Weihnachten so ganz anders von Monika Büchel „Jetzt komm schon!“, forderte Anja ihren Mann auf und drückte ihm einen Kuss auf die lichte Stelle, die sich zu seinem Leidwesen unaufhaltsam auf seinem Hinterkopf gebildet hatte. Widerwillig legte Robert die Zeitung zusammen und stand von seinem bequemen Sessel auf. Er blickte auf den Weihnachtsbaum in der Ecke des Wohnzimmers – ein Prachtexemplar von Tanne, die er wie jedes Jahr geschmückt hatte – und sog genüsslich den harzigen Duft ein. „Zwei Stunden, mehr nicht!“, sagte er zu seiner Frau, die sich im Flur Mantel, Schal und Handschuhe anzog. Es war Heiligabend, 20 Minuten vor 18 Uhr. „Ich nehme bei diesem nasskalten Wetter lieber noch einen Schirm mit“, meinte Robert. Anja hakte sich bei ihm unter und steuerte auf die Haustür zu. Sie wusste, wie sehr ihr Mann an Traditionen hing, vor allem an Weihnachten: dem besinnlichen Gottesdienst in der Kirche, Abendessen mit selbst gemachtem Fleischsalat und französischem Stangenbrot wie bei Muttern, dem feierlichen Anzünden der Kerzen am Christbaum, begleitet von Weihnachtsliedern einer CD, dem Auspacken der Geschenke. Schließlich dem gemütlichen Zusammensitzen bei Plätzchen und Punsch. Genau in dieser Reihenfolge. „Wir können Weihnachten doch mal anders feiern“, hatte Anja werbend gemeint, nachdem sie Robert von der Einladung von Elena und Pepe erzählt hatBIBELLESEBUND
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