Heft 2 2023/24
Das Magazin der Berliner Philharmoniker
Jahrhundertkomponist Die Berliner Philharmoniker feiern Arnold Schönbergs 150. Geburtstag Lisa Batiashvili Eine Begegnung mit unserer Artist in Residence Erfolgsgeschichte Die Digital Concert Hall begeistert seit fünfzehn Jahren Menschen in aller Welt
Seit mehr Seit mehr als 30als Jahren 30 Jahren arbeiten arbeiten die Deutsche die Deutsche BankBank und die undBerliner die Berliner Philharmoniker Philharmoniker in einer in einer engen engen und lebendigen und lebendigen Partnerschaft Partnerschaft zusammen. zusammen. Gemeinsam Gemeinsam wollen wollen wir Musik wir Musik von Weltklasse von Weltklasse fördern fördern und Menschen und Menschen jedenjeden AltersAlters für Musik für Musik und Kultur und Kultur begeistern. begeistern. DennDenn MusikMusik inspiriert, inspiriert, verbindet verbindet Menschen Menschen und überwindet und überwindet Grenzen. Grenzen. db.com/kultur db.com/kultur
Musik verbindet #PositiverBeitrag
© Stephan Rabold
als Arnold Schönberg auf sein 1936 komponiertes Violinkonzert angesprochen wurde, soll er gesagt haben: »Ich freue mich, dem Repertoire ein weiteres unspielbares Werk hinzugefügt zu haben.« Diese Anekdote – ob nun wahr oder nicht – verdeutlicht treffend das Dilemma, in dem Schönberg sich zeitlebens befand. Seine Kompositionen galten mitunter als kompliziert und sperrig, manche sogar als nicht aufführbar. Doch das ist nur die eine Seite. Denn in Wahrheit haben wenige Künstler einen solchen Einfluss auf den Gang der Musikgeschichte gehabt wie Arnold Schönberg. Aus Anlass seines 150. Geburtstags widmen die Berliner Philharmoniker ihm einen Themenschwerpunkt, zum Auftakt wird im Januar das Oratorium Die Jakobsleiter aufgeführt. Isabel Herzfelds Beitrag in diesem Heft gibt Gelegenheit, den richtungsweisenden Komponisten neu zu entdecken.
Foto: Monika Rittershaus
Das Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Chefdirigent Kirill Petrenko stellt in diesem Jahr Richard Wagner in den Mittelpunkt. Als Stargast erwarten wir den Tenor Jonas Kaufmann. Er hat bereits häufig mit Kirill Petrenko musiziert und beide vereint die Liebe zur Musik Wagners. In München an der Bayerischen Staatsoper haben sie 40 Abende miteinander bestritten, darunter Aufführungen von Die Meistersinger von Nürnberg, Parsifal, Die Walküre oder Tristan und Isolde. Malte Krasting wirft in seinem Essay ein Schlaglicht auf dieses produktive Miteinander. Wir dürfen uns auf zwei besondere Debüts freuen. Robin Ticciati, Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, steht im Dezember mit Gustav Mahlers Vierter Symphonie erstmals am Pult der Berliner Philharmoniker. Und im Januar begrüßen wir Antoine Tamestit, der das ihm gewidmete Bratschenkonzert unseres Composers in Residence Jörg Widmann präsentiert. Allerhand Wissenswertes zu den beiden Neulingen bieten die Porträts in diesem Heft. Darüber hinaus finden Sie in dieser Ausgabe von Phil Beiträge etwa zu Henri Dutilleuxs Erster Symphonie oder über die denkwürdige Erstaufführung von Richard Strauss’ Don Juan durch die Berliner Philharmoniker. Ich wünsche Ihnen wie immer eine anregende Lektüre Ihres Phil und viele unvergessliche Konzerte mit den Berliner Philharmonikern. Herzlich Ihre
Andrea Zietzschmann, Intendantin der Stiftung Berliner Philharmoniker
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Phil — Heft 2 2023/24
Willkommen
Liebes Publikum,
Inhalt
• Schwerpunkt
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Der Vollmensch Die Berliner Philharmoniker feiern mit Arnold Schönberg einen der bedeutendsten Komponisten aller Zeiten.
• Artist in Residence
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Die Seele der Musik Die Geigerin Lisa Batiashvili über ihre georgische Heimat und warum die Geige manchmal wie eine menschliche Stimme klingt.
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• Silvesterkonzert
16 • Debüt
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Mit Richard Wagner Ein glückliches ins neue Jahr Paar Die Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko feiern den Jahreswechsel mit Musik von Richard Wagner.
Antoine Tamestit und seine Bratsche sind unzertrennlich. Phil stellt uns den 44-jährigen Musiker vor.
• Digital Concert Hall
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Foto, linke Seite: (oben) Heribert Schindler, (unten) Stefan Höderath. Rechte Seite: Monika Rittershaus
Am Puls der Zeit Die Digital Concert Hall feiert ihren fünfzehnten Geburtstag. Eine Erfolgsgeschichte.
• Debüt
26 Rubriken
Intensität im Jetzt Robin Ticciati gibt seinen lange erwarteten Einstand bei den Berliner Philharmonikern.
• Neue Musik
Sofia Gubaidulina Im Dezember steht ihr faszinierendes Violinkonzert Dialog: Ich und Du auf dem Programm.
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Phil — Heft 2 2023/24
Philharmonische Momente 42 Bei der Berliner Erstaufführung des Don Juan von Richard Strauss ging es hoch her. Neu entdeckt Henri Dutilleuxs Erste Symphonie ist ein Meisterwerk
30 Wenn ich nicht Musiker wäre …
Matthew McDonald liebt die Poesie – nicht nur in der Musik.
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Aktuelles Weihnachtsaktion Konzertkalender Dez 2023 – Jan 2024 Impressum
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Der Vollmensch Von Isabel Herzfeld
Bild: Arnold Schönberg, Blue Self Portrait, 1910 – akg-images. (Montage)
Er war Komponist, Lehrer, Maler, Erfinder und Schriftsteller. Die Rede ist von Arnold Schönberg. Aus Anlass seines 150. Geburtstags bietet ein Themenschwerpunkt Gelegenheit, diesen faszinierenden Künstler neu zu entdecken. Ein Glückwunsch.
Man kommt um ihn nicht herum, aber man liebt ihn nicht. Arnold Schönberg ist das Schreckgespenst der Moderne geblieben. Von Anfang an machte seine Musik Skandal, spaltete Publikum, Musiker und Kritiker in glühende Anhänger und erbitterte Gegner. Im sogenannten »Watschenkonzert« 1913 im Wiener Musikvereinssaal kam es gar zu einer Ohrfeige, nach Oscar Straus »noch das Melodiöseste, was man an diesem Abend zu hören bekam«. Schönbergs einstiger Gönner Richard Strauss spottete, es wäre besser, »wenn er Schnee schippen würde, als Notenpapier vollzukritzeln«. Doch »Kassengift« ist er mitunter auch heute noch. Gewiss lässt sich nicht abstreiten, dass Schönberg das Verdienst der radikalen Erneuerung der Musik gebührt. Seine Zwölftontechnik führte – so die gängige Meinung – endgültig den Rationalismus in die Musik ein und vertrieb die Emotion. Mit dem Prinzip einer festgelegten Reihe, in der kein Ton der zwölftönigen Skala erscheinen darf, bevor nicht alle anderen erklungen sind, überwand er endgültig die Dur-MollTonalität – oder meinte sie zu überwinden. Jünger wie Anton Webern oder René Leibowitz trieben das Reihenprinzip auf die Spitze, indem sie auch Rhythmus, Dynamik und Klangfarbe dieser strikten Durchorganisation unterwarfen. Die Nachkriegsavantgarde, die diesen Serialismus zum Dogma erklärte, dankte es ihrem Erfinder nicht. »Schönberg ist tot«, erklärte Pierre Boulez, Helmut Lachenmann unterstellte ihm »ästhetische Schizophrenie«. Heute kümmert man sich nicht mehr um diese Regeln: ein anything goes erlaubt Zugeständnisse an einen vermeintlichen Publikumsgeschmack, die Schönberg immer vehement ablehnte. »Der Verstand der Hörer muss reifen, ehe sie meine Musik begreifen können«, sagte er hellsichtig. Er wusste, dass dies erst in ferner Zukunft stattfinden würde.
»Was wir brauchen, sind Menschen, die den Mut haben auszudrücken, was sie denken und fühlen.« Arnold Schönberg
Selbstporträt, 1910
Selbstporträt, 1910
Unbedingtheiten Zugegeben, das ist nur eine Seite der Schönberg-Rezeption, noch dazu zum Klischee verfestigt. Dabei war Schönberg ein erfolgreicher Komponist, dessen Unbedingtheit sich allerdings selten auszahlte, und ein charismatischer Kompositionslehrer, der vor allem von seinen Schülern Alban Berg und Anton Webern vorbehaltlos verehrt wurde. Am begabtesten fand der Lehrer den rebellischen Hanns Eisler. Viktor Ullmann, Egon Wellesz – einer seiner ersten Biografen –, Josef Rufer und Rudolf Serkin unterrichtete er in Wien, Nikos Skalkottas, Marc Blitzstein und Winfried Zillig in Berlin, John Cage und Peter Jona Korn in den USA. Seine Schüler, darunter nicht wenige Schülerinnen, spiegeln vor allem in Berlin das reiche Musikleben der 1920erJahre. Dabei brachte er ihnen beileibe nicht seine Neutönerei bei, sondern unterrichtete Alte Meister. Dies stets auf Augenhöhe, wie er in seiner 1911 erschienenen Harmonielehre schreibt: »Der Lehrer muss den Mut haben, sich zu blamieren. Er muss sich nicht als der Unfehlbare zeigen, der alles weiß und nie irrt, sondern als der Unermüdliche, der immer sucht und manchmal findet.« Lieber »Vollmensch« als »Halbgott« wolle er sein. Unermüdliche Suche, Neugier und Experimentierlust kennzeichnen alle seine Tätigkeiten. Seine Opernlibretti schrieb er weitgehend selbst – falls seine zweite Frau Gertrud es nicht tat, Schauspielerin, Librettistin und später Herausgeberin seiner Werke. Als Maler war er kurze Zeit Mitglied in der Künstlervereinigung »Blauer Reiter«, bis er sich als »zu wenig professionell« zurückzog. Er war sportlich und stolz darauf, wenn man ihn für den Tennislehrer seiner jungen Frau hielt. Die Komponistenkollegen Franz Schreker 8
und George Gershwin waren seine Tennispartner. Als begeisterter Schachspieler erfand er ein »Koalitionsschach« für vier Personen, seine Möbel schreinerte er selbst. Der strenge, kompromisslose Künstler war sehr gesellig: Anton Webern berichtete, wie man »morgens geschwommen, nachmittags gesegelt und abends ein Champagnergelage« abgehalten habe. Seinen heißgeliebten Hund nannte er »Witz«. Seine Tochter Nuria beschreibt ihn als fürsorglichen Vater. Und nicht zuletzt war er Jude – ein Umstand, der ihm im »gewöhnlichen Wiener Antisemitismus« das Gefühl des Außenseiters, aber auch des Auserwählten gab, im »Dritten Reich« Existenzgefährdung und existenzielle Kränkung bedeutete, aber auch mehr und mehr seine Identität bestimmte.
Schwieriger Beginn Arnold Schönberg kam aus kleinbürgerlichen Verhältnissen: Der am 13. September 1874 geborene Sohn des Schumachers Samuel Schönberg und der musikbegabten Pauline Nachod begann mit neun Jahren Geige zu spielen und kleine Märsche und Polkas zu komponieren. Doch an eine reguläre Ausbildung war nicht zu denken. Nach dem frühen Tod des Vaters musste der 16-Jährige die Schule verlassen und als Angestellten-Lehrling einer Wiener Privatbank für den Lebensunterhalt der Familie sorgen. Seinen musikalischen Interessen musste er als Zaungast von Freiluftkonzerten im Prater oder mit vom Munde abgesparten Opernbesuchen nachgehen. Freunde bestärkten sein künstlerisches Selbstbewusstsein und gaben ihm die Kraft zum »Widerstand gegen Vulgäres und platte Popularität«. Arnold spielte Cello im Liebhaber-
Bild: Arnold Schönberg, Selbstporträts – akg-images (4).
Selbstporträt, 1910
Selbstporträt, 1920
orchester »Polyhymnia«, wo er Alexander Zemlinsky kennenlernte, »dem ich all mein Wissen um die Technik und die Probleme des Komponierens verdanke«. Der erschloss dem jungen Brahms-Verehrer auch die Welt Richard Wagners, sodass er »ein glühender Anhänger beider« werden konnte. Die Synthese dieser beiden so gegensätzlich empfundenen Klangwelten, die im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu erbitterten Fehden ihrer Gefolgsleute führten, ist für Schönbergs Schaffen maßgeblich geblieben. Schon das frühe Meisterwerk des 25-Jährigen, das Streichsextett Verklärte Nacht op. 4, verbindet Brahms’sche Satzkunst mit Wagner’schen Grenzüberschreitungen in Form, Klangsinn und Harmonik. In seinem berühmten Vortrag Brahms, der Fortschrittliche stellt Schönberg das Verfahren der »entwickelnden Variation« als zukunftsweisend heraus, das in der Entfaltung des musikalischen Zusammenhangs aus einem einzigen motivischen Kern heraus, unter Vermeidung von Wiederholungen, eine Art »musikalische Prosa« erzeuge. Sicher ist Verklärte Nacht, inspiriert von einem für die damalige Zeit äußerst progressiven Gedicht Richard Dehmels, noch ein hochromantisches Stück, ebenso wie die symphonische Dichtung Pelleas und Melisande, zu der ihn noch Richard Strauss ermunterte. Ihn hatte Schönberg in Berlin getroffen, wohin ihn Ernst von Wolzogen als Kapellmeister an sein Kabarett »Überbrettl« verpflichtet hatte. Der ernste Komponist zeigte sich mit allen musikalischen Wassern gewaschen, wie etwa seinem erotischen Chanson Gigerlette anzuhören ist. Die Weichen schienen für viele Wege gestellt; Strauss vermittelte dem begabten Newcomer eine Anstellung als Theorielehrer am Stern’schen Konservatorium Berlin, Verleger zeigten erstes Interesse. 9
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Doch Schönberg wählte den schmalen, unbequemen Weg. »Der Komfort steht der Bewegung entgegen«, formulierte er selbst in seiner Harmonielehre. Schon sein nächstes Werk, die Kammersymphonie op. 9, verblüffte mit bahnbrechenden Neuerungen: Erstmals wird hier die Dreiklangsharmonik zugunsten von Quartschichtungen aufgegeben. Wagners TristanHarmonik und der späte Liszt mit seinen übermäßigen Dreiklängen mögen dazu angeregt haben, auch Alexander Skrjabins Experimente mit seinem »mystischen« Quartenakkord etwa zur gleichen Zeit, um 1906. Dennoch war hier der Bruch mit jeglicher zu tonalen Auflösungen drängender Chromatik eklatant.
Visionäre Blicke Was mag der Grund dafür gewesen sein, dass Schönberg sich neben all seinen anstrengenden Tätigkeiten, die sich auch theoretisch-schriftstellerisch niederschlugen, auch noch der Malerei zuwandte? Welche Spannungen wollte er damit lösen? Von 1907 bis 1913 entstanden expressive, visionäre Bilder, überwiegend Porträts, deren Blicke den Betrachtenden verfolgen. »Schönbergs Musik und Schönbergs Bilder – da muss einem ja zugleich das Hören und Sehen vergehen«, witzelte man in Musikerkreisen. Für Schönberg war der Vorgang des Malens, vergleichbar mit dem Komponieren, ein Weg, »mich auszudrücken, Gefühle und Ideen darzustellen«. Die neue Kunst führte ihm den jungen Maler Richard Gerstl ins Haus – der ihn porträtierte und sich in seine erste Frau Mathilde verliebte. Die Affäre führte zur Katastrophe. Gerstl erhängte sich; Schönberg, der sich selbst mit Suizidgedanken getragen hatte, »heilte« sich mit einem Streichquartett. Dieses Opus 10 bildet
Ausstellung Arnold Schönberg in Berlin
Ab 25. Januar 2024 können Sie im Foyer des Großen Saals zu den Hausöffnungszeiten eine Ausstellung anlässlich Schönbergs 150. Geburtstag sehen.
nicht nur die Misere ab, sondern auch den Ausweg: »Ach, du lieber Augustin, alles ist hin« klingt es zwischen schmerzvoller Thematik ironisch an. Damit kann ebenso die Ehekrise wie der Verlust einer Tradition, in der sich nicht mehr komponieren ließ, gemeint sein. Auch die Gattungsform zerbrach: Schönberg fügt dem erlauchten Klangkörper eine Sopranstimme hinzu. »Ich fühle Luft von anderem Planeten« heißt es da in den Worten von Stefan George. Das expressionistische Monodram Erwartung, die visionären Klavierstücke op. 11, der exaltierte Jugendstil-Sprechgesang Pierrot lunaire, der Liederzyklus Das Buch der hängenden Gärten und die Orchesterstücke op. 16, in denen das dritte mit dem Titel Farben die reine Klangfarbenmelodie darstellt: Das alles waren Stationen auf einem Weg, auf dem der Komponist »alle Schranken einer vergangenen Ästhetik durchbrochen« hatte. Die »Emanzipation der Dissonanz« war vollzogen. Doch wie sollte es weitergehen? Ende Juli 1921 teilte Schönberg seinem Schüler Josef Rufer mit, er habe »etwas gefunden, das der deutschen Musik die Vorherrschaft für die nächsten hundert Jahre« sichere. Bereits dem unvollendeten Oratorium Die Jakobsleiter, entstanden 1917, liegt eine Folge von sechs Tönen zugrunde, welche die gesamte Struktur des Werkes bestimmt, eine Vorform späterer Zwölftonreihen. Das erste zwölftönige Werk, die Klaviersuite op. 25, legt gerade in der strengeren Konstruktion Wert auf »Fasslichkeit«, indem es barocke Satztypen verwendet. Dies trug Schönberg den Ruf eines »konservativen Revolutionärs« ein. Später, etwa im Todesnähe verarbeitenden Streichtrio op. 45, ließ er wieder mehr Flexibilität und Ausdruck zu. »Auch die Dodekaphonie [Zwölftontechnik] ist nur ein Werkzeug, das nicht mit der Musik selbst verwechselt werden darf«, betonte Schönberg.
Annäherung an Gott »Es ist wichtig, dass unsere Schöpferkraft solche Rätsel den Rätseln nachbildet, von denen wir umgeben sind«, schrieb Schönberg an Wassily Kandinsky, mit dem er seit 1911 eng befreundet war. Ihre Entwicklung weist schon vor ihrem Kennenlernen verblüffende 10
Parallelen auf. Der Maler löste sich auf ähnliche Weise von der Gegenständlichkeit wie der Musiker von der Tonalität. Beide vereinte das künstlerische Sendungsbewusstsein, das Bestreben, alles Materielle in der Kunst zu überwinden und ganz zum Geistigen vorzudringen. Die Rätsel, fährt Schönberg fort, seien »Abbild des Unfassbaren«, letztlich von Gott. Man könne sie nicht lösen, nur dechiffrieren. Im Oratorium Die Jakobsleiter will er darlegen, »wie der Mensch von heute, der durch den Materialismus, Sozialismus, Anarchie durchgegangen ist [...], wie dieser moderne Mensch mit Gott streitet«. Diese Annäherung an Gott durch Streit, »weil wir dann nicht mehr verlangen, ihn verstehen zu können«, legt eine zutiefst jüdische Seite in Schönbergs Wesen bloß. Protestantisch getauft und zunächst eher atheistisch eingestellt, setzte er sich zunehmend mit seinem Jüdischsein auseinander. Bereits 1921 erlebte er antisemitische Anfeindungen im Badeort Mattsee, der »judenrein« zu sein wünschte. Aus seinem Posten als Kompositionsprofessor an der Preußischen Akademie der Künste Berlin, wo er die Nachfolge Ferruccio Busonis angetreten hatte, wurde er unmittelbar nach der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten verjagt. Schon einige Wochen vorher hatte sich Schönberg mit Familie nach Paris abgesetzt. Dort kehrte er zum jüdischen Glauben zurück. Ein Ruf der Boston University ermöglichte ihm die Übersiedlung in die USA; später lehrte er in Los Angeles. In seinem Haus in Brentwood befand er sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu Thomas Mann, der ihm in seinem Roman Dr. Faustus ein – nicht unumstrittenes – Denkmal setzte.
Fragmente Der Erste Weltkrieg verhinderte die Vollendung der Jakobsleiter; auch der Versuch, das Fragment 1944 abzuschließen, scheiterte. Erst sein Schüler Winfried Zillig erstellte eine spielbare Partitur. Auch das reine Sprechdrama Der biblische Weg, in dem Schönberg zionistische Ideen verhandelt, ließ sich nicht realisieren. Hier formulierte Gedanken sollten in der wenig später begonnenen Oper Moses und Aron weitergeführt werden. Die Unfassbarkeit Gottes ist hier Thema, der Konflikt zwischen Moses, der den Gedanken nicht äußern kann, und Aron, der ihn nicht begreifen, aber dennoch die Massen bewegen kann. Auch dieses Werk blieb unvollendet und ist trotzdem, seit der Uraufführung des gesamten Fragments 1954 in Hamburg, auf modernen Opernbühnen recht begehrt. Kaum zu glauben, dass seine leidenschaftliche, farbige Musik auf einer einzigen Zwölftonreihe beruht!
Ein Überlebender aus Warschau Schönberg verfasste politische Aufrufe und war eine Zeit lang willens, seine ganze Energie in den Dienst des jüdischen Volkes zu stellen. Er, der selbst immer wieder in Geldschwierigkeiten war, arbeitete einen
Konzerthinweis 25.01.24 20 Uhr • Do Fr 26.01.24 20 Uhr Sa 27.01.24 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Wolfgang Koch Bariton (Gabriel) Daniel Behle Tenor (Ein Berufener) Wolfgang Ablinger-Sperrhacke Tenor (Ein Aufrührerischer) Johannes Martin Kranzle Bariton (Ein Ringender) Gyula Orendt Bariton (Der Auserwählte) Nicola Beller Carbone Sopran (Der Sterbende) Rundfunkchor Berlin
Foto: Universal Edition Wien
Arnold Schönberg Kammersymphonie Nr. 1 op. 9 Die Jakobsleiter, Oratorium
Plan aus, wie »eine allmähliche Auswanderung der Juden aus Deutschland« bezahlt werden könnte. Auch musikalisch bezog er weiter Stellung für das Judentum: Kol Nidre für Sprecher (Rabbi), Chor und Orchester führt mit der Verwendung traditioneller Melodiefloskeln die Zwölftönigkeit quasi auf tonalen Boden zurück. Ein Überlebender aus Warschau setzt mit Zwölftönigkeit (für das grausige Geschehen im Ghetto) und Tonalität (für das Gebet »Schma Jisrael«) quasi verschiedene Sprachen für Unmenschlichkeit und Humanität ein, wie auch die Befehle der Nazis auf Deutsch und der Bericht des »Überlebenden« in englischer Sprache gefasst sind.
Mut und Charakter Zeitlebens kämpfte Schönberg darum, von seinem Publikum verstanden zu werden. In den USA hatte ihn eine verständlichere Moderne überholt, ihn als unzeitgemäß abgestempelt wie weiland die frühe Klassik den alten Bach. Die Nachkriegsavantgarde wiederum stellte ihn vollends in die Ecke eines Theoretikers, der eine nur rational konstruierte Musik vorbereitete. Er selbst empfand die Bezeichnung »Konstrukteur« als schlimme 11
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Beleidigung und betonte die Bedeutung von Intuition und Inspiration für den Schaffensprozess. Qualität war immer eine Frage der künstlerischen Persönlichkeit: »Ich glaube, was wir heutzutage in der Musik brauchen, sind nicht so sehr neue Methoden der Musik wie Menschen von Charakter. Keine Talente. Talente sind da. Was wir brauchen, sind Menschen, die den Mut haben, auszudrücken, was sie denken und fühlen.« Isabel Herzfeld, freie Musikjournalistin, ständige Mitarbeit im Tagesspiegel, in der Fachzeitschrift Neue Musikzeitung und im Magazin PianoNews.
Die Seele
der Musik
Als Artist in Residence der Berliner Philharmoniker zeigt uns die Geigerin Lisa Batiashvili in dieser Saison die ganze Brandbreite ihres Könnens – als Solistin, Kammermusikerin und Ensembleleiterin. In unserem Interview gibt sie Einblicke in die langjährige Zusammenarbeit mit dem Orchester und einen Ausblick auf ihre Residency. Von Nicole Restle
Foto: Stefan Höderath
Wenn man Ihnen beim Spielen zuschaut, dann sieht alles so leicht aus, auch bei den schwersten Stücken. Woher nehmen Sie diese Leichtigkeit beim Spiel? Die Leichtigkeit nehmen die Leute von außen wahr. Für mich als Geigerin ist es ein anspruchsvoller und komplexer Prozess, weil so viele Aspekte zusammenkommen. Ich fühle eine große Verantwortung gegenüber der Musik, den Kollegen und dem Publikum. Auf der Bühne bin ich so fokussiert wie kaum sonst im Leben, und gleichzeitig muss ich dafür sorgen, mich wohlzufühlen. Nur so kann ich mich beim Spiel ganz öffnen. Sie verfügen über eine enorme Ausdrucksintensität und einen großen Klangfarbenreichtum. Wonach suchen Sie bei der Gestaltung Ihres Klangs? Für mich ist mein Klang wie eine Stimme. Viele Musikerinnen und Musiker sind der Meinung, die Schönheit des Klangs sei weniger wichtig als der Ausdruck. Den braucht man auch. Aber für mich spiegelt der Klang der Geige – wie die menschliche Stimme – die Seele des Musizierenden wider. Der Klang hat viel mit meinen eigenen Emotionen zu tun. Ich möchte mit ihm Menschen animieren, in sich zu gehen und die eigenen Gefühle zu reflektieren. Ich bin zudem überzeugt, dass Klang auch etwas mit der eigenen Herkunft zu tun hat. Ich erkenne beispielsweise viele Künstler aus Georgien am Klang. Liegt es an der Volksmusik oder der Musik, die man als Kind gehört hat? Wer weiß es? Meiner Meinung nach hat die Kultur und die Erziehung eines Menschen einen großen Einfluss auf seine individuellen Klangvorstellungen. Sie lebten bis zu Ihrem zwölften Lebensjahr in Georgien, kamen dann 1991 nach Deutschland. Wie haben diese beiden unterschiedlichen Kulturen Ihre Persönlichkeit geprägt? Ich bin noch in der Sowjetunion geboren und habe nach 1989 Georgiens Kampf für Unabhängigkeit erlebt. Als ich dann nach Deutschland kam, fühlte ich mich natürlich zunächst fremd. Doch sehr schnell entwickelte ich eine besondere Nähe zu der deutschen Kultur und ich entfernte mich von der georgischen. Erst als ich selbst Kinder bekam, entdeckte ich die Geor13
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gierin in mir wieder. Heute empfinde ich es als ein unglaubliches Glück, dass ich beide Kulturen in mir trage. Sehr jung, mit Mitte 20, gaben Sie Ihr Debüt bei den Berliner Philharmonikern. Seither treten Sie regelmäßig mit ihnen auf. Was bedeutet Ihnen dieses Orchester? Ich empfinde die Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern als sehr bereichernd. Und ich bin so dankbar für die spannenden Projekte, die mich in dieser Saison als Artist in Residence erwarten. Für mich sind die Philharmoniker nicht einfach nur ein Spitzenorchester, sondern ein Kollektiv unglaublich großartiger musikalischer Persönlichkeiten. Wenn ich mit ihnen auftrete, habe ich das Gefühl, ich bin von Kolleginnen und Kollegen umgeben, die mit genauso viel Leidenschaft musizieren wie ich. Dieses Orchester hat mich schon als Kind fasziniert. Ich bin mit den Aufnahmen der Berliner Philharmoniker aufgewachsen und wünschte mir nichts sehnlicher, als einmal mit ihnen aufzutreten. Das erschien damals zu Sowjetzeiten vollkommen unrealistisch, aber dann wurde es wahr! Und diese Residency ist die Fortführung einer langjährigen künstlerischen Freundschaft. Während Ihrer Residency können wir Sie in Berlin mit zwei Violinkonzerten erleben: mit dem von Johannes Brahms und dem ersten Violinkonzert von Karol Szymanowski. Letzteres gehört zu den anrührendsten und schönsten Violinkonzerten des 20. Jahrhunderts. Welche Geschichte steht dahinter? Das Szymanowski-Violinkonzert habe ich erst vor ein paar Jahren einstudiert und letztes Jahr aufgenommen. Ich verliebte mich in dieses Werk, weil es eine unglaubliche Kraft und gleichzeitig eine verführerische Sensibilität mit außerordentlich schönen und berührenden Melodien besitzt. Das Konzert entstand in Zusammenarbeit mit dem Geiger Paul Kochanski, in den Szymanowski offenbar verliebt war. Es ist für mich eine Liebeserklärung – der Ausdruck von Empfindungen, die damals nicht ausgelebt werden durften. In der Musik aber sind sie präsent und erzeugen eine ganz besondere Stimmung.
Der Anfang des Szymanowski-Konzerts weckt Assoziationen an Militärmusik und dann kommt die Geige und entführt in eine ganz andere, entrückte Welt. Welche Rolle kommt dem Soloinstrument in diesem Stück zu? Am auffälligsten ist, dass die Geigenstimme meistens sehr hoch über dem großen Klangteppich schwebt, den das Orchester ausbreitet. Sie verkörpert das Lyrische und Sensible. Ihre hohen, singenden Melodien lösen ganz viele Empfindungen aus. Das Konzert ist für ein sehr großes Orchester geschrieben und es braucht eine gut austarierte Balance zwischen Solist und Orchester. Ich freue mich besonders darauf, das Stück mit den Berliner Philharmonikern aufzuführen, zumal es auch meine erste Zusammenarbeit mit Kirill Petrenko ist. Im Gegensatz zu Szymanowski ist das Konzert von Johannes Brahms ein Standardwerk des Geigenrepertoires. Es begleitet Sie als Geigerin Ihr ganzes Berufsleben. Wie bleibt die Neugier darauf lebendig? Natürlich habe ich das Brahms-Konzert schon oft gespielt – aber noch nie mit den Berliner Philharmonikern. Wie bei allen Meisterwerken kann man in jeder Aufführung etwas Neues entdecken. Das wird auch bei der Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern der Fall sein. Es gibt hier eine große BrahmsTradition, die sich durch einen warmen, dunklen Klang, eine präzise Artikulation und eine große Natürlichkeit auszeichnet. Diese Art zu musizieren, kommt mir sehr entgegen. Mit Daniel Barenboim, dem Dirigenten des BrahmsKonzerts, sind Sie schon lange künstlerisch verbunden. Er begleitete Ihre Karriere. Was verdanken Sie ihm? Daniel Barenboim ist für mich persönlich eine ganz wichtige Person. Ich habe schon viele Violinkonzerte mit ihm gespielt. Das Brahms-Konzert war das erste Stück, das wir gemeinsam aufgeführt haben. Ich vergesse nie, wie inspirierend allein schon die Proben waren, weil er uns alle dazu animierte, jede Note und jede Phrase ernst zu nehmen und nichts dem Zufall zu überlassen. Das beeindruckte mich sehr. Und natürlich ist er auch für die Musikwelt im Allgemeinen wichtig, weil er sich mit seinen künstlerischen Projekten für den Frieden und die junge Generation einsetzt. In einem Ihrer Kammermusikprogramme als Artist in Residence treten Sie auch mit dem Komponisten und Klarinettisten Jörg Widmann auf. Was schätzen Sie an ihm und seiner Musik? Jörg Widmann ist ein langjähriger Freund, ein fantastischer Klarinettist und ein wunderbarer Komponist. Seine Musik ist unglaublich vielfältig und hat trotzdem 14
eine ganz eigene, unverkennbare Klangsprache. Wir wollen mit unserem Programm zeigen, dass zeitgenössische Musik – anders als man in den letzten Jahrzehnten angenommen hat – nicht immer atonal und kompliziert ist, sondern auch zugänglich und emotional. Das Publikum soll erfahren, dass die Neue Musik eine vielversprechende Zukunft hat. Aus diesem Grund stellen wir in unserem Konzert Tsotne Zedginidze vor, einen 14-jährigen Pianisten und Komponisten aus Georgien. Er ist ein Jahrhunderttalent. Dieser Junge besitzt eine überbordende Fantasie und eine Art zu komponieren, die zu Herzen geht. Tsotne Zedginidze wird von der Lisa Batiashvili Foundation gefördert. Diese Stiftung haben Sie für georgische Künstlerinnen und Künstler gegründet. Was wollen Sie damit erreichen? Ich möchte meiner Heimat Georgien, die ich als Kind verlassen habe, etwas zurückgeben. Es gibt dort junge Künstlerinnen und Künstler, die mich mit ihrem Talent so berührt haben, dass ich sie auf ihrem Weg unterstützen möchte. Die neue Generation hat eine unglaubliche Vielfalt an Talenten und eine große Bedeutung für unsere Zukunft in der klassischen Musik. Diese jungen Musikerinnen und Musiker können so vieles schon so früh und das möchte ich unterstützen. Georgien ist ein Land, das künstlerisch sehr weit ist und viele großartige Künstler zu bieten hat – für uns Georgier sind sie eine große Kraft und Stärke. Diese Künstler durch die Kultur und Musik so bekannt und sichtbar wie möglich zu machen, hilft unserem kleinen Land. Sie sind in dieser Saison auch die Solistin des Europakonzerts der Berliner Philharmoniker, das in Ihrem Geburtsland Georgien stattfindet. Welche Bedeutung hat dieser Auftritt für Sie? Wenn man mir vor 15 Jahren gesagt hätte, dass eines Tages die Berliner Philharmoniker nach Georgien kommen, hätte ich das niemals geglaubt – obwohl das mein sehnlichster Wunsch war. Dieses Konzert wird das Highlight meines Lebens! Ich bin überglücklich, dass die Menschen in Georgien die Möglichkeit erhalten, ein so großes, traditionsreiches Orchester in ihrem Land live zu erleben. Natürlich hat dieses Konzert auch eine politische Bedeutung. Denn Georgien kämpft schon viele Jahre darum, Teil der europäischen Familie zu werden. Kulturell ist es eigentlich schon längst Teil Europas. Das soll dieses Konzert deutlich machen. Für Georgien wird das vermutlich einer der wichtigsten kulturellen Momente überhaupt, da zum ersten Mal ein so großes Orchester nach Georgien kommt, und dazu eines der weltweit besten. Das ist natürlich eine große Aufgabe für uns. Wir arbeiten dazu in Georgien mit einem ganz besonderen Team, das trotz der
Konzerthinweis 10.12.23 20 Uhr • So Kammermusiksaal Artist in Residence Lisa Batiashvili Violine Mitglieder der Berliner Philharmoniker Louise Farrenc Nonett Es-Dur op. 38 Louis Spohr Nonett F-Dur op. 31
Foto: Stefan Höderath
Herausforderungen die Auffassung mit mir teilt, dass die Berliner Philharmoniker sowohl aus kulturellen wie auch aus politischen Gründen unbedingt nach Georgien kommen müssen. Seit dem Kaukasuskrieg 2008 treten Sie nicht mehr in Russland auf und haben sich klar gegen Putin positioniert. Sie fühlen sich Ihrem Nachbarland Ukraine, das Putin mit Krieg überzogen hat, sehr verbunden. Für mich war es schon immer wichtig, einen Standpunkt zu vertreten und mir bewusst zu machen, was sich hinter den Taten der Politiker verbirgt und welche Konsequenzen daraus folgen, wenn ich als Künstlerin nicht wirklich darüber nachdenke, wo und mit wem ich auftrete. Kommen wir nochmal auf die Musik zurück. Sie spielen eine Geige von Guarneri del Gesù von 1739, davor war es eine Stradivari aus dem Besitz des BrahmsFreunds Joseph Joachim. Was hat Sie bewogen, auf ein Instrument von Guarneri zu wechseln? Zunächst spielte ich eine Stradivari, und dann bin ich durch einen glücklichen Zufall dieser wunderbaren Guarneri del Gesù begegnet, die überraschend das Instrument meines Lebens wurde. Eigentlich interessierte ich mich für eine andere Geige, aber dann wurde mir diese mit den Worten in die Hand gedrückt: 15
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»Probier die mal!« Der Klang überzeugte mich sofort und ich fand sie sehr komfortabel. Inzwischen spiele ich die Guarneri schon seit fast zehn Jahren und es vergeht kein Tag, an dem ich nicht unglaublich glücklich über diese Geige bin. Egal, in welchem Saal ich spiele, egal, wie die Akustik ist, diesem Instrument kann ich komplett vertrauen. Und das erleichtert das Leben sehr. Auf was freuen Sie sich als Artist in Residence der Berliner Philharmoniker am meisten? Als erstes freue ich mich darüber, längere Zeit in Berlin zu sein und von der Vielfalt, die diese Stadt anzubieten hat, zu profitieren. Ich freue mich auf die verschiedenen Projekte mit den Berliner Philharmonikern, mit Menschen, mit denen ich schon viel musiziert habe und seit langer Zeit befreundet bin – sie sind wirklich wie eine musikalische Familie. Dann freue ich mich auf das vielfältige Repertoire und auf die erste Zusammenarbeit mit Kirill Petrenko Und wie schon erwähnt, spielt für mich der musikalische Nachwuchs eine große Rolle und daher freue ich mich auch besonders auf die erste Begegnung mit der Karajan-Akademie. berliner-philharmoniker.de/artist-in-residence Nicole Restle ist Redakteurin des Magazins Phil.
Mit Richard Wagner
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Foto: akg-images
Die Berliner Philharmoniker und ihr Chefdirigent Kirill Petrenko begeben sich mit ihrem diesjährigen Silvesterkonzert auf eine musikalische Reise in Richard Wagners Sagenwelt. Mit dabei ist Startenor Jonas Kaufmann.
ins neue Jahr Von Malte Krasting
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»Was ich an ihm besonders schätze, ist der unbedingte Perfektionismus bei den Proben, diese unerbittliche Arbeit am kleinsten Detail.« Jonas Kaufmann über Kirill Petrenko
Dass die Berliner Philharmoniker auch ein phänomenales Opernorchester sind, beweisen sie jahrein, jahraus bei den Osterfestspielen in Baden-Baden (und bald wieder, wie seit der Gründung der Festspiele durch Herbert von Karajan 1967, in Salzburg). Doch auch in der Philharmonie Berlin ist immer wieder das Musiktheater zu Hause: Opern hier konzertant oder in halbszenischer Einrichtung zu spielen, ist eine lang geübte Gepflogenheit, die mit Kirill Petrenko noch ausgebaut wird – naheliegenderweise, hat sich doch der derzeitige künstlerische Leiter in seiner bisherigen Laufbahn als einer der führenden Operndirigenten unserer Zeit erwiesen. Und er weiß, wozu die Philharmoniker fähig sind: »Mit diesem Orchester kann man alles erreichen. Es gibt überhaupt nichts, was die nicht können oder wollen.« Zum Jahreswechsel 2023/24 präsentieren die Berliner Philharmoniker und ihr Chefdirigent in den Silvesterkonzerten zwei große Auszüge aus Musikdramen von Richard Wagner: Ouvertüre und Der Venusberg aus Tannhäuser und den gesamten ersten Aufzug aus der Walküre, dem »erster Tag« genannten zweiten Teil der Tetralogie Der Ring des Nibelungen. Eigentlich sind beides fast eigen18
ständige Werke: Sowohl der Tannhäuser-Ausschnitt als auch der Walküre-Akt können wie wenige Opernmusiken als in sich abgeschlossene Stücke für sich stehen. Das Tannhäuser-Bacchanal entstand aus einer Riesenchance für Wagner: In der Saison 1860/61 sollte die Oper in Paris aufgeführt werden – in Europas Musik- und Opernmetropole. In eben dieser Stadt hatte er ziemlich genau 20 Jahre vorher schon einmal längere Zeit verbracht. Unter armseligen Bedingungen versuchte er damals, seine Frau Minna und sich mit Brotarbeiten wie dem Erstellen von Klavierauszügen anderer Komponisten durchzubringen. Das elende Leben in der fremdsprachigen Hauptstadt unter Schulden und Hunger hatte in ihm eine besondere Begeisterung für die deutsche Sagenwelt geweckt. So begann er, sich mit Tannhäuser und dem Wartburgkreis zu beschäftigen. Die Oper über die mittelalterlichen Minnesänger nahm schnell Gestalt an. Als Wagner 1842 nach Dresden zurückkehrte, reiste er an der Wartburg vorbei: »Einen seitab von ihr gelegenen ferneren Bergrücken stempelte ich sogleich zum ›Hörselberg‹ und konstruierte mir so, in dem Tal dahinfahrend, die Szene zum dritten Akt meines Tann-
häusers …« Mit der Uraufführung in Dresden 1845 war die Arbeit allerdings noch nicht beendet, im Gegenteil: Nun fing die jahrzehntelange Überarbeitungsgeschichte dieser Oper erst an. Die »Pariser Fassung« war auch nur ein Zwischenschritt; noch kurz vor seinem Tod soll Wagner gemeint haben, er sei »der Welt noch den Tannhäuser schuldig«. Eine Inszenierung an der Pariser Grand Opéra jedenfalls bedeutete, dass Wagner eine neue Szene mit Tanz schreiben musste – denn ohne Ballett war eine große Oper an diesem Theater undenkbar. Wagner fügte den Einschub nicht an der üblichen Stelle im zweiten Akt ein, sondern erweiterte stattdessen die ohnehin von Tanz und Pantomime getragene Venusberg-Szene gleich am Anfang und komponierte weite Teile des ersten Aktes neu. So entstand das, was man als »Ouvertüre und Bacchanal« bezeichnet. Beginnend wie die ursprüngliche Ouvertüre mit dem Pilgerchor-Thema in den Bläsern, weitet sich das Stück zu einem großformatigen Tongemälde und verwandelt sich geradezu in eine symphonische Dichtung mit offenem Schluss: Durch die christlich grundierte Hymne am Anfang einerseits und die hierauf folgende flimmernde, glitzernde, glühende Schilderung der verführerischen
Foto: Monika Rittershaus
Jonas Kaufmann und die Berliner Philharmoniker
Reize im Venusberg andererseits werden die zwei gegensätzlichen Sphären des Werkes etabliert. Die anderthalb Jahrzehnte zwischen Dresden und Paris waren nicht spurlos an Wagners Musiksprache vorübergegangen, und so lugt hier zwischen den Najaden- und Nymphenspielen ein anderes großes Liebespaar hervor: Tristans und Isoldes Harmonien spuken in den orgiastischen Auf- und Abschwüngen der Bacchantinnen umher. Dass die Pariser Premiere für Wagner in einem Debakel endete, in einem von Claqueuren befeuerten, wenn nicht gar inszenierten Skandal, hat dem Werk auf Dauer nicht geschadet; die Tannhäuser-Neufassung, insbesondere ihr im Silvesterkonzert erklingender Anfang, führt seither ihr eigenes Leben – im Opernhaus wie im Konzertsaal. Auf andere Weise ist der erste Aufzug von Die Walküre ein eigenständiges Drama, vergleichbar 19
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großen spätromantischen Einaktern der Operngeschichte wie etwa Alexander Zemlinskys Der Zwerg. Ebenso sieht es Kirill Petrenko: »Der erste Akt der Walküre ist zwar nur ein Teil eines großen Werkes, aber funktioniert für sich als Herzstück ganz ausgezeichnet, weil es fast eine in sich geschlossene Geschichte ist, eine Dreiecksgeschichte, die im ersten Akt beinahe schon zu Ende erzählt wird.« Die Begegnung von Siegmund und Sieglinde im Hause Hundings ist in ihrer großen Erregungskurve so packend dargestellt, dass man fast vergessen kann, was sich alles vorher und nachher noch abspielt. Mit der Walküre beginnt die eigentliche Handlung von Wagners Ring. Nun entfaltet sich der Plan, den Wotan am Schluss des »Vorabends«, Das Rheingold, »wie von einem großen Gedanken ergriffen« gefasst hatte: das Unrecht, das er selbst mit in die Welt gesetzt hat, aus ihr wieder zu entfernen. Der
Raub des Rheingolds muss rückgängig, der macht- und unheilbringende Ring, den der Nibelung Alberich sich aus dem Rheingold geschmiedet hat, unschädlich gemacht werden. Wotan selbst darf es nicht tun, ihn binden Verträge, denn er hat mit dem ganzen Hort die Riesen Fafner und Fasolt bezahlt. Auch der Ring ist in Fafners Besitz; der Riese hat dafür seinen Bruder Fasolt ermordet. Was er mit dem Schatz vorhat, ist unklar. Noch kann niemand wissen, dass Fafner keinen Nutzen daraus zieht, keine Zinsen aus dem Kapital schlägt, sondern sich einfach draufsetzt und einschläft. Ein freier Held soll vollbringen, was Wotan verwehrt ist. Dazu hat er mit einer Menschenfrau das Zwillingspaar Siegmund und Sieglinde gezeugt, die Wälsungen. Außerdem hat Erda ihm Brünnhilde geboren, die als Walküre mit acht Halbschwestern gefallene Helden sammelt, um ein Heer für die letzte Schlacht aufzubauen.
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Foto: Monika Rittershaus
Das Education-Programm der Berliner Philharmoniker
Mehr als 20 Jahre voller Musik, Emotionen und Begegnungen Möglichst viele Menschen für klassische Musik zu begeistern – egal, welchen Alters und welcher Herkunft: Diese Vision hatten die Berliner Philharmoniker und ihr Chefdirigent Sir Simon Rattle, als sie 2002 ihr Education-Programm initiierten. Die Deutsche Bank erkannte die gesellschaftliche Relevanz der Idee und ermöglichte, dass aus dieser Vision Realität wurde. Heute kann das Education-Programm der Berliner Philharmoniker auf eine große Erfolgsgeschichte zurückblicken: Mit seinen verschiedenen Angeboten, angefangen von Familien- und Mitmachkonzerten über Tanz- und Vokalhelden-Chorprojekte, kreative Workshops bis hin zum Kita-Programm KlangKids sowie Community- und Schulprojekten, hat es Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen den Zugang zu klassischen Konzerten erleichtert und ihnen Wege zum aktiven Musizieren gezeigt. Auch für den Chefdirigenten Kirill Petrenko ist das Education-Programm eine Herzensangelegenheit. In den von ihm moderierten Familienkonzerten will er das große und kleine Publikum mit seiner Begeisterung für die Musik anstecken. Nach mehr als 20 Jahren gilt es aber auch, neue Formate der Education-Arbeit zu etablieren. Wie sieht die Musikvermittlung der Zukunft aus? Das ist eine der zentralen Fragen, die sich die Berliner Philharmoniker und die Deutsche Bank bei der Weiterentwicklung des EducationProgramms stellen. Wie lassen sich die sozialen Medien und digitale Angebote einsetzen, um junge Leute zu erreichen und ihr Interesse an klassischer Musik zu wecken? Unter dem Stichwort Sharing Music werden etablierte EducationKonzepte weitergedacht. Ein Anfang ist bereits gemacht mit der Filmreihe Close-up, die jeweils ein großes musikalisches Werk vorstellt und aus mehreren Blickwinkeln beleuchtet. Chefdirigent Kirill Petrenko kommt hier ebenso zu Wort wie Jugendliche und Experten aus verschiedensten Bereichen. Die Velo-Stage, ein Geschenk der Deutschen Bank zum 20. Geburtstag des Education-Programms, brachte schon vieles in Bewegung. Nun geht es weiter – in eine musikalisch inspirierte Zukunft, die die Berliner Philharmoniker und die Deutsche Bank gemeinsam gestalten wollen.
© Madlen Krippendorf
Für Kirill Petrenko spielt das Schaffen Richard Wagners seit Beginn seiner Laufbahn eine wesentliche Rolle, wenige Komponisten liegen ihm als Operndirigenten so am Herzen.
Ein Sturm tobt zu Beginn dieses »ersten Tags« des Bühnenfestspiels. Wie Wagner in den Anfangstakten der Walküre mit den Mitteln des Orchesters dieses Gewitter malt, gehört zu den großen Naturschilderungen der klassischen Musik: die Welt in Aufruhr, das Wüten der Elemente als Vorbote grundstürzender Veränderungen. Neben den drei Gesangspartien – Siegmund, Sieglinde und Hunding – bildet das Orchester eine eigene Erzählstimme; schon ehe das erste Wort gesungen ist, kann man hören, wie Überzeugungen aufeinanderprallen. Es gärt und brodelt überall: Sippen, Selbstverteidigung, kriegsähnliche Zustände.
stamm gestoßen habe. Sie ahnt, dass endlich derjenige erschienen ist, dem die Waffe zugedacht war. In beiden wächst das Gefühl, füreinander bestimmt zu sein. Immer mehr fällt ihnen ihre Ähnlichkeit auf. Die Frau erkennt im Mann ihren Zwillingsbruder und gibt ihm seinen Namen: Siegmund. Er zieht das Schwert aus dem Stamm und nennt es »Nothung«. Jetzt offenbart sich die Frau: Sie ist Sieglinde, Siegmunds Schwester. Als Kinder waren sie voneinander getrennt worden, als Liebespaar umfangen sie sich nun. »Winterstürme wichen dem Wonnemond« – was jetzt noch um sie herum ist, versinkt in Bedeutungslosigkeit.
Ein Mann ohne Namen, waffenlos und verletzt, wird aufgenommen in einem Haus und von der Hausfrau versorgt. Der bald heimkehrende Hausherr Hunding aber erweist sich als sein Gegner, das Gastrecht gewährt Schutz nur bis zum Morgen. Der Flüchtling hofft auf Hilfe und erinnert sich an eine alte Prophezeiung: »Ein Schwert verhieß mir der Vater, ich fänd’ es in höchster Not.« Die Frau betäubt ihren Ehemann mit einem Schlaftrunk und zeigt dem Gast das Schwert, das ein fremder Greis an dem Tag, als sie gegen ihren Willen verheiratet wurde, in den Eschen-
Mit beiden Werken, Tannhäuser und Walküre, verbindet die beteiligten Interpreten des Berliner Silvesterkonzerts schon eine lange Geschichte. Für Kirill Petrenko spielt das Schaffen Richard Wagners seit Beginn seiner Laufbahn eine wesentliche Rolle, wenige Komponisten liegen ihm als Operndirigenten so am Herzen. Schon seine erste Verpflichtung in leitender Position, von 1999 bis 2002 am Meininger Theater, hing mit Wagner zusammen. Die dortige Intendantin Christine Mielitz hatte Großes, ja nie Dagewesenes vor: Sie wollte den ganzen Ring des
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Nibelungen an vier aufeinanderfolgenden Tagen zur Premiere bringen. Dieses Kunststück hatte vor ihr nur Richard Wagner selbst angestrebt, bei der Uraufführung des Gesamtzyklus im Rahmen der ersten Festspiele von Bayreuth im Jahre 1876. Doch damals erkältete sich Franz Betz, der Darsteller des Wotan, und zwischen Walküre und Siegfried musste ein Pausentag eingeschoben werden. Nun, an der Wende zum 21. Jahrhundert, suchte Christine Mielitz für ihr Unterfangen einen musikalischen Chef, der wagemutig genug für dieses Husarenstück war, und fand ihn in dem jungen Kapellmeister der Wiener Volksoper. Zwei Jahre dauerten die Proben mit doppelter Sängerbesetzung und gleich zwei Orchestern; Bühnenbilder und Kostüme gestaltete der geniale Bildhauer Alfred Hrdlicka; vier Aufführungszyklen wurden von Ostern 2001 an im Monatsabstand gespielt. Das kleine südthüringer Theater, aus dessen Hofkapelle sich Wagner einst ein Drittel seines Festspielorchesters rekrutiert hatte, war wieder in aller Munde, die Tagesschau berichtete und das Zweite Deutsche Fernsehen auch. Mit dieser Tat geriet Kirill Petrenko ins Blickfeld der internationalen Musikwelt, die internationalen Debüts ließen nicht mehr lange auf
Jonas Kaufmann und Kirill Petrenko
sich warten. Um mit der Walküre Siegrune zu sprechen: »Arbeit gab’s« fortan für ihn zuhauf, Wagner begleitete ihn weiterhin, in Dresden, Lyon, bei der Ruhrtriennale und natürlich mehrfach an der Bayerischen Staatsoper in München. Einen weiteren RingZyklus hat Kirill Petrenko mittlerweile herausgebracht, die 2013 erstmals gezeigte Produktion von Frank Castorf bei den Bayreuther Festspielen, die er noch in den beiden Folgejahren dirigierte; und an der Bayerischen Staatsoper hat er eine Wiederaufnahmeserie der Inszenierung von Andreas Kriegenburg geleitet. Die Münchner Produktion der Meistersinger von Nürnberg (2016; Regie: David Bösch) war die erste Wagner-Neuinszenierung, die Kirill Petrenko am Pult und Jonas Kaufmann in der Partie des Walther von Stolzing gemeinsam erarbeitet haben. Sie wurde gefolgt von Parsifal (2018; Regie: Pierre Audi 24
in einer Ausstattung von Georg Baselitz) und Tristan und Isolde in Kirill Petrenkos letzter Neuproduktion an der Bayerischen Staatsoper (2021; Regie: Krzysztof Warlikowski), außerdem von einer Festspielaufführung der Walküre 2018. Die gegenseitige Wertschätzung der beiden ist mit der Zeit nur noch gestiegen. Jonas Kaufmann resümiert die sage und schreibe 40 gemeinsamen Abende an der Bayerischen Staatsoper: »Otello, Tosca, Tote Stadt, Meistersinger, Parsifal, Walküre, Tristan, unsere Konzerte – die Zusammenarbeit mit Kirill Petrenko gehört für mich zum Schönsten, was ich als Sänger erlebt habe. Und damit meine ich nicht nur die Aufführungen, sondern den ganzen Prozess jeder Einstudierung. Ich werde nie vergessen, wie herrlich der extrem komplexe Orchesterpart der Toten Stadt unter seiner Leitung klang. Was ich an ihm besonders schätze, ist der unbedingte Perfektionismus bei den Proben, diese unerbittliche
Konzerthinweis 20 Uhr • FrSa 29.12.23 30.12.23 19 Uhr
Foto: Monika Rittershaus
So 31.12.23 17.30 Uhr Großer Saal
Arbeit am kleinsten Detail. Und bei der Aufführung lässt er komplett los, genießt die Musik, unterstützt uns, freut sich und lächelt.« Auch die bisher einzige Tannhäuser-Produktion, an der sowohl Jonas Kaufmann als auch Kirill Petrenko mitgewirkt haben, verbindet sie, selbst wenn sie die Musik noch nie zusammen aufgeführt haben: Die Neuinszenierung von Romeo Castellucci, die Kirill Petrenko in der Premierenserie 2017 an der Bayerischen Staatsoper einstudierte und auf einem Gesamtgastspiel in Japan dirigierte, wurde dieses Jahr bei den Salzburger Osterfestspielen gezeigt, wo Jonas Kaufmann in der Titelpartie sein Tannhäuser-Debüt gab. Kein Wunder also, dass nach dem umjubelten Berliner Silvesterkonzert 2022/23 mit italienischer Opernmusik der Wunsch nach einer neuerlichen Kooperation zwischen dem Tenor, dem Dirigenten und dem Orchester groß war. Kirill Petrenko bekräftigt: »Ich bin ja von Haus aus ein unglaublicher Opernfan, und wir wollten Jonas Kaufmann auch wieder einladen. Wir haben überlegt, was machen wir?« Dazu fügte sich, dass die Berliner Philharmoniker Richard Wagners Musik praktisch seit den ersten Tagen ihrer Existenz spielen. Beim Vorgängerensemble, der sogenannten Bilse’schen Kapelle, war Wagner sogar persönlich regelmäßig als Dirigent zu Gast gewesen. Passagen aus der Walküre finden sich in den Annalen der Berliner Philharmoniker schon im zweiten Jahr ihres Bestehens, seit 1884 erklingt immer wieder die Schlussszene der Oper (Wotans Abschied und Feuerzauber) und natürlich der berühmte Walkürenritt. Einige Male stand der erste Aufzug konzertant auf dem 25
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Programm, beispielsweise 1951 unter der musikalischen Leitung von Leo Blech, 1971 unter Herbert von Karajan und 2005 unter Sir Simon Rattle. Selbst die Kombination aus Tannhäuser-Vorspiel und WalküreAufzug gab es schon, 1920 unter Karl Muck. Zwei exzellente Sängerdarsteller werden neben Jonas Kaufmann auf der Bühne der Philharmonie stehen, »tolle Solisten«, auf die sich Kirill Petrenko besonders freut. Die aus Litauen stammende Sopranistin Vida Miknevičiūtė gestaltet die Partie der Sieglinde, und der westfälische Bass Georg Zeppenfeld ihren Gatten Hunding. Beide sind in ihrem Fach begehrte Künstler, weil sie gleichermaßen über eine enorm starke Bühnenpräsenz und höchstes vokales Ausdrucksvermögen verfügen, Fähigkeiten, die bei einer konzertanten Opernaufführung entscheidend sind. Schließlich müssen hier, neben der persönlichen physischen Erscheinung, allein die Töne das Drama über die Bühne bringen. Der Dirigent Kirill Petrenko ist dafür prädestiniert. Bei den Berliner Philharmonikern kommt in diesem Fall besonders zum Tragen, was dieses Ausnahmeorchester so kennzeichnet und auszeichnet und was ans Wesen von Musik überhaupt rührt. Denn was dieses Orchester so gut kann wie kein zweites, hat damit zu tun, was die Kunst der Musik kann wie keine andere: Nämlich durch etwas so Begriffsloses und Unfassbares wie klingende Töne vor dem inneren Ohr und Auge der Zuhörenden Bilder, Farben, Gestalten und Geschichten erstehen zu lassen. Malte Krasting ist Dramaturg an der Bayerischen Staatsoper.
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Vida Miknevičiūtė Sopran (Sieglinde) Jonas Kaufmann Tenor (Siegmund) Georg Zeppenfeld Bass (Hunding) Richard Wagner Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg: Ouvertüre und Der Venusberg Die Walküre: Akt I
Intensität im Jetzt
So »natürlich-fließend, ohne Manierismen, mit betörend schönen Pianissimi« höre man Mahlers Vierte Symphonie nur selten, schrieb die Berliner Morgenpost über ein Konzert mit Robin Ticciati. Das für Mahlers Verhältnisse ungewöhnlich sonnige Werk steht auch auf dem Programm, wenn der 40-jährige Ticciati Anfang Dezember sein lang erwartetes Debüt bei den Berliner Philharmonikern gibt. Ein Porträt.
Foto: Benjamin Ealovega
Von Christoph Vratz Sie pocht, sie knurrt, sie mahnt. Die Pauke gibt den Weg vor, einen ganz bestimmten Rhythmus, unbestechlich, geradlinig, trocken. Oft wird das Instrument am Beginn der ersten Symphonie von Johannes Brahms zum wattierten Mitläufer, wie zur sanften Grundierung aller übrigen Stimmen. Doch bei Robin Ticciati ist das anders. Als er 2017 mit dem Scottish Chamber Orchestra einen Brahms-Zyklus aufnimmt, achtet er vom ersten Takt an auf eine Balance, die Intensität und genaues Aufeinanderhören miteinander in Einklang bringt, und der Pauke zu ihrer verdienten Sonderstellung verhilft. Das ist nur eines von vielen Details, die der Dirigent aus dieser Musik herausfiletiert, ohne den großen Bogen zu vernachlässigen. Nur ein Jahr vor dieser Aufnahme sah sich Ticciati noch mit einem möglichen Karriereende konfrontiert. 2016 erlitt er einen Bandscheibenvorfall. Rücken-OP. Auszeit. Fast ein Jahr lang war er raus aus dem Geschäft: »Da war dieses Gefühl, vielleicht nie wieder dirigieren zu können.« Ein Gefühl, dass einem alle Kraft raube und einen an nichts anderes mehr denken lasse. Prägend war ein Moment, als Ticciati langgestreckt auf dem Fußboden eines Hotels lag. Er hörte das Andante aus Mozarts D-Dur-Violinkonzert, »und mir rollten die Tränen übers Gesicht«. Das war eine jener Situationen, in der ihm klar wurde, wie eng Musik zusammenhängt mit »der Art, wie dein Körper und dein Geist funktionieren«. Eine fast schon unerbittliche Allianz, die aber auch große Glücksgefühle auslösen kann. Es sind oft kleine Momente mit Langzeitwirkung, die Ticciatis Leben geprägt haben. Als Jugendlicher spielte er zweite Geige im National Youth Orchestra of Great Britain und probte die erste Symphonie von Jean Sibelius. Vorn am Pult stand ein Mann, der für seine ruhige, mitunter gütige Art bekannt war: Sir Colin Davis. »Ich war völlig überwältigt von seiner Präsenz. 27
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Er spielte im Geiste praktisch jedes Instrument vom Dirigentenpult.« So keimte in Ticciati der dringliche Wunsch: »Das will ich auch!« Ausgebildet an Geige, Klavier und Schlagzeug, trug die Kehrtwende zum Dirigieren schnell Früchte. Robin Ticciati leitete schon als Student einen Chor an der St. Paul’s School in London. Dort war er 1983 zur Welt gekommen, als Engländer mit italienischen Vorfahren: Der Großvater stammte aus Rom, er war Komponist und Arrangeur. »Die italienische Kultur steckt noch irgendwie in mir.« Kometenhaft schnell erfolgte Ticciatis Aufstieg in die musikalische Top-Liga. 2005 dirigierte er erstmals die Filarmonica della Scala, mit gerade einmal 22 Jahren – der jüngste Dirigent in der langen Geschichte des Mailänder Traditionshauses. Schon ein Jahr später folgte das Debüt bei den Salzburger Festspielen und in der Folge, wie im Domino-Effekt, mehrere Festengagements: Gävle Symfoniorkester, Scottish Chamber Orchestra, parallel dazu Erster Gastdirigent bei den Bamberger Symphonikern, 2014 dann Musikdirektor des Opernfestivals von Glyndebourne. Betrachtet man Ticciati, wenn er vor einem Orchester steht, so fällt seine vergleichsweise entspannte Gestik auf. Ein Strömen geht von seinen Bewegungen aus, etwas Natürliches. Nicht von ungefähr erinnert die Körpersprache ein wenig an Claudio Abbado: »Seine Art zu dirigieren hatte vor allem gegen Ende seines Lebens etwas sehr Spirituelles«, gibt Ticciati zu. »Seine Bewegungen waren fließend und schön anzusehen. Er besaß die Gabe, Orchester dazu zu bringen, für ihn ihr Bestes zu geben.« Gelegentlich und ein wenig vordergründig wird Ticciati auch mit Abbados Nachfolger bei den Berliner Philharmonikern verglichen, mit Sir Simon Rattle – der Frisur wegen. Doch Locken hin oder her, auch sein britischer Landsmann zählt zu Ticciatis Förderern. Rattle meinte einmal vielsagend: »Robin is a mensch.«
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Konzerthinweis 07.12.23 20 Uhr • Do Fr 08.12.23 20 Uhr Sa 09.12.23 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Robin Ticciati Dirigent Elsa Benoit Sopran
Nach Berlin kam Ticciati 2014, als er erstmals das Deutsche Symphonie-Orchester mit Bruckners Vierter Symphonie dirigierte. Liebe auf den ersten Blick? »Als ich in die erste Probe kam und meinen Taktstock hob«, so Ticciati rückblickend in einem Interview, »spürte ich, dass hier eine Gruppe von Menschen war, die genau wissen wollten, was ich machen möchte.« Die Mitglieder seien »offen, emotional und auch ausgelassen in der Art, wie sie auf die Musik reagieren«. Ein gutes Jahr später unterschrieb er einen Vertrag, 2017 begann schließlich seine Amtszeit als neuer Chefdirigent. Der scheinbar ewige Londoner nahm eine Wohnung im Prenzlauer Berg. Ticciati wusste schnell um eines der Probleme des Orchesters: dass einige hochtalentierte Musikerinnen und Musiker nicht lange bleiben, weil das DSO ihnen als willkommenes Sprungbrett für vermeintlich höhere Aufgaben dient. Doch in diesem Hunger nach Mehr erkennt Ticciati auch eine Tugend: »Teil ihrer DNA ist diese Wildheit, die sie, wenn sie eine Herausforderung sehen, sagen lässt: ›Ja, ja, bitte.‹ Und das ist ein Charakterzug, der typisch ist für Berlin.« Nun sind die Wege innerhalb der Stadt ja eigentlich kurz und überschaubar, doch manchmal braucht es eben etwas länger. Im Dezember wird Robin Ticciati erstmals auch ans Pult der Philharmoniker treten – mit Musik von Dvořák und Mahler sowie einer Komposition des 1979 in Prag geborenen Ondřej Adámek. Bereits 2020 hatte Ticciati seinen Vertrag beim DSO vorzeitig verlängert, weitere fünf Jahre sollten es werden, bis 2027. Doch in diesem Frühjahr machte dann die Nachricht die Runde: Der Chef geht von Bord, und zwar schon im Sommer 2025. Mangelnder Erfolg ist sicher nicht die Ursache, denn die Zusammenarbeit hat das Orchester verändert, vor allem den Klang, den Ticciati »um wohlige Celsiusgrade aufgeheizt« hat, wie es in einem Fachmagazin heißt: »Man tönt natürlicher, wärmer. Und dennoch wunderbar transparent.« Es ist zudem eine große stilistische Bandbreite, die Ticciatis Berliner Ära prägt, einer kaum übersehbaren Vorliebe fürs Romantische und Spätromantische zum Trotz. Doch er lenkt den Blick immer wieder auch auf zeitgenössische Musik: »Wenn klassische Musik kein Museumsobjekt werden soll, müssen wir dafür sorgen, die nächsten wichtigen Komponisten zu finden.« So einfach, so komplex, so verlockend. 29
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Antonín Dvořák Die Mittagshexe op. 108 Ondřej Adámek Sinuous Voices Gustav Mahler Symphonie Nr. 4 G-Dur
Dabei möchte Ticciati seinen Musikerinnen und Musikern nie etwas aufdrücken, sein Stil ist mehr darauf ausgerichtet, dass sie einander zuhören. Dabei bedarf es nicht immer vieler Worte: »Gelegentlich ist es ein Lächeln, mit dem man die besten Probenergebnisse erzielt.« Oder ein Blick. Oder nach der Probe ein kurzer Plausch, eine flüchtige Umarmung des Dankes. »Ich möchte die Musikerinnen und Musiker mehr und mehr motivieren, sich einzubringen.« Alle sollen »so spielen, als ob es in dem Moment das Wichtigste im Leben wäre«. Jede und jeder möchte »gepusht werden«, um eine Vision von dem zu bekommen, was sie da gerade machen. Gleichzeitig darf kein Zweifel aufkommen, dass das, was der Dirigent für den bestmöglichen Interpretationsweg hält, auch für das Orchester der bestmögliche ist. Man müsse als Dirigent ein Bewusstsein dafür haben, dass Idealismus eine der wichtigsten Tugenden ist. Nur ja keine Routine. Ticciati weiß um die gleichzeitigen Gefahren der heutigen Medien: eine Playlist mit Wohlfühlmusik zu erstellen ist sicherlich günstiger und schneller realisierbar als der Weg ins nächste Konzert. Doch ist es das, was wir wollen? Eine Live-Aufführung verlangt nicht nur die im Grunde recht simple Aufgabe, »nicht mehr aufs Telefon oder einen Bildschirm zu schauen«, sondern auch, »wirklich im gegenwärtigen Moment zu sein und nicht nach vorne zu blicken oder sich über sich selbst oder die eigenen Erfahrungen aus der Vergangenheit den Kopf zu zerbrechen«. Volle Intensität im Jetzt. Das ist Ticciatis Credo. Christoph Vratz ist freier Musikjournalist für verschiedene ARD-Anstalten und Printmedien.
Zwiegespräch mit dem Allmächtigen
Sofia Gubaidulina ist die Grande Dame der zeitgenössischen Musik. Mit eigenwilligen Spieltechniken sucht sie nach neuen Klängen, erprobt Formen und Strukturen und erschafft so ein faszinierendes musikalisches Universum. Im Dezember spielen die Berliner Philharmoniker ihr Violinkonzert Dialog: Ich und Du – ein intensives Zwiegespräch zwischen Solo und Orchester, mal meditativ, mal apokalyptisch. Solistin ist die lettische Geigerin Baiba Skride.
Foto: plainpicture.com / Gregor Beltzig
Von Martin Demmler »Für wen komponieren Sie?« wurde Sofia Gubaidulina einst im Magazin der Süddeutschen Zeitung gefragt. Ihre Antwort war kurz und bündig: »Für Gott. Auch für das Publikum, aber in erster Linie für Gott. Während ich komponiere, bete ich, nein, eigentlich spreche ich mit Gott.« Musik habe die Aufgabe, »eine Gegenwelt zu erschaffen, die über den Alltag hinaus auf eine spirituelle Dimension verweist«. Das sei, so Sofia Gubaidulina, bei allen Komponistinnen und Komponisten der Fall, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollten oder gar nicht religiös seien. »Wer Musik schreiben will, muss aus der Stille Kraft schöpfen. Und damit meine ich nicht nur das eigene kleine Leben, sondern die gesamte Schöpfung, die Sinnhaftigkeit des Universums. Es muss still sein, wenn man die Welt atmen hören will. Wer sich auf diese Stille einlässt, stößt dabei zwangsläufig auf religiöse Fragen. Solange das Universum existiert, klingt es. Und wenn eine Seele ewig lebt, klingt auch sie. Leider lassen sich immer weniger Menschen auf diese transzendentale Dimension ein.« Sofia Gubaidulina ist eine tiefreligiöse Komponistin. 1931 im sowjetischen Tschistopol in der heutigen Republik Tatarstan als Kind eines Tartaren und einer Russin geboren, hatte sie schon als Kind beim Anblick einer Christus-Ikone ihre religiöse Offenbarung. Eine nicht ganz ungefährliche Erfahrung in der atheistisch geprägten Sowjetunion. »Weil ich noch unerfahren war, habe ich alles meinen Eltern erzählt. Und als sie begriffen, dass ich religiös war, haben sie einen riesigen Schrecken bekommen. Das war doch verboten. So habe ich also meine religiöse Erfahrung vor den 31
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Erwachsenen verborgen, aber sie lebte in mir weiter. Und die Musik hat sich auf natürliche Weise mit Religion verbunden, der Klang wurde für mich zu etwas Sakralem.« Mit dieser Einstellung hatte sie es in der Sowjetunion nicht leicht. Gubaidulina erhielt ihre musikalische Ausbildung zunächst am Konservatorium in Kasan, später wechselte sie an die Moskauer Musikakademie. Dort war es Dmitri Schostakowitsch, der sie ermutigte, ihren »eigenen, falschen Weg«, wie er sich ausdrückte, weiterzugehen. Vor allem die Begegnung mit diesem Komponisten prägte Gubaidulina nachhaltig: »Den größten Einfluss auf meine Arbeit hatten Dmitri Schostakowitsch und Anton Webern. Obwohl dieser Einfluss in meiner Musik scheinbar keine Spuren hinterlassen hat, ist es doch so, dass mich diese beiden Komponisten das Wichtigste gelehrt haben: ich selbst zu sein.«
Gratwanderungen Das Leben in der Sowjetunion war für Gubaidulina eine permanente Gratwanderung zwischen Duldung, Repression und Aufführungsverbot. Als sie ihre ersten Schritte als freie Komponistin in Moskau machte, war Josef Stalin erst wenige Jahre tot. Sowjetische Kulturfunktionäre bezeichneten ihre Musik als »pflichtvergessen« und behinderten Aufführungen, wo sie nur konnten. Jahrelang hielt Gubaidulina sich mit der Komposition von Filmmusiken finanziell über Wasser. Ihre »eigentlichen« Werke, die der offiziellen Sowjetästhetik so gar nicht entsprachen und in denen sich die Enkelin eines Mullahs ab den frühen 1970er-Jahren immer deutlicher zu ihren christlichen Überzeugungen bekannte, schrieb
Sofia Gubaidulina
sie zunächst fast ausschließlich für die Schublade. 1979 erschien ihr Name sogar auf einer »schwarzen Liste« besonders unliebsamer Komponisten. Doch all das hielt die junge, energische Frau nicht davon ab, ihren musikalischen Vorstellungen kompromisslos treu zu bleiben. Neben dem Komponieren zeigte sie zu jener Zeit auch ein Faible für andere Formen des Musikmachens. 1972 tat sie sich mit den Komponisten Wjatscheslaw Artjomow und Viktor Suslin zur Gruppe »Astraea« zusammen, in der auf russischen, kaukasischen sowie mittel- und ostasiatischen Volks- und Ritualinstrumenten improvisiert wurde. Bis heute besitzt Gubaidulina eine große Zahl ausgefallener oder vergessener Musikinstrumente. Zu dem kleinen Kreis von Mitstreitern und Bewunderern gehörte in der Sowjetunion auch ihr etwa gleichaltriger Komponistenkollege Alfred Schnittke. Der erkannte schon sehr früh die spezifischen Qualitäten ihrer Arbeiten: »Bereits die allerersten Werke Gubaidulinas bestechen durch die erstaunliche Ganzheit ihrer schöpferischen Natur, die von einer eigentümlichen inneren Welt und einem unbeugsamen Willen der Künstlerin zeugt. [...] Ihr unbeirrter Maximalismus zwingt sie, lange und sorgfältig die geringsten Details herauszuarbeiten, was allerdings nicht zur oberflächlichen Eleganz führt, sondern zur strengen Askese.«
Später Durchbruch Im Westen war Sofia Gubaidulina in diesen Jahren noch weitgehend unbekannt. Das änderte sich erst, als sie bei einem Kompositionswettbewerb in Rom für ihre Symphonie Stufen mit dem ersten Preis ausge32
zeichnet wurde. Jetzt wurde man zumindest im Ausland auf die begabte Künstlerin aufmerksam. Auch dass sich der Geiger Gidon Kremer immer wieder und mit Nachdruck für ihre Musik einsetzte, steigerte ihren Bekanntheitsgrad enorm. Ihren internationalen Durchbruch erlebte Gubaidulina, als Kremer 1981 in Wien ihr Violinkonzert Offertorium aus der Taufe hob, das die Komponistin ihm gewidmet hatte. Da war sie schon fast 50 Jahre alt. Doch bereits nach kurzer Zeit avancierte sie hierzulande zu einer der meistgespielten zeitgenössischen Komponistinnen. Nur in der Sowjetunion blieb man auf offizieller Seite weiter uninteressiert. Nach dem Fall der Mauer nutzte Gubaidulina deshalb die Chance, ihrer Heimat den Rücken zu kehren und ließ sich 1992 in einem kleinen Dorf in der Nähe von Hamburg nieder, wo sie bis heute lebt. Die wesentlichen musikalischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts wie erweiterte Tonalität, Aleatorik, Serialismus und elektronische Musik eignete sie sich selbst an und verschmolz diese Einflüsse schon früh zu ihrer ganz eigenen und sehr persönlichen Mischung. Tradition und Innovation sind für Sofia Gubaidulina keine Gegensätze, sondern zwei Pole, zwischen denen sich ihre Musik bewegt. »Als ideal betrachte ich ein solches Verhältnis zur Tradition und zu neuen Kompositionsmitteln, bei dem der Künstler alle Mittel – sowohl neue als auch traditionelle – beherrscht, aber so, als schenke er weder den einen noch den anderen Beachtung.« Charakteristisch für ihre Arbeiten sind Kontraste, etwa von zarter Empfindsamkeit und furios auffahrenden Gesten. Den Zorn Gottes, so der Titel eines ihrer jüngsten Orchesterwerke, kann ihre Musik ebenso ausdrücken wie Trauer, Melancholie oder
Konzerthinweis 14.12.23 20 Uhr • Do Fr 15.12.23 20 Uhr
»Den größten Einfluss auf meine Arbeit hatten Dmitri Schostakowitsch und Anton Webern.« Sofia Gubaidulina
Sa 16.12.23 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Andris Nelsons Dirigent Baiba Skride Violine Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 4 B-Dur op. 60 Sofia Gubaidulina Dialog: Ich und Du, Konzert für Violine und Orchester Nr. 3 Richard Strauss Don Juan op. 20
Foto: akg-images / Purkiss Archive
abgrundtiefe Verzweiflung. Es ist eine Musik, die getränkt ist mit Spiritualität, eine Musik von großer Sogkraft, die sogar den kompromisslosen Luigi Nono sofort gepackt hatte: »Diese Musik blüht, explodiert und trifft«, bekannte er.
Musikalisches Gärtnern Die Titel ihrer Kompositionen sind oft sehr beredt und verweisen nicht selten auf einen metaphysischen Hintergrund: Stunde der Seele, Meditation, Am Rande des Abgrunds oder Stimmen verstummen … »Ob ich modern bin oder nicht, ist mir gleichgültig«, erklärt Gubaidulina. »Wichtig ist mir die innere Wahrheit meiner Musik.« Dabei sind Klang, Meditation und Gebet für sie untrennbar miteinander verbunden. Der Sinn des Lebens, erklärt sie, gehe ohne Religion verloren. So bedeutet »re-ligio« für sie das Wiederherstellen einer Einheit, die im »Staccato des Lebens« verschwinde. Der kompositorische Prozess ist für Gubaidulina ein existenzieller Weg dorthin. Ihre Werke sind ganzheitlich komponiert und wirken deshalb oft außerordentlich geschlossen. »Ich höre zuerst in klanglichem Sinn das Ende des Werkes, nicht den Anfang«, so die Komponistin. »Ohne den Blick auf das Ganze komme ich nicht weiter, und so fordert die Form etwas von mir. Sie ist die Hauptperson, nicht ich.« Gubaidulina vergleicht ihre Arbeit gern mit der einer Gärtnerin und ihre Werke mit organischen Gebilden: »Es gibt Komponisten, die ihre Werke sehr bewusst bauen, ich zähle mich dagegen zu denen, die ihre Werke eher ›züchten‹. Und darum bildet die gesamte von mir aufgenommene Welt gleichsam die Wurzeln 33
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eines Baumes und das daraus gewachsene Werk seine Zweige und Blätter. Man kann sie zwar als neu bezeichnen, aber es sind eben dennoch Blätter, und unter diesem Gesichtspunkt sind sie immer traditionell, alt.« Tatsächlich spürt Sofia Gubaidulina in sich so etwas wie eine kosmische Vernetzung allen Lebens. Mit ihrem ersten, Gidon Kremer gewidmeten Violinkonzert wurde Gubaidulina in den 1980er-Jahren einem größeren Publikum bekannt. Das zweite, In tempus praesens, ist Anne-Sophie Mutter dezidiert und entstand auf dem Zenit ihres Schaffens 2007. Ihr jüngster Beitrag zu dieser Gattung, 2018 vom Widmungsträger Vadim Repin uraufgeführt, zeigt in seiner abgeklärten Gelassenheit typische Ausprägungen eines Spät- oder Alterswerks. Der Titel Dialog: Ich und Du verweist auf das gleichnamige, 1923 erschienene Buch des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber. Ihr Komponieren sei stets eine Form von Zwiegespräch mit dem Allmächtigen, sagt Gubaidulina, zugleich ist es hier jedoch auch ein Dialog zwischen einer expressiven Sologeige und energiegeladenen, häufig wuchtigen Orchesterpassagen – dies alles in einem fein ausdifferenzierten Farbspektrum. Wer hier jetzt genau mit wem kommuniziert, ist aber vielleicht gar nicht so wichtig. »Das Wesentliche der Seele geht über ins Werk«, hat die Komponistin einmal erklärt. Und das gilt zweifellos auch für ihr drittes Violinkonzert. Martin Demmler lebt als freier Autor in Berlin.
Ein glückliches Paar Von Susanne Stähr
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Der 44-jährige Antoine Tamestit begeistert auf der Bratsche mit seiner warmen, farbenreichen Tongebung. Im Bratschenkonzert von Jörg Widmann, das Tamestit gewidmet ist, kann der Schüler von Tabea Zimmermann sein Instrument noch von einer ganz anderen klanglichen Seite zeigen – perkussiv, grimmig, aufrüttelnd. Im Januar gibt der Franzose sein Debüt bei den Berliner Philharmonikern. Das dürfen Sie sich nicht entgehen lassen.
Vielleicht hätte er doch bei der Violine bleiben sollen! Wäre Antoine Tamestit Geiger geworden, dann hätte er sicher schon vor Jahren bei den Berliner Philharmonikern debütieren können. Violinkonzerte stehen regelmäßig auf dem Programm des Orchesters, und wer mit Preisen so hoch dekoriert ist wie der 1979 geborene Franzose, der wäre fast zwangsläufig zum Einsatz gekommen. Da sich Tamestit aber nach vier Jahren Violinunterricht für die Bratsche entschied, dauerte es eben etwas länger – die Zahl der Orchesterwerke mit Soloviola ist überschaubar. Doch jetzt endlich, nach zwei Jahrzehnten in der Topliga des internationalen »Geschäfts«, darf er sich auf seinen Einstand bei den Philharmonikern freuen. Mit einem Werk, das eigens für ihn und seine geradezu universellen Fähigkeiten als Virtuose, Musiker und Darsteller entstanden ist: mit dem Violakonzert von Composer in Residence Jörg Widmann.
Eine glückliche Entscheidung Tamestit selbst bedauert keinen einzigen Moment, dass er die Bratsche zu seinem Instrument gewählt hat. Es geschah, als er neun Jahre alt war und auf einer Schallplatte seinen Landsmann Paul Tortelier mit Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello solo hörte. Was für ein warmer, dunkler, tiefer Klang! Das war doch etwas anderes als seine kleine Dreiviertelgeige, auf der er täglich üben musste. Doch als er sich selbst am Cello versuchte, fühlte sich der junge Antoine nicht wohl damit. Die Bratsche bot da einen wunderbaren Kompromiss: Er konnte die gewohnte Spielhaltung beibehalten, zugleich aber Klangregionen und farbliche Valeurs erobern, etwa den vielbeschworenen »bratschigen Brustton«, die ihm auf der Geige verschlossen geblieben wären. Als besonders »menschlich« empfindet Tamestit den Ton der Bratsche: »Er ist für mich wie eine Muttersprache, wirkt tröstlich, trifft direkt ins Herz.« Dass er als Bratschist auch im übertragenen Sinne nicht die erste Geige spielen kann, stört ihn gar nicht – im Gegenteil: »Wir sind einfach anders, wir sind die Mitte. Man kann 35
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uns mit normalen Menschen vergleichen, und das gibt uns eine gewisse Leichtigkeit. Wir sind relaxter als die anderen.« Mit seinem Faible steht er nicht allein. »Auch Bach liebte die Bratsche und spielte sie, Mozart und Schubert ebenso. Sie alle haben dann auch besonders schöne Bratschenstimmen in ihren Orchesterwerken und ihrer Kammermusik geschrieben. Die Bratsche war für sie zentral: der Kern der Musik.« Antoine Tamestit ist so vielseitig wie kaum ein zweiter – ihn auf die Rolle eines Virtuosen zu reduzieren, würde klar zu kurz greifen. Sein Repertoire reicht von Telemann bis zur Gegenwart, seine Ausdruckspalette vom seraphischen Schönklang bis zur Geräuschkunst und Performance. Vielleicht hat seine Offenheit auch mit seiner Herkunft zu tun. Tamestits Großeltern stammten aus jüdischen, aus sephardischen Familien, sie lebten im Maghreb: die eine Hälfte in Marokko, die andere in Algerien. Er selbst kam in Paris zur Welt, Vater Gérard Tamestit wirkte dort als Geiger und Komponist. Musik war allgegenwärtig im Elternhaus, und zwar Musik aller Arten: von Pergolesi bis Berio, von Bach bis Mahler, von Ravel bis Jacques Brel. Als Antoine fünf war, erteilte ihm der Vater den ersten Violinunterricht. Jean Sulem brachte ihm am Pariser Konservatorium die Grundlagen der Technik nahe; bei Jesse Levine an der Yale University ergründete Tamestit die Geheimnisse von Klang und Ausdruck; und Tabea Zimmermann machte ihn an der Berliner Hanns-Eisler-Hochschule mit den Finessen der Konzertpraxis vertraut. Sie verehrt er noch heute mehr als alle anderen, schwärmt von ihrer Eleganz und Vornehmheit.
Ein junger Wilder Liest man die Liste der internationalen Preise, die Antoine Tamestit ab dem Jahr 2000 gewann, so fehlt keiner der großen Wettbewerbe: Die Primrose Viola Competition ist ebenso dabei wie die Young Concert Artists Auditions in New York oder der ARD-Musikwettbewerb in München, den er 2004 als Sieger verließ. Die BBC ernannte ihn zum »New Generation Artist«, das Konzerthaus Dortmund rief ihn mit einer dreijäh-
Konzerthinweis 18.01.24 20 Uhr • Do Fr 19.01.24 20 Uhr Sa 20.01.24 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Daniel Harding Dirigent Antoine Tamestit Viola Jörg Widmann Konzert für Viola und Orchester Anton Bruckner Symphonie Nr. 4 Es-Dur »Romantische« (2. Fassung von 1878/80)
rigen Residenz als »Jungen Wilden« aus. Jung sei er mittlerweile zwar nicht mehr, aber ein wilder Künstler wohl noch immer, räumt Tamestit ein. Denn er liebt das Experiment. Mal gibt er ein Überraschungskonzert, bei dem das Publikum nicht weiß, was kommt, mal konzertiert er im Dunkeln und lässt auf dem Podium nicht mehr als die Lampe am Notenpult leuchten: »Dadurch entsteht eine ganz andere Art des Zuhörens.« Vor allem aber löst sich Tamestit immer wieder von der traditionellen Position des Solisten zwischen den ersten Geigen und dem Dirigentenpult. Als er mit John Eliot Gardiner in München und Paris Berlioz’ Harold en Italie zur Aufführung brachte, bespielte er gleich die gesamte Bühne. Am Anfang stand Tamestit links oben neben der Harfe und duettierte mit ihr – wie ein Dialog in einem Theaterstück oder Kammermusik wirkte das. Dann durchstreifte er das gesamte Orchester, ganz wie Lord Byrons Held Harold, der durch Italien wandert und die wechselnde Landschaft bestaunt. Die Bratschenstimme, so Tamestit, kommentiere dabei die gewonnenen Eindrücke. Berlioz’ Symphonie mit Soloviola gewinnt durch diese Form der Darstellung eine erstaunliche Suggestivkraft und bezaubernde Poesie.
Selbstfindungen Einen großen Schritt weiter noch geht er mit Jörg Widmanns Violakonzert, das bei seinem philharmonischen Debüt im Januar 2024 erklingt. Denn Widmann hat das Stück ganz auf Tamestits erstaunliche Qualitäten als Performer zugeschnitten. »Bevor Jörg das Konzert komponierte, hatten wir schon acht Jahre lang gemeinsam Kammermusik gespielt und festgestellt, dass wir dieselbe Musiksprache sprechen«, berichtet Tamestit und vergleicht das Werk mit einer Selbstfindung. »Jörg weiß, dass wir Bratschisten immer einen Weg in 36
der Musik suchen. Wir wissen nicht, ob wir Kammermusiker oder Solisten sind, ob wir Recitals spielen wollen oder mit Orchester. Ich finde am Ende mit den Streichern einen Weg zwischen romantischer und moderner Musik. Das gefällt mir sehr.« Auf der Strecke zum Ziel muss Tamestit sich sein Instrument erst erobern: In den ersten zehn Minuten darf er mit dem Bogen nicht über die Saiten streichen, sondern er klopft zunächst auf die Kinnstütze; dann entdeckt er das Pizzicato, und erst danach folgt ein gestrichener Ton, leise und zaghaft. Dafür darf er auf der Reise durchs Orchester mit seinem Bogen in der Luft gestikulieren oder sich mit der Tuba duellieren; auf dem Höhepunkt der Musik soll er sogar singen und schreien. »Ich muss da wirklich viel machen«, bekennt Tamestit und gesteht, dass es nicht einfach sei, gleichzeitig zu laufen und virtuose Passagen zu meistern. Ob Mozart, Berlioz oder Widmann: Antoine Tamestit interpretiert sie alle auf seiner Stradivarius »Mahler« von 1672, der wohl berühmtesten Viola der Welt und der ersten Bratsche, die der legendäre italienische Instrumentenbauer anfertigte. Die Schweizer Habisreutinger-Stiftung vertraute sie Tamestit 2008 als Leihgabe an, und der ist sich seiner Verantwortung bewusst: »Meine Stradivari ist ein Kunstwerk, wie ein Gemälde von Leonardo da Vinci. Aber sie ist auch mein tägliches Arbeitsgerät.« Also darf er nicht zu befangen sein, darf nicht ständig an die 40 Millionen US-Dollar oder mehr denken, die sein Instrument heute wohl bei einer Versteigerung erbringen würde. Aber eines weiß er sicher: »Diese Bratsche erstaunt mich immer wieder. Sie lässt mich glauben, dass wir zu zweit auf der Bühne sind. Es ist eine symbiotische Beziehung, wie bei einem glücklichen Paar. Ich gehe den Weg, den sie vorschlägt, und sie folgt mir zugleich. Beim Schlussapplaus bedanke ich mich stets mit einer Bogenbewegung bei ihr. Denn sie ist es, die den Klang ausmacht – natürlich mit etwas Hilfe von mir …«
Bodenhaftung Antoine Tamestit, der mit einer Sängerin verheiratet und Vater zweier Kinder ist, steht mit beiden Beinen im Leben. Wenn er nicht auf Tour ist, liebt er die Häuslichkeit, unternimmt etwas mit der Familie, geht in Ausstellungen, backt und kocht. »Dann vergesse ich den ganzen anderen Stress«, weiß er. Denn aufgeregt ist er noch immer vor seinen Auftritten, auch wenn er mit Stretching und Meditation gute Mittel gefunden hat, um die Nervosität zu bekämpfen. Das große Ziel ist am Ende immer wichtiger. Und für Tamestit heißt es: »Die Leute sollen die Bratsche genau so lieben, wie ich sie liebe.« Das dürfte ihm bei seinem Einstand im Januar doch spielend gelingen. Susanne Stähr ist Dramaturgin beim Schweizer Lucerne Festival.
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Am Puls der Zeit
In der Saison 2023/24 feiert die Digital Concert Hall ihren fünfzehnten Geburtstag. Ihre Eröffnung setzte einen Meilenstein innerhalb eines kontinuierlichen Prozesses. Der Balanceakt zwischen der Bewahrung der Orchestertradition und der gleichzeitigen Offenheit für neue Kommunikationsmedien gelang. Eine Erfolgsgeschichte.
Foto: Stefan Höderath
Von Benedikt von Bernstorff Schon früh erreichten die Berliner Philharmoniker ihr Publikum auf drei Wegen: als mit der Heimatstadt verbundenes Präsenz-Orchester, als Tournee-Orchester und als Medien-Orchester auf Tonträgern, im Rundfunk und Fernsehen. Wie ein Zeitgenosse berichtet, wurde bereits 1884 »in den Nebenräumen der Philharmonie in Berlin ein Hörkabinett eingerichtet, in welchem das Publikum die in dem Hauptsaal exekutierten Konzertnummern mittels Telefon vernehmen konnte«. Die Zuhörenden hielten sich »die Telefone möglichst nahe an die Ohrmuscheln […], um keinen Ton von dem Orchester zu verlieren«. So skurril diese Szenerie aus heutiger Sicht wirkt: Frappierend ist doch die Parallele zum heute selbstverständlichen Empfang von Konzert-Streams auf Mobiltelefonen. Bis dahin war es natürlich ein langer Weg. Während unter Chefdirigent Hans von Bülow keine Einspielungen und mit seinem Nachfolger Arthur Nikisch nur eine von Beethovens Fünfter Symphonie entstanden, konnte das Orchester in den Amtszeiten von Wilhelm Furtwängler zwischen 1922 und 1954 von mittlerweile erheblich verbesserter Aufnahmetechnik profitieren. 1924 waren die Berliner Philharmoniker zum ersten Mal in einer Radioübertragung zu hören. Und obwohl Furtwängler den Technologien seiner Zeit eher skeptisch gegenüberstand, sind zahlreiche gemeinsame Aufführungen aufgezeichnet worden. Sämtliche Rundfunkmitschnitte der Jahre 1939 bis 1945 hat das Label Berliner Philharmoniker Recordings auf 22 CDs veröffentlicht.
Anlässen auch im Fernsehen präsent. Die philharmonischen Sonderformate – die Osterfestspiele in Salzburg und Baden-Baden, Silvester- und Waldbühnenkonzerte sowie das seit 1990 ausgerichtete Europakonzert – waren und sind bedeutsame Medienereignisse.
Das digitale Konzerterlebnis Bei aller medialen Erfahrung des Orchesters: Die Eröffnung der Digital Concert Hall bedeutete noch einmal einen Quantensprung. Seit Beginn der Saison 2008/09 werden alle Berliner Programme der Philharmoniker aufgezeichnet, und am 6. Januar 2009 erfolgte im Rahmen eines Sonderkonzerts die erste Live-Übertragung. Heute sind die Berliner Philharmoniker nahezu wöchentlich im Livestream zu erleben. Anschließend werden die Konzertproduktionen nachbearbeitet und in einem stetig wachsenden On-Demand-Archiv zur Verfügung gestellt. Über 750 Konzerte umfasst es heute. Neben der nahezu lückenlosen Dokumentation der vergangenen 15 Jahre finden sich hier auch historische Produktionen.
Medienruhm unter Herbert von Karajan
Entstanden ist die Streaming-Plattform auch als Reaktion auf die Krise der Tonträgerindustrie, die wesentlich auf dem durch das Internet hervorgerufenen Wandel der medialen und gesellschaftlichen Kommunikation basiert. Mit der Gründung der Firma Berlin Phil Media, zu der neben der Digital Concert Hall auch das Label Berliner Philharmoniker Recordings gehört, hat das von jeher selbstbestimmte Orchester seine mediale Repräsentation in die eigene Hand genommen.
Furtwänglers Nachfolger Herbert von Karajan, Chefdirigent von 1956 bis 1989, war ein Visionär des Medienzeitalters. Seine zahllosen Schallplatten- und CD-Aufnahmen mit den Philharmonikern galten über Jahrzehnte als maßstabsetzend und verkauften sich millionenfach. Der Dirigent war von technischen Innovationen fasziniert und kalkulierte treffsicher, dass die Reichweite und das Publikum des Orchesters durch Aufnahmen exponentiell wachsen würden. Bereits in der Karajan-Ära war das Orchester bei ausgewählten
Die Gründung und der nachhaltige Erfolg der Digital Concert Hall sind wesentlich der Initiative des philharmonischen Solocellisten und Medienvorstands Olaf Maninger und des bis 2019 amtierenden Co-Geschäftsführers Robert Zimmermann zu verdanken. Eine nicht selbstverständliche Grundvoraussetzung war die Lust und Bereitschaft des Orchesters und seiner Chefdirigenten, sich auf das Wagnis einzulassen. Finanzielle Starthilfe erhielt das Pionierprojekt von der Deutschen Bank.
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Sir Simon Rattle, 2009
Herbert von Karajan, 1979
Zu den Höhepunkten der in der Digital Concert Hall festgehaltenen Konzerte gehören Aufzeichnungen mit wichtigen, inzwischen verstorbenen Partnern der Philharmoniker, darunter die letzten Berliner Auftritte des ehemaligen Chefdirigenten Claudio Abbado sowie der philharmonischen Ehrenmitglieder Nikolaus Harnoncourt, Mariss Jansons und Bernard Haitink. Darüber hinaus dokumentiert das Archiv die zweite Hälfte von Sir Simon Rattles Amtszeit nahezu vollständig – und (fast) die gesamte bisherige Zusammenarbeit der Berliner Philharmoniker mit ihrem aktuellen Chefdirigenten Kirill Petrenko. Grundsätzlich steht Petrenko sicherlich der Haltung Furtwänglers nahe, der dem unwiederholbaren Konzertereignis mehr Bedeutung beimaß als der Herstellung von »perfekten« Aufnahmen. Aber gerade in dieser Hinsicht erweist sich die Flexibilität des Mediums als ideal. Die Online-Plattform ist nicht auf eine Highlight- und Event-Kultur ausgerichtet. Vielmehr bildet sie ein einzigartiges Kompendium, das die gesamte Tätigkeit eines »Orchesters des 21. Jahrhunderts« (Sir Simon Rattle) begleitet und abbildet. Daher finden sich im Archiv der Digital Concert Hall auch Filme, Porträts und Interviews sowie Produktionen der Education-Abteilung. Während bei Kirill Petrenkos Amtsantritt lediglich einige wenige Aufnahmen mit ihm verfügbar waren, sind es zu Beginn der Saison 2023/24 bereits 56. Exklusiv für die Digital Concert Hall ist der Chefdirigent zudem in Pausengesprächen zu erleben, in denen er mit Mitgliedern des Orchesters über seine Arbeit spricht.
Krisen und Chancen
für die Bildqualität ist mittlerweile das kontrastreich-brillante 4K-HDR-Format. Seit zwei Jahren wird außerdem die Wiedergabe in Immersive Audio (Dolby Atmos) angeboten, durch das beim Hören ein dreidimensionales Raumgefühl entsteht. Eine gegenüber CDs viermal höhere Klangqualität wird im verlustfreien Format Hi-Res-Audio übermittelt. Institutionen bewähren sich im besten Fall in unvorhergesehenen Krisen. Eine solche war die Corona-Pandemie, die auch und gerade für Kultureinrichtungen eine Katastrophe darstellte. Die Digital Concert Hall ermöglichte den Berliner Philharmonikern in den Zeiten der Lockdowns, den Kontakt zu ihrem Publikum aufrechtzuerhalten. Das Orchester – zeitweise durch behördliche Auflagen reduziert auf kammermusikalische Besetzungen – realisierte zahlreiche Konzerte in der leeren Philharmonie, die online weltweit verfolgt wurden. Im April 2020 konnte jeder die Digital Concert Hall einen Monat lang kostenlos nutzen – ein Angebot, das zahlreiche neue Klassik-Fans aus allen Teilen der Welt anzog. In künstlerischer Hinsicht war es zudem ein Segen, dass die nur wenige Monate zuvor begonnene Zusammenarbeit mit Chefdirigent Kirill Petrenko dank des Streamings ohne größere Unterbrechung fortgesetzt werden konnte. Mit der Digital Concert Hall haben die Berliner Philharmoniker eine kühne Vision realisiert, die den entscheidenden Identitätsmerkmalen des Orchesters gerecht wird: Mit der Zeit zu gehen und gleichzeitig dem eigenen Wesenskern treu zu bleiben. digitalconcerthall.com
Im Verlauf von 15 Jahren hat sich die auditive und visuelle Qualität der Aufzeichnungen für die Digital Concert Hall kontinuierlich verbessert. Der Standard 40
Benedikt von Bernstorff ist Dramaturg und freier Autor und lebt in Berlin.
Foto: Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker (2)
Ein Archiv mit eindrucksvoller Tiefe
Foto: Stephan Rabold
Zusammen einzigartig. Kirill Petrenko und die Berliner Philharmoniker live erleben. berliner-philharmoniker.de
Don Juan wider Willen
Richard Strauss, 1888
Richard Strauss verdankte Hans von Bülow fast alles. Die gegenseitige Bewunderung schien grenzenlos, doch eine Berliner Aufführung des Don Juan trübte das Verhältnis nachhaltig. Ein philharmonischer Moment.
Rubrik • Philharmonische Momente
Foto, linke Seite: akg-images. Rechte Seite: Archiv Berliner Philharmoniker.
Von Volker Tarnow Keiner der großen Komponisten feierte so frühe Konzerterfolge wie Richard Strauss, keinem wurden ähnliche Lobeshymnen gesungen. Der damals schon legendäre Dirigent Hans von Bülow war auf die Serenade für 13 Bläser des jungen Müncheners aufmerksam gemacht worden, vermittelte ihm einen Verleger und führte das Werk 1883 mit seiner Meininger Hofkapelle auf. Er bestellte auch eine weitere Komposition für dieselbe Besetzung und überließ Strauss bei einem Münchener Gastspiel den Taktstock. Darin lag eine unerwartete Gunstbezeugung, denn die bayerische Residenz war Bülow eigentlich verhasst; er hatte dort 20 Jahre zuvor als Dirigent von Wagners Opern heftigen Widerstand erfahren und nicht vergessen, dass unter der Opposition ein Hornist namens Franz Strauss besonders unangenehm aufgefallen war. Dessen Sohn Richard, der nun sein erstes Dirigat bestreiten sollte, erinnerte sich viele Jahre später an die peinliche Wiederbegegnung zweier alter Kontrahenten: »Bülow hörte sich mein Debüt gar nicht an; eine Zigarette nach der anderen rauchend, rannte er wütend im Musikzimmer herum. Als ich dasselbe wieder betrat, kam mein Vater von der anderen Seite herein, um tief gerührt Bülow zu danken. Das war’s, worauf Bülow gewartet hatte. Wie ein wütender Löwe sprang er auf meinen Vater los: ›Sie haben mir gar nicht zu danken‹, schrie er, ›ich habe nicht vergessen, was Sie seinerzeit mir alles hier angetan, hier in diesem verdammten München. Was ich heute tat, habe ich getan, weil Ihr Sohn Talent hat, nicht für Sie‹.« Talent? Das war gewiss untertrieben. Er teilte dem Zwanzigjährigen mit, dass er ihn zu den »Ausnahmemusikern« zähle und für geeignet halte, »sofort den höchsten kommandierenden Posten zu bekleiden«. Dem Berliner Konzertagenten Hermann Wolff beschrieb er den Münchener als einen »ungemein begabten jungen Mann … nach Brahms bei Weitem die reichste Persönlichkeit … elastisch, lernbegierig, taktfest und taktvoll, kurz eine firstrate Kraft«. 43
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Die Wertschätzung schlug sich in Bülows Meininger Konzertprogrammen nieder, und er sorgte sogar dafür, dass Richard Strauss zu seinem Assistenten ernannt wurde, zum zweiten Dirigenten der landesweit bestaunten Hofkapelle. Bülow hatte sie mit militärischer Disziplin zum führenden Beethoven-Orchester gedrillt und führte bei mehreren Gastspielen vor, wie man dem Titan gerecht zu werden hatte, nämlich durch Pathos und Präzision. Wenig später übernahm er die Leitung der Philharmonischen Orchester in Hamburg und Berlin, und unterwarf sich das Publikum dank der ihm eigenen Grandezza bedingungslos. Strauss
Hans von Bülow, ca. 1885
war ihm in Meiningen nachgefolgt, wanderte jedoch schon nach einem Jahr, sensationell schnell zu Ruhm gekommen, zur Hofoper München ab. Werke aus seiner Feder erklangen bereits in ganz Deutschland, ja sogar in den Vereinigten Staaten, wo das New York Philharmonic 1884 die Zweite Symphonie f-Moll aus der Taufe hob. Etliche Kontakte, die Strauss zu knüpfen verstand, erwiesen sich als zukunftsweisend, etwa die Bekanntschaft mit Ernst von Schuch, der in Dresden nach 1900 die Uraufführungen von Feuersnot, Salome, Elektra und Rosenkavalier dirigieren sollte. Während Strauss von Erfolg zu Erfolg eilte, jagte der vier Jahre ältere Gustav Mahler in Kassel von einer Opernaufführung zur anderen, mit überwiegend zweitrangigem Repertoire. Als er ab 1889 seine Erste Symphonie in Budapest, Weimar, Hamburg und Berlin präsentieren konnte, hagelte es Verrisse. In Hamburg allerdings, wohin es ihn 1891 verschlug, konnte er die Wertschätzung Bülows erringen. Aber nur als Dirigent. Bei dem Versuch, Bülow etwas aus seiner Totenfeier vorzuspielen, woraus sich später der Kopfsatz der Auferstehungs-Symphonie entwickelte, hielt sich der Kollege nach wenigen Takten die Ohren zu und fluchte: »Wenn das noch Musik ist, verstehe ich nichts mehr von Musik.« Wie anders dagegen Strauss! Hermann Levi war die Münchener Premiere der Ersten Symphonie d-Moll zu danken; Franz Wüllner, Leiter der Berliner Philharmoniker, bis ihn Bülow dort 1887 ablöste, gehörte zu 44
Doch die lange Zeit stabile und beinahe freundschaftliche Verbindung zwischen dem dämonischen Bülow und dem eher gemütlichen Strauss geriet schließlich aus den Fugen. Die Auffassungen und Vorlieben divergierten schon geraume Zeit, Bülow vergötterte Brahms, Strauss tendierte mehr und mehr zu Wagner beziehungsweise zu dessen Witwe Cosima, Bülows erster Ehefrau. Komplizierte Verhältnisse allenthalben. Die Konflikte ließen sich anfangs einigermaßen kaschieren, doch Bülows Berliner Aufführung des Don Juan am 31. Januar 1890 führte zu einer merklichen Verstimmung. Die Kritik schoss sich auf das Werk ein und nahm den Dirigenten in Schutz: »So viel Maßlosigkeit des Ausdrucks und Unklarheit der Darstellung«, textete die Vossische Zeitung. »Welche Gewaltsamkeit der Tonsprache, Übertriebenheit der Empfindung, insbesondere durch die gellenden hohen Trompeten und Hörner, die plumpe Kraft der Tuba, die zischend dreinfahrenden Schläge der Becken, welch krasse Dissonanzen in der Harmonie. Nach der Wiedergabe, eine meisterliche Leistung des Orchesters und seines Dirigenten, klatschte Herr von Bülow dem anwesenden Komponisten lebhaft zu, und leitete damit das Urteil des Publikums. Herr von Bülow liebt diese Art, Stimmung zu machen.« Diese Art liebte Strauss keineswegs. Ohnehin enttäuscht, nicht selbst das neue Werk in Berlin vorstellen zu dürfen, beklagte er in einem Schreiben an seine Eltern, Bülow habe sich für den Don Juan und dessen poetischen Gehalt überhaupt nicht interessiert, habe falsche Tempi gewählt und nur ein raffiniert instrumentiertes Stück vorgeführt. Vier Tage später versuchte sich Strauss an einer eigenen, um ein gutes Drittel schnelleren Interpretation mit den Philharmonikern. So ließ sich der Don Juan vielleicht retten, nicht aber die Beziehung mit Bülow, der nun ebenfalls auf Distanz ging, auch weil ihm die Entwicklung seines Protegés immer unverständlicher wurde. Er versuchte, die Berliner Erstaufführung von Tod und Verklärung aufzuschieben und schwieg sich gründlich aus, nachdem Strauss doch im Februar 1891 eine erfolgreiche Aufführung gelungen war. Vor Jahren schon hatte Bülow eine Revision des Macbeth veranlasst, der ersten symphonischen Dichtung von Strauss, bevor er diese »Hexenküchenbrodeleien« in der dritten Fassung 1892 dann »toll und betäubend, aber genial in summo grado« nannte.
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den ersten und beharrlichsten Förderern von Strauss, dirigierte in Köln die deutsche Erstaufführung der Zweiten Symphonie f-Moll und sorgte später mit dem Gürzenich-Orchester für die Uraufführungen von Till Eulenspiegels lustige Streiche und Don Quixote; Hans von Bülow setzte die Zweite Symphonie in Hamburg aufs Programm und in Berlin den Don Juan und die Burleske für Klavier und Orchester, Strauss selbst durfte Aus Italien sowie Tod und Verklärung dirigieren.
Konzerthinweis Strauss wiederum monierte den reaktionären Geschmack Bülows, ohne dessen phänomenale Fähigkeiten als Pianist und Dirigent je infrage zu stellen. Die Trauerfeiern für Bülow jedoch boykottierte er. Der eiserne Kapellmeister war 1894 in Ägypten gestorben, wo er verzweifelt Linderung seiner unheilbaren Krankheiten gesucht hatte. Es lag nahe, die Gedächtniskonzerte seinem Lieblingsschüler anzuvertrauen und Brahms spielen zu lassen, aber Strauss wollte partout Werke von Wagner und Liszt durchsetzen. Das Hamburger Gedenkkonzert leitete dann Gustav Mahler, das Berliner Ernst von Schuch. Ein Jahr später allerdings hatte Strauss seinen ideologischen Furor überwunden; in der Saison 1894/95 agierte er als Bülows Nachfolger in Berlin, setzte dessen ByronFantasie Nirwana aufs Programm und zweimal sogar Brahms. In seinen Persönlichen Erinnerungen an Hans v. Bülow fiel es ihm 1909 nicht mehr schwer, den großen Förderer in höchsten Tönen zu loben – Strauss war auf dem besten Wege, nun seinerseits reaktionär zu werden. Volker Tarnow ist Musikkritiker für Berliner Morgenpost, Opernwelt und Fono Forum.
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Berliner Philharmoniker Andris Nelsons Dirigent Baiba Skride Violine Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 4 B-Dur op. 60 Sofia Gubaidulina Dialog: Ich und Du, Konzert für Violine und Orchester Nr. 3 Richard Strauss Don Juan op. 20
Die Wiederkehr des Unerwarteten
Von Wolfgang Stähr
Als ihm 2005 der Ernst von Siemens Preis verliehen werden sollte, der »Nobelpreis für Musik«, da wunderten sich viele über das Auftauchen eines fast 90-jährigen Komponisten: Henri Dutilleux – einer der großen Tonschöpfer unserer Zeit, den es nie ins Rampenlicht des Kulturbetriebs gezogen und der unbeeinflusst von jedweder Schule seinen eigenen Stil kultiviert hat. Im Januar dirigiert Kirill Petrenko die Erste Symphonie des Franzosen.
Foto: Heribert Schindler
Rubrik • Neu entdeckt
Als der französische Komponist Henri Dutilleux geboren wurde, herrschte in Deutschland noch Kaiser Wilhelm II.; als er starb, regierte hierzulande die Kanzlerin Angela Merkel. Fast 100 Jahre umfasste sein Leben, das er mit erstaunlicher Unbeirrbarkeit gegen alle politische Willkür und ästhetische Dogmatik verteidigte. Der Trotz des Einzelgängers zeichnete ihn ebenso aus wie ein Elefantengedächtnis, das man auch seiner Musik anmerkt. Ganz ähnlich, wie in einem raffiniert konstruierten Roman eine Figur prominent hervortreten kann, die 200 Seiten zuvor nur am Rande erwähnt wird, verbindet Dutilleux in seinem »magischen, letztlich unerklärlichen Kompositionsprozess« das Nächste mit dem Entlegensten, in einem weitgespannten Streckennetz der Ideen und Motive: die Wiederkehr des Unerwarteten. Aber nicht nur das Gedächtnis, sondern mehr noch das Gedenken adelt seine Werke, etwa wenn er ein Stück »Anne Frank und allen unschuldigen Kindern der Welt« widmet. Diese Fähigkeit – er selbst sprach von der Pflicht –, sich tief zu erinnern, mag ein Grund gewesen sein, weshalb Dutilleux am Ende ziemlich skeptisch in die Zukunft blickte: »Ich bezweifle, dass die Menschheit ihre Situation auf Erden in dem Maße verbessert, wie sie glaubt, es zu tun, trotz einiger bedeutsamer Ausnahmen.« Henri Dutilleux liebte die Nacht. Aber nicht die Nacht, in der alle Katzen grau sind, ganz im Gegenteil, denn in seinen musikalischen Nachtstücken leben und regen sich viele Stimmen, Laute, Töne und Klänge, geheimnisvoll und kaum vernehmlich oder brüsk und erschreckend. Die Natur war für ihn eine Lehrmeisterin, freilich nie im Sinne einer Abbildung oder Nachahmung, und neben der Natur auch die Literatur, insbesondere die seines legendären Landsmannes Charles Baudelaire: »seine Gedichte, auch seine Prosagedichte und überhaupt alles, was er allgemein über die Kunst geschrieben hat. Baudelaires Universum in seiner Gesamtheit beeindruckt mich.«
Weltgeschehen Dutilleux kam am 22. Januar 1916 im Westen Frankreichs zur Welt, in Angers, als Kind einer französischpolnischen Familie. Ein Urgroßvater war der mit Delacroix und Corot befreundete Maler Constant Dutilleux; der Großvater mütterlicherseits, der Organist Julien Koszul, leitete das Konservatorium von Roubaix. Die Geburt seines Enkels fiel mitten in die Zeit des Ersten Weltkriegs. Dutilleux führt es auf diesen Umstand zurück, dass er von der besagten »Pflicht zur Erinnerung« verfolgt wurde wie von einer Obsession. Sein Vater kämpfte bei Verdun; später verbrachte Henri 47
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seine Kindheit in der von den Deutschen verwüsteten nordfranzösischen Stadt Douai. Und noch als Student am Pariser Conservatoire konnte er dem Krieg nicht entkommen. 1938 wurde er mit dem »Premier Grand Prix de Rome« ausgezeichnet, dem höchsten akademischen Preis, den der französische Staat seinen Künstlerinnen und Künstlern verleiht. Aber die Freude am Stipendium und dem Aufenthalt in der Ewigen Stadt hielt nicht lange an, weil Dutilleux zum Militär einberufen wurde und nach Frankreich zurückkehren musste. »Für mich war natürlich der Bruch, den der Zweite Weltkrieg brachte, von entscheidender Bedeutung«, bekannte Dutilleux. »Das Weltgeschehen hat mich zum Denken angehalten. Eine Weile habe ich ganz aufgehört, Musik zu schreiben. Ich versuchte mich selbst, meinen Stil zu finden.«
Neue Etappen Dutilleux hat seine frühen Arbeiten zwar nicht verschwiegen oder gar vernichtet. Dennoch beginnt sein offizielles Werkverzeichnis erst im Jahr 1948 mit der Klaviersonate. Aber als den »ersten Dutilleux« mit Anspruch auf Gültigkeit und Unverwechselbarkeit bezeichnete er ausdrücklich seine Symphonie Nr. 1: »Sie ist drei Jahre nach der Sonate entstanden, und ich hege zärtliche Gefühle für sie wie für ein Kind, das man nicht zurückweisen möchte.« Anders als seine späteren, ungleich berühmteren Kompositionen, die er für das Cleveland Orchestra und George Szell, das Boston Symphony und Seiji Ozawa oder für Mstislaw Rostropowitsch, Isaac Stern und Anne-Sophie Mutter schrieb, schuf er diese Symphonie ohne Auftrag, seine »erste wichtige Partitur«, der Beginn einer »neuen Etappe«. Zunächst einmal, in den 1950er-Jahren, wies sie ihm allerdings die Randexistenz eines Außenseiters zu: »Das ist oft eine unbequeme Haltung, doch man kann aus diesem Gefühl der Einsamkeit auch Kraft schöpfen.« Während die Symphonie bald in Deutschland aufgeführt wurde, dirigiert von Hans Rosbaud und Ferenc Fricsay, war Dutilleux noch, wie er sagte, »ein junger Musiker, der ›gegen den Strom‹ zu schwimmen schien, als die ersten elektroakustischen Versuche und auf der anderen Seite die Renaissance der Wiener Schule mit der Rückkehr bedeutender Werke von Komponisten, die lange Zeit aus den Programmen ausgeschlossen waren, die Aufmerksamkeit auf sich lenkten«. Diese vornehme Formulierung aus dem Abstand der Jahre verschleiert jedoch, wie sehr Dutilleux tatsächlich unter der Vorherrschaft und Meinungsmacht der Nachkriegsavantgarde zu leiden hatte, als die Zwölftontechnik und ihre Radikalisierung, die »Serielle Musik« (bei der die musikalischen Parameter von Zahlenreihen
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International, Foto: Daniel Horn
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Konzerthinweis 11.01.24 20 Uhr • Do Fr 12.01.24 20 Uhr Sa 13.01.24 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Henri Dutilleux Symphonie Nr. 1 Bela Bartok Der holzgeschnitzte Prinz, Tanzspiel Sz 60
Foto: akg-images / Marion Kalter
determiniert werden), zum Goldstandard der Moderne erhoben wurden. Dutilleux fühlte sich vom »Clan der Serialisten« ausgeschlossen, er klagte über den »seriellen Terror«, über »eine richtiggehende Tyrannei und einen neuen Akademismus«. Diese Ausgrenzung brachte auch ganz alltägliche wirtschaftliche Nöte und Nachteile mit sich: Dutilleux konnte erst spät von seiner Kunst leben: »Bis ich 55 oder 60 Jahre alt war, blieb mir nichts anderes übrig, als mich durch eine nebenberufliche Tätigkeit über Wasser zu halten.«
Zeitlos modern Auf den ersten Blick nimmt sich Dutilleux’ Symphonie von 1951 geradezu provozierend unzeitgemäß aus. Sie beginnt, wie die Vierte von Brahms endet, mit einer Passacaglia: mit Variationen über einen ostinaten (hartnäckig beibehaltenen) Bass von vier Takten, der 35 Mal wiederholt wird, bei fortlaufend verändertem Überbau. Aber diese strenge barocke Form des Komponierens über einem festen Grund, der die Musik aus der Tiefe lenkt und wie ein Schicksalsspruch beherrscht, war weder modern noch unmodern, sondern schlichtweg zeitlos. Auch andere zeitgenössische Komponisten wie Benjamin Britten oder Dmitri Schostakowitsch hielten an der Passacaglia fest wie an einem Ritual oder einem heiligen Zwang, an dem sie ihre Freiheit schärfen konnten. Dutilleux schreibt in seiner Ersten Symphonie obendrein noch ein Finale »con variazioni« und zuvor ein »Intermezzo«, das die Richtung umkehrt und das Thema nicht zum Ausgang nimmt, sondern zum Ziel der Verwandlungen, Transformationen und Metamorphosen. Und wie zwischen 49
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den Kapiteln eines Romans bewegen sich auch in dieser Symphonie die Figuren und Motive von einem Satz zum anderen, sie kommen vor, tauchen ab und kehren wieder, wenn man sie am wenigsten erwartet. Dutilleux erfindet eine dunkle, extravagante Musik für das opulent besetzte, um Xylofon, Vibrafon, Glockenspiel, Celesta und Klavier bereicherte Orchester, er bricht auf zu einer Fantasiereise durch unerhörte Klangräume und rätselhafte Träume, hinüber auf die andere, verborgene, die nächtliche Seite der Existenz. Und er entfacht eine buchstäblich atemberaubende Musik von unglaublicher Spannung und Dramatik, die Zeit vergeht wie im Flug, und es ist kein Wunder, dass diese Partitur auch zum Soundtrack für das Kino umgewidmet wurde. Henri Dutilleux, der am 22. Mai 2013 in Paris starb, im Alter von 97 Jahren, fand mit seinen Werken erst spät und nur selten den Weg ins Repertoire der Berliner Philharmoniker. Aber als Sir Simon Rattle 2003 die Correspondances uraufführte, Gedichte und Briefzitate von Rilke, Mukherjee, Solschenizyn und Van Gogh, die Dutilleux für Sopran und Orchester vertont hatte, entstand doch noch so etwas wie eine tiefe, nachsommerliche Freundschaft. Im Januar 2024 spielen die Philharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko zum ersten Mal die Erste Symphonie, den »ersten Dutilleux«. Denn das Leben steckt voller Entdeckungen und ist fast so abwechslungsreich wie die Musik des genialen Franzosen. Wolfgang Stähr lebt als freier Musikautor in Berlin und schreibt seit 1988 für die Berliner Philharmoniker.
Rubrik • Wenn ich nicht M usiker wäre …
Matthew McDonald – der Kontrabassist, der die Poesie nicht nur in der Musik liebt. In dieser Rubrik stellen wir Berliner Philharmoniker und ihre außermusikalischen Leidenschaften vor.
Foto: Paula Winkler / Ostkreuz
Von Oliver Hilmes Wilhelm Busch ist immer für ein Bonmot gut: »Wie wohl ist dem, der dann und wann // sich etwas Schönes dichten kann!« Folglich sind Poeten also recht zufrieden und erfüllt. Und genau das wird der Protagonist dieses Porträts sicher bestätigen. »Bevor ich mit dem Kontrabass anfing, wollte ich Dichter oder Schriftsteller werden«, sagt Matthew McDonald zu Beginn unseres Gesprächs. Wir sitzen im Kontrabasszimmer der Philharmonie Berlin, vor ein paar Minuten wurde die Vormittagsprobe der Berliner Philharmoniker beendet. Von klein auf habe er jeden Tag Gedichte geschrieben, fährt er fort, und zunächst habe er auch mit dem Gedanken gespielt, Literatur zu studieren. Doch dann kam irgendwann der Bass in sein Leben und schnell verliebte sich Matthew McDonald in den weichen dunklen Ton des großen Instruments. 1996 begann der gebürtige Australier sein Studium an der Canberra School of Music, setzte es später in Sydney fort und schloss es mit dem Bachelor of Music dort ab. Von 2000 bis 2001 war er Stipendiat der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker. Es folgten erste Engagements, ehe er 2009 als Solokontrabassist zu den Berliner Philharmonikern kam. Doch die Liebe zur Poesie blieb. Was das Faszinierende an der Poesie sei, frage ich meinen Gesprächspartner. Matthew McDonald muss nicht lange überlegen. »Es reizt mich sehr, dass Gedichte immer offen für viele unterschiedliche Interpretationen sind.« Anders als etwa in einem Roman seien in der Poesie das Handlungsgerüst und die dramaturgische Entwicklung der Figuren nicht wirklich wichtig. »Es geht oft mehr um den Klang und die Farbe der Sprache«, führt er aus. »Manchmal wirkt ein Gedicht unverständlich – und ist trotzdem in der Lage, eine enorme Kraft zu entfalten.« 51
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Ob es Parallelen zwischen Musik und Poesie gibt? Matthew McDonald nickt. »Die Gewohnheit, Wörter nach ihrem Klang und Rhythmus zu ordnen, hilft mir immer sehr, Tonalität, Artikulation, Harmonie und so weiter zu verstehen. Ich denke zum Beispiel oft an die abrupten Wechsel in Sibelius’ Vierter Symphonie, die der Fragmentierung in der Poesie des 20. und 21. Jahrhunderts ähneln.« Seinen Studentinnen und Studenten rät er sogar, sich beim Spielen der Musik einen Text vorzustellen. »Das verleiht einer Phrase oft eine Nuance und ein Timing, die alles natürlicher klingen lassen.« Im vergangenen Jahr hat sich Matthew McDonald einen Traum erfüllt und das Online-Literaturmagazin »berlin lit« gegründet, das vierteljährlich erscheint und sich als Journal für zeitgenössische Poesie versteht (berlinlit.com). Mittlerweile erhält er für jede Ausgabe 700 bis 800 Einsendungen, aus denen er rund 20 Gedichte auswählt und für die Veröffentlichung vorbereitet. Kommt er bei diesen zahlreichen Aktivitäten noch dazu, selbst zu schreiben? Und ob! An der britischen Open University hat er sogar »mit Auszeichnung« ein Masterstudium in »creative writing« absolviert, was erahnen lässt, wie sehr er für die Literatur brennt. Würde es ihn reizen, einmal einen Roman zu verfassen, möchte ich zu guter Letzt wissen. »Mein Roman war weit fortgeschritten«, erwidert Matthew McDonald lächelnd. »Doch dann habe ich vor vielen Jahren das handschriftliche Manuskript von rund 200 Seiten versehentlich in einem Bus liegenlassen. Vielleicht war das ein Wink des Schicksals, dass mir die Poesie mehr liegt.« Oliver Hilmes ist Chefredakteur des Magazins Phil. Matthew McDonald in der Staatsbibliothek Berlin / Potsdamer Straße.
Aktuelles
Probezeit bestanden!
Bertold Stecher Trompete »Es ist mir eine Ehre, nun Teil dieser herausragenden Gemeinschaft zu sein und die Musik in all ihren Facetten zum Leben zu erwecken«, freut sich Bertold Stecher, der seit 2022 in der Trompetengruppe der Berliner Philharmoniker spielt. Aufgewachsen im Vinschgau in Südtirol, einer Region mit reicher Blasmusiktradition, entwickelte er bereits früh eine besondere Verbundenheit zum Klang der Trompete. Mit zehn Jahren begann er dieses Instrument zu erlernen und seine ersten Erfolge bei Jugend-Wettbewerben ermutigten ihn dazu, eine musikalische Laufbahn einzuschlagen. Seine Leidenschaft für das Musizieren im Symphonieorchester entdeckte er während seiner Zeit als Mitglied verschiedener Jugendorchester wie dem Gustav Mahler Jugendorchester und dem European Union Youth Orchestra. Diese Erfahrungen bestärkten ihn in seinem Entschluss, Musik zum Beruf zu machen. Seine musikalische Ausbildung erhielt er am Vorarlberger Landeskonservatorium bei Lothar Hilbrand und an der Universität Mozarteum Salzburg bei Hans Gansch. Bertold Stecher startete seine professionelle Laufbahn 2012 als Solotrompeter im Haydn-Orchester von Bozen und Trient. Als Gast spielte er mit Orchestern wie dem Concertgebouw-Orchester Amsterdam, dem Orchester der Mailänder Scala, dem NDR Elbphilharmonie Orchester oder dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin. 2017 erhielt er die Festanstellung als Solotrompeter im Orchester der Deutschen Oper Berlin, ehe er 2022 zu den Berliner Philharmonikern wechselte.
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Piotr Zimnik Kontrabass
Piotr Zimnik spielt seit Januar 2022 in der Kontrabassgruppe des Orchesters. Der aus Polen stammende Musiker studierte an der Janáček-Akademie für Musik und Darstellende Kunst Brünn und an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin, außerdem war er Stipendiat der Karajan-Akademie. Orchestererfahrung sammelte er als Mitglied des Mahler Chamber Orchestra und als stellvertretender Leiter der Kontrabassgruppe beim Helsinki Philharmonic Orchestra. Darüber hinaus arbeitete der Preisträger mehrerer internationaler Wettbewerbe unter anderem mit dem Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und dem Gürzenich-Orchester Köln zusammen.
Auszeichnung und Engagement
Foto, linke Seite: Stefan Höderath (2). Rechte Seite: (oben) Monique Wuestenhagen, (unten) © UNHCR/Roger Arnold
Opus Klassik für Vokalhelden Die Gewinner des Opus Klassik 2023, dem Preis für klassische Musik in Deutschland, stehen fest. Unter den Preisträgerinnen und Preisträgern ist in diesem Jahr auch das Berliner Chorprojekt Vokalhelden. Phil gratuliert herzlich! Die Vokalhelden wurden 2013 vom Education-Programm der Berliner Philharmoniker auf Initiative von Sir Simon Rattle und Simon Halsey gegründet. Hier singen mehrere hundert Kinder und Jugendliche in ihrem Kiez. Die Vokalhelden wurden von Opus Klassik in der Kategorie »Nachwuchsförderung« ausgezeichnet.
Ausgezeichnet: Der Opus Klassik für das Berliner Chorprojekt Vokalhelden
berliner-philharmoniker.de/vokalhelden
Über 26.000 Euro für die UNO-Flüchtlingshilfe gesammelt Im Rahmen der Winterkampagne 2022/23 der UNO-Flüchtlingshilfe konnten durch großzügige Spenden unseres Publikums insgesamt 26.537,38 Euro gesammelt werden. Wir bedanken uns für Ihr Engagement ganz herzlich. Seit September 2021 sind die Berliner Philharmoniker und ihr Chefdirigent Kirill Petrenko musikalische Botschafter der UNO-Flüchtlingshilfe. Damit sind sie die erste Organisation, die diesen Status erhielt und die dem »Circle of Friends« der UNO-Flüchtlingshilfe beigetreten ist. Die UNO-Flüchtlingshilfe und die Berliner Philharmoniker eint das Anliegen, Menschen auf der Flucht eine Perspektive einer sicheren Zukunft zu eröffnen, in der sie ihr Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen können. berliner-philharmoniker.de/ uno-fluechtlingshilfe
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Kostenlose Führung im Green Room durch die Sonderausstellung Woman to Go Als Beitrag zu dem diesjährigen Saisonthema Heroes zeigt die Deutsche Bank als Partnerin der Berliner Philharmoniker aus ihrer Sammlung die Installation Woman to Go von Mathilde ter Heijne. Dieses 2005 begonnene und bis heute fortgeführte Projekt variiert das Thema Heroes, indem es sich vergessenen »Heldinnen« und Biografien aus der Vergangenheit widmet.
Termin
• Fr 08.12.23 19.15 Uhr Eintritt: frei Dauer: ca. 20 Minuten Treffpunkt und weitere Informationen hier:
In Rondells werden hunderte von unterschiedlichen Postkarten gratis zum Mitnehmen angeboten. Auf der Vorderseite der Karten sind Fotografien unbekannter Frauen zu sehen, die zwischen 1839 und 1920 aufgenommen wurden. Auf den Rückseiten finden sich jeweils Biografien aus dieser Epoche, die aber offensichtlich nichts mit den Fotografien zu tun haben. Es sind die Lebensläufe von ungewöhnlichen Frauen aus der ganzen Welt – Künstlerinnen, Teehändlerinnen, Piratinnen, Schriftstellerinnen, Forscherinnen, Partisaninnen, Suffragetten.
Saisonabschlusskonzert am 22. Juni in der Waldbühne mit Kirill Petrenko und Yuja Wang Maurice Ravels ekstatischer, klangsinnlicher Boléro unter dem Nachthimmel von Berlin – stimmungsvoller könnten die Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko die Saison in der Waldbühne kaum beschließen. Davor wird es hochvirtuos: Starpianistin Yuja Wang spielt den Solopart in Rachmaninows brillanter Rhapsodie über ein Thema von Paganini – ein Werk, in dem die Musikerin ihre technische Perfektion und ihre Gestaltungskraft bestens zur Geltung bringen kann. In eine Schäferidylle der antiken Mythologie entführt zudem Ravels Suite Nr. 2 aus dem flirrendimpressionistischen Ballett Daphnis et Chloé.
Konzerthinweis 22.06.24 20.15 Uhr • Sa Waldbühne Berlin Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Yuja Wang Klavier Sergej Rachmaninow Rhapsodie über ein Thema von Paganini op. 43 Maurice Ravel Daphnis et Chloé, Suite Nr. 2 Boléro und weitere Werke Kartenverkauf Concert Concept Veranstaltungs GmbH myticket.de/berlinerphilharmoniker-tickets Tel: +49 40 237 240 030
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Foto: Monika Rittershaus
Aktuelles
Hyatt and Grand Hyatt names, designs and related marks are trademarks of Hyatt International Corporation. © 2023 Hyatt International Corporation. All rights reserved.
HYATT CATERING Ihr exklusiver Cateringpartner in Berlin Sie sind auf der Suche nach dem perfekten Eventerlebnis? Unser HYATT CATERING Team organisiert Ihr Event mit außergewöhnlichen Ideen und innovativen Konzepten. Egal ob Kundenveranstaltung, Firmenfeier, ein Galadinner oder Ihre private Feierlichkeit – FINE DINING TO PERFECTION!
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Weihnachtsüberraschungen voller Musik Philharmonische Geschenkideen
Die Klassikfans unter Ihren Lieben sind in diesem Jahr leicht zu beschenken: Vom Konzertgutschein bis zur exklusiven Edition der Berliner Philharmoniker, vom 12-Monats-Ticket für unsere Digital Concert Hall bis zu stylisch gestalteten Präsenten aus unserem Shop gibt es viele Möglichkeiten, Musikbegeisterten eine Freude zu bereiten.
Individuell und einzigartig: der Gutschein
Mit einem Gutschein für Konzerte der Stiftung Berliner Philharmoniker liegen Sie immer richtig. Ob Orchesteroder Kammermusik, ob Auftritte mit Kirill Petrenko oder Gastdirigent*innen wie Daniel Harding, Christian Thielemann, Eun Sun Kim, Daniel Barenboim, Sir Simon Rattle oder Gustavo Dudamel, ob Barockfestival, Schubert-Marathon oder die konzertante Aufführung
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von Strauss‘ Elektra, die Beschenkten können sich genau das Konzert ihrer Wahl aus unserem vielseitigen Programm aussuchen – und Sie haben die Wahl, welche Summe Sie in den Gutschein (ab 10 Euro) investieren möchten. berliner-philharmoniker.de/konzerte/gutscheine/
Foto, rechte Seite: (unten) Lars Johanning (Merchandising)
Exklusiv und exzellent: CDs, DVDs, Blu-ray
Die Editionen des Labels Berliner Philharmoniker Recordings sind optische und akustische Schmuckstücke: Aufwändig in höchster Klangqualität produziert und in künstlerisch gestalteten Boxen präsentiert, veredeln sie jede Musiksammlung. Unsere neueste Veröffentlichung: Kirill Petrenko dirigiert Schostakowitschs Symphonien 8–10. Diese drei Werke, die auf ganz unterschiedliche Weise Schostakowitschs Sehnsucht nach Freiheit formulieren, wurden während der Corona-Pandemie aufgenommen. Die Edition enthält außerdem einen Interview-Film mit Kirill Petrenko und fundierte Texte zu Schostakowitschs Wirken. Weitere Aufnahmen unseres Labels finden sie unter: berliner-philharmoniker-recordings.com
Jederzeit und überall: die Digital Concert Hall
15 Jahre Digital Concert Hall – ein Grund zu feiern! Auf der Videoplattform der Berliner Philharmoniker können Sie die Konzerte des Orchesters live erleben und nahezu sämtliche Aufzeichnungen der letzten 15 Jahre im Archiv abrufen. Verschenken Sie einen 12-Monats-Zugang. Bis zum 25. Dezember erhalten Sie zusätzlich unsere limitierte Jubiläums-Edition auf DVD/Blu-ray. Sie präsentiert musikalische Höhepunkte mit Chefdirigent Kirill Petrenko, Martha Argerich, Zubin Mehta und vielen anderen Künstler*innen. Zum Kennenlernen unserer Digital Concert Hall gibt es außerdem Gutscheine für sieben oder 30 Tage ab 9,90 Euro. digitalconcerthall.com
Edel, stilvoll, nachhaltig: Präsente aus dem Shop
Geschenke im Berliner-Philharmoniker-Design bietet unser Shop in der Philharmonie Berlin: Die stylisch gestalteten Notizbücher, Kaffee- und Teebecher, Thermosflaschen, Taschen und Schirme sind nachhaltig produziert und begleiten die Beschenkten durch den Alltag. Und das Schönste: Im Dezember erhalten Sie alle Artikel der Philharmoniker 15% günstiger. Natürlich gibt es in unserem Shop auch eine große Auswahl an Musikaufnahmen und Büchern.
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Konzerte
Dezember
01.12.23 20 Uhr • FrKammermusiksaal Chamber Orchestra of Europe Sir Antonio Pappano Dirigent Beatrice Rana Klavier Edward Elgar Introduction and Allegro op. 47 Robert Schumann Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54 Antonín Dvořák Symphonie Nr. 6 D-Dur op. 60 Virtuosität, Empfindsamkeit und Ausdrucksstärke: Diese Eigenschaften machen Beatrice Rana zur idealen Interpretin von Schumanns poetischem Klavierkonzert. Mit freundlicher Unterstützung der Aventis Foundation Tickets: 21 bis 48 €
03.12.23 11 Uhr • So Großer Saal Maria-Magdalena Kaczor Orgel Krzysztof Polonek Violine Orgel Camille Saint-Saëns Präludium und Fuge Es-Dur op. 99 Nr. 3 George Gershwin Drei Präludien für Violine und Klavier Otto Barblan Passacaglia op. 6 Hans-André Stamm Über Täler und Höhen Ludwig van Beethoven Drei Trios für Orgel Johann Sebastian Bach Konzert für Oboe und Violine BWV 1060R Jeanne Demessieux Te Deum op. 11 Bearbeitungen von Maria-Magdalena Kaczor Von Bach bis Gershwin: Die Organistin Maria-Magdalena Kaczor und Krzysztof Polonek, Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, präsentieren im Duo ein vielseitiges Programm.
03.12.23 14 Uhr • So Philharmonie Berlin und MusikinstrumentenMuseum
Familienführung: Familienbande In dieser Führung lernen Familien die Philharmonie Berlin, mit ihren berühmten Konzertsälen, sowie die Schätze des benachbarten Musikinstrumentenmuseums kennen. Eintritt: frei Altersempfehlung: 6–10 Jahre Dauer: ca. 80 Minuten Karten: Kostenlose Tickets können Sie ausschließlich per Telefon unter +49 (0) 30 254 88-999 reservieren. Treffpunkt: Künstlereingang Großer Saal (Zugang Potsdamer Straße)
07.12.23 20 Uhr • Do Fr 08.12.23 20 Uhr Sa 09.12.23 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Robin Ticciati Dirigent Elsa Benoit Sopran Antonín Dvořák Die Mittagshexe op. 108 Ondřej Adámek Sinuous Voices Gustav Mahler Symphonie Nr. 4 G-Dur Besuch aus der Nachbarschaft: Robin Ticciati, Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, gibt sein Debüt bei den Berliner Philharmonikern. Tickets: 37 bis 103 €
09.12.23 15 Uhr • Sa So 10.12.23 11 Uhr Großer Saal
Familienkonzert Mitglieder der Berliner Philharmoniker Sarah Willis Horn, Konzept und Moderation Brass Christmas Hornistin Sarah Willis und ihre Blechbläserkollegen feiern eine internationale »Brass Christmas« – mit musikalischen Spezialitäten aus aller Welt. Für Kinder ab 6 Jahren
Tickets: 20 € Tickets: 10 € / 20 €
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So 10.12.23 20 Uhr •Kammermusiksaal Artist in Residence Lisa Batiashvili Violine Mitglieder der Berliner Philharmoniker Louise Farrenc Nonett Es-Dur op. 38 Louis Spohr Nonett F-Dur op. 31 Elegant, graziös, melodienreich: Lisa Batiashvili und Mitglieder der Berliner Philharmoniker widmen sich der wenig beachteten, aber gleichwohl spannenden Gattung des Nonetts. Tickets: 16 bis 37 €
11.12.23 11 Uhr • Mo Großer Saal Schulkonzert Mitglieder der Berliner Philharmoniker Sarah Willis Horn, Konzept und Moderation Brass Christmas Hornistin Sarah Willis und ihre Blechbläserkollegen bereiten Grundschulklassen in diesem Konzert eine musikalische Weihnachtsbescherung. Geschlossene Veranstaltung für Schulklassen Ausgebucht
11.12.23 20 Uhr • Mo Kammermusiksaal Berliner Barock Solisten Albrecht Mayer Oboe, Oboe d’amore und Leitung Gottfried von der Goltz Violine Johann Sebastian Bach Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur BWV 1048 (Frühfassung) Johann Christoph Friedrich Bach Sinfonia d-Moll Wf I/3 Carl Philipp Emanuel Bach Konzert für Oboe, Streicher und Basso continuo G-Dur (nach dem Cembalokonzert Wq 9) Johann Christoph Bach Lamento für Oboe d'amore, Violine, Streicher und Basso continuo (nach »Ach, dass ich Wassers gnug hätte«)
Carl Philipp Emanuel Bach Symphonie für Streicher Es-Dur Wq/HWV deest Johann Sebastian Bach Konzert für Oboe d’amore, Streicher und Basso continuo A-Dur BWV 1055R Albrecht Mayer, Solooboist der Berliner Philharmoniker, präsentiert das brillante Oboed’amore-Konzert A-Dur von Johann Sebastian Bach. Tickets: 21 bis 48 €
12.12.23 20 Uhr • DiAusstellungsfoyer Kammermusiksaal
Philharmonischer Diskurs »Cancel Culture« Naika Foroutan und Philipp Hübl im Gespräch mit Christiane Florin
14.12.23 20 Uhr • Do Fr 15.12.23 20 Uhr Sa 16.12.23 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Andris Nelsons Dirigent Baiba Skride Violine Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 4 B-Dur op. 60 Sofia Gubaidulina Dialog: Ich und Du, Konzert für Violine und Orchester Nr. 3 Richard Strauss Don Juan op. 20 Originalität, Humor und Esprit: Andris Nelsons dirigiert Beethovens Vierte Symphonie und Strauss‘ Don Juan. Tickets: 37 bis 103 €
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Deutschlandfunk Tickets: 10 €
»Zuhause »Zuhause ist,ist, wowo Fürsorge Fürsorge aufauf Freiheit Freiheit trifft.« trifft.« Wohnen Wohnen im Alter, imstilvoll Alter, stilvoll und aufund höchstem auf höchstem NiveauNiveau – in der– Tertianum in der Tertianum Premium Premium Residenz Residenz Berlin erwartet Berlin erwartet Sie einSie luxuriöses ein luxuriöses Zuhause Zuhause zum zum Ankommen. Ankommen. Stets umsorgt, Stets umsorgt, doch selbst doch beselbstbestimmtstimmt und mitund einer mitFülle eineran Fülle Möglichkeiten. an Möglichkeiten. Möchten Möchten Sie mehr Sieerfahren? mehr erfahren? Vereinbaren Vereinbaren Sie Sie gerne einen gerne persönlichen einen persönlichen Besichtigungstermin Besichtigungstermin mit unserer mit unserer Residenzberaterin Residenzberaterin Heike Fiedler. Heike Fiedler. 030 219920 030 219920 • www.tertianum-berlin.de • www.tertianum-berlin.de
16.12.23 10 Uhr • Sa Sa 16.12.23 11.30 Uhr
So 17.12.23 10 Uhr So 17.12.23 11.30 Uhr Ausstellungsfoyer Kammermusiksaal
Mitmachkonzert Mitglieder der Berliner Philharmoniker Nora Bussenius Regie Schneeflöckchen Umrahmt von den bunten Glasfenstern der Philharmonie Berlin, laden unsere Mitmachkonzerte in ungezwungener Stimmung schon die Jüngsten zum Erforschen von Musik ein. Für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren Nur im Abonnement erhältlich. Ausgebucht
16.12.23 14 Uhr • Sa Sa 16.12.23 15.30 Uhr Familienführung: Unser Klangschiff Die Philharmonie Berlin ist ein einzigartiges Klangschiff, das wir selbst zum Klingen bringen. Eintritt: Kinder/Schüler frei, Erwachsene 10 €, ermäßigt 5 € Altersempfehlung: ab 4 Jahren Dauer: ca. 45 Minuten Karten: Tickets erhalten Sie ausschließlich online Treffpunkt: Künstlereingang Großer Saal (Zugang Potsdamer Straße)
Konzerte
17.12.23 20 Uhr • So Kammermusiksaal Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Reinhard Goebel Dirigent Johann Joachim Quantz Pastorale G-Dur Johann David Heinichen Pastorale per la notte di Natale Johann Sebastian Bach Weihnachtsoratorium BWV 248, Teil II: Sinfonia Giuseppe Torelli Concerto grosso g-Moll op. 8 Nr. 6 Arcangelo Corelli Concerto grosso g-Moll op. 6 Nr. 8 »Weihnachtskonzert« Pietro Antonio Locatelli Concerto grosso f-Moll op. 1 Nr. 8 Marc-Antoine Charpentier Noël sur les instruments Weihnachtliche Barockmusik aus Italien, Frankreich und Deutschland dirigiert von Reinhard Goebel Tickets: 21 bis 48 €
20.12.23 20 Uhr • Mi Do 21.12.23 20 Uhr
Fr 22.12.23 20 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Daniel Barenboim Dirigent Martha Argerich Klavier Ludwig van Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur op. 19 Johannes Brahms Symphonie Nr. 3 F-Dur op. 90 Zwei Weltstars, die sich seit ihren Kindertagen kennen und schätzen: Wenn Daniel Barenboim und Martha Argerich gemeinsam auftreten, können wir einen legendären Abend erwarten. Tickets: 37 bis 103 €
20 Uhr • FrSa 29.12.23 30.12.23 19 Uhr
So 31.12.23 17.30 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Vida Miknevičiūtė Sopran (Sieglinde) Jonas Kaufmann Tenor (Siegmund) Georg Zeppenfeld Bass (Hunding) Richard Wagner Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg: Ouvertüre und Der Venusberg Die Walküre: Akt I Ins neue Jahr mit Richard Wagner: Erleben Sie Jonas Kaufmann in seiner Paraderolle als Siegmund im ersten Akt der Walküre. Tickets: 61 bis 210 € (29./30.12), 105 bis 305 € (31.12.)
Januar
Für Kinder ab 6 Jahren Tickets: 10 € / 20 € (Kinder/Erwachsene)
15.01.24 20 Uhr • Mo Großer Saal Bundesjugendorchester Alexander Shelley Dirigent Mit ihrer zerrissenen, disparaten Klangsprache gilt Mahlers Neunte als klingendes Vermächtnis des Komponisten. Gustav Mahler Symphonie Nr. 9 Tickets: 8 bis 32 €
18.01.24 20 Uhr • Do Fr 19.01.24 20 Uhr Sa 20.01.24 19 Uhr Großer Saal
11.01.24 20 Uhr • Do Fr 12.01.24 20 Uhr Sa 13.01.24 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Henri Dutilleux Symphonie Nr. 1 Béla Bartók Der holzgeschnitzte Prinz, Tanzspiel Sz 60
Berliner Philharmoniker Daniel Harding Dirigent Antoine Tamestit Viola Jörg Widmann Konzert für Viola und Orchester Anton Bruckner Symphonie Nr. 4 Es-Dur »Romantische« (2. Fassung von 1878/80)
Raffiniert, klangsinnlich, modern: Kirill Petrenko interpretiert Werke von Dutilleux und Bartók, die wichtige Meilensteine in der Karriere ihrer Schöpfer markieren.
Ein Hornruf vom Turm einer mittelalterlichen Stadt, Waldesrauschen, Jagdszenen – solche Bilder hatte Anton Bruckner im Kopf, als er seine Vierte Symphonie mit dem Beinamen »Romantische« komponierte.
Tickets: 37 bis 103 €
Tickets: 26 bis 80 €
14.01.24 11 Uhr • So So 14.01.24 14 Uhr Großer Saal
Familienkonzert Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent und Co-Moderation Familienkonzert zugunsten der UNO-Flüchtlingshilfe Béla Bartók Der holzgeschnitzte Prinz, Tanzspiel: Auszüge
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Kirill Petrenko lädt zum Familienkonzert und führt uns in den Kosmos von Béla Bartóks Tanzspiel Der holzgeschnitzte Prinz ein.
19.01.24 11 Uhr • FrGroßer Saal Vokalhelden Mitsingkonzert für Grundschulen Die Vokalhelden bringen mit Liedern aus aller Welt die Philharmonie zum Klingen, Tanzen und Singen. Geschlossene Veranstaltung für Schulklassen Ausgebucht
Die Berliner Philharmoniker spielen Unsuk Chin Die Musik Unsuk Chins ist ein Zauberreich: Ständig eröffnen sich neue Perspektiven, mal gibt es Labyrinthe aus neuartigen Klängen, dann wieder Momente überirdischer Schönheit. Ihr verblüffender Einfallsreichtum, der unterschiedliche Kulturräume durchdringt, verleiht jedem Werk einen individuellen Charakter. Unsere neue Edition vereint herausragende Momentaufnahmen der fruchtbaren Zusammenarbeit, die die Berliner Philharmoniker seit 2005 mit der Komponistin verbindet.
Unsuk Chin Violinkonzert Nr. 1 · Sir Simon Rattle, Christian Tetzlaff Cellokonzert · Myung-Whun Chung, Alban Gerhardt Le silence des Sirènes · Sir Simon Rattle, Barbara Hannigan Chorós Chordón · Sir Simon Rattle Klavierkonzert · Sakari Oramo, Sunwook Kim Rocaná · Daniel Harding Auf 2 CD und Blu-ray
Jetzt erhältlich auf berliner-philharmoniker-recordings.com und im Shop der Philharmonie Berlin
Konzerte
20.01.24 10 Uhr • Sa Sa 20.01.24 11.30 Uhr
So 21.01.24 10 Uhr So 21.01.24 11.30 Uhr Ausstellungsfoyer Kammermusiksaal
25.01.24 20 Uhr • Do Fr 26.01.24 20 Uhr Sa 27.01.24 19 Uhr Großer Saal
Familienführung: Unser Klangschiff
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Wolfgang Koch Bariton (Gabriel) Daniel Behle Tenor (Ein Berufener) Wolfgang Ablinger-Sperrhacke Tenor (Ein Aufrührerischer) Johannes Martin Kränzle Bariton (Ein Ringender) Gyula Orendt Bariton (Der Auserwählte) Stephan Rügamer Tenor (Der Mönch) Nicola Beller Carbone Sopran (Der Sterbende) Liv Redpath Sopran (Die Seele/Ferne 1) Jasmin Delfs Sopran (Die Seele/Höhe 1) Rundfunkchor Berlin
Die Philharmonie Berlin ist ein einzigartiges Klangschiff, das wir selbst zum Klingen bringen.
Arnold Schönberg Kammersymphonie Nr. 1 op. 9 Die Jakobsleiter, Oratorium
Eintritt: Kinder/Schüler frei, Erwachsene 10 €, ermäßigt 5 € Altersempfehlung: ab 4 Jahren Dauer: ca. 45 Minuten Karten: Tickets erhalten Sie ausschließlich online Treffpunkt: Künstlereingang Großer Saal (Zugang Potsdamer Straße)
Kirill Petrenko dirigiert mit Schönbergs Erster Kammersymphonie und dem Oratorium Die Jakobsleiter zwei Schlüsselwerke des 20. Jahrhunderts. Tickets: 37 bis 103 €
Mitglieder der KarajanAkademie der Berliner Philharmoniker Nora Bussenius Regie Mitmachkonzert Hopp, hopp, hopp Für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren Nur im Abonnement erhältlich. Ausgebucht
20.01.24 14 Uhr • Sa Sa 20.01.24 15.30 Uhr
24.01.24 20 Uhr • Mi Kammermusiksaal Philippe Jaroussky Countertenor Thibaut Garcia Gitarre À sa guitare Werke von Francis Poulenc, Giuseppe Giordani, Giulio Caccini, John Dowland, Henry Purcell, Wolfgang Amadeus Mozart, Giovanni Paisiello, Gioacchino Rossini, Gerardo Matos Rodríguez, Enrique Granados, Franz Schubert, Gabriel Fauré, Barbara und anderen Wer bei dem Countertenor Philippe Jaroussky und dem Gitarristen Thibaut Garcia ein reines Barockprogramm erwartet, wird von der Brandbreite ihres Repertoires überrascht sein! Tickets: 21 bis 48 €
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28.01.24 11 Uhr • So Großer Saal Orgel Daniel Beckmann Orgel Blechbläserensemble der Berliner Philharmoniker Felix Mendelssohn Bartholdy Paulus, Oratorium op. 36: Ouvertüre (Bearbeitung von Johannes Matthias Michel) Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge D-Dur BWV 532 Richard Strauss Feierlicher Einzug der Ritter des Johanniter-Ordens Guy Bovet Doce Tangos ecclesiasticos: Tango de quinto tono, de mano izquiera und Tango de segundo tono para los Barbaros teutonicos que pisan la Música con los piés Marcel Dupré Präludium und Fuge H-Dur op. 7 Nr. 1 Joseph Messner Symphonische Festmusik für Blechbläser und Orgel op. 45a
Egal, ob Fuge, Tango oder Festmusik – der Mainzer Domorganist Daniel Beckmann und die Blechbläser der Berliner Philharmoniker ziehen sämtliche Register ihres Könnens. Tickets: 20 €
30.01.24 20 Uhr • DiKammermusiksaal Mitglieder der Berliner Philharmoniker Philip Mayers Klavier Tabatha McFadyen Stimme Franz Schreker Der Wind Arnold Schönberg Verklärte Nacht für Streichsextett op. 4 Pierrot lunaire op. 21 Nächtliche Traumsequenzen, expressionistische Harlekinaden: Franz Schreker und Arnold Schönberg gehörten im Wien der Belle Époque zu den visionären Köpfen der Musikszene. Tickets: 11 bis 28 €
31.01.24 20 Uhr • Mi Do 01.02.24 20 Uhr
Fr 02.02.24 20 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Daniele Gatti Dirigent Arnold Schönberg Verklärte Nacht (Fassung für Streichorchester von 1943) Richard Strauss Tod und Verklärung op. 24 Richard Wagner Tristan und Isolde: Vorspiel und Isoldes Liebestod Drei Werke der Spätromantik von Schönberg, Strauss und Wagner, die existenzielle Momente und Menschen in Ausnahmesituationen schildern. Tickets: 26 bis 80 €
BERLIN | BREMEN | DÜSSELDORF | WIEN | HANNOVER | STUTTGART | HAMBURG | NÜRNBERG | AUGSBURG | MÜNCHEN | DRESDEN | FRANKFURT
Impressum
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Diese Broschüre wurde mit Energie aus 100 % Wasserkraft (oder Öko-Strom) und ohne schädlichen Industriealkohol hergestellt. Die Produktion nimmt eine Druckerei vor (Bonifatius GmbH), die ein Qualitäts- und Umweltsystem aufgebaut hat, das alle Anforderungen der DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 14001 sowie die Vorgaben des Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) der Europäischen Union erfüllt.
15 Jahre Digital Concert Hall Feiern Sie mit uns! Sichern Sie sich zum 12-Monats-Zugang unsere limitierte Jubiläums-Edition auf DVD/Blu-ray. Sie präsentiert Höhepunkte aus 15 Jahren mit Chefdirigent Kirill Petrenko, Martha Argerich, Daniel Barenboim, Zubin Mehta und Sir Simon Rattle. Erstmals zeigen wir Ihnen zudem das bislang unveröffentlichte Konzert, das Claudio Abbado 2008 nach dem Brand in der Philharmonie Berlin in der Waldbühne dirigierte.
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Musik verbindet #PositiverBeitrag Seit mehr als 30 Jahren arbeiten die Deutsche Bank und die Berliner Philharmoniker in einer engen und lebendigen Partnerschaft zusammen. Gemeinsam wollen wir Musik von Weltklasse fördern und Menschen jeden Alters für Musik und Kultur begeistern. Denn Musik inspiriert, verbindet Menschen und überwindet Grenzen.
© Madlen Krippendorf
db.com/kultur