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Ressort
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10 | Oktober 2013
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Abenteuer Hebriden | Robben, Wale, Riesenhaie
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Der Wissenschaftsfonds
Natur
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Hebriden
Auf Walfahrt Die Inselgruppe der Hebriden vor der schottischen Westküste ist ein Tummelplatz der Meeressäuger. An Bord Der Forschungsyacht „Silurian“ kann man Zur Sicherung ihrer Zukunft Beitragen. Als Freiwilliger Helfer. Text: Franziskus von Kerssenbrock
Schweinswal Trotz seiner geringen Größe und seiner Gestalt zählt der Schweinswal nicht zu den Delfinen.
Michael Nolan/RHPL/OKAPIA
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27 Immergrün Die Isle of Skye ist die größte der Hebriden inseln, geprägt von Bergen und Lochs, Wind und Wetter.
Ein Idyll. Möchte man meinen. Doch die Hebriden sind zugleich eines der Zentren der schottischen Lachszucht mit riesigen Fischfarmen; in den Meeresarmen und Lochs reiht sich zudem Lobsterkäfig an Lobsterkäfig, und dann ist da noch die Royal Navy, die ausgerechnet hier Übungsgebiete eingerichtet hat. Für Manöver ihrer U-Boote, für das Testen von Torpedos. Kein einfaches Nebeneinander. Das könnte sich ändern. 2014 wird ein entscheidendes Jahr. Dann befinden Schottlands Regierung und Parlament darüber, ob Teile der Hebriden-See zu einem marinen Schutzgebiet erklärt werden. Aus diesem Grund ist die „Silurian“ unterwegs. Um Daten zu sammeln. Fundierte Aufzeichnungen über Sichtungen von Schweinswalen, Riesenhaien und Schwertwalen. Um ein Kataster über Fischfarmen und Lobsterkäfige anzulegen. Um hieb- und stichhaltige Argumente für ein Schutzgebiet zu sichern. Für die Meeresbiologin Olivia Harries vom Hebredian Whale and Dolphin Trust ist es nach drei Jahren die letzte Fahrt mit freiwilligen Helfern an Bord der „Silurian“. „Die nächsten Monate werden wir damit verbringen, die Daten zu sichten, zusammenzustellen und in einen Bericht an die Regierung zusammenzufassen.“ Sie schluckt. Leicht fällt es ihr nicht, das Leben auf See gegen ein Leben an Land einzutauschen. Doch was sein muss, muss sein. Der Trust arbeitet mit geringem Budget. Ohne freiwillige Helfer, Studenten oder Teilnehmer der Biosphere-Expeditions wäre die Arbeit unmöglich. Der erste Tag an Bord der „Silurian“ dient der Eingewöhnung. Die Kojen sind eng, der Platz ist beschränkt, der Seegang ungewohnt, das Ölzeug noch nicht geliebt (das wird sich ändern, nichts hält Wind und Kälte so gut ab wie Ölzeug). Doch eigentlich interessiert nur, wie man die Meeressäuger und den Riesenhai erkennt. „An ihrer Finne“, erklärt Olivia. „An der Art, wie sie sich durch das Wasser bewegen. Schweinswale rollen durch die Wogen. Man sieht nur ihren Rücken. Delfine und Tümmler >
Möchte man meinen. Doch die Hebriden sind eines der Zentren der schottischen Lachszucht und Übungsgebiet der Royal Navy.
RT Universum ET 02.10.13_Schottland-01.pdf Okapia/imagebroker/Dr. Wilfried Bahnm¸ller
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er Herbst kam früh in diesem Jahr, mit Windstärke 9 von Süd-Südwest fegte er schon Ende August durch die Inselwelt der Hebriden an der Westküste Schottlands. Er wühlte die See auf, brachte Regen mit sich und Kälte. Es ist dann nicht gerade einfach, an Deck der „Silurian“ vorne am Mast zu stehen und zwischen den Wogen, zwischen Gischt und Brechern die Finnen von Schweinswalen auszumachen und zu melden. Oder die von Riesenhaien, von Tümmlern oder gar von Orcas. Doch gerade aus diesem Grund stehen zwei Expeditionsteilnehmer am Mast, gesichert durch eine Leine, und halten sich fest. Durchforsten die aufgewühlte See nach Sichtungen, die sie weitergeben. Sie sind Freiwillige. Im zivilen Leben gehen sie in London, Chicago oder Cambridge ganz normalen Berufen nach. Sitzen in Büros, arbeiten in Spitälern, fallen nicht weiter auf. Jetzt finden sie sich, in Ölzeug gekleidet, mit warmen Handschuhen und Mützen ausstaffiert, auf See wieder. Als Teil eines großen Projekts. Die Hebriden sind eine Welt für sich. Dank ihrer Inseln, der verschiedenen Meereströmungen, die hier aufeinandertreffen, ihrer Abgelegenheit. Und dank ihrer Tierwelt. Zwischen der Isle of Mull und der Isle of Skye tummeln sich so viele Schweinswale wie kaum sonst wo in europäischen Gewässern. Heimisch sind auch Riesenhaie, Planktonfresser wie der Walhai, dem sie an Größe nur um Weniges nachstehen. Minkwale ziehen durch die nährstoffreichen Gewässer. Und Orca. Nicht irgendwelche, sodern eine eigene Gruppe. Die „West-Coast-Community“, neun Tiere, größer als alle anderen Orca dieser Welt, mit einer eigenen Zeichnung, sogar mit einer eigenen „Sprache“ – und eben wegen dieser unfähig mit anderen Artgenossen zu kommunizieren – und deswegen wohl dem Untergang geweiht. Tümmler und gemeine Delfine, Seehunde, Papageientaucher, Tölpel und Kormorane – die sind gleichsam die Zugabe.
Idyllisch
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sind auch Riesenhaie. Planktonfresser wie der Walhai, dem sie an Grรถsse nur wenig nachstehen.
Dan Burton/RHPL/OKAPIA
Heimisch
Selten
Biosphere
Die West-Coast-Community umfasst nur neun Schwertwale – aber die sind weltweit einzigartig.
Routine Die Teilnehmer der Bios phere-Expedition über nehmen klar definierte Aufgaben. Biosphere
COMET vor der Isle of Skye Der Schwertwal oder Orca wird an hand seiner Rückenflosse identifiziert.
tauchen auf, ebenso Orca. Von den Riesenhaien werden wir nur die Rückenflossen sehen – falls wir sie sehen.“ Dieser Vorbehalt ist wichtig. Eine Expedition, eine Forschungsfahrt ist kein „Whalewatching-Trip“. Es geht darum, zu dokumentieren. Den Tieren wird mit Respekt – und Abstand – begegnet. Nicht das Erleben an sich steht im Vordergrund, sondern die Arbeit. In den kommenden Tagen werden die Menschen an Bord noch etwas erkennen. Diese Fahrt ist auch eine Exkursion an die eigenen Grenzen. Privatsphäre gibt es nicht. Es gilt, sich zu arrangieren. Das Leben an Bord funktioniert nur, wenn alle zusammenhalten, untereinander loyal sind. Der tägliche Dienstplan
Universum Magazin 10 | 2013
ist auf Punkt und Strich einzuhalten. Eines muss präzise in das andere übergreifen. Ausnahmslos. „Sighting! Bearing 90 degrees. Distance 100 metres. Heading 30 degrees“, zu Deutsch: „Sichtung! Höhe 90 Grad, Entfernung 100 Meter, Kurs 30 Grad“, solcherart melden sich die Beobachter am Mast. Und nennen noch das Tier. Zumeist den Schweinswal. Doch am zweiten Tag, als die „Silurian“ Kurs auf die Isle of Skye nimmt, sind es keine Schweinswale, die da auftauchen. Es sind – Schwertwale. Drei Tiere der West-Coast-Community. Aquarius, Comet und Lulu. Hektik. Aufregung. Alles stürmt an Bord. Der Computer ist verwaist. Die Disziplin geht >
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32 Abschnitt
33 le. Ursprünglich ist man davon ausgegangen, dass sie immer wieder zu denselben Gebieten zurückkehren. Inzwischen vermuten wir aber, dass sie rund um den Globus wandern. Ein Minkwal, der vor der Isle of Skye gesichtet wird, kann ein paar Monate später vor den Kanaren auftauchen und wieder ein paar Jahre später im Pazifik. Wir wissen im Grunde nichts über sie. Wir wissen nur, dass die Hebriden eines ihrer bevorzugten Gebiete sind.“ Eines mit Fallstricken. Im wahrsten Sinn des Wortes. Die Lobsterkäfige sind über Seile mit Bojen verbunden. Wenn Minkwale sich nun in diesen Seilen verfangen, beginnen sie sich um die eigene Achse zu drehen. Bis sie verschnürt und bewegungsunfähig sind. „Wir hatten einen Fall, bei dem ein Minkwal so eingeschnürt auf dem Rücken zu liegen kam“, erinnert sich Olivia. Das Atemloch war unter Wasser ... Das ist auch nicht im Sinne der Lobsterfischer. „Unser Verhältnis zu ihnen ist sehr gut“, so die Meeresbiologin. „Wir geben ihnen Tipps, wie sie derartige Unfälle verhindern können. Wir beraten auch die Fischfarmen, wenn es um den Schutz ihrer Lachse geht. Seehunde lieben
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Biosphere
Das vermutete globale Migrationsverhalten der Minkwale ist bis heute kaum erforscht.
flöten. Kameras klicken. Nur Skipper James bewahrt Ruhe, ändert den Kurs, folgt nun den drei Schwertwalen. Ihren Rückenfinnen, die wie gewaltige Aufbauten ein ums andere Mal aus dem Wasser auftauchen. Niemand ruft, keiner sagt etwas. Alle schauen nur. Beobachten. Und Olivia strahlt vor Glück. Es ist die erste Sichtung in diesem Jahr. Die „Silurian“ begleitet die drei gut eine Stunde, dann dreht sie ab und geht zurück auf den ursprünglichen Kurs. Die Routine greift wieder. Jeder nimmt seinen Platz ein. Und die Beobachter am Mast melden anstelle von Walen oder Delfinen nun auch wieder die Lage der Lobsterkäfige – erkenntlich an ihren Bojen. Vor ein paar Monaten machte sich John Coe, ein weiteres Mitglied der West-Coast-Comunity auf den Weg an die schottische Ostküste. Prompt wurde die Einzigartigkeit der kleinen Gruppe in Frage gestellt. Für Olivia Harries ist das eine ärgerliche Debatte. Wenn die Besonderheit der Hebriden in Frage gestellt wird, dann auch das Projekt eines Schutzgebietes. „Es ist einfach so, dass wir über Meeressäuger noch immer so gut wie nichts wissen“, erklärt sie am Abend. „Nehmen wir die Minkwa-
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Rätselhaft
Sea Life Surveys/RHPL/OKAPIA
Zielobjekt Minkwale stehen im Fokus der Forschungs fahrten der „Silurian“.
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Biosphere Expeditions ist eine mehrfach preisgekrönte, gemeinnützige Naturschutzorganisation, die es Laien ermöglicht, an echten Forschungsexpeditionen teilzunehmen und so zum Schutz einzigartiger Natur und gefährdeter Tierarten auf unserem Planeten beizutragen. Mit einer Expeditionsteilnahme bieten wir allen die Chance, Zeit und Geld in einen Urlaub mit Sinn zu investieren und tatkräftig mit anzupacken. Trotzdem sind unsere Expeditionen absolut keine Militärcamps nur für Hartgesottene - mit dabei sein kann jeder, der ein bißchen Schulenglisch beherrscht, auch ohne biologische oder irgendwelche anderen Vorkenntnisse, oder besondere Fitness; und Altersgrenzen kennen wir nicht. Die Namibia-Expedition ist nur eine aus einer ganzen Bandbreite wie zum Beispiel Wale auf den Azoren, Schneeleoparden im Altai, Großkatzen am Amazonas oder Korallenriffe auf den Malediven.
rig. So geht es wieder nach Süden. Mit der Flut gegen die Strömung, gegen Wind und Wetter. Das Erstaunliche dabei – niemand wird seekrank. Sichtungen sind unter diesen Umständen indes kaum möglich. Lediglich das Hydrophon nimmt die Laute von Schweinswalen, Delfinen und Shrimps auf. Und dann und wann die akustischen Warnsignale der Lachsfarmen. Die letzten Tage kreuzt die „Silurian“ im „Minke-Whale-Triangle“, südlich der Isle of Rum. Kurz wird das Wetter freundlicher. Wind aus Nordost fegt den Himmel blank (und bringt Kälte mit sich). Doch weder Wale noch Riesenhaie lassen sich sehen. Nach zehn Tagen läuft die Forschungsyacht wieder in den Hafen von Tobermory ein. 366,9 Seemeilen (fast 680 Kilometer) liegen hinter ihr, 28 Sichtungen von 71 Meeressäugern wurden von den Biosphere-Freiwilligen dokumentiert – und über 600 Positionen von Lobsterkäfigen. „Eine erfolgreiche Fahrt“, befindet Olivia. Mit Loch Gairloch wurde ein Gebiet abgedeckt, das heuer noch gefehlt hat. Der Datensatz ist damit dichter. Das bedeutet noch mehr Präzision im Bericht, den Olivia über die nächsten Monate vorbereiten wird. Ω
„Meeresleuchten“ Ein Regenbogen „schmiegt“ sich an die Meeresoberfläche des Inneren Sunds.
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Lachse und brechen die Käfige mit Leichtigkeit auf.“ Nein, die Farmer und Fischer sind keine Gegner. Sie wissen um den Wert der Tierwelt. Problematischer ist da die Sache mit dem Lärm. Mit dem Sonar der U-Boote, der Detonation der Torpedos. Ein Höllenlärm in den Ohren der Meeressäuger. Dazu kommen noch das Stampfen und Schrauben der Fähren und Frachter, die Motoren der Fischtrawler, akustische Abwehrsignale der Fischfarmen – unter Wasser herrscht alles andere als Ruhe. Auch das sollte sich bessern. Falls im nächsten Jahr das Schutzgebiet beschlossen wird. An Bord wird es einstweilen immer rauer. Der Wind frischt auf. Die monotone Stimme des BBC-Shipping-Weather verkündet für den Inneren Sund „South-southwesterly wind, galeforce 9 becoming 10, drizzle becoming rain, poor visibility“. Die britischen Teilnehmer meinen, dass sie das ansonsten am Sonntag in der Früh hören, sich dann noch einmal umdrehen und denken, wie gut es ist, dass sie nicht selbst da draußen auf See sind. Jetzt aber sind sie auf See. Am Loch Gairloch erreicht die „Silurian“ den nördlichsten Punkt der Reise. Von der Querung zu den Äußeren Hebriden sehen Olivia und James ab. Das würde zu rau, ruppig und holp-
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