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FOTOREPORT Kraft der Sonne
Die Geschwister El Kott bei einem Trainingslauf auf den Kanaren kurz vor Sonnenuntergang
Irgendwie im Taunus: Späte Herbstsonne geht unter und Kälte schiebt sich in Feld und Flur.
Was hast Du mir gefehlt, damals in dieser Frühlingsnacht auf der Ostseeinsel Bornholm. Was habe ich die verflucht, die an deiner statt da waren. Die Dunkelheit und die Kälte. Selbst den Mond, dabei mag ich den Mond eigentlich. Was habe ich vor allem mich verflucht, für die mindestens durchwachsene Idee, für meinen ersten Fünfzigmeiler ausgerechnet ein Rennen auszusuchen, das um Mitternacht startete. Dabei meinte es der Mai sogar mild mit uns, kein Grund zum lamentieren. Aber, hey, Müdigkeit trifft auf Dunkelheit, aber über den Schlaf werden wir an spätere Stelle in diesem Magazin noch viel erzählen. Jedenfalls kamst Du auf einmal zurück. Mit einem zarten, ganz zarten Glitzern zunächst. Ein erster wärmender Strahl. Du hast mir den Tag gerettet. Und meinen ersten Fünfzigmeiler sowieso. Der Sonnenaufgang gehört zu den ikonografischen Momenten am Berg und gleichsam im Trailrunning. Selbst ich, der ich normalerweise die ganz frühen Läufe meide, muss, sobald ich irgendo das Laufen mit dem Reisen verbinde, einmal ganz früh raus. Ich bin niemand, der mit der aufgehendenden Sonne etwas Magisches oder Mystisches verbindet. Ich mag einfach, nun ja, den Look und das Versprechen, das in so einem Sonnenaufgang steckt. Und das Frühstück zurück in der Unterkunft, das man sich dann so richtig verdient hat. Ich bin Fotograf. Fotografie ist, jetzt wird es kurz pathetisch, das Malen mit Licht. Man kann noch so einen guten Blick haben oder das Glück, eine wirklich gute Szene zu erleben, stimmt die Sonne nicht, wird das Bild nicht einmal halb so schön. Für diese Ausgabe des Trail Magazins war ich im Bergell, jenem Bündner Bergtal zwischen St. Moritz und dem Comer See. Und in meiner Reisereportage gibt es dieses eine Bild, wo ich im Glitzern der Nachmittagssonne, das traumschöne Soglio mit seinem steinalten Kirchturm im Hintergrund, beinahe als Schatten meiner selbst vor der Sonne fliehe. Eigentlich saßen wir da gerade bei Kaffee und Kastanienkuchen, weit weg von den Trails – aber wenn an einem eigentlich regengrauen Tag die Sonne plötzlich durchbricht, dann muss man diese Chance einfach nutzen.
Ach, wo wir schon bei der Sonne und der Ikonografie des Trail Runnings sind: Jedes Jahr lamentieren wir in der Redaktion über die Zielfotos der Transvulcania: eine überbelichtete Welt in Knallorange. Kann es also auch zu viel Sonne geben? Für die Fotografie sicherlich. Und wer einmal den Western States Endurance Run gelaufen ist, oder bei 50 Grad über den exponierten Vulkankamm eben auf La Palma, der oder die wird sagen: für Läufer:innen erst recht. ClemensNiedenthal