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BEWEGUNGSVERWALTUNG

Der Elektroumstieg bei Fahrzeugen, die im Auftrag der Städte unterwegs sind, ist endlich auf Touren gekommen.

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22 Feuerwehr, 133 Polizei und 144 Rettung. Diese Nummern lernt jedes Kind in Österreich auswendig. In Deutschland sind es die 110 für die Polizei und 112 für Feuerwehr und Rettungsdienst. Nummern auf die man sich verlassen können will. Auch in Städterankings spielen nicht nur deren Funktionieren eine Rolle, man will sich auch auf die Müllabfuhr oder den öffentlichen Verkehr verlassen können. Verkehr, Mobilität und Logistik gehören zu den größten Verursachern von Treibhausgas-Emissionen und damit auch das Verkehrsaufkommen der Städteverwaltung. Öffentliche Einrichtungen haben hier eine Vorbildwirkung, können dafür sorgen, dass eine Infrastruktur etwa für alternative Antriebe und deren Lade- bzw. Tanknotwendigkeiten entsteht und müssen gleichzeitig für eine große Ausfallsicherheit sorgen. Aktuell befinden sich viele öffentliche Einrichtungen in einem Umstellungsprozess, in Pilot- und Forschungspro - jekten zur Nutzung von Fahrzeugen ohne Verbrennungsmotor und teilweise auch im Erfahrungsaustausch untereinander.

DIE MÜLLABFUHR SPART BEIM CO2-AUSSTOSS

Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe haben bereits in der Mitte der 1990er-Jahre begonnen mit gasbetriebenen Fahrzeugen zu experimentieren – seit 2002 sind diese regelmäßig im Einsatz. Derzeit verfügen 190 der rund 330 BSR-Müllwagen über Gasmotoren; der Kraftstoff den sie brauchen, kommt seit 2013 aus der eigenen Biogasanlage der Stadt Berlin. Das dort gewonnene Biogas entspricht 2,5 Millionen Litern Diesel pro Jahr, die Stadt hat errechnet, dass die Aufbereitung des Bioabfalls jährlich mehr als 9000 Tonnen CO2 einspart. Und die Stadtreinigung ist dabei ein gutes Beispiel für die hohen Ansprüche an die Fahrzeuge: dazu gehört ein Einsatz bei wechselnden Witterungsverhältnissen, ein Zweischichtbe - trieb bis hin zur SiebenTage-Woche. Oder die Tatsache, dass Müllfahrzeuge nicht nur einen Antrieb brauchen, sondern zusätzliche Motoren, um die Mistkübel anzuheben und auszuleeren oder auch den Müll im Fahrzeug zu pressen. Mit Ende 2020 waren bei der BSR bereits 75 Prozent der PKW und Kleintransporter Elektrofahrzeuge: Kehrmaschinen, Kehrichtsammelfahrzeuge, ein Papierkorbsammelfahrzeug, ein Abfallsammelfahrzeug, Werkstattwagen oder auch Transporter. Parallel zur Elektrifizierung der Nutzfahrzeuge errichtet die BSR auf ihren Liegenschaften eine Ladeinfrastruktur. Seit 2022 geht die BSR noch einen anderen Weg: Manche der neuen dieselgetriebenen Müllfahrzeuge sind zehn Zentimeter schmäler und kommen so leichter durch die Stadt und sollen außerdem Treibstoff und Emissionen einsparen.

Nicht nur die Berliner Stadtreinigungsbetriebe schreiben sich das Motto »Außen orange, innen ›grün‹« auf die Website, ähnlich sieht man das auch in Wien. Hier sind zwei E-Müllautos seit 2019 und 2021 im Einsatz, ein Wasserstofffahrzeug ist seit Mai 2023 im Testbetrieb. Die für den Abfall zuständige Magistratsabteilung 48 berichtet aus der Praxis, dass die neuen Fahrzeuge vor allem leise und emissionsfrei sind, aber dass man auch auf die mit den Technologien in Verbindung stehenden Vorund Nachteile trifft: Das Wasserstofffahrzeug ist noch teurer als das E-Fahrzeug, hat aber kurze Tankzeiten. Beim E-Müllauto reduziert das hohe Batteriegewicht die Nutzlast und lange Ladezeiten verbunden mit kürzeren Reichweiten reduzieren die Flexibilität. Geladen und betankt werden die Fahrzeuge in Wien einerseits mit dem Strom aus den eigenen Photovoltaikanlagen der MA48 (Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark) an 14 Standorten in Wien oder mit grünem Wasserstoff an der

H2-Tankstelle von Wien Energie im 21. Bezirk. In Wien steht die MA48 mit den anderen Magistratsabteilungen im Austausch – auch weil sie zum Teil für den Einkauf des Fuhrparks aller Magistratsabteilungen zuständig ist. Mit anderen Ländern und Städten gibt es auch einen Erfahrungsaustausch, dieser scheint aber generell weniger strukturiert und tief, als man erwarten könnte.

Hoher Energiebedarf

Die Wiener Stadtwerke, ausgelagerte Unternehmen der Stadt Wien wie die Wiener Linien, die Wien Energie, oder auch die Wiener Lokalbahnen sind auch als außerordentliche Mitglieder im Verein Council für nachhaltige Logistik vertreten, in dem unter anderem große Speditionsunternehmen Innovations- und Forschungsprojekte zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs umsetzen. Für Werner Müller, Senior Scientist am Institut für Verfahrens- und Energietechnik an der Wiener boku und Geschäftsführer des Council für nachhaltige Logistik, spielen nicht nur die Technologien eine Rolle, sondern immer wieder auch Flächenwidmung und -planung: »In den letzten Jahren gehen in Wien Logistikflächen verloren und werden in Wohnflächen umgewidmet«, gibt er zu bedenken: »Je weiter weg die Logistikflächen rücken, desto länger werden die Transport- und Verkehrswege.« Einen großen Hebel sieht er in einer zukünftig emissionsfreien Baulogistik und Konzepten wie »Charge everywhere«, also eine neue, dezentrale Infrastruktur für E-Fahrzeuge. Die Clean Vehicles

Clean Vehicles

Directive (CVD) ist eine EU-Richtlinie für öffentliche Auftraggeber. Das klimapolitische Ziel ist es, Busse in den kommenden Jahren weitestgehend auf emissionsfreie Antriebe umzustellen, E-Mobilität anzukurbeln, die Luftqualität in den Städten zu verbessern, sowie Treibhausgase zu reduzieren.

Directive (cvd), eine EU-Richtlinie für öffentliche Auftraggeber zur Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, gibt einen Kurs in Richtung Klimaschutz vor. Seit August 2021 müssen bei Ausschreibungen mindestens 45 % der Busse saubere Straßenfahrzeuge sein, die Hälfte davon emissionsfrei. Sondereinsatzfahrzeuge sind von dieser Richtlinie ausgenom- men – diese haben teilweise pro Tag wenig Kilometerleistung zu erbringen, aber insgesamt mehr Energiebedarf, weil sie für andere Funktionen Energie benötigen oder auch das viele Stehen bleiben und wieder Anfahren mehr Energie braucht.

Bei den Wiener Linien sind dank U- und Straßenbahn bereits 80 % der Öffi-Fahrgäste lokal emissionlos und rein elektrisch unterwegs. Bei den Bussen gibt es gerade eine Umstellung und bis 2025 werden 60 E- und zehn Wasserstoffbusse gekauft. Gerhard Siegl, zuständig für Kraftfahrzeuge bei den Wiener Linien: »Beim Umstieg auf emissionslose Antriebe muss jede Stadt die für sie am besten passende Lösung finden. In Wien testen wir sowohl E- als auch Wasserstoffbusse. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich E-Busse vor allem für flachere Gebiete eignen und H2-Busse auch auf anspruchsvolleren, hügeligen Linien eingesetzt werden können.« Gemeint sind damit in Wien Buslinien in die Erhebungen im Nordwesten wie Grinzing oder Richtung Kahlenberg. Für den Wasserstoff-Bereich läuft die Suche nach passenden Anbietern und Fahrzeugen noch. Im Rahmen des Langzeitforschungsprojekts »HyBus« vernetzt sich Wien mit Graz oder auch dem Zillertal um Erfahrungen über mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen zu sammeln. Der Umstieg auf umweltfreundliche Antriebstechnologien erfordert auch die Entwicklung einer Lade- und Betankungsinfrastruktur. Auf dem ehemaligen Busabstellplatz in Siebenhirten errichten die Wiener Linien bis Ende 2023 ein Kompetenzzentrum für E-Mobilität. Die Busgarage Leopoldau wurde bereits gemein- sam mit den Wiener Netzen und Wien Energie zum Kompetenzzentrum für Wasserstoff weiterentwickelt, in dem H2-Busse betankt, gewartet und repariert werden können. Die Wasserstoff-Tankstelle steht auch allen anderen Betrieben der Wiener Stadtwerke und privaten InteressentInnen zur Verfügung. »Wasserstoff-Busse sind beim sogenannten Fahrfertigmachen, dem Tanken-Waschen-Abstellen, durchaus mit Dieselbussen vergleichbar. Sie werden einmal pro Tag betankt und können dann den ganzen Tag unterwegs sein. Das Lademanagement von E-Bussen ist komplexer. Dieses erfordert ein komplett neues System«, gibt Gerhard Siegl Einblick in die bisherigen Erfahrungen. Die Berliner Verkehrbetriebe BVG erforschen gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin und dem Reiner Lemoine Institut Elektromobilität in der Stadt. Hierfür werden 17 elektrisch angetriebene Gelenkbusse der BVG so ausgerüstet, dass sie besonders schnell geladen werden können, darunter ein vollelektrisch angetriebener 18 Meter langer Gelenkbus. Bis 2030 soll der gesamte Busverkehr auf Elektroantrieb umgestellt werden.

Testfahrzeuge Im Blaulichteinsatz

Die Wiener Rauchfangkehrer bewegen sich seit 2021 teilweise auf E-Lastenfahrrädern, die von der Stadt gefördert wurden. Und wie ist das nun mit Polizei, Rettung und Feuerwehr? In Berlin haben Rettung und Feuerwehr Tests mit Elektrofahrzeugen gestartet, seit April 2023 erprobt die Berliner Feuerwehr einen E-RTW, einen vollelektrisch betriebenen Rettungswagen, für zunächst sechs Monate. Die Wiener Berufsrettung wird zu dem Thema in den nächsten Wochen etwas präsentieren. Rosenbauer, der oberösterreichische Hersteller von Einsatzfahrzeugen und anderen Fahrzeugen für Spezialeinsätze hat nicht nur die Linz AG mit dem ersten vollelektrischen Feuerwehrfahrzeug ausgestattet, sondern ist auch an Projekten der Berliner Feuerwehr zur Erprobung von Elektromobilität im Feuerwehreinsatz beteiligt. Die Berliner Polizei ließ sich im Frühjahr 2023 von BMW mit leistungsstarken E-Rollern CE 04 ausstatten, die auch komplett in einem Werk in Berlin Spandau gefertigt wurden. Insgesamt werden hier derzeit 154 Fahrzeuge mit alternativen Antrieben genutzt, davon 27 rein elektrische, zwei mit Wasserstoff und 19 mit Erdgas. Bei der Wiener Polizei wird gerade die wissenschaftlich begleitete Testung von Elektrofahrzeugen im Rahmen des Forschungsprogramms Kiras (Sicherheitsforschung) vorbereitet, die im viertel Quartal 2023 starten soll und bis Ende 2025 dauert. Dafür wurden verschiedene Polizeiinspektionen in Wien, Niederösterreich, Tirol und Salzburg mit 23 VW-Elektrofahrzeugen ausgerüstet. Von Porsche ließ man sich für ein Jahr einen elektrischen Taycan gratis als Testfahrzeug zur Verfügung stellen. Es wird nun vieles schneller gehen.

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