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I Ein Leben in drei Jahrhunderten
Ein Leben in drei Jahrhunderten
Wie schreibt man eine Straßengeschichte über die kleine Riffi aner Fraktion Vernuer? Der erst in den 1970er Jahren angelegte Fahrweg, der den Weiler mit der Passeirer Hauptstraße verbindet, trägt schlicht und einfach den Namen Vernuerstraße. Kein Künstler, kein Politiker, kein Geistlicher, der als Namengeber diente. Eine interessante Person existiert trotzdem. Hätte es die Straße schon hundert Jahre früher gegeben, wäre man über sie zum wohl bekanntesten Einwohner hingepilgert.
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Als Kaiser Franz Joseph I. am 26. September 1899 im Burggrafenamt weilte, war eine Gruppe von Saltnern in ihrer traditionellen Tracht ausgerückt, um den Kaiser um den üblichen „Tabakkreuzer“ zu bitten. Am Ende hatte nur einer den Mut zu fragen. Der Sandgruber aus Dorf Tirol stand vor Franz Joseph und sagte frisch heraus: „Majestät, bitt, um an Tabakkreuzer.“ Der Kaiser klopft e ihm wohlwollend auf die Schulter und sicherte ihm das gewünschte Geld zu. Doch der Sandgruber war nicht der einzige, der es in die Nähe des Kaisers und somit auch in die Zeitungsspalten schafft e. Ein betagter Mann, 99 Jahre alt, ließ sich zu diesem Anlass von Vernuer nach Riffi an tragen, um den Monarchen zu sehen. Franz Joseph gab sich besonders volksnah, stieg aus seinem Wagen und sprach mit ihm. Der Mann überreichte Seiner Majestät eine Bittschrift . Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass von dem alten Vernuerer, weithin bekannt als das Högger Jåggele, in den Zei tungen zu lesen ist.
Ein langes Leben
Jakob Pichler, so sein richtiger Name, wurde am 20. Juli 1800 in Riffi an als Sohn des Johann Pichler und der Magdalena Kofl er geboren. Als kleiner Bub soll er noch Andreas Hofer persönlich gesehen haben, Erzählungen zufolge, wie er als Gefangener durch das Tal bis
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nach Meran geführt worden war. Sein Vater war an den Kämpfen 1809 beteiligt, wenn auch ohne eigene Büchse. Jakob führte ein einfaches Leben auf Au ßer hochegg. In den 1820er Jahren übernahm er den Höggerhof und bearbeitete ihn ein halbes Jahrhundert lang. Dann übergab er ihn seinem Pfl egesohn. Geheiratet hat te er nie, ein „plentener“ Knödel sei ihm lieber gewesen als eine Frau, behauptete er gerne. Immer wieder erhielt er Besuch, weil man ihn fotografi eren oder malen wollte. 1897 zum Beispiel kam Franz Defregger nach Vernuer, um ihn in seinem Skizzenbuch zu verewigen. Drei Jahre später feierte Jakob seinen 100. Geburtstag. Seine geistigen Kräft e waren noch gut, körperlich machte sich das Alter seit einigen Jahren bemerkbar, er sah schlecht und auch die Füße trugen ihn nicht mehr. Am Abend des 20. Juli versammelten sich Gemeindevertreter, Geistlichkeit und Musikkapelle vor seinem Haus, um dem Jåggele zum 100. Ehrentag zu gratulieren. Die Kapelle trug mehrere Stücke vor und Böllersalven verkündeten der Umgebung die seltene Feier. Schließlich überreichte man dem „ehrwürdigen Greise“, so das Andreas-Hofer-Wochenblatt, einige Geschenke. Im Zuge der Berichterstattung über das nicht alltägliche Ereignis erfahren wir auch, was im Brief an den Kaiser stand und ob dieser der Bitte entsprach. Jakob Pichler bat den Monarchen um eine fi nanzielle Unterstützung und erhielt von da an jährlich 200 Kronen. Der Kaiser war großzügig.
Das Ende des Lebens
Jakob Pichler Sammlung Touriseum - Südtiroler Landesmuseum für Tourismus, Meran
Monaten und 8 Tagen und einem Leben in drei Jahrhunderten: geboren im letzten Jahr des 18., gearbeitet im 19., verstorben im 20. Jahrhundert. Nicht etwa an Altersschwäche, sondern der „ganz modernen Infl uenza erlegen“, schreiben die „Innsbrucker Nachrichten“ in ihrem Nachruf und ergänzen, dass er leicht 110 und älter hätte werden können, wenn ihn nicht die „böse Infl uenza“ erwischt hätte. Das „Tiroler Volksblatt“ mut maßte sogar augenzwinkernd, bald hätte man glauben können, das Jåggele habe mit dem Tod gewettet, wie der Brandner-Kaspar. Noch zu seinem 100. Geburts tag wurde Jakob, wie wohl jedem Hundertjährigen, die Frage gestellt, wie man denn ein so hohes Alter erreichen könne. Er antwortete, er habe sich sein ganzes Leben lang beim Arbeiten Zeit gelassen, hätte gerne ein Glasl getrunken und sei immer früh schlafen gegangen.