die Zahl der Kampfjets, die den Himmel patrouillieren, um 50 Prozent erhöht. Im maritimen Bereich haben wir die Standing Naval Forces aufgestockt. Die USA tragen nun mit mehr als 100.000 Soldaten zu unserer kollektiven Verteidigung, zu unseren Bemühungen um Sicherheit und Abschreckung bei.” Während des Treffens wurden die anwesenden Chiefs of Defence auch durch den Befehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Generalleutnant Walerij Saluschnyj, über die Lage in seinem Land informiert. An diesem Teil der Sitzung nahmen ebenfalls Vertreter Schwedens und Finnlands teilt. Die beiden Länder hatten Mitte Mai gemeinsam ihre offiziellen Anträge auf Mitgliedschaft in der NATO gestellt. Zudem nahmen an einem weiteren Tagesordnungspunkt die Generalstabschefs von Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea teil, um gemeinsam mit den Vertretern der NATO-Streitkräfte Reaktionsmöglichkeiten auf die neue globale Sicherheitslage zu erörtern. “Eines können wir mit Gewissheit sagen: Die Zeit ist nicht mehr unser Freund”, sagte Admiral Rob Bauer, Vorsitzender des Military Committee der NATO. “Da wir ein Verteidigungsbündnis sind, ist es in erster Linie unser Gegner, der den Zeitplan bestimmt. Und das bedeutet, dass wir immer bereit sein müssen, das Unerwartete zu erwarten.”

Ausstehende Entscheidungen in der IT

Ergebnisse der AFCEA-Fachausstellung

(BS/Dorothee Frank, Matthias Lorenz) “Überaus zufrieden” – so lautet das Fazit des Leiters der AFCEA-Fachausstellung, Friedrich W. Benz, im Nachgang der Ausstellung 2022, auf der so viele Menschen und Aussteller wie nie zuvor waren. Das Hauptdiskussionsthema waren natürlich die 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr. Spekulationen gab es genügend über die Verwendung, dennoch ist weiterhin nicht eindeutig, wie es mit vielen IT- und Digitalisierungsprojekten weitergeht. Oftmals stehen bei Programmen noch grundlegende Entscheidungen aus. Klar ist: Der Ball liegt meist im Feld der Bundeswehr beziehungsweise des BMVg.

Als Beispiel kann das Programm “Zellulare Netze Verlegefähig” (ZNV) dienen. Ziel ist ein verlegefähiges, digitales Funknetz, welches sowohl mit TETRA als auch mit LTE arbeiten kann. Im Januar 2021 hatte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hierfür 254 Millionen Euro freigegeben. Mit ZNV lassen sich die sichere Kommunikation und Datenverbindung sowohl stationär als auch verlegefähig realisieren. Hierfür sind in Containern die verschiedenen Elemente gebündelt, um Kommunikationsnetze unabhängig von jeglicher Infrastruktur aufzubauen. Genauer gesagt handelt es sich um ein zellulares Funksystem, welches Sprach- und Schmalbanddatenübertragung über den Bündelfunkstandard “Terrestrial Trunked Radio” (TETRA) abwickelt. Die breitbandige Datenübertragung erfolgt über den Mobilfunkstandard “Long Term Evolution” (LTE). Das damit aufgebaute Funknetz soll eine Reichweite von mehreren Kilometern haben, abhängig von topografischen Gegebenheiten. Das Projekt wird von der Firma Motorola umgesetzt. Zum genauen Sachstand konnte man auf der AFCEA-Fachausstellung jedoch keine Angaben machen. Das Projekt sei eine Herausforderung, heißt es. Man sei bemüht, Programmlücken in Absprache mit dem BAAINBw zu lösen. Auch was das Auftragsvolumen angehe, könne es noch Verschiebungen geben. Zweifel werden geäußert, ob von den 100 Milliarden etwas für Kommunikationssysteme übrigbleiben wird.

Tactical Core als Kern von D-LBO

Fest steht: Es müssen Entscheidungen des BMVg folgen – beispielsweise bei der Digitalisierung Landbasierter Operationen (D-LBO). Im Rahmen von D-LBO liefert die Firma Blackned den sogenannten Tactical Core an die Bundeswehr. Das System stellt eine übergreifende Kommunikationsplattform dar, über das Informationen schnell weitergegeben werden sollen. Durch die Nutzung von mobilen “Tactical Nodes” wie zum Beispiel Fahrzeugen entsteht ein mobiles Netzwerk, welches hardwareunabhängig funktionieren soll. Es soll damit eine aufwuchsfähige Middleware für aktuelle und künftige IT-Vorhaben geschaffen werden. Beim Tactical Core wurden bereits erste Meilensteine erreicht. In der Woche vor der Ausstellung habe man vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Empfehlung für die VS-NfD-Freigabe erhalten, berichtet Maximilian Aster, Marketing Manager bei Blackned. Der finale Prozess werde wahrscheinlich im Sommer abgeschlossen sein. Des Weiteren führe man momentan mit der Bundeswehr monatlich Proofs of Concept durch. Hier würden immer verschiedene Szenarien erprobt, um zu testen, wie sich das System im Feld verhalte, beschrieb Aster. Doch im Projekt stößt man auch auf einige Herausforderungen. So soll der Soldat das System im besten Fall mit einem Consumer Product (meist ein Smartphone) nutzen, weil ihm dies eine einfache Benutzeroberfläche bietet. Getestet habe man das System beispielsweise mit einem Gerät der Firma Samsung, sagt Aster. Dies werde von Samsung nun aber gar nicht mehr hergestellt. Somit stellten lange Beschaffungsprozesse eine Herausforderung dar.

Kommende Meilensteine des Tactical Cores

Als nächsten großen Meilenstein hat die Firma das Jahr 2023 in den Blick genommen. Dann sollen erste Panzerdivisionen mit dem System beliefert werden. Die Ausstattung der Panzerdivisionen sei der erste logische Schritt. Wann alle Panzerdivisionen über den Tactical Core verfügten, könne man zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht absehen.

Zurzeit befindet man sich jedoch noch in der Entwicklungsphase. Mithilfe einer Partnerfirma (Immarsat) sollen demnächst auch Satelliten in das Netzwerk eingebunden werden können. Auch plane man, Waffensensorik in das System zu integrieren. Dies kann zum Beispiel in Kampfsituationen hilfreich sein. Feuert ein Soldat seine Waffe ab, meldet das System automatisch, um welchen Soldaten es sich handelt und gibt weitere Informationen wie den Standort durch.

An den Mobile Connection Hub können sich Soldaten mit ihren Endgeräten anschließen und mit Hardware-basierter Verschlüsselung Informationen laden, so die Idee von roda computer.

Foto: BS/Matthias Lorenz

Neue Entwicklungen aus der Industrie

Weitere Firmen präsentierten bei der AFCEA-Fachausstellung Prototypen und zeigten, was möglich ist. So beispielsweise roda computer, wo man einen Mobile Connection hub entwickelt hat, von dem die Endgeräte der Soldaten sicher Informationen laden können. Momentan befinde man sich bei diesem noch in der Konzeptphase, erklärt ein Vertreter des Unternehmens. Um in die nächste Phase überzugehen (Weiterentwicklung, Anpassung), müsse die Bundeswehr nun genaue Anforderungen kommunizieren. Ähnliches gilt für das IT-Sicherheitspaket, welches roda in Kooperation mit der Softwarefirma Rohde & Schwarz entwickelt. Hier befindet man sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium, zur Zeit werden Komptabilitätstests durchgeführt. Das Ziel ist, robuste Geräte von roda mit der Festplattenverschlüsselung R&S Trusted Disk anzubieten. Auch beim mobilen Gefechtsstand haben Unternehmen die Initiative ergriffen. Den Prototyp eines solchen, verbaut in einem PMMC G5 der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG), zeigte der Gemeinschaftsstand von griffity defense und einigen Partnerfirmen bereits im vergangenen Jahr auf der Fachausstellung. Die Nachfrage nach einem mobilen Gefechtsstand sei bei der Bundeswehr auf jeden Fall da, so eine Vertreterin von griffity. Konkrete Anforderungen seitens der Armee gebe es jedoch nicht. Man selbst wäre bereit, den nächsten Schritt zu gehen und beispielsweise gemeinsam mit der Bundeswehr einen Prototyp zu bauen. Man habe gezeigt, was alles möglich sei.

Abbildung im Haushalt oder Sondervermögen

So wurde auf der AFCEA-Fachausstellung vor allem deutlich, dass viele Unternehmen mit eigenen Innovationen internationale Trends aufgreifen. Eine weitere Erkenntnis lautet, dass der Einfluss des 100-Milliarden Euro-Sondervermögens auf die IT-Vorhaben der Bundeswehr noch nicht einschätzbar ist, auch von Fachleuten und Experten aus dem militärischen Bereich nicht. Denn obwohl die Digitalisierung der Enabler schlechthin ist, wurde in der Vergangenheit das Geld im Zweifelsfall doch in neue Panzer, Schiffe oder Flugzeuge statt in die vergleichsweise günstigen Vorhaben von Führungsunterstützung, Vernetzung oder Kommunikation investiert. Besonders das Heer war oftmals der Leidtragende, da sich durch den Investitionsstau die Summe für eine Erneuerung auf mehrere Milliarden Euro summiert hatte. Das Sondervermögen könnte es richten. Oder eine Investition von rund 500 Millionen Euro pro Jahr, abgebildet im regulären Haushalt des BMVg. Hiermit ließe sich die Führungsunterstützung auf ein modernes, resilientes und an neue Technologien adaptierbares Niveau heben. Ein Weiter-so kann und darf es für die Einheiten des Heeres zumindest nicht mehr geben.

Das zu hoffnungsvolle Weltbild

(BS/df) Der Ukraine-Krieg hat das sicherheitspolitische Gefüge der Welt erschüttert und die nordischen Länder befinden sich in besonders exponierter Lage. Der Behörden Spiegel veranstaltete daher in Zusammenarbeit mit dem Norwegischen Botschafter und PwC Strategy& (Germany) GmbH das BSC 2022 Pre-Event. Bei dieser Diskussionsrunde wurden die Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten eruiert. “Es ist unmöglich für uns, so weiterzumachen, wie wir es vorher gemacht haben”, sagte Torgeir Larsen, Botschafter des Königreichs Norwegen in Deutschland, zu den Beziehungen zwischen seinem Land und Russland. Nach dem Ende des Kalten Krieges habe man auf Kooperation, auf das Einhalten gemeinsamer Werte, auf eine friedliche Existenz neben- und miteinander gehofft. All dies sei durch den Angriff Russlands auf die Ukraine zerstört worden. “Wir kennen nicht die Konsequenzen”, sagte Larsen. Man wisse, dass die Konsequenzen für die gesamte Welt, für die Wirtschaft, die Menschen und das Zusammenleben groß sein werden. “Aber wie groß, das wissen wir nicht.” General a.D. Hans-Lothar Domröse, in seiner letzten Verwendung Oberbefehlshaber des Allied Joint Force Command Brunssum, fokussierte den Kern der Erschütterung des Sicherheitsgefüges mit einem persönlichen Rückblick. Er habe sich bei seinen offiziellen Besuchen in den baltischen Staaten und Polen oftmals gewundert, warum er als deutscher General so gut behandelt werde. Und als Antwort bekommen: “Because you have changed.” “Von Adenauer bis heute Scholz, keinem Bundeskanzler würde man vorwerfen, dass er irgendwie auch nur annähernd Naziartig wäre”, betonte General a.D. Domröse. Das neue Deutschland und die Nachkriegsgenerationen seien als etwas anderes als das Naziregime anerkannt worden. Es habe die Aussöhnung gegeben. “Und das war der Gegensatz zu den Russen”, sagte General a.D. Domröse. Diese Botschaft habe er aus den osteuropäischen Ländern oftmals vernommen, dass Russland sich nicht geändert habe. Die Sendung ist auf www.digitaler-staat.online in der Mediathek unter dem Suchbegriff "Der Krieg in der Ukraine" abrufbar.

Frankreichs erste Serval

(BS/df) Anfang Mai hat das französische Heer die ersten geschützten Mehrzweckfahrzeuge (VBMR-L) Serval erhalten. Diese wurden im Rahmen des Scorpion-Programms zur Erneuerung der Armee entwickelt. Der Serval ist ein gepanzertes 4×4-Fahrzeug mit einem Gewicht von 15 bis 17 Tonnen. Er verfügt über einen vom Fahrraum aus fernbedienbaren Turm, Bedrohungsdetektoren und das Scorpion-Kampfinformationssystem (SICS), das es ermöglichen soll, die taktische Situation nahezu in Echtzeit mit den anderen Scorpion-Fahrzeugen zu teilen. Zusätzlich zu den zwei Besatzungsmitgliedern können bis zu acht mit dem Soldatensystem FELIN ausgestattete Infanteristen transportiert werden. Der Serval ist eines von vier neuen gepanzerten Fahrzeugen – die weiteren sind Griffon, Jaguar und das Mörsersystem MEPAC – die im Rahmen des Scorpion-Programms entwickelt wurden. Bis Ende 2020 wurden 364 Serval bei den Unternehmen Nexter und Texelis durch die französische Beschaffungsbehörde DGA bestellt. Insgesamt sollen bis 2030 978 Serval-Fahrzeuge, davon 70 im Jahr 2022, an das französische Heer ausgeliefert werden. Die Fahrzeuge sollen die alten VABs ersetzen, die seit über 40 Jahren im Einsatz sind. Der Serval soll in den französischen Eingreiftruppen, bei der leichten Infanterie sowie den Gebirgsjägern und Fallschirmjägern eingesetzt werden. Aufgrund seiner Größe und des Gewichts ist er auch gut luftverlegefähig. So können zwei Serval in Kampfreihenfolge mit einer A400M transportiert werden.

Programmierbare Carl-Gustav

(BS/df) Bei Schießübungen zu Beginn des Monats präsentierte Saab vor Vertretern von 30 verschiedenen Nationen ein neues Feuerleitgerät mit der Bezeichnung FCD 558. Das ebenfalls gezeigte neue programmierbare Carl-Gustav-Geschoss HE 448 ist in der Lage, mit dem Feuerleitgerät 558 über ein Protokoll namens Firebolt zu kommunizieren. Das HE-448-Geschoss liefert dem FCD 558 genaue Informationen über den Geschosstyp und die Treibladetemperatur und kombiniert diese mit der vom Bediener eingegebenen Zieldistanz, um die beste Flugbahn zu bestimmen. Dies bedeutet, dass die Bediener von Carl-Gustaf in der Lage sein werden, eine geladene Patrone schnell zu konfigurieren und so ihre operative Effektivität zu erhöhen.

Kommunikation der australischen Fregatten

(BS/df) Die Fregatten des Hunter Class Frigate Program (HCFP) der Royal Australian Navy (RAN) erhalten ein integriertes Kommunikationssystem von Rohde & Schwarz Australien. BAE Systems Australia, die den Lead beim australischen Programm hat, erteilte den entsprechenden Auftrag zur Entwicklung und Herstellung an Rohde & Schwarz Australien. “Während des Jahres 2021 lag unser Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit mit australischen Unternehmen zur Unterstützung des Prototypenbaus, um die Materialien und Dienstleistungen für den Bau der Prototypenblöcke in der hochmodernen Osborne Naval Shipyard in Südaustralien bereitzustellen”, sagte Craig Lockhart, Managing Director von BAE Systems Maritime Australia. “Da wir nun die Überprüfung der Systemdefinition hinter uns haben, werden unsere Beziehungen zu den Originalherstellern deutlich zunehmen. Rohde & Schwarz wird grundlegende Design-Inputs für unsere Kommunikationsfähigkeit auf der Hunter liefern.” Der Head of Maritime Domain von Rohde & Schwarz Australia, Kieran McLaughlin, sagte, das Unternehmen werde die Erfahrungen aus der Integration seines Naval Integrated Communications System (NAVICS) in die Fregatte Type 26, die derzeit an die Royal Navy ausgeliefert wird, sowie in die Evolved Cape Class Patrol Boats (ECCPB) für die RAN nutzen. “Wir haben inzwischen mehr als 40 Marinen mit unseren skalierbaren, modularen und anpassbaren Lösungen beliefert”, betonte McLaughlin.

Thales übernimmt RUAG Simulation & Training

(BS/df) Thales hat die Übernahme von RUAG Simulation & Training abgeschlossen. RUAG Simulation & Training hatte rund 500 Beschäftigte – darunter 50 in Deutschland am Standort Wedel – sowie einen Umsatz von rund 90 Millionen Euro im Jahr 2021. “Die Konsolidierung wird die Präsenz von Thales insbesondere auf dem Markt für landbasierte Lösungen ergänzen und gleichzeitig die bewährten Fähigkeiten des Unternehmens bei Anwendungen für Hubschrauber und Militärflugzeuge stärken. Die Übernahme bietet darüber hinaus die Möglichkeit, den lokalen Fußabdruck in den wichtigsten Regionen (Frankreich, Schweiz, Deutschland und Großbritannien) zu festigen und in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Australien auszubauen”, lautete die Mitteilung von Thales. Die Zusammenarbeit soll unter anderem die Entwicklung von Hybridlösungen der nächsten Generation beschleunigen, die hochwertige Live- und SynthetikFähigkeiten miteinander kombinieren werden. Nach Abschluss des formellen Übernahmeverfahrens wird der nächste Schritt darin bestehen, die Integration beider Unternehmen einzuleiten, um einen effizienteren Geschäftsbetrieb zu gewährleisten und gleichzeitig die Kontinuität der operativen Tätigkeiten für die Streitkräfte der verschienen Nationen zu gewährleisten. Diese Übernahme verbindet über 1.400 Beschäftige in sechs Ländern: Frankreich, Schweiz, Deutschland mit den Standorten Koblenz und Wedel bei Hamburg, Großbritannien, Vereinigte Arabische Emirate, und Australien.

Slowenien kauft Boxer

(BS/df) Slowenien bestellte jüngst 45 Boxer in vier unterschiedlichen Varianten für 281,5 Millionen Euro. Die Auslieferung ist von 2024 bis 2026 vorgesehen. Der Boxer ist ein geschütztes 8×8-Radfahrzeug. Seine modulare Architektur sowie der stabile Rahmen erlauben eine sehr große Variantenvielfalt, die Bandbreite reicht vom Verwundetentransporter bis hin zur Integration eines fernbedienbaren Turms mit 30-mm-Maschinenkanone und Lenkflugkörper. Bisher sind über 1.500 Fahrzeuge in zwanzig unterschiedlichen Versionen für Australien, Deutschland, Großbritannien, Litauen und die Niederlande unter Vertrag.

Schützenpanzer Puma VJTF

Fähigkeiten – Ausstattung – Modernisierung

(BS/Ronny Ittner*) Der Schützenpanzer (SPz) Puma ist das neue Gefechtsfahrzeug der Panzergrenadiertruppe des Heeres. Im Vergleich zu seinem Vorgänger besticht der SPz Puma durch sein hydropneumatisches Fahrwerk und sein entkoppeltes Laufwerk, welches eine höhere Agilität im Gelände zulässt. Des Weiteren verfügt er über eine voll stabilisierte Bordmaschinenkanone im Kaliber 30 mm, welche das Bekämpfen von Zielen bis zu einer Entfernung von 3.000 m auch während der Fahrt ermöglicht.

Beim Faktor Schutz kann der SPz Puma mit reaktiven Modulen gegen Panzerabwehrhandwaffen und einem Multifunktionalen Selbstschutzsystem (MUSS) zur Abwehr von Panzerabwehrlenkraketen auftrumpfen. Besonders herauszustellen ist die digitale Führungsfähigkeit des SPz Puma VJTF. Hier wurde zum ersten Mal ein vollständiges digitales System zum Führen des Gefechts in ein Kampffahrzeug der Bundeswehr integriert. Die Panzergrenadiere des Heeres werden im Verbund mit der Panzertruppe eingesetzt. Daher muss das Gefechtsfahrzeug der Panzergrenadiere in puncto Agilität, Mobilität und Schutz mit dem Kampfpanzer Leopard interoperabel sein.

Entwicklungsgeschichte

Seit seiner konzeptionellen Entwicklung ab Mitte der 1990er- Jahre wird das System durch die Weiterentwicklung der Panzertruppen eng begleitet. Seit dem Beginn der Auslieferung im Jahr 2015 wurden bisher 350 Fahrzeuge an die Bundeswehr übergeben. Der SPz Puma ersetzt den seit 1971 im Dienst befindlichen SPz Marder. Die Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung führte dazu, dass beim SPz Puma einige noch in Entwicklung befindliche Anteile vorgezogen werden mussten, welche durch die Zeit der Stabilisierungsoperationen, insbesondere des Einsatzes in Afghanistan, zurückgestellt waren. Somit wurde der SPz Puma VJTF konzipiert. Dieser stellt eine erhebliche Leistungssteigerung im Vergleich zum Seriensystem dar. Die noch verbliebenen Herausforderungen sind inhaltlich und zeitlich beherrschbar, sodass unter Verpflichtung aller Prozessbeteiligten mit klarem Arbeits- und Zeitplan, die Abstellung der verbliebenen Defizite vereinbart werden konnte. Ein fester Wille, gemeinsam – d.h. Amtsseite, Industrie und Truppe – auf der Basis festgeschriebener Meilensteine den Durchbruch hin zur Einsatzreife des Systems zu erreichen, wurde festgelegt. Dieses vom Managementprozess (CPM) grundsätzlich abweichende Vorgehen auf Basis eines gemeinsamen Meilensteinplans mit enger Begleitung aller Schritte durch die Verantwortlichen für die Weiterentwicklung, erbrachte dann den entscheidenden und raschen Erfolg. Im Jahr 2023 stellt Deutschland die Very High Readiness Joint Task Force 2023 (VJTF 2023) Land im Rahmen der NATO Response Force. Hier wird auch erstmals der SPz Puma VJTF eingesetzt. Im Rahmen der taktischen Nachuntersuchung im Februar 2021 wurde die taktische Kriegstauglichkeit des SPz Puma VJTF 2023 durch die Gruppe Weiterentwicklung Panzertruppen im Amt für Heeresentwicklung festgestellt. Der Weg zum Einsatz des Systems in der VJTF 2023 war geebnet. Panzerabwehrfähigkeit

Mit der voll integrierten Waffenanlage “Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem” (MELLS) verfügt der SPz Puma VJTF als erster Schützenpanzer der Bundeswehr über ein System, welches es erlaubt, Panzerabwehrlenkraketen ohne weitere Vorbereitungen im Gefecht direkt vom Kommandanten- oder Richtschützenplatz aus abzufeuern und zu lenken. Die Waffenanlage verfügt über zwei Panzerabwehrlenkflugkörper vom Typ Spike LR1, welche es dem Richtschützen ermöglichen, Ziele mit hohem Schutzniveau auf eine Entfernung von bis zu 4.000 m zu bekämpfen. Nach Abschuss des Lenkflugkörpers (LFK) hat der Schütze drei Varianten der Zielbekämpfung. Bei Variante eins wird der LFK von Hand ins Ziel gesteuert, im Gegensatz dazu kann bei Variante zwei ein markiertes Ziel selbst angesteuert und dieses bei Bedarf gewechselt oder die Flugbahn manuell korrigiert werden. Hierbei kann zwischen den Modi “Tagsicht” und der “Wärmebildsicht” gewählt werden. Gesteuert wird der LFK mittels Draht, welcher während der Flugphase abgerollt wird. Als Variante drei ist der “Fire and Forget”-Modus wählbar, hierbei steuert der LFK selbstständig ein markiertes Ziel an, ein Eingreifen ist nach Abschuss nicht mehr möglich. Mit der Fähigkeit, Panzerabwehrlenkflugkörper zu verschießen, kann sich der SPz Puma VJTF nun auch gegen Kampfpanzer zur Wehr setzen, was zum Beispiel im Flankenschutz einen deutlichen Vorteil darstellt. So erhöht sich der Einsatzwert des SPz Puma VJTF gegenüber Kampfpanzern deutlich.

Mit dem “Mehrrollenfähigen Leichten Lenkflugkörpersystem” (MELLS) besitzt der SPz Puma VJTF eine wirksame Panzerabwehrwaffe.

Foto: BS/Bundeswehr, Andreas Heep

Der SPz Puma bildet mit dem System Panzergrenadier eine Einheit, vernetzt und auf die jeweiligen Anforderungen anpassbar. Foto: BS/Bundeswehr, Ralf Zwilling

Verbesserte Aufklärungsfähigkeit

Durch eine umfassende Modernisierung der Sichtsysteme von Panzerwanne und Turm wird eine merkliche Verbesserung der Aufklärungsfähigkeit der Besatzung bewirkt. Die bisherigen Sichten für Kommandant und Richtschütze wurden von SchwarzWeiß auf Farbe umgestellt. Für den Kraftfahrer wurde zusätzlich zu den für Panzer üblichen Winkelspiegeln ein Kamera-Monitor-System installiert, welches ihm zur besseren Orientierung beim Fahren dienen soll. Elf Kameramodule ermöglichen via Farb- und Wärmebild eine 360°-Sicht um den Schützenpanzer herum und bieten eine optimale Grundlage zur Steuerung, Führung und Aufklärung. Neben dem Richtschützen, Kommandanten und Kraftfahrer verfügen ebenso die aufgesessenen Schützen unabhängig voneinander über zwei Bildschirme mit Touch-Funktion. Darauf können Auffälligkeiten im Gelände direkt und schnell markiert und dem Kommandanten übermittelt und angezeigt werden. Durch die verbesserten Sichtsysteme ist es nun einfacher, sich im Gelände auch unter Luke zu orientieren und Bedrohungen früher zu erkennen.

Führungsfähigkeit

Auch die Führungsfähigkeit des SPz Puma VJTF wurde im Rahmen der Modernisierung angepasst. Es wurden neue digitale Funkgeräte integriert. Zwei eigenständige, unabhängige Systeme, eines für die abgesessenen Soldaten (Gladius) und eines für die Schützenpanzer (FISH), wurden durch das gemeinsame Battle-Management-System (BMS) Tacnet für den gesamten Panzergrenadierzug ersetzt. Der SPz Puma VJTF ist jetzt mit bis zu vier digitalen und zwei analogen Funkgerät ausgestattet. Das BMS Tacnet ermöglicht dem Zugführer, seine Schützenpanzer und abgesessenen Schützentruppsoldaten auf einer digitalen Lagekarte in Echtzeit zu erkennen (Blue Force Tracking). Es ist somit ein hilfreiches Mittel zur Planung des weiteren Vorgehens. Die abgesessenen Schützen verfügen je nach Aufgabenbereich

über bis zu zwei Funkgeräte, ein robustes Tablet sowie ein “Headup-Display”. Da inzwischen jeder Soldat über eine Funkanbindung verfügt, die in den Gehörschutz integriert ist, ist die Kommunikation innerhalb der Gruppe ohne Sichtverbindung und trotz eines erhöhten Lärmpegels möglich.

Duellsimulation

Mit der Variante VJTF wurde an den SPz Puma ein System zur Duellsimulation adaptiert. Die meisten Fahrzeuge und Handwaffen der Bundeswehr verfügen über diese Möglichkeit. Um hier also uneingeschränkt an Übungen teilnehmen zu können, war die Fähigkeit zur Duellsimulation ein notwendiger Bestandteil für eine vollumfängliche Nutzung des SPz Puma VJTF. Die Simulation des Duells wird auf Grundlage eines Lasers, der den Schuss darstellt, und Sensoren sowie Reflektoren an Fahrzeugen, welche die Laserstrahlen erkennen und reflektieren, umgesetzt. Jeder Schuss vom Schützenpanzer sendet einen Laserstrahl zum Ziel, den dieses reflektiert. Da jedes Sensormodul auf eine bestimmte Position am Schützenpanzer programmiert ist, wird die Trefferinformation zum einen an den Schützen zurückgesendet und zum anderen an den Getroffenen weitergeleitet. Somit haben alle Übungsteilnehmer die notwendigen Informationen, um realitätsnah üben zu können. Grundlage für die Waffenwirkung im Ziel ist ein Verwundbarkeitsmodell, welches Informationen zur Waffe, Munition und zum Ort des Treffers auswertet und den erwarteten Schaden berechnet. Beim SPz Puma VJTF sind nun auch Module vorhanden, welche den Beschuss an das Fahrzeuginnere weiterleiten und auf Grundlage des Verwundbarkeitsmodells Reaktionen der Simulationssysteme der Soldaten hervorrufen. Wie bereits erwähnt, haben die meisten Fahrzeuge der Bundeswehr die Fähigkeit zur Duellsimulation, jedoch mussten die Module beispielsweise beim Schützenpanzer Marder aufwendig angebracht und verkabelt werden. Beim SPz Puma VJTF werden die Sensormodule batteriebetrieben und verbinden sich kabellos mit der Bedieneinheit. Somit ist das Einrüsten mit drei Soldaten schnell und benutzerfreundlich realisierbar. Aus ökonomischen Gründen wurde beim SPz Puma die Entscheidung getroffen, anstelle von Manöverpatronen, welche bisher den Geschossknall und Blitz simuliert haben, einen Lautsprecher und eine Blitzleuchte zu montieren. Diese Möglichkeit zur Simulation von Schüssen besteht in Zukunft auch außerhalb der Duellsimulation. Die Bedienung läuft nach Start des Simulationsmodus identisch zur Bedienung im “scharfen” Einsatz. Schüsse werden je nach Munitionsart auf dem Zielbildschirm dargestellt, wobei keine weiteren Anbauten im Fahrzeug notwendig sind. Die Fähigkeit zur Duellsimulation ermöglicht es, Übungen dynamisch und realitätsnah zu gestalten. Gerade durch die einfache Bedienung und Anwendung sind die natürlichen Abläufe kaum eingeschränkt und werden somit dem Grundsatz “übe wie du kämpfst” gerecht.

Schlusswort

Der Schützenpanzer Puma VJTF ist hoch mobil und kann sich selbst gegen Ziele mit hohem Schutzniveau zur Wehr setzen. Mit seinen zahlreichen Aufklärungsmitteln, im Verbund mit der modernisierten Führungsfähigkeit, verfügt dieser Schützenpanzer über ein umfassendes Lagebild. Somit ist der SPz Puma VJTF ein Begleiter für den Kampfpanzer Leopard 2 auf Augenhöhe, auch wenn es im Rahmen der Einführung einige Herausforderungen für Gerät und Truppe zu bewältigen galt. Der Schützenpanzer Puma VJTF stellt mit seinen neu erlangten Fähigkeiten einen Meilenstein in der Entwicklung der deutschen Panzertruppen dar. Im nächsten Schritt wird der durch den SPz Puma VJTF erlangte Fähigkeitsgewinn auch in den Serienfahrzeugen umgesetzt, dann als (Nachrüstmaßnahme) zum SPz Puma S1. *Hauptmann Ronny Ittner ist Dezernent für die Panzergrenadiertruppe im Amt für Heeresentwicklung

Statt mit Kollegen im Fachgespräch hört er sich nun die fantastischsten Geschichten der Kinder an. Anstelle von Geschäftsreisen stehen Ausflüge zum Köln-Bonner Flughafen oder zur Hüpfburgstadt auf der Tagesordnung. Online-Meetings hat er gegen Bastelarbeiten, den Mittagssnack gegen gemeinsames Hohes-C-Pudding-Kochen und die Ruhe am Schreibtisch gegen Weinen, Schreien, aber – und vor allem – gegen ganz viel Lachen eingetauscht.

Wie kam es zu dieser Wende in Michael Debies beruflicher Laufbahn? Der 60-jährige Wirtschaftswissenschaftler hatte die Chance, als insichbeurlaubter Beamter aus einem der drei Postnachfolgeunternehmen ein spezielles Programm, den “Engagierten Ruhestand” in Anspruch zu nehmen. Hier hat man die Möglichkeit, ab dem vollendeten 55. Lebensjahr mit nur geringen Abschlägen in den Vorruhestand zu gehen, wenn man einen zwölfmonatigen Bundesfreiwilligendienst, oder 1.000 Einsatzstunden bei einer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Einrichtung leistet. Die Regelung soll laut Willen der Bundesregierung kostenneutral für den Bundeshaushalt sein. Die Postnachfolgeunternehmen sind dazu verpflichtet, die finanziellen Mehrbelastungen aus dem vorzeitigen Beginn des Ruhestands dem Bund voll zu erstatten. So kam es, dass Michael Debie jetzt in Bonn in einer katholischen Kindertagesstätte sein soziales Engagement erbringt. “Ich finde das sehr gut, dass man auf die Idee des Engagierten Ruhestandes gekommen ist und sich die Beamten nicht einfach so in den vorzeitigen Ruhestand verabschieden. Insbesondere für die sozialen Einrichtungen ist das ein großer Gewinn”, betont er.

Von der Elektro- und Lampenabteilung zur Bundespost

Angefangen hat Michael Debie seine berufliche Laufbahn mit einer kaufmännischen Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in Aachen, seinem Geburtsort. Er arbeitete dort bei der damals viertgrößten deutschen Kaufhauskette, der Horten AG, in der Elektro- und Lampenabteilung. Doch schon früh war ihm klar, dass er mehr wollte. Als sich die Chance bot, fing Michael Debie deshalb ein BWL-Studium mit Schwerpunkt Finanzen und Rechnungswesen an der RWTH Aachen an. Nach seinem Diplom im Jahr 1987 arbeitete er zunächst für einen Immobilienmakler in Mönchengladbach, doch auch hier wollte er nicht für immer bleiben. Als er erfuhr, dass die Deutsche Bundespost Betriebswirte für den gehobenen Dienst sucht, bewarb er sich deshalb im Jahr 1988 dort – mit Erfolg. Trotz seines BWL-Studiums musste Michael Debie dort noch eine 14-monatige Anwärterzeit mit Laufbahnprüfung absolvieren. “Ich hatte keine Wahl, ich musste diese Ausbildung machen”, so Michael Debie, der damit aber auch ein zweites Diplom zum Verwaltungswirt in der Tasche hatte und Bundesbeamter auf Lebenszeit wurde. Noch während seiner Anwärterzeit trat 1989 die Postreform I in Kraft. Mit ihr wurde die bis dahin einheitliche Deutsche Bundespost in die Deutsche Bundespost Postdienst, die Deutsche Bundespost Postbank sowie die Deutsche Bundespost Telekom aufgespalten. Michael Debie kam per Los zum Postdienst. Hier war er für die Hausverwaltung (heute: Facility-Management) eingeplant und machte dafür extra einen Postführerschein. “Man durfte die gelben VW-Autos nicht fahren, wenn man diesen Führerschein nicht hatte”, erinnert sich Michael Debie lachend.

Als Beamter in der Privatwirtschaft

Von der Bundespost zur Telekom AG – und jetzt in der Kita

(BS/Lora Köstler-Messaoudi) An diesem Montagmorgen sitzt Michael Debie in der Frühe vor einer gelben Minion-Brotdose auf einem kleinen Stuhl an einem ebenso kleinen Tisch zusammen mit einer ganz und gar nicht kleinen Schaar Kindergartenkinder. Alle im Alter zwischen zwei und sechs Jahren. Noch wenige Wochen zuvor hat er als sogenannter “Senior Expert” als betriebswirtschaftlicher Berater für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und für die Mitbestimmungsgremien, also den Konzernbetriebsrat, die Gesamtbetriebsräte und den Europäischen Betriebsrat, in der Konzernzentrale der Deutschen Telekom in Bonn gearbeitet .

Doch zum Einsatz in der Hausverwaltung im Hauptpostamt Aachen kam es dann doch nicht, da die Kölner Postämter zu der Zeit hohe Personalfehlbestände hatten und deshalb vor allem die ledigen Beamtenanwärter nach Köln versetzt wurden. So war der erste Einsatz für Michael Debie in der Organisationsstelle des damaligen Paketpostamts Köln 2 in Köln-Deutz. “Heute würde man das die Strategieabteilung nennen und das war auch mein Sprungbrett”, erklärt er. Die Deutsche Bundespost hatte damals eine eigene Bank, den “Post- Spar- und Darlehnsverein Köln”, heute die PSD Bank Köln eG. Hier bewarb sich Michael Debie und war von 1991 bis 1992 in der Abteilung Hypotheken und Baufinanzierung tätig.

“Ich war zu jung und überzählig”

1993 ereilte ihn die Postreform II, in deren Zuge die Deutsche Telekom 1995 eine Aktiengesellschaft wurde. “Man hat dort händeringend nach Betriebswirten gesucht, die sich mit Rechnungswesen auskannten. Bisher buchte die Behörde ja nur kameralistisch. Nun musste aber in kürzester Zeit eine HGBkonforme Bilanz vorliegen, damit das Unternehmen an die Börse gehen konnte”, erklärt Michael Debie. Er bewarb sich also 1992 über die Oberpostdirektion Köln und wurde direkt Unterabteilungsleiter für Finanzen in der Telekom-Niederlassung Aachen. Als sein Vorgesetzter in Rente ging, wurde er Abteilungsleiter Finanzen der Niederlassung. Sieben Jahre später wurde die Niederlassung jedoch im Rahmen einer Zentralisierung mit den Niederlassungen Düren und Mönchengladbach zusammengelegt. Das hatte zur Folge, dass von drei Abteilungsleitern Finanzen nur einer gebraucht wurde. “Ich war damals zu jung und damit überzählig”, so der damals 38-Jährige. Sein Niederlassungsleiter gab ihm daraufhin den Tipp, dass der damalige Konzernbetriebsratschef Wilhelm Wegner noch einen Experten in Betriebswirtschaft suchte. So kam es, dass Michael Debie ab 1998 Senior

Reparieren, spielen, aufräumen: Bevor er in den Ruhestand geht, wagte Michael Debie noch einmal einen Perspektivenwechsel. Er arbeitet für 1.000 Stunden in einer Kindertagesstätte und stellt fest, dass er nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit Kindern “sehr gut kann”.

Fotos: BS/lkm/privat

-Experte des Konzernbetriebsrates bei der Deutschen Telekom wurde. Hier blieb er dann auch bis zum Vorruhestand. “Es war eine wahnsinnig spannende Zeit. Das war für mich genau der richtige Schritt”, so Michael Debie. Die Deutsche Telekom hat sich sehr schnell von einem ehemaligen Staatsunternehmen in ein börsennotiertes Unternehmen gewandelt und ist in den letzten 25 Jahren rasant, auch über Deutschland hinaus, gewachsen. Wer Michael Debie über diese Zeit reden hört, merkt, mit wie viel Elan und Herzblut er hier mit dabei war. Noch heute kennt er die wichtigen Bilanzzahlen aus seiner aktiven Zeit und spricht von “wir”, wenn er über die Telekom redet. Er berichtet mit Stolz von erfolgreichen Unternehmensund Globalisierungsstrategien der Telekom und darüber, was die Telekom für den Standort Deutschland tut. “Es gibt kein Kommunikationsunternehmen in Deutschland, dass mehr investiert als die Deutsche Telekom”, so Michael Debie. Allein in Deutschland investiere der

Insichbeurlaubung

(BS/lkm) Die Insichbeurlaubung ist ein Sonderfall der Beurlaubungsregelungen im deutschen Beamtenrecht. Sie ist ein Spezialfall eines Sonderurlaubs unter Wegfall der Besoldung. Die aus der Postreform II hervorgegangenen Postnachfolgeunternehmen Deutsche Telekom AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG haben die bei der Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten übernehmen müssen (Art. 143b GG). Bei einer Insichbeurlaubung ruht die Verpflichtung zur Amtsausübung im übertragenen Amt, aber der Beamtenstatus bleibt erhalten. Der Beamte ist weiterhin beihilfe- und pensionsberechtigt und von der Arbeitslosenversicherung befreit. Die Regelung soll die personelle Beweglichkeit erhöhen, indem sie den neu gegründeten Aktiengesellschaften ermöglicht, bei ihnen beschäftigte Beamte befristet zu beurlauben und zugleich mit ihnen Arbeitsverträge zu schließen, die nicht den Zwängen des öffentlichen Dienstrechts unterliegen. In versorgungsrechtlicher Hinsicht wird mit der Anrechnung der Beurlaubungszeit auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit erreicht, dass die Versorgungsanwartschaften der Beamten fortgeführt werden. Sie haben somit keine negativen Auswirkungen auf die spätere Versorgung. Die Zeit der Beurlaubung wird auch in die Berechnung des Besoldungsdienstalters einbezogen, das für die Bemessung des Grundgehalts der Beamtenbezüge maßgebend ist. Beamte können schließlich in der Insichbeurlaubung im Rahmen einer regelmäßigen Laufbahnentwicklung auch befördert werden, wenn sie dort eine höherwertige Tätigkeit ausüben und nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung befördert werden könnten. Der beamtenrechtliche Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung bleibt erhalten. Die Bewilligung der Insichbeurlaubung setzt dieZustimmung des betroffenen Beamten voraus. Es besteht kein Anspruch auf eine Insichbeurlaubung. Ihre Genehmigung steht im Ermessen des Dienstherrn.

Konzern mehr als vier Milliarden Euro jährlich, weltweit seien es pro Jahr 18 Milliarden Euro (jeweils ohne Investitionen in das Frequenzspektrum) Beamtenstatus nicht öffentlich gemacht

Scherzhaft merkt Michael Debie aber auch an, dass es besser gewesen sei, wenn man innerhalb der Telekom in den letzten 26 Jahren nicht unbedingt öffentlich gemacht habe, dass man Beamter sei. “In meiner E-Mail-Signatur habe ich den Diplom-Verwaltungswirt lieber rausgenommen. Der Status als insichbeurlaubter Beamter, bei dem das aktive Beamtenverhältnis ruht, mit einem außertariflichen Arbeitsvertrag bot für mich eine leistungsorientierte Bezahlung nach den Regeln der freien Marktwirtschaft mit variablen Gehaltsbestandteilen nach persönlicher Zielerreichung. Insofern bereue ich nicht, dass ich seiner Zeit mit sehr geringen Anwärterbezügen bei der Deutschen Bundespost begonnen habe und später im Vergleich zu den Angestellten mit geringeren Beamtenbezügen entlohnt wurde.” Das seit 1996 bei der Deutschen Telekom eingeführte Instrument der “insichbeurlaubung” habe ihn finanziell gegenüber den Angestellten in leitenden Funktionen nicht benachteiligt und biete ihm jetzt als Beamten die Möglichkeit, das Angebot des Engagierten Ruhestands anzunehmen, so Michael Debie. Nicht alle Beamten sind wie Michael Debie bei der Telekom geblieben. Im Zuge der Flüchtlingswelle wechselten 2015 viele Beamte in die Stadtverwaltungen, um hier bei den Asylverfahren zu unterstützen. “Die Telekom hat diesen Kolleginnen und Kollegen entsprechende “Rucksäcke” für den Wechsel mit auf den Weg gegeben, wie z. B. die Beibehaltung der aktuellen Beamtenbezüge auch bei unterwertiger Beschäftigung in den Verwaltungen oder eine Rückkehr in den Konzern innerhalb einer “Probezeit”.” Er hätte auch Lehrer werden können, dieses Angebot gab es von der Telekom auch. Eine gute Freundin von ihm habe sich für diese Laufbahn entschieden und sei mittlerweile Studiendirektorin (A 15) an einem Berufskolleg. Generell findet Michael Debie immer wieder lobende Worte für die Telekom und ihren Umgang mit den Beamten im Konzern: “Die Telekom investiert seit 2016 bis 2024 jährlich bis zu 1,4 Milliarden Euro für den Vorruhestand ihrer Beamten, das ist nicht wenig.” Aktuell arbeitet Michael Debie unentgeltlich für die Kita St. Adelheid Bonn, weil er als Ruheständler bereits seine Pension mit geringen Abzügen (ca. 8,8 Prozent) erhält, den Rest übernehme die Telekom (ca. zehn Prozent). Auf den Kindergarten ist er eher durch einen Zufall gekommen. Eine Zahnarzthelferin gab ihm den Tipp, dort einmal anzurufen. Nach einem Schnuppertag entschied er sich direkt für diese Kita, obwohl es noch andere gab, zu denen er morgens einen nicht so weiten Weg hätte. “Es gefiel mir hier von Anfang an, ich komme sehr gut mit der Kita-Leiterin und auch mit den Kolleginnen klar”, so Michael Debie. Obwohl es zu Beginn auch Vorbehalte im Team gab: “Man fragte sich schon, "Was will denn jetzt ein Verwaltungsbeamter bei uns?“, berichtet er und muss lachen. Trotz dieser anfänglichen Skepsis seien die Erzieherinnen alle angenehm von ihm überrascht. “Vor allem von meinen handwerklichen Fähigkeiten”, scherzt er. “Ich hänge Spannseile und Regale auf und repariere kaputtes Spielzeug.” Doch nicht nur das, der Verwaltungsbeamte bring viel Humor mit in die Kita und findet Gefallen auch an einfachen Aufgaben. “Ich bringe gern das Geschirr zur Spüle, denn dort trifft man sich mit den Kolleginnen aus den anderen Gruppen in der Kita und kann sich austauschen. Auch wenn Seife oder Toilettenpapier aufgefüllt werden muss oder der Müll rausgebracht werden soll, mache ich das immer ohne Aufforderung. Immerhin sind die Kolleginnen die Fachkräfte, sie sollen durch mich mehr Zeit für die Kinder haben und ich mache den Rest.” Doch auch mit den Kindern kann Michael Debie sehr gut. Nie sieht man ihn draußen, ohne dass er nicht mit den Kleinen in Aktion ist. “Das Turnen mit den Kindern macht mir sehr viel Spaß”, erzählt Michael Debie ,der auch privat viel Sport macht. Auch Brot bäckt er mit den Kindern. Hierfür bringt er seine eigene Mühle und Knetmaschine mit und mahlt mit ihnen gemeinsam Mehl für den Teig. “Viele Kinder haben vorher noch nie gesehen, wie Körner aussehen”, erklärt Michael Debie. Eine Erzieherin unterstütze ihn dabei, indem sie Bilder von verschiedenen Kornarten sammele und den Kindern die Unterschiede erkläre.

Zu geringer Lohn

“Manchmal sage ich, dass ich meinen Beruf verfehlt habe, weil ich das hier mit den Kindern so gerne mache”, meint Michael Debie. Eigentlich plant er nach seiner Zeit bei der Kita eine Weltreise mit seinem Wohnmobil. Da dieses aufgrund von Lieferengpässen aber noch auf sich warten lässt, will er – nachdem er die 1.000 Stunden geleistet hat – evtl. weiter für die Kita als Springer zur Verfügung stehen. Dabei gibt er aber auch zu bedenken: “Ich mache das hier für eine überschaubare Zeit, denn langfristig ist es schon eine große Herausforderung, mit diesem Lärmpegel und der hohen körperlichen Anstrengung umzugehen.” Sobald man in der Kita ankomme, sei man Ansprechpartner; sich wie im Büro zurückzuziehen, ginge hier nicht. “Die Kinder nehmen keine Rücksicht darauf, ob du erst noch die Schuhe ausziehen musst.” Er findet es deshalb nicht gerecht, wenn man Investmentberatern, Bankern oder auch Börsenmaklern, denen man sein Geld anvertraue, mehr als das Doppelte bzw. Dreifache an Geld gebe, als den Erzieherinnen, denen man die eignen Kinder anvertraue. “Die Gesellschaft sollte darüber einmal nachdenken”, findet Michael Debie: “Das ist sauer verdientes Geld für eine so wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe!”

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