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November 2015
Lunchtime Conversation Nourished by
Digitale Philanthropie: Evolution oder Revolution? Im Zuge der Digitalisierung entsteht eine neue Art philanthropischen Engagements. Doch wie darauf reagieren? Sollten wir etablierten sozialen Organisationen dabei helfen, sich zu digitalisieren? Oder sollten wir uns auf disruptive Innovatoren konzentrieren, auf die neuen Changemaker? Darüber sprachen wir bei der ersten betterplace lab Lunchtime Conversation im November 2015. Von einem ähnlichen Format des Good Magazine inspiriert, lud Joana Breidenbach Experten zu sich nach Hause ein, um in kleinem Kreis über große Fragen diskutieren.
Mit dabei: • Joana Breidenbach, Mitgründerin betterplace.org, Gründerin und The Godmother betterplace lab, Aufsichtsrätin gut.org gAG • Stephan Breidenbach, Professor für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Internationales Wirtschaftsrecht sowie Mitgründer von Schule im Aufbruch • Ben Mason, Captain of International Projects im betterplace lab • Dennis Buchmann, Redakteur im betterplace lab • Dave Erasmus, Gründer und Geschäftsführer von givey.com • Markus Hipp, Geschäftsführender Vorstand der BMW Stiftung Herbert Quandt • Barbara Müller, Senior Manager Kommunikation bei der BMW Stiftung Herbert Quandt • Julia Kloiber, Leiterin des Projekts Code for Germany bei der Open Knowledge Foundation • Anne Kjaer Riechert, Mitgründerin von Refugee on Rails und Gründerin von Kids Have a Dream
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Herausforderungen Joana Breidenbach: Einerseits fällt uns vom betterplace lab immer wieder auf, wie viele NGOs noch nicht mit digitalen Werkzeugen umgehen können und das entsprechende Potential ungenutzt lassen. Auf der anderen Seite sehen wir all die jungen Leute, diese Community der digitalen Social Entrepreneurs, die weltweit den sozialen Sektor mit Innovationen aufmischen. Zuerst zu den etablierten Organisationen: Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht, welche Probleme haben alteingesessene NGOs bei der Digitalisierung? Dave Erasmus: Ich habe die letzten Jahre damit verbracht, eine Spendenplattform in Großbritannien aufzubauen, die etablierte NGOs mit Unternehmen zusammenbringt, damit sie gemeinsam das Potential digitaler Technologien nutzen, um das Engagement der Millenials gezielter ansprechen zu können. Dabei hatte ich unzählige „Ja-gerne-Meetings“, die den Teilnehmern durchaus gefallen haben. Aber ich bin fast verzweifelt, so hart war es, die Leute dazu zu bringen, tatsächlich Geld in digitale Technologien zu investieren. Die meisten von ihnen versprachen, die Projekte intern zu besprechen, um sie dann so bald es geht zu realisieren, also so um 2017 rum. Deshalb bin ich dann nach San Francisco geflogen und traf schnell auf eine Menge junger Innovatoren. Doch bei der Frage, welche Innovationen wirklich wichtig sind, muss ich an die Rede von Ken Banks auf dem betterplace labtogether denken, der sagte, dass wir weniger über iPads als vielmehr über SMS-Technologien nachdenken sollten. Denn kaum jemand der wirklich bedürftigen Menschen hat ein iPad, ein Featurephone hingegen hat fast jeder. Deshalb bin ich ein bisschen hin- und her gerissen zwischen fancy digitalen
Innovationen und einfachen, die auch vielen Menschen helfen. Joana: Wir bei betterplace haben auch die Erfahrung gemacht, dass die Technologie allein kaum hilft, das ist nur die eine Hälfte. Die andere Hälfte des Aufwands muss man ins Training der Leute stecken, welche die Technologie nutzen sollen. Deshalb machen wir so viele Workshops mit NGOs und haben eine große SupportAbteilung, die ihnen hilft, unsere Plattform zu nutzen. Denn nur die wenigsten sind digital kompetent, nicht wahr, Dennis? Dennis Buchmann: Ja, das stimmt. Ich habe ja einige Workshops für NGOs zum Thema Storytelling gegeben und war geschockt, dass kaum jemand NewsletterDienstleister wie MailChimp kennt, dass fast alle ihre Newsletter noch per Anhang in einer Mail als häßliches Word-Dokument verschicken. Entsprechend erstaunt waren die NGOs, als sie sahen, wie einfach und praktisch es sein kann, einen schicken Newsletter zu verschicken. Barbara Müller: Da bin ich froh, sagen zu können, dass wir MailChimp benutzen! Anne Kjaer Riechert: Dennis, welche konkreten Herausforderungen konntest Du bei den NGOs identifizieren? Dennis: Eine der größten Herausforderungen ist, wie Joana schon meinte, das mangelnde Wissen, die mangelnde Kompetenz. Einerseits die inhaltliche Kompetenz,
also dass man ein gutes Foto und eine gute Überschrift braucht und wie man einen Newsletter inhaltlich strukturiert, das Storytelling. Aber viele wissen auch gar nicht, dass es Dienste wie MailChimp gibt. Die Nutzung selbst ist dann gar nicht so schwer, diese Programme haben ja eine gute Usability und sind mit Drag-and-drop leicht zu bedienen.
„Viele NGOs denken: Ach, das kann ich sowieso nicht.“ Joana: Aber warum kennen viele NGOs digitale Services, die ihr Leben leichter machen würden, denn nicht? Dennis: Wahrscheinlich, weil sie im Alltagsstress keine Zeit haben, sich damit zu beschäftigen. Besonders Leute von kleineren NGOs sagen, dass sie schon mit dem täglichen Kleinklein überlastet sind. Viele trauen sich die digitalen Werkzeuge auch nicht zu, viele denken: „Ach, das kann ich sowieso nicht“.
Mentalität Julia Kloiber: Ich arbeite in einer Umgebung, die nicht als besonders innovativ bekannt ist, ich arbeite mit Städten und deren Beamten und versuche, sie mit Techies zusammenzubringen. Ich versuche, ihnen zu erklären, dass es im 21. Jahrhundert vielleicht an der Zeit ist, digitale Technologien zu nutzen, um Bürger partizipieren zu lassen, um überhaupt erst einmal ihr Interesse zu wecken, damit sie politisch aktiv werden und unsere Demokratie beleben. Unsere Partnerorganisation Code for America überbrückt den Graben zwischen Beamten und ITExperten und Designern mit Hilfe von Stipendien. Sie bringen für ein Jahr kleine Teams in Regierungen, die dann ein Problem identifizieren und für dessen Lösung ein Tool bauen, etwa um Schulbudgets transparenter zu machen. Es hat sich gezeigt, dass diese Teams neue Energie und Inspiration in die Regierungen bringen, indem sie zeigen, was alles möglich ist. Und sie steigern die Attraktivität des Arbeitsplatzes in Regierungen. Denn das ist, glaube ich, auch ein Problem von NGOs. Wenn die Teckies nach der Uni nach einem attraktiven Job suchen: Da gibt es überall diese coolen Software-Unternehmen, also warum sollten sie in einer großen, langsam agierenden NGO mit Hierarchie etc. arbeiten, die auch nicht so gut zahlen? Eine gute Frage ist also auch: Wie können NGOs und Regierungen attraktivere Arbeitgeber werden?
Ben Mason: Das hat, glaube ich, viel mit Risiko zu tun. Viele wünschen sich konkrete Ergebnisse von Tag eins an, und das liegt auch an der konservativen Mentalität. Wenn Code for America die neuen Leute in solche Umgebungen bringt, tragen sie auch dazu bei, die Geisteshaltung dort zu verändern. Stephan Breidenbach: Ich würde gerne drei Punkte nennen. Erstens denken viele Menschen im Management solcher Organisationen – ihr werdet es nicht glauben –, dass das Internet ein Phänomen ist, das vorbeigehen wird. Und das macht die gesamte Organisation resistent gegen digitale Adaption. Zweitens dauert es etwa zehn bis 15 Jahre, bis sich Menschen an neue Technologien gewöhnen. Es dauert so lange, bis neue Technologien wirklich weit verbreitet und alltäglich genutzt werden. Und der dritte Punkt betrifft die USA: Gestern traf ich einen Juristen – und Juristen sind am resistentesten von allen gegenüber Neuerungen –, der mit seiner 30-Mann-Firma im Bereich neuronaler Netze in Berlin arbeitet. Aber die meisten Umsätze macht er in den USA. Warum? Weil er seine Ideen Leuten in den USA erzählt, die dann sagen: „Yeah, let’s try that!“. Und in Deutschland sagen die Investoren: „Sehr gut, wir sollten in drei Monaten weiterreden.“ Das ist der entscheidende Unterschied zwischen den USA und Deutschland, und entsprechend ist die Adaptionsgeschwindigkeit in den USA viel größer als hierzulande.
Barbara: Ein weiteres Problem ist, dass Organisationen zögern, für digitale Technologien Geld auszugeben. Kaum eine deutsche Stiftung oder NGO investiert projektunabhängig in Trainings- und Kommunikationsmaßnahmen, auch, weil das Julia: Glaubst Du, dass das auch an unserer Kultur des Scheiterns liegt, dass im Geschäftsbericht die Fixkosten erhöht und nicht gut oder wirksam aussieht. Scheitern hier verpönt ist?
„Es dauert zehn bis 15 Jahre, bis sich Menschen an neue Technologien gewöhnen.“ Stephan: Ja, das ist ein Grund dafür, dass Scheitern erlaubt ist, dass sie in den USA gerne neue Dinge ausprobieren, gerne rapid protypen. Julia: Ja, und es gibt wenige Stiftungen in Deutschland, die Experimente wagen. Da bin ich immer neidisch, wenn ich unsere Partner in den USA sehe, die haben die Knight Foundation, die Omidyar Foundation, die sehr innovative Programme für Civic Tech Projekte haben. Solche Stiftungen fehlen uns hier.
Finanzierung Markus: Bei der BMW Stiftung versuchen wir an dieser Stelle, dann eher US-amerikanisch zu sein: Wir investieren relativ schnell und ohne ellenlange Analysen vorab. Aber hier in Deutschland geht es jetzt auch um eine Art politische Übersetzung der digitalen Philanthropie, damit speziell dahin investiert wird. Die grundlegende Frage ist ja, wie disruptiv wirkt das Digitale für soziale Lösungen überhaupt? Verbessert die Digitalisierung die Arbeit von sozialen Organisationen nur oder verändert sie sie komplett? Wir müssen auch erst einmal die Rahmenbedingungen anpassen; historisch gewachsene Strukturen umzubauen, braucht immer seine Zeit. Dave: Markus, wenn Du mit der BMW Stiftung eher wie Leute im Silicon Valley investierst, wäre Dein größter Beitrag für den Sektor hier, die anderen Investoren zu ermutigen, ebenso zu handeln, ihnen zu zeigen, dass sie keine Angst haben müssen, dass sie sich nicht an jedes Scheitern erinnern und sich nicht von jeder Statistik leiten lassen müssen. Das wäre ein unbezahlbarer Beitrag, um das Paradigma hier zu überwinden. Markus: Ja, und ein weiterer Punkt, an dem wir ansetzen, ist die Wirkungsmessung. Da werden vorab Parameter festgelegt, die sich dann bestätigen sollen. Doch bei wirklich disruptiven Innovationen weiß man vorher gar nicht, was sie bewirken, sonst wären sie ja nicht so überraschend bzw. disruptiv. Die Frage der Wirkungsmessung ist zweifelsohne wichtig – aber wenn sie zu früh gestellt wird oder zu sehr im Fokus steht, verhindert sie den Start von Projekten.
Die Neuen Joana: Das führt mich zum zweiten Punkt heute: Was sind die Herausforderungen für Neueinsteiger? Markus: Zunächst muss ich noch sagen, dass auf der Suche nach Unterstützung oft nur an die Alteingesessenen gedacht wird. Viel effektiver wäre, an die neuen Venture-Philanthropen heranzugehen.
in der Programmiersprache Ruby on Rails ausbilden, so für Jobs qualifizieren und in die Gesellschaft integrieren. Ben: Um noch einmal auf den effektiven Altruismus zurückzukommen: Ich denke, dieser Trend könnte die Risikobereitschaft bei Finanziers auch bremsen. Wenn so viel Wert darauf gelegt wird, nur in Projekte zu investieren, die garantiert einen großen Effekt haben, bleiben jene in frühen Phasen und die experimentellen auf der Strecke.
Joana: Genau deshalb sprechen wir jetzt mit der Benckiser Stiftung, die in das neue Gebiet des effektiven Altruismus investieren wollen, in dem man wenige, aber hoch effektive Projekte unterstützt. Ein Beispiel ist Give Directly, wo man Geld über Handys direkt an Begünstigte zahlen kann. Und das ist sehr disruptiv, weil Mittelsmänner umgangen werden, und das mit einem sehr kleinen Team bei Give Directly, ohne NGO-Programme oder Sonstiges. Und Evaluationen zeigen, dass dieses Prinzip sehr effektiv ist. Aber für solche Projekte brauchen wir auch eine neue Art von Spendern, die bereit sind, dafür Geld zu investieren bzw. zu spenden.
Joana: Das finde ich so toll an Anne und ihrem Ökosystem-Ansatz: Selbst wenn die Geflüchteten keinen Job bekommen sollten, heißt das nicht, dass Refugees on Rails wertlos ist, weil Anne so viele Menschen miteinander in Kontakt bringt und man gar nicht überblicken kann, welch andere positive Folgen das hat. Man muss auch Vertrauen in den Prozess an sich haben und darf nicht nur auf das Ziel starren.
Barbara: Wären das jene Leute, die auch in Refugees on Rails investieren würden?
Markus: Ein Lösungsweg könnte ein Innovationsfond sein, um Projekte wie Refugees on Rails in ganz frühen Phasen fördern zu können.
Anne: Nun ja, unser Projekt ist erst elf Wochen alt, aber ich merke, dass es bei uns vor allem die Tech-Industrie sein wird, die daran interessiert ist, neue Programmierer zu gewinnen, in Deutschland gibt es ja gerade 43.000 offene IT-Stellen. Und das ist ja auch genau unser Anliegen, dass wir die Geflüchteten
Frühe Phase
Anne: Das wäre hilfreich, denn zurzeit können wir keine Fördergelder oder Spenden sammeln, da wir uns noch nicht für eine Art der Körperschaft entschieden haben, noch keine eingetragene NGO oder ein Verein sind.
Joana: Witzig, dass Du einen Innovationsfond nennst, Markus, wenn man bedenkt, was wir gerade mit Julia planen. Julia: Wir haben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärt, dass Coder, Designer oder andere Macher mit guten Ideen keine 40-seitigen Anträge ausfüllen. Wie also können wir die Prozesse des Ministeriums an die Bedürfnisse kleiner Start-ups anpassen, um sie früher fördern zu können? Wie können wir diesen Machern die Möglichkeit geben, auch zu scheitern? Und aus dem Scheitern zu lernen? Diese Fragen möchten wir mit neuen Töpfen klären, um Ideen bis zum ersten Prototypen fördern zu können. Joana: Diese kleinen Prototype-Fund von ca. 30.000 US-Dollar für drei bis vier Monate gibt die Knight Foundation schon länger raus, daher die Idee, das auch hier zu versuchen. Denn wenn die Idee funktioniert, können die Projekte damit zu normalen Accelerator-Programmen gehen, wie Plug and Play oder Hubraum. Es gibt keinen Grund, warum nicht auch reguläre For-Profit-Finanziers soziale Start-ups aufnehmen könnten, wenn deren Businessmodell stimmt. Julia: Ja, und es geht auch darum, die Leute von Start-ups und kleinen NGOs zusammenzubringen. Das finde ich an unserem Projekt für das BMBF so toll. Joana: Und da könnten wir auch mit dem lab around the world beitragen, unserer jährlichen Forschungsreise, auf der wir hunderte NGOs und Sozialunternehmer auf der ganzen Welt treffen.
Stephan: Zwei wichtige Trends, die hier entstehen, sind: Dass man vor allem in Organisationen investiert, die schnell sind, Spirit haben und Neues ausprobieren ohne Einschränkungen durch eine bereits bestehende Organisation. Der zweite Trend ist, dass man es mit einem For-Profit-Ansatz machen sollte. Und ich glaube, dass gerade der zweite Trend in den nächsten zehn Jahren stark wachsen wird. Dabei werden es nicht die üblichen Kaffee-Unternehmen sein, die einfach nur einen Euro pro verkauftem Kilogramm Kaffee an soziale Projekte im Ursprungsland spenden. Es werden Projekte sein, die an und in sich Gutes tun.
„Das war ein absoluter Alptraum!“ Dave: Ich habe einige Millionen US-Dollar für Givey gesammelt, einen Teil von Nesta, also von der britischen Regierung, einen anderen Teil von hardcore Venture-Kapitalisten und Angel-Investoren. Deshalb dachte ich, dass für Refugee on Rails die beste Unterstützung in dieser Phase eine Art Wandeldarlehen ist, dass erst in der zweiten Runde eingelöst werden muss. Damit ihr frei von der Idee zum Konzept gehen könnt. Denn ich hab die Erfahrung gemacht, dass ich einige
Entscheidungen zu früh treffen musste, weil ich wusste, was der Investor wollte und weil ich sonst kein weiteres Geld bekommen hätte. Ich würde es also wunderbar finden, wenn es Finanzierung gäbe, die mindestens über die ersten zwei Jahre der Entwicklung eines Projekts geduldig ist. Julia: Ja, und ein weiteres Problem ist, dass man nur Geld für Projekte bekommt, aber kaum für die allgemeine Organisationsentwicklung, für Mitarbeitertrainings, um die Infrastruktur aufzubauen, damit die Organisation wachsen kann. Zumindest haben wir diese Erfahrung gemacht. Und es ist sehr schwer, solche Kosten über den Gewinn zu finanzieren. Stephan: Das ist ein fundamentaler Fehler in der Logik von Stiftungen, zumindest in Deutschland: Man kann immer Geld für eine neue Sache bekommen, aber wenn man etwas bereits Existierendes, das schon halbwegs erfolgreich ist, ausbauen möchte, sucht man vergeblich. Denn solche Investments sind für die Stiftungen nicht sexy. Und dieses Problem ist systemimmanent. Ein Beispiel: Wir haben vor neun Jahren ein Zentrum für die größte MediatorenCommunity weltweit gegründet, und es war ein großer Erfolg. Jeder sagte uns: Wenn ihr ein neues Projekt habt, finanzieren wir das gerne, aber wir können euch leider kein Geld geben, damit ihr einfach nur eure erfolgreiche Arbeit weiterführt. Das war ein absoluter Alptraum!
Anders machen Markus: Ich sehe, dass sich hier im Stiftungssektor schon viel geändert hat. Natürlich müssen die Geldgeber dazu gebracht werden, auch in die Infrastruktur von Organisationen und eben nicht nur in einzelne ihrer Projekte zu investieren, damit sie sich in dem Sinne weiterentwickeln können. Andererseits müssen die NGOs und Organisationen aber auch ihre Abhängigkeit von Spendern und Geldgebern reduzieren, indem sie unternehmerischer denken und sich ständig erneuern. Joana: Ist das vielleicht einer der wichtigen Unterschiede zwischen den neuen und alten Organisationen, dass die alten nicht besonders offen für Kooperationen und unfähig sind, sich mit anderen zusammenzutun? Anne: Zumindest als ich das Peace Innovation Lab gestartet hab, ging es gerade darum, ein soziales System zu bauen, in dem sich die Leute finden, austauschen und dann eigeninitiativ ihre Ideen und Projekte umsetzen. Auf der Plattform ging es um Vernetzung und darum, das die Leute ihre Inspiration in ihre eigenen Organisationen tragen und dort verwirklichen. Doch wenn die eigene Organisation nicht experimentierfreudig war, war das kaum möglich. Stephan: Deshalb haben wir in der Humboldt-Viadriana School of Governance, als es die noch gab, Workshops oft damit beendet, dass die Teilnehmer artikulieren, wie sie das Gelernte nun auch tatsächlich langfristig umsetzen, wenn sie wieder nach Hause bzw. an ihren Arbeitsplatz gehen. Das hört sich trivial an, verbesserte die Umsetzungsbzw. Anwendungsrate aber enorm. Außerdem bildeten wir Zweierteams, damit
die Leute sich gegenseitig an die Umsetzung erinnern und fragen konnten, wie es läuft. Barbara: Wir haben gelernt, dass wir auch unsere Erwartungshaltung von Anfang an klar kommunizieren müssen. Wenn wir Projekte begleiten oder sie in unsere Impact Circles kommen, machen wir ihnen ganz klar, dass wir von ihnen erwarten, dass sie das Gelernte auch umsetzen und anwenden. Julia: Und weil viele kleine und mittlere NGOs noch ein wenig unvernetzt sind, helfen wir ihnen mit Mobilisation Labs: Große NGOs machen bei sich kostenlose Workshops für kleinere, damit es zum Austausch kommt. Denn viele kleine NGOs schützen ihre wenigen Kontakte und haben Angst, die preiszugeben. Joana: Das sagt auch Stefan Shaw von der Benckiser Stiftung, dass in Deutschland so viel Geld in bereits bestehenden Beziehungen feststeckt, so viel Geld geht immer in die Wohlfahrtsverbände. Es ist genug Geld da, aber es geht zu wenig zu den wirklich wirksamen Projekten. Markus: Genau, deshalb müssen wir uns fragen, wie wir das vorhandene Geld, das bereits im System ist, nutzen können, um disruptive Ideen von innerhalb oder außerhalb des Systems zu fördern. Und um diese Runde zu einem Ende zu bringen und eine Antwort auf diese wichtige Frage zu finden, biete ich an, dass wir einen Workshop organisieren, damit wir über die Möglichkeiten eines Digital Philanthropy Funds sprechen können. Joana: Super, das machen wir! Vielen Dank allen, und ich hoffe, es hat geschmeckt? Alle: Jaaaaaaa!
Die Rezepte Wasserkresse und Kräutersalat mit Pistazien Vor 15 Jahren lud mich eine Londoner Freundin zum Mittagessen in ein kleines Lokal in Notting Hill ein: in die erste Londoner Dependance Yoram Ottolenghis. Dort stand eine große Theke mit phantastisch aussehenden Salaten, Hauptgerichten und Backwaren. Essen konnte man nur an einem einzigen Tisch, an dem für zehn Personen Platz war. Ein bisschen so wie bei unseren betterplace Lunchtime Conversations! Der folgende Salat ist von den phantastischen Salaten Ottolenghis inspiriert. Ich ergänze ihn jeweils mit den frischen Kräutern, die ich bei meinem Gemüsehändler in der Ludwig-Kirch-Straße finde. Zutaten für 8 Personen: 200g Brunnenkresse je 40g Basilikum, Koriander je 20g Dill, Estragon 100g ungesalzene, leicht angeröstete Pistazien, grob zerkleinert Dressing: 8 EL Olivenöl 3 EL Zitronensaft 3 TL Orangenblütenwasser Salz schwarzer Pfeffer Brunnenkresse und Kräuter in eine große Salatschüssel geben. Direkt vor dem Servieren mit Dressing und Pistazien vermischen.
Ritas Paprika-Thunfisch-Penne Meine Freundin Rita ist eine phantastische Köchin. Wenn man bei ihr zu Hause eingeladen ist, stehen die Gäste die erste Stunde meist mit einem Glas Wein um den großen Herd herum und sehen Rita dabei zu, wie sie verschiedene, meist einfache, aber superleckere Gerichte zubereitet. Ich darf dann auch schon mal die Nudeln im großen Topf umrühren. Dies ist eines der vielen Gerichte, deren Rezepte ich haben wollte. Ich koche es noch immer nach den handschriftlichen Anweisungen auf einem mittlerweile stark fleckigen Papier. Zutaten für 8 Personen: 1000g Penne oder ähnliche Nudelart 8 gelbe oder rote Paprika 2 Zwiebeln 2 rote Chilischoten oder eine Prise getrocknete Love of Chilis (von meiner ehemaligen betterplace-Kollegin Josefina Petrus) 2 Knoblauchzehen 3 Dosen Followfish-Thunfisch 500g Sahne Olivenöl Parmesan Salz frischer schwarzer Pfeffer
Anleitung: Die halbierten und gesäuberten Paprikaschoten mit der Haut nach oben auf ein Backblech in den auf 200 Grad vorgeheizten Ofen legen (wer mag, kann Backpapier darunter legen). Nach ca. 30 Minuten sind die Paprika außen schön dunkelbraun bis schwarz und die Haut kann gut abgezogen werden. Die weichen Paprikahälften werden jetzt in einem Mixer püriert. Die in dünne Scheiben geschnittenen Zwiebeln mit den zerdrückten Knoblauchzehen in Olivenöl andünsten und Paprikacreme sowie Thunfisch untermischen. Das Ganze zehn Minuten auf niedriger Flamme köcheln lassen. Im Anschluss Sahne dazugießen und mit Salz und frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken. Die Sauce kann man schon am Herd mit den frisch gekochten Penne anrichten. Genauso gut kann man aber die Penne auch mit einem großen Klecks Sauce servieren. Wer mag, streut noch frisch geriebenen Parmesan drüber.
Zitronen-Baiser-Torte Diese Torte habe ich für die betterplace Lunchtime mit meiner Tochter Lilian gebacken – von der Torte blieb kaum ein Krümel übrig. Zutaten für 8 Personen: 4 Eier, getrennt 300g Zucker 125g weiche Butter 25g Speisestärke 1 TL Backpulver 1/2 TL Speisenatron abgeriebene Schale von einer unbehandelten Zitrone 4 TL Zitronensaft 2 TL Milch 150g Sahne 150g Lemon Curd
Anleitung: Backofen auf 200 Grad vorheizen. Zwei Springformen (ca. 20 cm groß) mit Backpapier belegen und buttern. In einer Küchenmaschine die Eigelbe, Butter, Mehl, Speisestärke, Backpulver, Natron und Zitronenschale vermischen. Zitronensaft und Milch einrühren. Den Teig mit einem Teigschaber auf die beiden Formen verteilen. Eiweiß steif schlagen und mit einem Schneebesen nach und nach 200g Zucker einrühren. Die Baisermasse in beiden Springformen über dem Teig verstreichen. Über eine der Formen nochmals einen EL Zucker streuen. Die Formen für 20 bis 25 Minuten im Ofen backen. Danach die Böden in der Form auskühlen lassen. Einen Boden auf einen Kuchenteller stürzen (die Baiserseite ist unten!) und zuerst mit Lemon Curd und danach mit geschlagener Sahne bestreichen. Den zweiten Boden mit dem gezuckerten goldbraunen Baiser nach oben darauflegen.
Servieren!