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»Bio trotzt der Krise«

Wie geht es mit Bio weiter? Klaudia Atzmüller und Andreas Steidl, beide GeschäftsführerInnen von Ja! Natürlich, über Tierwohl und Klimaschutz, wirksamen Bodenschutz und die wachsende Bedeutung pflanzlicher Alternativen.

Der Biomarkt ist in Bewegung. Während im Osten Österreichs im Vorjahr mehr Bäuerinnen und Bauern auf Biolandwirtschaft umstellten, verzichten im Westen vor allem Mutterkuh- und Milchviehbetriebe zuletzt häufiger auf eine Biozertifizierung. Hat Ja! Natürlich auch langjährige LieferantInnen verloren?

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Andreas Steidl: Wir verlieren keine Partnerbetriebe, weil z. B. die von der EU Bio-Verordnung verlangten Richtlinienpunkte nach vielen Jahren der Übergangsfrist eingefordert werden. Ja! Natürlich setzte bei der Auswahl der Partnerbetriebe von Anfang an darauf, dass die Grundprinzipien von Bio und der artgemäßen Tierhaltung wie verpflichtender

Weidegang, Auslauf und Bewegungsfreiheit im Stall, erfüllt werden. Daher kommen diese Ausstiegsgründe bei uns nicht zum Tragen. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich der Umstieg auf Bio für die LandwirtInnen in den allermeisten Fällen auszahlt. Alle Meilensteine, die wir als Ja! Natürlich schon über die Biostandards hinaus erreicht haben, wurden in enger Partnerschaft mit den Bäuerinnen und Bauern geschafft, mit denen wir teilweise schon seit der Gründung zusammenarbeiten. Ich bin überzeugt, dass jene Betriebe, die in die erforderlichen Umstellungen investieren, dadurch zukunftsfit werden. Bio eröffnet vor allem auch für kleiner strukturierte bäuerliche Betriebe in Österreich eine große Chance.

— Klaudia Atzmüller, Ja! Natürlich

Wie verhalten sich denn die KonsumentInnen im Supermarkt? Halten Sie Bio die Treue?

Klaudia Atzmüller: Die Zahlen zeigen eine anhaltend wachsende Nachfrage nach unseren Produkten – der Sortiments-Anteil von Bio lag im ersten Quartal dieses Jahres wieder über dem des Vorjahres. Der Bioanteil ist stabil bei fast 12 Prozent, ein sehr erfreulicher Wert! Das liegt vor allem daran, dass das Verantwortungsbewusstsein für unseren Planeten und das Interesse und Wissen über die Zusammenhänge heute ungleich größer ist, als bei der Gründung von Ja! Natürlich vor 29 Jahren. Und es wird noch weiter zunehmen. Ebenso die Achtsamkeit bei der Ernährung. Das sind starke Treiber für eine weiterhin hohe Nachfrage im Bioland Österreich. Bio trotzt der Krise, auch weil sich der Preisunterschied zwischen Bioprodukten und den konventionell erzeugten verringert hat. Ja! Natürlich wurde von den gestiegenen Preisen in der Produktion nicht so hart getroffen. Das liegt einerseits an unserem Bekenntnis zur Regionalität – also den geringen Transportwegen. Und andererseits daran, dass die enormen Preissteigerungen durch den Krieg in der Ukraine bei Düngemitteln sich im Biobereich weniger stark auswirken, weil wir ohne fossile Rohstoffe, Kunstdünger und chemisch-synthetische Spritzmittel auskommen.

Häufig wird beklagt, dass sich KonsumentInnen zwar klar für hohe Tierwohlstandards aussprechen, an der Kassa dann aber doch Billigfleisch bevorzugen. Welche Erfahrungen hat denn Ja! Natürlich als Biomarke, die sich seit vielen Jahren für besonders hohe Standards in der Tierhaltung engagiert, in den vergangenen Monaten gemacht?

Steidl: Stimmt, in einigen zentralen Bereichen gehen uns die gesetzlichen Biovorgaben nicht weit genug, vor allem wenn es um das Tierwohl geht. Ja! Natürlich ist daher die einzige Biomarke, die zum Beispiel konsequent auf die Anbindehaltung von allen Tieren verzichtet und garantiert, dass sich die Tiere rund um die Uhr und das ganze Jahr über frei bewegen

BEST OF BOTH WORLDS: MEHR TIERWOHL, MEHR PLANT-BASED

Die Ansprüche ans Tierwohl werden bei Ja! Natürlich laufend erhöht. Aber auch das Sortiment an rein pflanzlichen Produkten wächst laufend. Sieben wegweisende Produkte.

1 Tofu – geräuchert oder natur

Die Sojabohnen für der Tofu von Ja! Natürlich stammt von Wiener Biobetrieben. Eingelegt in Salzlake schmeckt es gebraten wie roh. Das über Buchenholzspänen geräucherte Tofu überzeugt mit intensiver Würze. Eine geschmackvolle vegane Proteinquelle, regional hergestellt, in feinster Bioqualität. Ein sommerlicher Genuss z. B. als falsche saure Wurst mit geschnittenem Zwiebel, Essig und Kernöl.

2 Haferdrink im Mehrwegglas

Vielseitig verwendbar – als vegane Alternative zum Frühstück, in den Kaffee oder als Drink für zwischendurch. Der Biohafer für Ja! Natürlich wächst in Niederösterreich und im Burgenland. Als Haferdrink landet er ungesüßt im nachhaltigen Mehrwegglas.

3 Tomaten und Gurken aus Geinberg

Regional ist gut, bio ist besser – und regionales Bio am besten. Wärme aus dem Boden verlängert am Biohof Geinberg die Saison für die Tomaten und Gurken von Ja! Natürlich vom zeitigen Frühjahr bis in den späten Herbst. Knackig, frisch – und dank Geothermie CO2-neutral im Glashaus gewachsen.

4 Streichfein

Weniger ist mehr, zum Beispiel bei diesem Mischfett aus bester österreichischer Biobutter (80%) und Sonnenblumenöl (20%), ebenfalls aus österreichischer Biolandwirtschaft. Durch seine cremige Konsistenz ist es besonders streichfähig. Pur wie mit Schnittlauch drauf geschnitten – ein streichfeiner Genuss zum Frühstück oder zur Jause.

5 Soja-Faschiertes (vegan)

Wie das neue Soja-Geschnetzelte ist auch das Soja-Faschierte von Ja! Natürlich eine einfach zuzubereitende Eiweiß- und Ballaststoffbasis für Bolognese, Chili, Curry oder andere fantasievolle Gerichte. Es wird einfach in heißer Gemüsesuppe oder Salzwasser eingeweicht, bis es das 3- bis 4-fache Volumen des Trockengewichts erreicht. Anschließend abgeseiht und die überschüssige Flüssigkeit ausgedrückt. Das Biosoja stammt zur Gänze aus Österreich.

6 Faschiertes vom Weidejungrind

Ein Leben, ohne jemals angebunden zu werden, garantierter Weidegang im Herdenverband, muttergebundene Aufzucht von Kalb zum Jungrind und 100 Prozent Biofutter aus Österreich – dieses Fleisch genießt man guten Gewissens.

7 Minutensteak vom Weiderind

Auch hier ermöglicht artgemäße Haltung höchsten Genuss mit gutem Gewissen: Die Weiderinder, von denen die Minutensteaks von Ja! Natürlich stammen, waren keinen Tag in ihrem Leben angebunden, durften im natürlichen Herdenverband leben und auf die Weide –und wurden ausschließlich mit Biofutter aus Österreich gefüttert.

können. Und das erwarten sich unsere KundInnen von einer anspruchsvollen Biomarke wie Ja! Natürlich und bestätigen ihre Treue mit einer konsequent hohen Wiederkaufsrate. Atzmüller: Das Thema Tierwohl ist den ÖsterreicherInnen ein großes Anliegen. In einer ganz aktuellen Studie von Mitte 2022 geben nur 8 Prozent der ÖsterreicherInnen an, dass artgerechte Tierhaltung für die Auswahl von Produkten überhaupt keine Rolle spielt. Somit ist Tierwohl 92 Prozent der ÖsterreicherInnen wichtig. Knapp 30 Prozent wählen immer Produkte aus artgerechter Haltung, auch mit höheren Kosten. 22 Prozent allerdings nur, wenn es nicht mit höheren Kosten verbunden ist. Generell sehen wir einen Trend, weniger Fleisch zu essen, dafür hochwertigeres Fleisch mit höheren Tierwohlstandards.

Gleichzeitig muss man sehen, dass bei Fleisch der Preisunterschied zwischen Bio und konventioneller Ware aufgrund der höheren Haltungskosten größer ist als in anderen Kategorien. Daher ist der Bioanteil bei Fleisch seit jeher geringer als bei Obst und Gemüse oder auch bei Brot und Gebäck. Es ist also nicht überraschend, dass die Menschen in Zeiten, in denen die Haushaltsbudgets angesichts steigender Kosten in allen Lebensbereichen kleiner werden, etwas weniger Biofleisch kaufen. Aber auch insgesamt ist der Fleischkonsum spürbar rückläufig. Achtsame KonsumentInnen essen jetzt weniger, dafür aber höherwertiges Fleisch.

Auch KonsumentInnen, die nicht vegan sind, greifen immer häufiger zu pflanzlichen Produkten. Wie positioniert sich denn Ja! Natürlich bei dieser Entwicklung?

Atzmüller: Genau, die pflanzenbasierte Ernährungsweise ist eine nachhaltige Entwicklung und mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Als Ja! Natürlich sind wir seit jeher gerade für diese wachsende Gruppe an kritischen, ernährungs- und umweltbewussten Menschen da, mit unseren rund 1.100 Produkten in höchster Bioqualität bieten wir neben tierischen Produkten mit höchsten Tierwohlstandards auch ein umfangreiches pflanzliches Sortiment an. Das sind einerseits Produkte, welche per se pflanzlich sind, andererseits erweitern wir unser Sortiment um rein pflanzliche Produkte, die ein direktes Pendant zu tierischen Produkten sind – aktuell sind das bei Ja! Natürlich ca.

60 Produkte. Zum Beispiel der Biotofu, der als echter Wiener ein absolutes Highlight ist. Wir haben ihn in den zwei Varianten »Natur« und »Geräuchert« seit Herbst letzten Jahres im Sortiment und was die Verkaufszahlen betrifft, übertrifft er alle Erwartungen. Das Besondere dabei ist, dass die Sojabohnen des Tofus zu 100 Prozent von Wiener Landwirtschaftsbetrieben stammen, es sich bei allen um dieselbe Sorte handelt und die Bohnen jedes Landwirts separat verarbeitet werden. Der jeweilige Wiener Bauer und die Sorte sind auch auf der Verpackung klar ersichtlich. Damit ist dieses Produkt nicht nur ein pflanzenbasiertes Bioprodukt, sondern auch ein 100 Prozent regionales Produkt und somit besonders klimaschonend. Die Räucherung mit Buchenholzspänen in Verbindung mit der Salzlake verleiht dem Tofu einen speziellen würzig intensiven Geschmack. Wir freuen uns besonders, dass solche Innovationen bei unseren KundInnen so gut ankommen – das ist die Art, wie wir als Biopionier dem Trend zu pflanzenbasierter Ernährung begegnen.

Eine rein pflanzliche Ernährung lässt sich schwer mit dem Kreislaufgedanken, der hinter Bio steckt, vereinen. Weil es meist Weidetiere für Düngung und Nährstoffe braucht. Wie lassen sich denn solch komplexe Zusammenhänge an KonsumentInnen vermitteln, die einfach nur »gute« Produkte kaufen wollen?

Atzmüller: Das ist ohne Frage eine große Herausforderung, die Zusammenhänge zu zeigen und den Menschen Orientierung zu geben! Aber das verstehen wir schon seit der Gründung als eine wesentliche Aufgabe eines Biopioniers und daher kommunizieren wir als Ja! Natürlich sehr intensiv mit den KonsumentInnen – auf allen erdenklichen Kanälen. Gerade was den Klimaschutz betrifft, herrschen viele Mythen vor: Es dominiert etwa immer noch die Vorstellung, eine vegane Ernährungsweise wäre per se die klimaschonendste. Dem müssen wir als Ja! Natürlich hinzufügen, dass die Art, wie und wo die pflanzlichen Lebensmittel produziert werden, auch entscheidend ist für deren Klima-Impact. 2021 haben wir gemeinsam mit Greenpeace eine Studie beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIbL) in Auftrag gegeben zum Zusammenhang zwischen Lebensmittelkonsum und Klima. Die Studie hat klar gezeigt, dass regio- nales Bio am klimaschonendsten ist – im pflanzlichen Bereich ebenso wie im tierischen. Im Schnitt können dadurch bis zu 31 Prozent der THG-Emissionen eingespart werden. Wenn also jemand mit seiner Ernährung den Klimaschutz unterstützen möchte, dann ist der Verzicht auf Fleisch ein wertvoller Beitrag. Aber noch deutlich besser ist es, wenn die pflanzlichen Produkte aus regionaler Biolandwirtschaft stammen. Für die Aufklärungsarbeit brauchen wir solche Fakten und unabhängige wissenschaftliche Expertise, die dann für die Kommunikation in einfachere Botschaften heruntergebrochen wird. Auf Basis der angesprochenen Studie haben wir zum Beispiel Einkaufsratgeber herausgebracht –wie kann ich klimaschonend einkaufen – für Erwachsene und in verspielterer Form auch für Kinder.

Eine besondere Bedeutung beim Klimaschutz kommt auch gesunden Böden zu. Wo liegen hier die Stärken der Biolandwirtschaft?

Steidl: Gesunde Böden sind das Fundament einer nachhaltigen Landwirtschaft und unserer Ernährung. Bioflächen weisen durch ihre nachhaltige Bewirtschaftung einen durchwegs höheren Humusgehalt auf, der eine bedeutende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielt. Denn ein gesunder Boden kann nicht nur mehr Wasser aufnehmen, sondern auch mehr CO 2 binden. Zusätzlich können gesunde Böden dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen gegenüber extremen Wetterbedingungen zu erhöhen. Daher hat für Ja! Natürlich der Erhalt gesunder Böden hohe Priorität. Biodiversität, vielseitige Fruchtfolgen und Humuserhalt sind essenziell für einen intakten Boden, den wir dringend benötigen, wenn wir und künftige Generationen noch wertvolle Lebensmittel ernten können wollen.

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