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Recht & Patente

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RechtsfRagen

Kompliziert, aber dennoch überlebenswichtig ein jahrzehntealter Patentstreit zwischen human genome sciences und eli Lilly zeigt, wie kompliziert es ist, zum eigenen Recht zu kommen. selbst gerichte sind oft unsicher. Wohl in kaum einer Branche sind Rechts- und Patentfragen von so entscheidender Bedeutung wie in der Biotechnologie. Strahlender Erster oder unglücklicher Zweiter zu sein, das kann über spätere Millionengewinne und das Schicksal ganzer Unternehmen entscheiden. Wie verworren und wichtig IP- und Rechtsfragen sind, zeigt ein mehr als 15 Jahre andauernder Rechtsstreit zwischen dem Pharmakonzern Eli Lilly und der ebenfalls USamerikanischen Human Genome Sciences (HGS) um ein europäisches Patent für den Antikörper Neutrokine-alpha. Die Geschichte zeigt, dass Patentrecht oft Interpretationssache ist und die Urteile verschiedener Gerichte sogar innerhalb Europas auseinandergehen können. Es begann in den frühen 90er Jahren. HGS reichte einen Patentantrag auf rekombinant hergestelltes Neutrokine-alpha ein, das zu einer Proteinfamilie gehört, die immunmodulierend wirken soll. Das US-Biotech-Unternehmen belegte seinen Anspruch mit mehr

als 200 Datensätzen und 12 Seiten DNA-Sequenzen. Damit untermauerte HGS, dass das Protein das Potential zur Diagnose, Prävention oder Therapie von Immunerkrankungen habe. 1996 wurden die Dokumente beim Europäischen Patentamt (EPA) eingereicht. Der Anspruch sollte alle Länder umfassen, die sich in der Europäischen Patentübereinkunft zusammengeschlossen haben – darunter auch Großbritannien. Im August 2005 wurde das Schutzrecht unter der Nummer 0,939,804 erteilt. Schon kurze Zeit später attackierte Eli Lilly das Patent. Der Grund: Der Anspruch sei ungenügend begründet und die industrielle Anwendung von Neutrokine-alpha unklar. Das EPA folgte der Ansicht von Eli Lilly und widerrief das Patent 2008. HGS rief die Technische Beschwerdekammer des EPA an, die empfahl, das Patent wieder zu erteilen. Das war jedoch nicht das Ende der Geschichte. Lilly hatte parallel Gerichte in Großbritannien mit der Sache befasst. Nach einer 13-tägigen Anhörung entschied

eine Richterin, das Patent in Großbritannien zu widerrufen, und folgte damit Lillys Ansicht. Das rief erneut HGS auf den Plan, die den Fall vor das Beschwerdegericht von England und Wales brachten. Im Februar 2010 musste das Biotech-Unternehmen auch hier eine Niederlage einstecken. Zu diesem Zeitpunkt war die Rechtslage in Großbritannien eine andere als in der übrigen EU. Das ließ das oberste Gericht in Großbritannien nicht zu. Es erkannte an, dass in der Biotechnologie spezielle Gesetze gelten und ein Molekül nicht sofort seinen Nutzen beweisen müsse. Im Klartext: Eine Erfindung muss nicht sofort ein Produkt sein. Damit näherten sich die Briten der Sichtweise der technischen EPA-Beschwerdekammer an. Das Patent war wieder gültig. Anfang 2011 zeigte sich der Nutzen von Neutrokine-alpha: Heute ist das Protein unter dem Namen Benlysta auf dem Markt. Das erste Medikament gegen systemischen Lupus erythematodes seit 50 Jahren. L p.dieckhoff@biocom.de

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Humane embryonale Stammzellen

EuGH-Urteil unter der Lupe Welche Verfahren sind nach dem euGH-urteil zu embryonalen Stammzellen noch patentierbar? In einer ethisch-moralisch sensiblen Angelegenheit wie dem Gebiet der Stammzellen ist es angebracht, sachlich darzulegen, worüber die höchste richterliche Instanz in Europa ihr Urteil [1] gesprochen hat, insbesondere, da die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bereits kurz nach der Urteilsverkündung von diversen Interessengruppen für ihre Zwecke verwertet wurde. Es geht um die Patentierbarkeit humaner embryonaler Stammzellen (ES-Zellen) und Verfahren, die Embryonen als Ausgangsmaterial verwenden. Die Forschungsfreiheit bleibt von der Entscheidung unberührt; es gelten nach wie vor die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen für die Forschung auf diesem Gebiet.

Keine wissenschaftlich-moralische Bewertung Der EuGH hat in seiner Urteilsbegründung dargelegt, dass er keine wissenschaftliche oder moralische Beurteilung anstrebt. Er sah seine Aufgabe darin, die Intention des Gesetzgebers beim Verfassen der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Richtlinie) – im rein patentrechtlichen Sinn – zu klären. Die Auslegung des EuGH

ist jedoch einerseits unnötig restriktiv und führt andererseits zu neuen Problemen bei der Anwendung des Rechts. Anspruch 1 des Patents DE19756864 (Brüstle) bezieht sich auf Vorläuferzellen mit neuronalen oder glialen Eigenschaften, abgeleitet aus ES-Zellen. Das Verfahren, ES-Zellen zu gewinnen, ist nicht Teil der Ansprüche. Ferner offenbart die Patentschrift (hypothetische) Verfahren, wie ES-Zellen „zerstörungsfrei“ erhalten werden können. Das Bundespatentgericht entschied in erster Instanz (Entscheidung 3 Ni 42/04) auf eine Teilnichtigkeit des Patents, sofern es sich auf Gegenstände bezieht, die sich aus totipotenten ES-Zellen ableiten lassen. Zweitinstanzlich urteilte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Xa ZR 58/07, dass die Patentierbarkeit der beanspruchten Verfahren letztendlich von der Auslegung des Art. 6(2)(c) der Richtlinie abhängt (insbesondere was eine „Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken“ darstellt). Ferner definiere die Richtlinie den Begriff „Embryo“ nicht [2]. Ein Patentierungsausschluss gemäß §2(1) PatG könne jedoch nicht vorliegen, wenn wenigstens ein legaler Weg zur Verwertung der geschützten Lehre existiere, wie zum Beispiel solche, die über das Stammzellgesetz explizit erlaubt sind [3]. Der BGH legte dem EuGH die folgenden Fragen vor:

Die Autoren Dr. Franz Josef Zimmer ist Partner bei Grünecker. Er ist zugelassener Patentanwalt seit 1993, European Patent Attorney seit 1995 sowie European Trademark Attorney seit 1996. Zimmer diplomierte in Biochemie 1985 in Tübingen und promovierte im Jahr 1989 an der Ludwig-Maximilians-Universität München in Immungenetik. Er ist Mitglied in verschiedenen juristischen Gesellschaften sowie der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM) und der Redaktion des Biotechnology Law Reports (BLR). Dr. Benjamin Quest ist seit 2006 als Patentsachbearbeiter der Biochemie-Abteilung bei Grünecker tätig. 1998 schloss er sein Studium der Diplom-Biologie an der Universität Kassel ab. 2003 wurde er am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Es folgten verschiedene Postdoc-Aufenthalte in Paris und Genoble. Derzeit befindet sich Quest in Ausbildung zum European Patent Attorney.

1. Was ist unter dem Begriff „menschliche Embryonen“ in Art. [6(2)(c)] der Richtlinie 98/44/EG zu verstehen? a) Sind alle Entwicklungsstadien menschlichen Lebens von der Befruchtung der Eizelle an umfasst oder müssen zusätzliche Voraussetzungen wie zum Beispiel das Erreichen eines bestimmten Entwicklungsstadiums erfüllt sein? b) Sind auch folgende Organismen umfasst: (1) unbefruchtete menschliche Eizellen, in die ein Zellkern aus einer ausgereiften menschlichen Zelle transplantiert worden ist; (2) unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind? c) Sind auch Stammzellen umfasst, die aus menschlichen Embryonen im Blastozystenstadium gewonnen worden sind? 2. Was ist unter dem Begriff „Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken“ zu verstehen? Fällt hierunter jede gewerbliche Verwertung im Sinne des Art. [6(1)] der Richtlinie, insbesondere auch eine Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung? 3. Ist eine technische Lehre auch dann gemäß Art. [6(2)(c)] der Richtlinie von der Patentierung ausgeschlossen, wenn die Verwendung menschlicher Embryonen nicht zu der mit dem Patent beanspruchten technischen Lehre gehört, aber notwendige Voraussetzung für die Anwendung dieser Lehre ist, a) weil das Patent ein Erzeugnis betrifft, dessen Herstellung die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen erfordert, b) oder weil das Patent ein Verfahren betrifft, für das als Ausgangsmaterial ein solches Erzeugnis benötigt wird?“ Die Antworten des EuGH lauten: 1. Art. [6(2)(c)] der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen ist wie folgt auszulegen: – Jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an, jede unbefruchtete menschliche Eizelle, in die ein Zellkern aus einer ausgereiften menschlichen Zelle Itranskript I Nr. 1-2 I 18. Jahrgang 2012

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transplantiert worden ist, und jede unbefruchtete menschliche Eizelle, die durch Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden ist, ist ein „menschlicher Embryo“. – Es ist Sache des nationalen Gerichts, im Licht der technischen Entwicklung festzustellen, ob eine Stammzelle, die von einem menschlichen Embryo im Stadium der Blastozyste gewonnen wird, einen „menschlichen Embryo“ im Sinne von Art. [6(2)(c)] der Richtlinie 98/44 darstellt.

Jahr 2005 zu diesem Punkt stellt fest [5], dass der Gesetzgeber – aufgrund der unterschiedlichen Anschauungen auf diesem Gebiet – mit der Richtlinie keine Vereinheitlichung in diesem spezifischen Punkt angestrebt hat, und es stattdessen den nationalen Gerichtsbarkeiten überließ, Patente auf Gegenstände, die wider die guten Sitten sind, auszuschließen. Der EuGH gibt hier nun eine verbindliche und restriktive Auslegung vor.

Frühestmöglicher Zeitpunkt 2. Der Ausschluss von der Patentierung nach Art. [6(2)(c)] der Richtlinie 98/44, der die Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken betrifft, bezieht sich auch auf die Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung, und nur die Verwendung zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken, die auf den menschlichen Embryo zu dessen Nutzen anwendbar ist, kann Gegenstand eines Patents sein. 3. Eine Erfindung ist nach Art. [6(2)(c)] der Richtlinie 98/44 von der Patentierung ausgeschlossen, wenn die technische Lehre, die Gegenstand des Patentantrags ist, die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen oder deren Verwendung als Ausgangsmaterial erfordert, in welchem Stadium auch immer die Zerstörung oder die betreffende Verwendung erfolgt, selbst wenn in der Beschreibung der beanspruchten technischen Lehre die Verwendung menschlicher Embryonen nicht erwähnt wird. Der EuGH hat ein sehr frühes Entwicklungsstadium festgelegt, welches als menschlicher Embryo anzusehen ist; die Frage, ob alle Entwicklungsstadien als Embryo anzusehen sind, hat der EuGH jedoch nicht beantwortet. Somit ist nicht klar, welche späteren Entwicklungsstadien als menschlicher Embryo gelten. In seiner Begründung für die breite Auslegung des Begriffes „menschlicher Embryo“ verwies der EuGH auf die Erwägungsgründe der Richtlinie, die wiederholt auf den Schutz der Menschenwürde hinweisen. Diese Auslegung erscheint jedoch zweifelhaft. Erstens ignoriert der EuGH die Absicht des Gesetzgebers, die Forschung auf dem Gebiet der Biotechnologie zu fördern (Erwägungsgründe 17 und 18, s. a. „Stem Cell Patents: European Patent Law and Ethics Report“ [4]). Die Entscheidung ist auch dahingehend restriktiv, dass eine Verwendung in der Forschung als industrielle oder kommerzielle Nutzung angesehen wird (Patent als Verbotsrecht). Der EuGH hinterfragt auch nicht, wieso der Gesetzgeber die Definition des Begriffs „menschlicher Embryo“ möglicherweise offengelassen hat. Ein Bericht der Expertenkommission aus dem

Nicht nur setzt der EuGH das Entwicklungsstadium, welches den Embryo definiert, auf den frühestmöglichen Zeitpunkt, schwerwiegender für die zukünftige Praxis scheint, dass nicht

auf die Menschenwürde darstellt, weshalb sollte eine Verwendung von (zerstörungsfrei gewonnenen) embryonalen Stammzellen einen solchen darstellen? Nimmt man die Schlussanträge des Generalanwalts des EuGH als Auslegungshilfe, kommt man gar zu dem Ergebnis, dass ein jegliches Entwicklungsstadium des menschlichen Körpers als Embryo anzusehen ist [6]. Mit dieser Entscheidung entsteht eine Rechtsunsicherheit für die Patentierung von Gegenständen, die sich in irgendeiner Weise aus einem menschlichen Entwicklungsstadium ableiten lassen. Eine nun offene Frage ist, wann die Verwendung des menschlichen Körpers als Ausgangsmaterial “eine Verwendung eines menschlichen Embryos” ist, welche die entsprechende Erfindung vom Patentschutz ausschließt. Ist die Verwendung fötaler Zellen (aus Nabelschnurblut) im Einklang mit Art. 6(2) (c) der Richtlinie? Oder wann ist eine Verwendung zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken, die auf den menschlichen Embryo anwendbar ist, zu dessen Nutzen?

Diagnostische Verfahren

definiert wird, wann dieses Entwicklungsstadium endet. Dies ist umso bedenklicher im Zusammenhang mit der Antwort auf die dritte Frage, wonach auch ein Gegenstand von der Patentierung ausgenommen ist, der „die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen oder deren Verwendung als Ausgangsmaterial erfordert, in welchem Stadium auch immer die Zerstörung oder die betreffende Verwendung erfolgt, selbst wenn in der Beschreibung [...] die Verwendung menschlicher Embryonen nicht erwähnt wird“. Streng genommen, lässt sich jede beliebige humane Zelle auf einen menschlichen Embryo zurückführen. Gerade weil nicht definiert ist, wann das Embryonalstadium endet, bleibt unklar, welches Produkt aus dem menschlichen Körper beziehungsweise welches Verfahren mit solchen Produkten nicht in Konflikt mit der Ausschlussbestimmung der Richtlinie ist. Zweitens erlaubt die Richtlinie explizit, dass isolierte Bestandteile des menschlichen Körpers patentfähige Gegenstände bilden können. Es ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, weshalb ein Embryo nicht als Quelle für medizinisch wertvolle Produkte herangezogen werden können soll (vorausgesetzt, er nimmt keinen Schaden), während die Richtlinie grundsätzlich den menschlichen Körper als Quelle für wertvolle Bestandteile zulässt. Wenn also die Verwendung von adulten Stammzellen keinen Angriff

Bei der Pränatal- oder Präimplantations-Diagnostik kann zum Beispiel erst das Diagnoseergebnis darüber entscheiden. Wie ist zu entscheiden, ob ein Diagnoseverfahren, welches embryonale Zellen verwendet, durch Art. 6(2) (c) der Richtlinie ausgeschlossen ist, weil es eine Verwendung eines menschlichen Embryos darstellt, oder gewährbar ist, weil es zum Nutzen des Embryos ist? Wie steht es mit einer späteren Verwendung der ES-Zellen auf dasselbe Individuum? Für den Forscher im Labor ändert sich kurzfristig kaum etwas. Absehbar ist aber, dass Firmen, die Stammzellprojekte unterhalten, ihre Investitionen zurückfahren oder gar einstellen werden, da ein „return of investment“ auf diesem Gebiet in weite Ferne gerückt ist. Durch die breite und dennoch unvollständige Definition des Begriffs „Embryo” kehrt der EuGH ein bedeutendes Stück der Intention der Richtlinie, nämlich die Forschung auf dem Gebiet der Biotechnologie zu fördern, zumindest für Teile der Biotech-Industrie um. L

Quellen [1] Entscheidung C-34/10 vom 18.10.2011 [2] Gemäß § 8(1) ESchG [3] Verwertung bezeichnet hier Handlungen nach § 9 PatG [4] SEC (91) 629 and COM (93) 700 final, http:// www.nottingham.ac.uk/~llzwww/StemCellProject/reports.htm Verweis auf COM(85) 310 final [5] (SEC(2005) 943) [6] Siehe Rdn. 119 Itranskript I Nr. 1-2 I 18. Jahrgang 2012

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Schutzrechte

Schnellschutz: die provisorische Patentanmeldung eigene erfindungen provisorisch zum Patent anzumelden, hat einige Vorteile. Neben geringen zusatzkosten ist ein früher Prioritätstag für das Patent damit verbunden. Gerade im kompetitiven Feld der Biotechnologie kann Teil einer Intellectual Property (IP)-Strategie der Wunsch nach einem vorläufigen Schutz von Innovationen sein. Einerseits, weil noch keine abschließende Entscheidung getroffen wurde, ob eine Technologie tatsächlich weiterentwickelt oder vermarktet werden soll. Andererseits kann aber auch kurzfristig die Veröffentlichung einer Erfindung anstehen – sei es durch das eigene Unternehmen oder einen Wettbewerber –, so dass zumindest die Option auf ein späteres Patent gesichert werden muss. In beiden Fällen ist noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen worden, wie die Erfindung geschützt werden soll. Welche Möglichkeiten stehen zur vorläufigen Absicherung einer Erfindung zur Verfügung?

begründet, also der Zeitpunkt der Hinterlegung der Erfindung bei einer Patentbehörde, welcher dann bei einer späteren, „regulären“ Anmeldung in Anspruch genommen werden kann. So ist ein vorläufiger Schnellschutz im Hinblick auf den Erhalt eines Anmeldetags auch in Europa möglich. Derzeit erkennt das amerikanische Patentrecht nicht immer einen Anmeldetag im Ausland als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Patentfähigkeit an [2]. Bei zeitlich überlappenden Anmeldungen, in denen zwei Anmelder eine ähnliche Erfindung in den USA zum Patent anmelden, bekommt die Anmeldung mit dem frühesten amerikanischen Anmeldetag den Vorrang. Aus diesem Grund entscheiden sich einige Unternehmen für eine provisorische Anmeldung sowohl im Heimatland als auch in den USA oder zumindest für eine provisorische Anmeldung in den USA, deren Pri-

orität wiederum in Europa in Anspruch genommen werden kann.

Form und Inhalt der provisorischen Anmeldung Das amerikanische Patentamt schreibt vor, dass die provisorische Patentanmeldung lediglich eine Beschreibung der Erfindung und gegebenenfalls Zeichnungen enthalten muss. Die Anmeldung wird weder geprüft noch recherchiert, und die Angabe von Patentansprüchen ist nicht erforderlich. Diese provisorische Anmeldung kann, muss jedoch nicht die Form einer regulären Patentanmeldung haben. Der Erfinder kann auch den Text zur Veröffentlichung eines Fachbeitrags als Grundlage für die Anmeldung verwenden. Die Beschreibung kann zudem in einer Fremdsprache (Deutsch, Fran-

Provisorische Patentanmeldung in den USA und Europa Seit 1995 besteht in den USA die Möglichkeit, eine sogenannte „provisional patent application“ (provisorische Patentanmeldung) einzureichen. Dadurch kann kostengünstig und schnell beim US-Patentamt eine Erfindung hinterlegt werden, der neben einem Anmeldetag auch eine Anmeldenummer zuerkannt wird. Nach dem Anmeldetag können Erfindungen veröffentlicht werden, beispielsweise in einer Fachzeitschrift oder durch das Anbieten eines Produkts, ohne dass die Chance auf eine Patenterteilung in den USA und den meisten anderen Ländern genommen wird. In Europa sind of fiziell „vorläufige“ Schutzrechte (noch) nicht im Patentgesetz vorgesehen [1]. Allerdings kann in Europa bei einigen Patentämtern eine Patentanmeldung ohne Zahlung der Anmeldegebühren hinterlegt werden. Dadurch erhält man ebenfalls einen Anmeldetag und eine Anmeldenummer. Auch durch diese Hinterlegung wird ein sogenannter Prioritätstag

Die Autoren Dr. Robert Harrison studierte Physik an der Universität Oxford (UK) und promovierte in Elektrotechnik an der Universität Sheffield (UK). Nach drei Jahren beim Europäischen Patentamt begann er die Ausbildung zum Patentanwalt. Nach mehreren Stationen in der Industrie (IBM; W. L. Gore) ist er seit 2000 freier Patentanwalt und berät Unternehmen und Investoren in Fragen des Strategie-Schutzes und der Verwertung von gewerblichen Schutzrechten. Er ist unter anderem auf den Gebieten Biophysik, Bioinformatik und Nanotechnologie tätig. Dr. Harrison ist ein Certified Licencing Professional und wurde in den Kreis der Leading Intellectual Property Strategists aufgenommen. Dr. Sebastian Tegethoff hat an der Universität Göttingen Biologie studiert und am MDC in Berlin promoviert. Neben umfangreicher Beratungstätigkeit im Markenrecht ist er in den Bereichen Biotechnologie und Life Sciences sowie der Medizintechnik tätig. Er war Gründungsvorstand des CONELIS e. V., einem Zusammenschluss von Life Sciences-Beratern. Zudem ist er Lehrbeauftragter am Fernstudieninstitut der Beuth Hochschule für Technik in Berlin für Patent- und Arbeitnehmererfinderrecht.

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zösisch usw.) eingereicht werden. Wesentlich ist, dass die Erfindung hinreichend beschrieben wird. Dies bedeutet, dass die Offenbarung so ausführlich sein muss, dass der Inhalt von Patentansprüchen einer folgenden, regulären Patentanmeldung auch durch die Beschreibung der provisorischen Anmeldung gedeckt ist. Daher ist die Beschreibung für die Umwandlung der provisorischen Patentanmeldung in eine reguläre Anmeldung von erheblicher Bedeutung. Eine spätere, reguläre Anmeldung bekommt die Priorität nur für die Merkmale, welche in der provisorischen Anmeldung vollständig offenbart sind. Die Darstellung sollte daher die Erfindung(en) so detailliert wie möglich beschreiben und auch mögliche Abwandlungen der Ideen enthalten. Sollte ein wesentliches Merkmal der Erfindung übersehen werden, kann zwar dieses Merkmal in der späteren regulären Anmeldung aufgenommen werden, jedoch bekommt das hinzugefügte Merkmal nur den Zeitrang des späteren Anmeldetags.

Gefahr des Widerrufs Sollte in der Zwischenzeit die Idee unter Einbeziehung des hinzugefügten Merkmals vom Erfinder veröffentlicht werden oder durch einen anderen kopiert werden, kann dieses Versäumnis zu Nichterteilung oder Widerruf des regulären Patents führen. Es ist natürlich auch möglich, mehrere Ideen oder Erfindungen in einer einzelnen provisorischen Anmeldung zusammenzufassen, um für alle enthaltenen Erfindungen einen Prioritätszeitpunkt zu erhalten. Somit ist es nur in Ausnahmefällen ratsam, eine provisorische Patentanmeldung als „Kurzversion“ auszuarbeiten, sei es aus Kostengründen oder auch aus Zeitmangel. Grundsätzlich birgt diese Vorgehens-

weise das Risiko, an der falschen Stelle gespart zu haben und mit der provisorischen Anmeldung eben keine prioritätsbegründende Anmeldung eingereicht zu haben, die alle Merkmale oder Merkmalskombinationen hinreichend offenbart.

Nachanmeldung In den USA führt die provisorische Patentanmeldung nicht zu einem erteilten Schutzrecht, und das Patentamt erstellt auch keinen Recherchenbericht. Die provisorische Patentanmeldung muss innerhalb von zwölf Monaten in eine reguläre Patentanmeldung umgewandelt werden. Hierzu sieht das amerikanische Gesetz die Stellung eines gesonderten Antrags und die Zahlung von weiteren Gebühren vor. Die Beschreibung und die Figuren können überarbeitet werden, und Patentansprüche müssen hinzugefügt werden. Erst danach wird die Patentanmeldung wie üblich recherchiert und geprüft. Sofern es sich um eine provisorische US-Anmeldung in einer anderen Sprache als Englisch handelt, muss der Text der provisorischen Anmeldung übersetzt werden, damit die provisorische US-Anmeldung erfolgreich in eine „reguläre“ Patentanmeldung umgewandelt werden kann. Die Schutzdauer der umgewandelten US-Anmeldung bemisst sich nach dem Anmeldetag der provisorischen Patentanmeldung. Eine vorläufige Anmeldung in einem europäischen Land, bei der keine Anmeldegebühren innerhalb der vorgesehenen Frist [3] gezahlt wurden, kann nicht in eine „reguläre“ Anmeldung umgewandelt werden. Der Text aus der vorläufigen Anmeldung kann aber als Basis für eine nachfolgende Patentanmeldung dienen, die zur Erteilung gebracht wird. Solange diese Nachanmeldung

Fallbeispiel Die Problematik der Kurzversion einer provisorischen Patentanmeldung hat ein deutsches Forschungsteam erlebt. Eine Kurzversion der Anmeldung, welche nicht alle Merkmale der Erfindung enthielt, wurde wenige Tage vor der Präsentation von Forschungsergebnissen eingereicht. Erst nach einem Jahr wurde eine Nachanmeldung unter Einarbeitung aller Merkmale ausgearbeitet und eingereicht. Das Patentamt ermittelte eine relevante Veröffentlichung eines anderen Forschungsteams, die vor der provisorischen Anmeldung veröffentlicht wurde und die Merkmale der provisorischen Anmeldung weitgehend offenbarte. Das Forschungsteam hatte aber in der Präsentation nach Einreichen der provisorischen Anmeldung die Erfindung unter Offenbarung aller Merkmale dargestellt. Daher hat das europäische Patentamt auch die Nachanmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass auch die Erfindung der Nachanmeldung nicht neu sei. Die patentbegründenden Angaben in der späteren ausgearbeiteten Anmeldung genossen nur die Priorität des späteren Anmeldetags. Somit wurde trotz provisorischer Anmeldung das Patent in Europa nicht erteilt. In den USA wäre die eigene Vorveröffentlichung im Rahmen der Präsentation unproblematisch, da dort für Veröffentlichungen der Erfinder eine einjährige Neuheitsschonfrist vor dem Tag des Einreichens einer Patentanmeldung gilt.

innerhalb eines Jahres eingereicht ist, bekommen die Merkmale den Zeitrang des Anmeldetags der vorläufigen Anmeldung. Die Erfahrung zeigt, dass eine Überarbeitung des ursprünglichen Anmeldetextes für die Nachanmeldung zu einer Stärkung des Patents führt, da die Erfinder nach einem Jahr häufig ein besseres Verständnis ihrer Ideen haben, diese oftmals weiterentwickelt haben und auch mehr Erfahrung mit der Umsetzung in ein Produkt oder eine Dienstleistung haben. Diese Erfahrungen können in dem überarbeiteten Text Niederschlag finden. Der relevante Zeitrang für diese Ergänzungen in der Nachanmeldung ist dann der Anmeldetag der Nachanmeldung und nicht der Anmeldetag der provisorischen Anmeldung. Die ursprünglichen Merkmale behalten den Zeitrang der provisorischen Anmeldung. In Deutschland oder in Großbritannien ist, sofern eine Gebühr für die erste Anmeldung bezahlt wird, anders als in den USA eine Recherche und sogar deren Erteilung möglich. Der recherchierte Stand der Technik kann dann für eine Nachanmeldung von wesentlicher Bedeutung sein, um den Schutzgegenstand des späteren Patents besser zu definieren und gegen den ermittelten Stand der Technik abzugrenzen. Die wohl kostengünstigste Möglichkeit der Recherche einer Erstanmeldung ist in Großbritannien gegeben.

Doppelanmeldung vorteilhaft Eine Anmeldung im Ausland [4] kann auch die Priorität einer provisorischen Anmeldung – sei es eine US-Provisional oder eine Anmeldung, für die keine Gebühr gezahlt wurde – in Anspruch nehmen. Wesentlich ist, dass ein Anmeldetag und eine Anmeldenummer von einer Patentbehörde vorliegen. Somit bekommt der Anmelder einen vorläufigen Schutz nicht nur in seinen Heimatmärkten. Durch eine Doppelanmeldung in den USA als provisorische Anmeldung und in Deutschland bzw. Großbritannien mit Stellung eines Recherchenantrags ist ein Weg vorgegeben, bei welchem die Vorteile der beiden Systeme kombinierbar sind. L [1]

Es gab einige Gesetzesinitiativen in der Vergangenheit. Das Konzept wurde in Portugal im Jahr 2000 eingeführt. [2] Das Gesetz wird im Jahr 2013 geändert, um eine Harmonisierung mit den Patentgesetzen in anderen Ländern zu erreichen, wonach der Zeitrang der Anmeldung sich immer nach dem Prioritätstag berechnet. [3] 1 Jahr in Großbritannien; 3 Monate in Deutschland; 1 Monat beim Europäischen Patentamt [4] Entweder in der Form einer internationalen (PCT) Anmeldung oder als nationale Anmeldung. Itranskript I Nr. 1-2 I 18. Jahrgang 2012

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„Absichern gegen Kündigung ohne speziellen Grund“ rechtsexperte Peter Homberg über vertragskündigungen und insolvenzfeste verträge

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Herr Homberg, Sie haben gerade für die Scil Technology GmbH einen Lizenzdeal und parallel dazu einen Exit verhandelt. Sind das Ihre gefragtesten Dienstleistungen?

Homberg In der Tat haben wir in den vergangenen Monaten einen erheblichen Zuwachs an Lizenztransaktionen verzeichnet. Der Druck auf „Big Pharma“ ist groß. Auslaufende Patente, relativ wenige neue Eigenent­ wicklungen, Verschärfungen in Zulassungs­ fragen und die Erstattungsproblematik für innovative Produkte haben dazu geführt, dass die großen Pharmakonzerne sich zwischen­ zeitlich interessante neue Entwicklungen bei jungen Biotechnologie­Firmen ansehen. Big Pharma ist, im Gegensatz zu der Situation vor nicht allzu langer Zeit, heute eher bereit, Entwicklungen auch schon in einem frühen Stadium einzulizenzieren, also zum Beispiel gegen Ende der klinischen Phase I oder sogar präklinische Projekte.

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Gibt es aktuell typische Muster oder Strukturen in Lizenzverträgen?

Homberg Der Umstand, dass Technologien und Projek­ te in einem sehr frühen Entwicklungsstadium einlizenziert werden, hat Auswirkungen auf die Strukturen der Lizenzverträge. Die so­ genannte „No Cause Termination“, also die Kündigung des Lizenzvertrages egal aus welchem Grund durch den großen Pharma­ partner als Lizenznehmer, ist hierbei ein zu­ nehmend wichtiger Punkt in Verhandlungen. Aber auch die Modalitäten der Lizenzge­ bührenzahlungen haben sich in jüngster Vergangenheit verändert. Der Lizenznehmer ist heute in aller Regel weniger bereit, hohe Abschlagszahlungen zu leisten. Die Tendenz geht zu „backloaded deals“ mit hohen Meilenstein­ und Lizenzgebühren­ zahlungen in fortgeschrittenen Stadien des Projekts oder der Kommerzialisierung.

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Worauf muss der Lizenzgeber achten? Was muss vor der Unterschrift sichergestellt werden?

Homberg Aus Sicht des kleineren Partners als Lizenzgeber ist darauf zu achten, dass im Falle der Kündigung des Lizenzvertrags durch den Pharmapartner der Lizenzgeber in die Situation versetzt wird, mit einem anderen Unternehmen die Entwicklung fortsetzen zu können. Hierzu gehört etwa die Übertragung oder Zurverfügungstellung aller wichtigen Daten und Ergebnisse, die während der Entwicklung bis zur Ausübung der Kündigung generiert worden sind. Nur so hat das kleinere Unternehmen überhaupt die Möglichkeit, die Technologie mit einem anderen strategischen Partner aufzunehmen und weiterzuentwickeln, soweit dies technologisch sinnvoll erscheint.

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Peter Homberg ist Rechtsanwalt und Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff und leitet das Frankfurter Büro sowie die Life Sciences Practice. Seine Schwerpunkte sind Forschungsvereinbarungen und Kooperationsverträge, Cross-Border IP Licensing, IP Strategies sowie M&A-Transaktionen.

Und worauf sollte der Lizenznehmer achten?

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Nach wie vor stellt eine mögliche Insolvenz des kleineren Unternehmens als Lizenzgeber eine Gefahr dar. Nach dem deutschen Insolvenzrecht hat der Lizenznehmer keinen Anspruch auf Fortführung des Lizenzvertrags und kann Gefahr laufen, dass seitens des Insolvenzverwalters die Erfüllung des Lizenzvertrags abgelehnt wird. Diesem Risiko sollte der Lizenznehmer durch entsprechende vertragliche Konstruktionen begegnen, um die meist hohen Investitionen im Rahmen der Entwicklung einer Technologie, die zu einem so frühen Zeitpunkt einlizenziert wurde, abzusichern.

Wie sich Lizenzverträge zwischen Biotechnologie­Firmen als Lizenzgeber und größeren Pharmaunternehmen als Lizenznehmer gestalten werden, ist schwer vorhersehbar. Insbesondere, ob wir auch weiterhin in größerem Umfang Einlizenzierungen durch große Pharma­ unternehmen sehen werden, bleibt abzu­ warten. Sicher ist jedoch, dass bei Einlizen­ zierung in einem frühen Stadium der Entwicklung einer Technologie Mechanismen wie die „No Cause Termination“ und eine noch mehr „backloaded“ orientierte Lizenz­ gebührenzahlung enthalten sein werden. Bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber die bereits als Entwurf vorliegende Ge­ setzesänderung der Insolvenzordnung bald umsetzt, damit Lizenzverträge in Deutsch­ L land künftig „insolvenzfest“ sind.

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Wohin geht die Reise? Gibt es Trends in Lizenzverträgen, die sich durchsetzen werden?

p.dieckhoff@biocom.de

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Patentrezept für Wachstum Die aktive Verwertung von forschungsergebnissen bringt Vorteile für alle. Die Biotechnologie boomt. Die Zahl der Patente steigt stetig. Die Lizenzierung extern entwickelter Technologien wird aus Kostenund Effizienzgründen immer wichtiger. Hochschulerfindungen sind für Unternehmen mit und ohne eigene Abteilung für Forschung und Entwicklung (F&E) ein oft übersehener Rohstoff, aus dem sich jedoch mit entsprechender Bearbeitung glänzende Endprodukte schmieden lassen. Seit Abschaffung des Hochschullehrerprivilegs sind Hochschullehrer zur Meldung ihrer Erfindungen verpflichtet und Hochschulen zu deren Verwertung berechtigt. Den Zugang dazu vermitteln die Patentverwertungsagenturen (PVA), die den Technologietransfer zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft zielführend vorantreiben. Ziel ist die effektivere Verwertung von Patenten und ein verkürzter Weg von der Idee zum Produkt. Auch die Biotech-Branche profitiert davon.

Mit PVAs erfolgreich verwerten Bundesweit haben sich Patentverwertungsagenturen (PVAs) zur professionellen Patentverwertung etabliert. Diese sind im Regelfall keine ausgelagerte Abteilung der Hochschulen, sondern eine externe Einrichtung. Spezialisiert auf Bewertung, Patentierung und aktive Verwertung von Hochschulerfindungen, fungieren sie als Schnittstelle und Moderator zwischen Wirtschaft, Hochschulen und Forschern. Nachhaltige Partnerschaften sind das Ziel. PVAs erleichtern der Industrie den Zugang zu einem großen Pool an lizenzfähigen Hochschulerfindungen. Die 22 PVAs sind über die TechnologieAllianz vernetzt, deren „Invention Store“ den Patentfundus von mehr als 200 wissenschaftlichen Einrichtungen erschließt (www.technologieallianz.de). Die Nutzung von Hochschulpatenten ist durchaus attraktiv. Welches Unternehmen auf der Suche nach dem nächsten Blockbuster träumt nicht von einer F&E-Abteilung mit zehntausenden Wissenschaftlern, deren Forschungsarbeit nicht fortlaufend, sondern erst nach einer erfolgreichen Erfindung bezahlt werden muss und die mit frischem und interdisziplinärem Blickwinkel neue oder verbesserte Technologien entwickeln?

Die Autoren Alfred Schillert ist Geschäftsführer der PROvendis GmbH in Mülheim an der Ruhr, einer Patentvermarktungsgesellschaft von 27 Hochschulen in Nordrhein-Westfalen. Der Diplom-Ingenieur war zuvor sowohl bei einer Beratungsgesellschaft für den Bereich Technologiemarketing als auch bei einem Hightech-KMU als Prokurist für den Bereich Marketing und Vertrieb zuständig. Dr. Jürgen Walkenhorst ist Teamleiter für Life Sciences bei der PROvendis GmbH. Zuvor war er zwei Jahre Projektmanager bei der Wiener Austria Wirtschaftsservice GmbH und ein Jahr Patentreferent bei Baxter (Wien). Weitere Karrierestationen umfassen die Position als Patentmanager bei der Heidelberger Cellzome GmbH. Walkenhorst promovierte am MPI für Entwicklungsbiologie in Tübingen.

Die Carolus Therapeutics Inc., ein BiotechUnternehmen aus San Diego, USA, wollte nicht träumen, sondern nutzte das Potential deutscher Hochschulerfindungen. Carolus ist darauf spezialisiert, Medikamente zu erforschen und weiterzuentwickeln, die Entzündungen verhindern. Prof. Dr. Christian Weber und seine Mitarbeiter des Universitätsklinikums der RWTH Aachen haben einen Peptidantagonisten zum Schutz vor Arteriosklerose entwickelt, der anstatt der bisher bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems eingesetzten Medikamente eine nebenwirkungsarme Behandlung zur längerfristigen Prävention ohne Blutungsrisiko verspricht. Die PROvendis GmbH als zuständige PVA hat die Erfindung für die RWTH Aachen schutzrechtlich gesichert, den Lizenzvertrag verhandelt und abgeschlossen. Begleitet wurde der Prozess sowohl von präklinischen Entwicklungen in den Labors der RWTH Aachen als auch von Kooperationsgesprächen zwischen der PVA, Erfindern, Carolus und deren VC-Partnern. Viele toxikologische Tests und mehrere Millionen Dollar später werden nun die Zulassung des Wirkstoffs bei den entsprechenden Zulassungsbehörden und die klinische Entwicklung vorbereitet. International erteilte Patente liegen vor. Spätestens ab der klinischen Phase III soll ein weiterer Pharma-Partner mit ins Boot geholt werden. Diese transparent und zentral koordinierte Lizenzierung ist ein Erfolg für

alle. Die Erkrankten profitieren, Carolus hat ein zukunftsweisendes Produkt im Portfolio, und die RWTH Aachen sowie deren Erfinder gewinnen einen langfristigen Forschungspartner und generieren Lizenzeinnahmen.

Beispiel NRW Das Beispiel zeigt den erfolgreichen Ansatz des Patentverbundes NRW mit PROvendis als zentraler, landesweiter PVA. 27 Hochschulen und zwei Leibniz-Institute werden von der PROvendis mit Sitz in Mülheim/Ruhr betreut, die Uni Bochum von der Partner-PVA rubitec. PROvendis betreut und vertritt rund 20.000 patentrelevante Wissenschaftler aus dem medizinischen, naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Bereich und ist die größte PVA für Hochschulerfindungen in Deutschland sowie eine der größten Europas. Die Konstruktion als zentrale, landesweite PVA bietet den Vorteil der nötigen Größe, um effiziente Strukturen vorhalten zu können und die nötige kritische Masse an Erfindungsmeldungen zu erreichen. Diese Zusammenhänge betont auch Dr. Manfred Horst, Director Scientific Liaison von Merck Sharp & Dohme (MSD) mit Sitz in Whitehouse Station, N.J., USA: „Wir sind froh, dass es etablierte Strukturen in Deutschland gibt, die für die Hochschulen den Technologietransfer von Schutzrechten betreiben. Es erleichtert Itranskript I Nr. 1-2 I 18. Jahrgang 2012

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uns enorm das Geschäft, nur einen Ansprechpartner zu haben, der das gesamte Projekt koordiniert – bis zum Vertragsabschluss. Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit den Patentverwertungsagenturen.” Nur so ist die fachgerechte Abdeckung aller Fakultäten möglich. Die 16 Innovationsmanager sind Naturwissenschaftler, Ingenieure, Mediziner oder Pharmazeuten. Neben der patentrechtlichen Kompetenz weisen sie langjährige Arbeitserfahrungen in der Wirtschaft auf. Persönliche Kontakte und Kompetenz sind wichtig, Synergien werden so verstärkt, Reibungsverluste verringert. Dr. Michael Hansen, Vice President Business Development & Licensing von Myriad Genetic Laboratories, Inc. in Salt Lake City, USA, führt zu zentralen PVAs aus: „Meiner Erfahrung nach kann die Mitwirkung einer solchen Organisation eine entscheidende Hilfe sein. Voraussetzung dafür ist, dass diese PVAs die eindeutige Befugnis zur endgültigen Verhandlung im Namen der beteiligten Universitäten erhalten, wie wir bei einem jüngst abgeschlossenen Transfer erleben durften …“. Neue Erfindungen zu identifizieren, ist für Unternehmen einfach. Der Kontakt findet über eine persönliche Kontaktaufnahme des Innovationsmanagers statt oder über die PROvendis-Website (www. provendis.info). Zusätzlich gibt es in NRW seit kurzem für Hochschulwissenschaftler Patentscouts als zusätzliche Erstansprechpartner in Patentfragen. Die Kombination einer zentralen PVA mit Ansprechpartnern vor Ort ist ein Modell mit Pilotcharakter. Die PVAs sind Mediator und Motor des Dialogs, sie treten als Vermittler zwischen dem kommerziell orientierten Interesse der Wirtschaft an Alleinstellung und Geheimhaltung und dem Forschungsinteresse der Wissenschaft auf. Dennoch muss der Dialog zwischen den Beteiligten weiter intensiviert und unterstützt werden, weitere Dialogfelder zeichnen sich ab. Nach dem EUBeihilferahmen für Forschung, Entwicklung und Innovation ist auch in F&E-Verträgen ein größeres Augenmerk auf die Bewertung von Forschungsergebnissen notwendig. Wollen Unternehmen die Forschungsergebnisse nutzen, können PVA weiterhelfen, wenn es darum geht, marktübliche Bedingungen zu ermitteln. Viele Erfindungen aus Hochschulen sind in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung. Sie müssen noch bis zum Proof of Concept oder einem Prototypen weiterentwickelt werden, um den Unternehmen die Investitionsentscheidung in die Technologie zu erleichtern. Hilfreich wäre eine kontinuierliche Prototypenförderung durch Bund oder Land, wie es bereits in einigen Bundesländern oder Pilotprojekten getestet wird. Technologietransfer mit Schutzrechten aus den Hochschulen ist ein attraktives Modell für alle Beteiligten. Der Versuch lohnt sich. L

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Österreich

Das BiopatentMonitoring-Komitee Die Auswirkungen der eU-richtlinie zum schutz biotechnologischer erfindungen auf Wirtschaft und Forschung bewertet in Österreich das Biopatent-Monitoring-Komitee. Um schädliche Auswirkungen des Einsatzes der Gentechnik an der Gesundheit des Menschen einerseits und an der Umwelt andererseits möglichst zu verhindern, wurde 1994 vom österreichischen Nationalrat das Gentechnikgesetz erlassen. Eines der Ziele des Gentechnikgesetzes ist die Förderung der Anwendungen der Gentechnik zum Wohl des Menschen durch die Festlegung eines rechtlichen Rahmens für deren Erforschung, Entwicklung und Nutzung. Im Gentechnikgesetz werden vor allem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen in geschlossenen Systemen, die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen, das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die aus gentechnisch veränderten Organismen bestehen oder solche enthalten, sowie die Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt. Da für einen Teil der österreichischen Bevölkerung das Gentechnikgesetz zu stark begrenzt war und die damals in Vorbereitung befindliche EURichtlinie zum Schutz biotechnologischer Erfindungen mit großer Skepsis und Zurückhaltung beobachtet wurde, wurde im Frühjahr 1997 das sogenannte Gentechnik-Volksbegehren durchgeführt, bei dem unter anderem ein Patentierungsverbot auf Lebewesen, inklusive Pflanzen und Tiere, eingefordert wurde.

Biopatentrichtlinie in Österreich beobachtet und bewertet. Das Biopatent-Monitoring-Komitee nahm schließlich, unmittelbar nach Inkrafttreten der Biopatentrichtlinie in Österreich, am 10. Juni 2005 seine Arbeit auf. Im Rahmen einer am 16. Dezember 2009 kundgemachten Novelle zum österreichischen Patentgesetz, wurde das Biopatent-Monitoring-Komitee, dessen Aufgaben und dessen Zusammensetzung gesetzlich verankert (§166ff österr. Patentgesetz). Bis zu diesem Zeitpunkt handelte das Biopatent-Monitoring-Komitee ausschließlich im Auftrag des österreichischen Nationalrats. Das Komitee besteht aus Vertretern unterschiedlicher Ministerien, Kammern und Interessensvertretungen, inklusive Konsumentenschützern und Gewerkschaften, die sich mehrmals jährlich treffen, um die aktuellen Entwicklungen und etwaigen Beobachtungen in Österreich im Hinblick auf den zuvor genannten Auftrag zu diskutieren und zu bewerten. Die Ergebnisse aus diesen Beobachtungen und die daraus resultierenden Bewertungen müssen – gemäß Beschluss des Nationalrats – regelmäßig vom Biopatent-Monitoring-Komitee an den Nationalrat berichtet werden.

Nationales Instrument

Auswirkungen beobachten

Am 16. April 1998 fasste der österreichische Nationalrat einen in Europa einzigartigen Beschluss, einerseits unter Eindruck des äußerst erfolgreichen GentechnikVolksbegehrens, andererseits um den Bedenken der österreichischen Bevölkerung in Hinblick auf die auch in Österreich umzusetzende EU-Richtlinie zum Schutz biotechnologischer Erfindungen entgegenzutreten, ein Biopatent-Monitoring-Komitee zu installieren: ein nationales Instrument, das die Auswirkungen der Umsetzung der

Eine der Hauptaufgaben des Biopatent Monitoring-Komitees besteht darin, die Auswirkungen der in Umsetzung der Biopatentrichtlinie erlassenen österreichischen Rechtsvorschriften zu beobachten, vor allem in Bezug auf – Menschenrechte, Tiere, Pflanzen und ökologische Systeme; – die nationale Erteilungs- und Entscheidungspraxis bezüglich Zwangslizenzen, Einhaltung der Grenze zwischen Erfindungen und Entdeckungen sowie der Einhal-

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Die Autoren Andreas Pföstl ist Patentanwalt in der Kanzlei Sonn & Partner Patentanwälte (Wien) und auf Life Sciences spezialisiert. Er betreut sowohl nationale als auch internationale Mandanten auf sämtlichen Gebieten des gewerblichen Rechtschutzes. Daniel Alge ist ebenfalls Patentanwalt in der Kanzlei Sonn & Partner Patentanwälte ( Wien) und Experte auf dem Gebiet der Life Sciences. Er ist Mitglied des österreichischen Biopatente-Monitoring-Komitees und in weiteren führenden Positionen nationaler und internationaler Vereinigungen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtschutzes aktiv tätig.

tung des Verbotes der Patentierung von Pflanzensorten und Tierrassen; – Konsumentenschutz, Landwirtschaft und Entwicklungsländer; – das Patentierungsverbot auf Verfahren zum Klonen von Menschen und zur Veränderung der menschlichen Keimbahn, auf Verfahren, in denen menschliche Embryonen verwendet werden, und Embryonen selbst, Viehzüchter- und Landwirteprivileg; – forschungs- und wirtschaftspolitische Konsequenzen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Um diese Aufgaben zu erfüllen, wurden drei Arbeitsgruppen „Forschung und Wirtschaft“, „Landwirtschaft und Entwicklungsländer“ und „Gesundheit und Konsumenteninformation“ gebildet, an denen die jeweiligen Vertreter mitwirken. In diesen Arbeitsgruppen werden die Auswirkungen der Biopatentrichtlinie auf die jeweiligen Gebiete beobachtet, bewertet und dokumentiert. Im Hinblick auf die Patentierung biotechnologischer Erfindungen beschränkte der Nationalrat die Aufgabe des Monitoring-Komitees zunächst auf die Beobachtung der Umsetzung der Biopatentrichtlinie im Wesentlichen auf vor dem Österreichischen Patentamt erteilte nationale Patente. Im Zuge dieses Auftrags wurden und werden sämtliche vom Österreichischen Patentamt geprüften und erteilten Patente in Hinblick auf die Vorgaben der Biopatentrichtlinie überprüft. Sollte festgestellt werden, dass ein oder mehrere erteilte Patente gegen die Vorgaben der Biopatentrichtlinie verstoßen, werden diese im regelmäßig herausgegebenen Bericht an den Nationalrat entsprechend erwähnt. Weitere Sanktionen sind seitens des Monitoring-Komitees nicht zu erwarten und rechtlich auch nicht vorgesehen, da dieses offiziell weder einen Auftrag noch die Befugnis hat, gegen die Erteilung von Paten-

ten vorzugehen oder Änderungen derselbigen einzufordern.

Schutzwirkung Bei der bereits zuvor erwähnten Gesetzesnovelle zum österreichischen Patentgesetz wurde die Kompetenz bzw. das Aufgabengebiet des Biopatent-Monitoring-Komitees faktisch erweitert. Gemäß §166, Abs. 1, des österreichisches Patentgesetzes soll das Komitee nunmehr die Auswirkungen der Umsetzung der Biopatentrichtlinie „im Hinblick auf relevante mit Schutzwirkung für die Republik Österreich erteilte Patente und Gebrauchsmuster“ beobachten, bewerten und entsprechend dem Nationalrat berichten. Da diese Definition genau genommen auch unzählige europäische Patente betrifft, die in Österreich validiert wurden, beschränkt sich das Biopatent-Monitoring-Komitee ausschließlich auf die ursprünglich in der Entschließung des Nationalrats vom 16. April 1998 aufgetragene Aufgabe, national vor dem Österreichischen Patentamt erteilte Patente zu beobachten und zu bewerten. Aus diesem Grund wäre es durchaus vorstellbar, dass europäische Patente, die in Österreich ihre Wirkung entfalten und Patentansprüche umfassen, die nicht mit der Biopatentrichtlinie konform sind (trotz der gesetzlichen Verpflichtung des Europäischen Patentamts, die Vorgaben der Biopatentrichtlinie einzuhalten), in den Berichten an den Nationalrat keinen Eingang finden.

Rechtsprechung diskutieren Nichtsdestotrotz werden in den Berichten des Monitoring-Komitees an den Nationalrat für Österreich relevante Entwicklungen und Rechtsprechung des Europäischen Patentamts und des Europäischen Gerichtshofs erwähnt und diskutiert. Der erste Be-

richt des Monitoring-Komitees wurde bereits am 10. Juni 2006, sprich ein Jahr nach Umsetzung der Biopatentrichtlinie in Österreich, ausgefertigt. In diesem Bericht wurden unter anderem die Prüfungsrichtlinien für biotechnologische Erfindungen des Österreichischen Patentamts, deren Erstellung aufgrund der Implementierung der Biopatentrichtlinie in nationales österreichisches Recht nötig war, im Hinblick auf die Biopatentrichtlinie hin geprüft. Dabei wurde festgestellt, dass diese Prüfungsrichtlinien der Biopatentrichtlinie zu 100% entsprechen.

Investitionen gefördert Aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen Implementierung der Biopatentrichtlinie in Österreich und Erstellung des ersten Berichts des Monitoring-Komitees konnten keine signifikanten Änderungen festgestellt werden. Jedoch zeigte sich, dass sich auf wirtschaftlicher Ebene, insbesondere auf der Finanzierungsseite, bereits positive Entwicklungen ergeben haben. Bereits innerhalb eines Jahres nach Umsetzung der Biopatentrichtlinie stiegen die Investitionen und die Anzahl der Mitarbeiter in der österreichischen Biotech-Szene signifikant. Dies ist ein eindeutiger Beleg dafür, dass kleine und mittlere Unternehmen auf diesem Gebiet eine größere Rechtssicherheit im Hinblick auf den patentrechtlichen Schutz ihres größten Kapitals – dem geistigen Eigentum – verspürten. Das Monitoring-Komitee stellte zudem fest, dass sich auch die akademische Forschung an den Universitäten der Kommerzialisierung ihrer Ergebnisse weiter öffnete, ohne dabei auf die für Forscher essentiellen wissenschaftlichen Publikationen verzichten zu müssen. Die negativen Auswirkungen, die im Vorfeld der Umsetzung der Biopatentrichtlinie von mehreren Seiten befürchtet wurden, konnten somit nicht bestätigt werden.

Alle drei Jahre neuer Bericht Nach Herausgabe des ersten Berichts ist das Komitee per Gesetz verpflichtet, alle drei Jahre einen aktualisierten Bericht zu veröffentlichen. Zuletzt wurde im Juni 2009 Bericht erstattet. Dieser zweite Bericht zeigt den Fortgang einer positiven Weiterentwicklung in der Wirtschaft trotz der damaligen Wirtschaftskrise, die speziell die Biotech-Industrie hinsichtlich der Aufbringung von Geldmitteln stark traf. Der nächste Bericht des Monitoring-Komitees wird dem Nationalrat im Juni 2012 vorgelegt werden. L Itranskript I Nr. 1-2 I 18. Jahrgang 2012

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„Boehmert und Boehmert ist eine international ausgerichtete Kanzlei, die im Rechtsgebiet des geistigen Eigentums eine herausragende Stellung unter Deutschlands Kanzleien einnimmt.“ „kanzleien in deutschl and“, aktuelle ausgabe

patentrecht markenrecht urheberrecht wettbewerbsrecht presse- und persönlichkeitsrecht kampagnenberatung

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