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Gastkommentar: Nico Schefer

Für einen Wurm im Meerrettich besteht die Welt aus Meerrettich Seit der Zeit, als das Gastronomieangebot aus Mostwirtshäusern und Räuberkrügen bestand, hat sich einiges getan. Eine der weitreichendsten Veränderungen war wohl die Entwicklung eines Gastronomiezweigs, in welchem Grundprinzipien hinterfragt und Abläufe neu erfunden wurden.

Da dies nicht mehr viel mit traditioneller Zubereitung der Speisen gemeinsam hatte, wurde der Name Systemgastronomie eingeführt, was passend beschreibt, was gemacht wird – Kochen mit System. Lange verteufelt und belächelt, beweist jene Art der Gästeverpflegung jedoch nicht erst seit gestern Potenzial.

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Mit dem Ziel, dem Gast die Annehmlichkeit eines traditionellen Restaurants zu bieten, während Prozesse standardisiert und laufend optimiert werden, schiessen jüngst so genannte Hybridsysteme, eine Mischung aus Individual- und Systemgastronomie, wie Pilze aus dem Boden. Die Zahlen von Aufwand und Ertrag sprechen dabei für sich.

Es lohnt sich also für jeden Gastronomen, seinen Kopf immer mal wieder aus dem Gemüse herauszustrecken, um den Anschluss nicht zu verpassen – gerade in Zeiten wie diesen. Nico Schefer (30) ist

Mitgründer des Start-ups

Prognolite in Winterthur sowie Präsident der Belvoirpark Alumni

Bleiben die Restaurants geschlossen, treffen sich die Menschen anderswo und ohne Schutzkonzepte – wie am letzten Wochenende in Zürich.

Ein zaghafter Öffnungsplan des Bundesrats bei einer drastisch verschlechterten Lage des Gastgewerbes und nur schleppende Härtefallgelderzahlungen durch den Bund: Kein Wunder, kritisiert die Verbandsspitze von GastroSuisse die Landesregierung.

Text und Foto Reto E. Wild GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer und Verbandsdirektor Daniel Borner sind mit ihrer Geduld am Ende. In einer Mail an die 20 000 Mitglieder schreiben sie: «Wir haben es satt! Vor einer Woche sprach der Bundesrat von einem vorsichtigen Öffnungsschritt. Für unsere Branche ist das ein grauenhafter Hohn. Denn das Gastgewerbe muss mindestens bis zum 1. April warten. Erst dann sind, wenn überhaupt, Öffnungen denkbar. Und auch das vorerst nur im Aussenbereich.» Weiter kritisieren Platzer und Borner: «Für unsere Branche ist das furchtbar. Wir werden benachteiligt. Man bestraft uns. Und das zu Unrecht. Denn bis heute gibt es keinen Nachweis, dass die Restaurants ein Ansteckungsherd sind. Im Gegenteil: Unsere Schutzkonzepte funktionieren, Ansteckungen gibt es gemäss BAG kaum.»

«Sicherheitskonzept funktioniert»

Gesundheitsökonom Professor Konstantin Beck von der Universität Luzern kommt in einem achtseitigen Bericht bereits vor Wochen zum Schluss: «Die Frage, ob sich Mitarbeitende im Gastgewerbe häufiger mit Covid-19 infizieren, muss ganz klar mit Nein beantwortet werden.» Daraus könne auch der Schluss gezogen werden, dass das Sicherheitskonzept der Restaurationsbetriebe insofern funktioniere, als dass sich die Mitarbeitenden trotz starker Exponierung vielen Gästen gegenüber kaum anstecken. «Das dürfte auch umgekehrt gelten; das Servicepersonal steckt mit den vorliegenden Schutzkonzepten auch keine Gäste an.»

Dass gemäss Bundesrat in einem ersten Schritt nur Aktivitäten mit geringem Infektionsrisiko wieder zugelassen werden sollen, ist für die Verbandsspitze von GastroSuisse vor diesem Hintergrund erst recht ein Affront. Denn gerade weil nur rund zwei Prozent der Ansteckungen im Gastgewerbe stattgefunden haben, müssten auch die Restaurants Anfang März öffnen. Der vorgelegte Plan, über den der Bundesrat definitiv am 24. Februar 2021 und somit nach Redaktionsschluss entscheidet, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage.

«Wir sind enttäuscht und wütend! Die Vorschläge des Bundesrats sind unverständlich und benachteiligen unsere Mitglieder in höchstem Masse», schreiben Platzer und Borner. Angesichts der epidemiologischen Entwicklung fordern sie einen raschen Ausstieg aus dem Lockdown. «Spätestens Mitte März müssen die Restaurants öffnen können und zwar so, dass ein wirtschaftliches Arbeiten wieder möglich ist. Nur die Terrassen zu öffnen, ist keine Lösung!»

Die gesetzlichen Grundlagen fehlen

GastroSuisse erinnert daran, dass die Betriebe nunmehr innerhalb eines Jahres vier bis gegen sechs Monate geschlossen waren. «Nun drohen weitere Monate des Stillstands. Damit versetzt der Bundesrat der Branche den finalen Todesstoss und verursacht ein wirtschaftliches Leid, das in keinem Verhältnis zum Nutzen im Kampf gegen die Pandemie steht.» Mehr noch: Für den vorgelegten Plan fehlen

die gesetzlichen Grundlagen. Gemäss Artikel 1 Absatz 2bis des Covid-19-Gesetzes ist der Bundesrat verpflichtet, sich bei Massnahmen an Wirksamkeit und Verhältnismässigkeit zu orientieren. Die Nicht-Wirksamkeit des Lockdowns in der Gastronomie zeigt sich an zwei Beispielen: In den Tourismusorten kam es zu keinen Hotspots, obwohl die Hotelrestaurants und teilweise die Terrassen offen waren. In Deutschland ist der RWert vergangene Woche auf 1,01 gestiegen, obschon dort die Betriebe inzwischen seit Monaten geschlossen sind. Wenn die Restaurants nicht geöffnet werden, treffen sich die Menschen ganz einfach privat oder an sonnigen Wochenenden dicht gedrängt draussen.

Die Massnahmen des Bundesrats sorgen dafür, dass sich die wirtschaftliche Situation im Gastgewerbe täglich exponentiell verschärft. «Wir befinden uns – entgegen den Konkurszahlen – mitten in einer Schliessungswelle», heisst es bei GastroSuisse. Gemäss der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) betrachten 59 Prozent der Restaurants und 47 Prozent der Hotels ihre Existenz als stark oder sehr stark gefährdet. Eine GastroSuisse-Umfrage unter 4200 Mitgliedern zeigt zudem, dass die Liquiditätssituation bei praktisch allen Betrieben kritisch ist. Vor Ausbruch der Coronakrise beurteilten 82,6 Prozent der Betriebe ihre Liquidität als gut bis sehr gut. Nun sind es noch 5,5 Prozent.

Ein Flickenteppich mit 26 Regelungen

Damit nicht genug: Die finanzielle Entschädigung von Härtefällen sorgt weiterhin für grosse Ungerechtigkeiten und bringt die versprochene Unterstützung nicht. Von den gesprochenen zehn Milliarden sind bis anhin weniger als 200 Millionen Franken geflossen. Mit ein Grund: Das Parlament und der Bundesrat haben die Umsetzung der Härtefallregelungen auf die Kantone geschoben. Damit sollten diese individuelle Anpassungen zugunsten der spezifischen Bedürfnisse der Unternehmen umsetzen können. Dieses Konzept ist gescheitert, denn der Flickenteppich mit 26 verschiedenen Massnahmen sorgt für grosse schweizweite Ungerechtigkeiten. Während beispielsweise Unternehmen im Kanton Aargau ab einem Umsatzrückgang von 25 Prozent A-fonds-perdu-Beiträge beantragen können, werden alle Unternehmen im Kanton Thurgau in einem ersten Schritt nur mit Darlehen entschädigt. Während im Kanton Glarus maximal 10 Prozent des Umsatzes als A-fonds-perdu-Beiträge ausgezahlt werden, sind es im Kanton Zürich 20 Prozent. «Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen aufgrund seiner Grösse, Betriebsform oder seines Umsatzes je nach Kanton mehr oder weniger entschädigt wird», argumentiert GastroSuisse. Und: «Unternehmen, die nach dem 1. März 2020 gegründet wurden und/oder weniger als 50 000 Franken Umsatz erzielen, müssen ebenfalls härtefallberechtigt sein.»

Fazit: Die politische Linke überbietet sich mit wirtschaftsschädlichen Massnahmen und die Rechte verzögert mit eingebauten Hürden eine sofortige und unbürokratische Auszahlung. Diese Grabenkämpfe machen es für fast alle Branchenunternehmer in Zeiten wie diesen unmöglich, ihren Beruf auszuüben – und schon gar nicht kostendeckend.

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Mit Nachhaltigkeit gegen Schreckensjahr

2020 war für den Tourismus mit einem minus von 40 Prozent bei den Hotellogiernächten ein «Annus horribilis». So tief lag die Zahl letztmals 1950! Nun will Schweiz Tourismus das Land zum Nachhaltigkeitsleader formen.

Text Reto E. Wild Selbst ein Berufsoptimist wie Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus (ST), kann nichts beschönigen: «ST hat 2020 als Jahr des Schreckens in die Geschichtsbücher eingetragen. Die Coronapandemie zwingt den Tourismus in die Knie.» Gesamthaft realisierte der Schweizer Tourismus 24 Millionen Übernachtungen. «Das sind dramatische 40 Prozent weniger als noch 2019 oder 9 Millionen weniger Gäste und 16 Millionen weniger Logiernächte.» So tiefe Zahlen gab es letztmals 1950. Verrückt: Die Ferienländer Deutschland (minus 45 Prozent) und Österreich (minus 48 Prozent) schneiden noch schlechter ab als unser Land. Primär für dieses auch in der Schweiz katastrophale Ergebnis verantwortlich war der fast vollständige Ausfall der Logiernächte ausländischer Gäste (minus 66 Prozent; aus Asien, den Golfstaaten und Ozeanien beträgt das Minus sogar 93 Prozent). Nydegger vergleicht: «Je weiter vom Heimmarkt entfernt, desto düsterer präsentiert sich das Bild.»

Schweizer sorgen für Sommerrekord

Tatsächlich zeigte sich der Heimmarkt mit einem Jahresminus v0n 9 Prozent klar besser, wobei zwischen Juli und Oktober so viele Schweizer wie nie zuvor Ferien im eigenen Land verbrachten: 9 Millionen oder plus 24 Prozent. Durchschnittlich blieben Herr und Frau Schweizer 10 Prozent länger; der Aufenthalt ist von 1,9 auf 2,1 Nächte angestiegen. Profitiert davon haben primär die Bergkantone und das Tessin, denn die Städte müssen für 2020 einen Gästerückgang von brutalen 57 Prozent hinnehmen. Dies obwohl die Monate Januar und Februar 2020 noch kaum von der Coronakrise betroffen waren. Genf, Basel, Luzern und Zürich leiden besonders stark unter dem Ausbleiben ausländischer Touristen. Andreas Züllig, Präsident von HotellerieSuisse, erklärt: «Die historische Leere in den Städten sorgt in der Schweizer Hotellerie für einen Umsatzverlust von 40 Prozent oder 3,4 Milliarden Franken.» Die Hotelauslastungen in Zürich oder Genf betrugen letztes Jahr noch 28 Prozent.

Der negative Trend hält an: Im Januar 2021 hätten die Skigebiete laut Ny-

Übernahme von Saviva

Im Februar haben die Wettbewerbsbehörden der Übernahme der Saviva AG durch die Heba Food Holding AG zugestimmt. Gemeinsam mit der ebenfalls zur Heba-Grup pe gehörenden Traitafina AG und der in Zürich-Wiedikon ansässigen Metzgerei Keller wollen die drei Unternehmen ihre Sy ner gien bündeln.

Neues Hotel mit Direktorin

ZVG

Am 11. Juni wird die Bergwelt Grindelwald eröffnet – das neue Premium Alpine Design Resort der Schweiz. Die Betreiberin, die Swiss Design Collection AG, hat Christine Kretschmer (43) als Direktorin gewählt. Sie war zuvor sieben Jahre für die Frutt Resort AG tätig.

PEOPLE

Max Züst —

Der Direktor von Hotel & Gastro formation Schweiz, Max Züst (64), führt interimistisch die Direktion Bildung/Berufsentwicklung. Diesen Direktionsbereich leitete Martin Schönbächler, der Weggis LU nach knapp zehn Jahren per sofort verlässt. «Über eine allfällige Nachfolge und die zukünftige Form der Leitung dieses Bereichs werden wir zu gegebener Zeit informieren», heisst es in einer Mitteilung. Hotel & Gastro formation Schweiz ist die Dachorganisation der 21 regionalen und kantonalen Organisationen und zählt zu GastroSuisse, HotellerieSuisse und der Hotel & Gastro Union.

Susanne Welle —

Der Vorstand von GastroSuisse hat Susanne Welle die Verantwortung für beide Hotelfachschulen des Verbands übertragen und damit auch die Vakanz an der Spitze der Hotelfachschule Belvoirpark HF per 1. März geregelt. Seit 1. November 2020 zeichnet Welle bereits verantwortlich für die Leitung der Ecole Hôtelière de Genève ES. Zuvor arbeitete sie unter anderem für die Swiss Hotel Management School, im Glion Institute of Higher Education und an der damals neu gegründeten Hotelfachschule Vatel Schweiz, welche sie stetig weiterentwickelte.

Schweiz Tourismus / ZVG

Schweiz Tourismus möchte unser Land zum Nachhaltigkeitsleader wandeln. Gefragt sind auch Ideen von GastroSuisseMitgliedern (im Bild: die Fafleralp im Lötschental).

degger 38 Prozent weniger Umsatz erzielt, die Sportferien 18 Prozent weniger Übernachtungen in Hotels und Ferienwohnungen generiert. Besonders stark leiden die Hotels, denn Ferienwohnungen legen tendenziell eher zu.

Martin Nydegger wäre jedoch nicht Martin Nydegger, wenn er selbst in diesen für den Tourismus so schwarzen Zeiten nicht positive Zeichen sehen würde: «Ab Frühling/Frühsommer erwarten wir die ersten zurückkehrenden Gäste aus den Nahmärkten, ab Herbst Amerikaner und Asiaten – eine günstige epidemiologische Lage vorausgesetzt.» Diese Gästeströme werden, so Nydegger, allerdings «überschaubar» sein.

«Wir starten mächtige Bewegung»

Zuversichtlich zeigt sich der Tourismuswerber über die neueste ST-Offensive: «Wir starten eine mächtige Bewegung und werden uns vom versteckten Champion zum weltweiten Nachhaltigkeitsleader wandeln.» «Swisstainable» heisst das Zauberwort. Dabei handelt es sich um eine Nachhaltigkeitsstrategie von ST und der gesamten Tourismusbranche inklusive GastroSuisse. Die Mitglieder des Verbands sind also mit Ideen gefragt.

Nydegger sagt: «Die Schweiz verfügt über unzählige nachhaltige Tourismusangebote und rangiert bei internationalen Nachhaltigkeitsrankings immer auf Spitzenplätzen. Dies wurde im Marketing bisher aber kaum genutzt.» Und weiter: «Wenn wir etwas gelernt haben, dann, dass wir künftig unsere Stärken

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noch selbstbewusster ausspielen müssen. Und der nachhaltige Tourismus ist unbestritten eine davon. Swisstainable löst eine Nachhaltigkeitsbewegung aus, die auch unsere Gäste mittragen werden.» Ab Mai 2021 soll es losgehen. «Mitmachen können alle, die den nachhaltigen Reisegedanken weitertragen wollen.»

Thomas Bissegger —

Der Spitzenkoch Thomas Bissegger (34) verliert seinen Job: Das Zürcher Restaurant Lagonda 1904 gibt bekannt, es bleibe «infolge des aktuellen Öffnungsverbots der Restaurants und der Unsicherheit, wann der Restaurantbetrieb wieder aufgenommen werden kann, bis auf Weiteres geschlossen». Bissegger, JuniorenWeltmeister mit der Kochnati 2007 und 2010, bescherte dem Betrieb, der im Juni 2019 eröffnete, einen MichelinStern und 16 GaultMillauPunkte. Laut den LagondaInvestoren sollen wieder Events durchgeführt werden, sobald dies möglich sei – allerdings ohne Bissegger.

Michéle Müller —

Sie ist die erste weibliche Küchenchefin in einem Schweizer Luxus hotel: Michéle Müller (39) wird als Executive Chef die Küchenbrigade im Kempinski Palace Engelberg OW führen, das im Mai eröffnet. Die Berlinerin war zuletzt Executive Sous Chef im Berliner Hotel Adlon, davor führte sie ihre Karriere weltweit durch Fünfsternehotels in Irland, Italien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie kennt auch die Schweiz. Müller wirkte von 2000 bis 2002 als Chef de Patisserie im Grand Hotel Kronenhof in Pontresina GR und von 2008 bis 2009 als Sous Chef im Ferienart Resort & Spa in Saas Fee VS.

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Dave Wälti —

Ein weiterer talentierter Jungkoch verlässt seinen Job: Dave Wälti (32) gibt seine Stelle als Küchenchef der Bistrobar des Casino Bern auf. «Anfang Februar bekam ich überraschend ein internes Angebot für eine neue Stelle, die allerdings nicht gleichwertig zu meiner bisherigen Anstellung war», begründet Wälti den Abgang. Der beste Schweizer Jungkoch 2016 («Marmite») ist seit September 2019 beim Casino Bern angestellt. «Vorerst werde ich mich auf meine neue Rolle als baldiger Familienvater konzentrieren und mich zeitgleich nach einer neuen Herausforderung umsehen.»

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