5 minute read

Haut Couture

Beim Baselayer, dem wichtigen und doch kaum sichtbaren Bekleidungsstück direkt auf der Haut gibt es viele Konzepte: Von Polyester über Merinowolle bis hin zu cleverem Mixgewebe. Ein Überblick über aktuelle Modelle.

Das Unterstützende

FALKE

Baselayer Warm | 60 Euro

Was für eine Pelle … dachten wir. Und nun begleitet mich dieser Baselayer schon durch den vierten Winter. Am überzeugendsten ist die Passform: eng, aber nicht einengend, sie stützt den Rumpf spürbar und macht dennoch jede Bewegung reibungslos mit. Der relativ weiche Griff überrascht, der Feuchtigkeitstransport überzeugt und obwohl aus rein synthetischen Fasern gefertigt, riecht das Shirt nach mehrmaligem Tragen nicht auffällig. Angenehmes Wärmegefühl. Falke hält noch molligere Ausführungen bereit, zu kalt war es uns aber auch bei frostigen Läufen nie. Was man indes mögen muss: den kompressierenden Effekt.

Das Durchmischte

ADIDAS TERREX

Drynamo Eco Merino | 110 Euro

Dieser Baselayer ist aus einem Gemisch aus Merinowolle (68%) und Kunstfaser gefertigt. Es hat einen hohen Stretchanteil und trägt sich angenehm auf der Haut, erzeugt aber ein leicht einengendes Tragegefühl. Die typischen Merinowolleigenschaften kommen zur Geltung: Wir haben einen gewissen Cooling Effekt gespürt, die Feuchtigkeit wird gut aufgenommen. Wir empfehlen dieses Oberteil eher für kühlere Temperaturen als erste Lage. Wer es etwas leichter und noch atmungsaktiver mag, greift zum normalen, rein synthetischen Drynamo-Baselayer. Das Drynamo Eco Merino ist ein echter Allrounder für sämtliche Winteraktivitäten.

Koffer zu schwer! Um Gepäckgebühren zu sparen, zog ein besonders cleverer Passagier 10 T-Shirts und 8 Hosen übereinander an. Es half nichts, im Sicherheitsbereich des Londoner Flughafens wurde er abgewiesen. Er hatte das mit dem Zwiebelprinzip wohl nicht richtig verstanden. Wir wollen das hier also nochmal erklären. Schließlich hat sich die Idee mehrere Kleidungsschichten übereinander anzuziehen schon seit Jahrhunderten als äußerst funktional erwiesen. Dabei sollte man natürlich nicht wahllos Kleidung übereinander schichten. Tatsächlich kann man schon zu Beginn viel falsch machen, denn die wichtigste Schicht ist die Unterste. Ein Baselayer ist ein funktionales, eng anliegendes Kleidungsstück, welches wie eine zweite Haut fungiert. Seine vorrangige Funktion ist die Feuchtigkeit von der Haut weg zu transportieren und den Körper somit trocken zu halten. Ein nasses Kleidungsstück auf der Haut sorgt nämlich gerade bei Kälte oder Wind dafür, dass wir unangenehm auskühlen. Die Materialien aus denen Baselayer gemacht sind, besitzen also die Gabe Feuchtigkeit vom Körper weg nach außen zu transportieren, wo sie zügig verdunstet. Spezielle Kunstfasern bekommen dies sehr zuverlässig hin. Aber auch ein Naturstoff, wie die Wolle der Merinoschafe.

Kunstfaser

Funktionswäsche aus Kunstfasern trocknet extrem schnell. Auch weil sie erst garnicht viel Feuchtigkeit speichert. Kunstfaser ist nicht gleich Kunstfaser. Es gibt verschiedenste Polymere, die unterschiedliche Eigenschaften aufweisen und je nach Einsatzgebiet verwendet werden: Polyamide,

Das Spezielle

ACLIMA

Woolnet Crew Neck |

110 Euro

Zugegeben ... die Optik. Wir könnten jetzt mit dem Witz beginnen, dass die WoolnetSerie der schwedischen Merinopioniere eher ins Berghain gehört. Dass die Netzoptik warm hält (genau genommen macht das die Körperwärme, die zwischen den Maschen gespeichert wird), entdeckten bereits skandinavische Fischer. Aclima sind die einzigen, die dieses durchaus traditionelle Kleidungsstück in reinem Merino umsetzen. Die Vorteile: nichts riecht und bei schweißtreibenden Aktivitäten wird das luftige Woolnet längst nicht so feucht, wie konventionelles Merino. Wichtig ist nur, dass das Teil eng am Körper anliegt. Tipp für ganz kalte Tage.

Polyester, Polypropylen, Elastan und weitere. Was den ökologischen Fußabdruck betrifft, schneiden Kunstfasern die auf Erdölbasis hergestellt werden naturgemäß schlecht ab. Viele Hersteller versuchen vermehrt recycelte Kunststoffe oder Garne aus nachwachsenden Rohstoffen (Zellulosefasern aus Holz) einzusetzen. Eine Faser-Marke, die sehr häufig von verschiedensten Herstellern verwendet wird, ist Dryarn. Der Hersteller verspricht, dass dieses Garn besonders leicht, schnell trocknend und atmungsaktiv ist.

Merino

Merinowolle nimmt deutlich mehr Feuchtigkeit auf als Kunstfaser. Bis zu einem Drittel ihres Eigengewichts. Das ist allerdings kein Problem, da sie dadurch nicht an Isolationsfähigkeit einbüßt, geschweige denn sich feucht anfühlt. Dies liegt an dem sehr hohen Luftanteil der Wolle. Steigt die Temperatur, hat Merino durch die Verdunstung der gespeicherten Feuchtigkeit sogar kühlende Effekte. Ein weiterer Vorteil der Naturfaser ist, dass sie auch bei wiederholter Nutzung ihren Eigengeruch beibehält und nicht stinkt. Hersteller nutzen oft eine Kombination aus Merinound Synthetikfasern, um die wärmespendende Isolation der Wolle mit dem besseren Feuchtigkeitsmanagement der Kunstfaser zu kombinieren.

Und was nun drüber ziehen über den Baselayer? Das ist bei der richtigen Wahl der ersten Lage (siehe Test) schon fast zweitrangig. Ein wärmender Mid-Layer und bzw. oder eine wind-abweisende Jacke bieten sich je nach Temperaturen an.

Das Wohlige

LA SPORTIVA

Jubilee | 85 Euro

Auch das Jubilee-Shirt von La Sportiva ist ein komplett synthetischer Baselayer und für richtig schweißtreibende Aktivitäten gedacht. Das Polyamid-Garn (64%) sei dabei biologisch abbaubar. Wir wundern uns kurz, wie das gehen soll, ist das Shirt doch aus drei Garnen (zusätzlich Polyester und Elastan) gearbeitet. Keine Verwunderung indes ob des guten Feuchtigkeitstransports. Das eigentlich für Skitouren konzipierte Teil meistert auch winterliche Trailläufe überzeugend. Die Kompression fällt eher dezent aus. Von den rein synthetischen Baselayern in diesem Test ist das La Sportiva das dickste und wärmste.

Das Athletische

DYNAFIT

Speed Dryarn | 60 Euro

Du bist gern schnell und leicht unterwegs? Dies ist das perfekte Baselayer für dich. Das hochtechnische Dryarn Material ist vor allem eines: super leicht und dünn. Es transportiert Feuchtigkeit hervorragend, hat zudem den Vorteil, dass es keine Feuchtigkeit aufnimmt und so immer sein geringes Gewicht beibehält. Das Material ist sehr weich und trägt sich angenehm. Dieses Baselayer funktioniert auch bei mittleren bis höheren Temperaturen und ist daher für uns die erste Wahl, wenn es bei Ultratrails durch laue Sommernächte geht. Im Gegensatz zu Merino-Baselayern bleibt der Preis im Rahmen.

Das Coole PATAGONIA

Capilene Air Crew | 140 Euro

51% Merino und 49% Recycled Polyester machen dieses Baselayer zum perfekten Begleiter in der kalten Jahreszeit. Das Tragegefühl empfanden wir als äußerst angenehm. Obwohl das Shirt eng am Körper anliegt, engt es null ein und fühlt sich luftig an. Ein leichtes Kratzen zu Beginn legte sich mit der Zeit. Das Strick ist eher lose und atmet hervorragend. Auch hier spürten wir den kühlenden Effekt der Merinowolle bei schweißtreibenden Aktivitäten. Die Wärmeisolation ist hoch weshalb wir es für kühlere Winter- oder Übergangstage empfehlen. Auch als Hoodie-Variante erhältlich.

Das Lässige ARCTERYX

Motus AR | 70 Euro

Polyester, sportlich, aber nicht zu körpernah geschnitten: Das Motus-Funktionsshirt ist sozusagen das Basismodell unter den Baselayern. So ein Teil gibt es von vielen Marken, von manchen gewiss auch günstiger. An diesem hier gefällt uns aber der weiche Griff, das sympathische, nicht nur künstliche Tragegefühl und ein wirklich überzeugender Feuchtigkeitstransport. Was wir vermissen, ist eine wohlige, unterstützende Wärme, was sicher auchdem legeren Schnitt geschuldet ist. Das eine universelle Teil, das im Winter drunter und im Frühjahr als lässiges Laufshirt getragen werden kann - diese Rechnung funktioniert eben nur bedingt.

Das Alltägliche

HOUDINI

Activist Crew | 90 Euro

Weicher als reine Merinowolle ist dieser clevere Mix. Zu 60% Merino gesellt sich hier 40% Tencel®, eine gesponnene Holzfaser aus Österreich. Das Oberteil schafft den schweren Spagat aus Alltagskleidung und Sportartikel, hat also fast 24/7 Funktion. Zudem agiert es auch über jegliche Jahreszeit hinaus, ist im Sommer ein treuer Begleiter am Berg, in der Pflichtausrüstung und im Winter ein perfekter Baselayer unter weiteren Schichten. In diesem Test ist das Activist Crew das wohl unauffälligste, aber vielseitigste Oberteil. Das Activist Crew ist aus erneuerbaren Rohstoffen gefertigt, daher recycelbar und biologisch abbaubar.

Das Überzeugende KARPOS

Alagna Half Zip | 80 Euro

„Willkommen im Übermorgen“ ruft mir dieses Oberteil zu, denn wie man hier mit 100% Polyester umgeht ist irgendwie schon visionär. Die spezielle Verarbeitung macht aus dem Alagna Half Zip ein luftiges, winddurchlässiges, aber dennoch wärmeisolierenderes Longsleeve für alle Ausdauer-Ausflüge im Winter. Direkt an die Haut schmiegt sich ein kuschelweiches Fleecematerial aus einer einzigartigen Faserbeschaffenheit. In dieser Weise, mit dieser Komprimierbarkeit habe ich das noch nie getragen. Für mich ein Tipp für Ultratrails, wenn die Nächte kalt werden. In Kombination mit einer Regenjacke ein Versprechen an Schutz und Wärme.

This article is from: