freundinDonna Germany, 8/2013

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Engagement

Ruhiges Landleben? Alida Gundlach hält es höchstens einen Tag auf dem Sofa, dann will sie wieder „das nächste Tier retten“

Wir machen uns fUr Tiere stark

Sie holen Hunde und Katzen aus Tötungsstationen, bekämpfen Tierseuchen in Afrika, kümmern sich weltweit um Artenschutz: Diese fünf Frauen geben alles, um dem Leid von Tieren ein Ende zu setzen Illustrationen: Marie Emmermann/Skizzomat

„Für die Rettungsaktionen gebe ich meine ganze energie“ Alida Gundlach, 69, lebt mit Mann, sechs Katzen, fünf Enten, vier Schafen, drei Hunden und einer Rehfamilie bei Hamburg. Mit ihrem Verein Tierwork hilft die Moderatorin und Autorin gequälten und verwahrlosten Tieren

Hunde aus ungarischen Tötungssta-

Furchtbar! Aber ich versuche immer, das Positive zu sehen.

tionen befreit. Wie läuft so etwas ab?

Sie sind schon lange im Tierschutz

Energie für die Rettungsaktionen, die sich inzwischen übrigens zu 50 Prozent in Deutschland abspielen.

Wir versuchen, über regionale Tierschützer mit den Betreibern zu reden, und bitten sie um Herausgabe der Tiere. Das klappt in der Regel nur, wenn man die Hunde freikauft – so auch diesmal.

aktiv. Warum haben Sie 2012 einen

Was geschieht dann mit den Tieren?

eigenen Verein gegründet?

Die meisten sind körperlich und seelisch am Ende. Bevor sie in ein neues Zuhause vermittelt werden können, müssen sie erst aufgepäppelt und resozialisiert werden. Dafür arbeiten wir mit Ärzten, Therapeuten, Hundetrainern und Pflegestellen zusammen. Aber das ganze Engagement lohnt sich. Unsere „Ehemaligen“ in ihrem zweiten Leben glücklich zu sehen gibt mir enorm viel Kraft! tierwork.de

DONNA: Sie haben gerade zwei

Texte: Julia Meyer-Hermann, Iris Röll, Claudia Will

Alida Gundlach:

Geht das immer so einfach?

Nein, manchmal ist es zum Verzweifeln. Einmal konnten wir zum Beispiel nur neun von mehr als 300 Tieren befreien, weil wir nicht genug Kapazitäten für alle hatten.

Einige große deutsche Tierschutzorganisationen winken bei mühsameren Einsätzen ab, auch im Kampf gegen die Tötung von Straßenhunden in den Ostblock­ staaten. Man sagte mir, wenn nur wenige Tiere gerettet werden könnten, lohne sich der Aufwand nicht. Das fand ich ungeheuerlich, denn für mich zählt jedes Tierleben. Und deshalb gebe ich meine ganze

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Engagement „Artenschutz ist alles andere als spektakulär“ Malika Fettak, 47, hat ihren Marketing-Job aufgegeben, um das deutsche Büro des Vereins Biosphere Expeditions zu übernehmen. Jetzt leitet sie jedes Jahr drei Expeditionen mit freiwilligen Helfern

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Artenschutz zum Mitmachen: Malika Fettak organisiert auf Non-Profit-Basis Expeditionen in alle Welt

wei Wochen Urlaub nehmen, dazu bis zu 2000 Euro investieren, um ohne Komfort durch die Wildnis zu streifen und Tierspuren zu suchen. Klingt verrückt? Nicht für all die Menschen, die sich Jahr für Jahr bei der gemeinnützigen Organisation Biosphere Expeditions anmelden – um in ihrer freien Zeit etwas Sinnvolles zu tun. Ob Schottland, Peru, Afrika oder Malaysia – die internationalen Freiwilligenteams unterstützen einheimische Forscher bei deren Arbeit für den Artenschutz. „Das ist“, so Malika Fettak, Leiterin des deutschen Büros, „für die meisten Teilnehmer ein eindrucksvolles Erlebnis, besonders durch den Kontakt mit den Einheimischen und der Natur in Gebieten, die für keinen Touristen zugänglich sind. Man stellt z. B. Kamera- oder Lebendfallen auf, hilft bei Tierzählungen oder sammelt als Taucher Daten über den Zustand von Korallenriffen.“ Vorkenntnisse braucht man nicht, alles Nötige wird vor Ort vermittelt. Malika Fettaks eigenes Engagement begann 2007: Sie stieß im Internet auf Biosphere Expeditions und meldete sich für eine Expedition in den Oman an – auf den Spuren des arabischen Leoparden. „Dieses Erlebnis hat mich begeistert“, erinnert sich die 47-Jährige. „Alle im Team waren voll dabei – unabhängig von Alter oder Vorbildung.“ Fettak kündigte ihren Marketing-Job und übernahm das deutsche Büro der Organisation. Sie leitet drei Expeditionen im Jahr – und freut sich über neue Mitstreiter. biosphere-expeditions.org

Verrückt nach Katzen? Auf jeden Fall! Martina Schmidt fährt Tausende Kilometer, um ihnen ein neues Zuhause zu vermitteln

„Wir haben schon fast 1000 Katzen gerettet“ Martina Schmidt, 40, kümmert sich mit ihrem Verein Katzenherzen um notleidende Tiere in Spanien und Ungarn, denen ein grauenvoller Tod droht. Vor allem für alte und kranke Katzen sucht sie neue Besitzer

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rau Schmidt und ihre Kolleginnen machen Hausbesuche: Ist genug Platz und Geld da? Wissen die zukünftigen Adoptiveltern, was auf sie zukommt? Akribisch kontrollieren sie jeden Interessenten – dabei geht es hier nicht um ein Kind, sondern nur um eine Katze. „NUR eine Katze? Für uns sind das gleichwertige Mitgeschöpfe, die so viel zurückgeben!“, sagt Martina Schmidt, die das Thema sehr ernst nimmt. Vor sieben Jahren gründete sie mit einer Freundin Katzenherzen, einen Verein, der Katzen in Not

rettet und an neue Besitzer vermittelt, Pflegestellen oder Patenschaften sucht. Neben deutschen Notfällen kommen auch viele Katzen aus Spanien oder Ungarn. „Wir haben schon fast 1000 Katzen davor gerettet, vergast, vergiftet oder erschlagen zu werden“, erzählt Martina Schmid. „Selbst in den dortigen Tierheimen herrschen grauenhafte Zustände. Solche Bilder verfolgen mich oft wochenlang.“ In Deutschland werden die Tiere dann für 90 bis 160 Euro abge­ geben. „Die Kosten“, erklärt die 40-Jährige, „fallen natürlich nicht

für die Katze an, sondern für die medizinische Versorgung, Kastration, Impfungen, Erkennungschip und so weiter.“ Um die Tiere zu ihren neuen Haltern zu bringen, organisiert der Verein Fahrtketten quer durch Deutschland – darunter sind Berufspendler ebenso wie Privatleute, die sich anbieten, die felligen Reisenden ein Stück mit­ zunehmen. Freiwillige, so Martina Schmidt, sind immer gesucht – gerne auch als Flugpaten, die eines der geretteten Kätzchen im Gepäck mit in ein neues, glückliches Leben nehmen. katzenherzen.de

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Engagement

„Die Tafel ist mehr als eine kostenlose futterquelle“ Claudia Hollm, 49, gründete 2006 die erste Tiertafel Deutschlands in Brandenburg, mittlerweile ist der Verein bundesweit aktiv. Bedürftige bekommen dort kostenlos Futter und medizinische Hilfe für ihre Tiere Wieso eine Tiertafel – hier muss doch kein Haustier verhungern, oder?

Nicht direkt, aber als ich vor sieben Jahren einen Fernsehbericht über eine Familie sah, die aus finanzieller Not ihren Hund ins Tierheim geben musste, der dann aus Trauer starb, sagte ich mir, dass so etwas nicht passieren darf. Schließlich gibt es für Menschen ja auch Essensausgaben, warum also nicht für Tiere? So habe ich losgelegt – mittlerweile haben wir in ganz Deutschland 21 Filialen. Wie läuft die Verteilung ab?

Turbulent! Für viele Halter und die mitgebrachten Hunde sind die Ausgabetage ein Highlight, ein schönes Wiedersehen von Zweiund Vierbeinern. Man tauscht sich aus und hilft einander. Außerdem verteilen wir neben Futter auch Leckerlis oder Spielzeug. Bei Bedarf vermitteln wir ehrenamtliche Tierarzt-Sprechstunden oder Zusammenarbeit mit Tierheilpraktikern und Hundetrainern. Wie finanzieren Sie das alles?

Nur durch Spenden von Privatleuten und Futtermittelherstellern.

Außerdem haben wir viele Paten und natürlich unsere ehrenamt­ lichen Helfer. Beraten Sie auch die Halter?

Natürlich. Wir sind ja nicht nur Futterquelle, sondern wollen den Tieren ein schönes, artgerechtes Leben ermöglichen. Doch nicht jeder Kunde reagiert positiv auf unsere Anregungen. Manche werden sogar richtig pampig. Aber ich sage meinen Mitarbeitern: Den wirk­ lichen Dank bekommen wir von den Tieren – ihr müsst ihnen nur in die Augen sehen. tiertafel.de

Einsatz in Afrika: Der Verein Tierärzte ohne Grenzen, dessen Geschäftsführerin Beate Hillwig ist, geht dorthin, wo die Not am größten ist

Hilfe für Hund und Halter: Claudia Hollm hat Deutschlands erste Tiertafel ins Leben gerufen

„Wir helfen Nutztieren – und damit den Menschen“ Beate Hillwig, 53, kümmert sich mit dem Verein Tierärzte ohne Grenzen in Ostafrika um Kamele, Rinder oder Ziegen, damit deren Besitzer eine Lebensgrundlage haben – eine Arbeit „frei von jeder Romantik“

Fotos: dpa-picture alliance (1); Getty Images (1)

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or Beate Hillwigs Büro hört man Pferde wiehern, Kühe brüllen, Schweine quieken. „Dieser Lärm zur Fütterungszeit hat mich anfangs ganz schön irritiert“, sagt die 53-Jährige, die ihr Büro auf dem Gelände der Tierärztlichen Hochschule in Hannover hat. Aber die Kulisse passt: „Wir engagieren uns für Menschen in Ostafrika, deren Existenz von ihren Tieren abhängt – im Sudan, in Somalia, Kenia und Äthiopien, wo es oft keine tiermedizinische Versorgung gibt“, erklärt die Norddeutsche ih-

ren Verein Tierärzte ohne Grenzen. Jahrzehnte arbeitete sie im Marketing für verschiedene Unternehmen, „aber ich wollte endlich etwas Sinnvolles in meiner Arbeit sehen“. Seit Anfang des Jahres sorgt sie dafür, dass das Engagement der meist ehrenamtlichen Helfer bekannter wird. Denn Spenden braucht der Verein dringend, auch wenn er nicht mit kuscheligen Löwenbabys werben kann: „Wir schützen Nutztiere wie Kamele, Rinder oder Ziegen vor Seuchen und Krank­ heiten.“ Manchmal müssen jedoch

auch drastische Maßnahmen sein: Wenn Tiere etwa qualvoll zu verenden drohen wie z. B. während der verheerenden Dürre 2011, wird schon mal eine ganze Herde getötet. So können die Besitzer wenigstens noch das Fleisch verkaufen. Diese Vorstellung ist für Beate Hillwig nur schwer zu ertragen. Sie besitzt selbst mehrere Pferde und Katzen, weiß aber auch: „Ich habe großes Glück, dass mein Leben nicht von meinen Tieren abhängt und ich sie einfach nur lieb haben darf.“ togev.de

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