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GLOSSE DIE FLOW-BRECHER
Genau im falschen Moment machen sie den falschen Schritt in die falsche Richtung. Oder sie erschrecken sich zu Tode. Wandernde Zeitgenossen richtig zu überholen, ist nicht einfach.
Der Weg ist eigentlich breit und ausladend. Ich laufe an zwei älteren Damen vorbei. So weit Abstand haltend, wie es nur geht. Mindestens einen Meter. Beide zucken zusammen. Eine der beiden schreit sogar kurz auf. Es ist bei weitem nicht das erste mal, dass ich Wanderern einen gehörigen Schreck einjage, nur weil ich an ihnen vorbei laufe. Die Trails werden voller. Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber seit Corona scheint mir das Wandern und das „in die Berge gehen“ ein Volkssport geworden zu sein. Immer öfter muss ich mich an Outdoor Enthusiasten vorbei drücken. Trotz knapp zehnjähriger Trailrunning Erfahrung habe ich noch immer nicht den richtigen Weg gefunden, langsamere Weg-Genossen zu passieren. Rufe ich „Vorsicht“ oder „Achtung“, sehen sie mich zwar kommen, aber sind so verwirrt, dass sie nicht wissen wohin sie ausweichen sollen. Nach einigen Antäuschmanövern nach rechts oder links, entscheiden sie sich im letzten Moment genau für die Seite an der ich vorbei laufen möchte. Eine Kollision kann nur durch abruptes Abbremsen verhindert werden. Dabei wäre es doch so einfach: Trailrunner ruft, Wanderer dreht sich um, ist vorbereitet und bleibt einfach stehen, wo er sich gerade befindet, sodass man vorbeilaufen kann. Aber das wäre wohl wirklich zu simpel. Stattdessen wird selbst auf breiteren Wegen nervös nach einer Stelle zum Ausweichen gesucht, als wenn man einen tonnenschweren SUV statt eines 60 Kilo schweren SpargelAthleten durchlassen müsste. Ich habe daher festgestellt, dass es für mich am einfachsten ist, wenn sie mich nicht bemerken und einfach weiterlaufen. Das ist berechenbar und ich kann am Rand des Weges oder Off-Trail vorbei huschen. Ich ging also dazu über, mich nicht mehr anzukündigen. Klappt gut, hat nur den großen Nachteil des schon erwähnten Schocks, den ich jedes mal auslöse. Die Goldlösung scheint dies also auch nicht zu sein, schließlich will ich nicht irgendwann für einen Herzinfarkt verantwortlich gemacht werden. Ja ich weiß, ich könnte auch einfach abbremsen und langsam vorbei gehen. Aber das würde meinen Flow doch ziemlich arg durchbrechen. Beziehungsweise wäre an manchen sonnigen Samstagen sogar eine unerträgliches Stop and Go, welches mit Laufen nichts mehr zu tun hätte. Ich habe daher bei meinem letzten Lauf etwas Neues ausprobiert. Einer Wanderin die mich kommen sah und ob meines forschen Downhill Schrittes schon sichtlich gestresst war, rief ich zu: „Da geh ich vorbei“ und deutete auf die rechte Wegesseite. Hat gut geklappt. Ermuntert durch meinen Erfolg, verfolgte ich diese Strategie weiter. „Vorsicht Trailrunner! Geht rechts vorbei!“, rief ich einer ins Gespräch versunkenen Gruppe zu, die den Weg komplett versperrte. Nur um kurz darauf genau an jenem rechten Wegesrand fast die komplette zur Seite gesprungene Wandergruppe vor meiner Nase wiederzufinden. Meine Suche nach dem Goldstandard des laufenden Personen-Passierens wird wohl weiter gehen. Vor kurzem war zwei Wochen Dauerregen angesagt und die Trails leerer als eine russische Gaspipeline. Was eine Wohltat.
BIN ICH EIN TRAILRUNNER?
Trailrunning is a State of Mind, klar. Aber irgendwie steckt ja auch das Wort Rennen drin. Ist es okay, sich auch im Bummelschritt und an „Wandertagen" als Trailrunner:in zu bezeichnen?
PRO / Denis Wischniewski
Wer unbedingt ein Astronaut sein möchte, kommt nicht umher, sich in eine Weltraumrakete zu setzen. Das ist ja das Schöne am Trailrunning, dass es so wenige Hürden gibt, um es zu tun. Keine NASA und im Prinzip ja auch keine ITRA oder der Leichtathletikverband. Einfach Schuhe an und los und wer sich noch mehr als Trailrunner:in fühlen will, kann sich natürlich auch gerne in den saisonal angesagten Ausrüstungen auf Trails zeigen. In welchem Tempo? Das ist doch nun wirklich egal. Das hat übrigens auch niemand anderen zu interessieren. Wer auf einem Trail, im Wald, am Berg in einer Fortbewegung steckt, soll sich auch im Wanderschritt ruhig und selbstbewusst Trailrunner*in nennen dürfen. Anderen Leuten zu sagen, was sie sind oder was nicht, ist so was von gestern und soll sich seinen Platz meinetwegen in olympischen Sportarten, der Geschäftswelt und in der Politik suchen. Im übrigen: Jede/r von uns hat mal begonnen und so ein Start macht weit mehr Spaß, wenn man sich nicht mit unwichtigen Begrifflichkeiten herumschlagen muss. Insofern – lasst uns alle Trailrunner sein und das Tempo vergessen.
CONTRA / Clemens Niedenthal
Früher als Kind auf dem Bolzplatz fand ich das schon arg peinlich; Das ausgerechnet der Christian im vollumfänglichen Bayern-München-Dress und den Fußballschuhen aus Känguruh-Leder am häufigsten neben den Ball trat. Heute auf den Wanderwegen denke ich hingegen: Hey, lasst dem Paar im vollumfänglichen Trailrunning-Dress doch die Freude ... zu wandern. Und das meinetwegen auch Trailrunning zu nennen. Was ich mich hingegen frage: Hätten die beiden nicht mehr Spaß, wenn sie einfach nur wandern würden? Also nicht dem Tempo nach, sogesehen wandern sie ja zweifelsohne, sondern auch in in ihrer Selbstwahrnehmung. Die Übergänge sind doch ohnehin fließend. Auch meine Zeiten auf einer beliebigen Runde – Tal, Berg und wieder zurück ins Tal – sind gut und gerne knapp doppelt so lang, wie jene der tasächlichen Athlet:innen. Und im Uphill ist der stramme Schritt ja ohnehin für die meisten von uns das Mittel der Wahl. Was ich nur nicht möchte: Dass Trailrunning zu einer Attitüde wird, die man sich im Internet bestellt. Laufen bleibt eine Bewegungsform. Und eine Haltung bleibt es auch.
PRODUKTE KÖNNEN WIR UNS SCHENKEN
Es muss nicht immer ein neues iPhone sein, eine Krawatte oder ein Paar Socken (Socken aber manchmal gerade doch!). Weihnachtsgeschenke mit Sinn, Sinnlichkeit und Verstand
Zweite Wahl
Secondhand is cool again. Nachhaltig sowieso. Selbst die ganz Großen wie Globetrotter und Bergzeit handeln neuerdings mit gebrauchten Teilen. So stylische Stücke wie dieser Anorak von Schöffel sind allerdings rar
Grünes Gewissen
Armed Angels gehören zu den deutschen Herstellern, die nachhaltige Mode wirklich ernst meinen. Seit diesem Jahr gibt es auch Jacken. Parka 289 Euro, armedangels. com
Geriegelte Torte Gemüsefest
Stephan Hentschel hat einen vegetarischen Stern erkocht. Das gab es in Deutschland zuvor nicht. Ein Menü aus seinem Berliner Restaurant Cookies Cream wird landesweit verschickt. Für Weihnachten, für Silvester, für 79 Euro. www.cookies.show
Von den Socken
Cool, nachaltig in Japan gestrickt und so gemütlich, Socken von Rototo, ab 25 Euro, etwa über www.deru-store.com
Oskar ist der weltbeste Haferriegel. Aus Hamburg, handwerklich gebacken, in diesem Winter auch als Linzer Torte, ab 2,50 Euro. www.oskaroatbar.com
Im Profil
Wir sollten weniger reisen. „Alpen – die Kunst der Panoramakarte“ hilft gegen die Phantomschmerzen. In diesem Buch wird man sich verlieren. Prestel, 192 Seiten, 40 Euro Selbstgemacht: Grünkohlchips
Ein Grünkohl (ca. 300 Gramm), ein halbe Zitrone, 2 EL natives Olivenöl, 1-2 EL Sesamkörner, Fleur de Sel) Backofen auf 180 Grad (Umluft) vorheizen, Grünkohl waschen, Blätter vom Strunk zupfen und mit Öl, Zitronensaft, Sesamkörnern und Fleur de Sel marinieren. In den Ofen geben, spätestens nach 5 Minuten wenden. Die Chips sind fertig, wenn sich erste dunkle Stellen bilden.
8 TIPPS,
wie dein Trailrunning besser wird und sich perfekt in dein Leben einfügt.
1. Denke positiv - laufe ohne Balast
Damit meinen wir nicht Deinen vollgepackten Laufrucksack, sondern die schlechten Gedanken, die beim Laufen über Bord fallen. Run free!
2. Akzeptiere Grenzen - nicht alles ist machbar
Lass Dich von Wundertaten auf Instagram nicht aus Deinem Konzept bringen. Du läufts nach Deinen Regeln und kannst Deine Grenzen akzeptieren.
5. Lasse Ehrlichkeit zu
Im Sport wie im Leben: Lügen haben kurze Beine. Mach Dir nichts vor und sei zu Dir selbst ehrlich. Das bedeutet auch z.B. eine Verletzung annehmen.
6. Lass Dich auf Gruppen ein / Teamgedanken stärken
Trailrunning ist Einzelsport und doch hilft eine Gruppe oder Crew, wenn es mal zäh wird. Nur Mut zum Lauftreff mit anderen!
3. Sei selbstbewusst
Sich selbst richtig einschätzen, nie unnötiges Risiko eingehen und dabei trotzdem selbstbewusst sein. So versetzt Du Grenzen, ohne dabei ins Straucheln zu kommen.
4. Löse Deine Verkopftheit - denke weniger nach
Zweifel und Ängste blockieren jeden Flow. Kopf einfach mal aus und Bremse lösen.
7. Verantwortung ja / Sorgen machen nein
Kümmer Dich um andere, fördere Jüngere im Sport und übernehme Verwantwortung. Fühlt sich gut an.
8. Kümmere dich um dich selbst
Es geht um Dich! Laufen ist Deine Insel, Dein privater Raum. Lass Dir das nie nehmen. Es geht dabei immer auch ums Kümmern Deines eigenen Wohlbefindens.
Unser neuer PODCAST!
Dass der neue Podcast von den Trail Magazin Redakteuren WISCHNIEWSKI & NIEDENTHAL kein explizites Trail-Magazin-Gespräch ist, und dennoch in der Hauptsache die Themen Laufsport und Trailrunning zum Thema hat, muss unbedingt gesagt sein. Euch erwartet also keine Unterhaltung zu den neuesten Trailschuhen und Rennen, aber vielmehr ein Talk zu allem, was den beiden um den Sport und seine Menschen einfällt. WISCHNIEWSKI & NIEDENTHAL auf Spotify und Co.
ZUT
Deutschlands größte Trailrunning-Veranstaltung feierte 2022, nach einer Coronapause, ein atemberaubendes Comeback mit neuem Zielbereich im Zentrum von Garmisch. Bei perfektem Sommerwetter strahlte der ZUT mit vielen tausenden Teilnehmer*innen und gab damit auch ein Versprechen ab - hier wird auch in Zukunft von Basetrail bis Ultratrail groß gedacht und großer Sport geboten. Wer einmal alpines Trailrunning im Wettkampfmodus unter perfekter Organisation erleben möchte, findet beim SALOMON ZUGSPITZ ULTRATRAIL garantiert sein ultimatives Abenteuer. 2023 findet der ZUT vom 16. bis 18. Juni statt. Neu ist dabei, dass die Rennen entzerrt an 2 Tagen stattfinden und alle Strecken, bis auf den Ultratrail, neue Namen tragen - sinnigerweise nach den Namen ihrer jeweiligen Startorte. www.zugspitz-ultratrail.de Anmeldung seit dem 15.11.2022 offen!
TAR
Spätestens wenn der spektakulärste Etappenlauf der Welt am 9. September 2023 startet ist klar, dass da was vollkommen Neues passiert! Der DYNAFIT TRANSALPINE RUN bricht endlich mit seinen, seit der ersten Austragung 2005, selbst erstellten Regeln, dass ausschließlich 2er-Teams laufen dürfen. Die neue SOLO-Kategorie wird dem Wettkampf eine neue Dynamik geben und es vielen Leuten bedeutend erleichtern, hier einmal mitzulaufen. Das Wichtigste zum TAR, der diesmal in Lech startet und in Prad endet: 200 2er Teams, 200 Sololäufer, 150 Run2 Teams, 7 Tage ohne Bergsprint. Anmeldung seit dem 6.12.2022 offen!
DENIS’ KOLUMNE
In den letzten 15 Jahren bin ich nicht mehr als normaler Mensch auf Reisen gegangen. Urlaub war nie einfach nur Urlaub, sondern irgendwie auch immer Laufen und Entdecken.
Meiner Frau versprach ich sehr oft, dass dies ein Urlaub würde, der eben ein Urlaub ist, und am Ende lief ich doch. Ich rannte an Orten, an denen niemand rannte und traf dabei auf Menschen, die offensichtlich irritiert waren, dass da jemand rannte und nicht nur ging oder spazierte. Beispielsweise vor einigen Jahren auf Bali in Indonesien. Wenn ich hier über vergangene Fernreisen schreibe, weiß ich natürlich nur zu gut, dass das damals mindestens dieselbe Umweltbelastungs-Zumutung war, wie sie es heute ist. Das nur am Rande. Wir waren also auf Bali und ich joggte. Niemand tut das dort außer Touristen und um ehrlich zu sein - eigentlich tun das auch keine Touristen, denn es ist zu heiß, zu feucht und es hat Schlangen, die sehr giftig sind. Als ich dort so an der Straße und durch die Reisfelder lief, nahm ich Menschen, Land und die Natur in einer ganz eigenen Geschwindigkeit auf. Ich glaube, ich hatte einen anderen Eindruck von Bali, als die meisten anderen Urlauber, die entweder vom Taxi aus oder in Sandalen schlürfend versuchten, die Umgebung zu entdecken. Doch zwischen Taxi und Bummelschritt gibt es diese durchaus spannenden 8-12 km/h in Trailschuhen, die es möglich machen, flott voranzukommen und dennoch schier alles wahrzunehmen, was man durchläuft. Nie hatten wir all zu sehr den Urlaubsort danach ausgesucht, ob es dort besonders tolle Trails gibt und immer, fast immer, gab es doch welche und wenn nicht, dann rannte ich durch eine Altstadt, an der Küste oder in einem Wald hinter dem Campingplatz. Immer war das Laufen gut, weil es immer besser war, als es garnicht zu tun. Mit zunehmenden Urlauben (mit zunehmendem Lebensalter) wusste ich sehr genau, wo man gut laufen kann. Wenn ich meiner Frau also sagte, dass Sardinien mal wieder ein tolles Ziel wäre, dann hatte ich in meiner Vorstellung ganz sicher das Mittelmeer dort im Blick, aber eben auch die Berge, die schmalen Wanderwege, den Punta La Marmora und das Supramonte. Wo wir beim Reisen und beim Urlaub sind. Selbst dort werde ich die Seuche nicht los. Im Gegenteil. Es ist ein Drang all denen zu Hause unmissverständlich zu zeigen, dass ich der coole Horst bin, der nicht zu Hause ist, sondern an einem anderen, viel schöneren Ort. Also poste ich. Und freue mich, wenn möglichst viele es Liken und bin im Umkehrschluss traurig, wenn es wenige tun und der Algorithmus nicht so tut wie ich das gerne hätte.
Instagram ist ein Pimmel. Ein Drecksack, eine Hure und so weiter. Ich will es nicht weiter in der Art beschreiben müssen. Entschuldigt. Instagram und diese ganzen anderen vom Social Club zerstören mir mein Hobby, mein Laufen. Sie nehmen mir meine Ruhe, pissen auf meine letzte Insel, meine einzige Oase des Glücks. Idioten, Esel, die das erfunden haben. Facebook ist tot. Das hab ich also hinter mir. Instagram wird quasi zu Grabe getragen. Hab ich also fast hinter mir. Tik Tok wird mir künftig also im Weg stehen oder all meine Naturbewegungen und Trail-Begegnungen in die Community hinaustragen. Auch dann werde ich fröhlich oder betrübt auf die Likes schauen und das wird in mir bestimmte Hormone und Bereiche im Gehirn stimulieren, mich in ein unkontrollierbares Auf und Ab zwischen schierer Depression und Glücksgefühl treiben. "Lass es halt, du Depp!“ sagst du Leser:in jetzt natürlich zu Recht. Wie man zum Raucher sagt, dann zünd halt ab heute keine mehr an. Zeit für etwas Ehrlichkeit - ich bewundere heute mehr all jene Trailrunner, die sich komplett den sozialen Medien entziehen, also so komplett wie es nur geht. Es gibt aktuell, neben ein paar Profis (Kilian, Courtney, …), keine Menschen im Laufsport und Trailrunning, die ich ernsthaft für ihre Web-Präsenz bewundere. Ich bin weit mehr verwundert mit welcher Stumpfheit Influencer täglich ihr Leben „verposten“, um in Zirbenholz-ummantelte 4-Sterne-Plus Hotels eingeladen zu werden, um sich dort wiederum in billigen Repliken des Möbeldesigns zu fotografieren. Freunde, ich werde demnächst 50 Jahre alt. Ich werde in den kommenden Jahren bis in den verdienten Ruhestand alle weiteren Entwicklungen des Social Media mitgehen. Ich muss. Würde ich das nicht tun, würde ich mich sehr alt fühlen und zu weit weg von jungen Menschen sein. Biedere ich mich an? Ja, mag sein.
Ich bin lost in Instagram. Es gibt für mich vermutlich nur noch zwei Lösungsoptionen, um aus der Lage zu entkommen. Entweder ich melde mich, ohne Rücksicht auf Verluste, davon ab, oder ich stürze mich vollumfänglich hinein, poste all meine Trailschuhe, alle Gipfelläufe, die Zubereitung des Porridge, den Brühvorgang der Vibiemme. Es nützt nichts Instagram als Pimmelsau zu beschimpfen und es dann zu nutzen. Stimmt. Aber, es benutzt auch mich. Es hilft mir und schadet mir. Ein bisschen wie zu einer Hure zu gehen - mag für den jeweiligen Moment ganz nett sein, aber langfristig …mmhm, eher schwierig. Auf Reisen, das hatten wir bereits, poste ich gerne. Wie ich auf einem schmalen Trail ganz nah an der Küste laufe, die Sonne dabei am untergehen ist und das Licht total magisch alles beleuchtet. Ich baue das Smartphone am Mini-Stativ auf und renne mehrmals wie ein Idiot unter Hilfe der Selbstauslösungsfunktion hin und her - bis das Bild so ist, wie ich glaube, dass es gut gefällt. Ich hätte weiterlaufen sollen. Ich hätte bei jedem einzelnen Trailrun im Urlaub weiterlaufen müssen, nicht stehen, nicht anhalten für Instagram-Fotos, denn Instagram ist und bleibt ein Pimmel. Die Chancen, dass sich der Trailrunner Denis Wischniewski bei Instagram, Facebook und Tik Tok abmeldet, stehen bei 50%.
DOCH DANN DER DOWNHILL
Unsere Trail/Salomon Rookie Teamläuferin Michelle Hassel war beim Julian Alps Trail. Ihre exponentiell wachsende Begeisterung für den Trailrunning Sport konnte auch diese Grenzerfahrung bei widrigsten Bedingungen nicht stoppen.
ROOKIE-TEAM
Seit diesem Jahr ist der Julian Alps Trail ein Teil der UTMB World Series und lockte 2000 Trailläufer aus 52 Ländern in die Region um Kranjska Gora. Sloweniens größtes Trailrunningevent führt die Läufer auf Streckenlängen zwischen dem 100 Meilen Ultra Sky Trail und dem 10k Funny Trail von verschiedenen Startpunkten aus über felsige Ridges und grüne Berge. Auf dem Weg kann man beeindruckende Aussichten auf die umliegenden Bergketten mit dem Triglav und ins Tal genießen. Theoretisch! Wenn die Wettervorhersage für die Eventtage Rekordregenfälle von 30l/ m² ankündigt, eher weniger. Aus diesem Grund wurden die 100 Meilen aus Sicherheitsgründen verständlicherweise abgesagt und auf den kürzeren Strecken auf Alternativrouten umgestiegen. So waren die diesjährigen Bedingungen zwar nicht optimal für ein schnelles Rennen, jedoch optimal für eine Herausforderung und ein Trailabenteuer der etwas anderen Art.
Pünktlich um 7.45 Uhr fuhr der Shuttlebus zum Start meiner 35 km Distanz. Die meisten hatten bereits die gesamte Pflichtausrüstung an, ich dachte jedoch, dass es eine gute Idee sei, in Shorts und einer Kombination aus Top, Armlingen und Regenjacke zu laufen. Ich startete im Mittelfeld, was bedeutete, dass überholen auf dem Singletrail fast unmöglich war. Nicht jeder kam mit den Bedingungen gut klar und Stöcke wären bestimmt in vielen Fällen hilfreich gewesen, um nicht auszurutschen. Alternativ, so hörte und sah ich, kann man mit ihnen wohl auch abgerutschte Läufer wieder hoch auf den Trail ziehen. Die kurze Freude über den nachlassenden Regen auf den letzten Metern des An-
Keine Ahnung, wie oft ich gestürzt bin, und ein Läufer hatte sogar seinen Schuh verloren
stieges währte nicht lange, da sich dieser wegen der Höhe ab 1.600m in Schnee verwandelte. Durch den Wind fühlten sich die Schneeflocken wie Nadelstiche an und jeder versuchte so schnell wie möglich, das Plateau im Nebel zu überqueren. Meine matschigen Hände spürte ich schon länger nicht mehr, die Handschuhe in diesem Zustand aus der Weste zu nehmen, war aber auch keine Option. Halb lachend und halb weinend stolperte und rutschte ich deshalb mit den anderen über die verschneiten Trails. Auf dem Weg lag ein zitternder Mann, der wegen Unterkühlung schon von der Bergrettung versorgt wurde. Durch die suboptimale Kleidungswahl fror ich ebenfalls sehr und war koordinativ nicht mehr trittsicher. Diese verzweifelten Minuten waren definitiv mein persönlicher Tiefpunkt und ich dachte, dass es eigentlich kaum schlimmer werden könnte.
Doch dann kam der Downhill… Durch den Regen hatten sich die Waldwege in eine Schlammpiste verwandelt. Ich hörte immer wieder Ausrufe wie “so etwas habe ich noch nie erlebt” oder “damit habe ich definitiv nicht gerechnet”. Der Weg war nicht mehr erkennbar, man konnte sich nur an den Rutschspuren der anderen orientieren und versuchte irgendwie mit verschiedenen Strategien verletzungsfrei den Berg runter zu kommen. Ich habe keine Ahnung wie oft ich gestürzt oder ausgerutscht bin. Anscheinend hat ein Läufer sogar seinen Schuh im Schlamm verloren.
Ab der dritten VP ging es auf einem einfachen Downhill endlich in Richtung Ziel in Kranjska Gora. Auf den Zielfotos lassen die dreckige Kleidung und verschlammten Schuhe nur erahnen, wie anspruchsvoll die Route an diesem Tag war und was vor allem die 100k-Finisher in der langen Regennacht erlebten. In den Gesichtern konnte man jedem die Erleichterung ansehen, es sicher ins Ziel geschafft zu haben, aber auch den Stolz und die Freude über dieses surreale Trailabenteuer, welches ich so schnell nicht vergessen werde.
NEWS&JOURNAL SHE RACES (NOT)!
SCHWANGERSCHAFT
Das nebenstehende Bild kennen die meisten. Sophie Power lief als frische Mutter den UTMB. Auch, weil sie den Startplatz nicht verschieben durfte. Genau das Problem hat aktuell die deutsche Ultralauf-Ikone Marina Kollassa. Ein Missstands-Bericht.
„Wenn du Kinder planst, dann meld dich doch nicht für Wettkämpfe an.“ Solche und ähnliche Antworten erhielt Marina Kollassa, als sie aufgrund ihrer Schwangerschaft begann, sich um ihre Wettkampfummeldungen zu kümmern. Wer Marina kennt, weiß, dass die überaus ambitionierte Ultraläuferin – Marina hält mit 51 Runden noch immer den deutschen Backyard Rekord – sich für die besonders langen und extremen Rennen begeistert: Events, für die man sich frühzeitig anmelden muss und die entsprechend viel Startgeld verlangen. Insgesamt hat Marina 3.000 Euro in Rennen investiert, welche sie aufgrund ihrer Schwangerschaft nun nicht antreten kann. Darunter der Tor des Geants, Spartathlon, UTMB und das Spine Race. Alle diese Rennen kontaktierte sie mit der Bitte um Startgeldersatz oder Verschiebung ihres Startplatzes um mindestens ein Jahr. Positive Rückmeldung erhielt sie in keinem der genannten Fälle. Stattdessen Antworten wie diese: Schwangerschaft allein ist kein Grund ein Rennen nicht antreten zu können. Wenn Marina ein ärztliches Attest nachwiese, welches ihr Komplikationen bestätigt, die sie vom Laufen abhalten würden, könne man weiterreden. Wohlgemerkt, wir reden hier über einen Lauf von mehr als 100 Meilen. Gesonderte Regularien für Schwangerschaften gibt es bei fast allen Events in Europa nicht. Selbst wenn man die von den Veranstaltern angebotenen Versicherungen mitbucht, sind Schwangerschaften nicht inbegriffen. „In Amerika ist das anders. Dort bekommt man den Startplatz einfach für die kommenden Jahre gutgeschrieben und darf starten, wenn man sich bereit dazu fühlt“, berichtet uns Marina. Eine weitere Ultraläuferin, die schon länger für Gleichberechtigung von Frauen an der Startlinie streitet, ist die Britin Sophie Power. Den meisten wahrscheinlich bekannt durch das berühmte Foto, auf dem sie ihr Baby auf einer der Aid Stations beim UTMB stillte. Im Sommer gründete sie die Plattform SheRACES, auf der sie sich dafür einsetzt das Geschlechterverhältnis an der Startlinie ausgeglichener zu gestalten. Die Frauenquote beim UTMB liegt beispielsweise bei erschreckend geringen 8%. Unter anderem stellt sie auf dieser Plattform auch faire Regularien für Verschiebungen von Startplätzen aufgrund von Schwangerschaft für die Events zur Verfügung. Beim UTMB vor drei Jahren war dies trotz ihrer post-partum Situation nicht möglich. Die wenigsten Frauen wären trotzdem gestartet und hätten ihre Baby während des Rennens gestillt. Sophie tat es und kämpft nun dafür, dass dies nicht mehr nötig sein wird. Mit erstem Erfolg. Im August verkündete Sophie auf ihrer Social Media Plattform, dass der UTMB bestätigte „pregnancy deferrels“, also das Verschieben der Startplätze um bis zu zwei Jahre, zuzulassen. Eine gute Nachricht auch für Marina. Die Hürden aber sind weiterhin hoch, berichtet uns diese. Im Gegensatz zu vielen anderen Events wird Marina die Möglichkeit auf Verschiebung seitens des UTMBs immerhin in Aussicht gestellt. Endgültig bestätigen kann dies aber erst ein medizinischer Rat nach Einreichung ärztlicher Atteste und weiterer Unterlagen. Es bleibt also nervenaufreibend. Für Marina und auch für die Redaktion dieses Printproduktes stellen sich bei diesem Thema große Fragezeichen. Wenn es möglich ist, seinen Startplatz aufgrund von Verletzung zu verschieben, warum gilt das nicht für Schwangerschaften? Weil Schwangerschaft eine geplante Entscheidung ist? Sophie Power sieht das grundsätzlich anders: „Man kann eine Schwangerschaft nicht exakt timen. Der Zeitpunkt ist daher absolut keine freie Entscheidung. Weiterhin ist Schwangerschaft etwas, das ausschließlich Frauen betrifft und keine Frau sollte deshalb einen Nachteil erleiden müssen.“ Marina ergänzt: „Schwangerschaft sollte kein Risiko sein.“ Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.
Foto: Ulrich Pfeuffer, Markus Fruehmann
Der Tausendsassa
Es gibt Athleten, die uns faszinieren. Nicht nur durch ihre pure Performance auf den Trails. Dylan Bowman aus Portland, Oregon, ist so ein Typ. Ein Urgestein des Ultratrails. Einer, der immer auch ein Faible hatte für das Laufen der Anderen. Auch deshalb will der 36-Jährige den eigenen Internetauftritt zu einem Trailrunning-Portal ausbauen. Zudem engagiert sich Bowman führ zwei smarte Marken: Speedland, die 2023 ihren zweiten, sehr anderen und reaktiv gedämpften Schuh präsentieren. Und die distinguierte japanische Outdoor-Brand Goldwin: „Ich bin jetzt in einer Phase meiner Karriere, in der ich das intensive Arbeiten mit einem Partner einfach spannender finde als reines Sponsoring.“ LESERBRIEFE
LIEBE REDAKTION, ...
Ihr habt unser Heft in der Hand, den Artikel X oder Y gelesen und wollt unbedingt einen Kommentar, eine Meinung oder Kritik loswerden. Unter der Mailadresse leserbriefe@trail-magazin.de sollt ihr das ab jetzt unbedingt tun. Wir veröffentlichen an dieser Stelle ab sofort die interessantesten Leser:innen-Meinungen
Andre Riebe über unsere Berichte zum Transalpine Run, zum UTMB sowie eine grundsätzliche Frage:
Ganz besonders haben mir die Artikel über den UTMB und den Transalpine Run gefallen. Eure Zeilen, Wörter, und Verbildlichungen dieser Events sind grandios. Danke! Was mich als Anfänger interessiert sind Dinge, die zwischen den Läufen passieren. Wie oft wechselt Ihr Eure Kleidung? Gar nicht? Wascht Ihr über Nacht? Habt Ihr Kleidung und Schuhe für mehrere Tage dabei?
Lieber Andre, da wir alle soziale Wesen sind, sollten wir unsere Mitmenschen nicht mit der olfaktorischen Erinnerung an einen regennassen Tag auf den Trails penetrieren. Wechselshirts, -Shorts und zwei Paar Schuhe braucht es für ein Etappenrennen. Wir sind uns aber sicher: In der intensiven Vorbereitung auf so ein Event sammelt sich genug Equipment an, Es muss ja nicht immer das neueste, technologischste Teil sein.
Ramon Manetsch mit einer kurzen aber prägnanten Forderung:
Bitte mehr Berichte aus und über die Schweiz und Österreich!
Lieber Ramon, in dieser Ausgabe porträtieren wir Andi Rieder aus dem Zillertal und besuchen Jodok Dietrich im Bregenzerwald. Du bist aus der Schweiz? Freue Dich auf sechs Seiten Bergell im nächsten Heft. Marion und Wolfgang Braun zu Denis´ Kolumne zum Thema Karriereende:
Meine Frau Marion und ich haben vor 30 Jahren mit dem Joggen begonnen und dachten damals schon, ob es nicht zu spät sei. Dass es keine Altersbeschränkung beim Trailrunning gibt, wird bei Euch immer wieder gut hervorgehoben. Wir denken noch lange nicht ans Aufhören.
Liebe Marion, lieber Wolfgang, das sehen wir genauso und denken ebenfalls nicht ans Aufhören. Nur für die Heftproduktion brauchen wir inzwischen eine Lesebrille.
Irina Spira und der Alpenverein. Eine Enttäuschung:
Beim Kitzbüheler Hornlauf verletzte ich mich und wurde mit dem Hubschrauber ins Tal gebracht, wo ich sofort operiert wurde. Alles Bestens! Die Rechnung für den Hubschraubereinsatz, 3.700 Euro, schickte ich an die Versicherungsabteilung des Östereichischen Alpenvereins. Die Antwort: Der ÖAV versichert „solche" Unfälle nicht! Ich werde mir eine zuverlässige Versicherung suchen und aus dem Alpenverein austreten!
Liebe Irina, ohne die Statuten des ÖAV genau zu kennen, zeigt Deine Story: Wir sollten uns intensiver um die „„trockenen“ Themen rund ums Trailrunning kümmern. Unser Tipp: die Mitgliedschaft in einem Sportverein. Dann sind solche Rennunfälle zumeist versichert.
Text: LARS SCHWEIZER Fotos: IAN CORLESS / RED BULL CONTENTPOOL
UMFANG ODER TEMPO
Im Winter werden die Weltmeister:innen gemacht, so heißt es. Also fleißig sein, hart sein, wenn der eisige Wind pfeift, denn im Frühjahr, bei den ersten Wettkämpfen läuft die Uhr. Aber wie genau sollte das Lauftraining von Dezember bis April aussehen? Pause? Tempo? Umfang?
Nach dem Ende der Laufsaison stellt sich für viele Athlet:innen die Frage, wie es weiter geht. Erstmal eine Saisonpause machen oder sich, motiviert vom letzten Wettkampf, direkt in das nächste Trainingsprogramm stürzen? Inzwischen sollte zumindest der Konsens allgemein gültig sein, dass gar nichts machen die schlechteste Lösung ist. Doch wie kann man diese Phase im Winter am effektivsten Nutzen, um möglichst fit im Frühjahr wieder an der ersten Startlinie zu stehen? Doch schauen wir uns die Sache mit der kompletten Pause nochmals genauer an. Im ersten Moment möchte man vermutlich denken, warum denn nicht. Den Kopf einmal wieder komplett frei bekommen vom Training und den Muskeln, Sehnen und Bändern die totale Erholung geben und sich mit all den Dingen beschäftigen, welche man im vergangenen, zeitaufwendigen Trainingsplan vernachlässigt hat. Was vernünftig erscheint, ist genau das Gegenteil. Die ersten Verluste sind bereits nach den ersten Tagen erkennbar. In den ersten Tagen nimmt das Herzminutenvolumen (HMV) ab. Das Herzminutenvolumen beschreibt die Menge an Blut, welche das Herz pumpt. Das liegt vor allem daran, dass die Gesamtblutmenge durch weniger produziertes Blutplasma abgenommen hat. Nach 10 Tagen ohne sportliche Betätigung ist die Herzfrequenz um ca. 5% erhöht. Wird die Pause länger, so verringert sich auch die hart antrainierte VO2max um ca. 11 Prozent. Und das
schon innerhalb von vier Wochen Nichts tun. Dieser Verfall stabilisiert sich zwar nach ca. 20 Tagen, aber geht dennoch stetig weiter. Gleichzeitig zeigt sich meistens ein weiterer Formverlust durch eine Gewichtszunahme. Das Essverhalten ist auf die im Training zusätzlich verbrannten Kalorien konditioniert und muss bei einer Sportpause unbedingt angepasst werden, um nicht durch gesteigertes Gewicht noch zusätzlich Form zu verlieren. Die oben genannten Verluste beziehen sich aber auf einen harten Break. Also wirklich 0,0% Training. Schon das Aufrechterhalten von ein paar Einheiten kann hier einen großen Unterschied machen. In Studien hat sich gezeigt, dass selbst nach 3 Wochen Umfangsreduzierung auf 60% der Vorpausenphase eine beinahe gleichbleibende Form erhalten bleibt. Dies kennt man auch aus einer längeren Taperingphase vor großen Wettkämpfen. Insgesamt sollte diese Umfangsreduzierung aber nicht länger als 4 Wochen sein. Wichtig nach einer Saisonpause oder auch nach einer langen Trailsaison mit langen Trainingsphasen im Intensitätsbereich unterhalb der Anaeroben
Warum Tempo?
Als Läufer kennt man es vor allem aus der Leichtathletik: Der Winter ist da, um die Grundlage zu schaffen, also werden hohe Umfänge, zunächst noch draußen, später dann drinnen auf der Rolle im Keller, gefahren. Viele Läufer verbringen den Winter über mit unzähligen langen Dauerläufen in niedriger Intensität. Unbestritten fördert dieses Training die Aerobe Kapazität des Körpers, also die Ausdauer bei niedriger Intensität. Durch das niedrige Intensitätsniveau wird das Wachstum der Mitochondrien in den Zellen gefördert, welche wiederum für die Verarbeitung des Sauerstoffs in den Zellen und somit auch in den Muskelzellen verantwortlich sind. Gerade aber bei Ultraläufern ist diese Trainingsintensität nach einem langen Sommer auf den Ultrastrecken und des dazugehörigen Trainings auch ausgereizt. Der Körper reagiert immer schleppender auf den Trainingsreiz, bzw. der Aufwand, einen gleichwertigen Trainingsreiz zu erzeugen steigt immer mehr an. Hier empfiehlt es sich, den Körper mit Tempointervallen wieder zu fördern und aus seiner Routine zu reißen. Auch hochintensive Intervalle haben einen Einfluss auf das Wachstum der Mitochondrien und die Steigerung der Ausdauer und dadurch einen positiven Effekt auf die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit VO2max. Umso höher diese ist, umso mehr Sauerstoff kann das Herz in die Muskeln transportieren und umso besser ist auch die Ausdauerfähigkeit am Ende. Zusätzlich haben die Intervalle noch einen positiven Einfluss auf die Laufeffizienz. Gerade kurze, schnelle Intervalle aktivieren hier auch Muskelfasertypen, welche den Rest des Jahres vernachlässigt werden. Das Tempotraining sollte aber nach dem 80/20 Prinzip, also 80% Grundlage 20% hoch-intensiv dennoch mit Grundlagenausdauereinheiten kombiniert werden. Von diesen darf auch eine Einheit gerne länger sein, also mehr als 90 Minuten. In einer Trainingswoche kannst Du hierbei 2-3 Intervalleinheiten unterbringen, je nach Leistungsniveau. Die typischen Intervalle könnten 5x3min, 15x1min, 30x30 Sekunden oder auch 5x10 Sekunden Sprints in einem Dauerlauf sein. Die Intensität sollte hierbei aber immer über Deiner Anaeroben Schwelle liegen, bzw. sich wie eine 9-10 von 10 anfühlen. Um die Belastung nicht zu einseitig werden zu lassen, kannst Du die Intervalle abwechselnd flach oder an einer Steigung absolvieren. Für alle Intervalle gilt aber auch, langsam rantasten. Die Muskeln sind diese Reize nach der Saison nicht gewohnt und sollten, um Verletzungen zu vermeiden, langsam darauf vorbereitet werden.
Schwelle, ist ein vorsichtiger Start in kürzere schnellere Intervalleinheiten. Bei den ersten Einheiten sollte man aus oben genannten Gründen aber auch auf die Herzfrequenz achten, um die Intensität auch in den lockeren Dauerläufen nicht zu hoch werden zu lassen. Hat man sich durchgerungen wieder in die Saisonvorbereitung zu starten, vielleicht auch weil man sich schon zu den ersten Events wieder an-
Foto: Kolesky
gemeldet hat, stellt sich die Frage: Mit was überbrückt man den Winter? Hier gibt es vor allem zwei vorherrschende Herangehensweisen. Einmal über erhöhten Umfang und einmal über mehr Intensität. Beide Varianten haben vor allem ein primäres Ziel. Die Steigerung der VO2max. Doch welche Intensitätswahl macht für welchen Typ Sinn und wie kann ein Trainingsaufbau dann aussehen?
Warum Umfang?
Gerade für Läufer:innen die sich eher auf die kurzen und schnelleren Distanzen konzentrieren, ist die wettkampfreie Zeit auch eine gute Möglichkeit, an ihrer Grundlagenausdauer zu arbeiten. Lag der Fokus in der Saison auf Bergläufen oder kurzen Trailrennen, ist der Anteil an intensiven Einheiten während der Wettkampfphase im Unterschied zum Ultraläufer deutlich höher und somit der Gesamttrainingsumfang in der Regel niedriger. Deshalb kann hier auch über den gesteigerten Umfang im Grundlagenbereich ein guter Trainingsreiz gesetzt werden. Die ein oder andere längere Grundlageneinheit einzustreuen, macht also durchaus Sinn. Durch das Ausdauertraining wird der Stoffwechsel des Körpers trainiert, genauer gesagt der Fettstoffwechsel. Der Körper lernt effektiver und einfacher, die in großer Anzahl zur Verfügung stehenden Fettreserven zur Energiegewinnung zu nutzen. Dieser Vorteil an Energiebereitstellung kann entscheidend sein, wie viel Energie Du am Ende eines Rennens noch zur Verfügung hast, selbst auf den kürzeren Distanzen. Durch das Training im niedrigen Intensitätsbereich wird außerdem das Blutvolumen und das Hämoglobin vermehrt und somit auch die Sauerstofftransportkapazität Deines Körpers verbessert. Gleichzeitig vergrößern sich ebenfalls Deine Mitochondrien. Ein weiterer Vorteil der Umfangsteigerung im Wintertraining ist das Gewicht im Rahmen zu halten. In der trainingsintensiven Phase verbrennst Du in den intensiven Einheiten und Wettkämpfen viele Kalorien bzw. versuchst zusätzlich durch eine kohlenhydratperiodisierte Ernährung auch Dein Gewicht zu optimieren. In der Winterpause solltest Du dem Körper aber hier eine Pause verschaffen und ihm auch mal etwas gönnen. Um diesen Effekt auszugleichen, bzw. auch dem üblichen Weihnachtswachstum entgegenzuwirken, sind lange Ausdauereinheiten eine gute Möglichkeit, Kalorien zu verbrennen. Muskulär ist man vor allem im höheren Alter mit Grundlageneinheiten verletzungstechnisch auf der sicheren Seite. Kurze schnelle Intervalle erhöhen im fortgeschrittenen Alter die Verletzungsanfälligkeit, gerade in Wade und Oberschenkel. Auch bei Problemen mit der Achillessehne kann eine kurze intensive Einheit problematisch sein. Hier gilt es durch die Grundlagenausdauereinheiten die VO2max zu steigern und die Fitness für die Saison aufzubauen. Eine Verabredung zu einem lockeren Dauerlauf, auch mit Laufpartner:innen, welche eventuell langsamer unterwegs sind, als man selbst, kann eine entspannte Einheit im Winter sein. Hier zählt nicht unbedingt, die Runde in einer möglichst schnellen oder genauen Pace bzw. Mindestherzfrequenz zu laufen. Ruhige Ausdauereinheiten können also auch während der Saison vernachlässigte soziale Kontakte wiederbeleben.
Darum ist Alternativsport im Winter eben doch ein gutes Ding
Gerade jetzt außerhalb der Rennsaison sollte man auch das Thema Alternativsportarten nicht ganz außer Acht lassen. Wer jetzt um seine Jahreskilometerstatistik auf Strava fürchtet, sei gesagt, vielleicht aufgrund von Verletzungsprophylaxe bzw. Leistungsentwicklung in diesem Winter nicht so verbittert darauf zu schauen. Der Trainingsreiz auf den Körper, der jetzt im Winter gesetzt werden soll, kann unabhängig von der Sportart gesetzt werden. VO2max Intervalle beispielsweise lassen sich perfekt auch auf dem Rad bzw. Rollentrainer umsetzen. Ausdauereinheiten auch perfekt als lockere Skitour oder Langlaufeinheit. Über welche Sportart dem Körper dieser VO2max Reiz gesetzt wird, ist egal. Hauptsache die Herzfrequenz ist im richtigen Intensitätsbereich. Gerade für Ultraläufer:innen mit vielen Kilometer in den Beinen lohnt es sich, dem Laufapparat über den Winter auch mal eine Pause zu gönnen und der gewohnte Umfang kann auch mit einem abwechslungsreichen Mix aus Alternativsportarten und Laufen hochgehalten werden. Solltest Du mehr als eine Intervalleinheit pro Woche machen, dann wechsle doch auch hier nach Möglichkeit die Sportart ab. 5x3 Minuten lassen sich z.B. auch perfekt auf dem Rad absolvieren. Die einzige Thematik, die Du beim Wechsel auf Alternativsportarten nicht aus den Augen lassen solltest, ist die Laufeffizienz. Der Winter ist der perfekte Zeitpunkt hier an Schwachstellen zu arbeiten. Deshalb solltest Du zumindest eine Intervalleinheit in der Woche laufend absolvieren. Zu den Alternativsportarten kann im Winter auch 2-3x pro Woche ein intensiveres Krafttraining gehören. Sportarten wie Langlauf oder Skiroller decken das zwar auch teilweise ab, aber vor allem für die Stabilität kannst du als Läufer:in im Winter einiges tun. Eine verbesserte Stabilität reduziert die Verletzungsanfälligkeit während der Saison und im Wintertraining kollidiert das Krafttraining nicht mit Deiner wettkampfspezifischen Trainingsplanung.
ÜBER 3.500 TEILNEHMER:INNEN · 50 NATIONEN · 6 DISTANZEN · 14—111 KM · 500—5.180 HM
ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT 16-18 ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT ZUT JUNI 2023
#ZUT #WESHAREYOURPASSION
ZUGSPITZ ULTRATRAIL 111 KM 5.180 HM
EHRWALD TRAIL 87 KM 4.100 HM
LEUTASCH TRAIL 69 KM 2.950 HM
MITTENWALD TRAIL 45 KM 1.920 HM
GAPA TRAIL 32 KM 1.535 HM
GRAINAU TRAIL 14 KM 500 HM
Text & Fotos: DENIS WISCHNIEWSKI
Späte Reise
Wer den Hochsommer als Reise verpasst hat, muss nehmen was der Oktober übrig lässt und das ist sehr viel, wenn man in den Süden fährt. Unser Trip führte uns ins Piemont, an den Lago di Garda und ins Vinschgau. Oh Italia.
Na also. Es geht doch. Italien. Wieder Italien. Den späten Sommerurlaub hatten wir oft an echte Fernreisen geknüpft, aber die Zeiten ändern sich und so ein Flugzeug mit E-Motor - na lassen wir das. Diesmal also nicht Bali, nicht Chile und auch nicht die Westküste der USA, die ich so gerne einmal bereisen würde. Zu meiner Frau sagte ich „Italien geht immer, Schatz!“. „Sag nicht Schatz. Schatz sagen alle!“.
Aber ich musste sie nicht wirklich überzeugen, dieses Norditalien mit mir anzutreten, denn es war ihre Idee. Die schöne Idee, diese 14 Tage an drei verschiedenen Regionen des nördlichen Stiefels zu verbringen, zu laufen, zu wandern, zu essen, zu lesen, zu leben. All das mit dem unbedingten Bewusstsein, dass diese 14 Tage etwas Besonderes sind, weil an anderen Orten der Welt, die nicht weit entfernt von uns sind, an Urlaube, an dolce Vita nicht zu denken ist. Ich bin ein Italien-Fan. Das fing in früher Kindheit an, weil ich am Strand von Rimini - wir schreiben das Jahr 1982 - im Italientrikot das Wassereis schleckte und am Abend im Restaurant zum ungefilterten Unverständniss aller erwachsener deutscher Touristen, bei jenen drei Italientoren, die vor 90.000 Zuschauern fielen, jubelte. Beim Paul Breitner Tor jubelte ich zwar auch, aber das fiel in der 83. Minute und änderte rein garnichts mehr an der Tatsache, dass Italien FussballWeltmeister wurde und ich ein Sieger war in dieser Nacht von Bernabéu. Ich war also das italienischste Schwabenkind der Welt. Dass zwischen meinem Wohnort dem Chiemgau und Italien etwas Wegstrecke liegt - nun ja. Es ist nicht zu ändern. Zurück zum aktuellen Urlaub. Der
Wagen war gepackt, darunter drei Paar Trailschuhe, weil es ein intrinsischer Antrieb bleibt, jeden Ort, jede Region auch nach ihren "Trailrunning-Potentialitäten" zu bereisen. Wir starten mit dem Piemont, in dem ich noch niemals zuvor war und es nur von der berühmten Piemont-Kirsche her kenne, von Nutella und dem FerreroImperium. In meinen Vorstellungen eine sanfte Hügellandschaft, die wahnsinnige Weitblicke zulässt, weit hinein ins Land und weit hinüber in die Alpen, ins Aosta-Tal und die majestätsiche Auvergne. Bereits zu Beginn erleben wir diesen wunderbaren Oktober-Effekt. Wir fühlen ihn quasi sofort mit dem Überqueren des Alpen-Hauptkammes, denn aus den nasskalten 11 Grad in der Heimat werden ab Bozen mit einer lässigen Selbstverständlichkeit 23 Grad und damit ist der Sommer zurück. Wir winken ebenso lässig ein letztes mal in Richtung Norden, ins Schmuddelwetter. "Bye bye Bayern. Ciao bella Italia".
Ein kleines Dorf in der Nähe von Asti ist unser Ziel. Untergebracht sind wir im Ort Antignano in der Pension moonfra, einer restaurierten Schönheit mit riesigem Garten, einem Pool und einem Weinkeller, der vermutlich Schätze bewahrt. Gastgeberin Seniora Chiara hat das große Haus mit der Familie gekauft und vor vier Jahren in einen Zustand versetzt, der staunen lässt. Ein wahrlich zauberhafter Ort, ein Ort der Glück und Ruhe ausstrahlt. Nichts lässt hier auf Stress schließen.Einzig die Hofhunde der Nachbarschaft tragen Zorn in sich. Unsere Hündin bleibt unbeeindruckt. In den Folgetagen erkunden wir Asti und Monferato, genießen Wein und versitzen Stunden in der Osteria und gehen laufen. Klar, gehen wir laufen. Längst hat die Region erkannt, dass der Tourismus aktiv sein will - also liegt nichts näher, als die Weinberge zu öffnen und Wanderstrecken auszuschildern. Die 13 Kilometer zählen am Ende fast 900 Höhenmeter. Ein auf und ab entlang der Reben, es ist trocken, viel zu trocken. Die Landwirte sehnen Regen herbei. Hier zu laufen, hat etwas meditatives. Wir sind nahezu alleine und die Ernte ist fast eingeholt.
Das nächste Ziel ist ein bekanntes Ziel. Der Gardasee. Ein anderes Italien. Mehr Trubel. Mehr Sport und Tourismus sowie Trails, die ich durchaus gut kenne. Der einzige Regenmoment des ganzen Urlaubes überrascht uns im Auto auf der Autobahn. Mit dem An-
kommen in Arco schließt der Himmel seine Pforten. Ab heute teilen meine Frau und ich die Interessen. Sie widmet sich der Meditation und dem Yoga, ich der populären Bewegungskultur auf Trails im Kletterrevier zwischen Arco und Riva. Am Abend schließe ich mich der bunten Gruppe der Yogis an und stelle fest, dass ich mindestens genauso in mir Ruhe. Trailrunning und Yoga scheinen also durchweg gute Resultate zu erzielen und sich ähnlich zu sein. Zudem wirken die Tage hier wie eine Entgiftung - das Essen im Kushi Ling Haus ist vegan, organisch und lediglich von heißem Wasser und Tee begleitet. Dass ich mir tagsüber als Laufnahrung auch mal einen Krokant-Eisbecher im Ortszentrum von Arco einverleibe, mach ich am Abend nie zum Thema. Jedenfalls laufe ich dieser Tage tolle und anspruchsvolle Trails. Einmal rund 15 Kilometer und ein anderes mal fast 25 Kilometer. Es ist steil, denn die Gegend am Lago di Garda kennt nichts anderes.
Um ehrlich zu sein, ist das Highlight der Reise in Richtung Heimat gelegen, denn die letzten Tage verbringen wir feudal in Südtirol im Vinschgau. Das Gegenprogramm zu unserem Aufenthalt am Lago - statt smartem Verzicht, gibt es hier im Sterne-Hotel ein mehr-
Diese ikonische Italienreise in unsteten Zeiten lässt mich darüber nachdenken, ob ein Leben im Vinschgau nicht das Beste für mich wäre.
Lügen bringt nicht viel: das Piemont ist ein Traum, das Essen ein Gedicht, der Wein ein Lebensziel, aber Laufen macht am Lago di Garda natürlich mehr Spaß.
gängiges Menü, Frühstücksbuffet und Wellness mit Pool, Saunalandschaft und türkischem Hamam. Mals ist ein malerischer Ort mit Ortlerblick und unzähligen Möglichkeiten zu laufen und zu wandern. Im Oktober mag man zwar nicht unbedingt in die absoluten Höhen, aber die perfekt markierten Halbhöhenwege sind ideal für Profis und auch für alle, die mit alpinem Laufsport sanft beginnen möchten. Drei weitere Läufe trage ich in mein Buch ein und bekomme dabei nur pure Sonne ab. Irgendwann ist dann auch dieser Urlaub zu Ende. Ein fabelhafter Trip in die Herzen Norditaliens, in unterschiedlichsten Landschaftsformen und kulinarische Kulturen. Wenn wir doch nur etwas mehr von dieser beseelten Mischung aus Genuss und Lebensart hätten. Zu Hause angekommen hat Bayern dann recht schnell von Italien gelernt. Der späte Oktober gibt mit 22 Grad sein Bestes. Na also - ein bisschen Italien geht immer.
INFOS & STRECKEN
Unsere Spots
Piemont
Monferato/Asti Unterkunft: www.moonfra.fr
Gardasee
Arco Unterkunft: www.kushi-ling.com
Vinschgau
Mals Unterkunft: www.hotelgarberhof.it
Trailrouten auf www.trail-magazin.de/italia
Text: DENIS WISCHNIEWSKI Fotos: JORDI SARAGOSSA
Passt mir doch!
Einst dachte ich, ich bin einer für die schnellen und kurzen Sachen, dann nach einem Achtungserfolg, ein Held der Langstrecke um heute zu wissen, dass es wohl etwas dazwischen ist. Wie findet man eigentlich die Wettkampf-Distanz, die wirklich zu einem passt?
Mein Laufsport ist heute und war und schon immer eine Sache der reinen Distanz. Ich war nie wirklich an der Zeit interessiert. Selbst, als ich in jungen Jahren - damit meine ich die Zeit vor dem ersten Sex - einen Marathon in sehr deutlich unter 3 Stunden lief, rannte ich mehr mit dem Blick auf die Kilometerzahl, als auf die Stoppuhr.(Damals gab es keine Sportuhren). Ich erinnere mich: Es war magisch endlich die 10 Kilometer Marke zu überschreiten und kurze Zeit später die 20, die 30 und dann. Tja dann kam wohl das bis heute unerreichte Gefühl, als ich über die Marathondistanz lief und mich nach diesen 50,4 Kilometer an der Isar als ein Ultraläufer fühlen durfte. Zwar irgendwie inoffiziell, weil ohne Medaille und Streckensprecher, aber ich wusste es und das zählte. Ich war unfassbar zufrieden. So tief und mit solch einer intensiven Ausstrahlung. Mein Umfeld konnte mit meinem High wenig anfangen, aber ich hätte dieses Gefühl und diese Tatsache gegen nichts eingetauscht - nicht gegen einen Sportwagen, ein neues Reiheneckhaus oder eine Gehaltserhöhung.
Da war mir klar - Distanz schlägt jedes Tempo. Zumindest für mich. Und doch verlor ich mich in den folgenden Jahren einige Male fundamental in Verwirrungen um die Streckenlänge. Ich lief Ultras ohne darauf vorbereitet gewesen zu sein, ohne diese wichtigen langen Vorbereitungsläufe, ich startete bei Bergläufen oder Skyraces, ohne auch nur jemals zuvor Gedanken an Intervall-Einheiten und meinen anaeroben Schwellenbereich verschwendet zu haben. Also endeten beide Abenteuer in einem Fail. Die Ultras finishte ich unter größten Schmerzen, nur unter starkem Einsatz meines schwäbischen Starrsinns, die kurzen Bergläufe startete ich mit den Besten, um letztlich zerknittert im Wanderschritt im Mittelfeld anzukommen.
Wie findet man denn nun seine Traumdistanz, die Streckenlänge bei einem Wettkampf, die total gut zu einem passt? Basetrail, Basetrail XL oder doch der Supertrail? Die 110 Kilometer beim GGUT oder doch etwa besser die 37 Kilometer über den Gletschersee?
Irgendwann hab ich es jedenfalls kapiert. Es hat gedauert, weil ich lange Jahre auch einem Bild von mir gerecht werden wollte, das ich längst nicht mehr aufrechterhalten konnte. Man ist nicht ewig und immer ein Ultarunner. Nein. Man ist ein Ultrarunner, wenn man Ultras läuft und wenn man das nicht tut, ist man ein Läufer oder Jogger. Auch so eine Erinnerung: Ich stand am Start eines 100 Kilometer Ultratrails. 23.00 Uhr. Als Zuschauer. Da liefen sie nun, die Helden mit ihren Stirnlampen und ihren bedeutungsschwangeren Blicken, und ich applaudierte, legte mich ins Hotelbett und schnarchte meinem 10.30-Uhr-Start der 25 Kilometer entgegen. Natürlich alles weit weniger heldenhaft, aber eben genau das, was bestens zu meinen 15 Kilometer-Trainingsläufen passte.
Tipp 1 lautet also: Lade Dir schlicht keine Renndistanzen auf, die Du im Training seit langem nicht mehr leisten konntest oder wolltest. Es mag sein, dass Du in Deiner Laufgruppe, in Deinem Verein, der oder die legendäre Ultraikone bist, aber was nutzen alte Leistungen, wenn seit langer Zeit der Longrun nach zwei Stunden zu Ende ist. Vielleicht sollte man seine perfekte Distanz nicht nur an das Training knüpfen, sondern auch mit allen anderen Voraussetzungen in Verbindung bringen - Talent. Oder Regenerationsfähigkeit. Wer seinen Motor mit scheinbarer Leichtigkeit nach oben drehen lassen kann und eine enorme Leidensfähigkeit hat, sollte die Kurzstrecke, Trails bis zum Halbmarathon, Skyraces und klassische Bergläufe für sich aussuchen. Ein enormer Vorteil dieser eher kurzen Strecken und Belastungen ist ja auch, dass man oft im Jahr daran teilnehmen kann, denn der Körper erholt sich überraschend schnell von Renneinsätzen die ein bis drei Stunden nicht überdauern. Bei Ultras sieht das anders aus. Selbst wenn die Psyche rasch wieder frisch ist, brauchen Muskeln, Sehnen und der gesamte Körper oft Wochen, bis Heilungsprozesse abgeschlossen sind. Wer also gerne wöchentlich am Start
eines Wettkampfes steht, sollte sich auf kurze, intensive Rennen fokussieren. Im Hinblick auf einen Sport, den man über viele Jahre betreiben will, sicher eine gute Idee. Nicht alle sind für eine Karriere als Ultrarunner gemacht. Mancher hat dafür einen robusten Körper, andere hingegen nicht. Niemand hat behauptet, dass Trailrunning immer fair wäre. Es gibt auch kein Schwarz und Weiss. Im Laufe einer Laufkarriere dürfen sich Interessen ändern. Mal mehr Asphalt, mal mehr Berg, mehr Länge, weniger Tempo, mal mehr Genuss und mal mehr Blick auf Zeiten und Platzierung. Am Ende muss alles in Einklang mit der Psyche und dem Körper stehen. Ich habe Leute kennengelernt, die nach einer intensiven Karriere auf 100 Kilometer und 100 Meilen Trails in ihren späten 50ern wieder konsequent Freude bei Bergläufen und knackigen Strecken gefunden haben, weil der Körper die Belastungen der langen Strecken schlicht nicht mehr mitgemacht hat. Entscheidungen werden einem manchmal einfach abgenommen.
Tipp 2 lautet: Höre mit aller Konsequenz und ohne Einfluss von außen auf Deinen Körper und breche auch mit alten Gewohnheiten. Mit einer Anpassung im Training hast Du bei kurzen Rennen natürlich auch mehr Spass, denn hochpulsiges Laufen kann man lernen, kann man aushalten und lieben lernen.
Andersherum: Wer sich über Jahre im 10-Kilometer-Volkslauf und Berglauf verloren hat, sollte einfach mal, über Longruns am Wochenende, in Richtung Trailmarathon oder Ultratrail starten. Am Ende erkennt da jemand, der bislang sein Glück im Schwellenbereich sah, dass so ein bedächtiges, meditatives und oft gemeinschaftliches Laufen über viele Stunden ein ganz neues Gefühl für ihn ist.
Tipp 3 lautet dann wohl: Nichts muss für immer und ewig sein. Courtney Dauwalter wird in absehbarer Zeit nicht
Weltklasse-Trailrunnerin Sara Alonso hat längst ihre Länge gefunden sie fühlt sich bis und um die klassische MarathonDistanz sehr wohl.
ernsthaft gegen Nienke Brinkmann bei den Golden Trails laufen und aus Remi Bonnet wird vermutlich kein UTMBSieger. Diese drei Profis haben, das bestätigen ihre aussergewöhnlichen Erfolge, ihre idealen Rennformate gefunden und ihren Einsatz darauf nahezu perfektioniert. Wir müssen das nicht. Wir dürfen so lange oder kurz laufen wie es uns gefällt und das nicht nur vom Erfolg abhängig machen und dennoch sollten wir, um möglichst maximalen Spaß am Sport zu behalten, immer wieder die Distanz überprüfen, denn oft überfordert sie uns und manchmal dürfen wir sie auch nach oben hin verändern, um neue Facetten unseres Hobbys auszuloten.
Ein Trainings-Experte würde nach einer umfassenden Trainingsanamnese und Diagnostik ganz sicher wissen, ob Du für kurze oder ganz lange Strecken prädestiniert bist und doch wird Dich alleine dieses Wissen nicht unbedingt glücklich und zufrieden auf eine bestimmte Distanz schicken, denn was Dein Kopf will, wo Deine Lust liegt, wird auf dem Ausdruck der Laborauswertung nicht stehen.
Eines noch am Schluss. Lange Distanzen und Ultrastrecken sind für viele ein Segen. Wieso? Weil man hier Erfolge feiern kann, die einem bei Bergläufen oder TrailMarathons vielleicht für immer verschlossen bleiben. Wer trotz mangelnder Athletik, Schnelligkeit und potenter VO2max im Ziel ein Held sein will, ist auf den ganz langen Strecken bestens aufgehoben. Hier ist ein Finish wie ein Sieg und der Wille so wichtig, wie das beste Training und Talent.
Text: BENNI BUBLAK Fotos: JOAOM FARIA. PHILIPP REITER, JORDI SARAGOSSA
5 Tage Nepal, Patagonien, Azoren und nun Madeira – die Schauplätze des Golden Trail Finales sind alljährlich spektakulär. Genauso die Leistungen der Welt-Trail-Elite Brutales Ding
Brutales Ding
Nienke Brinkmann:
Die Niederländerin ist der Shooting-Star dieser Saison. Erst siegt sie phänomenal beim spanischen Klassiker Zegama, um im Sommer kurz die Disziplin zu wechseln und bei den Marathon Europameisterschaften aufs Podium zu laufen. Genauso wie Remi Bonnet ist früh klar, dass der Gesamtsieg der GTWS an die Nike Athletin geht. Die Wahl Züricherin läuft jede einzelne Etappe und gewinnt drei von fünf Etappen. Selbst ein, aufgrund eines gebrochenen Handgelenks eingegipster Arm, konnte sie nicht stoppen. Aber zumindest in den Downhills ließ sie es vorsichtshalber ein wenig ruhiger angehen. Zusammen mit den beiden USGirls Sophia Laukli und Allie Mc Laughlin bildet sie eine ganz neue Generation richtig schneller Trail-Läuferinnen. Wir sind schon jetzt gespannt, wer im nächsten Jahr die Nase vorn haben wird.
Ida-Sophie bei ihrem FKT-Run auf dem Dolorama Höhenweg.
Remi Bonnet:
„Ich denke, ich bin in der Form meines Lebens“, strahlt der schmale Schweizer, der seit einigen Wochen von einem Sieg zum Nächsten rennt. Nach einem eher durchwachsenen Saisonstart und einer langen Suche nach der Form, dominiert er die beiden letzten Rennen der GTWS in den USA, den Pikes Peak Ascent und das Flagstaff Sky Peaks. Und auch auf Madeira läuft er wieder in seiner eigenen Liga, gewinnt vier von fünf Etappen und die Climb Sonderwertung in souveräner Manier. „Treppen liegen mir einfach.“ Sagt der Salomon Athlet, dem das steile Gelände auf Madeira mit Sicherheit zu Gute kam. Nur bei der Sprint Etappe an Tag drei muss er sich seinem ärgsten Verfolger, dem Marokkaner Elhousine Elazzaoui, knapp geschlagen geben. Schon am vorletzten Tag ist klar, dass Remi in der Gesamtwertung der GTWS nicht mehr vom ersten Platz zu verdrängen ist.
Daniela Oemus:
Die Thüringerin ist erst Anfang des Jahres das zweite mal Mutter geworden. Umso beeindruckender, dass sie die nationale Golden Trail Serie gewann und sich somit für das Finale auf Madeira qualifizierte. Hier konnte sie sich letztendlich auf Platz 4 der Open Kategorie platzieren und leistete damit einen entscheidenden Beitrag zum Gesamtsieg der DACH -Läufer in der Teamwertung. Im direkten Vergleich mit den besten Trail-Profis der Welt schlug sie sich mehr als wacker und landete auf Rang 13 der Overall Wertung. Nach dem Rennen flog die junge Mutter schnell wieder zurück nach Jena, um am Tag darauf schon wieder ihrem Job als Chirurgin im Klinikum Jena nachzugehen.
S
Stufen, steile Anstiege, rutschige Waldtrails, wechselhaftes Seewetter, schmale Singletrails, endloses Grün und nochmals Stufen, Stufen, Stufen – dafür ist die Trailrunning Insel Madeira bekannt. Für das Finale der Golden Trail Serie war das portugiesische Eiland daher der perfekte Schauplatz. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Denn im vollen Fokus dieses 5-tägigen Etappen Rennens standen die Athletinnen und Athleten, die aus allen Teilen der Welt angereist waren. „Alle Athleten waren im selben Hotel untergebracht. Es war, trotz des Wettkampf-Charakters, ein gelebtes Miteinander.“ Berichtet uns Philipp Reiter, der als Photo- und Videograf nicht von der Seite der Athleten wich. Philipp ist seit dem Start der Golden Trail Serie im Jahr 2018 immer dabei, um das Renngeschehen aber auch alles drumherum abzubilden. Während die Serie zu Beginn noch sehr eng mit Hauptsponsor Salomon und deren Athleten verknüpft war, hat man inzwischen das Gefühl, dass sich diese zuvor sehr enge Bande ein wenig löst. Der Athlet selbst, egal von welchen Sponsoren er unterstützt wird, steht im Mittelpunkt der stets hochwertigen Berichterstattung. „Eine Idee der Golden Trail Serie ist es auch, dass die Athleten ihren eigenen medialen Wert steigern, dadurch interessanter für Sponsoren werden und letztendlich sich und ihren Sport professionalisieren“, berichtet uns Philipp Reiter.
Das Regelwerk dieses Finales ist komplex. Das Konzept orientiert sich lose an der Tour de France. An jedem Tag der fünf Etappen kann man Punkte für die Gesamtwertung der Golden Trail Series sammeln. Dabei müssen die Athlet:innen nicht jede Etappe zwingend absolvieren. Neben der Gesamtwertung gibt es drei Sonderwertungen, für die man Punkte sammeln kann, indem man die jeweiligen Segmente für Uphill, Sprint und Downhill besonders schnell absolviert. Für Athlet:innen, die nicht ganz vorne mitlaufen, eine willkommene Chance, sich entsprechend ihrer Stärken zu positionieren. Die hart umkämpfte Allie McLaughlin:
Weil ihr Flug aus den USA ausgefallen ist, kommt Allie McLaughlin erst Mitten in der Nacht vor der ersten Etappe auf Madeira an. Ihr Koffer weilt derweil noch irgendwo auf dem portugiesischen Festland. Die erste Etappe läuft die On-Athletin also nicht nur ohne Schlaf, sondern auch ohne Rucksack – das Handy hält sie in der Hand – auf Platz 1. Vorallem bergauf läuft die schlanke US-Amerikanerin, die die letzte Etappe verkleidet als Harley Quinn läuft, in ihrer eigenen Liga. Sie startet bei drei der fünf Etappen. Nur beim Sprint hat Nienke Brinkmann knapp die Nase vorn. Die anderen beiden Etappen gewinnt sie souverän. „Allie ist total verrückt. Sie ist nicht nur auf dem Trail immer vorne dabei. Raucht und trinkt – und ich meine kein Wasser“, berichtet uns Philipp Reiter.
Thomas Roach:
Genauso wie Daniela, gewann der Brite die nationale Golden Trail Serie. Warum gewinnt ein Brite so viele Rennen im DACH Raum? Ganz einfach, die Heimat des Familienvaters ist schon seit vielen Jahren die Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck. Der Botanik Professor mit den krausen Haaren läuft schon seit Ewigkeiten auf dem allerhöchsten Niveau. Eine erstarkende Trailrunningszene in Innsbruck ermunterte ihn in den letzten zwei Jahren vermehrt Trailrennen zu laufen. Und zu gewinnen. Auf Madeira war er die Überraschung schlechthin, als auf der zweiten Etappe nur dem viele Jahre jüngeren Remi Bonnet den Vortritt lassen musste. Auch auf den anderen Etappen platzierte sich der 42-Jährige stets in den Top Ten und wurde letztlich Zweiter in der Open Kategorie, knapp hinter Teamkollege Manuel Innerhofer.
Downhill Wertung beispielsweise gewinnen am Ende der Norweger Anders Kjaerevik sowie die Schweizerin Charlotte Moermann. Letztere ist Teil des Teams DACH. Die drei besten Läufer und Läuferinnen einer nationalen Trail Serie waren nicht nur für das Finale qualifiziert, sondern liefen dort auch in einer eigenen Teamwertung. Am Ende freuten wir uns sehr, dass die sechs Athlet:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz diese Wertung souverän vor Italien und Spanien/Portugal gewinnen konnten. Zwei, die mit ihren starken Leistungen viel dazu beitrugen, stellen wir Euch genauer vor. Neben Daniela und Thomas, sowie der schon erwähnten Charlotte, gehörten noch Manuel Innerhofer, Dorian Marchal und Lena Laukner zu diesem erfolgreichen Team. Etwas schade, dass aufgrund mangelnder Netzabdeckung die Gelegenheit, dieses Spektakel live zu verfolgen, nicht ermöglicht werden konnte. Dafür gab es jeden Abend eine Live TV Show mit bildstarker und kompetenter Zusammenfassung. Namen, die dort des öfteren fielen, waren die von Remi Bonnet, Nienke Brinkmann und Allie McLaughlin. Warum, verraten wir Euch ebenfalls gesondert. Außerdem haben wir mit Philipp Reiter gesprochen. Als Mann hinter der Kamera, hatte der Berchtesgadener einen stressigen aber erfüllenden Job zu verrichten. Wir wollten von ihm wissen, wie sein typischer Tagesablauf auf Madeira aussah. Der Wecker klingelte meist kurz vor sechs. Anschließend haben wir die Athlet:innen auf ihren Zimmern gefilmt, wie sie sich für das Rennen herrichten. Dann kurz Frühstück und schon ging es los mit dem Auto zum Start der Etappe. Während der Fahrt habe ich meist noch Fotos hochgeladen und Social Media bespielt. Nach dem Start war ich mit Fotografen-Kollege Jordi Saragossa und zwei weitere lokalen Kollegen auf der Strecke unterwegs, um das Renngeschehen in Fest- und Bewegtbild zu dokumentieren. Gleichzeitig haben wir Live-Infos über den Social Media Kanal auf Instagram geteilt. Nach dem Zieleinlauf aller Läufer:innnen ging es möglichst schnell zurück. Schon im Auto beginne ich die Bilder des Tages zu bearbeiten. Im Hotel geht es weiter: Postings fertig machen, Fotos sortieren, hochladen und für Athleten und Presse zugänglich machen. Am Nachmittag haben wir immer die abendliche TV Show geplant. Heißt ein Script entworfen und dementsprechend das Footage des Tages selektiert. Nach der TV Show ging es dann um 21 Uhr endlich zum Abendessen. Da haben wir uns meist Zeit gelassen, weil das der erste Moment des Tages war, wo man mal kurz durchschnaufen konnte. Danach war dann endlich mal Zeit für die Dusche, bevor ich am späten Abend im Bett noch ein paar Dinge hochlud, die Website aktualisierte und den nächsten Tag plante. Als ich endlich die Augen zumachte, war Mitternacht meist längst passe'.
Phönix aus der Asche
Corona, ein Vulkanausbruch, dann der Neustart - die Transvulcania ist zurück, als Teil des UTMB, und doch schwächer als gewohnt.
Petter Engdahl vor Miguel Angel Heras vor Cristofer Clemente. Aby Hall vor Yngvild Kaspersen vor Jessica Tipán. Soweit der Zieleinlauf im gleißenden Licht von Los Llanos de Aridane, dieser Stadt in Orange. In einem normalen Jahr würden wir uns jetzt lange mit diesen Sieger:innen und Platzierten aufhalten. Zumal bei der Transvulcania, die für ein Jahrzehnt, neben dem UTMB, eine Leitwährung im Trailrunning war. Legendär die Zweikämpfe zwischen Kilian Jornet und Luis Alberto. Der fünfte Platz von Stephan Hugenschmidt in 2014, eines der bis dato beeindruckendsten Rennen eines deutschen Athleten. Der Streckenrekord von Ragna Debats 2019, ein Lauf im Rausch. Großer Sport, gewiss auch in diesem Jahr. Und doch stand die Transvulcania 2022 im buchstäblichen Schatten eines viel größeren Ereignisses: des Vulkanausbruchs am Westhang des Höhenrückens Cumbre Vieja. Fast zwei Monate lang war die Lava unerbittlich über die Insel geflossen. Besonders stark betroffen war Todoque, ein Gemeindeteil des Tranvulcania-Zielortes Los Llanos. Fast 1300 Wohnhäuser wurden zerstört und 370 Hektar Bananenplantagen unter Vulkangestein begraben. Noch im Livestream des Rennens am 22. Oktober, 13 Monate nach dem Vulkanausbruch, konnte man den Bergrücken im Hintergrund der Drohnenaufnahmen rauchen sehen. Wir begrüßen die Entscheidung, die Transvulcania mit der notwendigen zeitlichen Verschiebung auch in diesem Jahr ausgetragen zu haben. Auch weil vor Ort spürbar wurde, wie sehr sich die Insel ein solches Wochenende der Normalität gewünscht hatte. So gesehen war diese Transvulcania über 73 Kilometer und 4.800 positive Höhenmeter also ein ganz normales Rennen, wenn auch aufgrund der Terminverschiebung vielleicht ein wenig schwächer besetzt. Ob sie hingegen ein ganz besonderes Datum (ab 2023 wieder im Mai) im Trailkalender bleibt, wird auch davon abhängen, ob der Tranvulcania, inzwischen ja Teil der UTMB-Serie, ihr eigener Charakter und ihre besondere Stellung weiterhin zugestanden wird.
EVENT Western States 100 by UTMBPORTRÄT Andi Rieder Text: BENNI BUBLAK Fotos: ULTRA TRAIL DU MONT BLANC Dem Schatten
Andi Rieder ist ein Spät-Berufener. Erst mit 32 Jahren entdeckt der Brooks Athlet sein Lauf-Talent und steht nun vor der Herausforderung, die neue Leidenschaft mit dem Familien- und Arbeitsleben zu verknüpfen. Das Porträt eines Profis. Im Leben, wie im Sport.
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„Andreas Rieder war ein übergewichtiger, rauchender Partytiger“, schrieb die Tiroler Tageszeitung jüngst über den Brooks-Athleten aus dem Zillertal. Als ich Andi in seinem Zuhause in Aschau mitten im Zillertal besuche, kann ich mir das kaum vorstellen. Mir macht ein überaus netter und zurückhaltender Familienvater die Tür auf. Andi, der bei einem großen Energietechnik-Unternehmen im Inntal Vollzeit arbeitet, klappt gerade den Laptop zu. Heute hat er ausnahmsweise mal Homeoffice gemacht. Nebenbei passt er auf seine beiden Töchter auf. Ja es stimmt, er habe über 30 Kilo abgenommen, nachdem ihm ein Arzt mit Anfang 30 Bluthochdruck diagnostizierte. Die typische Story „von der Zigaretten und Alkohol konsumierenden Couch-Potato zum Spitzensportler“, die man in einigen Lokalzeitungen über ihn liest, will er dann aber doch nicht erzählen. Dafür ist der Zillertaler viel zu zurückhaltend. Er hat das dann halt einfach gemacht. Hat von einem Tag auf den anderen mit dem Sport angefangen. „Wenn ich mich entscheide etwas zu tun, dann mache ich es richtig. Genauso wie ich mich früher in extremem Maße nicht bewegt habe, begann ich plötzlich mit vollem Enthusiasmus zu laufen.“ Als er sich in der Sportklinik im Zillertal einer routinemäßigen Leistungsdiagnostik unterzieht, bescheinigt ihm der Doc sogar ein echtes Lauftalent und ermutigt ihn, etwas daraus zu machen. Aber nicht nur das, er schreibt dem Laufanfänger sogar einen Trainingsplan. Noch heute ist dieser Arzt der Trainer von Andi Rieder.
Es ist tatsächlich noch nicht mal vier Jahre her, dass Andreas Rieder ernsthaft mit dem Lauftraining begann. Seinen ersten Wettkampf bestreitet er im Jahr 2019 beim Innsbruck Alpine Trail Festival. „Meine Frau und ich mussten ein bisschen lachen, als Du mich kontaktiert hast“, sagt Andi zum Autor dieser Zeilen. „Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, wir haben uns damals vor dem Wettkampf getroffen und ich habe dir mit Kleingeld für den Parkautomaten ausgeholfen.“ Wie peinlich denke ich. Tatsächlich erinnere ich mich schwach an die Situation,
und dass ich sogar versprach mich bei nächster Gelegenheit mit einem Bier zu revanchieren. Ein Versprechen, welches noch immer offen ist, aber bei nächster Gelegenheit eingelöst wird. Jetzt erst Recht, wo es auf gedrucktem Papier festgehalten wurde. Tatsächlich konnte Andi sein erstes Rennen, den K15 beim IATF gleich gewinnen. Im Pitztal und in Mayrhofen gewann er in diesem Jahr noch zwei weitere Rennen. Spätestens jetzt ist klar, in diesem Zillertaler Körper steckt ein wahnsinniges Lauftalent. Eine Erkenntnis die anderen, vermeintlich jüngeren, Geistern vielleicht zu Kopf gestiegen wäre. Nicht aber dem Zillertaler, der das Laufen sehr gewissenhaft und mit viel Kopf betreibt. Dafür spricht auch, dass er noch nie ein Rennen vorzeitig beenden musste. Obwohl, auf dem Papier hat er dann doch ein einziges DNF stehen, gesteht er schmunzelnd. Bei einem Fünf Kilometer Bahn Rennen rebelliert nach ein paar Runden der Darm. Andi verließ das Stadionrund, um sich seiner Notdurft zu entleeren, kehrt aber selbstverständlich zurück und beendet das Rennen – wenn auch komplett abgeschlagen auf dem letzten Platz. Erst zu Hause wundert er sich, warum neben seinem Namen auf der Ergebnisliste die drei Buchstaben DNF stehen. Auf Nachfrage erfährt er, dass das Verlassen der Bahn während des Wettkampfes nicht gestattet ist. Andi nimmt es mit Humor. Ohnehin war dieser kurze Wettkampf eher als Vorbereitungsrennen im Rahmen seines Trainingsplans für das große Saisonhighlight geplant: Den OCC beim UTMB.
Das Training von Andi muss vor allem eines sein: Sehr effizient. Schließlich bleibt neben Job und Familie nicht mehr viel Zeit übrig. Und dass diese beiden Pole im Leben des 36-jährigen Vorrang haben, daran lässt er keine Zweifel. So kommt es, dass der Wecker auch des Öfteren schon um 4 Uhr morgens klingelt, um die Trainingseinheit noch vor Arbeitsbeginn um 6 Uhr durchzuziehen. Auf mehr als 8 Stunden Training pro Woche kommt schon eine Sache die mich ungemein fasziniert und die ich frenetisch verfolge.“ Im Frühjahr diesen Jahres bereitet er sich daher gewissenhaft auf einen Marathon vor. Schade, dass eine Covid Infektion den ganzen Aufbau aus den Fugen reißt. Den Marathon läuft Andi im Mai natürlich trotzdem. Eine 2:34 läuft er in Salzburg trotz der suboptimalen Vorbereitung. Danach geht es wieder auf den Trail. Ende Juli wird er, wie schon im letzten Jahr, Österreichischer Staatsmeister im Bergmarathon. Eine offizielle Meisterschaft des österreichischen Leichtathletikverbandes. Damit qualifiziert er sich auch für die WM dieses Jahr in Thailand. „Ich hab mich aber dagegen entschieden, weil seitens des ÖLV nur eine sehr kurze Anreise ermöglicht wurde. Das hat für mich keinen Sinn ergeben. Wenn man in Thailand läuft, muss man gut akklimatisiert sein.“ Bei der WM in Innsbruck nächstes Jahr wird er aber mit Sicherheit am Start sein. Zu dieser Mischung zwischen Trail und Straße („ich mag es schon, wenn ich es rollen lassen kann“) passt auch
er am Ende nur sehr selten. Was für einen Sportler auf seinem Niveau ja doch eher wenig ist. Aber für Andi, der sich aktuell eher auf den kürzeren Distanzen bis Marathon zu Hause fühlt, funktioniert das sehr gut. Apropos Marathon. Wenn jemand mitten im Zillertal direkt am Berg wohnt, könnte man meinen, einen waschechten Trailrunner vor sich zu haben, der nur wenn es unbedingt nötig ist auf asphaltierte Wege ausweicht. Aber weit gefehlt. Andi’s Herz schlägt auch für den klassischen Laufsport. Regelmäßig absolviert er Wettkämpfe auf Bahn und Straße. Auch bei kurzen Crossläufen ist er im Winter regelmäßig anzufinden. „So richtig Höhenmeter mache ich eigentlich nur am Wochenende“, meint der Zillertaler. „Ich wohne zwar unmittelbar am Hang. Aber hier bei uns direkt gibt es keinen Trail. Aber ich trainiere ohnehin viel im Flachen. Die klassische Leichtathletik, zum Beispiel die Leistungen eines Kipchoge, ist
Die typische Story "von der Zigaretten und Alkohol konsumierenden Couch-Potato zum Spitzensportler" will er dann aber doch nicht erzählen.
Andi´s Sponsor. Seit Anfang des Jahres läuft er für das Brooks Trail Team. „Das ist natürlich eine Riesenchance für mich. Das hätt ich mir auch nicht erträumen lassen, dass ich in meinem Alter nochmal so weit komme“, schwärmt der 36-Jährige. „Ich bin super happy, in einem Team mit so starken Läufern zu sein. Die Ausrüstung ist auf höchster Qualität und auch wir als Athleten werden in die Entwicklung der Produkte mit einbezogen.“
Nun müssen wir aber undedingt über das Rennen reden, welches in Andi´s bisheriger Karriere wohl doch eine Wendemarke markierte. Schließlich war Andreas Rieder mit Sicherheit in der Tiroler und österreichischen Laufszene bekannt und anerkannt. Internationalen Beobachtern und auch dem Großteil der Redaktion dieses Heftes sprang er aber erst durch seine bärenstarke Leistung in Chamonix ins Auge. Der OCC im August ist Andi’s erster Ultra und sein bis dato längstes Rennen. So ein Brimborium um ein einziges Rennen hat Andi bis dahin noch nicht erlebt. Auch der Fakt, dass er in der Athleten Unterkunft von Brooks untergebracht ist und als Teil dieses internationalen Teams eine exponierte Stellung einnimmt, macht die Sache nicht gerade einfacher für ihn. Doch Andi bewahrt die Ruhe und macht das einzig Richtige: Er läuft komplett sein eigenes Rennen. Am ersten Checkpoint findet er sich auf Rang 50 wieder. Doch das ändert sich schnell. Kilometer um Kilometer sammelt der Zillertaler seine Konkurrenten ein. Vor dem letzten Downhill liegt er auf Rang 11. Eigentlich ist er komplett am Ende. Die Muskulatur streikt. „Meine große Stärke ist aber wohl, dass ich mich wahnsinnig quälen kann.“ Und so überholt er trotz andauernder Krämpfe noch einen Läufer und überquert auf dem 10. Gesamtrang die Ziellinie in Chamonix. „Wenn ich daran denke, bekomme ich immer noch Gänsehaut. Das war bis dato mit Sicherheit mein größter Erfolg.“ Andi hat Lunte gerochen. Mit Sicherheit wird er wiederkehren zum UTMB. Irgendwann will er auch mal die große Schleife angreifen. Aber noch nicht jetzt. Nur nichts überstürzen. Das ist ganz und garnicht die Art des intelligenten und bedächtigen Familienvaters. „Wir leben hier am Nordhang des Zillertals. Im Winter haben wir kaum Sonne. Dafür ist es im Sommer nicht so heiß“, berichtet mir der sympathische Athlet. Und irgendwie passt das auch zu ihm. Dem Rieder Andi, wie man in Tirol zu sagen pflegt. Ein stiller Arbeiter im Schatten, der die Dinge mit Bedacht und Akribie angeht. Nächstes Jahr wird das große Highlight neben der WM in Innsbruck also wieder der 55 Kilometer lange OCC in Chamonix sein. Wir sind uns sicher: Dieser Typ wird diese beiden Gelegenheiten erneut nutzen und aus dem Zillertaler Schatten hinaus laufen.
PORTRÄT Rosanna Buchauer Mit Plan & Verstand
Text: BENNI BUBLAK Fotos: HENDRIK AUF´MKOLK
Zweimal Platz 5! Natürlich mussten wir am Ende dieses Jahres mit Rosanna Buchauer über ihre Erfolge bei WM und UTMB reden
Heimlich, still und leise hat sich jemand an die Spitze der deutschen Trailrunning Szene gearbeitet. Noch vor zwei Jahren war ihr Name nur den absoluten Szene-Cracks ein Begriff. Auch die UTMB Organisatoren hatten die hoch gewachsene Athletin dieses Jahr nicht auf ihrer Liste. Obwohl sie laut UTMB Index zu den Top Ten Damen beim CCC gehörte, war sie weder auf der Eliteliste zu finden, noch wurde sie bei der Favoritenpräsentation auf die Bühne geholt. Doch die Wahl-Innsbruckerin nahm es gelassen, freute sich über ihren Außenseiterstatus und rollte das Feld von hinten auf. Platz 30 nach dem ersten Checkpoint, Platz 5 im Ziel von Chamonix. Spätestens jetzt war sie angekommen auf dem internationalen Trailrunning Parkett. Die wohl aktuell beste deutsche Trailrunnerin: Rosanna Buchauer.
Eisschnelllauf. Das war der Sport der jungen Rosanna. Vier Nachmittage in der Woche verbrachte die junge Chiemgauerin mit ihren Freundinnen auf der Eisbahn. Naheliegend – ist ihre Heimatgemeinde, die 5000 Seelen Gemeinde Inzell, doch Sitz des bayrischen Landesleistungszentrums für Eisschnelllauf. Mit 16 folgte jedoch erst das jähe Ende der Wintersportkarriere und dann viele Jahre ohne große sportliche Ambitionen. Auslandsjahr in den USA, Weltreise, Surfen. Rosanna’s Vergangenheit abseits des Laufens ist definitiv vielfältig. Während des BWL Studiums in Innsbruck merkte sie, dass ihr was fehlte. Einerseits die Bewegung und andererseits auch etwas Freiraum. „In einer WG lebend war es manchmal schwer, einfach Zeit für mich zu finden, also ging ich laufen. Zu Beginn fungierte das
Eigentlich Maschinen: einzig als Ausgleich.“ Kilian Jornet siegt vor Matthieu Blanchard und Tom Evans.Irgendwann bekommt sie Wind vom Trail Hero Programm von Dynafit, erstellt sich schnell einen Instagram Account, weil das in der Ausschreibung so gefordert wurde, und bewirbt sich. Mit Erfolg. Nun also in Dynafit Schuhen läuft sie ihr erstes richtiges Trailrennen – und wird beim 50 Kilometer langen Glockner Trail sogleich zweite Frau. In den nächsten Jahren läuft Rosanna regelmäßig, ist allerdings noch etwas unbedarft bei der trainingstechnischen Werkzeugwahl. „Ich hatte nie eine Uhr. Irgendwann hab ich gelesen, dass Intervalle helfen. Also habe ich kurze Sprints eingebaut. Einmal bis zur nächsten Laterne Vollgas. Im Nachhinein muss ich über diese 10-sekündigen Laternensprints sehr lachen.“ Nach einer längeren Pause aufgrund der Pandemie und einer Verletzung beschloss sie, auf der Suche nach weiterer Professionalisierung, etwas zu ändern. Zuerst war sie skeptisch, doch dann entschied sie sich, es mal mit einem Trainer zu probieren, legte sich eine Uhr und einen Brustgurt zu und befolgte von nun an die Anweisungen Rosanna im Downhill von Arne Christian Wolff, Trainer bei bei der WeltmeisterTwo Peaks Endurance. „Es war viel besser, als ich erwartet hatte. Es half schaft in Chiang Mai, Thailand Anfang November. mir meinen Alltag von nun an besser zu strukturieren, da ich genau wusste, was zu tun war. Vorher ging ich oft planlos zwei Stunden laufen, kam zurück und war immer noch unsicher, ob ich nicht eine Stunde mehr hätte machen sollen.“ Die Laternensprints werden durch harte und lange Intervalle ersetzt. 5 mal 500 Höhenmeter auf Anschlag und ähnlich fordernde Einheiten gehören für Rosanna nun zum Täglich-Brot. Das zahlt sich aus. Mit einem starken dritten Platz beim Glockner Trail und einem Sieg beim Madeira Ultratrail (60K) erlief sie 2021, ihrem ersten Jahr unter struktureller Trainingsbegleitung, gleich starke Erfolge ein. Doch der richtige Durchbruch folgte im kommenden, in diesem Jahr. Sicher hilfreich: Die Tatsache, dass Rosanna ihren Job als Projektmanagerin bei Tirol Tourismus für eine Weile stark reduzieren konnte. In Österreich gibt es das schöne Kon-
zept der Bildungskarenz, welches Rosanna erlaubte, eine Auszeit vom Job zu nehmen und im Frühjahr für mehrwöchige Trainingslager auf Portugal und Sardinien zu weilen. Dass es die Bergsportlerin im Urlaub regelmäßig ans Meer zieht, ist kein Zufall. Denn da gibt es noch eine zweite sportliche Leidenschaft, die in Rosannas Herzen schlummert. „Im Gegensatz zum Laufen, wo es immer darum geht, zu pushen und immer weiter zu machen, lehrt mich das Surfen Geduld zu haben und abzuwarten.“ Das Wellen reiten scheint sich auszuzahlen. Jede Menge Geduld beweist Rosanna beim großen Highlight des Jahres. Zu Beginn des CCC ist sie weit entfernt von den Top-Platzierungen. Ehrlich wie Rosanna ist, schreibt sie diesen Umstand aber garnicht übermäßiger Selbstdisziplin zu: „Selbst wenn ich wollte, könnte ich wahrscheinlich nicht viel schneller loslaufen. Meine Stärke war schon immer eher, dass ich ein sehr starkes Durchhaltevermögen und eine hohe Leidensbereitschaft mitbringe.“ Tatsächlich läuft sie die zweite Hälfte des Rennens fast schneller, als die erste. Bei einem 100 Kilometer langen Rennen eine unglaubliche und seltene Leistung. Vor dem Start hatte sie sich eine Platzierung in den Top 20 ausgemalt – wenns gut läuft. „Nach dem 5. Platz schwebte ich daher eine ganze Woche lang auf Wolke 7.“ Zwei Monate später steht sie in Thailand bei der Weltmeisterschaft über 80 Kilometer am Start. Wieder läuft sie im Vergleich zur Konkurrenz betont langsam los. „Diesmal habe ich mir nach 30 Kilometern aber schon etwas Sorgen gemacht, als immer noch über 20 Läuferinnen vor mir waren.“ Doch das Frauenfeld ist eng beieinander. Während andere langsamer werden, wird Rosanna wie gewohnt stärker. An der letzten Verpflegungsstation liegt sie mit drei Konkurrentinnen nahezu gleichauf. Die Plätze vier bis sieben sind noch zu vergeben. „Das war ein
Zuversichtlich wie immer: Rosanna am Start des CCC in Chamonix echt harter Fight bis zur Ziellinie. Ich habe mich anhand der Qualen schon bei dem Gedanken ertappt: ‚ach Siebter bei einer WM ist doch auch ok.‘ Am Ende war ich dann aber doch froh, den inneren Schweinehund überwunden zu haben.“ Wie schon in Chamonix läuft sie erneut auf einen sensationellen fünften Rang. Nach dieser langen Saison hat sich Rosanna die Saisonpause mehr als verdient. „Nach Thailand hab ich es dann genossen, auch mal ganz entspannt auf Arbeit zu sitzen, ohne ständig die Uhr und den Feierabend im Hinterkopf zu haben, damit ich das Training noch unter bekomme. Stattdessen habe ich mich nach der Arbeit direkt mit Freunden auf einen Prosecco getroffen.“ Tatsächlich scheint dies eine der großen Stärken von Rosanna zu sein. Es mag von außen, ob ihrer Professionalität und Fokussiertheit, nicht immer den Eindruck machen, aber die Chiemgauerin ist alles andere als monothematisch unterwegs. Da ist die Familie. Rosanna hat zwei Brüder. Da ist der Freund, sowie ein großer Freundeskreis. „Die meisten meiner Freundinnen haben mit Laufen nichts am Hut.“ Diese Freundschaften zu pflegen, ist Rosanna sehr wichtig. „Dafür stelle ich das Laufen auch mal hinten an. Wenn ich bei meiner besten Freundin hocke und merke, es ist jetzt wichtig, dass ich ihr bis 2 Uhr nachts zuhöre, dann muss die Einheit am nächsten Tag halt mal vom Morgen auf den Abend verschoben werden.“
Rosanna hatte noch nie ein DNF. Sie läuft mit viel Plan und Verstand, arbeitet akribisch für den Erfolg und besitzt die Fähigkeit, sich selbst viel abzuverlangen. Fleiß, Disziplin und mentale Stärke – es klingt wie das typische Klischee der deutschen Tugenden. Auch Hannes Namberger, dem aktuell besten deutsche Trailrunner, kann man all diese Eigenschaften zuschreiben. Es sind also nicht nur Sponsor Dynafit und das Chiemgau als Heimat, das die Beiden eint. Konstanz und Zuverlässigkeit wären noch zwei vermeintlich deutsche Tugenden, die Hannes wie auch Rosanna innehaben. Das „Germany“ bei der WM in Innsbruck im Juni aufs Podium läuft, ist daher durchaus denkbar. Zumal die alpine und technische Strecke zwischen Stubaital und Innsbruck Rosanna’s Stärken durchaus schmeicheln. „Ich bin ein Kind der Berge, fühle mich im Gelände schon seit Kindesbeinen sehr wohl und mag daher Rennen besonders, deren Anforderungs-Profil auch mal über die rein läuferische Qualität hinaus geht.“ Auch die gewohnt akribische Vorbereitung für die WM sollte der Dynafit-Athletin einfach fallen. Schließlich führt die WM-Strecke fast an ihrer Haustür in Axams vorbei. Hat die 32-Jährige also erstmalig richtig Druck vor einem Rennen? „Klar die Erwartungen sind jetzt höher, aber ich mach mir da eigentlich keine großen Sorgen. Solange mein Feuer für diesen Sport noch brennt, und das tut es in jedem Fall, wird das schon laufen“, berichtet Rosanna unverzagt. Bei soviel Zuversicht kann das ja nur was werden. Mit Rosanna’s WM-Erfolg daheim.
RACE Weltmeisterschaften Thailand Vorprogramm und Weltspiele
Bei der ersten gemeinsamen Weltmeisterschaft der Trailrunner und Bergläufer:innen in Thailand war ein Teil der Allerbesten des Sports am Start, um bei verschiedenen Formaten und Distanzen Ruhm, Ehre und Medaillen zu vergeben. Ein Vorgeschmack auf all das, was 2023 in Innsbruck passiert?
Eine Weltmeisterschaft für Trailrunning gab es schon einmal. Seit 2007 finden nämlich die IAU World Trail Championships statt, also die WM der Ultrarunner auf Trails. 2007 wurde der Pole Jaroslav Janicki erster Weltmeister, die Japanerin Norimi Sakurai Weltmeisterin und der Deutsche Jörg sogar Sechster bei dem 50 Meilen Rennen in Huntsville in Texas. In den Folgejahren fand diese WM überall auf der Welt statt, meist auf einfachen Strecken ohne Trail und mit einem Teilnehmerfeld, das seine Wurzeln im klassischen Ultralauf hatte. Die echte Trailszene sah sich über den Verband der IAU nie repräsentiert.
Das änderte sich in den letzten Jahren. Die Strecken wurden anspruchsvoller, die WM-Rennen zogen immer öfter die Weltelite des Sports an. In diesem Jahr gab es nun erstmals eine WM, die mit Fug und Recht behaupten kann, eine WM für all das zu sein was sich Trailrunning nennt. In Chiangmai in Thailand veranstalteten erstmals die Verbände der WMRA, ITRA und jene IAU die Weltspiele gemeinsam. Das führte zu einer sinnvollen Erweiterung der Disziplinen: neben der Ultradistanz, gab es diesmal einen Short Trail, einen Berglauf und einen Berglauf mit anschließenden Downhill. Eine gute Abbildung unseres Sports. Dass in Chiangmai, bei ansruchsvollen klimatischen Bedingungen, ein Teil der Weltbesten, aber doch nicht alle, am Start standen, hatte verschiedene
Die Welt des Trailrunning zu Gast in Thailand - zumindest ein ziemlich schneller Teil davon, sekbst wenn einige der weltbesten des Sports der WM fern blieben.
Berglauf Up (8km/1344vm) 1. Allie McLaughlin (USA) 1. Patrick Kiongeno (KEN) 10. Hanna Gröber (GER)
Berglauf Up & Down (11,2 km 441vm) 1. Rebecca Cheptegai (UGA) 1. Samuel Kibet (UGA) 7. Hanna Gröber (GER)
Short Trail (38km/2425vm) 1. Stian Angermund (NOR) 1. Denisa Dragomir (ROU)
Long Trail (78km/4800vm) 1. Blandine L'Hirondel (F) 1. Adam Peterman (USA) 5. Rosanna Buchauer (GER) 18. Benedikt Hoffmann (GER)
Team Germany war eine kleine Mannschaft mit kleiner SupporterCrew. Die Resultate hingegen waren groß!
Gründe - für viele ist im Oktober ein lange Saison bereits zu Ende, andere liefen das Finale der Golden Trails Series und wieder andere sahen ihre Prioritäten noch immer bei anderen Events und nicht bei einem Rennen der Verbände. Im Vorfeld wurde viel über das nur drei Personen kleine Deutsche Team gesprochen. Wieso nur drei? Nach der Absage von Mitfavorit Hannes Namberger war nicht klar, ob die Deutschen hier um Top-Platzirungen laufen können. Am Ende waren es durchweg positive Überraschungen. Hanna Gröber belegte fast sensationell Rang 7 und 10 bei den Berglauf-Wettbewerben, Rosanna Buchauer eroberte, nach fulminantem Finale Rang 5 beim sehr beachteten Long Trail. Bei den Herren zeigte Benedikt Hoffmann, dass er durchaus zur erweiterten Weltelite zählt. Der 18. Platz gehört zu seinen stärksten Auftritten im Gelände überhaupt. Für die kommenden Weltmeisterschaften, die "World Mountain & Trail Running Championships 2023" in Innsbruck, wird eine völlig andere deutsche Mannschaft an den Start gehen. Zwar werden Gröber, Buchauer und Hoffmann gute Chance haben, auch dort wieder das Nationaltrikot zu tragen, aber die Equipe wird sicher so groß sein, dass alle Slots vergeben sind. Innsbruck wird zudem diese Spiele noch einmal weit professioneller aufbereiten und in der frühen Saison werden nahezu alle, die Rang und Namen haben, mitmachen. Die Titelträger:innen von Chiangmai werden auch für Innsbruck als Favoriten gehandelt, denn an Allie McLaughlin, Adam Petermann oder Stian Angermund müssen die anderen erstmal vorbeilaufen.
Text: MIRIAM MEINHEIT Fotos: PHILIPP FREUND
ZUGSPITZE IM
KREISVERKEHR
„In dieser Trailrunning Saison bin ich viele Ultra Läufe mit jeweils 4.000 bis 5.000 Höhenmetern gelaufen. Daher erschien mir diese Challenge diesen Sommer gut realisierbar. Vor Jahren wäre mir dieses Projekt wahrscheinlich völlig absurd vorgekommen.“
KREISVERKEHR
Seit mehr als zwei Jahren trage ich diese Idee mit mir herum: Alle vier bekannten Wege auf die Zugspitze miteinander zu verbinden und den Gipfel so gleich zweimal zu besteigen. Ganz bewusst habe ich diese persönliche Challenge dabei als Community Run geplant. Mein Fokus lag nicht darauf, das Abenteuer in möglichst kurzer Zeit zu absolvieren, sondern dieses Bergerlebnis mit meinen Freund:innen intensiv zu erleben.
Run 1: 3.30 Uhr Aufstieg von Garmisch über das Höllental auf die Zugspitze
Drei Uhr morgens: Am Garmischer Hausbergparkplatz treffe ich auf die Frühausteher:innen unter meinen alpinistischen Bekanntschaften. „Ein bisschen verrückt ist diese Aktion ja schon, aber gerade das macht es ja so reizvoll“ meinte Lauri, während wir die ersten fünf Kilometer von Garmisch nach Hammersbach locker nebeneinander herlaufen. Dort beginnt der eigentliche Aufstieg durch das Höllental. Also: hinein in die Höllentalklamm, durch die in der Dunkelheit tosende Wassermassen stürzen. Im Schein der Kopflampen passierten wir schmale Stege und Brücken und laufen durch die nur spärlich beleuchteten Tunnel. Dann im Höllentalkessel weiter empor am Höllentalangerhaus vorbei bis zum Einstieg in den Klettersteig. Mittlerweile ist es hell geworden und über dem Höllental erstreckt sich ein goldenes Morgenlicht. Fix erklimmen wir die Stahlleiter und balancieren auf dünnen Eisenstiften über dem Abgrund empor. Während wir weiter aufsteigen, erhaschen wir einen ersten Blick auf den Zugspitzferner. Dieser Gletscher ist in diesem Sommer besonders stark zurückgegangen. Ich muss schlucken, habe ich diesen Gletscher doch noch nie so blank gesehen. Am Gletscher angekommen, ziehen wir schnell unsere Steigeisen über die Schuhe und betreten das Eis. Die meisten Spalten sind gut sichtbar und leicht zu umgehen. Dann heißt es Gas geben, wollen wir doch pünktlich um acht Uhr am Gipfel sein. Am Gipfel der Zugspitze erwartet mich eine freudige Überraschung: Mein Teamkollege Constantin war bereits im Dunkeln über die andere Seite (den Stopselzieher) aufgestiegen, um mich am Gipfel zu überraschen. Gemeinsam machen wir uns an den Abstieg via Gatterl nach Ehrwald.
Run 2: 9 Uhr Abstieg übers Gatterl nach Ehrwald
Auf technischen Downhills geht es zum Zugspitzblatt hinunter. Von der Knorrhütte weiter zum Gatterl und über die österreichische Grenze Richtung Ehrwald. Gerölliges, felsiges Terrain geht allmählich in seichtes Almengelände über, langsam steigen die Temperaturen, entwickelt die Sonne ihre Kraft. Glücklicherweise warten unsere Freunde mit einer
Verpflegungsstation am Parkplatz der Ehrwalder Zugspitzbahn. Jubelnd werden wir nach 35 Kilometern und 3.000 Höhenmetern empfangen. Ein emotionaler Augenblick, hier auf meine Freunde zu treffen, die sich zum Teil extra Urlaub genommen haben, um mich bei meinem Projekt zu unterstützen.
Run 3: 13 Uhr Aufstieg über den Stopselzieher auf die Zugspitze
Gemeinsam starten wir als größte Gruppe dieses Tages in den dritten Zugspitzweg, den Stopselzieher, unser zweiter Aufstieg zur Zugspitze. Dieser ist bekannt als vermeintlich kürzerer, aber heftiger Anstieg, knapp 2.000 Höhenmeter auf weniger als sechs Kilometern. Landschaftlich ist dieser Aufstieg reizvoll: Zu Beginn hat man einen tollen Blick auf den mystischen Eibsee. Der eigentliche Klettersteig ist mit A/B relativ einfach. Wir kommen zügig voran, obwohl nach mehr als 4.000 Höhenmetern auch ich allmählich meine Beine spüre. Dennoch erreichen wir die Zugspitze zum zweiten Mal an diesem Tag, deutlich früher als erwartet. Überglücklich fallen wir uns in die Arme und feierten den Augenblick. Mein Traum ist wahr geworden – ein bewegender Moment.
Run 4: 16 Uhr Abstieg übers Reintal, unser Finish
Es folgt ein ausgedehnter Downhill über das Reintal bis nach GarmischPartenkirchen mit weiteren 23 km und 2.300 Höhenmetern im Abstieg sowie einigen Gegenanstiegen. Im letzten Tageslicht erreichten wir erschöpft, aber glücklich unseren Ausgangspunkt, den Hausbergparkplatz in GarmischPartenkirchen. Unsere Freund:innen empfingen uns lachend und jubelnd. Was für eine intensive, was für eine beglückende Begegnung mit meinem Hausberg und mit den Menschen, mit denen ich meine Liebe für die Berge teile.
Miria Meinheit lebt in Garmisch – es kann deutlich schlechtere Hausberge als die Zugspitze geben. Die 31-Jährige war in dieser Saison eine Vielstarterin mit Podiumsplätzen etwa beim ZUT oder beim Kaiserkrone Skyrace. Beim Transalpine Run gewann sie gemeinsam mit Patrick Ehrentaler den Run2 in der MixedKategorie. Miria Meinheit wird als Trail Hero von Dynafit unetrstützt.
Text: CLEMENS NIEDENTHAL & DENIS WISCHNIEWSKI
DAS IST MEINS!
Alpenüberquerung, alle Gipfel des lokalen Mittelgebirges, ein Homerun in den Wohnort der Kindheit – Trailrunning schreit nach solchen Abenteuern. Sechs Tipps die helfen, das richtige Adventure für sich zu finden.
Man hört sie ja immer wieder, auch in diesem Magazin. Geschichten von Leuten, die einfach losgelaufen sind. Über den Pacific Crest Trail zum Beispiel, so wie Timothy Olson. 51 Tage, 16 Stunden und 55 Minuten lang. Das ist dann aber doch ein wenig zu lang, werdet Ihr jetzt einwenden. Aber genau darum soll es im Folgenden gehen. Um sechs Tipps, die Euch dabei helfen, Euer ganz persönliches Projekt zu finden, zu planen und richtig einzuschätzen. Eine harte, herausfordernde Erfahrung wird so ein Abenteuer ja ohnehin. Mit der richtigen Vorbereitung und viel Lust und Zutrauen aber auch eine wunderschöne, prägende Erfahrung. Schickt uns gerne ein paar Eindrücke von unterwegs.
1. Laufe Deinen Lauf
Intrinsische Motivation. Darum sollte es beim Laufen gehen. Und erst recht beim ersten eigenen Laufprojekt. Eine Alpenüberquerung? Klar hat die jede:r mal auf seiner Bucket List stehen. Aber Hand aufs Herz: Hast Du davon nicht schon viel zu viel gelesen. Und viele Bilder auf Instagram gesehen. Finde stattdessen Ankerpunkte in der Biografie. Orte, die Dir wichtig waren. Oder Deinen Großeltern. Distanzen, die Dein Leben geprägt haben. Berge, die Deine Leidenschaft für die Berge im Generellen ausgelöst haben. Wir machen ein Laufmagazin und finden: Kein Projekt ist faszinierend, ohne die faszinierende, persönliche Geschichte dahinter. Vertraue uns (Und Dir): Auch Du hast etwas Großes und Intensives zu erzählen.
2. Erkenne, was Dir nicht liegt
Biwakieren im Wald oder auf dem Berg. Die einen würden sich am liebsten jeden Abend in den eigenen Vorgarten legen, nur mit Schlafsack und Isomatte. Andere ahnen, dass sie nach so einer Nacht erstmal drei Stunden zu Nichts zu gebrauchen sind. Wetter, also wirklich WETTER, Dauerregen, Sturmböen, nass bis auf die Knochen. Für manche fängt da der Spaß erst an, andere sind eben nicht mit allen Wassern gewaschen. Endlose Flachpassagen. Kann man lieben, oder eben hassen. So ein Projekt ist aber keine Mutprobe. Und so geht es als Letztes darum, etwas zu machen, gerade weil man es eigentlich gar nicht mag. Gönne Dir das Pensionsbett am Etappenziel, verschiebe die Umrundung des Saarlandes (das schreiben wir jetzt, weil das Saarland ja immer als Synonym für eine bestimmte Größenangabe herhalten muss) auf ein sonnigeres Wochenende: Kurz: Schaffe Dir Rahmenbedingungen, in denen Du Dich zuhause fühlst. Und schöpfe daraus die Kraft, auch die wirklich widrigen Momente zu meistern.
3. Es müssen nicht die Alpen sein
Die meisten von uns lieben die Alpen, haben aber eine weit engere Beziehung zu einem Mittelgebirge in der Umgebung des Wohn- oder Geburtsortes. Wer also ein Lauf-Adventure sucht, das auf Trails stattfinden soll, ohne dabei Restgletscherfelder zu streifen, findet im Schwarzwald, Thüringer Wald oder der Schwäbischen Alb bestens markierte Fernwanderwege. Um konkret zu werden: Der Wanderweg HW1 führt über rund 400 Kilometer in einem sagenhaften Auf und Ab einer Bergkante entlang und ist dabei fast immer im Singletrail-Modus unterwegs. Echte Flowtrails mit knackigen Anstiegen, tollen Panormamablicken und Zick-Zack-Downhills. Plane unbedingt mit den deutschen Mittelgebirgen - das sollte auch kulinarisch in Sachen Carboloading eine hochattraktive Angelegenheit sein.
4. Nutze professionell geplante Wettkampf-Strecken
Wer bei einem Trail-Wettkampf teilnimmt, muss sich an einen definierten Termin halten. Das ist im engen Kalender und im Freizeitstress oft nicht so einfach. Deshalb sind eigene Abenteuer so unbeschreiblich praktisch - sie finden, wenn das Wetter passt, in fast jede Lücke und lassen sich verschieben oder vorziehen. Dass ein Veranstalter seine Rennstrecken heute im Vorfeld längst im Detail und als GPX Track zur Verfügung stellt, ist etwas, was wir nutzen sollten. Laufe also den UTMB, ZUT, UTMR oder GGUT einfach für Dich und vielleicht mit etwas Veränderungen, die es zu „Deinem“ Projekt machen. Idee: in die andere Richtung als beim Event, mit Varianten auf die Gipfel der Strecken oder in Teilstücken, aber dafür etwas schneller. Vielleicht brichst Du dann summiert sogar den Streckenrekord!
5. Pimp your Urlaub!
Weil wir alle keine Vollprofis und Berufs-Trailrunner sind, sind Laufabenteuer vermutlich meist eng an den klassischen Urlaub geknüpft. Suche Dir also am Urlaubsort oder auf dem Weg dorthin das ganz besondere Trailrun-Erlebnis. Ein Vorschlag: Lass Dich von der Familie aussetzen! Du könntest beispielsweise die letzten 50 Kilometer vor der Ferienwohnung Deiner Frau, Mann, Freund oder Freundin das Lenkrad überlassen und auf Schuhwerk wechseln. Das bietet sich in Richtung Cote d Ázur an, wenn Du diese Reststrecke auf Traumtrails der Seealpen läufst. So happy kam noch niemand am Urlaubsort an!
6. Mache Dein Projekt zu Eurem Projekt
Laufen ist oft eine einsame Angelegenheit. Langes Laufen umso mehr. Und gerade bei einem persönlichen Laufprojekt geht es ja genau um diese Grenzerfahrungen. Die Kilometer und Stunden jenseits der Komfortzone. Die Momente, in denen man sich selbst noch einmal ganz neu und anders begreift. Spätestens bei einem mehrtägigen Projekt ist eine Crew aber hilfreich. Die beste Freundin, die Eltern, vielleicht der erfahrene Läufer, der Dich damals zum Trailrunning gebracht hat. Gerade wenn absehbar ist, dass diese Stunden oder Tage läuferisch fordernd werden, macht es Sinn vieles Übrige zu delegieren. Die Voraussetzung dafür: Gib Deinen Mitmenschen ganz unbedingt das Gefühl, elementarer Teil Deines Abenteuers zu sein. Ach was, Eures Abenteuers.