Berliner Extrablatt Ausgabe 101

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Berliner e xtra B latt

Neueste und gründliche Informationen zum Bau des Humboldt Forums in der Gestalt des Berliner Schlosses Nr. 101 ·

Mitteilungsblatt des Fördervereins Berliner Schloss e. V

Prophet Hosea auf dem Weg zu seinem Platz auf der Kuppel

Weiter Streit um das Schloss richard Schröder 80 Jahre

Die Propheten auf der Kuppel

Weiterer ausbau von Portal V Weißer Saal, Hofkirche und Wohnungen des 20. Jh. Der neptunbrunnen muss zurück

Rufmordversuch am Förderverein Berliner Schloss?

Neue Kampagne der Schlossgegner

von Wilhelm von Boddien

von Boddien

Es hört einfach nicht auf. Die Schlossgegner um Philipp Oswalt und Jürgen Zimmerer können sich anscheinend immer noch nicht damit abfinden, dass der Wiederaufbau des Berliner Schlosses kurz vor seiner Fertigstellung steht und dazu ein großer Publikumserfolg ist. So werden wir u. a. als „Berliner Förderverein für Antisemitismus und Holocaustleug-

nung“ bezeichnet. Ihre Vorwürfe und Forderungen werden heftiger und sind, so meine ich, unsinnig.

In ihrer am 4. April erschienenen Pressemitteilung unter dem Titel: „Demokratisiert das Berliner Schloss/Transparenz über Spender*innen“ arbeiten sich unsere Hauptkritiker nun auch an der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss und der Kulturstaatsministerin Claudia Roth ab, die angebliche Rechtslastigkeit unserer Spendensammlung würde dort hingenommen.

Die selbst ernannten Schlossdetektive stellen sieben Forderungen an die Politik auf. Sie verlangen dort u.a.:

„Alle Spendenbeträge von Spender*innen mit rechtsradikalen, antidemokratischen, rassistischen, geschichtsrevisionistischen und/ oder antisemitischen Haltungen und von anonymen Spenden, deren Provenienz nicht ermittelt werden kann, werden vom Bau-

herrn an gemeinnützige antirassistische Initiativen übergeben.“

„Die durch solche Spenden ganz oder teilweise finanzierten Bauteile sind zu schwärzen oder anderweitig temporär kenntlich zu machen.“

„Ausschreibung eines künstlerischen Wettbewerbs, der zum Ziel hat, die preußenverklärende äußere Erscheinung des Gebäudes zu brechen.“

„Beendigung der Zusammenarbeit zwischen der Stiftung Humboldt Forum und dem Förderverein Berliner Schloss, der sich von keinem seiner Spender distanziert hat.“

In einem Blog, fast zeitgleich erschienen bei der taz, untersucht diesmal Philipp Oswalt, der sich dort als Historiker, Architekt und Autor bezeichnet, „das rechtsradikale Netzwerk, welches Einfluss auf die Planung und den Bau des Berliner Stadtschlosses beziehungsweise auf deren Akteurin-

nen und Akteure nahm und nimmt.“ Dort verwechselt der Autor an einer Stelle, wohl in seinem Zorn über den Wiederaufbau des Schlosses, den Vornamen des Generalintendanten Hartmut Dorgerloh und spricht von Stephan Dorgerloh. Dieser aber ist der Bruder des Generalintendanten und war Kulturminister von Sachsen–Anhalt, als Philipp Oswalt Bauhausdirektor in Dessau war. Stephan Dorgerloh hatte damals Oswalts Vertrag auslaufen lassen und, trotz heftiger Proteste aus Oswalts Lager, nicht verlängert. Honi soit qui mal y pense! Dennoch fanden die Schlossgegner wieder ein lebhaftes Echo in den Feuilletons wichtiger Medien, ohne, dass man uns von dort um eine Stellungnahme bat. Die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss und der Architekt Franco Stella reagierten scharf auf Oswalts und Zimmerers Vorwürfe:

Statement der Stiftung Humboldt Forum von Hartmut Dorgerloh und Franco Stella

zum Interview mit Philipp Oswalt über das Berliner Stadtschloss „Die Humboldt-Stiftung lügt“ in der Berliner Zeitung vom 17.04.2024

Rekonstruktion des Berliner Schlosses: Demokratische Entscheidungen akzeptieren

Der Architekt Philipp Oswalt behauptet in einem Interview mit der Berliner Zeitung, rechtslastige Spender*innen hätten Einfluss auf die Rekonstruktion der Fassade des Berliner Schlosses genommen, und die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss würde diesen Einfluss vertuschen und sogar lügen. Die Rekonstruktion, so Oswalt, sei „etwas merklich anderes als das, was die Expertenkommission empfohlen und was der Bundestag 2002 beschlossen hat“. Als Vorstandsvorsitzender der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss und als Architekt, der für den Bau verantwortlich war, widersprechen wir dieser Darstellung mit allem Nachdruck. Philipp Oswalt wiederholt seine Behauptungen zu vielen Anlässen. Dadurch werden sie nicht wahrer.

Vielmehr erfolgte die Rekonstruktion der Schlossfassade, einschließlich der Kuppel, der Kuppelfiguren, auf Beschluss des Stiftungsrates, und dieser Beschluss wiederum basierte auf den Entscheidungen des Deutschen Bundestages und der dort zuständigen Ausschüsse. Private Spender*innen haben es ermöglicht, dass die in diesen Entscheidungen

Streitgespräch

DIE ZEIT: Um das Berliner Schloss ist ein Streit entbrannt. Durch Recherchen unter anderem von Philipp Oswalt gibt es zahlreiche Belege dafür, dass auch rechtsradikale Spender den Aufbau der Fassade mitfinanziert haben. Sie, Herr Thierse, haben den Wiederaufbau politisch mit ermöglicht und sitzen im Stiftungsrat. Welche Folgen haben diese Erkenntnisse für den Bau? Wolfgang Thierse: Ich bin kein Gesinnungsprüfer. Der beauftragte Rechtsanwalt Professor Raue hat uns mitgeteilt, dass es keinen Grund für Bedenken gibt. Wenn ich mich recht erinnere, überprüft der Staat bei seinen Steuereinnahmen auch nicht die Gesinnung der Steuerzahler. Und diese Steuerzahler ha­

definierten „baulichen Optionen“ tatsächlich umgesetzt werden konnten – diese private Finanzierung war Wille der Politik. Aber keine und keiner dieser mehr als 40.000 privaten Spender*innen – und auch der Förderverein Berliner Schloss nicht –hat Einfluss auf die Gestaltung und Architektur genommen. Das lag allein in der Verantwortung der zuständigen politischen Gremien, des Stiftungsrates und des Architekten. Beim Realisierungswettbewerb des Bundes im Jahr 2008 hat der Entwurf von Franco Stella, hier Mitunterzeichner, den Zuschlag erhalten –ein Entwurf, der damals gerade für seine 1:1-Rekonstruktionen wichtiger Bau- und Stilelemente gewürdigt wurde. Fast alle rekonstruierten Elemente des jetzigen Berliner Schlosses waren schon in diesem Entwurf enthalten, darunter auch die Kuppel, die sich bereits die von Philipp Oswalt erwähnte Expertenkommission explizit vorstellen konnte. Weitere Elemente wie etwa die Figuren rund um die Kuppel und die Balustradenfiguren wurden vom unterzeichnenden Architekten vorgeschlagen, weil sie aus architektonischer Sicht geboten und auch mit Blick auf die gewünschte möglichst originalgetreue Rekonstruktion sinnvoll waren.

Die konkrete Planung der Kuppel

ben ebenso wenig Einfluss auf die Verwendung ihrer Steuern, wie die Spender Einfluss auf die innere Gestaltung und das Programm des Humboldt Forums haben. Es gab einen Spendenaufruf für die äußere Gestaltung des Schlosses, für nicht mehr und nicht weniger. Dieser Aufruf hat die Zustimmung des deutschen Parlaments gefunden, die Summe ist zusammengekommen. Die überwiegende Zahl der Spender sind ganz normale, anständige Leute, die sollte man nicht generell verdächtigen und rechtsextremer Gesinnung zeihen. Philipp Oswalt: Dass der Großteil der Spender völlig unverdächtig ist, habe ich auch nie in Abrede gestellt. Nur konnte der vom Förderverein beauftragte Anwalt 25 Millionen Euro an Spenden gar nicht prüfen,

als Vollrekonstruktion mit historischer Hülle begann im August 2010, sobald die historischen Unterlagen ausreichend ausgewertet waren, um die Detail-Planung anzugehen. Dass beim Berliner Schloss im Laufe eines Wettbewerbsverfahrens architektonische Details präzisiert und die Umsetzung genauer bestimmt wurde, ist absolut üblich. Alle, die mit Bauprojekten dieser Größenordnung Erfahrung haben, wissen das.

Der Bund hat diese Planung im Sommer 2011 freigegeben mit der Auflage, die Umsetzung der sogenannten „baulichen Optionen“ wie der historischen Kuppel über private Spenden zu finanzieren. Dafür hat der Förderverein Berliner Schloss Spenden gesammelt. Insgesamt haben Zehntausende Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft gespendet. Darunter, wie wir heute wissen, auch Personen, die rechtsextreme Positionen vertreten. Von diesen Personen und ihren Positionen distanzieren wir uns aufs Schärfste. Die antidemokratischen Positionen widersprechen unseren Überzeugungen und dem, was wir inhaltlich im Humboldt Forum tun – und sie widersprechen den Werten der großen Mehrheit derer, die für die Rekonstruktion des Schlosses gespendet haben.

weil deren Spender auch dem Verein selbst unbekannt sind. In einem Historikergutachten aber ist präzise beschrieben, was es zum Beispiel mit den Spendengeldern von Ehrhardt Bödecker auf sich hat, von dem zahlreiche antisemitische Äußerungen stammen und dem sich sogar die Verharmlosung des Holocausts nachweisen lässt. Es kann ja passieren, dass man Spenden einsammelt von jemandem, dessen Ansichten problematisch sind. Aber ich finde es inakzeptabel, dass die Stiftung mit einem Förderverein zusammenarbeitet, der sich nicht von Menschen wie Bödecker distanziert und sagt: Es tut uns leid.

Thierse: Herr Bödecker ist längst tot. Und man sollte die Toten ruhen lassen und sie nicht benutzen, um gegen ein lebendiges Projekt zu mo-

Aber all das hat mit den Entscheidungen, was genau gebaut werden sollte, nichts zu tun. Behauptungen, bei diesen architektonischen Entscheidungen sei eine „rechtsnationale Agenda“ verfolgt worden, sind falsch und zutiefst unangemessen. Unangemessen gegenüber dem Deutschen Bundestag und seinen Entscheidungen, gegenüber dem Stiftungsrat der Stiftung Humboldt Forum, in dem alle Parteien des Bundestages wie auch die Berliner Landesregierung vertreten sind, gegenüber der Leitung und dem Team des Humboldt Forums wie auch gegenüber dem Architekten, dessen Entwurf durch eine vom Bund eingesetzte Jury, besetzt mit renommierten Expert*innen, ausgezeichnet wurde.

Die Entscheidungen der demokratisch gewählten Parteien und der zuständigen Gremien mögen einem nicht gefallen – hierzu kann jede und jeder eine eigene Meinung haben. Aber ihre Akzeptanz ist grundlegend für ein respektvolles demokratisches Miteinander.

Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh, Generalintendant und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Humboldt Forum Prof. Arch. Franco Stella, Gewinner des Bundeswettbewerbs und Architekt des teilrekonstruierten Berliner Schlosses

bilisieren. Es gibt diese große Idee, genannt Humboldt Forum, den Dialog der Weltkulturen. Es gab zwei Entscheidungen des Bundestages. Das Projekt ist gebaut. Es lebt. Man wird es verbessern können. Sie aber sind seit Jahren nur damit beschäftigt, eine offensichtlich begrenzte Anzahl von Menschen zu verdächtigen, deren Gesinnung Ihnen, und ich vermute, auch mir selbst, nicht sympathisch ist.

Philipp Oswalt: Es sind Recherchen, die belegt sind!

Wolfgang Thierse: Verderben drei oder zehn oder zwanzig Spender, die nach Ihrer Überzeugung eine üble Gesinnung haben, das Projekt? Sind die Steine dadurch für Sie kontaminiert?

Auszug aus der ZEIT vom 2. Mai 2024

Von der Notwendigkeit des Schönen

Anmerkungen zum Humboldt-Schloss

Blickt man an einem der Sonnentage, die dieser Frühling der Berliner Innenstadt gewährt, von der Kreuzung der „Linden“ mit der Friedrichstraße, diesem topographischen Mittelpunkt der Stadt, auf den als Humboldt-Forum wiedererstandenen Schlüter-Bau des einstigen Stadtschlosses, so fällt der Fernblick einerseits auf die sich hinter dem Zeughaus zeigende Schrägansicht seiner Lustgartenfassade. Andererseits fasst er mit Wohlgefallen die ihm um 1850 von August Stüler hinzugefügte Kuppel über der Westfassade des Schlosses ins Auge; auch sie ist vor einigen Jahren wiedererstanden. Ihre Erneuerung verdankte sich einem zweiten Bundestagsbeschluss, denn in dem ursprünglichen, auf dem Votum einer Expertenkommission beruhenden Wiederaufbauplan, dem das Parlament Gesetzeskraft gab, war sie noch nicht vorgesehen; der Beschluss von 2002 beschränkte sich auf die Erneuerung der barocken Fassaden auf drei Außen- und drei Innenseiten des Neubaus. Von „einer Kuppel im Bereich des ehemaligen Hauptportals als Vorgabe des Bauherrn“ war in dem Parlamentsbeschluss von 2007 die Rede; dass es die historische Kuppel sein sollte, ergab sich aus den preisgekrönten Wettbewerbsbeiträgen des Folgejahrs. Sowohl der siegreiche Entwurf von Franco Stella wie zwei der jeweils mit einem dritten Preis bedachten Entwürfe von Hans Kollhoff und Christoph Mäckler hatten die Schlüter-Kuppel vorgesehn, die nun wieder von acht Prophetenfiguren des Alten Testaments umstellt sein wird, wortgewaltigen

Mahnern teils an Israel und Juda, teils an Assyrien.

Fern- wie Nahblick machen deutlich, was damals im Widerstreit der Aspekte (sollte man eine Kuppel wiederherstellen, und wohl gar mit dem authentischen Kreuz darauf, deren Funktion, eine Schlosskapelle zu überwölben, verloren war?) vielfach vernachlässigt wurde: die städtebauliche Bedeutung dieser Kuppel, die einen harmonischen Kontrast zu ihrem barocken Unterbau bildete. Sie ist evident, sie fällt ins Auge, und so tut es die städtebauliche Bedeutung des wiedergewonnenen Schrägblicks auf die Nordfassade des Baus, deren außerordentliche Schönheit die immer noch laut werdenden Gegenstimmen gegenüber der Schlüter-Eosander-Erneuerung längst hätte entkräften müssen. Soviel Gelungenheit, Differenzierung im Kleinen und Maßgerechtheit im Großen, haben wir nicht verdient, scheint der Chorus der Widerstrebenden sagen zu wollen, aber das traut er sich nicht, sondern spricht von verdächtigen politischen Tendenzen, die sich hinter dem Bau verbergen könnten, gerade so, als sei der Deutsche Bundestag, der ihn in den Volumina des Schlosses und mit seinen barocken Fassaden mit überparteilicher Mehrheit beschlossen hatte, eine von rechten Kräften unterwanderte Institution gewesen.

Da das nicht recht glaubhaft ist, müssen einige Großspender herhalten, auf die mit in Sandstein gemeißelten Tafeln zu verweisen die für den Bau tätige Stiftung leichtsinnig genug war. Natürlich konnte sie sich sagen, dass politisch verdächtige Vermögensinhaber, wenn sie es denn wären, ihr Bekenntnis zum demokratischen Grundgesetz nicht wirksamer hätten unterstreichen können als durch die Förderung eines Projekts, dass das auf diesem Grundgesetz fußende Parlament beschlossen hatte. Nicht die Staatsfinanzierung

der barocken Fassaden, wohl aber deren Errichtung hatte das Parlament festgeschrieben und die Bürgerschaft dergestalt aufgerufen, der Sparsamkeit des Staates zu Hilfe zu kommen. Sonst wären die Ziegelwände des Neubaus womöglich jahrzehntelang nackt geblieben wie einst die Außenmauern des Schinkelschen Schauspielhauses, deren Sandsteinbekleidung sich der preußische Staat erst lange nach der Eröffnung des Theaters leisten konnte.

Jeder Bürger konnte sicher sein, mit einer Spende, sei sie groß oder klein, nicht nur der Berliner Mitte, sondern auch dem Staatswesen, das sie von neuem bebaute, einen Dienst zu leisten, und je mehr er gab, um so größer war dieser StaatsDienst. Sich dessen auf Sandsteintafeln rühmen zu lassen war allerdings denkbar unpreußisch, und nicht nur unpreußisch, sondern schlicht banausisch war es, auf das Dach des wiedergewonnenen Gebäudes etwas so Triviales wie ein Restaurant als abgehobenen Baukörper zu setzen. War es ein Akt antimonarchischer Säkularisierung? Oder waltete nur die genussfrohe Gedankenlosigkeit ausgehfreudiger Amtsträger? Der kulinarische Aufsatz war ein Bruch mit dem bis dahin strikt eingehaltenen Prinzip denkmalgerechter Rekonstruktion, und er rächte sich auf der Stelle. Denn nun konnten die aus dem Lokal aufs Dach tretenden Restaurantgäste Teile der Inschrift lesen, mit der der königliche Kapellenerbauer, ein frommer Mann, lange nach Schlüter und Eosander die Kuppelbasis hatte umwinden lassen. Sie war eine Textmontage aus entlegenen Stellen des Neuen Testaments und zeugte von der Geistesverfassung eines Staatshaupts, das bei der Bibel Schutz suchte vor den Anfechtungen, denen das Volk durch einen Aufstand seine göttlichen Legitimation ausgesetzt hatte.

Hätte man diesen verschrobenen Text, dessen Vorzug seine Unlesbarkeit von allen Seiten der Stadt ist, weglassen oder redigieren sollen? Bei den älteren Stadtbewohnern war es in lebhafter Erinnerung, wie die DDR-Instanzen verfahren waren, als sie den überaus verdienstvollen Wiederaufbau aller zerstörten Gebäude an der Straße Unter den Linden ins Werk setzten. Sie ließen die Preußenadler auf den Seitenflügeln der königlichen Bibliothek einfach weg, verzichteten auf das Eiserne Kreuz im Kranz der Viktoria auf dem Brandenburger Tor und ersetzten im Giebel der Staatsoper die friderizianische Widmung an Apoll und die Musen durch die schlichte Bezeichnung „Deutsche Staatsoper“. Das hielt nicht vor; nach 1990 traten die Originalfassungen wieder in Kraft. Nicht nur Berlin bietet ein weites Feld überwundener Bedenklichkeiten gegenüber der Wiederherstellung oder des faktischen Neubaus städtebaulich unersetzbarer alter Gebäude. Claudius Seidl (F.A.Z. 26.3.) hat kürzlich die Unersetzlichkeit des Schlüter-Schlosses in Zweifel gezogen; er meinte, „Rem Kohlhaas‘ Berliner Neubau für den Springer-Verlag“ beweise, „dass die Moderne durchaus die Kraft hat, einen monumentalen und sinnstiftenden Quader in die Stadt zu stellen“. Man gehe in die Berliner Axel-Springer-Straße und sehe sich diesen sinnstiftenden Quader an, einen riesigen schwarzverglasten Kasten, in dessen Seiten der Blitz eingeschlagen hat, in Gestalt großer spitziger Zerklüftungen, und man wird begreifen, daß es zur Wiederherstellung des Schlüter-Eosander-Baus keine sinnvolle Alternative gab, erst recht nicht, nachdem die scheidende Regierung Kohl 1998 über den DDR-Palast eine asbestbegründete Totalsanierung verhängt hatte. Sie versetzte diesen Großbau unvermeidlich in den Zustand einer Rohbauruine.

Hätte der Bundestag oder eine andere Instanz diese Ruine mit veränderten Funktionen wiederaufbauen sollen? Es gab keine Voraussetzungen dafür.

Die emotional übersteuerte Opposition gegen den Rekonstruktionsbeschluss und nun sogar gegen die vollzogene Rekonstruktion krankte und krankt an dem habitu-

Friedrich Dieckmann

ellen Unwillen, sich mit dessen Vorgeschichte zu befassen. Zu ihr gehört die ideologisch geleitete Verachtung des „Palastes der Republik“ auf diesem maßgeblichen Platz. Das breit hingelagerte Volkshaus mit dem technischen Wunderwerk eines verwandelbaren Hauptsaals war das Neue Bauen gewesen, das viele für den Schlossplatz forderten, ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass der von dem architektonischen Geist der Moderne bestimmte Palast eben dies Neue Bauen gewesen war. Die Bundesregierung wollte ihn weghaben, ehe noch die Totalsanierung beschlossen war, und eine Jury setzte bei dem Spreeinselwettbewerb von 1994 einen Entwurf, der ihn einbezog, auf einen aussichtslosen vierten Platz. Das Projekt stammte von dem hochrenommierten Architektenteam O. M. Ungers/S. Vieths und behob die fehlerhafte Plazierung des DDR-Palasts parallel zur Spree mit einer Disposition, die ihn zum rückwärtigen Bestandteil einer vierseitigen Gesamtanlage machte, mit der auch die Schrägperspektive von den Linden her wiedergegeben war.

Den ersten Preis dieses weltweit ausgeschriebenen und von mehr als tausend Einsendern beschickten städtebaulichen Wettbewerbs ge-

wann der junge Berliner Architekt Bernd Niebuhr mit einem Entwurf, der Dimensionen und Platzierung des einstigen Schlosses übernommen hatte, um dem so gewonnenen

Baukörper einen großen elliptischen Hof arenaartig einzubeziehen. Das siegreiche Projekt bekräftigte die städtebauliche Position des einstigen Schlosses und war zugleich die vielfach geforderte architektonische Neuschöpfung – in allen späteren Debatten war nie wieder von ihm die Rede und auch nicht von Ungers‘ exemplarischer Verbindung des Vorhandenen mit dem Hinzuzufügenden. Das machte das Vorgeschobene dieser Debatten deutlich – es ging ihnen gar nicht um „neue Architektur“ an dieser Stelle, es ging ihnen nur um Verhinderung der Schlüter-Erneuerung, und der ehrlichste architektonische Beitrag dieser Schlüter-Opposition war ohne Zweifel ein Wettbewerbsbeitrag von Christoph Ingenhoven, der eine parkartige Begrünung des vom Palast befreiten Grundstücks vorschlug.

Aber nicht nur die Vorgeschichte des Bundestagsbeschlusses wurde in den damaligen Debatten ignoriert, übersehen wurde und wird die städtebauliche Begründung des Projekts. Der Palast der Republik hatte

sich durch die unbewältigte Leere vor dem gläsernen Rotgold seiner langgestreckten Glasfassade (der Leerraum war als Aufmarschplatz gedacht, erwies sich dazu als unbrauchbar und verkam bald zu einem Parkplatz) städtebaulich selbst dementiert, an der Richtigkeit der Schloßposition konnte auch nach den Ergebnissen des Wettbewerbs von 1994 kein Zweifel sein – sollte man also den Baukörper des barocken Schlosses erneuern, um ihm dann eine „heutige“ Fassade zu applizieren? Es hätte ästhetisch ins Nichtige geführt. Die DDR hatte ihr in Deutschland damals einzigartiges Werk der Wiederherstellung der altpreußischen Bauwerke entlang der Linden vom Brandenburger Tor bis zu Staatsoper und Zeughaus geführt, um sie dann durch ein Areal abzuschneiden, auf dem sich neuester, an westlichen Vorbildern bis hin zu Oskar Niemeyers Brasilia orientierter Städtebau als Signum eigener Modernität präsentierte; darauf stand der Hochriegel des Außenministeriums und, ihm gegenüber, der Palast der Republik mit der auf den Fernsehturm zulaufenden parkartigen Achse in seinem Hintergrund. Es war ein West- und ab 1990 Gesamtberliner Denkmalschützer, der die Bedeutung dieses Planwerks er-

kannte und es amtlich zu schützen unternahm, gegen politische Widerstände, die mit guten Gründen dagegen votierten. Dass der anstelle des DDR-Palastes zu errichtende zentrale Neubau in einer durch Abrisse veränderten Gesamtsituation es mit dem wiederhergestellten Alten Museum zu tun haben würde, das Schinkel als bezüglichen Widerpart des Schlosses konzipiert hatte, war 1993 schon dem weitsichtigen Wolf Jobst Siedler klargeworden. So kam es folgerichtig zu dem Beschluss des Bundestags, nicht aus Willkür und schon gar nicht mit politischer Hintergründigkeit, sondern aus einer Notwendigkeit heraus, die das fertige Bauwerk nicht nur prägt, es strahlt sie ersichtlich aus.

Anmerkung:

Dieser Beitrag ist am 25. April 2024 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen. 2015 erschien von Friedrich Dieckmann der Band „Vom Schloss der Könige zum Forum der Republik / Zum Problem der architektonischenWiederaufführung“ (Verlag Theater der Zeit). Der Autor war 2001 Mitglied der Internationalen Expertenkommission für die historische Mitte Berlins, die dem Deutschen Bundestag die Empfehlung für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldt Forum gab.

Schmerz und Schönheit: Der Neptunbrunnen wurde für das Schloss entworfen. Dort gehört er auch hin!

Neurechte Bildpolitik?

Rekonstruierte Gebäude sind keine Niederlage der Moderne. Wie das Berliner Schloss von der Gesellschaft gedeutet wird, hängt davon ab, was in ihm passiert.

Das Berliner Schloss, die Potsdamer Garnisonkirche – eine rechtsextreme Verschwörung? Claudius Seidl war sich offenbar ein wenig unsicher –daher das Fragezeichen in der Überschrift seines Artikels (F.A.Z. vom 26. März). Bei seinem Nachdenken über das neue Buch von Philipp Oswalt zu einer angeblichen nationalen Identitätspolitik schwankt er zwischen Stirnrunzeln und gebremstem Beifall. Und er spricht von einer „neurechten Bildpolitik“. Das ist in der Tat ein höchst interessantes Thema: Was kann das sein, und wer vertritt so etwas, und wie kann es durchgesetzt werden? Ist etwa das neue Berliner Schloss schon durch seine „schiere Größe, die Demonstration der Macht, die herrische Geste“ ein Beispiel funktionierender Bildpolitik, wie Seidl meint? Für viele Deutsche ist es jedenfalls gar kein nationales Bauwerk, allenfalls ein preußisches, Zeichen und Mahnmal auch des Untergangs der Hohenzollern und Preußens. Nicht nur für einen Bayern wie mich hat dieses Schloss nicht die Spur einer nationalen Bedeutung.

Wirkungsmächtige Bildpolitik als Propaganda Bildpolitik setzt eine konstruierte, instrumentalisierte Geschichte voraus, die heroisierte Geschichte einer Nation, einer Stadt, eines Herrschers, eines historischen Schlüsselereignisses. Sie muss sich aber keineswegs nur an vorhandenen oder rekonstruierten Bauten festmachen, sie kann auch durch Neubauten Botschaften vermitteln, oder dies zumindest versuchen. Die

„altrechte“ Bildpolitik ist uns ja gut bekannt, sie fasziniert bis heute, wenn auch im negativen Sinne: die Propaganda der Nazis. Die Bauten, die noch heute in unserem Kopf herumspuken, sind nahezu alle nie gebaut worden: die große Halle und der Triumphbogen in Berlin, das große Stadion in Nürnberg, der neue Hauptbahnhof in München. Viele glauben immer noch, dass dies die Architektur der Nazis war, das tatsächlich Gebaute blieb dagegen im Hintergrund: die Kasernen, die Rüstungsbetriebe, die das ganze Land überschwemmenden Lager. Und natürlich die Autobahnen. Die altrechte Bildpolitik war extrem wirkungsmächtig, sie hatte aber

eine effektive staatliche Propaganda zur Voraussetzung.

Schlosskuppel durch Dom getoppt

Vom Berliner Schloss hielten – im Gegensatz zur Potsdamer Garnisonkirche – die Nazis übrigens wenig, es spielte in der Propaganda keine Rolle, wohl aber der Lustgarten, der wichtigste Kult- und Feierort der Nazis in Berlin, mit dem Alten Museum von Karl Friedrich Schinkel als Hintergrund. Hier (und auf dem Tempelhofer Feld) fanden die berüchtigten nationalen Feiern zum 1. Mai statt, hier war der heidnische Weihnachtsmarkt verortet, hier fand die Hetz-

ausstellung „Das Sowjet-Paradies“ ihre Bühne. Der Lustgarten wurde dafür versteinert, wie schon der Königsplatz in München. Heute erinnert nichts mehr an diese finstere Geschichte.

Am herrischsten war sicher das Vorgängerbauwerk des Berliner Schlosses, die mittelalterliche Burg – als Kampfansage an die Bürgerstadt Berlin, die sich auch wehrte, ohne Erfolg. Doch dieser „Berliner Unwille“ aus den 1440er-Jahren ist im historischen Gedächtnis überhaupt nicht präsent, wie eigentlich alles, was die über vierhundertjährige Geschichte Berlins vor dem Dreißigjährigen Krieg betrifft. Aber die Schlosskuppel? Ja,

von Harald Bodenschatz
Harald Bodenschatz

sie wurde erst im 19. Jahrhundert auf das Schloss gesetzt, jedoch bereits einige Jahrzehnte schon wieder getoppt und damit erniedrigt –durch die weit mächtigere und weit herrischere Kuppel des Doms, die keinerlei Rücksicht mehr auf die Proportionen des Schlosses nahm.

Der Sozialismus hat auch nicht immer das gebaut, was viele sich heute so vorstellen. Das Schloss steht daher heute nicht allein auf einer Wiese, sondern ist Teil einer hochkomplexen Geschichtslandschaft, an die heute alles andere als angemessen erinnert wird, weder von Befürwortern noch

Rekonstruktionen aus der Frühzeit der DDR

Ganz im Gegensatz zum Staatsratsgebäude auf der anderen Seite des Schlosses, einem frühen Bau der DDR, der sicher zu den besten Beispielen der DDR-Nachkriegsmoderne zählt. Er ordnete sich dem nicht mehr existenten Schloss unter durch den Einbau des Portals, von dem Karl Liebknecht 1918 die sozialistische Republik verkündet haben soll. Und ein wenig weiter erheben sich Rekonstruktionen aus der Frühzeit der DDR, aus der gleichen Zeit, als das stark zerstörte Schloss abgerissen wurde: die Staatsoper und später das Kronprinzenpalais.

ten Bildpolitik“ beitragen können. Wie das Schloss gesellschaftlich gedeutet wird, hängt entscheidend davon ab, was in diesem und um dieses Schloss passiert, aber auch wie seine Geschichte erinnert wird. Dazu kommt seine extrem lange und kontroverse Entstehungsgeschichte, die bis in die Zeit nach dem Fall der Mauer zurückgeht. Auch die Nutzungsgeschichte beeinflusst unser Bild vom Schloss, die Ausstellungen, der Umgang mit der Kolonialzeit, aber auch die weiteren Zutaten an Statuen und Inschriften, über die natürlich gestritten werden muss. Fragt sich nur: wie.

Das Schloss ist eine Rekonstruktion. Ist es deshalb verwerflich, gar ein Angriff auf moderne Architektur? Diese subtile, aber abwegige Verknüpfung gelang offenbar Philipp Oswalt so gut, dass sie auch Claudius Seidl, ohne lang nachzudenken, aufgreift. Rekonstruktionen sind aber per se keineswegs eine „Niederlage der Moderne“, wie Claudius Seidl in seinem letzten resümierenden Satz meint.

pulistische Renationalisierung“ bedienen – wegen ihrer antimodernen, „neokonservativen“ Architekturhaltung. „Nicht selten“ würden „die Grenzen zu rechtsradikalen oder gar rechtsextremen Positionen überschritten oder verschwimmen.“ Hier wird der Kurzschluss zum politisch fatalen Schwelbrand.

„Wir müssen um jedes kulturelle Erbe kämpfen“ Hier werden Personen und Institutionen wegen ihrer fachlichen Haltung in eine verschwommene rechtsextreme Ecke geschoben. Aber keiner der im Buch und in einem darauf aufbauenden Interview in der „taz“ namentlich angesprochenen Fachleute gehört in diese Ecke – weder Petra Kahlfeldt und Hans Stimmann noch Hans Kollhoff, Christoph Mäckler, Tobias Nöfer und Wilhelm von Boddien. Auch die vielen Schlossspender aus „untadeligen Motiven“ erscheinen so mitschuldig. Insgesamt waren es 40.000 Spender. Diese Grabenbildung ist politisch höchst gefährlich.

von Gegnern der Schlossrekonstruktion.

Lange und kontroverse Entstehungsgeschichte Anders als in der NS-Zeit sind es heute die alten und neuen Medien, die eine Bildpolitik prägen. Das ist auch eine große Verantwortung. Selbst wenn das Schloss in Berlin vollständig von rechten Spendern finanziert worden wäre, wäre es nicht automatisch ein rechtes Schloss. Spender haben rechtlich keinen Einfluss auf das, was gebaut wird, wohl aber auf eine mögliche Bildpolitik. Der 2016 verstorbene Großspender Ehrhardt Bödecker hat sicher wenig zu einer „neurech-

Pauschalisierungen vermeiden Sie sind oft nicht einmal das Ergebnis eines fachlichen Architekturstreites, sondern eines gesellschaftlichen Streites, in dem die Architektinnen und Architekten wenig zu sagen haben. Quantitativ sind sie allenfalls die Nadel im Heuhaufen der überall gebauten Moderne. Moderne ist übrigens weder gut noch schlecht, ebenso wenig wie andere zeitgenössische Architektur. Auch hier gilt es, alle Pauschalisierungen zu vermeiden. Und wenn man nicht nur den Tunnelblick auf ein isoliertes Bauwerk hat, dann eröffnen sich ganz andere, sinnvollere Konfliktfronten, etwa zum Pro und Contra der autogerechten Stadt. Für seine autogerechte Mitte ist Berlin berüchtigt.

Der Kurzschluss von Rekonstruktion und Niederlage der Moderne führt zu einem fatalen gesellschaftspolitischen Ausreißer: dem Ausblenden der so aufgebauten, ja erfundenen Gegner. Seidl erwähnt das „Schurkenregister“, das Oswalt entfaltet. Er verweist aber nicht darauf, dass dieses Register um Personen erweitert wurde, die angeblich eine „rechtspo-

Manche Rekonstruktionen werden von den neuen Rechten begrüßt. Ja und? Soll das denn heißen, dass alles, was die neue Rechte gut findet, auch rechts ist und wir dies den Rechten überlassen sollen? Das Schloss, die Garnisonkirche, die Frankfurter neue Altstadt? Oder auch gleich noch Goethe und Schinkel, die von den Altnazis glühend verehrt wurden? Das ist doch absurd, vor allem aber ist es politisch abwegig, ja eine Kapitulation. Wir müssen um jedes kulturelle Erbe, um jedes Bauwerk kämpfen, nicht gegen das Erbe, nicht gegen das Bauwerk. Das heißt in erster Linie: Kampf um eine angemessene Erinnerung, Deutung und Nutzung. Oder mit anderen Worten: Wir müssen um eine demokratische Bildpolitik ringen.

Harald Bodenschatz ist emeritierter Professor für Planungs- und Architektursoziologie an der TU Berlin.

Der Artikel erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) am 6. April 2024.

Wir danken dafür, dass wir diesen Beitrag übernehmen durften.

Hohe Ehrung in der Humboldt Universität

Der 1. Vorsitzende des Fördervereins Berliner Schloss wurde im Dezember 80 Jahre alt.

Sein beruflicher Lebenslauf ist einmalig und spiegelt die Geschichte der deutschen Wiedervereinigung wieder, er spielte und spielt immer noch eine zentrale Rolle in diesem Prozess. Hier folgt, was auf der offiziellen Seite des Deutschen Bundestags über ihn steht:

Biographie von Prof. Dr. h. c. Dr. theol. habil. Richard Schröder. 26.12.1943 geboren in Frohburg/Sachsen Nach Ablehnung von der Oberschule 1958 Ausbildung ausschließlich an staatlich nicht anerkannten kirchlichen Instituten 1958-1960 wegen der Berufsschulpflicht einmal wöchentlich Besuch der Landwirtschaftlichen Berufsschule Radeburg, Klasse für „Jugendliche ohne Lehrberuf“ (Hilfsarbeiter).

1973-1977 Pfarrer in Wiederstedt bei Hettstedt/Harz

1977 Promotion (1990 staatlich anerkannt)

20.12.89 Beitritt zur SDP (Januar 1990 umbenannt in SPD in der DDR), Mitarbeit am Grundsatzprogramm und am Wahlprogramm der SDP/SPD

Seit 02.01.1990 Mitarbeit an der Arbeitsgruppe „Neue Verfassung“ des Runden Tisches

18.03.-2.10.1990 Mitglied der Volkskammer der DDR 03.04.-21.08.1990 Fraktionsvorsitzender der SPD

03.10.-18.12.1990 Mitglied des Deutschen Bundestages

Seit 01.03.1991 Lehrtätigkeit an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin

26.06.1991 Habilitation an der Kirchlichen Hochschule Leipzig

1991-1997 Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

1992-2018

Mitglied des Beirates beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU), von 1998 – 2018 Vorsitzender des Beirates 25.6.1992 Ehrenpromotion durch die Theologische Fakultät

1.2.1993

der Universität Göttingen

Berufung zum Professor auf den Lehrstuhl für Philosophie in Verbindung mit Systematischer Theologie an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin

1993 und 1994 Dekan der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin

1993-2009 Verfassungsrichter des Landes Brandenburg 1993-2003 Präsident des Senats der von Helmut Schmidt und Kurt Biedenkopf gegründeten „Deutschen Nationalstiftung“ Weimar, von 2003 -2018 deren Vorsitzender

1995-2000 Vorsitzender des Kuratoriums der EXPO 2000

01.09.1998- 1. Vizepräsident der Humboldt-Universität

31.08.2000 Berlin

2001-2007 Mitglied des Nationalen Ethikrates

Seit 27.06.2003 Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Seit 22.11.2004 Vorsitzender des Fördervereins Berliner Schloss

2010-2014

Mitglied der Enquetekommission des Brandenburger Landtags (5/1) „Aufarbeitung der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED-Diktatur und des Übergang in einen demokratischen Rechtsstaat im Lande Brandenburg“

1.4.2009 Emeritierung

Ehrungen

1.10.2015 Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern

21.04.1996

1. Preisträger des Lutherpreises „Das unerschrockene Wort“ in Worms

29.10.2004 Verleihung des „Hermann Ehlers Preises“ in Kiel 2016 Point-Alpha-Preis

2017 Scheidegger Friedenspreis

u.a.m.

Akademischer Festakt zum 80. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. Richard Schröder am 31. Januar 2024 in der Ev.-Theologischen Fakultät der HumboldtUniversität zu Berlin

Grußwort von Bischof Dr. Christian Stäblein

Dieser ist der geistliche Leiter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Er wurde von der Landessynode im Jahr 2019 auf zehn Jahre gewählt. Der Bischof repräsentiert die Landeskirche nach außen und ist Vorsitzender der Kirchenleitung.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Gauck, sehr geehrter Herr Bundespräsident Köhler, sehr geehrte Frau Präsidentin von Blumenthal, sehr geehrter Herr Dekan Schipper, Spectabile, sehr geehrter, lieber Herr Professor Schröder, sehr geehrte Damen und Herren, und –wie man in meiner Kirche immer sagt: liebe Schwestern und Brüder, in Vorbereitung auf diesen Festakt habe ich etwas – man könnte zugespitzt sagen – Idiotisches getan. Ich habe mich in Richard Schröders ja durchaus wunderbar zahlreiche Veröffentlichungen, Artikel, Bücher hineingelesen. Das ist zwar herrlich. Aber – das ist das Idiotische im Blick auf zur Verfügung stehende Zeitbudgets – man kommt nicht mehr davon los. Ich habe mich dann gefragt, woran das liegt,

dass ich einfach immer weiterlese: ich denke, weil das, was Richard Schröder sagt, lehrt, entfaltet so derart eigenständig und floskelfrei daherkommt, dass es, einmal drin, zupackt.

Es wird erzählt, so nüchtern, dass es nicht selten auch mal unfreiwillig komische Züge hat, was da an Erfahrungen, Mythen – etwa über die deutsche Einheit, Irrtümer – Stichwort: Grundfrage der Philosophie, gibt es so nicht – oder eben Weisheiten aus, sagen wir bis Platon gerechnet, 2400 Jahren Geschichte des Denkens eröffnet und durchsichtig gemacht wird. Bei Richard Schröder wird erzählt und gedacht, mit eigenem Idiom, also mit – aber das ist natürlich tautologisch – mit eigener Eigenheit, Besonderheit, Unverwechselbarkeit,

es wird gedacht und zwar so, dass man dem Denken folgen kann, problemlos, wenn auch nicht folgenlos, aus Denken, wenn man es betreibt, folgt ja etwas. Sich was denken beim Leben, beim Denken –vielleicht die schlichteste Definition von Philosophie, sich selber was denken beim Leben, nicht weit weg, nein, eigentlich ganz nah bei der Frage, was man sich beim Glauben so denkt – Theologie, selber denken.

Der Lehrstuhl hatte schon einen sprechenden Namen, den Richard Schröder schließlich innehatte: Philosophie in Verbindung mit der Systematischen Theologie. Sehr eigen. Dafür war erstmal der Doktortitel anzuerkennen gewesen, am 19. Dezember 1990, da wurde Richard Schröder offiziell der Titel

verliehen – jetzt Zitat – „aufgrund der Prüfung vom 17.12.1977“. So war das in der DDR gewesen mit der Nichtanerkennung kirchlicher Prüfungen und Hochschulzusammenhänge, die einzig von der DDR anerkannten Abschlüsse des da schon lange Theologieprofessors waren der Abschluss der 8. Klasse und die Fahrerlaubnis gewesen. Aber jetzt bin ich schon mitten drin in den Geschichten, wo auch sonst. Wer Richard Schröders faszinierendem Lehren und Leben zuhört, wird hineingezogen und kann alsbald die großen, gestanzten Etiketten loslassen. Sie mögen alle stimmen, die Aufkleber, die Sie womöglich und gewiss zurecht von mir erwartet haben an dieser Stelle: der „streitbare Theologe“, na klar, Fortsetzung auf Seite 10

Hohe Gäste der Ehrung (v.l.): Bundespräsident Joachim Gauck, Richard Schröder, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Bundespräsident Horst Köhler, Bischof Christian Stäblein
© Jan Juri Reetz, Berlin

Fortsetzung von Seite 11

der Theologe, der mutig und entschlossen seinen Glauben gelebt hat und lebt, oh ja, kann ich Ihnen sagen, wie er bei mir im Büro aufschlägt und den Bischof en passent, aber ganz freundlich auf den Hosenboden setzt, was es mit der Schrift an der Schlosskuppel über dem Humboldt Forum auf sich hat, kann auch jeder nachlesen, was er davon denkt: „Unschuldsengel sagen sich von ihrer Geschichte los“. Und man soll wohl selbst ein „nur“ ergänzen: Nur Unschuldsengel sagen sich von ihrer Geschichte los. Eine schöne Antithese für das, was heute dran ist: acht Jahrzehnte Leben hochleben lassen, in denen sich in eigener Weise Biographie, Theologie, Politik, deutsche und deutsch-deutsche Geschichte verwoben haben – und zwar zugunsten unser aller. Danke dafür – im Namen vieler, die ja heute reden, so dass ich mich beschränken darf und sagen: Danke im Namen der Kirche, der evangelischen Kirche, Danke im Namen auch einer ganzen Generation von Studierenden, die seit 1977 den Dozenten und Lehrer für Philosophie am Sprachenkonvikt und am Katechetischen Oberseminar erleben durfte, Naumburg, Berlin, Borsigstraße. Philosophie am Sprachenkonvikt – das klingt schon im Titel nach gepflegtem Understatement, man wird also Nachgeborenen wie mir etwas nachhelfen müssen im Verstehen.

Das Sprachenkonvikt war so etwas wie die abgerungene und errungene Eigenständigkeit kirchlicher Lehre und Ausbildung im antikirchlichen, in Propaganda und Praxis atheistischen Gebilde DDR. Und Philosophie am Sprachenkonvikt war in diesem Zusammenhang das absolute Unikum einer philosophischen Bildung, die nicht wie überall sonst im Land von und durch ML (Marxismus-Lenininismus, die Red.) gesteuert und getränkt war. Ja, Richard Schröder war der einzige nicht-marxistische hauptamtliche Philosophiedozent in der DDR. Ich kann es auch anders formulieren: wir stoßen mit ihm auf den Kern der Eigenständigkeit im Eigenständigen, Philosophie nicht ML im Sprachenkonvikt. Also selber denken, Welt und Gott. Selber werden. In aller Freiheit. Wie denn sonst. Wer Studierenden von damals zuhört, wie sie die Vorlesungen und Seminare erlebt haben, hört häufiger folgendes: man folgte gewissermaßen im Hören einem eigenen Denken, das in seinem inneren Dialog transparent gemacht wurde – und manchmal lachte der Professor Schröder sozusagen vorab, weil er in dem Moment erkannte, was nun kommen würde, nur die Hörenden wussten es noch nicht, aber das Heureka kündigte sich sozusagen lachend (Kichernd) an. Das ist Freiheit. – Die, da braucht man nicht lange auf die acht Jahrzehnte zu schauen, die von Ihnen wiederholt am Wider-

stand gewonnen und errungen werden musste – eine Geschichte mancher Ablehnungen und Absagen im idiotisch verblendeten Staat, eine Geschichte, die erst in den Transformationsprozessen der frühen 90er Jahre endete, nicht, ohne sich da noch mal für einen Moment zu wiederholen. Aber da waren Sie, lieber Herr Schröder längst die öffentliche, politische Stimme, der öffentliche Denker, über den andere hier heute erzählen mögen. -- Am Widerstand den Eigensinn von Leben und Denken erfahren – im wahrsten Wortsinn, exemplarisch, für andere fruchtbar – aus diesem Impetus konnte und kann Richard Schröder so floskelfrei Wahrheiten formulieren. Etwa die, dass die Formel zur Ortsbestimmung einer Kirche durch den Namen einer Gesellschaftsordnung ziemlich missverständlich, unpassend, ja falsch ist –Kirche im Sozialismus, man solle doch lieber sagen: Kirche in der DDR. Diese geistige Spitze und Provokation für Staat und Kirchenobere lieferte Richard Schröder nicht etwa irgendwann in den 90er oder 2000ern, als es allenthalben üblich wurde, mit der alten Formel aufzuräumen. Er schrieb das Unerhörte 1988 – und der Nachgeborene ahnt mit Freude, dass es Richard Schröder auch der Kirche nicht immer leichtgemacht hat. Gott sei Dank.

Neugierig denken, frei, selber werden – mancher hält das für idiotisch, obwohl doch in diesem Wort

ein Rest von dem aufgehoben ist, worum es geht: das von und vor Gott eigene, unverwechselbare. Idioten also eher die, die aus welchen Gründen auch immer Menschen gleichmachen wollen. Was für eine gottvergessene Idiotie wäre das, aber: Wer das vor Gott aus der Verfassung streichen will, ist wohl nahe an solchem dran. Bei Richard Schröder lerne ich, warum das vor Gott in der Verfassung unverzichtbar ist – und auch für Atheisten sein sollte. Es ist das unbestechliche Wovor von Verantwortung, als müssten, ja sollten wir doch mit einem Zuschauer rechnen, unbestechlich, anders ist Verantwortung nicht denkbar und verkäme Eigensinn zu – Sie wissen schon. Nix da.

Hahaha. Lieber Bruder Schröder, darf ich das sagen, lieber Bruder Schröder, zum Glück kann ich, können viele auch heute noch bei Ihnen, Ihrem Denken, in die Lehre gehen und selber werden, verantwortlich vor Gott. Danke im Namen dieser Generation. Und im Namen der kommenden Generation –80. Geburtstag sollten uns widerständig machen gegenüber der Annahme, es sei Zeit abzuschließen. Die Neugier des Denkens wächst ja eher, die Kraft sich einzumischen bleibt. Gutes begleite Sie in allem Denken, das ja Handeln ist, all das in der Verantwortung vor dem, der sicher kommt, dann, wenn es so weit ist. Ich gratuliere, wünsche Glück und – na klar: Segen!

Auszug aus der

Rede von Bundespräsident Dr. h. c. Joachim Gauck

So hast Du auch, wenn andere den Einigungsvertrag in Grund und Boden geredet hatten, die Grundentscheidung nach wie vor für alternativlos gehalten. Du hast bei der Frage, ob’s um die Verfassung geht, realistische Positionen bezogen. Du hast immer wieder erinnert, die DDR war ein Staat in Auflösung. Das einzige Reformkonzept, das im

Osten breite Zustimmung fand, war die Einheit. Viele unserer protestantischen Freunde setzten auf einen dritten Weg, als Du längst den romantischen Ansatz dekonstruiert hattest. Handeln aus Erfahrung, das war wichtig. (…) Statt sich mit Westdeutschland zu vergleichen, wäre es angemessener gewesen, sich mit den osteuro-

päischen Ländern zu vergleichen, die ebenfalls die Transformation von sozialistischer Diktatur zu einer neuen politischen Ordnung durchlaufen mussten. (…)

Er hat eben früh, zum Beispiel bei der Zuwanderungsdebatte, die Problematik angesprochen, die mir später als Präsident anzusprechen auch wichtig war. Ja, wir haben ein

weites Herz! Und trotzdem gibt es die Pflicht der Politik, Akzeptanz herzustellen für das politische Handeln. Und ohne Kontrolle dessen, was geschieht auf diesem Gebiet der Zuwanderung, werden wir –und das hat die jüngste europäische Geschichte gezeigt – einen beständigen Zuwachs der nationalpopulistischen Rechtsaußenparteien erleben. Er hat das früh gesehen, dass diese Gefahr drohte, und das bringt einem nicht nur Freunde ein. (…) Und ein Mann, der die Wahrheit liebt, scheut dann aber die Konflikte nicht.

a.D.

Richard Schröder und die Politik

Über Richard Schröder und die Politik zu reden, heißt selbstverständlich und vor allem über das Wendeund Wunderjahr 1989/90 zu sprechen. In diesem Aufbruchs- und Umbruchsjahr haben wir uns kennengelernt, in diesem Jahr begann Richard Schröders öffentliches politisches Wirken. Aber dies hatte natürlich eine Vorgeschichte - wie bei uns allen, die damals in die Politik gerieten.

Es waren besonders viele, vor allem evangelische Christen, die in der Zeit vor und während der friedlichen Revolution eine wichtige Rolle spielten und wahrlich nicht wenige Pastoren darunter, von Christian Führer, Friedrich Schorlemmer und Joachim Gauck bis eben zu Richard Schröder. Das hat damals manche erstaunte Beobachter dazu verführt von einer „protestantischen Revolution“ zu sprechen. Und wirklich: Die Kirchen (wiederum vor allem die evangelische) waren der Ort relativer Freiheit in einem unfreien Land. Studentengemeinden, Akademien, manche (nicht alle) Ortsgemeinden boten die Räume für kritische Debatten, für offenes Reden, für halblautes Nachdenken über Alternativen.

Rede auf dem akademischen Festakt anlässlich des 80. Geburtstages von Prof. Dr. Richard Schröder am 31. Januar 2024 17. Juni 1953, die Oktoberaufstände 1956 in Polen und Ungarn, der Mauerbau am 13. August 1961, der Prager Frühling 1968, Solidarnosc 1980/81. Das waren die unsere Generation prägenden politischen Schlüsselereignisse: Niederlagen und Enttäuschungen, die zu verarbeiten und zu überwinden waren.

Das Sprachenkonvikt in Berlin, an dem Richard Schröder lehrte, war ein besonderer Ort genau dafür: für das (An-)Denken gegen die scheinbar versteinerten Verhältnisse. (Ich selbst habe Philosophie-Vorlesungen an der Humboldt-Universität in einem Hörsaal gehört, an dessen Frontseite das Lenin-Zitat angebracht war: „Der Marxismus ist allmächtig, weil er wahr ist“. Ich habe dies immer als Drohung empfunden.) Anzudenken war gegen die Erfahrung enttäuschter Hoffnungen und bitterer Niederlagen, die sich mit den Schicksalsdaten der ostdeutschen und osteuropäischen Geschichte verbinden: Der

Ratifizierung des ersten Staatsvertrags der Bundesrepublik mit der DDR über die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion 1990 in der Villa Hammerschmidt in Bonn. Im kleinen roten Kreis: Richard Schröder.

mutige Tat, weil eine besonders radikale Infragestellung des SED-Machtanspruchs. Und damit ein wichtiger Teil der friedlichen Revolution.

Auch dazu also können philosophische Diskurse dienen, wie sie im Sprachenkonvikt betrieben wurden, unter Leitung von Richard Schröder. Und die hatten offenbar sehr politische Qualität und ganz offensichtliche politische Folgen. Man wird Richard Schröder jedenfalls zu den intellektuellen Vätern der SDP-Gründung am 7. Oktober 1989 in Schwante zählen dürfen, der einzigen Neugründung einer Partei im Herbst 1989. Ausgerechnet eine sozialdemokratische Partei zu gründen, war eine besonders

Unter ihren Gründern waren einige eindrucksvoll-bärtige junge Theologen (Richard Schröder aber war auffällig bartlos), was der neuen Partei den Ruf einer Pastorenpartei eintrug – und mir den Ruf eines Pastors. Erkennbar und eindeutig unbelastet von jedweder Kollaboration mit dem SED-Regime, wurde die neue Partei in den Wahlkämpfen des Jahres 1990 von einer CDU, die mit gleich zwei Blockparteien fusioniert war, der Kollaboration mit der PDS verdächtigt. Eine Infamie, die mich noch heute empört.

Dann der 18. März 1990, die erste wirklich freie Wahl zur Volkskammer der DDR. Das Ergebnis war einerseits enttäuschend für unsere

neue Partei, nur 21,9 Prozent, aber immerhin zweitstärkste. Bündnis 90 hatte es noch härter getroffen, nur 2,9 Prozent. So werden Revolutionäre abgestraft. Das Ergebnis aber war andererseits absolut eindeutig: Eine große Mehrheit der Ostdeutschen wollte die deutsche Einheit, wollte so schnell wie möglich unter das rettende Dach der Bundesrepublik. Das war der Wählerauftrag und der war zu begreifen und zu verwirklichen – durch uns politische Anfänger und „Laienspieler“, wie ein Bayerischer Ministerpräsident die ostdeutschen Abgeordneten meinte bezeichnen zu sollen. Das waren wir wohl auch, aber am Ende des Jahres 1990 habe ich diese abschätzig gemeinte Charakterisierung als Ehrenbezeichnung empfunden.

Ich erinnere mich: Die Volkskammerfraktion der SPD hatte 88

Mitglieder. Die meisten kannten einander nicht (mit Ausnahme der Truppe vom Sprachenkonvikt). Alle waren neu und alles war neu. Lange politische und erst recht parlamentarische Erfahrung hatten wir nicht, mit Ausnahme von Reinhard Höppner, der Synodenpräses gewesen war. Unsere Unsicherheit haben wir überspielt mit besonderem Eifer, mit Aufbruchspathos und mit großer Diskussionslust. Kein leichter Anfang. Die SPD-Fraktion sei die interessanteste, sagten damals Journalisten, mit vielen, sehr originellen Köpfen. Was die Sache ja nicht weniger anstrengend machte.

Da war es geradezu ein Glück, dass nicht Ibrahim Böhme - der Medienstar, am Tag nach der Volkskammerwahl als Stasispitzel enttarnt – Fraktionsvorsitzender wurde, sondern Richard Schröder. Ein Glück, denn er war so ziemlich das genaue Gegenteil eines pathetischen Eiferers und Ideologen, sondern viel mehr von staunenswerter Nüchternheit und handfest-konkreter und zugleich irenischer Argumentationskraft. Damit zwang er in aufgeregten Debatten zu Ernüchterungen, zum realistischen Blick auf den bedrohlichen-betrüblichen Ist-Zustand der DDR-Wirtschaft und DDR-Gesellschaft, zur Verabschiedung von Illusionen à la dritter Weg und eine andere DDR. Das hat mir gut gefallen. Und das war hilfreich in diesen wahrlich dramatischen sechs Monaten voller hitziger Diskussionen und voller gewichtigster Entscheidungen, die man sich vergegenwärtigen muss. Zunächst ging es um die Entscheidung über Koalitionsverhandlungen und Koalitionseintritt. Nach Wahlkampf und Wahlniederlage waren in der SPD-Fraktion Skepsis und auch Widerstand erheblich. Die mussten überwunden werden. In den Verhandlungen vermittelte Lothar de Maiziere uns Sozialdemokraten den glaubwürdigen Eindruck, dass er fest davon überzeugt war, dass nur eine Koalition mit Beteiligung der SPD - als einer Partei der Bürgerbewegung –stark genug sein würde, um sich gegenüber einer übermächtigen Kohl-Regierung einigermaßen behaupten zu können. Und das Verhandlungsergebnis dann überzeug-

te. Beides hatte auch mit dem Vertrauen zu tun, das Richard Schröder bei de Maiziere genoss – und auch in der Fraktion (er war nämlich, so meine Erinnerung, keinerlei Minister-Ehrgeizes verdächtig). Am Schluss war es die stark empfundene Verpflichtung, sich an der Gestaltung der deutschen Vereinigung zu beteiligen – als Partner gleichen Ranges, damit die Ostdeutschen den Weg in die Einheit aufrechten Ganges gehen könnten, die eine deutliche Mehrheit ja sagen ließ, dem Plädoyer Richard Schröders folgend: Die Übernahme von Verantwortung müsse doch wichtiger sein als die Fortsetzung eines Oppositionsgestus, der seinen Gegner verloren hat.

Das gewichtigste Streitthema dann im April/Mai 1990 war die Frage, nach welchem Modus die deutsche Einheit vollzogen werden sollte: Entweder der schöne und ruhige Weg über Art. 146 GG, also die Verständigung beider deutscher Staaten über eine neue Verfassung für das zu vereinende Deutschland –oder der Weg über Art. 23 GG, also der Beitritt zur Bundesrepublik, aber nicht sofort, nicht als „Sturzgeburt“, sondern geregelt durch Staatsverträge und im Einvernehmen mit den vier Siegermächten und den europäischen Nachbarn.

Richard Schröder votierte entschieden für den pragmatischen Weg nach Art. 23 GG. Und das war, im Rückblick ist das noch deutlicher, die einzig realistische Variante. Geschuldet auch und gerade der rasanten Beschleunigung der politischen, ökonomischen und sozialpsychologischen Entwicklung im ersten Halbjahr 1990: Die Ungeduld der DDR-Bürger, der faktische oder jedenfalls drohende Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft und die außenpolitische Ungewissheit. Ein atemberaubendes Tempo – es galt, nicht unter die Räder zu geraten, sondern den Kopf oben zu behalten. Deshalb war es doch eine schöne Pointe des Wegs über Art. 23: Die Entscheidung war in die Hände der Ostdeutschen gelegt. Den Westdeutschen war sie weggenommen, es sei denn diese hätten im Jahr 1990 mal so ganz schnell ihre Verfassung geändert, um eine Volksabstimmung über die Einheit zu ermöglichen. So aber konnten sie

nicht nein sagen. Wir Ostdeutschen hatten zu entscheiden und waren in diesem geschichtlichen Moment Subjekt des Geschehens, Herr des Verfahrens. (Daran erinnern wir uns beide gern, Richard!)

Dass sich die untergehende DDR keine neue Verfassung mehr geben konnte – diesem Umstand trauern manche immer mal wieder nach. Gewiss, der „Verfassungsentwurf des runden Tisches“ (der ja in Wirklichkeit erst lange nach dem runden Tisch erarbeitet wurde) ist ein schöner Text, Richard Schröder hat an ihm mitgewirkt. Aber hatten wir wirklich Zeit und Nerven für eine breite Verfassungsdebatte? In einer Atmosphäre von Umbrüchen, Unsicherheiten, Ängsten. Die Bauern z.B. demonstrierten – auch damals schon – und schütteten hektoliterweise Milch vor die Volkskammer. Die Frage nach dem Schicksal der Bodenreform war zu klären, die Eigentumsfragen: Rückgabe vor Entschädigung oder Entschädigung vor Rückgabe, der Schutz redlichen Erwerbs, überhaupt die Fülle des zu Regelnden im Vertrag zur Wirtschafts- und Währungsunion und zur Übertragung der Sozialstaatsgesetze der Bundesrepublik auf die Ex-DDR. Und dann vor allem der Einigungsvertrag und der Umgang mit den Stasi-Hinterlassenschaften…

Es war viel, sehr viel, was zu begreifen, zu bewältigen, zu entscheiden war. Das dramatische Volkskammerjahr 1990 war ein wichtiges, ein großes Kapitel der deutschen Parlamentsgeschichte, das sollten wir nicht vergessen.

Und Richard Schröder war darin einer der Fährmänner, er war unser (Fraktions-)Lotse in dem aufgeregten Wasser der Überfahrt zum anderen Ufer der Deutschen Einheit (wenn man mir diese Metapher gestattet). Und wir beide hatten zudem die Aufgabe, manche unserer westdeutschen Genossen von der Vernunft unseres Weges zu überzeugen und sie auf diesem Weg mitzunehmen.

Ich fand es schade, dass Richard Schröder die Politik in Richtung Universität verlassen hat, seine Stimme wäre auch im Bundestag wichtig gewesen. Aber er war und ist ja zum Glück politisch weiterhin zu vernehmen.

Richard Schröder hat sich in diesem Jahr und seither einen außerordentlichen Ruf erworben, den Ruf eines öffentlichen Intellektuellen, der sich immer wieder (auch) zu den deutsch-deutschen Verhältnissen äußert und dabei abwägend und differenziert urteilt und nüchtern-unideologisch argumentiert. Geradezu störrisch und jedenfalls immer sehr entschieden widerspricht er den regelmäßigen Anfällen von DDR-Nostalgie und -Verklärung, den rückwärtsgewandten Illusionen über die DDR, über die Möglichkeit einer ganz anderen DDR, einer ganz anderen Wiedervereinigung. Widerspricht den ostdeutschen Selbsttäuschungen, den Vorwürfen eines Westkolonialismus und dem mitleidigen Vergleich der Ostdeutschen mit Migranten. Widerspricht einer verbreiteten ostdeutschen Vorwurfsund Schuldzuweisungs-Unkultur und ostdeutschen Missverständnissen in Sachen Demokratie. Ich bestaune seine Ausdauer dabei. Sie ist notwendig.

Denn die ostdeutsche Gemengelage erweist aktuell überdeutlich ihre ambivalente Gefährlichkeit. Man blicke nur auf die Meinungsumfragen und etwa auf das Stimmungsbild des Sachsen-Monitors. Gerade hat Richard Schröder am Schluss eines FAZ-Essays mit dem Titel „Wer beherrscht den Osten“ davor gewarnt, dass der Angriff auf die Demokratie unter der Losung „Mehr Demokratie“ erfolgt. Ich wünschte mir, dass mehr vor allem auch Ostdeutsche auf Richard Schröder hören würden!

Lieber Richard, Du bist eine der Verkörperungen der geschichtlichen Pointe geworden, die mir noch immer gut gefällt: Der Staat, in dem Religion bestenfalls Privatsache sein sollte, wurde – nicht allein, aber doch entscheidend –durch Christen überwunden, die ihren Glauben eben nicht bloß Privatsache sein lassen wollten, sondern aus ihm öffentliches, politisches Engagement ableiteten!

Du, der in der DDR nichts werden sollte, bist zu einem politisch-intellektuellen Repräsentanten unserer gemeinsamen Demokratie geworden.

Dafür mein großer Respekt und mein herzlichster Dank!

Die Kuppel des Berliner Schlosses –Humboldt Forum wird jetzt von 8 alttestamentlichen Propheten auf der Balustrade gekrönt.

Die Propheten auf der Kuppel des Schlosses

Auf dem Weg zur Vollendung des Berliner Schlosses:

Die Acht Propheten zieren jetzt wieder die Schlosskuppel

Mit den biblischen Propheten-Figuren „Daniel“, „Hesekiel“, „Hosea“, „Jeremias“, „Jesaias“, „Jonas“, „Zacharia“ und „Zephania“ auf der Schlosskuppel wurde nun das Portal III des Berliner Schlosses vervollständigt. Es sind Propheten des Alten Testaments, die die drei monotheisti-

schen Welt-Religionen des Islam, des Judentums und des Christentums miteinander verbinden.

Gefertigt wurden sie von Steinbildhauern in bester Handwerkskunst, die auch schon andere Skulpturen für das Berliner Schloss geschaffen haben.

Wie geplant, fand der Aufhub der jeweils 3,3 Meter großen und ca. 3 Tonnen schweren SandsteinSkulpturen am 19. und 20. März 2024 statt.

Die Bamberger Spezialfirma „Natursteinwerk Hermann Graser“ und ein 500 Tonnen schwerer Kran

übernahmen das professionelle und spektakuläre Aufsetzen der acht Figuren. Das großartige Ereignis bei schönstem Frühlingswetter wurde von zahlreichen Schloss-Interessierten verfolgt.

Die acht je 3,30 Meter großen Skulpturen stehen bereit für den Aufhub auf dem Schlossplatz an der Westseite des Berliner Schlosses.

Professionell und mit viel Erfahrung kümmern sich die Mitarbeiter der Bamberger Firma „Natursteinwerk Graser“ um den sicheren Transport der Skulpturen.

Jede der acht Skulpturen wird sorgsam für den Aufhub auf die Kuppel vorbereitet – hier kommt der Prophet „Hesekiel“ an den Haken.

Spektakulärer Moment an der Südseite des Berliner Schlosses: Prophet „Jeremias“ schwebt in der Luft auf dem Weg zur Kuppel.

Als erste Skulptur des zweitägigen spektakulären Propheten-Aufhubes erreicht „Jeremias“ seinen Platz an der Kuppel vom Berliner Schloss.

Schloss-Interessierte verfolgen den Aufhub der Propheten – gleich geht es für „Hesekiel“ zur Kuppel des Berliner Schlosses.

Prophet „Zephania“ wird an seinem Platz auf der Kuppel in Empfang genommen und befestigt – jede Figur wird noch mit einem Blitzableiter versehen.

Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) war ein lutherischer Theologe und profilierter Vertreter der Bekennenden Kirche. Er war am deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt.

Etwa ab 1938 schloss er sich dem Widerstand um Wilhelm Franz Canaris an. 1940 erhielt er Redeverbot und 1941 Schreibverbot.

Am 5. April 1943 wurde er verhaftet und zwei Jahre später auf ausdrücklichen Befehl Adolf Hitlers als einer der letzten NS-Gegner, die mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 in Verbindung gebracht wurden, Ende April 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet.

Über die Dummheit

Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse lässt sich protestieren, es lässt sich bloßstellen, es lässt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurücklässt.

Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt lässt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch – und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden. Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich. Um zu wissen, wie wir der Dummheit beikommen können, müssen wir ihr Wesen zu verstehen suchen. Soviel ist sicher, dass sie nicht wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist. Es gibt intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind. Diese Entdeckung machen wir zu unserer Überraschung anlässlich bestimmter Situationen. Dabei gewinnt man weniger den Eindruck, dass die Dummheit ein angeborener Defekt ist, als dass unter bestimmten Umständen die Menschen dumm gemacht werden, bzw. sich dumm machen lassen.

Wir beobachten weiterhin, dass abgeschlossen und einsam lebende Menschen diesen Defekt seltener zeigen als zur Gesellung neigende oder verurteilte Menschen und Menschengruppen. So scheint die Dummheit vielleicht weniger ein psychologisches als ein soziologisches Problem zu sein. Sie ist eine besondere Form der Einwirkung geschichtlicher Umstände auf den Menschen, eine psychologische Begleiterscheinung bestimmter äußerer Verhältnisse. Bei genauerem Zusehen zeigt sich, dass jede starke äußere Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser Art, einen großen Teil der Menschen mit Dummheit schlägt. Ja, es hat den Anschein, als sei das geradezu ein soziologisch-psychologisches Gesetz.

Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen. Der Vor-

gang ist dabei nicht der, dass bestimmte – also etwa intellektuelle – Anlagen des Menschen plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern dass unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere Selbständigkeit geraubt wird und dass dieser nun – mehr oder weniger unbewusst – darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein eigenes Verhalten zu finden.

Dass der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, dass man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen missbraucht, miss-

handelt. So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen. Hier liegt die Gefahr eines diabolischen Missbrauchs. Dadurch werden Menschen für immer zugrunde gerichtet werden können.

Aber es ist gerade hier auch ganz deutlich, dass nicht ein Akt der Belehrung, sondern allein ein Akt der Befreiung die Dummheit überwinden könnte. Dabei wird man sich damit abfinden müssen, dass eine echte innere Befreiung in den allermeisten Fällen erst möglich wird, nachdem die äußere Befreiung vorangegangen ist; bis dahin werden wir auf alle Versuche, den Dummen zu überzeugen, verzichten müssen. In dieser Sachlage wird es übrigens auch begründet sein, dass wir uns unter solchen Umständen vergeblich darum bemühen zu wissen, was „das Volk“ eigentlich denkt, und warum diese Frage für den verantwortlich Denkenden und Handelnden zugleich so überflüssig ist – immer nur unter den gegebenen Umständen. Das Wort der Bibel, dass die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei, sagt, dass die innere Befreiung des Menschen zum verantwortlichen Leben vor Gott die einzige wirkliche Überwindung der Dummheit ist. Übrigens haben diese Gedanken über die Dummheit doch dies tröstliche für sich, dass sie ganz und gar nicht zulassen, die Mehrzahl der Menschen unter allen Umständen für dumm zu halten. Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen.

Quelle: Wiki-Source

Dietrich Bonhoeffer

Großanstrengung

Bitte spenden Sie noch einmal für den historischen Ausbau des Vestibüls von Portal V!

Wenn man durch das Portal V, dem protokollarisch ranghöchsten unter den fünf barocken Schlossportalen zum Schlüterhof geht, ist man etwas ernüchtert. Der einst so prächtige Durchgang, das Vestibül, wirkt in seiner Nüchternheit heute sehr kahl, weit entfernt von der barocken Schönheit der Vorkriegszeit. Im Paradegeschoss des Portals befand sich der Thronsaal des Königs, der berühmte Rittersaal.

Studieren Sie bitte die Zeichnungen und Bilder auf dieser und den nächsten zwei Seiten. Staatsgäste und andere hochrangige Besucher wurden gebeten, über Portal V das Schloss zu betreten. Sie waren danach tief bewegt, weil Andreas Schlüter sein ganzes Können in die Schönheit dieses Vestibüls investierte.

Geben Sie uns bitte mit Ihrer Spende die nötigen Mittel an die Hand. Vielen Dank, das wäre großartig!

Vestibül des Portals V am Lustgarten vor dem Krieg Vestibül des Portals V in heutiger Schlichtheit

Gartensaal nach Schlüter, Skizze G. Peschken 1982

Gartensaal nach Schlüter, Skizze G. Peschken 1982

Gartensaal nach Schlüter, Skizze C. Pitzler 1701

Grundriss Portaldurchgang V und Rittersaaltreppe, 1794

Grundriss Teilrekonstruktion Portaldurchgang V mit Deckenspiegel, M 1:50

euro

Bautenstand Gartensaal, 2022
Blick in Richtung Schlüterhof, Portaldurchgang V um 1900 Kalotte mit Muschel, Schmalseite Gartensaal 1950

Querschnitt Teilrekonstruktion Portaldurchgang V, Blick nach Osten, M 1:50

Blick in den östlichen Korridor, 1950

Jetzt fehlen nur noch 500.000 euro

in Richtung Lustgarten, Portaldurchgang V um 1900

Skizze rekonstruierte Gewölbedecke des östlichen Korridors

Mittlere Gewölbe- und Kasettendecke, E. Gärtner 1832

Mittleres Deckengewölbe mit Medusenschild, 1876

Kasettendecke, 1876 Grottengang mit Kreuzgewölbe, 1950

Erhaltenes Deckenfeld der Gigantentreppe, KGM 2022

Schlüter-Statue, M. Wiese 1898, z.Zt. Depot SMB

Kurfürsten-Statue in Konche, Gigantentreppe 1950

Blick

Eine der Metopen der Kassettendecken wurde schon vor Jahren von unserem Bildhauer Matthias Körner nachgebildet. Sie zeigt die ganze Delikatesse dieses wohl schönsten Vestibüls. Im September begann nun als eine der vorläufig letzten Baumaßnahmen der Ausbau dieses Raums. Er wird im Herbst 2024 fertiggestellt werden!

© Matthias Körner
Baubeginn am Portal V

Vestibül von Portal V

Der historische Ausbau wurde begonnen

Schon im letzten Herbst fanden erste Arbeiten statt. Die Fundamente für sechs weitere dorische Sandsteinsäulen wurden gegossen. Dann kam der Winter – und die Bauarbeiten wurden bis zum April witterungsbedingt eingestellt. Jetzt geht es weiter. Inzwischen stehen die Säulen, die bisherigen Deckenverkleidungen wurden entfernt und nun beginnt die Einwölbung der Decken des Vestibüls.

Anschließend folgen zahlreiche Stuckarbeiten, wie sie auf Seite 18 in der Draufsicht zu erkennen sind. Besonders wichtig sind die 21 Metopen mit Armaturen von Andreas Schlüter an der Decke. Hier wurden in den Werkstätten der Bildhauer die Arbeiten auch schon begonnen. Ein Beispiel für eine solche Metope sehen Sie hier links auf Seite 20.

Wir hoffen, dass das Vestibül bis zum Spätherbst 2024 fertiggestellt werden kann, natürlich hängt das auch z.B. von den Witterungsbedingungen ab.

Blick durch das Vestibül auf die Alte Nationalgalerie
Massive Sandsteinsäulen...
Blick in den Schlüterhof

Weißer Saal und Hofkirche: spätklassizistische Höhepunkte der Schlossarchitektur

Peter Stephan

Der Weiße Saal in der ersten Fassung von Friedrich August Stüler Nachdem Friedrich Wilhelm IV. 1840 den Thron bestiegen hatte, setzte er die klassizistische Ausstattungskampagne des Schlosses (siehe Extrablatt Nr. 100) mit Nachdruck fort. Er beauftragte den Schinkel­Schüler Friedrich August Stüler, den Weißen Saal in der Nordwestecke des Schlosses umzubauen und über dem angrenzenden Portalrisalit III eine neue Schlosskapelle zu errichten.

Die Geschichte des Weißen Saales ist die wechselhafteste aller Schlossräume. Ursprünglich hatte Eosander an dieser Stelle eine Schlosskapelle geplant, die infolge des Todes Friedrichs I. 1713 nicht mehr zur Ausführung gelangte. Stattdessen ließ Friedrich Wilhelm I. 15 Jahre später anlässlich des Staatsbesuchs Augusts des Starken einen Festsaal aus weißem Stuckmarmor mit versilberter Ornamentik einrichten, woraus sich die Bezeichnung „Weißer Saal“ ableitete. Dieser Name wurde beibehalten, als Stüler an derselben Stelle zwischen 1844 und 1857 einen Thronsaal eingerichtete.

An der nördlichen und südlichen Schmalseite zog Stüler jeweils eine zweigeschossige, fünf Achsen breite Rundbogengalerie ein (Abb. 1 u. 2). Die nördliche diente als Musiker­, die südliche als Diplomatenloge. Gewände und Laibungen der Arkaden waren mit Feldern aus polychromem Stuckmarmor inkrustiert, die Zwickel mit Liegefiguren aus der Werkstatt Johann Gottfried

Schadows, der auch schon die Innenräume unter Friedrich Wilhelm II. ausgestattet hatte, besetzt. Überdies hatte Stüler den unteren Arkaden eine korinthische Säulenordnung vorgeblendet (Abb. 2) Die Säulen trugen jene Marmorstatuen brandenburgischer Kurfürsten, die Bartholomäus Eggers ursprünglich im Auftrag des Großen Kurfürsten für den Alabastersaal geschaffen hatte und die heute im Berliner Schloss – Humboldt Forum aufbewahrt werden. Die oberen Arkaden schnitten über detailreich bemalte Stichkappen in die weit auslandenden Vouten eines riesigen Spiegelgewölbes ein, das mit Arabesken und Grotesken bemalt war – vergleichbar etwa den

Abb. 1. Weißer Saal in der ersten Fassung von F. A. Stüler
Abb. 2. Südseite des Weißen Saals. Die Treppe wird bereits für den Umbau durch

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Gewölbefresken in den Treppenhäusern der Dresdner Semperoper (Abb. 4)

In auffälligem Kontrast zu den reich gegliederten Schmalseiten standen die Längswände, vor allem die fensterlose Ostwand, an der sich auch der Thron befand (Abb. 1). Sie war in der unteren Hälfte fast kahl. In der Oberzone hatte Schadow wie auch an der gegenüberliegenden Seite die Kurfürstenreihe der Galerien in Gestalt applizierter Karyatidenpaare fortgesetzt (Abb. 1 u. 3) Diese weiblichen Gewandfiguren, die schon am Erechtheion auf der Athener Akropolis reale Säulen ersetzten, hielten die Schilde preußischer Provinzen. Sie trugen ein Gurtgesims, das unterhalb der Gewölbekehle verlief und sich über ihren Häuptern gebälkartig vorkröpfte. Über den Verkröpfungen saßen in den Nischen der Hohlkehle weitere Figuren. Die dazwischen

liegenden Felder hatte Adolf Hennig mit Allegorien preußischer Provinzen ausgemalt.

Insgesamt befriedigte diese Lösung jedoch nicht. Obwohl der Saal bei besonderen Anlässen festlich illuminiert werden konnte (Abb. 5), wirkte er nicht repräsentativ genug. Hinzu kamen gestalterische Defizite. Die Karyatiden standen nicht wie die Kurfürsten an den schmalseitigen Galerien auf Säulen, sondern nur auf Konsolen. Optisch hingen sie gleichsam in der Luft, wirkten innerhalb des riesigen Wandkontinuums sogar völlig isoliert, ja verloren. Verstärkt wurde dieser Eindruck an der Ostwand zunächst dadurch, dass die Zwischenflächen völlig ungestaltet blieben. Erst in einer zweiten Ausstattungsphase wurden sie mit verspiegelten Blindfenstern gefüllt, die den realen Mezzaninfenstern der Westseite entsprachen (Abb. 6)

Außerdem konnten die Karyatiden die Gewölbelast, die sie scheinbar trugen, optisch nicht nach unten ableiten. Dazu hätten sie anstelle von Konsolen auf einer Säule oder zumindest auf einem Pilaster stehen müssen. Ein weiterer Mangel bestand darin, dass die Sitzfiguren

in den Nischen oberhalb der Karyatiden regelrecht eingezwängt wirkten (Abb. 3). Und schließlich war der Übergang zu den Bogengalerien nicht stimmig gelöst, da die jeweiligen Gliederungssysteme unterschiedlich aufgebaut und proportioniert waren (Abb. 3 u. 6)

Stülers Weiße-Saal-Treppe

In sich stimmiger war die Weiße­Saal­Treppe, zu der man über die südlichen Arkaden gelangte (Abb. 7). Sie war bereits durch Eosander grundgelegt und dann unter Friedrich Wilhelm I. – vermutlich durch Martin Böhme – bis zum Eingang des Weißen Saals emporgeführt worden (Abb. 8). Stüler schließlich stockte sie unter Beibehaltung der ionischen Säulenordnung und der metallenen Baluster um eine weitere Etage auf. Damit wurde sowohl das obere Emporengeschoss des Weißen Saals als auch der auf halber Höhe gelegene Eingang der Schlosskapelle erschlossen (Abb. 9–11).

Hatte der Besucher, vom Weißen Saal kommend, die beiden äußeren Erdgeschossarkaden durchschritten (Abb. 2), konnte er sich entweder nach innen wenden, um abwärts auf den von Eosander erbauten Teil der Treppe zu gelangen,

Abb. 3. Weißer Saal, Westseite
Abb. 4. Dresden, Treppenhaus der Semperoper

oder geradeaus die nach oben führenden Läufe betreten (Abb. 9). Diese knickten im rechten Winkel um, vereinten sich auf einem Wendepodest vor dem Portal der Schlosskapelle, um dann in Gegenrichtung über einen einzigen Arm im oberen Galeriegeschoss zu enden (Abb. 10 u. 11)

Wie in Schlüters Gigantentreppe (Abb. 12) war die Treppenarchitektur mit einer Galerie verbun­

den. Anders als in der Gigantentreppe ruhten die Läufe jedoch auf Arkaden, deren Archivolten aufgrund des Neigungswinkels der Läufe zu sogenannten Korbbögen herabgedrückt waren (Abb. 9). Mit diesen Arkaden setzte Stüler zum einen die Architektur von Eosanders unterem Teil der Treppe fort (Abb. 8). Zum anderen nahmen die Arkaden motivisch die Rundbogengalerien des Weißen Saals vorweg

6.

Saal,

mit Blick durch die Galerie in das Treppen-

um 1877 in der zweiten Fassung von Stüler. Die Ostwand (links) weist bereits die aus Symmetriegründen nachträglich eingefügten Blindfenster auf.

Eine weitere Besonderheit der Weißen­Saal­Treppe bestand in ihrer figürlichen Ausstattung. Einige der barocken Kurfürstenfiguren aus dem ehemaligen Alabastersaal krönten die Balustradenpostamente an der oberen Galerie (Abb. 10) und korrespondierten somit mit jenen Kurfürsten, die auf gleicher Höhe die Balustradenpostamente an den Schmalseiten des Weißen Saals Aufstellung gefunden hatten (Abb. 2). Die Treppe reichte gleichsam bis in den Weißen Saal hinein. Dort standen die Figurenpostamente jedoch auf Säulen. Die Treppe ging in der Galeriearchitektur des Weißen Saals auf.

(Abb. 6). Nicht zuletzt besaßen sie eine größere Eleganz als beispielsweise die auf glatten Wänden aufliegenden Treppenarme, die im Klassizismus sonst üblich waren (etwa in Schinkels Altem Museum oder in Stülers Neuem Museum). Durch das von Eosander intonierte Grundmotiv der offenen Arkade wurden Treppenhaus und Weißer Saal zu einer kohärenten Raumfolge zusammengeführt.

Erwähnung verdient nicht zuletzt die Beleuchtung der Treppe mittels Oberlicht. Oberlichter waren zu Beginn des Industriezeitalters große Mode: in Galerien, Museen (Abb. 13), Villen und sogar in Fabriken. Stüler hatte also die traditionelle Treppenarchitektur mit moderner Gebäudetechnik kombiniert. Zugleich hatte er der Treppe den Charakter eines Außenraums gegeben: nicht durch einen illusionistische Hypäthralarchitektur wie Langhans im Pfeilersaal des Schlosses, nicht durch ein gemaltes Sonnensegel wie Schinkel im Teesalon, sondern durch das reale, von oben einfallende Tageslicht. Und doch war selbst dieser Effekt der Barockarchitektur entlehnt. Schon in der Gesandtentreppe zu Versailles hatte Hardouin­Mansart ein aus Eisen und Glas konstruier­

Abb. 5. Weißer Saal, Blick auf die Südwand
Abb.
Weißer
Südwand
haus,
Abb. 7. Querschnitt durch Portal III, Schlosskapelle, Weiße Saal-Treppe und Weißen Saal in der zweiten Fassung Stülers (von rechts nach links).

tes Oberlicht verwendet (Abb. 14)

Dasselbe galt für Francesco Borrominis Treppe im Palazzo Barberini zu Rom.

Die Schlosskapelle

Kommen wir nun zu Stülers neuer Schlosskapelle (Abb. 15). Mit diesem Projekt, das ihm besonders am Herzen lag, verfolgte Friedrich Wilhelm IV. mehrere Absichten. Zunächst sollte mit ihr die Profanierung der Erasmuskapelle kompensiert werden. Schon Friedrich der Große hatte in den zweigeschossigen Raum eine Zwischendecke einziehen lassen. Schinkel hatte dann das obere Geschoss in ein Arbeitszimmer für den damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm umgewandelt.

Zudem bot die Nutzung der Kuppel als Schlosskapelle die Möglich­

keit, den riesigen Raum, der sich hinter der fensterlosen Attikazone von Portal III befand (Abb. 16), einer sinnvollen Nutzung zuzuführen, wobei der Kuppeltambour mit seinem Fensterkranz die nötige Beleuchtung von oben gewährleistete. Im Übrigen erhielt das Schloss mit der Kuppel eine städtebaulich wichtige Höhendominante. Schon Eosander hatte geplant, sein Portal mit einem annähernd 100 Meter hohen Kuppelturm zu krönen, doch war dieses Vorhaben nach dem Tod Friedrichs I. verworfen worden (Abb. 17). Nun aber hatte Friedrich Wilhelm den Entschluss gefasst, an der Ostkante des Lustgartens einen neuen Dom mit einer gewaltigen Doppelturmfassade zu errichten (Abb. 18). Damit das Schloss sich diesem Neubau gegenüber behaupten konnte, bedurfte es der Aufstockung durch eine eigene Kuppel.

Und schließlich gab der Bau der Kuppel dem König auch Gelegenheit, sein neues Herrschaftsverständnis auszudrücken. In deutlicher Abgrenzung zum cäsarischen Habitus des barocken Triumphbogens in Portalrisalit III spielte die Kuppel auf das alttestamentliche Königtum an: mit den Prophetenfiguren (Abb. 19) und der Laterne, die mit Cherubimfiguren, Palmzweigen und Blütenranken das Allerheiligste des Salomonischen Tempels zitiert (Abb. 20; vgl. 1 Kö 6, 18­29). Während die Referenz auf den Salomonischen Tempel daran erinnerte, dass der König nichts anderes war als der irdische Diener Gottes, erfüllten die Propheten die Rolle gottgesandter Mahner. Schon im Alten Testament hatten sie die Könige zum Gehorsam gegen Gott und zur Pflichterfüllung gegenüber dem Volk aufgerufen. Als charismatische Prediger und Einzelkämpfer hatten sie zum Frieden aufgerufen, sich für die Armen eingesetzt und sich auch in Opposition zur Jerusalemer Tempelaristokratie und den höfischen Eliten begeben.

Mit dem Bildprogramm der Kuppel gab Friedrich Wilhelm zu verstehen, dass er sich nicht als Autokrat, sondern als den ersten Diener Gottes, als Friedenskönig und als Interessenvertreter des Volkes sah. Und weil die Kapelle über die Weiße­Saal­Treppe mit dem als

Abb. 8. Unterer Bereich der barocken Treppe, die zum Weißen Saal führte.
Abb. 9. Oberer Abschnitt der Weißen Saal-Treppe von Stüler

Thronsaal genutzten Weißen Saal verbunden war (Abb. 7), brachte sie auch die für das protestantische

Landeskirchentum grundlegende Verbindung von Thron und Altar zum Ausdruck. Dabei lag, wie

schon gesagt, die Kapelle ein halbes Stockwerk höher als der Weiße Saal. Die Botschaft war eindeutig: Der Altar steht über dem Thron. Der König ist der erste Diener Gottes. Nicht vor ihm, sondern vor Gott allein sollen sich die Knie beugen – auch die des Monarchen. Eben dies ist auch der Sinngehalt der Inschrift, die Friedrich Wilhelm IV. am Kuppelfries anbringen ließ.

Mit der Schlosskapelle gelang Stüler eine weitere großartige Raumschöpfung. Am Anfang stand jedoch ein Problem. Eosanders Raumkasten hinter der Attikazone, in die sich die oktogonale Kapelle einsenken sollte, war nicht quadratisch, sondern leicht querrechteckig. Um die Grundfläche möglichst optimal zu nutzen und die Kuppel auch in ihrer äußeren Erscheinung möglichst groß zu halten, zog Stüler das Oktogon etwas in die Breite (Abb. 21). Außerdem nutze er die verbleibende Fläche hinter den Diagonalseiten für apsisähnliche Anräume. Deren Stirnseiten gestaltete er als Bögen,

die er vor den Wänden der Längsund der Querachse als Blendbögen weiterführte (Abb. 22). Auf diese Weise ergab sich eine achtteilige Arkatur, deren Bögen im Wechsel offen und geschlossen waren. Die Wandflächen der Nischen und Blendbögen waren mit verschiedenfarbigen Marmorplatten verkleidet, die in Farbe und Form an die Inkrustationen an das Pantheon in Rom erinnerten. Ebenso war das Altarziborium den Ädikulen im Pantheon entlehnt (Abb. 23 u. 24) Über den Bogenscheiteln verlief ein Gesims, das eine umlaufende Galerie trug. Darüber erhob sich die Kuppel. Die Außenwand des Kuppeltambours ist oktogonal (Abb. 19). Die einzelnen Seiten, durch geknickte Ecklisenen voneinander getrennt, enthielten jeweils drei Fenster. Im Innern dagegen vollzog sich bereits in Höhe der Arkaden­Archivolten der Übergang vom (gestreckten) Oktogon zum Oval. Nun bildeten die Fenster keine Dreiergruppen mehr, sondern einen kontinuierlichen Kranz von insgesamt 24 Öffnungen (Abb. 22) Dieser Fensterkranz war erneut als eine Arkadenreihe gebildet. Den Pfosten zwischen den Bögen hatte Stüler wiederum Pilaster vorgeblendet, auf denen in Analogie zu den Galerien im Weißen Saal vollplastische Figuren standen. Allerdings handelte es sich diesmal nicht um brandenburgische Kurfürsten (vgl. Abb. 2), sondern um Stuckengel. Diese schienen das Gebälk mitsamt der Kuppelschale zu tragen. Verstärkt wurde dieser Effekt durch der Fensterkranz. Wie in der Hagia Sophia vermittelte er den Eindruck, die Kuppelschale würde frei schweben (Abb. 26). Verstärkt wurde dieser Eindruck dadurch, dass die Kuppelschale dank ihrer vollständigen Ausmalung entmaterialisiert wirkte. Anders als die meisten Kirchenkuppeln des Klassizismus (eine Ausnahme bildete Karl Friedrich Schinkels Nikolaikirche in Potsdam; Abb. 28) war die Kalotte nicht einfach mit abstrakten geometrischen Formen bedeckt (vgl. Abb. 13 u. 27). Vielmehr wurde sie durch 24 radiale Rippen in schmale Segmente unterteilt (Abb. 25). Diese Unterteilung sowie halbrunden Lünetten und die Tondi erinnerte an den Petersdom in

Abb. 11. Oberer Treppenlauf der Weißen Saal-Treppe mit Blick in die zum Weißen Saal führende Galerie
Abb. 10. Oberer Treppenlauf der Weißen Saal-Treppe mit barocken Kurfürstenstatuen

Rom (Abb. 29). Jedoch waren Bildflächen nicht mit Heiligen, sondern mit Engeln und Paradiessymbolen ausgefüllt.

Aus der Mischung von Pantheon­, Petersdom­ und Schinkelzitaten hatte Stüler eine protestantisch­spätklassizistische Kuppelikonographie geschaffen, die einen

Gegenentwurf zu Schinkels pantheistisch­hochklassischer Kuppel im nahegelegenen Alten Museum bildete (Abb. 13). Wie die Schlosskapelle in ihrer Gesamtheit gewirkt hat, lässt sich schwer abschätzen. Fotografien, die den Raum in seiner Gänze zeigen, gibt es nicht. Jedoch dürfte Stüler einen der schönsten

Sakralräume des 19. Jahrhunderts geschaffen haben – auf seine Weise der Erasmuskapelle mit ihren aufwändigen Schlingrippengewölben durchaus ebenbürtig. Anders als im Weißen Saal, wo er sich mit der Fassadengliederung Eosanders zu arrangieren hatte, konnte er in der Schlosskappelle einen völlig

harmonischen und in sich stimmigen Raum schaffen.

Ernst von Ihnes Umgestaltung von Weißem Saal und Weißer-Saal-Treppe

Die Schwächen, die Stülers Dekorationssystem im Weißen Saal besaßen, veranlassten Wilhelm II. zu ei­

Abb. 12. Galerie in der Gigantentreppe von A. Schlüter
Abb. 13. Kuppel der Rotunde im Alten Museum von Schinkel mit verglastem Oberlicht
Abb. 14. Modell der Gesandtentreppe von Versailles mit verglastem Oberlicht

nem grundlegenden Umbau – einschließlich der oberen Treppe. Der Auftrag für diesen dritten Umbau ging an Ernst von Ihne, den der Kaiser als den „Schlüter der Gegenwart“ feierte. Tatsächlich war Ihnes Stil der (Neo­)Barock. Doch widerstand Ihne der Versuchung, den Thronsaal und die Treppe, die ja Vorräume der Stülerschen Schlosskapelle waren, in einem gänzlich anderen Stil auszustatten. Er entschied sich für eine Variante, die man vielleicht als postklassizistisch bezeichnen könnte.

Um die Raumgliederung in sich geschlossener und einheitlicher zu machen und ihr die bisherige Kleinteiligkeit zu nehmen, umkleidete Ihne alle vier Wände mit einer durchgehenden korinthischen Kolossalordnung, die bis zum Gewölbeansatz hinaufreichte (Abb. 30 u. 31). Die Ordnung bestand an den Längsseiten aus gedoppelten Pilastern, an den Logen der Schmalseiten aus paarweise angeordneten Halbsäulen. Da die Säulenpaare deutlich breiter waren als Stülers einzelne Stockwerkssäulen, reduzierte Ihne die Anzahl der Achsen an den Schmalseiten von fünf auf drei. In die nun deutlich weiteren Interkolumnien stellte er Stockwerkssäulen, deren gerades Gebälk

die Logen trug. Diese Logen verband er an der Ostseite durch eine neu angefügte Empore, die sogenannte „Weiße­Saal­Galerie“ (Abb. 31), die es ihm ermöglichte, die bis dahin verspiegelten Mezzaninfenster durch echte Öffnungen zu ersetzen. Die Wandgliederung wirkte nun insgesamt monumentaler und weniger kleinteilig, was der Größe des Raumes durchaus angemessen war.

Die Anfügung der Weiße­SaalGalerie setzte allerdings die Verbreiterung des Baukörpers nach Osten voraus – um den Preis, dass der dahinterliegende Eosanderhof schmaler wurde und die Rückseite von Portal III einen eigentümlichen Versprung erhielt (Abb. 32 u. 33). Durch eine Rückversetzung des gesamten Portals und der angrenzenden linken Rücklage hätte dieser Versprung ausgeglichen werden sollen. Zugleich wäre Platz für einen zusätzlichen Korridor entstanden. Durch diesen wären Wilhelm II. und seine Familie direkt aus der kaiserlichen Wohnung, die sich in der Südseite des Schlosses befand, zum Weißen Saal gelangt – vorbei an Stülers Schlosskapelle. Einstweilen jedoch verhinderte Geldmangel (und später der Ausbruch des Ersten Weltkriegs) die Ausführung. Für eine bessere Erschließung des Wei­

ßen Saals, aber auch für eine stimmigere Gestaltung der Ostwand hatte Wilhelm II. diese komplexen Umbaumaßnahmen in Kauf genommen. Schließlich war der Weiße Saal nun nicht nur der Thronsaal des Königreichs Preußen, sondern auch der wichtigsten Repräsentationsort des neuen Kaiserreichs. Hier waren bereits vor dem Umbau Bälle abgehalten worden. Auch hatte Wilhelm hier nach seiner Thronbesteigung am 25. Juni 1888 den Reichstag eröffnet (Abb. 34). Das von Paul Wallot entworfene Reichstagsgebäude war zu diesem Zeitpunkt noch im Bau.

Aus proportionalen Gründen war nun auch die Decke deutlich höher gewölbt, was nicht zuletzt eine Anhebung des Außendaches erforderte. Seine Gewölbefläche war noch einheitlicher in Relieffelder mit durchgehenden Gurtbögen unterteilt (Abb. 31 u. 35). Die figürliche und dekoraktive Malerei, die Stülers Architektur maßgeblich mitgeprägt hatte, war nun vollkommen verschwunden. Darüber hinaus war das Farbspektrum weitestgehend reduziert: auf das Weiß von Marmor, Stuck und Stuckmarmor und auf das Gold der Basen, Kapitelle, Gesimse, Girlanden und Zierbänder an der Decke.

Die Treppe wurde gleichfalls vereinfacht und dabei noch stärker mit dem Weißen Saal zu einem Gesamtraum verbunden (Abb. 36 u. 37). So setzte sich in ihr das Gewölbe des Weißen Saals unmittelbar fort. Dies wiederum erforderte eine Monumentalisierung der Treppenläufe, deren Arkaden fortan nicht mehr auf Säulen, sondern auf schlichten Pfeilern ruhten. Im Gegenzug wertete Ihne das Portal zur Schlosskapelle durch eine Ädikula (eine von Säulen getragene Giebelarchitektur) auf. Das Glas des Oberlichts wurde schließlich durch gelbliche Scheiben ersetzt, deren Licht wie in den römischen Kirchen des 17. Jahrhunderts besser zu den Vergoldungen passte. Neben der paarweisen Anordnung von Halbsäulen (wie Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff und Carl Gotthard Langhans gezeigt hatten, duldete der strenge Klassizismus nur einzelnstehende Vollsäulen), war die gelbe Tönung des Oberlichts das einzige Zugeständnis, das Ihne an das Erbe des Barock machte. Ansonsten waren Saal und Treppe von einer klassischen Klarheit und Monumentalität, die man im Zeitalter des späten Historismus kaum mehr antraf

Abb. 15. Schlosskapelle über Portal III
Abb. 16. Portalrisalit III (vor 1886) mit fensterloser Attikazone

und die auch keine Fortsetzung mehr erfuhr. Der von Carl von Gontard vorbereitete, von Erdmannsdorff, Langhans und Schin­

kel vollendete und von Stüler zu letzter Reife gebrachte Klassizismus war unter Ihne in monumentaler Schönheit gestorben.

Abb. 17. J. F. Eosanders Entwurf für einen Kuppelturm über Portal III
Abb. 18. F. A. Stüler, Schauansicht des Basilikaentwurfs für den Neubau des Berliner Doms, 1842
Abb. 19. Schlosskuppel mit Propheten und Laterne
Abb. 20. Laterne der Schlosskuppel mit Cherubim, Palmzweigen und Blütenranken
Abb. 21. Grundriss der Nordwestecke des Schlosses mit Weißem Saal F. A. Stülers, Weißer Saal-Treppe und Schlosskapelle vor dem Umbau durch E. v. Ihne
Abb. 22. Blick in den queroktogonalen Kapellenraum
Abb. 23. Altarziborium in Gestalt einer Ädikula

Entwurf für den figürlichen und floralen Kuppeldekor in der Potsdamer Nikolaikirche (publiziert postum 1858)

Abb. 24. Ädikula im Pantheon zu Rom
Abb. 25. Fensterkranz der Schlosskuppel
Abb. 26. Fensterkranz in der Hagia Sophia zu Konstantinopel
Abb. 28. K. F. Schinkel:
Abb. 27. Turin, Chiesa della Gran Madre di Dio: rein geometrischer Kuppeldekor des Klassizismus (um 1830)
Abb. 29. Kuppeldekor des Petersdoms in Rom (um 1600)
Abb. 30. Blick auf die Südseite des Weißen Saals nach der Umgestaltung durch Ernst von Ihne
Abb. 31. Blick auf die Nordseite des Weißen Saals nach der Umgestaltung durch Ernst von Ihne
Abb. 32. Grundriss der Westseite des Schlosses mit angefügter Weißer Saal-Galerie
Abb. 33. Blick in die Nordwestecke des Eosanderhofs mit vorgezogener Fassade und Versprung in Portal III
Abb. 34. A. v. Werner: Eröffnung des Reichstags im Weißen Saal 1888
Abb. 35. Weißer Saal. Kolorierte Postkarte um 1900
Abb. 36. Weiße Saal-Treppe von E. v. Ihne
Abb. 37. Weiße Saal-Treppe von E. v. Ihne mit Aufgang zur Galerie

Die Wohnungen des Schlosses im 20. Jahrhundert

Die kaiserliche Wohnung

Der Durchbruch zum Neobarock und auch zum Neorokoko erfolgte erst in den unter Wilhelm II. geschaffenen Appartements, vor allem in der Wohnung, die das Reichsoberhaupt für sich selbst und seine Gemahlin Auguste Viktoria einrichten ließ. Die kaiserliche Privatwohnung lag im ersten Obergeschoss des Südflügels und erstreckte sich vom Sternsaal, der hinter Portal I lag, bis zur Nordwestecke des Schlosses. Ursprünglich war der Sternsaal Teil jener Wohnung gewesen, die Karl Friedrich Schinkel für den damaligen Kronprinzen und späteren König Friedrich Wilhelm IV., also für Wilhelms Großonkel, erbaut hatte. Diese sogenannte Kronprinzenwohnung hatte sich nach Osten bis zum Eckrondell und der Erasmuskapelle an der Spreeseite erstreckt. Sie war aus Teilen der Wohnung Friedrichs des Großen hervorgegangen, der seinerseits Räume aus der Zeit seines Großvaters Friedrichs I. umgestaltet hatte.

Die nördlich des Sternsaals gelegenen Räume waren teils von

Schlüter, teils von dessen Schüler

Martin Böhme erbaut worden. Letzterer hatte das Schloss unter Friedrich Wilhelm I. vollendet. Einige dieser Räume waren gleichfalls unter Friedrich dem Großen umgestaltet worden. In andere hatte Carl Gotthard Langhans unter Friedrich Wilhelm II. die sogenannten Kammern für die Königinmutter eingerichtet. Zu diesen gehörten der Pfeilersaal, der hinter Portalrisalit II. lag, und der Rote Marmorsaal. Dank ihrer hohen Qualität hatte Wilhelm II. diese Meisterwerke des Frühklassizismus in ihrem ursprünglichen Zustand belassen. Letztlich überlagerten sich in seiner Wohnung also vier Zeitschichten und Stilrichtungen: der Hochbarock, der Früh­ und der Hochklassizismus sowie der Neobarock.

Vom Sternsaal, der unter Wilhelm II. als Entrée diente und zugleich als Fahnensaal genutzt wurde, gelangte der Besucher in das Empfangszimmer (Abb. 38). Einst hatte es Friedrich dem Großen als Audienzzimmer gedient. Darüber hinaus hatte sich aus der Zeit Friedrichs I. ein Schlüterscher Konsol­

fries erhalten. Der Deckenstuck mit Rocaillen und Rautenmuster stammte dagegen wie die Vertäfelungen der Türen und die Sockelpaneele aus der Rokoko­Epoche des zweiten Friedrich. Entworfen worden waren sie von Johann Christian Hoppenhaupt dem Jüngeren, der 1746, nach der Flucht seines Vorgesetzten Johann August, zum maßgeblichen Dekorateur am königlichen Hof aufgestiegen war. Als solcher war er in Sanssouci (Voltairezimmer, Neue Kammern), im Neuen Palais (Theater), in Monbijou und in Charlottenburg (Neuer Flügel) tätig.

In die Zeit Friedrichs des Großen fielen ferner die Gemälde an der Wand. Sie stammten vom damaligen Hofmaler Antoine Pesne und von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, der nicht nur als Baumeister, sondern auch als Maler tätig war. Der Kamin mit dem

Spiegelaufsatz und dem W­Monogramm in der Wappenkartusche war hingegen nach 1888 gefertigt worden. Im Stil des Rokoko gehalten, fügte er sich ebenso wie die wilhelminischen Wandtapeten gut in das drei Epochen umfassende Raumkonzept ein.

Auf das Empfangszimmer folgte das Arbeitszimmer des Kaisers –mit einer fast gleichen Ausstattungsgeschichte (Abb. 39). Wieder stammte das Deckengesims aus der Schlüterzeit, einschließlich des 1704 von Augustin Terwesten gemalten Deckenbildes. Dessen Thema war die Wiederbelebung der Pandora durch den Göttervater Jupiter (Abb. 40). Wie wir uns erinnern, hatte Terwesten auch einige von Schlüters Paradekammern im zweiten Obergeschoss des Lustgartenflügels ausgemalt. 43 Jahre nach Terwesten hatte Hoppenhaupt den

Abb. 38. Kaiserliche Wohnung, Empfangszimmer Wilhelms II.
Abb. 39. Kaiserliche Wohnung, Arbeitszimmer Wilhelms II.

Raum wie das Arbeitszimmer neu dekoriert.

Wie man auf Abbildung 39 gut sehen kann, wirkte der Raum nach

dem Ende der Monarchie, als er Teil des Schlossmuseums geworden war, recht aufgeräumt. Zurzeit Wilhelms II. war er jedoch recht vollge­

stellt: überwiegend mit Möbeln und Ausstattungsstücken, die der Kaiser nach seiner Abdankung ins holländische Exil mitnahm. Ein re­

gelrechtes Kuriosum war der Schreibtisch (Abb. 41). Der Historiker Friedrich Hartau beschrieb ihn wie folgt:

Abb. 40. Kaiserliche Wohnung, Deckengemälde von A. Terwesten (1704)
Abb. 41. Kaiserliche Wohnung, Arbeitszimmer Wilhelms II.
Abb. 42. Kaiserliche Wohnung, Vortragszimmer

„Wilhelm der II. hat sich öfters in dem Sinn geäußert: brenzlige Situationen seien nichts für Zivilisten, da müsse vom Sattel aus regiert werden. Dem entsprach sein Arbeitsplatz: ein Pferdesattel, auf ein Holzgestell montiert, vor einem Damenschreibtisch. Von diesem Herrschersitz aus war ihm nicht viel Erfolg beschieden“ (vgl. Friedrich Hartau, Wilhelm II. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek 1978, S. 80).

An das Scheitern der wilhelminischen Politik erinnerte auch der große Tisch, der auf Abbildung 39 in der Mitte des Zimmers steht, sich ursprünglich aber im benachbarten Adjutantenzimmer befand. An ihm hatte der Kaiser am 1. August 1914 den verhängnisvollen Mobilmachungsbefehl unterzeichnet.

Der nächste Repräsentationsraum innerhalb der kaiserlichen Wohnung war das Vortragszimmer (Abb. 42 u. 43). Seine Besonderheit lag in der umlaufenden Holzvertäfelung, mit der die Architekten Walter Kyllmann und Adolf Heyden die Fensterlaibungen und Wandmalereien aus der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. er­

gänzt hatten. Kyllmann und Heyden zählten damals zu den renommiertesten Architekten Berlins. Unter anderem hatten sie die prächtige Kaisergalerie zwischen dem Boulevard Unter den Linden sowie der Friedrichstraße und der Behrensstraße errichtet. Ihr bevorzugter Stil war die Neorenaissance, die sie mit barocken Elementen anreicherten.

Wie die Türmaße auf Abbildung 43 zeigen, waren die Räume der kaiserlichen Wohnung ausgesprochen hoch. Der Abstand zwischen Boden und Decke betrug 6,25 Meter. Um angesichts dieser Dimensionen im Vortragssaal einen entsprechenden Akzent zu setzen, brachten Kyllmann und Heyden über dem Kamin, der die Mitte der Nordwand einnahm, eine Wandnische an (Abb. 42). Von Putten flankiert und von einer Glorie mit Preußenadler überfangen, umschloss sie eine monumentale Bronzebüste Friedrichs des Großen. Innerhalb des Gesamtraums wirkt dieses Ensemble jedoch fast schon aufdringlich – besonders, wenn man es mit den eleganten Stuckvouten Schlüters innerhalb der Paradekammern

Abb. 43. Kaiserliche Wohnung, Vortragszimmer. Wandvertäfelung in Teilen noch aus der Zeit Friedrich Wilhelms I.
Abb. 44. Kaiserliche Wohnung, Speisesaal mit Festtafel
Abb. 45. Kaiserliche Wohnung, Speisesaal
Abb. 46. Kaiserliche Wohnung, Speisesaal. Deckenbild von K. Wendling mit der Apotheose Friedrichs des Großen

Eine deutliche Steigerung innerhalb der Raumfolge bildete der sich anschließende Pfeilersaal, der ursprünglich als Teil der Königinmutter­Kammern von Langhans entworfen worden war. Er befand sich hinter dem Portalrisalit II, vor dem der Neptunbrunnen stand.

vergleicht. An Details wie diesen offenbart sich eine typische Eigenschaft des späten Historismus: Im Bemühen, ihre historischen Vorbilder zu übertreffen, taten die Architekten und Bildkünstler dieser Epoche gelegentlich des Guten zu viel.

Eine dem Pfeilersaal ebenbürtige Schöpfung war die von Eosander entworfene Marmortreppe, welche die kaiserliche Wohnung mit dem sogenannten Quergebäude verband, das den Schlüter­ vom Eosanderhof trennte (Abb. 48). Böhme hatte sie 1716 errichtet. Aus Sparsamkeitsgründen hatte Friedrich Wilhelm I. sie mit einfachsten Materialien ausführen lassen. Das Geländer bestand aus Eisenstäben, die Wände waren glatt verputzt. Und doch war die Raumwirkung enorm, nicht zuletzt dank der auf Doppelsäulen ruhenden Arkaden, die der Architektur eine hohe Eleganz verliehen und beim Emporschreiten unterschiedlichste Durchblicke erlaubten. Um die Wirkung der Treppe zu steigern, hatte Wilhelm I. (1797–1888) die Stufen und Geländer zwischen 1863 und 1864 durch Großkunzendorfer Marmor ersetzen und die Gewölbe stuckieren lassen. Sein Enkel Wilhelm II. ließ die Pfeiler, Säulen und Wandsockel mit Stuckmarmor verkleiden, woraufhin die Anlage die Bezeichnung Marmortreppe erhielt.

Ähnlich überladen wie die Nordwand des Vortragszimmers

Abb. 47. Adolph von Menzel. Krönung Friedrichs I. in Königsberg zum König.
Abb. 48. Marmortreppe von Martin Böhme (um 1714), unter Wilhelm I. und Wilhelm II. mit Marmor ausgekleidet
Abb. 49. Kaiserliche Wohnung, Bibliothek

wirkte die Decke des Speisesaals. Der aus der Zusammenlegung dreier barocker Kammern gewonnene Raum, an dessen Tafel bis zu hundert Gäste Platz fanden (Abb. 44 u. 45), besaß recht üppige Deckenstuckaturen. Von Julius Lessing entworfen, rahmten sie ein zentrales Deckenbild, auf dem Karl Wendling nach einem Entwurf Anton von Werners die Apotheose Friedrichs des Großen dargestellt hatte (Abb. 46). Weitaus einfacher war die abermals von Kyllmann und Heyden entworfene Holzvertäfelung an der Wand. Die Mitte der nördlichen Längswand nahm außerdem zeitweilig ein Monumentalgemälde Adolph von Menzels ein (Abb. 47; heute Potsdam, Neues Palais). Es zeigte die Krönung Wilhelms I. in der Königsberger Schlosskapelle und bildete gleichsam das Pendant zu Anton von Werners Bild ‚Proklamation des Kaiserreichs in Versailles‘, von dem sich die erste der insgesamt drei Fassungen gleichfalls im Schloss befand. Über den Speisesaal gelangte der Besucher in die Bibliothek des Kaiserpaares (Abb. 49). Nur halb so groß, war sie der wohl eleganteste Raum der wilhelminischen Ausstattungskampagne. Verantwortlich zeichnete Ihne, der sie gleichfalls rundum mit Holz verkleidet hatte. Der Dekor fiel weitaus sparsamer aus, was die Bücher in den Glasschränken umso mehr zur Geltung brachte. Nach 1919 gelangte ein Teil der Bücher nach Potsdam, ein anderer als Kriegsbeute nach Moskau, wo er sich nach wie vor befindet.

Nochmals einen anderen Akzent setzte der Joachimsaal, der im zweiten Obergeschoss lag und von der kaiserlichen Wohnung aus über die Marmortreppe zu erreichen war (Abb. 50). Er ging 1909 aus dem Umbau des Apollosaales hervor. Die verantwortlichen Architekten Ihne und Franz Naager wählten diesmal den Stil der italienischen Hochrenaissance, wobei die Ausmaße sich sowohl in der Grundfläche (17 mal 12,5 Meter) als auch in der Höhe (10 Meter) mit jedem Salon eines römischen Palazzo messen ließen. In erster Linie diente der Saal als Ausstellungsort für Kunstgegenstände, die Wilhelm II. aus dem Kunsthandel erworben

hatten. Dazu zählten neben den riesigen Brüsseler Gobelins etliche Möbel. Erinnerten das Empfangszimmer und der Speisesaal im ersten Obergeschoss an Friedrich den Großen, so wurde hier des Kurfürsten Joachim II. (1505–1571) gedacht, der in Brandenburg die Reformation eingeführt hatte. Der Herrscher war in der Nische über dem Kamin dargestellt – in einer Bronzestatue des Bildhauers Martin Wolff, der neben zahlreichen Denkmälern in Berlin und Umgebung auch einige Statuen für die Siegesallee geschaffen hatte.

Die Hohenzollernwohnung

Der kaiserlichen Wohnung auf gleicher Höhe angeschlossen waren an der Schlossfreiheit, südlich von Portalrisalit III, die zehn Zimmer der Hohenzollernwohnung. Ihr Namensgeber, Prinz Karl Anton Fürst zu Hohenzollern­Sigmaringen, war unter Wilhelm I. preußischer Ministerpräsident gewesen und bewohnte sie zusammen mit seiner Gemahlin. Der intimste Raum war das in der Nordostecke des

Abb. 50. Kaiserliche Wohnung, Joachimsaal
Abb. 51. Hohenzollernwohnung, Kabinett

Schlosses gelegene Kabinett (Abb. 51). Mit seinen dreifach geschichteten Gardinen, den schweren, auf dem Boden aufliegenden Samtvorhängen, den mit Troddeln behängten Lambrequins und den eng beieinanderstehenden Polstersesseln war es Inbegriff jener großbürgerlichen Plüschkultur, auf die unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg als Gegenbewegung die Neue Sachlichkeit und das Bauhaus folgten.

Die Mecklenburgische Wohnung

Während Ihne den Weißen Saal grundlegend erneuerte, gestaltete Albert Geyer, ab 1909 Direktor der Schlossbaukommission, die Räume in den beiden darunterliegenden Stockwerken völlig neu, wobei er auch die Deckenhöhen änderte. Im Erdgeschoss entstanden unmittelbar nördlich der Weißen­SaalTreppe die sogenannten Mecklenburgischen Kammern, darüber im ersten Obergeschoss die Wilhelmsche Wohnung, von der noch die Rede sein wird. Die Mecklenburgischen Kammern, benannt nach Prinzessin Alexandrine von Mecklenburg, einer Schwester Wilhelms II., dienten als Gästewohnung. Obwohl sie fast ebenerdig lagen, gewährten sie nach dem Abriss der Schlossfreiheit (1894–1895) einen schönen Ausblick auf den Friedrichswerder samt Kupfergraben, die Schlossbrücke und Teile des Lustgartens.

Einer der bedeutenderen Räume war der Kleine Salon, der auch als Schreibzimmer diente (Abb. 52 u. 53). Die Vertäfelung vereinte barocke und klassizistische Elemente, ähnlich wie im Konzertzimmer Gontards. Während das Relief mit der Ziervase in der Supraporte dem Hochbarock verpflichtet war, erinnerten die figürlichen Reliefs in der Hohlkehle an Johann Gottfried Schadows Reliefs im Säulensaal. Die Wandmalerei links der Tür gewährte einen Ausblick in eine ideale Landschaft. Darüber hinaus waren die Wände mit Gobelins bespannt, die Friedrich der Große um 1760 aus einer Manufaktur in Beauvais erworben hatte (heute befinden sie sich im Charlottenburger Schloss). Ihr Thema waren die Liebschaften zwischen Göttern und Menschen nach den Metamorpho­

sen des römischen Dichters Ovid.

In die Decke war ein Originalgemälde aus dem Umkreis des berühmten venezianisches Malers Giambattista Tiepolo eingelassen (Abb. 54). Das Thema war eine weitere Götterliebschaft, nämlich die außereheliche Liaison zwischen Mars und Venus.

Von herausragender Qualität war auch der Große Salon (Abb. 55). Wie der Kleine Salon war er mit Teppichen aus Beauvais bespannt. Den Karton, also die Webvorlage, für den Gobelin links neben der Tür hatte François Boucher, Hofmaler Ludwigs XV., gefertigt. Das Thema war Ariadne auf Naxos. Die von weißen Stuckputten bedeckte Deckenarchitektur, die in den Vouten (Hohlkehlen) und am Plafond Öffnungen in den Himmel gestattete, war ein Werk von Ernst Westphal. Sie orientierte sich an Schlüters Dekorationssystemen, insbesondere denen der Schwarzen Adlerkammer.

Nicht ganz so repräsentativ, aber doch höchst aufwändig war die Atmosphäre der Privaträume, etwa des Kleinen Schlafzimmers (Abb. 56). Die Decke war gleichfalls ein

Abb. 52. Mecklenburgische Wohnung, Kleiner Salon
Abb. 53. Mecklenburgische Wohnung, Kleiner Salon

Werk Westphals, der Kamin, die Arbeit eines italienischen Renaissancekünstlers, war im Kunsthandel erworben worden. Einen weiteren Akzent setzte der Kleiderschrank, der in seiner pompösen Machart eher an den Beichtstuhl in einer barocken Klosterkirche erinnerte als an ein Gebrauchsmöbel. Außerdem nahm das zu Voluten aufgerollte Kranzgesims die Ornamentik der Decke auf. Zugleich erinnerte es aber auch an das zeitgleich rekonstruierte Kranzgesims Johann Friedrich Eosanders über der Wappenkartusche von Portal III.

Die Wilhelmsche Wohnung

Ein weiteres Appartement war die schon erwähnte Wilhelmsche Wohnung. Sie lag im ersten Obergeschoss, unmittelbar unter dem Weißen Saal, zwischen Portal III und den unter Friedrich Wilhelm II. geschaffenen Königskammern und war von Geyer zwischen 1895 und 1903 erbaut worden. Geyer änderte sowohl die Raumaufteilung des 18. Jahrhundert als auch die Deckenhöhe, die nunmehr 5,25 Meter betrug. Namensgeber war Wilhelm I., der als junger Prinz in den Vor­

gängerräumen von 1809 bis 1819 logiert hatte. Wie die Mecklenburgischen Kammern diente die Wilhelmsche Wohnung der Beherbergung von Gästen.

Das Schlafzimmer, das Geyer 1896 entworfen hatte (Abb. 57), war noch prächtiger als das eben erwähnte in der Mecklenburgischen Wohnung (Abb. 56). Als wäre es die Lagerstatt eines regierenden Fürsten, wurde das Prunkbett von einem prächtigen Baldachin überfangen – ein deutlicher Hinweis auf den hohen Rang der Besucher. Es stammte aus den nordöstlich angrenzenden Königskammern Friedrich Wilhelms II., dessen Schlafzimmer den Umbaumaßnahmen zum Opfer gefallen war. Teil des Wohnkomforts für die Gäste waren auch ein Ankleide­ und Badezimmer, in das man durch jene Tür gelangte, deren Rahmen am rechten Rand von Abbildung 57 erscheint.

Das Ankleide­ und Badezimmer (Abb. 58) war gänzlich mit Mahagoniholz verkleidet. Dieses stammte ursprünglich aus dem letzten Kabinett der Königskammern. Wie das Schlafzimmer Friedrich Wilhelms II. war es unter Ihne beseitigt worden. Während die Waschkommode links noch mit Kannen befüllt werden musste, scheint die kupferne Badewanne rechts bereits über eine fließende Wasserzufuhr verfügt zu haben. Ungeachtet dieser technischen Neuerung dürfte der Komfort begrenzt gewesen sein. Es ist nur schwer vorstellbar, dass dieser Raum mit seiner Grundfläche von 5 mal 3,25 Metern und der schon erwähnten Höhe von 5,25 Metern im Winter durch den in der linken Ecke angebrachten Kamin ausreichend zu heizen war. Den Höhepunkt der Wilhelmschen Appartements bildete der Salon, der auch als Empfangszimmer genutzt wurde (Abb. 59). Die Ausstattung stammte größtenteils aus dem Antiquitätenhandel. Wie im Kleinen Salon der Mecklenburgischen Kammer (Abb. 54) war in die Stuckdecke ein historisches Deckengemälde eingelassen. Es war 1765 von dem französischen Maler Charles André van Loo geschaffen worden und schilderte den Raub der Sabinerinnen. Der Wandteppich neben dem Kamin war um 1700 in der Pa­

Abb. 55. Mecklenburgische Wohnung, Großer Salon
Abb. 54. Mecklenburgische Wohnung, Kleiner Salon. Deckenbild aus der Schule G. B. Tiepolos (um 1750)

riser Manufacture Royale des Gobelins entstanden und stellte einen ‚Schlittenkorso bei Fackelschein‘ dar. Auch die Möbel entstammten dem Antiquitätenhandel. Die Standuhr rechts, um 1735 von Jean Pierre Latz in Paris gefertigt, gehörte hingegen zum festen Schlösserinventar. Eher außergewöhnlich war die Sesselgruppe vor dem Kamin. Sie orientierte sich bereits an der Ausstattung von Clubs und

nicht mehr so sehr an den traditionellen Formen des höfischen Lebens.

Neobarocke Eingriffe in die hochbarocken Prunkräume

Von den Modernisierungsmaßnahmen waren selbst die historisch bedeutendsten Räume des Schlosses betroffen. Von Eosanders Bildergalerie war bereits im Berliner Extrablatt Nr. 99 die Rede. Sie wurde

noch während des Ersten Weltkriegs in eine Gobelingalerie umgewandelt und von Paul Frost mit einem Deckenbild versehen, das ein Bild Terwestens aus der zweiten Paradevorkammer kopierte.

Im Königszimmer (Abb. 60), das innerhalb der Schlüterschen Paradekammern im Winkel zwischen der zweiten Paradevorkammer und der Drap­d’Or­Kammer lag, wurden die wertvolle Decke und die Vouten

der Schlüterzeit nicht angetastet. Jedoch wurden eine Wandvertäfelung und ein Kamin samt Spiegel hinzugefügt. Für den heutigen Betrachter sind die Unterschiede zwischen Barock und Neobarock oft nur schwer auszumachen. Ein aufschlussreiches Detail ist die Kopfkonsole zwischen den Voluten des Kaminspiegels. Derart herbe Gesichtszüge waren Schlüter fremd. Umso besser passen sie zum

Abb. 56. Mecklenburgische Wohnung, Kleines Schlafzimmer

spätklassizistischen Monumentalismus, der um 1900 als ‚modern‘ galt. Im Bedürfnis, zeitgenössische Stilelemente einzubringen, hatte der Künstler sich selbst verraten. Überarbeitet wurden auch Schlüters Elisabethkammern, die später Prinzess­Marie­Wohnung und ab 1912 Sophie­Dorothee­Wohnung hießen. 1911 hatte Geyer die in einem der Räume die Schlütersche Decke um figürliche Flachreliefs und Armaturen ergänzen lassen (Abb. 61). Ausführender Bildhauer war wieder Westphal. Nicht mehr zur Ausführung gelangte die Ausmalung des Plafonds. Neben Schlüters Prunkräumen waren Eosanders Paradekammern betroffen. Auch hier fielen die Eingriffe höchst unterschiedlich aus. Im Grünen Salon beispielsweise (Abb. 62), dem späteren Marinesaal,

behielt Ihne die barocke Decke samt Stuckaturen und zentralem Deckenbild bei. Letzteres stammte immerhin von Johann Friedrich Wentzel, der auch das Deckenbild des Rittersaals geschaffen hatte. Ihne ließ 1912/13 lediglich die leer gebliebenen Kartuschen in den Vouten von Woldemar Friedrich mit Grisaillen ausmalen.

Weit umfangreicher fielen Ihnes Eingriffe im Königinnengemach aus (Abb. 63). 1913 wurde es völlig neugestaltet. Die architektonische Gliederung, die sich weitgehend auf Paneele, Fenster, Wandspiegel und Türen mit reliefierten Supraporten beschränkt, wirkte sehr nobel. Nur die beiden Säulen an den Schmalseiten setzten einen besonderen Akzent. Umso deutlicher kamen die Deckenstuckaturen zur Geltung. In enger Anleh­

nung an Schlüters Stil wurden sie von Georg Roch und Hermann Feuerhahn ausgeführt. Das Deckengemälde von Max Koch feierte in Anlehnung an die Lünettenreliefs der benachbarten Bildergalerie Preußen als Beschützerin der Künste und Wissenschaften. Rechts vorn konnte man Antoine Pesnes Bild der Königin Elisabeth Christine, der Gemahlin Friedrichs des Großen, bestaunen. In die Wand über dem Kamin war ein Porträt der englischen Königin Victoria, der Großmutter Wilhelms II., eingelassen. Dieses Gemälde war in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen stammte es von Bertha Mathilde Müller, die wie ihre Schwester Marie eine international erfolgreiche Porträtmalerin war – für die damalige Zeit eine große Seltenheit. Zum anderen darf das Bild als eine

persönliche Hommage Wilhelms an seine Großmutter gesehen werden. Bekanntlich hatte der Kaiser die Queen, die sogar in seinen Armen verstorben sein soll, sehr gemocht.

Schlussbemerkung

Der Sparziergang durch das Schloss, der insgesamt in drei Extrablatt­Etappen erfolgte, reichte von der spätgotischen Erasmuskapelle bis zu den letzten Ausstattungsmaßnahmen während des Ersten Weltkriegs, umspannte also fast ein halbes Jahrtausend. Obwohl hier nur ein kleiner Teil der Räume besprochen werden konnte, zeigt sich, wie hoch das künstlerische Niveau von Anfang an bis zum Schluss war. Die Fassaden waren keine bloße Hülle, die einen beliebig austauschbaren Inhalt umschloss. Sie waren

Abb. 57. Wilhelmsche Wohnung, Schlafzimmer

vielmehr die Außenhaut eines Organismus, der sich im Lauf der Zeit ebenso veränderte wie ein menschlicher Körper. Vor allem aber bargen Raumfolgen, die durchweg zu den Höhepunkten der Weltarchitektur zählten und sich keineswegs nur auf die von Schlüter geschaffenen Räume beschränkten.

Die Weiße­Saal­Treppe von Eosander und Stüler war mit der Gigantentreppe zwar nicht vergleichbar, zeugte aber doch von höchster Qualität. Nahls Schreibzimmer Friedrichs des Großen, Gontards Konzertzimmer, der Parolesaal und der Säulensaal von Erdmannsdorff, die Rote Marmorkammer und der Pfeilersaal von Langhans und nicht zuletzt Schinkels Teesalon zählten ebenso wie Schlüters Elisabethsaal, die Drap­d’Or­Kammer oder die Schwarze Adlerkammer zu

den bedeutendsten Raumschöpfungen ihrer Zeit. Dasselbe galt für den Weißen Saal in der frühen Fassung Stülers. Zwar erreichte er nicht ganz das Niveau der Schlüterschen Architektur, etwa des Schweizersaals oder gar des Rittersaals, doch bildete er einen Höhepunkt des deutschen Spätklassizismus. Dasselbe lässt sich für die Schlosskapelle in der Kuppel sagen. Ihr Eindruck muss sogar überwältigend gewesen sein.

Sich mit diesem historischen Erbe zu messen, stellte die Architekten und Bildkünstler der Wilhelminischen Epoche vor eine große Herausforderung. In der Rückschau wird ihr Werk meist verächtlich als Eklektizismus oder gar als Kitsch abgetan. Fraglos gab es manche Entgleisung – wie überall, wo die Geschmacksbildung nicht mit der Kumulation von Finanzmitteln

und dem Bedürfnis nach Machtentfaltung Schritt hält. Grundsätzlich war es aber ein Anliegen des Historismus, aus den vorangegangenen Stilen eine Quintessenz zu ziehen, wenn nicht eine Synthese zu bilden. Diese Synthese sollte weiterentwickelt und unter Nutzung neuester Konstruktionstechniken den Anforderungen einer modernen Industrie­ und Konsumgesellschaft angepasst werden. Als ein gelungenes Beispiel für dieses Bemühen kann Ihnes Weißer Saal samt Treppe gelten.

Dass es im Berliner Schloss keine weiterführenden Neuerungen gab – etwa im Stil Henry van de Veldes oder der Art Nouveau, mag man bedauern. Jedoch gab es hierfür zwei plausible Gründe. Zum einen hatten moderne Stile in der Kostümund Operettenwelt des wilhelmini­

schen Hofstaates keinen Platz. Zum anderen ging es Ihne und Geyer aber auch darum, an die Hochzeit der Schlossbaukunst unter Schlüter und Eosander anzuknüpfen. Das Resultat konnte sich im Großen und Ganzen sehen lassen. Darüber spiegelte sich in der kaiserlichen Baupolitik eine bedeutende historische Entwicklung wider. Die Rückbesinnung auf den Anfang der Monarchie nahm auch deren Ende vorweg. Nicht nur in ästhetischer, sondern auch in politischer Hinsicht schloss sich ein Kreis. Ohne die wilhelminischen Räume wäre dieser Kreis ebenso unvollständig wie unser Verständnis von Geschichte.

(Eine Anzahl von Bildern wurde nachkoloriert)

Abb. 58. Wilhelmsche Wohnung, Ankleide- und Badezimmer
Abb. 59. Wilhelmsche Wohnung, Empfangszimmer
Abb. 60. 1950. Das unzerstörte Empfangszimmer als Arbeitsraum für das Wissenschaftliche Aktiv zur Dokumentation des Schlosses, links am Tisch: Prof. Gerhard Strauß, Leiter des Aktivs.
Abb. 61. Ein Raum in Schlüters Elisabethkammer. Neugestaltung durch A. Geyer
Abb. 62. Grüner Salon in Eosanders Paradekammern. Neugestaltung durch E. v. Ihne
Abb. 63. Königszimmer in Eosanders Paradekammern. Neugestaltung durch E. Ihne.

Der Berliner Neptunbrunnen: Ein Denkmal im Exil

Peter Stephan

In den Jahren von 1888 bis 1891 errichtete der Bildhauer

Reinhold Begas auf dem Schlossplatz den sogenannten Neptunbrunnen, den die Berliner Bürgerschaft Wilhelm II. anlässlich seines Regierungsantritts geschenkt hatte (Abb. 1). 1951 wurde der Brunnen, der den Krieg weitgehend überstanden hatte, demontiert und

1969 vor dem Roten Rathaus in leicht veränderter Form wiedererrichtet. Seit dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses gibt es Forderungen, dieses prominente Berliner Denkmal wieder an seine alte Stelle zurückzuversetzen. Hierfür sprechen gleichermaßen historische, städtebauliche, denkmalpflegerische, gestalterische und ikonographische Gründe.

Der Schlossplatz war bis 1708 das eigentliche Zentrum Berlins.

Beginnen wir mit den historischen und den städtebaulichen Aspekten.

Ursprünglich stand der Brunnen genau auf der Schnittstelle zweier historisch bedeutsamer Magistralen: der Breiten Straße, die vom Cöllner Rathaus direkt auf Portalrisalit II des Schlosses zulief, und der Altberliner Hauptstraße (heute Rathausstraße), die von den Königskolonnaden am Berliner Rathaus vorbei über die damalige Kurfürstenbrücke mit dem von Andreas Schlüter entworfenen Reiterstandbild des Großen Kurfürsten führte (Abb. 2). Der Standort des Brunnens verband also das Schloss mit den beiden historischen Kerngebieten der königlichen Residenzstadt. Außerdem war die Berliner Haupt­

straße mit jenem Weg identisch, auf dem der erste preußische König Friedrich I. im Mai 1701 nach seiner Krönung in Königsberg in Berlin eingezogen war, weshalb sie bis 1951 auch Königsstraße hieß. Als Entree diente Friedrich der gerade vollendete Portalrisalit I. Als eine Art Triumpharchitektur akzentuierte er die Südseite des Schlosses, die damals die Hauptfassade des Schlosses bildete. Die davor gelegene ehemalige Stechbahn, nunmehr Place Royale genannt, war zur wichtigsten Platzanlage der Residenzstadt geworden. Jedoch verlor sie ebenso wie die Südseite des Schlosses ihre Bedeutung,

Abb. 1. Der Neptunbrunnen auf dem Schlossplatz, um 1900

als Johann Friedrich Eosander 1708 den Auftrag erhielt, Schlüters Schloss nach Westen zu verlängern und es mit einer neuen Schauseite zu versehen. Diese gipfelt im Portalrisalit III, einer geradezu plakativen Kopie römischer Triumphbögen. Immerhin fand die historische Schnittstelle von Königsstraße und Breiter Straße mit dem Bau von Portalrisalit II eine gewisse Berücksichtigung. Dieser Portalrisalit diente fortan sogar als Point de Vue (Blickpunkt) der Breiten Straße (Abb. 3)

Die Verlagerung des Stadtzentrums Richtung Lustgarten erfolgte erst im 18. und 19. Jahrhundert.

Dennoch war die Akzentverschiebung irreversibel. Auf die Neuausrichtung des Schlosses folgte unter dem Soldatenkönig Friedrich Wil­

helm I. der forcierte Ausbau der westlich des Kupfergrabens gelegenen Quartiere Friedrichswerder,

Dorotheenstadt und Friedrichstadt. Dabei entstanden auch drei neue Platzanlagen: das quadrati­

sche „Quaree“ (heute Pariser Platz), das achteckige „Octogon“ (heute Leipziger Platz) und das kreisförmige Rondell (heute Mehringplatz). Die vom Pariser Platz kommende Straße Unter den Linden zielte sogar direkt auf den lustgartenseitigen Portalrisalit V des Schlosses. Im 19. Jahrhundert avancierte der von Schinkel neu gestaltete Lustgarten mit der angrenzenden Museumsinsel und dem Neubau des Domes schließlich zum eigentlichen Zentrum Berlins.

Schon Schinkel plante, den Schlossplatz mit einem Brunnen vor Portalrisalit II aufzuwerten.

Der alte Schlossplatz geriet dagegen immer weiter ins Abseits. Um dem entgegenzuwirken, erwog Karl Friedrich Schinkel, ihn mit ei­

Abb. 2. Luftbild vom Berliner Schloss mit Schlossplatz und Neptunbrunnen (links) an der Schnittstelle von der Cöllner Breiten Straße und der Alt-Berliner Rathausstraße
Abb. 3. Blick von der Breiten Straße in Cölln auf Portalrisalit II und den Neptunbrunnen

4. Karl Friedrich Schinkels Entwurf für einen Borussiabrunnen auf dem Schlossplatz. Rechts Portalrisalit II

ner Brunnenanlage auszuzeichnen (Abb. 4). Die Hauptfigur sollte der Genius Preußens sein, der mit Panzer und Flammenschwert dem Erzengel Michael angenähert war, also dem Ordensheiligen des alten preußischen Ritterordens. Zugleich erinnerte der martialische Habitus an den Abwehrkampf gegen Napoleon während der Befreiungskriege von 1813 bis 1815.

Die Ikonographie ist durch den Vierströmebrunnen in Rom inspiriert.

Indes wurde das Projekt nicht realisiert. Gleichsam als Ersatz entstand ein Dreivierteljahrhundert später der Neptunbrunnen. Dabei wurde auch eine nicht verwirklichte Idee aus der Regierungszeit Friedrichs I. wiederbelebt: die Neugestaltung des Schlossplatzes in Anlehnung

an die römische Piazza Navona. Ganz zu Anfang, also noch vor der Schlosserweiterung durch Eosander, hatte Friedrich I. geplant, die mittelalterliche Dominikanerkirche, die westlich der Stechbahn

Abb. 5. Jean Baptist Broebes: Entwurf für eine Place Royal (um 1700). Rechts das Schloss, links der Marstall, an der Kopfseite des Platzes der geplante neue Dom. Im Vordergrund die Lange Brücke mit dem Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten

Abb.

stand und den Hohenzollern seit Einführung der Reformation als Hofkirche und Grablege diente, durch einen neuen Dom zu ersetzen (Abb. 5). Dessen Vorbild wäre die Kirche Sant’Agnese an der Piazza Navona gewesen. Infolge der Schlossverlängerung nach Westen erübrigte sich dieses Projekt. Die alte Dominikanerkirche blieb bestehen – bis Friedrich der Große sie 1747 wegen Baufälligkeit abtragen ließ. Allerdings entstand ein neuer barocker Dom in Anbetracht der Tatsache, dass das urbane Gravitationszentrum sich längst an die Nordseite des Schlosses verlagert hatte, an der Ostkante des Lustgartens, also dort, wo später Julius Raschdorff den großen neobarocken Dom erbaute.

Allerdings kannten die Städteplaner der Kaiserzeit die alten Pläne. Und weil sie sehr geschichtsbewusst waren und der Schlossplatz ähnlich langestreckt war wie die Piazza Navona, ersannen sie eine neue Möglichkeit, eine Verbindung herzustellen: nicht mehr durch eine Replik auf Sant‘Agnese, sondern durch einen Brunnen, der an Gianlorenzo Berninis Vierströmebrunnen anknüpfte. Und so besetzte Begas den vierpassförmigen Beckenrand gleichfalls mit den Personifikationen von vier Flüssen. Allerdings repräsentierten diese nicht mehr wie die Donau, der Ganges, der Nil und der Rio della Plata die vier im Barockzeitalter bekannten Erdteile Europa, Asi­

en, Afrika und Amerika. Vielmehr spielten sie auf die vier größten preußischen Flüsse damit auch auf die territoriale Ausdehnung des Staates nach 1866 an. Der Rhein (mit Fischernetz und Weintrauben, Abb. 6) verkörperte die westliche Rheinprovinz und Hessen­Nassau, die Weichsel (mit Holzklötzen als Sinnbild für die Forstwirtschaft, Abb. 7) West­ und Ostpreußen; die Elbe (mit Ähren und Früchten, Abb. 8) Sachsen­Anhalt und Schleswig­Holstein sowie die Oder (mit Ziege und Fell; Abb. 9) Schlesien, die Mark und Pommern. Diese topographische Symbolik ergab umso mehr Sinn, als der Standort

des Brunnens ab 1837 auch als Nullpunkt der preußischen Meilenzählung diente.

Eine weitere Gemeinsamkeit zum Vierströmebrunnen bestand darin, dass die Mitte von einem

künstlichen Felsen eingenommen wird, der in Berlin von Krebsen, Hummern, Fischen und Polypen und mehreren Putten bevölkert wird. An seinen Ecken tragen vier Seekentauren jeweils paarweise

Abb. 6. Neptunbrunnen, Personifikation des Rheins
Abb. 7. Neptunbrunnen, Personifikation der Weichsel
Abb. 8. Neptunbrunnen, Personifikation der Elbe

eine Muschelschale, auf welcher der römische Meeresgott Neptun (griechisch: Poseidon) thront (Abb. 10). Aus dem Becken tauchen eine Schildkröte, eine Robbe, ein Krokodil und eine Seeschlange auf, um Wasser gegen den Felsen zu speien.

Der Brunnen war eine wichtige Ergänzung der Schlossarchitektur.

Anfangs wollte der Berliner Magistrat mit der Stiftung des Brunnens seinen Dank dafür zum Ausdruck bringen, dass Wilhelm II. wieder im Schloss residierte – nachdem sein Großvater Wilhelm I. im Kronprinzenpalais sowie in Schloss Babelsberg und sein Vater Friedrich III. im Neuen Palais zu Potsdam Wohnung bezogen hatten. Umso besser fügte es sich, dass der Brunnen vor Portalrisalit II stand. Denn zu beiden Seiten des Risalits erstreckten sich im ersten Obergeschoss die Räume der neu eingerichteten kaiserlichen Wohnung

Abb. 9. Neptunbrunnen, Personifikation der Oder
Abb. 10. Neptunbrunnen mit Hippokampen, Tritonen und Meeresgott. © AKG Images/Willo Göpel

Abb. 11. Der Neptunbrunnen um 1900, kompositorisch perfekt auf die Proportionen von Schlossportal II abgestimmt

(siehe in dieser Zeitung ab Seite 36).

Begas hatte die Proportionen des Brunnens sogar auf die Folie von Portalrisalit II hin berechnet. Die Gesamthöhe entsprach in etwa der­

jenigen des Erdgeschosses. Beim Nähertreten schoben sich die beiden Muschelschalen in die Höhe des Gurtgesimses zwischen Erdgeschoss und erstem Obergeschoss, so

dass sich eine durchlaufende Horizontale bildete. Das Haupt des Meergottes reichte nun – je nach Betrachterstandpunkt – bis zum Sturz des ersten Obergeschossfens­

ters, das seinerseits eine Art Hintergrundrahmen bildete (Abb. 11). Der diagonal geschulterte Dreizack verband schließlich die inneren Kolossalsäulen miteinander.

Der Bildhauer Reinhold Begas entwickelte einen spezifischen Naturalismus mit karikaturistischen Zügen.

Ein weiterer Aspekt der Gestaltung ergab sich aus Begas‘ persönlichem Stil. Im Unterschied zu den meisten Werken der kaiserzeitlichen Monumentalplastik zeichnet sich der Neptunbrunnen durch einen höchst unkonventionellen, ja humoristischen Alltagsnaturalismus aus. Einige der Flusspersonifikationen präsentieren sich als pummelige Landarbeiterinnen. Zwei der vier Seekentauren spritzen Wasser auf eines der Seetiere, vor dem ein kleiner Putto sich ängstlich auf den Felsen geflüchtet hat. Die glotzenden Fischaugen des einen und der zusammengekniffene Blick des anderen Kentauren (Abb. 12) erinnern ebenso wie die struppigen Haare an Karikaturen von Wilhelm Busch (Abb. 13). Außerdem lässt das über­

Abb. 12. Karikaturistische Elemente am Neptunbrunnen. Zwei Hippokampen spritzen auf ein Meerestier, um es zu vertreiben. Zwischen ihnen hat sich ein verängstigtes Tritonenkind auf den Felsen geflüchtet.

mütige Spiel im und mit dem Wasser an Arnold Böcklins Gemälde ‚Das Spiel der Nereiden‘ denken, das nur wenige Jahre vor dem Neptunbrunnen entstand (Abb. 14) Der Meergott selbst besitzt schließlich die Züge eines alternden Seemanns, der schon etwas Bauch­ und Beinspeck angesetzt hat (Abb. 15). Die Pose mit dem in die Hüfte gestützten Arm wirkt gebieterisch, aber alles andere als hoheitsvoll, steht sie doch in Widerspruch zur betont lässigen Beinhaltung. Das veralgte Haupt­ und Barthaar hängt in langen, stark vergröberten Zotteln herab. Am Dreizack haben sich Seetang und Teile eines Fischernetzes verfan­

gen, die Brustbehaarung und der Schilfrock erinnern an Ablagerungen und Verkrustungen, die sich gewöhnlich unter Wasser an Muscheln oder Riffs bilden.

Der Unterschied zu Schinkels heroisch­martialischem Borussia­Brunnen könnte nicht größer sein (Abb. 4). Auch würde man sich den zweitmächtigsten Gott der griechischen Mythologie, der mit seinem Dreizack die Wogen berghoch aufwühlte und die Erde erbeben ließ, anders vorstellen. Mit den klassischen Darstellungen – man denke an den Neptun/Poseidon im Großen Treppenhausrisalit des Schlüterhofs – hat der Begassche Meergott jedenfalls nichts gemein.

Abb. 13. Wilhelm Busch: Der Wasserneck aus der Episode ‚Die beiden Schwestern‘
Abb. 14. Arnold Böcklin: ‚Spiel der Nereiden‘, 1886 (Kunstmuseum Basel) © AKG Images/Willo Göpel
Abb. 15. Neptunbrunnen: Der Meeresgott mit veralgtem Haar, leichtem Fettansatz und Krampfader am Arm. © AKG Images/Willo Göpel
Abb. 16. Berlin, Lustgarten. Ein Geysir in der Vulkaneifel?

Ganz offensichtlich hatte Begas gegen jenes Prinzip verstoßen, das in der Kunsttheorie als das ‚Dekorum‘ bezeichnet wird. Beim Dekorum handelt es sich um jene Kategorie, die bestimmt, was innerhalb eines bestimmten Kontextes nach inhaltlichen und gestalterischen Kriterien als angemessen und geziemend gilt.

Der Neptunbrunnen besaß einen unterschwellig subversiven Charakter. Das Umfeld des kaiserlichen Schlosses wurde verbürgerlicht, das heroische Pathos, das die Figuren von Schinkels Schlossbrücke, die Rossebändiger vor Portalrisalit IV, das Bildprogramm des Alten Museums und das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III. inmitten des Lustgartens prägt(e), wurde gezielt ironisiert und trivialisiert. Allerdings war diese Konterkarierung nur verständlich im Kontrast mit dem Schloss.

Der Brunnen erregte das kaiserliche Missfallen.

Es ist überliefert, dass der Neptunbrunnen das kaiserliche Missfallen erregte. Denn er stand nicht nur wegen seines noch derberen burlesken Stils im Kontrast zum Schloss. Neptun hatte der kaiserlichen Wohnung den Rücken zugewandt. Der Beherrscher der Meere zeigte dem Reichsoberhaupt buchstäblich die kalte Schulter.

Diese provokante Positionierung war das Ergebnis eines Konflikts, über den sich damals halb Deutschland amüsierte. Ursprünglich hätte Neptun nämlich in umgekehrter Richtung auf Portal II blicken sollen. Diese imaginäre Verletzung seiner Privatsphäre empfanden Majestät jedoch als unpassend und forderten eine Drehung um 90 Grad nach Osten oder Westen. Berlins Oberbürgermeister Maximilian von Forckenbeck (Abb. 17) weigerte sich jedoch, einer entsprechenden Weisung Folge zu leisten. Dabei dürften politische Motive eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.

Wegen seiner liberal­fortschrittlichen Gesinnung und seiner Teilnahme an der demokratischen Bewegung von 1848 hatte der aus dem katholischen Münsterland stammende Jurist Forcken­

beck die Richterlaufbahn nicht einschlagen können. Daher war er in die Politik gegangen, wo er sich als Präsident sowohl des preußischen Landtages als auch des Reichstages einen Namen gemacht hatte und zusammen mit Rudolf Virchow zu einem Hauptgegner Bismarcks avanciert war. Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Friedrich III., hatte ihn sogar für Bismarcks Nachfolge in Betracht gezogen.

Dass Forckenbeck sich nun als Oberhaupt der Reichshauptstadt vom Oberhaupt des Reiches die Ausrichtung des Brunnens nicht diktieren lassen wollte, liegt auf der Hand, zumal das Monument auf kommunalem Grund stand. Andererseits hatte der Kaiser ein Recht auf Privatsphäre. Und so beschloss der Magistrat, den Meeresgott Richtung Breite Straße blicken zu lassen (Abb. 16). Der Gesamtwirkung der Anlage kam dies durchaus zugute. Vor allem aber hatte der Bürgermeister sich gegenüber dem Kaiser klug behauptet. Halb spöttisch, halb anerkennend nannte der Berliner Volksmund den Brunnen bald „Forckenbecken“ – in Anspielung auf den Nachnamen des Bürgermeisters und auf den einer Forke (Mistgabel) ähnelnden Dreizack des Gottes.

Die Rückführung von Monumenten kann eine denkmalpflegerische Notwendigkeit sein.

Als Resümee lässt sich festhalten, dass der Neptunbrunnen in seiner Ikonographie und Gestaltung nur verständlich wird, wenn man ihn innerhalb jenes historischen und städtebaulichen Kontextes verortet, für den er geschaffen ist. Damit berühren wir letztlich ein zentrales denkmalpflegerisches Problem. Bekanntlich haben viele Kunstwerke im Lauf der Jahrhunderte ihren Standort gewechselt, und zwar nicht nur leicht bewegliche Objekte der Kleinkunst und der Malerei, sondern auch nur schwer zu versetzende Monumente innerhalb des öffentlichen Raumes. Die Denkmalpflege bewertet die Translozierung eines Monuments in der Regel als einen historischen Akt, den es zu respektieren gelte. Wie in der Frage der Rekonstruktion setzt sie

auf die Wahrung des gegenwärtigen Zustands.

Dieser Grundsatz erscheint berechtigt, wenn ein versetztes Objekt integraler Bestandteil eines neu entstandenen Ensembles geworden ist, das seinerseits einen hohen kulturellen Wert beanspruchen darf. Dies trifft beispielsweise für den Obelisken zu, der unter Kaiser Caligula im Jahre 38 n. Chr. von Ägypten nach Rom transportiert und 1586 vor dem Petersdom aufgestellt wurde (Abb. 18). Im Rahmen der Gegenreformation wurde das vormals heidnische Ruhmesmonument in einem höchst programmatischen Akt mit einem Kreuz bekrönt und auf einen Sockel gehoben, dessen Inschriften Christus als den Herrscher des Welt feiern. In den 1660er Jahren machte Gianlorenzo Bernini den Obelisken sogar zum Mittelpunkt der wohl berühmtesten Platzanlagen der Welt. Dass ein solch bedeutsames Ensemble nicht angetastet wird, versteht sich von selbst.

Der Neptunbrunnen ergibt nur an seinem alten Standort Sinn.

Kunstwerke wie der Brunnen mit einer bestimmten gedanklichen Programmatik und Funktion erlangen ausschließlich an dem Ort, für den sie geschaffen wurden, Sinn,

sodass sie nur innerhalb ihres ursprünglichen Kontextes wirklich ‚sein‘ können. Nicht nur der Genius des Künstlers, sondern auch der Genius des Ortes und die Metaebene der Ikonographie bestimmen sein Wesen. Durch ihre Versetzung sind sie so sehr entwertet worden, dass die Wiederherstellung ihres Sinngehalts durch eine Rückführung zwingend erscheint. Dieser Eingriff in den Lauf der Dinge mag aus denkmalpflegerischer Sicht als eine Verfälschung der Geschichte erscheinen. In Wirklichkeit wird Geschichte jedoch wiederhergestellt.

Dasselbe gilt für den Berliner Neptunbrunnen, der offiziell Schlossbrunnen hieß, weil er als solcher konzipiert worden war. An seinem jetzigen Standort ist er ein bloßes Wasserspiel ohne jeden gestalterischen, städtebaulichen und historischen Bezug. Er ist kunstgeschichtlich bedeutend, aber nicht bedeutsam. Bedeutsam wird er erst wieder an der Schnittstelle von Breiter Straße und Rathausstraße: im ideellen Zentrum Preußens, als Point de Vue der Breiten Straße, und vor der architektonischen und gedanklichen Folie des Schlosses. Nur dann kann auch wieder deutlich werden, welche politische Aussage mit seiner Aufstellung verbunden war.

Abb. 17. Berlins Oberbürgermeister Maximilian von Forckenbeck

Nicht nur der Neptunbrunnen braucht das Schloss –der Schlossplatz braucht auch den Neptunbrunnen.

Doch selbst wenn der Neptunbrunnen auf die Nachbarschaft des Schlosses angewiesen ist, stellt sich die Frage, ob denn das Schloss sei­

nerseits den Neptunbrunnen braucht? Ließe sich die derzeitige Steinwüste nicht auch durch eine neuartige Brunnenanlage und ein paar Rasenflächen beleben? Rein theoretisch ist das möglich. Doch wie könnte ein solcher Brunnen aussehen? Die modernen Varianten, die in den letzten Jahren in zen­

tralen Stadträumen errichten wurde, stimmen skeptisch. Die motivische Bandbreite ist denkbar schmal. Worin also besteht die künstlerische Qualität? Worin der Bezug zum Genius Loci? Was ist die übergeordnete Aussage? Gibt es überhaupt irgendeinen gedanklichen Gehalt?

Letztlich führt an der Rückführung es Neptunbrunnens kein Weg vorbei (Abb. 19). An seinem eigentlichen Standort kann er heute dasselbe bewirken wie zur Zeit seiner Entstehung: ein ins Hintertreffen geratenes Umfeld wiederzubeleben und es zu einem Ort mit hoher urbaner Qualität aufzuwerten.

der

Bitte bringen Sie den Brunnen zurück, ggf. auch als originalge-

Kopie. Das ist am Schloss schon einmal geschehen: Das Portal IV am Lustgarten existiert als reduzierte Kopie des historischen „Liebknechtportals“ auch im Staatsratsgebäude.

Abb. 18. Petersplatz in Rom mit ägyptischen Obelisken inmitten Gianlorenzo Berninis Kolonnaden
Abb. 19. Appell an den Senat von Berlin: So schön könnte
Schlossplatz wieder aussehen.
treue

Letztes großes Konzert des Stabsmusikkorps der Bundeswehr in der Berliner Philharmonie

am

24. Januar 2024

Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr vor der Intonation unserer Nationalhymne

Eigentlich sollte schon das große Konzert im vorigen Jahr mit der Uraufführung der Schloss­Symphonie das letzte in der Serie von Benefizkonzerten des Stabsmusikkorps der Bundeswehr zugunsten des Wiederaufbaus des Berliner Schlosses gewesen sein. Doch die Nachfrage, grade nach der Coronapause war so groß, dass es doch noch ein weiteres Konzert gab. Vor über 2000 Schlossliebhabern in dem berühmten großen Konzertsaal der Berliner Philharmonie gab das Orchester unter der Leitung von Reinhard Kiauka und Holger Kolodziej einen wunderbaren Querschnitt seines großen konzertanten Könnens ab. Klassik, Pop und Jazz brachten das Publikum in Begeisterung. Alle pfiffen begeistert mit, als am Ende schon traditionell die „Berliner Luft“ erklang.

Faszinierender Musiker: Oberstleutnant Reinhard Kiauka
Der Schellenbaum
Gewaltiger, traumhafter Klang
S. E. Hidenao Yanagi, der Botschafter Japans war einer der Ehrengäste des Konzerts. Das Stabsmusikkorps gab auch in Japan gefeierte Konzerte!

Henry Kissinger

Der wichtigste internationale Schlossförderer ist im hohen Alter von 100 Jahren verstorben.

Henry Kissinger, ehemals amerikanischer Außenminister und Friedensnobelpreisträger, besuchte schon 1993 unsere Ausstellung in der Schloss­Simulation, zusammen mit dem früheren sowjetischen Botschafter in Bonn, Valentin Falin, anlässlich einer Friedenskonferenz in Berlin. Beide reagierten erstaunt auf die heftige Diskussion um den Wiederaufbau des Berliner Schlosses.

Falin meinte, dass wir handeln sollten, statt das Thema kaputtzureden. In Moskau würden die Erlöser­ und die Kasankathedrale inzwischen wiederaufgebaut, beide

unter Stalin gesprengt. Kissinger und Falin trugen sich spontan in unser Gästebuch mit ihrer Unterschrift als Befürworter des Wiederaufbaus ein.

Mich beeindruckte diese klare Stellungnahme. Schließlich musste Kissingers jüdische Familie aus Fürth vor den Nationalsozialisten nach Amerika fliehen – und in Franken, so Kissinger, war man sowieso nicht gerade preußenfreundlich.

Als unsere amerikanischen Spendenaktivitäten begannen, befeuert von Kathleen von Alvensleben, erklärte sich Henry Kissinger spontan bereit, einem US­amerikanischen Honorary­Board beizutreten, zusammen mit dem früheren

Spenden-Diner in der Residenz des deutschen Botschafters Klaus Scharioth in Washington

Präsidenten George H. Bush, dem Ehrenbürger von Berlin, und dem Nobelpreisträger Günter Blobel.

Kissinger war für uns mehr als nur ein Türöffner in den USA. Er setzte sich bei jeder Gelegenheit für

Henry Kissinger erhält zur Auszeichnung und als Zeichen unserer Dankbarkeit die Schlossmedaille in Gold.

den Wiederaufbau des Schlosses in Berlin ein, obwohl er, wie er spöttisch sagte, von seinem Vater so erzogen worden sei, dass er sich als Franke ausschließlich nach Süden zu orientieren habe. Im Norden begänne die Barbarei. Sein Vater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er erfahren würde, dass sein Sohn sich ausgerechnet für den Wiederaufbau des wichtigsten Schlosses in Preußen einsetzen würde.

Er übernahm die Schirmherrschaft für mehrere Spendenveranstaltungen in den USA und in Berlin, bei zweien davon war er auch dabei.

Otto von Simson, der große Kunsthistoriker und Schlossfreund, ebenfalls in die USA emigriert, aber nach dem Kriege zurückgekehrt, schuf im Westen als erster deutscher UNESCO­Botschafter neues Vertrauen in die Kultur Deutschlands, die durch die Nationalsozialisten schwer beschädigt worden war. In meinen Gesprächen mit ihm diskutierten wir auch über das Verhältnis von Deutschen und Juden. Er fragte mich, warum ich diese distanzierenden Begriffe verwenden würde, es gäbe katholische und evangelische Deutsche. Viel besser wäre es doch, ebenso von jüdischen Deutschen zu sprechen, daraus könne man eine Brücke der Versöhnung bauen. Bei Henry Kissinger habe ich genau das empfunden, er war ein großer Brückenbauer. Ich verneige mich in Hochachtung vor diesem großen Mann.

Weil das Schloss schön ist

Zu „Rechtsextreme Verschwörung?“ (F.A.Z.vom 26. März) und „Preußens Altar“ (F.A.Z. vom 3. April): Das Berliner Schloss erlebt seit 2020 als Humboldt­Forum Millionen freudig staunender Besucher. Sind sie allesamt verdächtiger Gesinnung? Das wäre so, folgte man einer jüngsten Veranstaltung der Berliner Akademie der Künste, die von dem Verdacht beherrscht war, der Wiederaufbau von Berliner Schloss und Potsdamer Garnisonkirche sei das Werk rechtsextremer

Verschwörer. Mit linken und rechten ideologischen Projektionen auf die zwei bedeutenden Barockbauten befasst sich auch das F.A.Z.Feuilleton. Doch sind nicht beide stadtbildprägenden Bauten zuallererst rekonstruierte Zeugnisse ihrer Entstehungszeit? Ein ehemaliger Bundeskanzler, der seinen provisorischen Sitz im Staatsratsgebäude mit Blick auf den Palast der Republik hatte, antwortete auf die Frage, warum er den Wiederaufbau des Berliner Schlosses befürworte:

„Weil es schön ist.“ Wo er recht hatte, hatte er recht. Die Menschen besuchen barocke Schlösser und Parks, weil sie schön sind. Es ist ihre prächtige sinnliche Schönheit, die sie so anziehend macht. Keine andere Epoche hat wie das Barock die Schönheit zum Mittel der Politik gemacht. Die theatralische Inszenierung der Restauration der Herrschaft von Adel und Kirche nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg war ein zivilisatorischer Fortschritt: die Weiterent­

wicklung vom Raubritterfeudalismus Götz von Berlichingens zum Hofadel eines Französisch sprechenden, Flöte spielenden Friedrich des Großen. Es folgten dem Westfälischen Frieden geordnete zentralisierte Staaten, deren barocke Musik, Literatur, Schauspiel und Architektur bis heute bezaubern.

Florian Mausbach, Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung a.D., Berlin

Henry Kissinger anlässlich einer Spendenveranstaltung in Berlin. Rechts Kathleen von Alvensleben
Treffen in seinem Büro in der Park Avenue in New York

Wertvolle Gegenstände aus Erbschaften des Fördervereins

In der letzten Zeit haben uns verstorbene Spender auch mit Sachspenden aus ihrem Nachlass bedacht. Das finden wir sehr großzügig und sind voller Dankbarkeit dafür. Der Verkauf dieser Artikel trägt nun auch dazu bei, den Schlosswiederaufbau zu finanzieren. Ein Katalog aller dieser Artikel ist in Vorbereitung und wird kurzfristig erscheinen. Hier im Berliner Extrablatt können wir nur wenige Artikel zeigen. Aber vielleicht reizen schon diese Sie, bei uns nachzufragen und ein Gebot abzugeben. Oder fordern Sie über die Rückseite dieses Heftes einfach den Katalog an!

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Kostbare Orientbrücke, feinste Knüpfung, Maße 170 x 115 cm
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Tafelsilber, 800 gestempelt, Wilckens Silbermanufaktur

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Kaffee-, Tee- und Speiseservice, Porzellanmanufaktur Fürstenberg

Über 100 10-Euro-Sondermünzen der Deutschen Bundesbank

Von hohem Sammlerwert: Auswahl von über einhundert 10-Euro-Münzen der Deutschen Bundesbank, verschiedene Motive. Diese Münzen sind gesetzliches Zahlungsmittel.

Zahlreiche, wunder schöne und wertvolle Medaillen der MDM, Braunschweig

Prachtmedaillen in repräsentativer Holzschatulle

Briefmarken und Ersttagsbriefe der Deutschen Post, der Bundespost und der Bundespost Berlin

Briefmarkensammlung Berlin 1945–1990 Mehr als eine Stadt Luxus Album des Borek-Verlags Braunschweig im Schuber

Sie haben bisher unser Berliner Extrablatt gesammelt? Sie finden in den 99 Ausgaben sich nicht mehr zurecht? Sie haben Ihre Sammlung nicht vollständig oder – Sie haben gar keine Dokumentation des Wiederaufbaus des Schlosses? Da haben wir die Lösung:

Neu erschienen

Wiederaufbau Berliner Schloss in zwei Bänden

1991–2016 und 2017–2023

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In zwei Bänden haben wir für Sie aus allen Ausgaben des Berliner Extrablatts die besten Artikel, Essays, die schönsten und bewegenden Bilder und Bildreportagen auf insgesamt über 700 Seiten zusammengestellt. Diese beiden Bände sind eine ganz besondere Chronik des Wiederaufbaus des Berliner Schlosses, ein historisches Dokument und ein Muss für jeden Schlossliebhaber!

Sie erleben in den beiden Büchern erneut den gesamten Wiederaufbau, seine Debatten, den Schmerz um das Verlorene und die Freude über seine Wiedergeburt.

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Preis je Buch Euro 19,90 zuzüglich Euro 3,85 Versand- und Verpackungskosten

Herausgeber: Förderverein Berliner Schloss e. V., 22551 Hamburg, PF 56 02 20, verantwortlich für den Inhalt: Wilhelm v. Boddien, 1. bis 101 Auflage: 4.857.500. Die gesamte Auflage wurde aus Spenden an den Förderverein finanziert. Wir danken allen, die uns damit geholfen haben. Bildnachweis: Landesbildstelle Berlin, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege, Wünsdorf, Bilder zum Humboldt Forum und zu Museen: Bildarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Berlin. Schloss und Humboldt Forum: Prof. Franco Stella, Vicenza. Trotz umfangreicher Recherchen konnten wir nicht alle Urheberrechte der von uns veröffentlichten Bilder in Erfahrung bringen. Wir bitten mögliche Rechteinhaber, sich deswegen mit uns in Verbindung zu setzen. Nachdruck, auch auszugsweise, gegen Zusendung eines Belegexemplares gestattet. Für die Fotos gilt das Urheberrecht des Fotografen bzw. des Archivs. Wiedergaben bedürfen unserer ausdrücklichen Genehmigung und unterliegen der Gebührenordnung des jeweiligen Archivs. Alle CAD-Rekonstruktionen: Copyright: eldaco, Berlin, Telefon 030 - 86 39 39 43; Umbruch und Bildbearbeitung: Projektdesign Berlin, Telefon 030 -48 62 19 00; Druck: MÖLLER PRO MEDIA GmbH (auf umweltfreundlichem Recyclingpapier gedruckt). Hinweis: Wir sind wegen Förderung der Kunst, der Kultur und der Bildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 5 und 7 AO) nach der Anlage zum Körperschaftssteuerbescheid des Finanzamtes Berlin für Körperschaften I vom 8. Februar 2024 für den letzten Veranlagungszeitraum 2020 nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes von der Körperschaftssteuer und nach § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes von der Gewerbesteuer befreit.

Zwei Musterseiten aus dem Band 2

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Ab 50 Exemplaren nutzen Sie bitte den Direktbezug des Berliner Extrablatts: DS Direkt, Brookstieg 5, 22145 Stapelfeld, E­Mail: nause@ds­direkt.de

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