Berliner Zeitung, Germany, December 2009

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4 Berliner Zeitung · Nummer 284 · 5./6. Dezember 2009 R .........................................................................................................................................................................................................................................................................................................

Reise

Hilfe beim Umweltschutz: Mit Meeres­ biologen Korallen zählen im Riff an der Küste von Honduras.

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Forscher auf Zeit

B iosphere E x peditions

Spezielle Veranstalter bieten Reisen an, bei denen Touristen Wissenschaftler bei der Arbeit unterstützen und beobachten können von

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M i rco L o m ot h

ie tauchen nachts auf, schwerfällig kriechen die Schildkröten aus dem Meer auf den Strand. Dann fliegt der Sand, mit den Hinterflossen graben sie Löcher für die Eiablage. „Das kann sehr lange dauern“, sagt Katrin Krzewina. Die Wirtschaftsdozentin war als Freiwillige bei einem Lederschildkröten-Projekt in Costa Rica dabei. Jeden Abend nach Einbruch der Dunkelheit patrouillierte sie den Strand entlang auf der Suche nach den seltenen Tieren, um sie dann zu vermessen, zu markieren und für die Statistik die Eier zu zählen. Die Daten gehen an die Umweltschutzbehörde. Das Projekt an der Nordwestküste Costa Ricas ist eines von rund 60 Earthwatch-Projekten weltweit, bei denen Freiwillige im Urlaub Wissenschaftler bei der Feldarbeit unterstützen.

Mehr als 3 000 Hobby-Forscher buchen jedes Jahr Freiwilligenreisen von Earthwatch. Sie dokumentieren die Fauna der mongolischen Steppe, helfen bei klimatologischen Forschungen am Rande der kanadischen Arktis oder untersuchen die Verwendung von Heilkräutern in kenianischen Dörfern. Doch so spannend sich die Projekte auch anhören, Earthwatch will kein Veranstalter von Abenteuerreisen sein. „Wir verstehen uns vorrangig als Umweltschutzorganisation“, sagt Sprecherin Jane Nijssen. Auch der Erhalt von Kulturgütern ist ein Ziel. In der Toskana zum Beispiel haben Freiwillige dabei geholfen, einen historischen Brunnen zu restaurieren und in South Dakota, einen 26 000 Jahre alten Mammut-Friedhof freizulegen.

Freiwilligenarbeit ist ein wachsendes Segment im Tourismus. „Früher war Volunteering vor allem im angelsächsischen Raum verbreitet. In den letzten Jahren ist die Nachfrage aber auch in Deutschland gestiegen“, sagt Malika Fettak von Biosphere Expeditions. Der Veranstalter bietet „Mitforscherreisen“ zu zwölf Naturschutzprojekten in zehn Ländern. Zum Beispiel ins russische Altai-Gebirge, wo Freiwillige bedrohte Schneeleoparden beobachten. „Auf der Grundlage dieser Arbeit wurde bereits eine erste Schutzzone eingerichtet“, sagt Fettak. Es muss aber nicht gleich Freiwilligenarbeit sein, wenn man sich im Urlaub mit Wissenschaft beschäftigen möchte. Der WWF zum Beispiel bietet seit letztem Jahr Reisen in

Schutzgebiete an, bei denen man nicht aktiv an einem Projekt teilnimmt, aber vor Ort viel darüber erfährt – etwa über die Arbeit mit den Orang-Utans von Borneo oder die Wüstenelefanten in Namibia. Auch der Veranstalter Humboldt Exkursionen bietet Reisen an, bei denen die Urlauber nicht selber forschen müssen, unterwegs aber von Wissenschaftlern der Berliner Humboldt Universität begleitet werden – zum Beispiel auf den Spuren aktueller Klimaforschung durch Norwegen. „Wir wollen so Forschungswissen einem breiteren Publikum zugänglich machen“, sagt Projektleiterin Julia Göhre. Mit einem Teil der Kosten unterstützen die Mitreisenden zudem die Forschungsarbeit der Universität.

Anbieter Unterwegs mit WWF Reisen mit Wissenschaftlern hat unter anderem der WWF im Pro­ gramm. Informationen und Kontak­ te über das Forum Anders Reisen: www.forumandersreisen.de

Weitere Anbieter www.earthwatch.org www.biosphere-expeditions.org www.humboldt-exkursionen.de


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