Lunchtime Conversation
2
#
Juni 2016
Alles Lab oder was?
Wie man Innovationen produziert und verkauft. Ob Verlagsriese, Spendenplattform oder Galerie: Heutzutage hat fast jeder sein Lab. Aber wozu eigentlich? Was war die Motivation, ein Labor zu gründen? Sind Innovationen zustande gekommen? Falls ja: Wie gelangen sie dann zurück in die Mutterorganisationen, und haben sie dort überhaupt eine Chance, umgesetzt zu werden? Darüber sprachen wir bei der zweiten Lunchtime Conversation im Eigen+Art Lab mit unseren Gästen aus Medien, Kunst, Wissenschaft und Politik.
Mit dabei:
Christian Kaspar Schwarm hat 2008 die Independent Collectors mitgegründet – eine Plattform für Sammler zeitgenössischer Kunst. Im Hauptberuf entwickelt er Strategien für Unternehmen.
Jörg Rheinboldt Mitgründer von betterplace.org, ist seit drei Jahren Geschäftsführer von Axel Springer Plug And Play und investiert dort in junge Start-ups.
independent-collectors.com
axelspringerplugandplay.com
Axel Kufus ist seit 12 Jahren Professor an der Universität der Künste Berlin (UdK), Institut Produkt- und Prozessentwicklung. Sein Schwerpunkt sind experimentelle Entwicklungen und Kooperationen im Design.
Senta Höfer von Hause aus Journalistin, hat vor zwei Jahren das Global Diplomacy Lab mitgegründet. Sie glaubt an privatöffentliche Partnerschaften und transsektorales Arbeiten.
kufus.de
global-diplomacy-lab.org
Johanna Neuschäffer ist seit zehn Jahren bei der Eigen+Art Galerie und betreut mit Anne Schwanz das Eigen+Art Lab.
Isa Sonnenfeld leitet seit Oktober 2015 das Google News Lab Deutschland, Österreich, Schweiz. Vorher hat sie Twitter in Europa mit aufgebaut.
Joana Breidenbach ist Kulturanthropologin, hat die Spendenplattform betterplace.org mitgegründet, ist Gründerin des betterplace lab und Aufsichtsrätin der gut.org gAG.
Anne Schwanz arbeitet seit vier Jahren in der Eigen+Art Galerie und betreut seit eineinhalb Jahren zusammen mit Johanna Neuschäffer das Eigen+Art Lab.
newslab.withgoogle.com
betterplace-lab.org
eigen-art-lab.com
eigen-art-lab.com
WARUM WERDEN LABS GEGRÜNDET
Innovationsmaschine oder Marketing?
Jörg: Für mich ist bei einem Lab der
Plattformgedanke total wichtig. Ein Ort, an dem die Leute niedrigschwellig etwas ausprobieren können. Die Art, wie sich die Wertschöpfung der Medienwelt
Isa: Das Google News Lab wurde vor
verändert hat, wie man heute Geschichten
einem Jahr gegründet, um einfach mal
einfängt und verbreitet, welche Techno-
ein Team experimentieren zu lassen.
logien man dafür benutzt, hat sich stark
Wir sind 13 Leute, die meisten davon in
verändert. Man kommt gar nicht um
Kalifornien und New York. In Europa
Laborsituationen herum, um die neuen
sind wir zu dritt – wobei noch drei wei-
Sachen einfach mal zu testen. Früher hast
tere Training-Specialists in Italien, Polen
du jemanden zu einem Ereignis geschickt,
und Spanien zum Team gehören. Grund-
der erst mal vorgefühlt hat. Dann war
lage für unsere Arbeit war das Feedback
klar, das ist größer, also muss ein Fotograf
von Redakteuren, die uns von ihrer Arbeit
oder, wenn man die Möglichkeiten hat,
mit Google-Tools berichtet haben. Aber
ein Übertragswagen hin. Heute nimmt
sie wollten mehr machen, Neues auspro-
Paul Ronzheimer einfach sein Smartphone,
bieren und verstehen, wie sie sich besser
fliegt nach Griechenland, fährt mit den
aufstellen können – auch um die digitale
Flüchtlingen übers Meer und überträgt
Transformation in der Medienbranche
das live.
zu überleben. Wie können Innovationen im Journalismus aussehen? Wir spielen
Isa: Es gibt auch eine strukturelle
aber auch bei Google eine neue Rolle, weil
Veränderung. Früher gab es Innovations-
wir eine Schnittstelle zwischen den Re-
teams, die im stillen Kämmerlein zusam-
daktionen in aller Welt und unseren Pro-
mengesessen und darüber nachgedacht
duktteams wie Maps, Search oder Google
haben, was bedeutet eigentlich Innovation
Earth sind.
für unser Unternehmen.
„ Ein Lab versucht, aus der Neu-Verknüpfung eigener und externer Kompetenzen Innovationen entstehen zu lassen.“
„ Klassische Unternehmen bekommen keine Leute mehr, die innovativ denken und handeln wollen, wenn man sie in ein Organigramm quetscht.“
Axel: Klar, Forschungsabteilungen gab es
wir Alando gegründet haben, mussten wir
Jörg: Nicht alle (lacht). Aber es stimmt
schon immer. Die haben aber sehr linear
eine Million für Server ausgeben. Heute
schon, viele sind davon ziemlich inspiriert,
geforscht und nie in der Offenheit von heute.
ist diese Investition gar nicht mehr not-
jetzt auch mal neue Sachen auszuprobieren.
Sie waren finanziert von der Produktion,
wendig, weil die Start-ups Infrastrukturen
also von den Routinen, die durch die
der großen Firmen wie Google oder Amazon-
Christian: Klassische Unternehmen
Forschung wiederum optimiert werden
Server nutzen können. Man testet auch
bekommen auch keine Leute mehr, die
sollten. Keine Sondierungsplattform,
nicht mehr lange an einem Projekt herum,
innovativ denken und handeln wollen,
die versucht, aus der Neu-Verknüpfung
sondern schickt es direkt raus in die Welt.
wenn sie die in ihr Organigramm quetschen.
eigener und auch externer Kompetenzen
Das ist auch neu.
Ich habe auch viel mit klassischen Unter-
Innovationen entstehen zu lassen, so wie
nehmen zu tun, und die sprechen nicht
ich die heutigen Labs verstehe. Hier
Anne: Durch die Digitalisierung ist das
unbedingt von Labs. Sie installieren eine
können Modelle entwickelt werden, die
Interesse an einem Crossover auch viel
„zweite Ebene“. Die können nicht die
den Schutzraum, noch Idee zu sein,
größer geworden. Alle sind offen für neue
Revolution einmal ins ganze Unternehmen
nutzen, um schon in der Realität eine
Einflüsse, um daraus etwas für die eigene
reinschieben, sondern probieren es mal
Rolle zu spielen, Einfluss zu nehmen.
Arbeit zu entwickeln.
auf dieser zweiten Ebene hierarchiefreier und interdisziplinärer aus. In einem großen
Jörg: Und je digitaler es wird, desto
Joana: Der Kontrast zu dem, was in klas-
Konzern hat jemand zu mir gesagt, wir
einfacher ist es. In der Medizin kann man
sischen Großkonzernen oder in der Politik
müssen eine Counter Culture, also eine
nicht einfach ein paar Wirkstoffe zusammen-
gelebt wird, ist immer krasser. Für Leute,
Gegenkultur, einführen. Der Begriff ist
rühren und schauen, was passiert. Das ist
die zu Jörg ins Plug&Play kommen, ist
nicht so glücklich gewählt …
zum Glück ein bisschen reguliert. Aber
das oft eine Art Erweckungserlebnis – mit
wenn du digitale Geschäftsmodelle hast,
Graffiti an der Wand, alle arbeiten auf ei-
Joana: Nee, das ist so hippiemäßig,
gibst du einfach ein Produkt in den Markt
ner ganzen Etage zusammen, und man ist
weedrauchend, 1960.
und schaust, ob es benutzt wird. Wird es
in einer anderen Welt. Das ist natürlich
.
nicht benutzt, passt du vielleicht die Farbe
auch ein Marketingtool, weil alle denken,
.
an und experimentierst weiter. Das geht
so möchten sie auch arbeiten.
.
alles sehr schnell und kostet nicht viel. Als
Christian: Ja, da steckt ein Hauch
man auf das große Ganze und fragt sich:
Verzweiflung drin. Und die Frage:
Wie soll das alles werden? Umwelt- ,
Wie können wir Anschluss finden? Manchmal geht es gar nicht vorrangig um Produktentwicklung, sondern um Organisationsentwicklung – das ist ein ganz wichtiger Aspekt eines Labs.
„ Jeden Tag wird irgendwo auf der Welt ein Lab gegründet, weil alle aus alten Denkmustern ausbrechen wollen.“
Klimapolitik ... Und dann haben ein paar Leute gedacht, wir müssen uns intensiver austauschen und vor allem anders an diese Fragen und Probleme herangehen. Wir verstehen uns also als Plattform, die Menschen zusammenbringt, die vielleicht
Senta: Wir sind im Global Diplomacy Lab
auf den ersten Blick nichts miteinander
in einer ganz anderen Situation als die
zu tun haben, und diesen im besten Falle
bislang beschriebenen Beispiele. Wir ver-
ermöglicht, Veränderung voranzutreiben.
stehen uns nicht als Lab einer einzigen Mutterorganisation, da wir eine Initiative
Isa: Festzuhalten ist auch, der Lab-Boom
verschiedener Partner und ihrer Netzwerke
hält an. Ich habe einen Google Alert
sind. Wir sind nicht aus einem Impuls
eingestellt, der sich immer meldet, wenn
gegründet worden, mal frischen Wind
irgendwo auf der Welt ein Lab gegründet
in den Laden zu bringen. Einige unserer
wird. Ich bekomme fast täglich eine Mail,
Mutterinstitutionen hatten am Anfang
weil jeden Tag irgendwo auf der Welt
fast ein bisschen Angst vor der eigenen
ein Labor eröffnet wird. Der Bedarf, aus
Courage. Bei uns kam das wirklich aus
alten Denkmustern auszubrechen, ist
den Netzwerken der Partner – also
anscheinend wirklich sehr groß.
Diplomaten, Wissenschaftler, Unterneh-
.
mer, NGOler, die gesagt haben, das geht
.
so nicht mehr weiter. UN-Reform, Europa,
.
all die Dinge, um die man sich in der Diplomatie tagtäglich bemüht. Es gibt Erfolge im Kleinen, aber dann schaut
ENTWICKLUNG VON LABS
Evolution oder schön scheitern?
Jörg: Wir haben zuerst Axel Springer
Ideas ausprobiert: ein Labor, in dem Axel-Springer-Mitarbeiter eigene Ideen verwirklichen konnten. Zwei Ideen aus dem Lab gibt es heute noch, und die funktionieren auch gut. Aber Axel Springer Ideas gibt es nicht mehr, weil man für intern gegründete Projekte nur
sehr schwer externe Investoren findet. Du musst also Millionenbeträge für deine Projekte in die Hand nehmen. Mit Plug&Play beteiligen wir uns an Firmen und müssen die Investition nicht alleine stemmen. Unter dem Motto: Lasst uns gemeinsam Dinge ausprobieren.
Begriff damals noch nicht gab. Wir haben
Axel: Eine Universität, wie auch die
substanz für ein temporäres, experimen-
UdK, ist im Kern behördlich strukturiert.
telles Labor. Das Spannende war, wie aus
Ich wundere mich immer wieder,
den ungewöhnlichen Verknüpfungen von
wie stark die Selbstverteidigungskräfte
Menschen, Kompetenzen, Materialien
ihres Systems sind. Je näher die Themen
und Verfahren neue Ideen entstehen. Drei
für Veränderungen an die DNA, an den
Monate lief das Projekt, und am Ende gab
Kern herankommen, desto heftiger die
es u. a. sechs patentreife Erfindungen.
Reaktion. Gerne durch Ausbremsen und
Darauf folgte natürlich die Fragestellung,
Austrocknen, manchmal durch destruktive
wie wir diese als Produkte weiterentwickeln
Maßnahmen. Elfenbeintürme mögen
können. Also wollten wir ein An-Institut
durchaus ihre einzigartigen Qualitäten
ausgründen, um die Wirtschaft beteiligen
und Milieus wahren wollen – aber es ist
zu können. Die UdK fand das gar nicht so
wesentlich, deren Ränder, die Verknüp-
klasse, weil das Schule machen könnte
fungen zu Gesellschaft, Wirtschaft,
(lacht). Aber was kann denn einer Uni
Moden, Subkulturen lebendig weiterzu-
Besseres passieren?
entwickeln – von innen nach außen, wie
.
auch von außen nach innen. Ein Beispiel:
.
der DesignReaktor. Das war ein Cross-
.
Innovation-Projekt, auch wenn es den
Studierende aus unseren gestalterischen Disziplinen mit 50 klein- und mittelständischen Betrieben zusammengebracht: Imkerei, Käsehersteller, Dreherei, Bootsbauer, Nagelstudio, Korsettmacher, Apparatebauer und so weiter – also die vielfältige Berliner Mischung als Grund-
Das revolutionäre Lab muss in der Lage sein, eigene Labs entstehen zu lassen, die dann das Ur-Lab herausfordern kÜnnen.
Joana: Die Spendenplattform better-
schiedlichen Disziplinen bieten gemein-
place.org ist erst neun Jahre alt, aber
same Workshops an. Und die Studieren-
anders strukturiert als das betterplace lab.
den dürfen nicht im eigenen Stall bleiben
Das betterplace lab ist mit seinen sechs
– also eine größtmögliche Verwirbelung
Jahren viel flexibler, hat eine größere
der bestehenden Ressourcen. Das wirkte
Anschlussfähigkeit in alle Richtungen und
dann auch subversiv in einer Universität,
kann dadurch viel mehr Partnerschaften
wo die einen auf ihren Lehrstühlen sitzen
aufbauen. Das liegt auch an der Selbst-
und die anderen Credit-Points zählen.
organisation, weil wir ohne Boss agieren.
In den ersten Jahren wurde es immer
Früher war ich LaBoss, heute bin ich die
größer und beliebter – bis zu 30 Dozenten
Godmother, und wir haben keinen Chef
und 300 Studenten haben mitgemacht.
mehr. Jetzt gibt es Überblicker-Rollen.
Jetzt ist das zum Studium Generale ge-
Das ist auch ein interessanter Prozess,
worden. Es tat erst ein bisschen weh, das
der etwas im Team verändert.
Projekt in einen offiziellen Rahmen abzugeben. Die gesamte Struktur und jede
Axel: Ich will noch ein temporäres Lab
Studienordnung wurde dadurch geändert
beschreiben, das sehr erfolgreich funk-
– es hat sich eingegliedert, aber Gott sei
tioniert hat und dann institutionalisiert
Dank nichts von seiner Brisanz verloren:
worden ist. Die Campus-Kollisionen
Leute kollidieren miteinander – und nicht
wurden von fünf Professoren aus zeit-
gegeneinander, die sonst nie zusammen-
genössischer Komposition, Tanz, Film,
arbeiten würden.
Mode und Design initiiert. Mit drei einfachen Regeln sollten die weit versprengten Disziplinen an der UdK kurzweilig zusammengeführt werden. Die erste Woche im Jahr ist immer unterrichtsfrei. Zwei oder mehr Dozenten aus unter-
„Das Lab kann ein Motor für den Mutterkonzern sein.“
endlich machen, was wir wollen, weil
auf das News Lab zu und wollen bei uns
Arbeiten die nicht? Doch, nur haben bei
beide massiv voneinander profitieren.
ihre 20 Prozent verbringen, weil sie das
uns alle die Freiheit, ihren Arbeitsort frei
Die Kalifornier sagen: Cool, wir haben
Projekt gut finden. Wenn man also solche
zu wählen. Homeoffice oder Kuala Lumpur,
diesen riesigen Konzern in Deutschland,
Strukturen und ein Lab schafft, hat das
ist egal. Wir müssen unsere Arbeitsweise
die haben tolle Leute und wissen, was sie
Auswirkungen auf andere Teams, die
erklären, versuchen aber auch, immer
tun. Und Axel Springer sagt: Cool, wir
sonst sehr klassisch denken. Viele wollen
mal wieder Leute von der Plattform in
haben die Kalifornier, die ganz anders
ihren Horizont erweitern und aus alten
Projekte einzubeziehen oder mal auf eine
Anne: Wir sind ein Privatunternehmen,
über Themen reden und die Dinge anders
Strukturen raus.
Forschungsreise mitzunehmen. Aber das
und ja, natürlich haben wir auch Grenzen.
anpacken. Das ist für uns total hilfreich,
Wir mussten am Anfang mit den Kollegen
dadurch können wir noch mehr Sachen
Johanna: Das merkt man bei uns auch.
haben wir im betterplace lab zum Beispiel
über so etwas Banales diskutieren, ob wir
machen. Ich denke, man muss dem Mutter-
Die Mitarbeiter der Galerie bekommen
einen Prozess geschaffen, mit dem wir
Instagram und Twitter einrichten. „Das
konzern nah und fern sein. Nah dran, um
auch mit, was hier im Lab für ein Wind
unsere Gehälter selbst bestimmen. Das
brauchen wir nicht“, wurde dann gesagt.
die ganzen Synergien zu nutzen, und fern,
weht, und das ändert dort drüben auch
schaut sich betterplace.org natürlich an,
Wenn jemand kommt und sagt, ich mach
um die vielen Ideen überhaupt machen zu
etwas. Es wird lockerer.
aber ob sie das dann irgendwann mal
jetzt etwas Neues, ich mach Innovation,
können. Und man braucht natürlich Or-
ich möchte anders denken, ist es immer
ganisationsformen, in denen man krasse
Anne: Man kann es auch als ein Motor für
schwer, andere zu überzeugen, und dann
Entscheidungen treffen kann, ohne den
die Galerie verstehen. Deshalb haben wir
kann schon mal das Mutterschiff kommen
ganzen Konzern zu zerstören.
das Lab auch gegründet.
Aber Teil des Prozesses ist es eben, dann
Isa: Bei Google gibt es die 20-Prozent-
Joana: Im betterplace lab arbeiten
für die eigenen Ideen einzustehen und
Regel. Jeder Mitarbeiter kann 20 Prozent
wir auch punktuell mit Leuten von
dafür zu kämpfen.
seiner Arbeitszeit mit Projekten verbringen,
betterplace.org zusammen, denen wir
die ihm am Herzen liegen oder die er weiter-
dann etwas von unserem Wissen mitgeben
Jörg: Die Konstruktion ist auch wichtig:
entwickeln möchte. Gmail ist daraus ent-
und sie dadurch zu einem Innovations-
Wir haben zum Beispiel zwei Gesellschafter:
standen, Cardboard und ganz viele Pro-
treiber machen. Dann gibt es aber auch
Axel Springer und das Plug And Play Tech
dukte, die wir tagtäglich nutzen. Und jetzt
Leute von betterplace.org, die sich manch-
Centre in Kalifornien. Wir können letzt-
kommen ganz viele Google-Mitarbeiter
mal fragen: Wo sind denn die lab-Leute?
DAS LAB UND SEIN MUTTERSCHIFF
Befruchten, interagieren, auffressen?
funktioniert noch nicht optimal. Auch
übernehmen werden, ist fraglich.
und davon nicht gerade begeistert sein.
WAS VERÄNDERT DAS LAB
Geld, Köpfe, Denkweisen?
Das hat Veränderungen ausgelöst, die
Wir haben unsere 6. Etage nur dafür
unbezahlbar sind.
gebaut, um Leute zusammenzubringen.
Isa: Ein Lab ist für mich erfolgreich, wenn
Senta: Natürlich geht es immer darum,
es Prozesse und Denkweisen verändert.
die Menschen zusammenzubringen. Bei
Jörg: Unser Primärziel ist tatsächlich
uns sind die Leute allerdings weltweit
ganz simpel: Wir investieren Geld in
Jörg: Ja. Und krassen Kram macht.
ansässig und unterwegs. Das ist noch mal
Start-ups und wollen diese Anteile irgend-
Arbeiten wir eigentlich mit euch zusam-
eine ganz andere Herausforderung, hier
wann wieder teuer verkaufen – deshalb
men, Isa?
Prozesse zu etablieren und konzeptionell zu verankern. Wir werden oft von Partnern
gibt es uns. Wir bringen aber auch Startups zusammen, um Probleme zu lösen
Isa: Nein, noch nicht.
gefragt, wie wir die Leute einbinden und zum Arbeiten bekommen. Wir machen
oder neue Produkte für den Axel-SpringerKonzern zu entwickeln. Da kann Kai
Jörg: Ja, zwischen Axel Springer und Goo-
Ausschreibungen, und wer sich meldet
Diekmann auch mal per Handschlag
gle ist das auch ein schwieriges Verhältnis,
bzw. bewirbt, bekommt Unterstützung für
einem Start-up den Content der BILD-
aber gerade deshalb sollten wir etwas mit-
das Projekt, wird in den Advisory Council
Zeitung versprechen, weil er das Konzept
einander machen. Das ist sowieso eines
gewählt oder veranstaltet das nächste Lab.
gut findet. Wäre man den klassischen Weg
unserer zentralen Ziele: Wir bringen die
Das macht noch deutlicher klar: Das Lab
gegangen, hätten die Verhandlungen
Leute mit unterschiedlichen Formaten zu-
gehört den Teilnehmern.
ein Jahr gebraucht. Dann hätten sich aber
sammen. Dienstags um 17 Uhr haben wir
die App-Macher verabschiedet und gesagt,
das Pitch-Training, da probieren unsere
wir haben keine Zeit so lange zu verhandeln,
Start-ups ihre Investoren-Pitches vor 10
wir wollen unsere App in vier Wochen auf
bis 100 Gästen aus dem Axel-Springer-
den Markt bringen. Für diese Geschwindig-
Konzern und anderen Interessierten aus.
keit braucht man eine Umgebung, wo man
Wir bringen auch Mentoren mit Start-ups
sich die Hand gibt und dann einfach etwas
zusammen und laden zu Branchentreffen
ausprobiert. Seitdem das so gelaufen ist,
ein, bei denen erzählt wird, was gerade läuft,
können wir auch viel mehr machen.
welche Finanzierungsrunden anstehen etc.
WIE BLEIBT EIN LAB INNOVATIV
„ Ein Lab muss sich immer wieder fragen, wie es die eigenen Maßstäbe für Innovation aufrechterhalten kann.“
Schnellboot oder großer Tanker?
Jahren auch das Gefühl, wir müssen diese Projekte anders nennen, weil der Begriff Lab einfach zu inflationär benutzt wird. Für einige von euch ist das Lab eine Art Siegel oder Schutzschild. Dahinter nehmt
Anne: Jörg, wenn ihr zu erfolgreich
ihr euch diese Freiheiten. Aber vielleicht
werdet, dann braucht ihr doch irgend-
möchte die Mutterorganisation das Lab
wann ein Lab im Lab, damit euch wieder
irgendwann wieder stärker integrieren.
jemand auf die Füße tritt?
Oder es geht in eine ganz andere Richtung, und man kapselt sich stärker voneinan-
Jörg: Unser Geschäftsmodell, in junge
der ab.
Firmen zu investieren, wird sich nicht ändern. Wir müssen aber dafür sorgen,
Joana: Das betterplace lab hat mit wach-
dass wir uns immer wieder erneuern.
sendem Erfolg immer mehr Mitarbeiter
Wir müssen die richtigen Sachen machen,
bekommen und damit natürlich auch ein
neue Partner suchen, gute Ideen finden und
wenig Agilität verloren. Früher hat mal
immer ein frisches Team haben. Und irgend-
ein großes Projekt ausgereicht, um den
wann müssen wir dann auch mal unser
ganzen crazy stuff zu finanzieren. Heute
Büro umbauen, sonst wird das langweilig.
sind wir elf Leute, die Kollegen gründen Familien, die Flexibilität wird geringer.
Anne: Das Eigen+Art Lab ist auf drei Jah-
Wir müssen kundenorientierter denken,
re angelegt, aber wir wollen das nicht wie-
die Refinanzierung im Blick behalten, uns
der hergeben. Natürlich müssen wir am
viel stärker um Akquise und Verkauf be-
Ende auch erklären können, warum
mühen. Ich trauere schon der Leichtigkeit
es das Lab weiterhin braucht.
hinterher, die uns am Anfang mal ausgemacht hat.
Christian: Vielleicht haben wir in zwei
Jörg: Dann muss man eben etwas
Joana: Ich bin noch nicht überzeugt, wie
Anne: Wenn ich Joana richtig verstanden
Joana: (lacht) Okay, dann gründen
kaputt machen.
das bei uns weitergeht. Zweimal im Jahr
habe, ist es eher die Sorge, ob man noch
wir jetzt in Frankreich das Lab Lab.
fahren wir mit dem betterplace lab für
innovativ ist, wenn man diesen konserva-
Isa: Oder das Lab in bestimmte Themen-
eine Klausur nach Frankreich. In diesem
tiven Partnern gefällt.
bereiche zerbrechen. Zwei, drei Leute aus-
Jahr wird ein Thema sein, wie wir unsere
lagern, die sich mit einem bestimmten
Maßstäbe für Innovation aufrecht halten
Joana: Früher sind unsere verrückten Ide-
Hälfte des Weges fragt man sich, soll das
Thema beschäftigen. Dann bleibt das Lab
können. Weil wir jetzt viel anschluss-
en in einem luftleeren Raum entstanden,
Lab ein Lab bleiben? Wenn bei dir, Senta,
insgesamt agiler und behält den experi-
fähiger sind und viel mit Ministerien
ohne dass wir irgendeine Zielgruppe
das Netzwerk installiert ist, braucht es das
mentellen Charakter.
zusammenarbeiten, frage ich mich manch-
vor Augen hatten. Das war eine totale
Lab vielleicht nicht mehr. Wenn aus dem
Christian: Vielleicht ist es mit einem Lab
wie mit einem Unternehmen. Nach der
Eigen+Art Lab vielleicht eine neue Form Joana: Vielleicht ist es auch gut, wenn
der Galerie entstanden ist, braucht es das
man sich eine Halbwertszeit gibt und sagt,
Lab auch nicht mehr. Irgendwann biegt
nach drei Jahren ist wieder Schluss.
man einfach anders ab. Und wenn man merkt, alles wird schwerfällig, zu viele
Jörg: Ich habe betterplace.org mitgegrün-
Fixkosten, zu viel Verpflichtung, dann
det, und wir haben viel darüber
muss man sich vielleicht selbst in Frage
diskutiert, dass es auch mal cool wäre,
stellen. Ich habe mich gerade mit dem
eine Organisation zu gründen, die nur
Buch Das revolutionäre Unternehmen
ein Ziel hat. Ein Ziel, das man erreichen
mal, ob wir noch innovativ sein können.
Bauchsache. Und diese Ideen haben
von Gary Hamel beschäftigt. Er hat
kann – und dann ist man irgendwann
Denn in Ministerien arbeitet man doch mit
dann oft am meisten Eros entwickelt.
gesagt, Unternehmen müssen Zellen
einfach fertig.
sehr konservativen Akteuren zusammen.
schaffen können, die selbstorganisiert Axel: Dann müsst ihr das Lab Lab
laufen und dem eigenen Mutterunter-
Joana: Ja, Mist, diese Weltarmut haben
Senta: Das ist ein weit verbreitetes Vor-
gründen. Ihr seid jetzt in einem Auf-
nehmen Konkurrenz machen dürfen.
wir noch. Also sind wir noch nicht fertig.
urteil. Ich denke, man muss sich vor der
tragsverhältnis und müsst produzieren.
Wenn man das weiterdreht, muss das
Zusammenarbeit überlegen, wie kann ich
Querdenken geht nur, wenn ihr die
revolutionäre Lab in der Lage sein, eigene
Jörg: Das sind auch riesige Themen;
mir treu bleiben und trotzdem mit diesen
Produktion auslagert.
Labs entstehen zu lassen, die dann aber
die werden nie fertig.
Partnern ins Gespräch kommen.
auch wieder das Lab herausfordern können.
Die Rezepte
VORSPEISE:
Mini-Artischocken mit Vinaigrette und Aioli 12 Mini-Artischocken 1-2 Prisen Zucker 1 TL Salz 1-2 Spritzer Zitrone Aioli: 300 ml Milch 600 ml Öl 6 Knoblauchzehen Salz Vinaigrette: Olivenöl 3 EL Senf 4 EL Zitronensaft 2 TL Honig 4 EL Rhabarbersaft Pfeffer
Salz Für die Vorspeise waren wir am Abend vorher in einem Frischemarkt im Prenzlauer Berg und haben dort 12 kleine Artischocken gekauft. Diese werden mit Salz, etwas Zucker und Zitrone gekocht. Für das Aioli einfach die Knoblauchzehen mit der Milch und dem Öl in ein Gefäß geben, mit einem Stabmixer vermengen und würzen. Die Vinaigrette schmeckt besonders gut mit viel Kräutern.
HAUPTSPEISE:
Heilbuttfilet mit Sardellen, Kapern und Zitrone 12 Heilbuttfilets (ca. 2500 g) 24 Sardellenfilets 6 Bio-Zitronen 3 Handvoll eingelegte Kapern Frischer Rosmarin Olivenöl Meersalz Pfeffer Die 12 Heilbuttfilets werden mit einer Rosmarin-Olivenöl-Mischung bestrichen, gewürzt und mit Zitronenscheiben (4-5 pro Filet), Kapern und Sardellen belegt. Dann im vorgeheizten Ofen kurz backen (ca. 15 Min. bei 200 Grad). Vor dem Servieren haben wir den Fisch noch ein wenig abkühlen lassen, nochmal mit Zitrone beträufelt und mit einem Salat serviert.
DESSERT:
Himbeer-Crème-Brûlée 900 g gefrorene Himbeeren 210 g Zucker 1300 g Naturjoghurt mit hohem Fettanteil 750 ml Doppelrahm 3 TL Bourbon-Vanille-Extrakt je 2-3 TL brauner Zucker zum Flambieren
Die gefrorenen Himbeeren haben wir zusammen mit dem Zucker eingekocht (ca. 20 Min.) und anschließend auf die 12 Dessertgläser verteilt und abkühlen lassen. Für die nächste Schicht wird der Joghurt mit Doppelrahm, Zucker und Vanille vermengt und in die Gläser gefüllt. Als krönender Abschluss wird etwas brauner Zucker auf die Creme gestreut und zu einer goldbraunen Kruste flambiert.