Die zwei Pinselstriche

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Die zwei Pinselstriche von Elisabeth Büchle

„Warum kommst du nicht, wenn Mama dich darum bittet?“ Nicole klang vorwurfsvoll. Petra runzelte missmutig die Stirn, während sie den Hörer noch kräftiger an ihr Ohr drückte. „Ich habe ihr gesagt, ich fahre nach ihrer Operation zu ihr.“ Und das ist früh genug, sagte sich Petra. Üblicherweise besuchte sie Lisa, ihre Mutter, einmal im Jahr, und zwar an deren Geburtstag im Februar. Jetzt war Petra gezwungen, sie zusätzlich knapp vor Weihnachten aufzusuchen. Selbstverständlich würde sie hinfahren, immerhin war bei ihrer Mutter im Sommer Krebs diagnostiziert worden, weshalb nun ein weiterer Eingriff anstand. Aber Petra hatte es nicht eilig. Sie war mit achtzehn vor über zehn Jahren ausgezogen, und seither beschränkte sich der Kontakt zu ihrer dominanten Mutter auf diesen einen Besuch im Jahr. Mehr war für sie alle nicht verträglich. Es hatte in der Vergangenheit zu viele Dispute zwischen ihnen gegeben, selbst jetzt noch wuchs die Uneinigkeit bei jedem ihrer Treffen innerhalb von Stunden wie wucherndes Unkraut und drohte sie zu ersticken. Petra war nun mal nicht die strebsame Tochter, die den Beruf erlernt hatte, den ihre Mutter akzeptabel gefunden hatte. Sie hatte nicht den Mann geheiratet, den Lisa ihr vorgestellt hatte ... Petra war, ganz im Gegensatz zu ihrer braven älteren Schwester Nicole, eine Rebellin, lebte als Künstlerin in einer Welt, die dem durchstrukturierten Lebenswandel ihrer Mutter zuwiderlief. Sie waren sich BIBELLESEBUND

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