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Andreas Stenger, Landeskriminalamt Baden-Württemberg

Die Kriminalität verlagert sich zunehmend in den digitalen Raum. Hier müssen Polizeien Schritt halten.

Foto: © sasun Bughdaryan, stock.adobe.com

Kriminelle digitalisieren – das LKA Baden-Württemberg kontert

► Andreas Stenger, Präsident des Landeskriminalamtes (LKA) Baden-Württemberg

Die Informationstechnologie durchdringt inzwischen alle Lebensbereiche. Der digitale Lebensraum und der technische Fortschritt haben eine neue Lebenswirklichkeit geschaffen. Neue Technologien erleichtert uns die Kommunikation und den Alltag, gleichzeitig bedrohen neue Kriminalitätsphänomene die öffentliche Sicherheit. Es vergeht nahezu kein Tag, ohne dass die Medien über Cyber-Angriffe berichten. Begriffe wie Ransomware, Phishing, Künstliche Intelligenz (KI), Virtual Reality oder Cyber War sind keine Fremdwörter mehr, sondern Alltagssprache. Kriminelle nutzen alle Möglichkeiten der Digitalisierung. Und die Polizei muss darauf reaktionsschnelle, fortschrittliche und zukunftsfähige Antworten finden. Ferner muss auch sie bei ihren Ermittlungen auf moderne Technologie setzen. Die Polizei hat bereits viele effektive Antworten auf die Digitalisierung gefunden. Sie unterbreitet offensiv Präventionsangebote, die immer mehr Unternehmen und Institute nutzen und dankend annehmen, um unter anderem besser gegen CyberAttacken gewappnet zu sein. Zudem hat die Polizei in die Zukunft investiert: Sie antwortet mit einer kontinuierlichen strategischen Weiterentwicklung der Hard- und Software. So setzt die Polizei Baden-Württemberg auf Tools und fortschrittliche Technologien auf Basis der KI, um der wachsenden Datenmassen Herr zu werden. Das Landeskriminalamt

Baden-Württemberg (LKA BW) forscht beispielsweise gemeinsam mit der Hochschule der Medien, der Bundesdruckerei und den Landeskriminalämtern Bayern und Hessen am Einsatz von KI bei der Dokumentenuntersuchung. Dank der Software erhalten die Sachverständigen somit eine profunde Vorbewertung. Bewährte Technik Gleichzeitig gilt es, bewährte Technik kontinuierlich weiterzuentwickeln. Exemplarisch hierfür steht die Modernisierung der Vermessungstechnik von Tat- und Schadensorten, die vor über 25 Jahren beim LKA BW etabliert wurde. Mittlerweile nutzen Expertinnen und Experten des LKA „In einer Welt, in der die Kriminalität BW virtuelle Realitäten, um die zunehmend online stattfindet, Staatsanwaltschaften, Gerichte, muss die Polizei digital kompeErmittlerinnen und Ermittler sowie tent und handlungsfähig sein.“ Sachverständigen mit detailgetreuen 3D-Daten zu unterstützen. Mittels handlicher 3D-Kameras im Hosentaschenformat wird die Tatortvermessung mobiler. Im VR-Raum — der sogenannten Cave — ist es möglich, einen Tatort virtuell zu begehen. Die Möglichkeiten der Cave gehen deutlich über eine einfache Darstellung hinaus. So können die Spezialistinnen und Spezialisten des LKA BW Personen und Asservate sowie Daten aus Ergebnissen der Rechtsmedizin und Kriminaltechnik einfügen. Ferner ist es möglich, Tathergänge animiert

darzustellen. Die Cave ist mobil, sie kann beispielweise auch bei Gerichtsverfahren zum Einsatz kommen. Bei kriminalpolizeilichen Ermittlungen nehmen Informationen aus Kraftfahrzeugen immer mehr an Bedeutung zu. Automotive IT bezeichnet grundsätzlich die Vernetzung von fahrzeuggebundenen IT-Systemen mit dem Internet, untereinander und mit Infrastrukturelementen. Steuergeräte, Sensoren und Kameras erzeugen fortwährend Daten. Dies bietet tiefgreifende Möglichkeiten der Analyse und Auswertung. Zudem sind für die Ermittlungsarbeit Daten des sogenannten Infotainmentsystems relevant, insbesondere die der Navigation sowie der Fahr- und Parkzyklen.

Im virtuellen Fadenkreuz

Medial von besonderem und immer größerem Interesse sind Straftaten im Internet. Die Herausforderung der digitalen Polizei schlechthin sind Ransomware-Angriffe, insbesondere an einem Hochtechnologiestandort wie Baden-Württemberg. Weltweit agierende Kriminelle verschlüsseln die Daten von Unternehmen und Institutionen. Dabei arbeiten sie hoch professionell und gehen arbeitsteilig vor. Sie attackieren nicht nur Wirtschaftsunternehmen oder staatliche Institutionen, sondern auch Organisationen der Kritischen Infrastruktur (KRITIS): Immer wieder geraten Krankenhäuser oder Versorgungsunternehmen in das virtuelle Fadenkreuz der Täterinnen und Täter. Das LKA BW hat daher innovative Organisationsstrukturen zur Cyber-Kriminalitätsbekämpfung geschaffen: Die „Zentrale Ansprechstelle Cybercrime“ (ZAC) des LKA BW ist der erste Anlaufpunkt für Unternehmen und Institutionen im Land. Nach dem Erstkontakt mit der ZAC wird bei komplexen Fällen die „Task Force Digitale Spuren“ gebildet. Sie gewährleistet die schnelle Kontaktaufnahme und eine umfassende Beratung. In der Task Force arbeiten Expertinnen und Experten aus den Bereichen der Forensik, der Cyber Crime-Ermittlungen sowie dem Kompetenzzentrum Telekommunikationsüberwachung Hand in Hand und treffen Erstmaßnahmen zur Schadensbewältigung und Strafverfolgung. In einer Welt, in der die Kriminalität zunehmend online stattfindet, muss die Polizei digital kompetent und handlungsfähig sein. Moderne Ausstattung, die Nutzung neuer Technologien, kompetentes Personal und der enge Schulterschluss mit den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung und letztlich der gesamten Gesellschaft sind ein Rezept für eine reaktionsschnelle und fortschrittliche Kriminalitätsbekämpfung.

Andreas Stenger ist Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg.

Foto: LKA BW

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