|transkript 2.2023 Catalyser

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HERO STORY

UNHEILBARES

HEILBAR MACHEN

STANDORT GUCKST DU IN GÖTTINGEN

Das Life Science

Start-up-Magazin

No. 1/2023

Liebe Leserinnen und liebe Leser, liebe Start-up-Enthusiasten,

ihr haltet gerade etwas in den Händen, was es so noch nicht gab: CATALYSER – das erste Magazin für die Life Science Start-up-Welt. Es richtet erstmals den Fokus auf Life Science Start-ups in Deutschland. Wie ein Katalysator will es junge Unternehmen in den Life Sciences mit den richtigen Impulsen weiter voranbringen

Für die erste Ausgabe haben wir mit zahlreichen Gründerinnen und Gründern, Investorinnen und Investoren sowie Juristinnen und Juristen gesprochen, haben uns auf vielen Veranstaltungen umgeschaut und sind nun restlos überzeugt: Das Potenzial des Wissenschaftsstandortes Deutschland, der Ideenreichtum und die kreativen Leistungen von jungen Forscherinnen und Forschern, die den Weg ins Unternehmertum wagen, um mit ihren Ideen die Translation zu schaffen, ist enorm.

Gleichzeitig ist der Bedarf an Unterstützung im Bereich der Life Science Start-ups ungebrochen hoch. Denn Gründen in den Lebenswissenschaften ist langwierig und teuer. Netzwerke, Kollaborationen und Partnerschaften spielen dabei eine zunehmend wichtige Rolle. Je umfangreicher Forschung, Tests, Finanzierung und Prototypenbau sind, je größer das Team und je umfassender die Leadership-Aufgaben werden, desto wichtiger ist es, sich auf Partner und das Miteinander verlassen zu können

In dieser ersten Ausgabe blicken wir in unterschiedlichen Formaten auf die großen und kleinen Herausforderungen von Start-ups. Wir geben mit Interviews und Geschichten tiefere Einblicke in die Biotech-Gründerszene: Der erfolgreiche Unternehmer Philipp Baaske berichtet über die Höhen und Tiefen der Firmengründung. Wir bringen Licht ins Dickicht des Patent-Dschungels und die Gründerin Dr. Natalie Garzorz-Stark erzählt, wie Führung auf Augenhöhe gelingen kann. Wir geben Impulse für die Investorensuche, blicken auf den Life-ScienceStandort Niedersachsen und fragen, was ihn auszeichnet Und Sartorius-CEO Dr. Joachim Kreuzburg erklärt, wie er mit der Life Science Factory in Göttingen zur Stärkung des Gründungskosystems für die Wissenschaft beitragen möchte.

Schreibt uns, wie euch die Ausgabe gefallen hat und worüber ihr gerne noch mehr lesen möchtet. Wir freuen uns auf eure Rückmeldungen und wünschen nun erst einmal viel Vergnügen mit der Erstausgabe des CATALYSERS!

Eure

Irina Reimer und Svenja Hodel

INHALTSVERZEICHNIS

2 EDITORIAL

3 GUCKST DU IN GÖTTINGEN

Woher kommt Göttingens Ruf als Wissenschaftsstadt?

5 TEMPO IN TRANSLATION

Interview mit Sartorius-CEO

Dr. Joachim Kreuzburg

7 DIE RICHTIGE STRATEGIE

Teufelskreis: ohne Patente keine Investoren, ohne Geld keine Patente

8 UNHEILBARES

HEILBAR MACHEN

Interview mit Dr. Philipp Baaske, Gründer und CEO von NanoTemper

11 GEMEINSAM AUF AUGENHÖHE

New Leadership und Empowerment funktionieren in Start-ups

13 VC: KAPITAL MIT ADDED VALUE

Interview mit Ute Mercker von IBB Ventures über Investitionskriterien

15 LASST UNS ÜBER GELD REDEN

Reimer; Redaktion: Dr. Nadine Brunner (NB), Miriam Graf (MG), Anna Henke (AH), Dr. Georg Kääb (GK), Mathias Klüver (MKL), Maren Kühr (MK); Idee und Konzept: monoceros PR GmbH, Berlin; Gestaltung: Michaela Reblin; Druck: Königsdruck, Berlin; Titelbild: Emma Hernadi, blende11 fotografen

Bildnachweis: ©Life Science Factory; ©Freepik; ©stock.adobe.com/Milan Ilic; ©Carrys_82Freepik.com 2 I CATALYSER 1.2023
Adresse: Life Science Factory Management GmbH, Annastr. 27, 37075 Göttingen; E-Mail: info@lifescience-factory.de; Website: catalyser.de; Herausgeber:
Svenja Hodel, Irina
IMPRESSUM

GUCKST DU IN GÖTTINGEN

STANDORT Mit Mainz verbinden viele Menschen inzwischen die Impfstoffentwicklung von BioNTech. Berlin gilt als Start-upHauptstadt, Heidelberg ist ein Zentrum der Krebsforschung, München für alles andere ..., aber Göttingen?

„Göttingen. Stadt, die Wissen schafft“, so begrüßt den Reisenden das Stationsschild am Göttinger Bahnhof selbstbewusst. Schaut man bei der städtischen Tourismusbehörde nach, wird einem dort vermittelt, dass dies die Universitätsstadt sei, die Wissenschaftsstadt, die Stadt von Gauß und Lichtenberg oder die der Gebrüder Grimm. Geht es auch mit etwas mehr Gegenwart? Da wird es dann zumindest beim Tourismusamt schon etwas dünner, und man sollte die Perspektive vielleicht wechseln und sich die Region von oben ansehen.

Zentral und doch am Rande

Doch halt: aus der Luft, das fällt in Göttingen ein wenig schwer, der nächste große Flughafen ist in Hannover (140 km entfernt), Frankfurt am Main liegt gut 190 km südlich, aber selbst Köln/Bonn (fast 300 km entfernt) wird als Landeplatz für die Reise nach Göttingen auf diversen Webseiten empfohlen. Schwierig. Immerhin zeigt sich aus der Vogelperspektive klar, dass die Wissenschaftsstadt Göttingen durchaus sehr günstig auf der Nord-Süd- wie auch der West-Ost-Strecke liegt, genau zwischen Berlin und Brüssel, Paris und Danzig, Kopenhagen und Basel – also mitten in Europa. Doch woher kommt der Ruf als bedeutende Wissenschaftsstadt?

Für die Wissenschaft ist es eventuell gar nicht so schlecht, wenn man etwas abgeschieden ist, sich nicht vom Trubel ringsherum ablenken lässt, den einmal gestrandeten Wissenschaftlern auch nicht allzu viele Möglichkeiten offeriert, hier wieder schnell wegzukommen. An vielen

anderen Standorten mag das Nachtleben mehr Ablenkung bieten, die Straße zum Flughafen oder in die Nachbargroßstadt sehr wichtig sein, für Göttingen scheint zu gelten: Wer einmal hier gelandet ist, soll auch Wurzeln schlagen.

Das alles klingt nach Satire und mindestens leicht übertrieben? Natürlich. Denn nur mit den zufällig gestrandeten Wissenschaftlern kann man den Ruf einer Wissenschaftsstadt sicherlich nicht glaubwürdig begründen. Dass dieser Ruf keinem übertriebenen Selbstmarketing des Tourismusamtes entspringt, kann man beispielsweise am zwischenzeitlich erteilten Exzellenz-Status der Universität Göttingen ablesen. Man kann sich über die Lebensläufe von rund 40 Nobelpreisträgern beugen, deren Vita mal enger oder weniger eng mit der Wissenschaftsstadt verwoben ist. Und man kann sich einen recht aktuellen

Nobelpreisträger der Stadt einmal genauer ansehen: Prof. Dr. Stefan W. Hell.

Groß im Nanobereich

Der Göttinger Physiker Hell erhielt 2014 den Chemie-Nobelpreis und hat neben dem „Oskar der Wissenschaft“ eine Vielzahl anderer hochrangiger Preise und Auszeichnungen bekommen. Er ist Direktor am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Wissenschaften, bis vor Kurzem noch das Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, einer Brutstätte hochklassiger Wissenschaft in Göttingen, die insgesamt bereits vier Nobelpreisträger hervorgebracht hat. Zu ihnen gehört auch der Göttinger Biophysiker Erwin Neher, der 1991 den Nobelpreis für Medizin erhielt.

Stefan Hell forscht an der Verbesserung der Bildgebung durch die Mikroskopie und hat dabei eine seit über einem Jahrhundert

CATALYSER 1.2023 I 3 Bildnachweis: © Life Science Factory
Co-Working im Gemeinschaftslabor der Life Science Factory in Göttingen

geltende Auflösungsgrenze der Optik mit Lichtmikroskopen nicht hinnehmen wollen, sondern durch die Eigenentwicklung der Stimulated Emission Depletion-Mikroskopie (STED) um Größenordnungen verbessert.

An der Auflösungsgrenze

Einerseits also hat sich Stefan Hell von Größen der Optik wie einem Ernst Abbe nicht bange machen lassen, der eine Auflösungsgrenze bei 200 nm für unüberwindbar festgelegt zu haben schien. Und andererseits hat er sich von den Größen der MikroskopEntwickler, die als Unternehmer die Firmen Carl Zeiss sowie SCHOTT begründeten, inspirieren lassen. Auch Abbe war nicht nur Forscher, sondern lenkte Zeiss eine ganze Weile lang als Unternehmer. Nun ist auch Stefan Hell Unternehmer geworden und hat für seine bahnbrechende Technologie, die der Wissenschaft ein neues Verständnis von räumlichen Verhältnissen und Geschehnissen ermöglicht, die Firma Abberior gegründet, die sich sehr erfolgreich entwickelt. Wer will, kann im Namen noch den verehrten Mathematiker und Physiker Abbe erkennen, aber auch das Wörtchen für einen Fehler: error.

Mehr Unternehmertum wagen

Ein gutes Pflaster für die Wissenschaft scheint Göttingen also mit den MaxPlanck-Instituten, der Universität und der Universitätsmedizin zu sein. Gut eingebunden und sich gegenseitig anspornend mit den Nachbarstädten Hannover und Braunschweig, die in Niedersachsen ein regelrechtes Life-Science-Dreieck bilden, wie die Leiterin der niedersächsischen Life-Science-Initiative BioRegioN, Maike Rochon, erläuterte. Nun käme als Ergänzung auch eine eigene Start-up-Agenda der Landesregierung von Niedersachsen hinzu, mit der man die Bedingungen verbessern möchte, um jungen Unternehmen ein „Sprungbrett“ für einen erfolgreichen Start zu bieten. „Wir wollen mehr Erfolgsbeispiele wie Stefan Hells Firma oder Cardior in Hannover sehen“, so Rochon.

Es gibt jedoch nicht nur das erwähnte Städtedreieck im Bereich der biomedizinschen Biotechnologie, sondern auch Initiativen und Kristallisationszentren für die Bioökonomie und Novel Food oder eine

Vielfalt an Anwendungen aus biobasierten, nachwachsenden Materialien. Osnabrück wurde gerade zum deutschen Standort des EU-Projektes „Agritech“ gewählt und bietet in Inkubatoren Platz für wilde, neue Ideen. Im RootCamp in Hannover wird die Zukunft pflanzenbasierter Lebensmittel vorausgedacht und jährlich neu ausgewählte Startups erhalten für ihre Projekte Unterstützung durch Coaching und Mentoring. Und obwohl Niedersachsen erst seit rund einem Jahr eine eigene Bioökonomie-Strategie festgelegt hat und noch mitten in der Realisierung von über 40 Maßnahmen steckt, sind in einzelnen Städten und Regionen

Factory angelehnt an den erfolgreichen Inkubator LabCentral in Boston, ergänzt mit eigenen Elementen. Eine wesentliche Neuerung ist ein wirklich offener Co-Working-Laborbereich, der gemeinsam mit deutschen Genehmigungsbehörden erst entwickelt werden musste – und nun seit rund einem Jahr durch die und Mieter der Life Science Factory gemeinsam genutzt wird. Als wichtiges Element aus den USA hat man sich einen begleitenden Fonds abgeschaut, der gerade mit rund 12 Mio. Euro ins Leben gerufen wurde und einmal rund 20 Mio. Euro enthalten soll. Damit kann durch einen regional verankerten Investor im Konsortium mit weiteren Geldgebern das Firmenwachstum angekurbelt werden. Einer der Leiter des Fonds ist Marco Janezic. Interessant ist dabei, dass die Universitätsklinik Göttingen ebenfalls Investorin dieses Life-Science-Fonds ist und bei Ausgründungen aus dem Klinikum gleichsam auf beiden Seiten des Tisches sitzen wird – um die Lizenzierung von Patentrechten in ein Start-up zu verhandeln, aber auch als der Investor, der den Wert solcher Patentrechte als Grundlage für beste Erfolgsaussichten des Start-ups im Eigeninteresse einzuordnen hat.

Bunte Mischung in der Factory

(wie etwa der Weser-Ems-Region) die Akteure schon einen Schritt weiter und beim „Machen“ angekommen.

Göttingen: Zentrum für Biomedizin Statt auf die Politik und eine spezielle Lokalförderung von „oben“ zu warten, haben sich in Göttingen die Großunternehmen Sartorius, Ottobock, Evotec sowie KWS Saat mit den Akteuren der Wissenschaft zusammengetan (siehe Interview mit Joachim Kreuzburg) und in einem engen Austausch „von unten“ ein Konzept entwickelt, wie der Göttinger Start-up-Szene am besten geholfen werden kann. Als der umtriebige Gründerberater Marco Janezic hinzustieß, wurde schnell klar, dass man sich die Rezepte der erfolgreichen globalen Standorte näher ansehen sollte.

Eine Rundreise an die US-amerikanische West- sowie Ostküste brachte einige Erkenntnisse. So entstand die Life Science

Das Konzept der Life Science Factory ist dabei nicht auf die „Tools für die Wissenschaft“ beschränkt, was man bei einem Hauptinitiator Sartorius vermuten könnte. Doch die anderen Unternehmen sowie die niedersächsische Forschungslandschaft haben breitere Interessen und Fachgebiete in Arbeit bis zur Pflanzenzucht und Medizintechnik, so dass auch die anderen Hochschulmedizinstandorte (inklusive der Tiermedizin in Hannover), aber auch der im Bereich der Novel-Food-Innovationen sehr aktive Standort Osnabrück eng mit der Factory interagieren können. Und sei es nur, dass dieses Konzept in Göttingen auch Ansporn und Vorbild ist für weitere Inkubatoren im Land. Dann hätte sich eine ganz eigene Start-up-Initiative als Graswurzelbewegung der Beteiligten entwickelt. Damit schaffen gegenwärtige dynamische Initiativen in und um Göttingen gerade die Basis für eine vielversprechende Zukunft.

4 I CATALYSER 1.2023
GK
Wir wollen mehr Erfolgsbeispiele wie Stefan Hells Firma oder Cardior in Hannover sehen. ”

TEMPO IN DIE TRANSLATION

IM FOKUS Die Life Science Factory Göttingen bietet seit 2022 auf 3.300 m2 das innovative Konzept eines Start-up-Inkubators. Initiiert durch Sartorius und weitere lokale Akteure soll das neue Angebot zur Stärkung des Gründungsökosystems für die Wissenschaft beitragen. Ein Gespräch mit Sartorius-CEO Dr. Joachim Kreuzburg

CATALYSER. Wie kam Sartorius als Partner der Biopharma-Industrie auf die Idee für die Life Science Factory, wo haben Sie sich inspirieren lassen?

Kreuzburg. Es ist uns ein grundsätzliches Anliegen, die Translation von wissenschaftlichen Erkenntnissen in kommerzielle und damit gesellschaftlich relevante Anwendungen zu fördern. Neben dem Zugang zu finanziellen Mitteln fehlt es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ein eigenes Unternehmen gründen möchten, oft auch an einer angemessenen Ausstattung. Mit modernen und vollausgestatteten Laboren zu vergleichsweisen geringen Mieten schließt die Life Science Factory diese Lücke. Vor der Gründung haben wir uns insbesondere an der Ost- und Westküste der USA viele Standorte und Beispiele für offene Laborkonzepte angeschaut und uns dabei über die Konzeptionen und Erfahrungen ausgetauscht. Dabei ging es etwa um die Gestaltung der Laborflächen und um das passende Begleitprogramm zur Betreuung von Start-ups.

CATALYSER. Warum in Göttingen? Was macht Göttingen besonders? Was macht man in Göttingen anders?

Kreuzburg. Wir wollen gerade an unserem Hauptstandort hier in Göttingen das Ökosystem stärken, um den Standort nachhaltig noch attraktiver für qualifizierte Arbeitskräfte in diesem Bereich zu machen. Die Life Science Factory ist einer von mehreren systematischen Schritten, die Stadt über ihre wissenschaftliche Stärke hinaus als

Gründungsstandort im Bereich Life Sciences zu etablieren. Die Basis dafür ist hervorragend, denn es gibt in Göttingen traditionell starke wissenschaftliche Kompetenz in den Lebenswissenschaften, denken Sie an die Max-Planck-Institute, die Universitätsmedizin und die Universität.

CATALYSER. Sie wollen die Translation stärken. Wie sehen dafür die Voraussetzungen aus?

Kreuzburg. Bei der Übertragung von Erkenntnissen aus der Wissenschaft in die kommerzielle Anwendung hinkt Deutschland im internationalen Vergleich insgesamt noch hinterher. In Göttingen sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Translation wie gesagt sehr gut, denn neben der ansässigen Spitzenforschung gibt es in der Stadt auch eine wachsende Start-up-Szene. Selbst aus der Grundlagenforschung gelingen spektakuläre Ausgründungen, wie Abberior mit

Nobelpreisträger Stefan Hell als Gründer. Göttingen hat also großes Potenzial, und die Life Science Factory will einen Beitrag leisten, die Translation zu fördern und dieses Potenzial systematisch besser auszuschöpfen.

CATALYSER. Wie viel Sartorius steckt in der Life Science Factory? Wie halten Sie es mit der Kooperation zur Wissenschaft, aber auch zu den Start-ups in der Factory?

Kreuzburg. Sartorius ist sicher der Motor der Initiative gewesen, aber wir haben viele weitere Akteure frühzeitig ins Boot geholt, um gemeinsam die grundlegenden Fragen zu klären, zum Beispiel: Gibt es genug Ausgründungspotenziale und in welchen Feldern liegen diese? Wie hoch stehen Gründungen auf der Agenda von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern? Als Ergebnis ist die Life Science Factory heute eine unabhängige und vielfältig vernetzte Plattform, die Gründern kostengünstig fle-

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©Life Science
Dr. Joachim Kreuzburg bei der Eröffnung der Life Science Factory im Januar 2022
Bildnachweis:
Factory

xible Laborräume bereitstellt und Start-ups durch verschiedene Inkubationsprogramme unterstützt. Ganz wichtig dabei ist: Die Start-ups haben keine Verpflichtungen gegenüber Sartorius.

CATALYSER. Aber Sie schließen ein Investment von Sartorius in eines der Start-ups auch nicht kategorisch aus?

Kreuzburg Nein, natürlich nicht, aber nur wenn es für beide Seiten sinnvoll und gewünscht ist. Sartorius profitiert allerdings auch ohne solche Beteiligungen von der Life Science Factory: So ermuntern wir etwa unsere Mitarbeiter, Veranstaltungen dort zu besuchen, sich mit Start-ups zu vernetzen, möglicherweise gemeinsam neue Ideen zu entwickeln, und nicht zuletzt auch etwas Gründergeist zurück ins Tagesgeschäft bei Sartorius zu tragen.

CATALYSER . Was muss ein Gründungsteam mitbringen, welche Kriterien werden angelegt?

Kreuzburg. Wir sehen die Life Science Factory als Angebot für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Ideen und Erkenntnisse aus ihrer wissenschaftlichen Arbeit praktisch umsetzen und in ein Geschäft übertragen wollen. Es geht dabei nicht um das Weiterforschen an anderem Ort, sondern um das Entwickeln und die Umsetzung einer Produktidee, also oft darum, eine neue Technologie in die praktische Anwendung zu bringen. Ein Kriterium ist daher, dass eine Bedarfsanalyse vorgenommen und ein belastbarer Businessplan entwickelt wird. Dafür gibt es bei Bedarf Unterstützung von der Life Science Factory. Ein Businessplan ist auch von zentraler Bedeutung, um auf den Radarschirm von Investoren zu kommen. Zusätzlich braucht es dafür eine sichtbare Infrastruktur und eine kritische Masse interessanter Start-ups.

CATALYSER. Nochmal zum Standort Göttingen: Welche Schwerpunktfelder passen besonders gut in die Life Science Factory oder zu Sartorius? Oder müssen Sie auch an anderen Standorten aktiv sein?

Kreuzburg. Man muss an dieser Stelle klar zwischen Sartorius und der Life Science Fac-

tory unterscheiden. Als Sartorius interessieren uns in der Göttinger Forschung zum Beispiel gerade besonders die bildgebenden Verfahren, an denen im Rahmen des Exzellenzclusters Multiscale Imaging gearbeitet wird, und das Thema Zelltherapie. Und natürlich kooperieren wir auch mit Wissenschaftlern und Start-ups an anderen Standorten weltweit. In der Life Science Factory sind die Themen viel breiter gefächert und liegen teilweise näher an Aktivitäten von Unternehmen wie Ottobock, Evotec oder KWS Saat. Aber auch aus anderen Bereichen der Lebenswissenschaften haben schon spannende Start-ups bei der Life Science Factory ihre Arbeit aufgenommen.

Nachfrage, sicherlich auch in Göttingen noch wachsen. Wir können uns zudem auch vorstellen, weitere Standorte zu entwickeln. Am Helmholtz-Zentrum München ist eine hervorragend auf Translation ausgerichtete Forschung angesiedelt, und der ganze Campus dort entwickelt sich dynamisch. Mit Helmholtz sprechen wir über ein auf den Standort angepasstes Format, auch wieder mit der Vorstellung, eine bedarfsgerechte Infrastruktur anzubieten und näher an die Wissenschaft und potenzielle Gründer heranzurücken. Etwas Ähnliches ist mittelfristig auch in Berlin im Umfeld der dortigen starken Akteure denkbar. Auch international intensivieren wir unsere Vernetzung mit den verschiedenen Innovationsökosystemen, wenngleich auf andere Art und Weise.

CATALYSER. Gibt es ausreichend Unterstützung in Niedersachsen selbst?

CATALYSER Wirkt die Life Science Factory schon, gibt es schon mehr Wahrnehmung?

Kreuzburg Seit der Eröffnung hat sich viel getan. Zu Beginn musste das Team noch oft das Konzept und das Angebot erklären, heute ist das Ganze schon gut etabliert und findet Zuspruch auch über Göttingen hinaus. Im gemeinsam mit Fraunhofer und Helmholtz aufgesetzten Accelerator-Programm ELSA haben wir beispielsweise mit fünf Start-ups begonnen, jetzt sind es bereits 15.

CATALYSER Wenn Sie einige erfolgreiche Jahre der Life Science Factory erlebt haben werden, was folgt dann?

Kreuzburg. Die Life Science Factory kann, natürlich abhängig von der Entwicklung der

Kreuzburg. Die Corona-Pandemie hat eine breite Öffentlichkeit intensiv mit den Lebenswissenschaften in Berührung gebracht und auch noch mehr Investoren auf die Branche aufmerksam gemacht. Die niedersächsische Politik hat erkannt, dass es im Land leistungsfähige Standorte gibt, die unterstützt werden sollten, um im internationalen Wettbewerb der Innovationen im Bereich Life Sciences noch relevanter und wettbewerbsfähiger werden zu können. Göttingen spielt bei den meisten dieser Initiativen des Landes eine hervorgehobene Rolle, ohne Hannover und Braunschweig mit ihren Schwerpunkten und Expertisen zu vergessen. Die besondere Stärke Göttingens ist allerdings, dass die Vernetzung von Universität einschließlich der Universitätsmedizin und sieben außeruniversitären lokalen Forschungsinstitutionen im Göttingen Campus nicht nur eine Bezeichnung ist, sondern tatsächlich gelebt wird. Zusammen mit der Life Science Factory, Sartorius und anderen Unternehmen hat Göttingen in den Lebenswissenschaften eine führende Rolle in Niedersachsen, und die Landesregierung erkennt zunehmend, dass Life Science eine besonders wichtige Säule für Wertschöpfung und Arbeitsplätze sein kann und sollte.

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Die Fragen stellte Georg Kääb, |transkript.
„ Die Life Science Factory ist eine unabhängige und vielfältig vernetzte Plattform, die Gründern kostengünstig flexible Laborräume bereitstellt. Eine Verpflichtung gegenüber Sartorius besteht nicht.“

DIE RICHTIGE STRATEGIE

PATENTE Biotech-Start-ups stehen vor einer großen Herausforderung, wenn es um ihre Schutzrecht-Strategie geht: Um Geld zu bekommen, brauchen sie Investoren. Um Investoren zu bekommen, brauchen sie Patente. Um Patente zu erhalten, brauchen sie Geld.

Die Aufgabe scheint unlösbar – unmöglich ist es aber nicht. Sebastian Mähler, Geschäftsführer der Dresdener Unternehmensberatung white ip | Business Solutions, Mitglied der white ip group, ist sogar überzeugt davon, dass der Schlüssel zur Gewinnung von Investoren nicht zwangsläufig ein großes Patentportfolio in allen Gerichtsbarkeiten ist. Viel eher ist es ein gut durchdachter Geschäftsplan, der eine starke Strategie für das Erlangen des geistigen Eigentums beinhaltet und langfristig angelegt ist – vor allem vor dem Hintergrund, dass die Patentgültigkeit ab dem Tag der Anmeldung für 20 Jahre beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder dem Europäischen Patentamt (EPA) vorliegt.

Erfolgsfaktor 1: Das Timing

In der Biotech-Branche ist die behördliche Zulassung komplex, langwierig, kapitalintensiv und riskant. Gleichzeitig stellen die geistigen Schutzrechte das wichtigste Gut dar. Sie schützen die Kerntechnologie des

DER WEG ZUM PATENT

Anmeldung

Ausarbeitung der Anmeldung mit einem Patentanwalt, anschließend erfolgt die Anmeldung beim Patentamt Bei einer Prioritätsanmeldung wird die Prüfung mit beauftragt.

Prüfbescheid

Unternehmens, sind die Basis für Lizenzierung und auch Grundbedingung vieler Investoren. In der Gründungsphase sollte rechtzeitig und intensiv über den richtigen Zeitpunkt der Schutzrechteanmeldung und über die Art – Gebrauchsmuster, Marken-, Design- oder Patentrechte – nachgedacht werden. Schon früh zu wissen, was bei der Erfindung zu schützen ist, entscheidet oft über den weiteren Weg des BiotechStart-ups.

„Ein Fehler bei Frühphasen-Start-ups besteht darin, dass sie sich nicht angemessen von einem externen Beraterteam unterstützen lassen. Meist wird schnell die nächstbeste Anwaltskanzlei beauftragt, die Patente anzumelden”, so Sebastian Mähler. Vielmehr empfiehlt er, branchen- oder technologiespezialisierte Patentanwälte aufzusuchen und auch betriebswirtschaftlichen Input einzuholen. Denn auch eine zu frühe Anmeldung berge Risiken. Einige Technologien entwickeln sich so schnell weiter, dass sie zum Zeitpunkt der Patenterteilung bereits weiter fortgeschritten ist.

Prioritätsjahr

Starke Veränderungen oder Abweichungen von der ursprünglichen Forschungsidee oder dem Produkt kosten die BiotechStart-ups am Ende viel Geld durch zusätzliche Anmeldungen.

Erfolgsfaktor 2: Marktanalyse

Ein weiterer Schlüssel ist, seine Konkurrenten und den Markt zu kennen. Eine „Freedom to operate”-Recherche (FTO) beziehungsweise eine vorgelagerte Verletzungsrecherche kann hier hilfreich sein, um Risiken bei der Anmeldung zu minimieren. Da es kein „Weltpatent“ gibt, empfiehlt Sebastian Mähler, dass Biotech-Unternehmer sich frühzeitig Gedanken über mögliche Absatzmärkte und Wettbewerbsunternehmen, abhängig von ihrer Geschäftsstrategie, machen sollten, um relevante Länder und Anwendungsgebiete für die Anmeldung zu identifizieren. Die Ausarbeitung eines detaillierten IP-Plans ist der beste Weg, um die Konkurrenz im weiteren Verlauf einzudämmen und den potenziellen Kapitalgebern die erfolgreiche Strategie zu beweisen. ah

Veröffentlichung

Patenterteilung

Bis zum Ende des Prioritätsjahres kann die Erfindung in weiteren Ländern angemeldet werden. Außerdem ist es möglich, die Prioritätsanmeldung vor Ablauf des Jahres zu überarbeiten und zu ergänzen.

Im Patentblatt wird nach 18 Monaten die Patentanmeldung veröffentlicht. Ab jetzt ist die Patentanmeldung für jedermann zugänglich.

Nach erfolgreicher Prüfung wird das Patent erteilt und im Patentblatt veröffentlicht. Erst hiernach tritt das Patent in Kraft und kann die Basis einer Patentverletzungsklage sein. 1 bis

3–5

Der Prüfbescheid ergeht 8-10 Monate nach der Anmeldung. Ein amtlicher Patentprüfer bewertet die Anmeldung nach Neuheit, erfinderischer Tätigkeit und Anwendbarkeit. Oft ist der erste Prüfbescheid negativ.

Bescheidserwiderung

Ein negativer Prüfbescheid muss in einer gesetzten Frist zwischen 3-6 Monaten erwidert werden. Die bemängelten Punkte sind zu beseitigen. Es kann hierbei zu Einschränkungen der Patentansprüche kommen.

Prüfverfahren

Das Prüfverfahren ist 3-5 Jahre nach der Anmeldung abgeschlossen.

20 Jahre

Laufzeit

Beginnend mit dem Tag der Anmeldung, beträgt die Laufzeit des Patents 20 Jahre.

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UNHEILBARES HEILBAR MACHEN

HERO STORY. Die Gründer von NanoTemper haben eine klare Vision. Sie wollen nicht weniger als das Unsichtbare sichtbar machen, um das Unheilbare zu heilen. Dafür entwickeln und fertigen sie Analysegeräte und Software für die Entwicklung von Biologika –und das von Beginn an erfolgreich. Ein Gespräch mit Philipp Baaske

CATALYSER. Philipp Baaske, können Sie sich und NanoTemper kurz vorstellen?

Baaske. Ich bin – neben Stefan Duhr – einer der Tandem-Gründer und Geschäftsführer der NanoTemper Technologies GmbH in München. Wir haben uns seit 2008 mit unserem Unternehmen auf die Entwicklung und Fertigung von biophysikalischen Analysegeräten und Software spezialisiert.

CATALYSER. Welche Beweggründe hatten Sie, ein Unternehmen zu gründen?

Baaske Hier steckt tatsächlich ein sehr persönlicher Antrieb dahinter. In meiner Familie gibt es viele Krebserkrankungen. Mein Onkel und meine Großmutter sind an Krebs gestorben. Meine Mutter hatte Brustkrebs, konnte aber mit einem Biologika geheilt werden. Diese Erfahrungen treiben mich an, mir als Physiker und Wissenschaftler zu überlegen, welchen Beitrag ich zur Heilung von Krebs leisten kann. Weltweit arbeiten bereits viele Wissenschaftler an Medikamenten, aber es dauert sehr lange und die Erforschung, vor allem von Biologika, ist überaus komplex. Hier habe ich den Hebel gesehen: Wenn wir als Unternehmen Geräte auf den Markt bringen, die die Forscher unterstützen, schneller bessere Medikamente zu entwickeln, steigt für alle Menschen die Heilungschance.

CATALYSER . Welche Vision verfolgt NanoTemper?

Baaske. Wir haben das Ziel, Wissenschaftlern das Maximum an Fokus auf die Medika-

Philipp Baaske, Mitgründer und Geschäftsführer der NanoTemper Technologies GmbH

Baaske. Wir setzen an zwei Hebeln an: der einfachen Bedienbarkeit unserer Geräte und der konsequenten Weiterentwicklung der notwendigen Messtechnik.

Unser Vorteil ist, dass wir sehr genau verstehen, was die Wissenschaftler für die Medikamentenentwicklung benötigen. Wir wollen möglichst viel Komplexität vom Wissenschaftler wegnehmen, so dass er sich ganz auf die Erforschung der Medikamente konzentriert. Aktuell arbeiten über 20.000 Wissenschaftler mit unseren Geräten. Wenn wir allen nur eine Stunde mehr Forschungszeit pro Woche ermöglichen, dann haben alleine die bisherigen Kunden über eine Million Stunden mehr Zeit im Jahr, zu forschen und an Medikamenten zu arbeiten.

Das ist für mich persönlich wirklich ein ziemlich cooles Business! Die Wissenschaftler sind die Heros und wir sind die perfekten Sidekicks, die alles möglich machen, dass sie Heldentaten vollbringen können.

CATALYSER Was war für Sie die größte Herausforderung auf dem Weg von der Wissenschaft zum CEO?

mentenforschung zu ermöglichen. Wir gehen davon aus, dass jede Krankheit heilbar ist – das ist unsere große Vision.

CATALYSER. Wie konkret schlägt sich dies im Produkt nieder?

Baaske. Ich denke, ich bin eher Unternehmer als Wissenschaftler. Mein Physik-Studium und ein Talent für die Physik haben meinen Weg in die Wissenschaft geebnet. Aber die Physik hat mir das Handwerkszeug gegeben, als Unternehmer etwas erreichen zu können.

Die größte Herausforderung war, das eigene Ego zu überwinden. Das ist definitiv der größte Blocker. Es ist beispielsweise nicht

Bildnachweis: ©Emma Hernadi/blende11 fotografen 8 I CATALYSER 1.2023
„Unser größter Traum ist es, dass ein Medikament auf den Markt kommt, das dank unserer Technik entwickelt wurde.”

einfach, Leute einzustellen, die besser sind als man selbst. Denn wenn man umgeben ist von Menschen, die vieles besser können, dann schluckt man eben doch. Auch zu verstehen, wo die eigenen Grenzen sind. Am Anfang haben Stefan und ich alles zu zweit gemacht, aber mit und vor allem für ein Wachstum des Unternehmens muss man als Gründer immer mehr abgeben, weil man zum Nadelöhr wird.

Die zweite Herausforderung ist für mich noch immer, Kündigungen auszusprechen. Das muss manchmal sein, das wissen jeder Unternehmer, jede Unternehmerin. Die Gespräche so zu gestalten, dass ich am nächsten Tag noch in den Spiegel schauen kann, hat mich viele schlaflose Nächte gekostet.

CATALYSER. Was hat Ihnen bei den Herausforderungen geholfen?

Baaske. Sehr viel ist gesunder Menschenverstand, ein gesundes Bauchgefühl und Input von außen. Gerade das „Challengen” durch externe Beraterinnen, Coaches oder auch Mentoren ist enorm wichtig für Gründer. Am Anfang waren es die Gespräche mit der Familie oder befreundeten Gründern und Gründerinnen. Seit drei Jahren holen wir uns bei Bedarf zu verschiedenen Fragestellungen professionelle Coaches in unser Unternehmen.

CATALYSER . Neben der persönlichen Entwicklung und ihren Hürden stehen Start-ups auch vor der großen Frage der Finanzierung. Warum haben Sie und Ihr Partner sich bewusst gegen Fremdkapital entschieden?

Baaske . Wir haben damals tatsächlich Fremdkapital gesucht, aber unsere Gründung war 2008 und fiel damit voll in die Zeit der Finanzkrise. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, es war unser Glück, dass wir kein Risikokapital bekommen haben. Das beste Geld ist das Geld vom Kunden, das man sich bereits durch ein gutes Produkt und einen guten Vertrieb verdient hat. Denn mit dem Geld kann ich als Unternehmer frei arbeiten und muss niemandem Rechenschaft ablegen und für niemanden mitverdienen. Das ermöglicht Unternehmen, viel lang-

fristiger und freier zu denken. Alles fremde Geld will ja wieder heraus. Klar, sehr viele der fremdfinanzierten Unternehmen sind schneller gewachsen als wir, aber sie sind inzwischen auch wieder vom Markt verschwunden, denn die meisten von diesen Unternehmen haben das Ziel, gekauft zu werden. Wir wollten das Unternehmen von Beginn an nachhaltig aufbauen und entwickeln.

als Menschen geschaut hat. Mit dessen Geld, konnten wir ein BMBF-Forschungsprojekt gegenfinanzieren. Das hat für uns ausgereicht.

CATALYSER Eine weitere große Hürde neben der Finanzierung ist die Frage nach der IP. Wie haben Sie die Technologien international schützen lassen?

Baaske Wir melden gerne Erfindungen an. Der Weg geht in der Regel über die Freedom to Operate-Analyse. Da kommt manchmal was heraus, manchmal aber auch nicht. Wir sind sehr schnell darin, Anwendungen anzumelden, so können wir uns das Datum schon einmal sichern und gehen dann erst in die Recherche. Unser Ziel ist es, sehr große Patente abzudecken, dafür haben wir uns auch die richtige Kanzlei als Partner gesucht.

CATALYSER. Wie haben Sie die Gründung dann finanziert?

Baaske. Wir hatten früh einen Business Angel an Bord, einen lokalen Bauunternehmer, der an uns als Team geglaubt hat und weniger auf Daten, sondern auf uns

Wenn wir was anmelden, dann machen wir das ernsthaft, und sind auch bereit, es zu verteidigen. Das ist eher gegenläufig zu dem, was man im universitären Umfeld geraten bekommt. Da herrscht eine gewisse Risikoscheu. Aber wenn du so gut und von deinem Produkt überzeugt bist, dann melde das Patent an, das nimmt dir keiner mehr. Da sollte man sich nicht aufhalten lassen oder die Entscheidung jemandem anderen überlassen. Wissenschaftler sollten hier ruhig mutiger voranschreiten: Sichere dir deine Pfründe und dann wirst du jemanden finden, der es finanziert. Diesen

Bildnachweis: ©Life Science Factory CATALYSER 1.2023 I 9
„ Die größte Herausforderung war, das eigene Ego zu überwinden.
Es ist nicht einfach, Leute einzustellen, die besser sind als man selbst."
Open for your ideas: Philipp Baaske im Gespräch mit Gründern

Mut sollte unsere gesamte Gesellschaft lernen. Das ist meiner Meinung nach keine Aufgabe der Uni. Universitäten sind dafür da, Grundlagenforschung zu ermöglichen. Sie müssen kein Geld verdienen, das ist Aufgabe der Gesellschaft , und sie sollten auch den Mut zum Gründer- und zum Unternehmertum vermitteln und lehren.

CATALYSER Inzwischen arbeiten 237 Menschen in 13 Ländern für NanoTemper. Was waren die größten Hürden während des Wachstums?

Baaske Unser Wachstum in den vergangenen zwölf Monaten war wirklich enorm. Und auf einmal waren wir, also Stefan und ich, der Flaschenhals. Stichwort Ego – es hat einige Zeit gebraucht, bis wir erkannt haben, dass wir ein ExecutiveTeam brauchen. Unser Executive-Team umfasst neun Leute und seitdem können wir dieses Wachstum gut stemmen. Den bekannten Satz, du darfst nicht in der Firma arbeiten, sondern du musst an der Firma arbeiten, kann ich nur unterschreiben.

CATALYSER. Inwiefern würden Sie Gründern empfehlen, kollaborativ zu arbeiten?

Baaske. Ich kann sagen, Kollaboration hat uns großgemacht. Wir hatten das Glück, dass uns von Beginn an sehr viele Einzelpersonen, Firmen und Arbeitsgruppen unterstützt haben. Ich würde sogar sagen, dass es ohne Zusammenarbeit nicht mehr gehen kann. Denn die Welt ist komplex und ihre Herausforderungen sind es um so mehr. Wir können dieser Komplexität nur mit komplexen Methoden begegnen –und dafür sind Kollaborationen essentieller denn je.

ÜBER NANOTEMPER

Wir arbeiten im Übrigen auch mit Unternehmen zusammen, mit denen wir im Wettbewerb stehen. Wir schätzen den fairen Wettkampf, der dasselbe gemeinsame Ziel hat, Krankheiten heilen.

CATALYSER. Welche drei Tipps geben Sie angehenden Gründerinnen und Gründern?

Baaske.

1. Hol dir Input und dann mach dein eigenes Ding! Ich meine damit, trau dich, Fragen zu stellen, wie andere es vor dir gemacht haben. Hör genau zu und dann wende diese Erfahrungen auf deine eigene Situation an und finde damit die Lösung, die zu deinem Unternehmen passt.

2. Mut zum Risiko: Als Wissenschaftler weiß ich, Technologie hat unendlich viele Möglichkeiten. Aber als Unternehmer musst du an dein „Produkt” denken. Ein Produkt zu erschaffen, mit dem du wirtschaftlichen Erfolg hast, das ist die Aufgabe eines Unternehmers. Wenn es bedeutet, von 100 Technologien 99 links liegenzulassen, mach das. Wenn es bedeutet, eine nach der anderen zu testen, bis dein Produkt perfekt ist, dann mach das auch. Du bist kein Forscher mehr, sondern Verkäufer.

3. Überwinde dein Ego. Du selbst bist dein größter Feind.

Die Fragen stellte Dr. Nadine Brunner, monoceros PR

HINTERGRUND

Stefan Duhr und Philipp Baaske gründeten NanoTemper im Jahr 2008. Ihre Vision war und ist es, eine Welt zu schaffen, in der jede Krankheit behandelbar ist. Um dies zu erreichen, entwickelt NanoTemper biophysikalische Werkzeuge für Wissenschaftler, die schwierige Charakterisierungsaufgaben in der Arzneimittelforschung und -entwicklung bewältigen müssen. Konkret bietet NanoTemper Lösungen an, mit denen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die größten Herausforderungen in den Bereichen Affinitätsscreening, molekulare Wechselwirkungen und Proteinstabilität überwinden können. NanoTemper mit Hauptsitz in München hat jetzt über 230 Mitarbeiter und weltweit Niederlassungen in den globalen Biotechnologie-Hotspots in Europa, den USA und Asien.

Bildnachweis: ©Life Science Factory 10 I CATALYSER 1.2023
Der NanoTemper Prometheus in Aktion bei der Life Science Factory

GEMEINSAM AUF AUGENHÖHE

New Leadership und Empowerment Ein neuer Führungsansatz stellt die emotionalen Kompetenzen der Führungskraft und die emotionale Ansprache des Teams in den Mittelpunkt. Wie New Leadership und Empowerment auch für Life Science Start-ups funktionieren kann, zeigt das Beispiel Dermagnostix aus Freiburg.

Business-Look statt Arztkittel, unternehmerische Unsicherheit statt vorgezeichnetem Karriereplan, agile Leadership-Methoden statt starrer Hierarchien – dafür entschied sich Dr. Natalie Garzorz-Stark im Jahr 2021 kurz nach ihrer Facharztausbildung zur Dermatologin. Für ihr Start-up Dermagnostix sammelte die junge Ärztin zuletzt 4,6 Millionen Euro in einer Seed-Plus-Finanzierung ein. Das Diagnostik-Unternehmen möchte die Gesetze der Dermatologie neu schreiben. Dafür hat es ein molekulares Analyseverfahren entwickelt, das schnell und zweifelsfrei Ergebnisse liefert, ob es sich bei einer entzündlichen Hauterkrankung um Psoriasis oder um ein Ekzem wie Neurodermitis handelt.

Agile Unternehmenskultur

Allein in den vergangenen zwölf Monaten verzeichnete Dermagnostix ein Personalwachstum von fast 70 Prozent. Die größte Herausforderung auf dem Weg von einer praktizierenden Wissenschaftlerin zur Leiterin eines erfolgreichen Start-ups war die Entwicklung einer modernen Unternehmenskultur. Ihre neue Maxime ist, den Konkurrenzkampf aus der klassischen Wissenschaft zu überwinden und mit gebündelten Ressourcen an gemeinsamen Zielen zu arbeiten.

Das mittlerweile 20-köpfige Team setzt dabei auf Methoden des New Leaderships, um eine agile Unternehmenskultur zu entwickeln, die befähigen will, statt zu befehlen. Es geht Natalie darum, einen Rahmen zu gestalten, damit Entfaltung

und ein gezielter Austausch stattfinden kann, Menschen sich entwickeln können. Gemeinsam sollen Ziele und Entwicklungshorizonte gesetzt werden, damit Potentiale wirksam werden. Für sie sei es gerade in einem Umfeld, in dem sehr viele High Performer unterwegs sind, enorm wichtig, dass alle Führungskräfte soziale Kompetenzen wie zum Beispiel Teamfähigkeit, Empathie oder Kompromissbereitschaft haben oder bereit sind, sich diese anzueignen.

Involvieren statt informieren Für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sei es ungewohnt, Performance nicht nur am Arbeitsergebnis zu messen, sondern auch in den Blick zu nehmen, wie die Ziele erreicht werden und zu reflektieren: Wie habe ich meine Kollegen involviert? In Kürze testet Dermagnostix dafür das Konzept des 360°-Feedbacks – eine Methode zur Einschätzung der Kompetenzen und Leistungen von Fach- und Führungskräften aus unterschiedlichen Perspektiven wie zum Beispiel aus dem Blickwinkel der Teammitglieder oder der Vorgesetzten, um genau diese Soft Skills mit abzudecken und in den Mittelpunkt zu rücken. Natalie möchte bewusst die starren Systeme aus den Kliniken aufbrechen und einen modernen Weg auf Augenhöhe mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehen.

Bei Dermagnostix ist man davon überzeugt, dass hochgesteckte Ziele erreicht werden, wenn Teams zufrieden, offen und einbezogen sind. Wertschätzung und Teil-

Bildnachweis: ©Dermagnostix
„Ich möchte keine Führungskräfte, die nach unten treten und nach oben buckeln.”
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Gemeinsamer Entscheidungsprozess –ein Baustein des New Leadership

habe sind der Schlüssel – und so werden auch Entscheidungen weitestgehend gemeinsam getroffen. Hierfür wurde vor kurzem ein mehrstufiger Prozess entwickelt, der alle Beteiligten an den passenden Stellen einbindet. Jeder sollte am Ende die Entscheidungsfindung nachvollziehen und im besten Falle mittragen.

Respekt, Vertrauen, Unterstützung

Die aktuelle McKinsey - Studie zur Führungskräfteentwicklung in den Life Sciences kommt zu dem Schluss, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehr schnell darin sind, sachbezogene Themen effizient abzuarbeiten und technischen Herausforderungen mit technischen Lösungen zu begegnen.

Doch auch ihnen ist eine Führungskultur wichtig, die Respekt, Vertrauen, Toleranz und Unterstützung fördert. Unternehmen aus den Lebenswissenschaften sollten das Ziel verfolgen, diese Arbeitskultur bewusst zu gestalten. Denn

Fakt ist: Zufriedene Menschen sind leistungsfähiger und erzielen die besseren Ergebnisse.

Jede Führungskraft trägt dazu in hohem Maße bei, zum Beispiel indem sie sich auf Themen wie New Leadership einlässt. MG

life science factory on tour

McKinsey-Studie

„Developing tomorrow’s leaders in life sciences”:

16. Mai

Life Science Factory @ Bionnale, Berlin

06. - 08. Juli

Life Science Factory @ Festival der Zukunft, München Sept.-Dez.

ELSA-Programm, Göttingen

06. - 08. Nov.

Life Science Factory @ Bio Europe, München

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Bildnachweis: ©stock.adobe.com/Milan Ilic
in Deutschland Bildnachweis: ©KjpargeterFreepik.com
Biotech-Termine

VC: KAPITAL MIT ADDED VALUE

FINANZIERUNG Immer neue Technologien und Business-Modelle: Ute Mercker von IBB Ventures, Berlin, investiert in Start-ups in der Frühphase und unterstützt die Gründungswilligen mit ihrem Know-how und Netzwerk. Im Interview gibt sie Einblicke in ihre Investitionskriterien und wertvolle Impulse für junge Start-ups.

CATALYSER. Frau Mercker, wie sind Sie dazu gekommen, als Investment Director Start-ups zu begleiten?

Mercker Als Betriebswirtin war die Verbindung von Finanzierung, Wachstum und neuen Technologien seit jeher ein interessantes Feld für mich. Spannend finde ich, dass man als Venture-Capital-Investorin und damit als Gesellschafter sehr dicht an den Start-ups dran ist und tiefe Einblicke in die Unternehmen, ihre Produkte und die Business-Modelle erhält. Die Kombination aus Investorperspektive und Sparringspartnerin für die Gründerinnen und Gründer macht für mich den Reiz meiner Tätigkeit aus.

CATALYSER Welche Aspekte sollten beispielsweise Biotech-Gründungsteams bereits geklärt haben, bevor sie sich an Sie wenden?

Mercke r Die IP-Frage ist bei BiotechStart-ups die wichtigste: Haben die Gründungsteams die Intellectual Property an ihrer Technologie und am Produkt? Oder gibt es eine Strategie, sie zu erlangen oder aufzubauen? Der zweite Punkt wäre der technologische Aspekt: Wo werden die auf der innovativen Technologie basierenden Produkte im Markt gebraucht und wie ist der Weg dorthin? Braucht es dazu Zulassungen oder Zertifizierungen? Gibt es ein MVP, ein Minimal Viable Product, mit dem sich im Markt erste Umsätze und Kundenerfahrungen generieren lassen? Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Gründerteam: Wer ist mit welchen Fähigkeiten als Gründer dabei?

Welches Know-how wird zusätzlich noch im Team gebraucht? Ein genereller Rat für potenzielle Gründer ist, den Elfenbeinturm Wissenschaft zu verlassen und kein OverEngineering zu betreiben, sondern frühzeitig dicht am Markt und an den Kundinnen und Kunden zu sein. Kenne ich sie und ihre Anforderungen, verstehe ich automatisch mehr vom Markt und auch mehr von der Konkurrenz.

CATALYSER. Wonach sollten Biotechnologie-Start-ups potenzielle Investoren auswählen?

Mercker. Finanzierungsrunden mit großem Investmentvolumen bedeuten oft Verbesserungen für das Produkt und bringen Planungssicherheit. Die Chemie zwischen den beteiligten Akteuren – Investorenteam auf der einen Seite, Gründungsteam auf der anderen Seite – spielt ebenso eine wichtige Rolle. Gibt es übereinstimmende Visionen, dann können gerade größere Finanzierungen in der Frühphase Start-ups weit tragen. Im Gegenzug für Unternehmensanteile gibt es dann ein starkes Commitment der Investoren und eine zielführende gemeinsame Strategie. Jenseits des Kapitals sollten Gründungsteams darauf achten, welches Netzwerk die Investoren einbringen. Dieser strategische Mehrwert ist überaus wichtig, sei es Know-how zur Regulatorik, Zugang zu Pharmaunternehmen oder spezielles Wissen über den US-amerikanischen Markt. Venture Capital ist Kapital in Kombination mit Know-how und Unterstützung, also mit echtem Added Value.

CATALYSER 1.2023 I 13 Bildnachweis: ©IBB Ventures
Ute Mercker, Investment Director, IBB Ventures, Berlin
„Am Ende des Tages steht die Frage: Sind alle Gesellschafter des Startups in der Lage, sich über die Beteiligung und die Strategie zu einigen und dadurch eine ausgewogene Zusammenarbeit auf die Beine zu stellen?“

CATALYSER Lieber viele Finanzierungsmöglichkeiten auf einmal oder eine gezielte Ansprache von Investoren?

Mercker. Es kommt auf Investorenseite gut an, wenn die Ansprache durch die Start-ups gezielt und individuell erfolgt. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie öffentliche Förderungen in Kombination mit Investoren sollten ebenfalls bereits eruiert sein. Auch legen wir Wert darauf, dass bei der Präsentation nicht nur der Standard-Pitch läuft.

CATALYSER. Mit wie viel Wartezeit kann ein Start-up kalkulieren, wenn es sich an einen VC-Geber gewandt hat?

Mercker Bis zum Closing vergehen meist drei bis sechs Monate. Das ist abhängig vom momentanen Arbeitspensum der Investoren im Syndikat. Ende des vergangenen Jahres hatten wir beispielsweise vier Closings auf der Agenda. Hier lohnt es sich, persönlich noch einmal nachzufassen, wenn die Antwort auf sich warten lässt. Ein Telefonat zwischendurch anstelle einer ausgefeilten E-Mail hilft beiden Seiten weiter.

CATALYSER. Welche Faktoren oder Kriterien haben den größten Einfluss auf Ihre Investitionsentscheidung?

Mercker. Der größte Faktor sind die Gründenden selbst. Mit ihnen arbeiten wir zum Teil intensiv zusammen und es kommt auf ihre Erfahrung als Entrepreneure an und darauf, ob man mit ihnen Kompromisse schließen kann. Auch Diversität im Team spielt zunehmend eine wichtige Rolle. Der zweite entscheidende Faktor ist die Technologie – und die darauf basierenden USPs des Produkts. Drittens hat der Markt Einfluss auf unsere Entscheidung. Er muss ein starkes Wachstum des Unternehmens ermöglichen, denn Start-ups können nicht in einem Markt mit Verdrängungswettbewerb konkurrieren. Daher sollten sie sich auf Märkte mit Potenzial konzentrieren.

CATALYSER Auf welche Kompetenzen in einem Biotech-Gründungsteam legen Sie besonderes Augenmerk?

Mercker. Ein gutes Biotech-Start-up braucht am Anfang die technologische und die Pro-

CHECKLISTE:

ERSTE SCHRITTE ZUR INVESTOR READINESS

√ Ein Finanzplan für die Seed-Phase sowie mindestens für die A-Serie liegt vor.

√ Die wichtigsten Vereinbarungen und Verträge sind aufgesetzt.

√ Eine gründliche IP-Recherche ist durchgeführt und Rechte sind gesichert.

√ Das Start-up hat eine große Vision und das Projekt kann überzeugend präsentiert werden.

√ Eine valide Strategie für die Markt- einführung wurde entwickelt.

duktkompetenz im Team. Im Laufe der Entwicklungszeit werden dann zunehmend das ökonomische Verständnis und bestimmte Management-Kompetenzen wie Business Development und Teamführung genauso wie die Markt- und Vertriebsseite mit dem Marketing wichtig. Hier schauen wir genau hin, bevor wir Empfehlungen aussprechen oder das Team an bestimmten Stellen aufund ausbauen.

CATALYSER. Welchen Mehrwert leisten Inkubatoren und Acceleratoren, um Startups auf das Fundraising und die Investorenansprache vorzubereiten?

Mercker. Start-ups, die an Acceleratoren oder Inkubatoren angebunden sind, treten deutlich professioneller an uns heran. Das liegt zumeist in der Programmatik und der Infrastruktur begründet. Dort werden die richtigen Fragen gestellt und die wichtigen Aufgaben mitgegeben, beispielsweise um das Business-Modell detaillierter auszuarbeiten, beim Pitch-Training oder zur Vorbereitung auf Finanzierungsrunden. Auch Zugang zu speziellen Geräten beispielsweise beim Prototypenbau sehe ich als echten Vorteil an. Zudem findet in den Inkubatoren und Acceleratoren auch ein übergreifender, interdisziplinärer

Austausch zwischen den dortigen Teams statt, der immer wieder neue Perspektiven, Impulse und Inspirationen für die eigene Arbeit bringt.

CATALYSER. Was macht Ihrer Meinung nach eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Investoren und Start-ups aus?

Mercker. Erfolgreich ist die Zusammenarbeit für mich, wenn es einen regelmäßigen Austausch gibt, der sich auf die jeweils relevanten Themen beider Seiten konzentriert. Das Team sollte immer und jederzeit die Investoren anrufen können, wenn Fragestellungen auftauchen. Als Investoren kennen wir meistens Lösungsansätze oder wir kennen jemanden aus unserem Netzwerk, der helfen kann. Die vertrauensvolle, ehrliche und situative Kommunikation zwischen den Parteien ist für mein Empfinden der wichtigste Punkt in der kompromissorientierten Zusammenarbeit. · Die Fragen stellte Mathias Klüver, monoceros PR.

Start-up-Standardverträge in deutscher und englischer Sprache:

Bildnachweis: ©VectonautaFreepik.com 14 I

LASST UNS ÜBER GELD REDEN

Finanzierungsmodelle

Förderungen von meist öffentlichen Gebern, wie EXIST oder GoBio

Risikokapital: Private oder öffentliche Venture Fonds, wie HTGF oder IBB

Fremdfinanzierung, wie Darlehen

Investorengespräch

1 Investor-Start-up-Fit: „Worauf legt der Investor Wert und wie erfüllen wir das?“

2 Investoren-Sicht: Kennzahlen zu Wettbewerbssituation und Skalierungsmöglichkeiten. Der „Return on Invest“ ist für gewöhnlich das oberste Ziel für Investoren.

3

Übt eure Pitches und seht jedes Gespräch als Chance, mit erfahrenen Branchen-Insidern das Konzept zu schleifen!

Investorensuche

Nutzt Datenbanken und Tools wie Pitchbook oder Crunchbase!

Sprecht mit Expertinnen und Experten aus Acceleratoren und Inkubatoren, nutzt deren Netzwerk!

Erhöht eure Sichtbarkeit durch Wettbewerbe, Pitch-Veranstaltungen, Social Media!

Für jedes Start-up kommt der Moment, in dem sich die Gründerinnen und Gründer gezielt überlegen müssen, wie sich die eigene Vision und das Unternehmen finanzieren lassen. Und wie so oft, gibt es dabei nicht den einen richtigen Weg, denn die Varianten und Finanzierungsmodelle sind vielfältig. Auch die Frage nach dem besten Timing ist nicht pauschal zu beantworten. „As late as possible, and as soon as necessary!”, fasst es Martha Smets, Investment Manager des Life Science Valley Fonds, zusammen. Konkret bedeutet das,

dass es sich lohnt, in der ersten Phase mit non-dilutive funding auszukommen, um eine frühe Verwässerung zu vermeiden. Spätestens wenn die IP gesichert ist oder in absehbarer Zeit gesichert sein wird, die Firma gegründet und eingetragen werden soll oder erste In-vivo-Daten vorliegen, sollte eine Finanzierung durch Risikokapitalgeber angestrebt werden.

Bei der Ansprache gilt dann, Schritt für Schritt mit einer klaren Strategie zum Erfolg zu kommen: Einen Investor in den Fokus nehmen und gezielt ansprechen.

Neben der reinen Funding-Summe spielen auch Parameter wie Renommee, internationale Vernetzung und Branchenkenntnisse eine wichtige Rolle. Ebenso kann es von Vorteil sein zu überlegen, ob der Geldgeber auch bei weiteren Runden investiert.

Sobald die erste Finanzierungsrunde steht, wird es leichter, weitere Investoren und Investorinnen zu überzeugen. „Am Schluss lässt sich dann selbstbewusst behaupten: Ein Platz im Syndikat ist noch frei, jetzt müsst ihr schnell sein!“, so Smets. NB

Bildnachweis: ©Freepik ; Carrys_82Freepik.com CATALYSER 1.2023 I 15

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