bodo Juli 2013

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1.80 Euro Juli 2013 | 90 Cent für den Verkäufer

bodo Das Straßenmagazin

04 | Jochen Malmsheimer | Das sprachliche Kraftpaket 08 | Nordmarkt Dortmund | Viele Probleme und viel Engagement 14 | Ruhr Universität Bochum | Lernen wie am Fließband? 21 | 12 Verlosungen | z.B. Juicy Beats – Open-Air-Festival im Westfalenpark Dortmund

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02 EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser, ich möchte mich herzlich für Ihre Unterstützung

Jobber“, „Die Distanzierten“, „Die Nahen“, „Die

bedanken. Unsere Juni-Ausgabe war ein großer

(bodo-)Freunde“, „Die Verwandten“.

Erfolg. Das exklusive Interview mit Xavier Naidoo sorgte für viele positive Rückmeldungen unserer

Das mag notwendig holzschnittartig sein, zeigt aber zumindest in Ansätzen die Vielfalt von Motiven,

Verkäufer.

Bindungen und Einstellungen auch unter den weit

Möglich wurde es – wie das Basler Interview mit

mehr als 100 Menschen, die zurzeit bodo verkaufen.

dem Stressforscher Patrick Kury in dieser Ausgabe

Wenn Sie an Ihre Verkäuferin oder an Ihren Ver-

– durch die enge Kooperation in unserem Interna-

käufer denken, will sie oder er vielleicht in dieses

tionalen Netzwerk der Straßenzeitungen (INSP).

Raster passen oder auch gar nicht. Unsere Erfahrung

Konkret übrigens durch unsere Münchner KollegIn-

ist: Die positive Wirkung von Straßenzeitungen bei

nen bei BISS, die auch Ausrichter unserer Jahres-

der – wissenschaftlich gesprochen – „(Wieder-)Her-

konferenz Ende Juli sind. Für beides schon einmal:

stellung von Selbstbestimmung über die Umstände

Vielen Dank. Wir freuen uns sehr, die KollegInnen

des eigenen Alltags“ ist jedenfalls enorm.

wiederzutreffen, die weltweit ganz unterschiedlich, aber doch mit der gleichen Grundidee arbeiten.

In diesem Exemplar „integrativer Medien-Arbeit“ bleiben wir unserem Mix aus Sozialem, Kultur und

Straßenzeitungen und ihre seltsame Stellung zwi-

Geschichten von hier treu. Wir treffen den großar-

schen Journalismus und Sozialer Arbeit, zwischen

tigen Jochen Malmsheimer, sind auf dem Dort-

Lobbyarbeit und Empowerment sind übrigens längst

munder Nordmarkt und an der Bochumer Ruhruni,

auch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. In

sprechen über Stress und empfehlen Entspannung

den letzten Jahren durften wir für einige Bachelor-

im Grünen, besuchen KünstlerInnen, verabschieden

und Masterarbeiten Rede und Antwort stehen und

Schauspieler und müssen über neue Zuwanderung

manchmal auch etwas über uns selbst lernen.

und Dortmunder Nazis reden.

In einem Tagungsbeitrag mit dem schönen Titel

Viele Grüße von bodo,

„Der Verkauf von Straßenzeitungen als integrative

Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Medien-Arbeit“ versuchten sich die Autoren an Typologien von Straßenzeitungsverkäufern. Auch wenn wir bei so etwas schnell schmunzeln müssen, weil wir den Eindruck haben, hier auf so dermaßen unterschiedliche Menschen mit einzigartigen Lebensgeschichten zu treffen, hat uns die wissenschaftliche Segmentierung auch ein bisschen gefallen: „Die Zaghaften“, „Die Zurückgewiesenen“, „Normalverkäufer“, „Die Aktiven“ und „Die Kundenfänger“ haben die Forscher ausgemacht. Und in Bezug auf die Bindung zur jeweiligen Zeitung „Die

IMPRESSUM

2

BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS

Herausgeber | Verleger | Redaktion

Autoren dieser Ausgabe:

Redaktions- und Anzeigenschluss:

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bodos Bücher | Modernes Antiquariat:

bodo e.V.

Oscar Borkowsky, René Boyke (rb), Peter

für die August-Ausgabe 06.07.2013

bodo e.V. | als gemeinnützig eingetragen

Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund

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Hesse, Andre Noll (anno), Wolfgang Kienast

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im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514

0231 – 950 978 0 | Fax 950 978 20

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(wk), Maike, Bastian Pütter (bp), Petra von

Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8, Juli 2012

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Randow (pvr), Dr. Birgit Rumpel (biru), Se-

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Bastian Pütter | redaktion@bodoev.de

bastian Sellhorst (sese)

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Layout und Produktion:

Ina Fassbender / Reuters (35), Markus Gierse

Andre Noll | Brunhilde Dörscheln |

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(38), Carsten Grunwald / pixelio.de (19), And-

tenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert ein-

Nicole Hölter | vorstand@bodoev.de

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re Noll (3, 4, 5, 33, 34), Daniel Sadrowski (14,

gesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung

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Mo., Mi. und Fr. von 14 – 17 Uhr

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übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehal-

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28) Sebastian Sellhorst (3, 6, 7, 8, 10, 11,

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Titelbild: Andre Noll

lich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt

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Zeichnungen + Cartoons: Volker Dornemann

die Meinung der Redaktion wieder.

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Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kos-

Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und nament-


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INHALT

02 Editorial | Impressum 04 Menschen Jochen

Malmsheimer von Dr. Birgit Rumpel

Er ist einer der größten Wortakrobaten des Landes und ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Wir treffen Jochen Malmsheimer, den schnell sprechenden

Unser Titelbild der Juli-Ausgabe:

Kabarettisten aus Bochum, kurz vor seinem Auftritt im Essener Stratmanns.

Jochen Malmsheimer (S. 4) Foto: Andre Noll

06 Neues von bodo | Maikes Verkäufertagebuch 08 Reportage Nordmarkt

Dortmund von Sebastian Sellhorst

Mitten in der Dortmunder Nordstadt gelegen, schon immer Zentrum von Zuzug und Einwanderung, bildet der Nordmarkt einen Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen sowie Anwohner- und Randgruppen. Wir haben uns auf dem Nordmarkt umgesehen und mit Menschen gesprochen, die sich mit ganz unterschiedlichen Anliegen auf und um den Nordmarkt herum engagieren.

Seit seinem fünfzehnten Lebensjahr ist Julian auf der Straße. Mit 18 verkauft er das erste Mal eine Straßenzeitung. Wir haben ihn in Bochum getroffen, wo er uns seine Geschichte erzählt hat.

sich ein Internetnutzer gegen seinen Netzbetreiber.

Unter dem Titel „Kinder des Ortes“ stellen zehn Künstler der Dortmunder Nordstadt gemeinsam ihre Arbeiten aus. bodo hat einige von ihnen direkt am Ausstellungsort getroffen.

out niedergeschrieben. Er erklärt, wie der Stress zum Menschen fand und warum wir heute so viel Freizeit haben wie noch nie – und dennoch mehr denn je unter Stress leiden.

essen von Bastian Pütter

Wie in jedem Jahr zog die Suppenküche Kana vom Nordmarkt vor das Dortmunder Rathaus. Bei sommerlichen Temperaturen saßen mehrere hundert 32 Porträt Der

andere Blick auf die Welt von Andre Noll

Spontan studierte Rona Rangsch nach dem Abi das Abwegigste, aber irgendwie auch „Coolste“, was ihr einfiel: Mathe und Physik. Heute ist sie Konzeptkünstlerin, kuratiert Ausstellungen und realisiert weltweit Kunstprojekte.

13 Wilde Kräuter Sauerampfer von Wolfgang Kienast Nur etwa 60% der in Deutschland geernteten Kartoffeln werden als Lebensmittel angeboten, denn Knollen, die zu klein, zu groß oder zu krumm gewachsen sind, nehmen die Handelskonzerne den Bauern nicht ab. Mit Ampfer gewürzte Kartoffelsuppe schmeckt unabhängig von der Kartoffelform.

wie am Fließband? von Peter Hesse

In der strukturschwachen Stadt Bochum gehört die Universität inzwischen zu den gewichtigsten gesellschaftlichen Stützpfeilern. Für viele Studenten sieht der Alltag an der akademischen Lehranstalt oft düsterer aus: volle Studiensäle, schlechte Job-Aussichten, nicht jeder studiert zu Ende. 18 Kommentar

28 Interview Die Geschichte von Stress und Burnout von Florian Blumer

Gäste zusammen bei Kartoffelsalat und Würstchen, bei Kaffee und Kuchen.

des Ortes von Sebastian Sellhorst

14 Reportage Lernen

21 Veranstaltungskalender | Verlosungen von Petra von Randow

31 Soziales Gemeinsam

Router? von René Boyke

Nachdem ihm der Betrieb eines eigenen Routers untersagt wird, wehrte 12 Kultur Kinder

Laurence Anyways im endstation.kino

Der Basler Historiker Patrick Kury hat die Geschichte von Stress und Burn-

11 Verkäufergeschichten Julian von Sebastian Sellhorst

12 Recht Wertlose

20 Kinotipp

...die Asche und das Gold von Oscar Borkowsky

34 Kultur Maja

Beckmann und Christoph Jöde von Dr. Birgit Rumpel

„Weggehen heißt ja nicht, dass man nicht hierbleiben will“: bodo sprach mit den beiden Publikumslieblingen Maja Beckmann (Schauspielhaus Bochum) und Christoph Jöde (Schauspiel Dortmund) über ihren Wechsel ans Staatstheater Stuttgart. 35 Politik Beate

Zschäpes Dortmunder Brieffreund von Redaktion

Mitte Juni wird bei einer Zellendurchsuchung in der JVA Bielefeld-Senne ein 26-seitiger Brief der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe gefunden. Interessanter als der inzwischen vielfach kolportierte Inhalt ist der Adressat. 36 Literatur Schamland

| Wie viel ist genug? gelesen von Bastian Pütter

Oscar Borkowsky, Mitarbeiter in unserem Buchprojekt und selbst Autor,

37 Rätsel | Cartoon von Volker Dornemann

kommentiert die stillschweigende „Inwertsetzung“ des Zahngoldes Ver-

38 bodo geht aus Hofcafé

storbener in den städtischen Krematorien.

Vögel singen, Schafe blöken. Mitten im Grünen hat man schnell den Lärm

18 News | Skotts Seitenhieb

der nahen Stadt vergessen. Das Hofcafé ist ein Ort, unter freiem Himmel, bei Kaffee und Kuchen, „Bütterken“ oder Salat, bei Limo, Bier oder Wein

20 Netzwelt krautreporter.de von Sebastian Sellhorst Das Crowdfunding-Portal krautreporter.de versucht, ein alternatives Finanzierungsmodell für unabhängigen Journalismus zu entwickeln. 11

Gut Königsmühle von Wolfgang Kienast

32

die Natur zu genießen. 39 Leserseite | Cartoon

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34

08

3


04 MENSCHEN | von Dr. Birgit Rumpel | Fotos: Andre Noll

Jochen Malmsheimer: Das sprachliche Kraftpaket Er ist einer der größten Wortakrobaten des

flüssig auszusprechen, frage ich nach dessen

Landes und ein echtes Kind des Ruhrgebiets.

Bedeutung. Amüsiert über meine Angst vor dem

Jochen Malmsheimer, der schnell sprechende

Scheitern, zitiert er ihn so selbstverständlich

Kabarettist aus Bochum, hat immer darauf ver-

wie andere „Guten Tag“ sagen, freut sich dabei

traut, dass sich Qualität durchsetzt.

diebisch, verrät aber nichts. „Hören Sie nachher einfach zu, das klärt sich alles auf.“ Zwei Stunden

Wir treffen Jochem Malmsheimer kurz vor einem

später hat er sein Versprechen eingelöst, und ich

seiner Auftritte im Essener Stratmanns. Unter

bin beeindruckt von einem intensiven Kabarett-

Umgehung eines eigenen Versuchs, den Titel sei-

abend, der besonders durch eine eindrucksvolle

nes neuen Programms „Ermpftschnuggn trødå“

Parabel auf die allgegenwärtigen Themen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit überrascht. Mehr als die nachdrückliche Empfehlung, sich dieses Programm selbst anzusehen, wird an dieser Stelle aber auch nicht verraten. Malmsheimer ist in Essen geboren, kam aber schon als kleines Kind nach Bochum, wo er mit drei Geschwistern aufwuchs. Seine Vorliebe für Stummfilmstars und amerikanische Komiker, die man ihm auf der Bühne durchaus ansieht, resultiert aus frühen Fernseherfahrungen. „Ich bin das Kind kluger Eltern. Sie haben unseren TV-Konsum wohl dosiert.“ Seinen frühen Berufswunsch Kapitän hat er nie ernsthaft realisiert, die Schule hat er „mit einigen Verwerfungen“ hinter sich gebracht, die anschließende Bundeswehrzeit „war nicht gerade dazu angetan, Orientierung zu geben“. Seine frühe Leidenschaft für das Lesen brachte ihn dazu, eine Buchhändlerlehre zu machen, das anschließende Germanistikstudium war nicht zielführend, hat die weitere Entwicklung aber durchaus beeinflusst. „Die Libido fürs Lesen war immer da, das Studium hat sie nicht gestört.“ Die Sprache ist das Werkzeug, mit dem Jochen Malmsheimer in unnachahmlicher Art die Zuhörer in seinen Bann zieht. Das war schon zu Beginn seiner Karriere so, als er eine Hälfte des Duos „Tresenlesen“ war und sich durch Kneipen und Kleinkunstbühnen zu überregionaler Bekanntheit spielte. Nach der Trennung 2001 startete er seine Solokarriere, in der Malmsheimer alle vier Jahre ein neues Programm schreibt. Zuhörende werden durch die rasante Geschwindigkeit gefordert, mit der er frei oder vom Blatt vorträgt. Anspruchsvolle, hintergründige, teilweise politische Texte, dann wieder bewusst überzogene Alltagsgeschichten wie das berühmte Salamibrot. Eine ganz eigene Mischung, in der auch Anekdoten sei-

4


05

ner Söhne (13 und 16) ihren Platz finden. „Bisher

eine unglaubliche Verschwendung in einer Stadt,

werde ich mit meinem neuen Schnitzmesser Wur-

ist es ihnen noch nicht peinlich, noch finden sie

die so klamm ist, dass sie Schwimmbäder und Bi-

zelmännchen schnitzen“, grinst er, „auch die Jungs

den Beruf des Vaters spannend und gehen erfri-

bliotheken schließen muss. Und es ist Ausdruck ei-

freuen sich schon drauf.“ Man kann nicht immer

schend normal damit um.“

nes Grundgefühls in der Stadt, die darunter leidet,

sicher sein, was Malmsheimer ernst meint und was

dass sie nicht Essen und nicht Dortmund ist.“

nicht. „Ich hätte auch gern eine Tochter gehabt. Ich dachte, sie aufwachsen zu sehen könnte helfen, die

Mit rund 170 Auftritten pro Jahr gehört Malmsheimer heute zu den gut beschäftigten Kabarettisten.

In diesem Monat feiert Malmsheimer seinen 52.

leicht verschobene Weltsicht (von Frauen) zu ver-

Obwohl mit einem gesunden Selbstbewusstsein

Geburtstag. Vielleicht mit selbstgekochtem Ein-

stehen. Man muss dahinterkommen, wenn man an

ausgestattet – „Ich habe immer gewusst, dass das,

topf aus einem riesigen Schwenkkessel über der

einem störungsfreien Zusammensein interessiert

was ich mache, Substanz hat.“ – spricht er über

Feuerstelle, zu dem er gern Freunde und Bekannte

ist. Aber ich bin auch so sehr glücklich, ich habe

Erfolg nur verhalten, „da ich über die Natur des

in den Garten einlädt. „Ja, ich kann kochen. Am

zwei prächtige Söhne, das ist wundervoll.“

Erfolges sehr gut Bescheid weiß.“ Seit 2007 ist er

liebsten Eintöpfe, bei denen alle mitschnippeln

regelmäßiger Gast in der ZDF-Satiresendung „Neu-

können. Dann sind sie wenigstens beschäftigt.“

Um nicht nur geistig, sondern auch körperlich fit

es aus der Anstalt“. Hier gibt er den Hausmeister

Diese pragmatische Art passt zu Auftreten und

zu bleiben, absolviert Malmsheimer ein regelmä-

im Schlagabtausch mit Kabarettgrößen wie Urban

Erscheinungsbild des Bühnenkünstlers, der mit Sa-

ßiges Training mit elektronischer Muskelstimu-

Priol und Erwin Pelzig (Frank-Markus Barwasser).

farihose und grauem Hemd, die Ärmel halb aufge-

lation. „Allein bringt das gar nichts, man muss

Doch seine kritische Distanz zum Fernsehen hat er

krempelt, eher robust daherkommt. Den stabilen

noch mehr machen. Ich hacke Holz und rudere.“

deswegen nicht aufgegeben. „Ich mache Fernse-

Land Rover hat er ums Eck geparkt, er komplettiert

Aber auch dem Nichtstun ist er nicht abgeneigt.

hen ganz bewusst nur in homöopathischen Dosen,

den Outdoor-Eindruck, den Malmsheimer auch auf

„Ich kann meine mentalen und physischen Akti-

das ist mir wichtig.“

der Bühne nicht ablegt. Leise angedeuteter Zweifel

vitäten auf das Niveau eines Sacks Blumenerde

an der Notwendigkeit von Geländewagen in der In-

herunterfahren. Das sind Momente, da bin ich

Aus „emotionalen Gründen“ (seine Frau kennt er

nenstadt prallt bei ihm ab: „Zeigen Sie mir ein an-

eins mit der Schöpfung.“ (biru)

schon seit der Schulzeit) wollte er Bochum nie ver-

deres Auto, mit dem man 90.000 km im Jahr fahren

lassen, dennoch steht er seiner Heimatstadt nicht

kann, mit dem man genauso zum Olymp wie durch

INFO

unkritisch gegenüber. Sogenannte Leuchtturmpro-

Lappland fahren kann.“

Das neue Programm „Ermpftschnuggn trødå“

jekte bringen ihn auf die Palme. „Das neue Musik-

vom 5. bis 7. Juli beim RuhrHOCHdeutsch-Festival

zentrum ist das obsoleteste unter den obsoleten

Zelten in Lappland ist für die anstehenden Sommer-

im Spiegelzelt, Dortmund

Konzerthäusern in der Region“, wettert er. „Das ist

ferien geplant. „Ich bin am liebsten draußen, dann

www.jochenmalmsheimer.de

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06

NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

bodo ist für Sie da montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr unter dieser zentralen Rufnummer: 0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de | Fax: 0231 – 950 978 20

bodos Buchladen: »Toi, toi, toi, Azubis!«

Mit bodo unterwegs: zwei Stadtführungen

Unser Buchprojekt, in dem wir mit der Sortie-

Am 20. Juli um 11 Uhr findet, wie an jedem

rung, Bewertung und dem Verkauf Ihrer ge-

dritten Samstag im Monat, bodos soziale Stadt-

spendeten Bücher Arbeitsplätze schaffen, ist

führung statt. Startpunkt ist unsere Anlauf-

ein schöner Erfolg.

stelle in der Stühmeyerstraße 33.

Brigitte Cordes

Die Samstage im Juni, an denen wir Tausende

bodo-Verkäufer zeigen auf einer zweistündigen

info@bodoev.de

Bücher zu Kilopreisen angeboten haben, wurden

Tour „ihr“ Bochum: Wie verbringen eigentlich

wunderbar angenommen. Solche Aktionen werden

Menschen auf der Straße ihren Tag? Wo halten sie

wir in den nächsten Monaten wiederholen. Für

sich auf, welche Angebote und Hilfen gibt es? Wie

jeden ersten Samstag im Monat denken wir uns

sieht die Stadt aus der Sicht der „Menschen am

etwas Besonderes aus.

Rand“ aus? Wir freuen uns, dass unser Stadtführer

Geschäftsleitung Tanja Walter verein@bodoev.de

Verwaltung

Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit Bastian Pütter

Ganz unerwartet hat unser Versandantiquariat die

redaktion@bodoev.de

Flutkatastrophe, die für uns hier sehr weit weg zu

Vertrieb Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de

Markus Verstärkung durch Julian erhalten hat, den wir Ihnen auf Seite 11 vorstellen.

sein schien, deutlich gespürt. Für ganze Postleit-

Am Samstag, den 13. Juli ab 16 Uhr führt bodo-

zahlenbereiche war die Zustellung eingeschränkt

Redakteur Sebastian Sellhorst gemeinsam mit Vi-

oder nicht möglich, und verständlicherweise haben

lim Brezina (Urbanisten e.V.) einen Stadtrundgang

die Menschen in den betroffenen Regionen Besseres

durch das Dortmunder Quartier Nordmarkt (s. S. 8).

zu tun, als ausgerechnet Bücher zu kaufen.

„Oft sind es nur wenige Meter, die in der Nordstadt

Das gab unseren Auszubildenden, jedoch stellenweise die nötige Ruhe zum Lernen: Seit Anfang Juli stecken sie mitten in der letzten heißen Prüfungsphase. Sandra und Julia legen die Prüfung zur Verkäuferin ab, Steffi die zur Einzel-

bodos Bücher

handelskauffrau. Wir alle bei bodo drücken Euch

Suzanne Präkelt

die Daumen!

spannende Kunst- und Kulturprojekte von Orten extremer Armut trennen. Exemplarisch sollen einige dieser Orte um das Quartier Nordmarkt besucht und ihre Entstehungsgeschichte vorgestellt werden, die oft das Ergebnis von Verdrängung aus anderen Bereichen der Stadt ist.“ Treffpunkt ist vor der Auslandsgesellschaft in der Steinstraße.

buch@bodoev.de

14.Juli: biken für bodo bodos Bücher Online Gordon Smith basar@bodoev.de

Motorradfahren für den guten Zweck, die Zweite: Nach dem großen Erfolg und einer Gesamtspendensumme von 5.000 Euro im letzten Jahr startet am 14. Juli um 14 Uhr die zweite Charity-Motorrad-Ausfahrt „biken für bodo“.

Transporte und Sachspenden Brunhilde Dörscheln transport@bodoev.de

Oder Sie besuchen uns: Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr | Sa. 10 – 14 Uhr Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum Mo., Mi. u. Fr. 14 – 17 Uhr

6 Di. u. Do. 10 – 13 Uhr

Organisiert wird die Tour von einem Kreis motorradfahrender Freunde um bodo-Unterstützerin Betty André. Treffpunkt ist Vereinssitz von bodo am Schwanenwall in der Dortmunder Innenstadt. Fahrerinnen und Fahrer spenden (mindestens) 20 Euro, MitfahrerInnen 10 Euro Startgebühr – Geld, das vollständig unseren Beratungsangeboten zugute kommen wird. Es geht auf eine gut ausgearbeitete Route durch das Oberbergische Land. Gefahren wird in Gruppen mit erfahrenen Tourguides. Nach 160 Kilometern


07

MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH

Weltkonferenz der Straßenzeitungen

Danke für die tolle Unterstützung

Am 29. Juli fährt die bodo-Redaktion zur Kon-

Der gemeinnützige bodo e.V. erhält keine regel-

ferenz der Internationalen Straßenzeitungen

mäßigen öffentlichen Fördermittel, wir finan-

nach München.

zieren unsere Beratungsangebote allein durch

Wir freuen uns riesig auf das Treffen mit Delegierten von allen Kontinenten: KollegInnen von Südafrika bis Norwegen, von Taiwan bis Brasilien

Spendenmittel. Die Unabhängigkeit, die auch dadurch möglich wird, ist erkauft mit einer Finanzierungsunsicherheit, mit der wir schon lan-

Hallo liebe Leser, beim Arbeitsamt musste ich Anfang des Monats die Weiterbewilligung abgeben. Da ich schon mal beim Arbeitsamt war, habe ich den Termin, der ein paar Tage später stattfinden sollte, gleich bei meinem Sachbearbeiter erledigt. So musste ich nicht zwei Mal mit Bus und Bahn zum Arbeitsamt. In Huckarde war in den letzten Wochen viel

ge und einigermaßen gelassen leben.

los. Es gab viele Baustellen und ein Haus

Zeitalter, die europäische Krise, Arbeitsmigration

Umso schöner ist es, zu sehen, dass so vielen

und über Strategien zur Bekämpfung von Obdach-

Mitbürgerinnen und Mitbürgern der Erhalt unse-

Kirmes statt. Als mein Mann noch lebte,

losigkeit.

rer Projekte einen Griff in den eigenen Geldbeutel

diskutieren über Straßenzeitungen im digitalen

Wir werden im Münchner Rathaus empfangen, bodo-Redaktionsleiter Bastian Pütter wird einen Workshop zu Roma in der Straßenzeitungsarbeit leiten, und wir werden uns die Arbeit der Münchener KollegInnen von BISS vor Ort ansehen. Am 1. August findet die feierliche Verleihung der INSP-Awards für Straßenzeitungsjournalismus statt; ausgewählt von einer herausragend besetzten Jury. Unter anderem dabei: Starfo-

wert ist. Es sind keine großen Unternehmensspenden, die unsere Arbeit tragen, sondern eine breite, bürgerschaftliche Unterstützung, über die wir uns jeden Monat freuen.

wurde abgerissen. Auch fand die Huckarder war die „Hucki“ noch viel schöner. In Kirchlinde fand zu der Zeit die Kirchlinder Woche nach Pfingsten statt. Wie schon letztes Jahr hat das Wetter nicht mitgespielt, wie ich es mir erhofft habe. Aber was soll‘s. Mir hat es trotzdem gefallen. Meine beiden

Fördermitgliedschaften, Geburtstagsspenden oder

Blattpflanzen haben angefangen zu blühen.

Sammlungen von Vereinen und Gemeinden – oft

Der Weihnachtskaktus hat nicht zu Weih-

bei Veranstaltungen, in denen wir unsere Arbeit

nachten, sondern zu Ostern geblüht. Und

vorstellen dürfen – sind es, die die Kontinuität

meine anderen Pflanzen stehen auch seit

unserer Arbeit sicherstellen.

Ende letzten Monats in voller Blüte. Darüber freue ich mich sehr. Pflanzen machen es

tograf David Burnett, Süddeutsche-Korrespon-

Wir danken allen Unterstützerinnen und Unter-

dentin Christiane Schlötzer, Tom Thomson (The

stützern herzlich und exemplarisch dem Ensemble

Herald & Times Group) und Sarah Edmonds, Ge-

des Geierabends, das an den drei Tagen des Som-

Gesundheitlich geht es mir sehr gut. Ich

schäftsführerin Reuters News. Auch wir haben

mer-Open-Airs bei Tante Amanda Schätze aus dem

wünsche Ihnen allen schöne sonnige Tage

Beiträge eingereicht – und sind schon ein biss-

Kostümfundus zu unseren Gunsten verkaufte. Fast

und alles Gute. Eure Maike

chen aufgeregt.

700 Euro kamen dabei zusammen. Danke!

gleich viel gemütlicher.

ANZEIGE

treffen wir uns um 18.30 Uhr wieder bei bodo zu einem Tag der Offenen Tür mit Würstchen und Vegetarischem vom Grill und zur Spendenübergabe. Hierzu sind natürlich auch alle eingeladen, die nicht mitfahren können. Wir freuen uns über Anmeldungen, ganz gleich ob Fahranfänger, Wiedereinsteiger oder „alter Hase“, und über weitere Sponsoren und Unterstützer. Wer sich anmelden möchte, kann uns anrufen, eine Mail schreiben oder vorab mit dem Stichwort „biken für bodo“ auf unser Spendenkonto überweisen: Bank für Sozialwirtschaft Essen, BLZ 370 205 00, Konto Nr. 722 39 00

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08 REPORTAGE | von Sebastian Sellhorst | Fotos: Oliver Schaper · Sebastian Sellhorst

Nordmarkt Dortmund Viele Probleme und viel Engagement

Seit über 100 Jahren ist der Dortmunder Nordmarkt ein Ort ständigen Begegnens und Miteinanders. Mitten in der Dortmunder Nordstadt gelegen, die schon immer das Zentrum von Zuzug und Einwanderung war, bildet der Nordmarkt einen Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen sowie Anwohner- und Randgruppen. Wir haben uns auf dem Nordmarkt umgesehen und mit Menschen gesprochen, die sich mit ganz unterschiedlichen Anliegen auf und um den Nordmarkt herum engagieren. Eine davon und fast täglich auf dem Nordmarkt unterwegs ist Viktoria Kuhl, Sozialarbeiterin im Café Berta, einer Aufenthalts- und Hilfeeinrichtung für alkoholkranke Menschen, in unmittelbarer Nähe zum Nordmarkt. Im Januar 2012 startete das Projekt unter erheblichem Protest der Anwohner mit seiner Arbeit. Groß war die Angst, es könne zu Ruhestörungen oder Belästigungen kommen. Ziel der Einrichtung ist es, Menschen, die im öffentlichen Raum Alkohol trinken, einen Raum zu bieten, in dem sie selbst mitgebrachten Alkohol trinken können und bei Bedarf einen Zugang zu Hilfs- und Beratungsangeboten finden. Die bis dahin auf dem Nordmarkt ansässige Alkoholiker-Szene hat so eine Anlaufstelle bekommen. Einmal am Tag macht Viktoria Kuhl ihren Rundgang durch das Quartier Nordmarkt, spricht potenzielle Besucher an, informiert sie über das Angebot und lädt sie ein, ins Café Berta zu kommen. Mit Erfolg, selbst an warmen Tagen ist das Café Berta mittlerweile Sozialarbeiterin Viktoria Kuhl

gut besucht. Aber auch bei den Leuten,

die weiterhin auf dem Nordmarkt sitzen, ist sie bekannt. „Unsere Seele bekommst du nicht“, ruft man ihr, nicht ganz ernst gemeint zu, wenn sie auf den Nordmarkt kommt. „Abwarten“, lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen. „Der Großteil der Leute, die hier auf dem Nordmarkt sitzen, sind direkte Anwohner aus den umliegenden Vierteln“, so die Sozialarbeiterin. „Die meisten sind Deutsche oder Polen, viele von ihnen sind alkoholkrank. Viele kommen jeden Tag hierher. ,Mein Großvater hat hier sein Bier getrunken, mein Vater auch und jetzt trink ich hier mein Bier‘, wurde mir mal entgegnet. Einige bringen sich im Sommer ihre Sonnenschirme mit und verbringen den ganzen Tag hier. Es gibt feste Gruppen und eine eingespielte Sitzordnung.“

8


09

9


10

Früher auf dem Nordmarkt und jetzt regelmäßig im Café Berta anzutref-

Hälfte des Nordmarkts zum Spielplatz dem Ort sehr gut getan. Drittens

fen, ist Charlie: „Damals habe ich auch immer am Nordmarkt gesessen.

hat die Gastronomie, zuerst das Café Killefitt, jetzt das Fink die Attrakti-

Das machte ich aber mittlerweile nicht mehr. Da ist es mir zu stressig

vität des Nordmarkts sehr gesteigert.“ Der Anteil der Streetworker an der

geworden. Hier im Berta ist es gemütlich, und ich kann auch mal ein

entspannten Atmosphäre sei viel höher als der der Polizei. Die persönli-

Nickerchen machen. Jeden Tag mache ich meine feste Runde. Morgens

che Ansprache greife, während das Vertrauen in die Ordnungsbehörden

bin ich im Gast-Haus zum Frühstück, mittags in der Kana-Suppenküche

naturgemäß gering sei.

zum Mittagessen und danach, je nachdem wie es mir geht, bin ich hier Eine Gruppe, die stark im Fokus von ordnungspolitischen Maßnahmen

im Berta.“

steht, ist die der Neuzuwanderer aus Rumänien und Bulgarien. Eher selDer Rundgang der Sozialarbeiterin umfasst auch die Münsterstraße und

ten auf dem Nordmarkt direkt anzutreffen, konzentriert sich diese Gruppe

den Schleswiger Platz. Die meisten Leute seien aber auf dem Nordmarkt

eher auf den Bereich um den Nordmarkt herum und die Mallinckrodtstra-

anzusprechen. „Hier auf dem Nordmarkt treffe ich die meisten Leute, die

ße. „Die Mallinckrodtstraße ist die Kontaktmöglichkeit und für viele der

auch im Café Berta vorbeikommen. Am Schleswiger Platz sind zwar auch

einzige Ort, an dem Arbeit zu finden ist – als Tagelöhner für Hungerlohn“,

Menschen, die Alkohol trinken, aber viele Leute dort konsumieren auch

so Tülin Kabis-Staubach vom Planerladen, dem Verein zur Förderung de-

andere Drogen und sind daher nicht direkt unsere Zielgruppe.“

mokratischer Stadtplanung und stadtteilbezogener Gemeinwesenarbeit.

Spielplatzpatin Lurdes des Jesus Morais

Wird der südliche Teil

Der Planerladen betreibt aufsuchende Arbeit in den Cafés an der Mal-

des Nordmarkts mit

linckrodtstraße und versucht so, die spezifischen Problemlagen der Men-

seinen Tischen und

schen dort, die EU-Bürger sind, zu ermitteln und ihnen bei der Durchset-

Bänken eher von der

zung ihrer Rechtsansprüche zu helfen. „Neuzuwanderer berichten immer

erwachsenen Wohnbe-

wieder nicht nur von Ausweiskontrollen – das beobachten wir auch selbst

völkerung frequentiert,

–, sondern auch von Fällen, wo Pässe abgenommen werden, die die Be-

so gehört der nördli-

troffenen dann bei der Behörde wieder abholen müssen. Das sorgt für Un-

che Teil den Kindern,

mut und vor allem für Verunsicherung und Ängste. Diese Menschen durch

von denen es in der

Ordnungspolitik unsichtbar zu machen, funktioniert natürlich nicht. Die

Nordstadt, dem kin-

Nordstadt und gerade

derreichsten Stadtteil

die Viertel um den

Dortmunds, viele gibt.

Nordmarkt waren immer

Mit kleinen Zäunen vom

schon Auffangstadt-

Rest des Nordmarktes

teil für benachteiligte

abgetrennt, gilt dort

Gruppen, egal woher die

strenges Alkohol- und Rauchverbot. Auf die Einhaltung dieser Regeln

Leute kamen. Übrigens

achtet Lurdes des Jesus Morais. Die gebürtige Portugiesin ist dort seit

auch für den deutsch-

2010 Spielplatzpatin.

stämmigen Zuzug“, so Tülin Kabis-Staubach.

Ehrenamtlich kümmert sie sich um die Sauberkeit auf dem Spielplatz, organisiert gemeinsame Aufräumaktionen und kontrolliert das Spielgerät.

Die Ambivalenz der

„Als ich anfing, herrschte hier noch ein sehr rauer Ton, die Eltern waren

Situation um den Nordmarkt beschreiben

sehr skeptisch mir gegenüber, und die Rauch- und Alkoholverbote wurden oft nicht eingehalten. Das hat sich mittlerweile zum Glück geändert.

Marktplatz und regelmäßiger Veranstaltungsort

sehr eindrucksvoll die im Rahmen einer Quartier-

Von den meisten Eltern bin ich akzeptiert, und der Umgangston unter den Kindern hat sich erheblich verbessert, seit ich hier bin. Auch die

sanalyse der Stadt ermittelten Zahlen. Demnach planen 45 Prozent der

Sauberkeit haben wir in den Griff bekommen. Um Kleinigkeiten kümmere

befragten Anwohner, in nächster Zeit wegzuziehen. Dem gegenüber stehen

ich mich zusammen mit den Kindern, bei größeren Geschichten hilft das

33 Prozent, die bereit sind, sich aktiv in dem eigenen Quartier zu engagie-

Projekt ,Werkstatt Passgenau‘ der Diakonie mit seinen Bürgerarbeitern“,

ren – der höchste Wert in Dortmund. Ein Quartier mit vielen Problemen und

so die Spielplatzpatin, die 2011 mit dem „Engel der Nordstadt“ für ihr

vielen engagierten Menschen. (sese)

Engagement ausgezeichnet wurde. Einen Aufwärtstrend sieht auch Annette Kritzler. Die Diplom-Geografin wohnt seit 25 Jahren am Borsigplatz und bietet Führung über den Nordmarkt und durch die Nordstadt an: „In den letzten drei bis vier Jahren hat der Nordmarkt deutlich an Qualität und Attraktivität gewonnen. Dafür gibt es meiner Meinung nach vor allem drei Faktoren: Erstens das

10

INFO Im Rahmen der Reihe „Interventionen – Stadt für alle“ führen Vilim Brezina (Urbanisten e.V.) und Sebastian Sellhorst (bodo e.V.) am 13.7. durch die Dortmunder Nordstadt. www.interventionen.org

Engagement der „Werkstatt Passgenau“, die mit Streetwork die Nutzer

Die nächste Stadtführung „NordmarktGeschichten“ findet am 15.9.

des Nordmarkts aktiviert und einbindet. Zweitens hat das Deklarieren der

statt. www.borsigplatz-verfuehrung.de


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VERKÄUFERGESCHICHTEN | protokolliert von Sebastian Sellhorst| Foto: Sebastian Sellhorst

Seit seinem fünfzehnten Lebensjahr ist Julian auf der Straße. Mit 18 verkauft er das erste Mal eine Straßenzeitung in Berlin. Seitdem reist er umher, verkauft Straßenzeitungen und lebt auf der Straße. Seit einigen Monaten hat er jetzt eine eigene Wohnung in Gelsenkirchen und verkauft in Herne das Straßenmagazin. Wir haben ihn in Bochum getroffen, wo er uns seine Geschichte erzählt hat. „Zur Welt gekommen bin ich 1982 in Hamburg. Aufgewachsen bin ich dann aber in Mielkendorf, einem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein in der Nähe von Kiel. Dort passierte nicht viel. Es gab eine Post und einen Supermarkt und mehr nicht. Nach einer schwierigen Kindheit bin ich mit fünfzehn das erste Mal von zu Hause abgehauen. Eine Zeit lang habe ich mich in der Hamburger Punkszene herumgetrieben. Irgendwann hat mich dann aber die Polizei aufgegriffen und nach Hause gebracht. Meine Eltern hatten natürlich eine Vermisstenanzeige aufgegeben. So war ich mit fünfzehn das erste Mal auf der Straße. Diese Geschichte wiederholte sich dann immer wieder. Zur Schule gegangen bin ich in der Zeit fast gar nicht mehr. Ich habe nochmal eine Lehre im Bereich Garten- und Landschaftsbau angefangen. Die habe ich aber nach einem halben Jahr

Julian aus Herne:

»Ich versuche, den Kreislauf des Weglaufens zu durchbrechen«

abgebrochen. Immer wieder bin ich von zu Hause abgehauen. Habe draußen auf der Straße gelebt und gebettelt. Von Hamburg aus bin ich dann

de ich wohl auch nicht mehr finden. Ich war eine

auch mit dem Zug in andere Städte gefahren. Als

Frühgeburt und hatte als Kleinkind einen Magen-

ich volljährig wurde, bin ich dann gar nicht mehr

durchbruch und noch einige andere Komplikati-

nach Hause gekommen. Der Kontakt zu meinen

onen. Seitdem habe ich einen Schwerbehinder-

Eltern ist seitdem sehr selten geworden. Ab und

tenausweis. Manchmal habe ich auch heute noch

zu telefoniere ich noch mit ihnen, aber allzu oft

Schmerzen beim Laufen. Ich bekomme eine kleine

kommt das nicht vor. Seit meinem 18. Lebensjahr

Rente und ein wenig Kindergeld. Das ist nicht viel

bin ich jetzt unterwegs und war schon in fast al-

und reicht so gerade zum Leben. Vor einiger Zeit

len großen deutschen Städten.

erzählte mir ein Freund von bodo. Seit drei Monaten verkaufe ich jetzt in Herne die bodo. Beim

Meist habe ich in Wohneinrichtungen über-

Verkauf bin ich genau in meinem Element. Drau-

nachtet. Manchmal aber auch auf der Straße. In

ßen und unter Leuten geht es mir gut.

Übernachtungseinrichtungen ist man relativ geschützt, hat aber auch fast keine Privatsphäre,

Wenn ich irgendwo Probleme hatte, habe ich bis

bodo-VerkäuferInnen

muss sich mit vielen Leuten ein Zimmer teilen

jetzt immer meine Sachen gepackt und bin abge-

Seit 18 Jahren gehören das Straßenmagazin und

und ist nie allein. Auf der Straße hat man zwar

hauen. Das war schon immer meine Art und zieht

seine Verkäufer zum Straßenbild in Bochum, Dort-

seine Ruhe, dafür ist es dort aber auch gefährli-

sich durch mein ganzes Leben. So konnte ich mir nie

mund und Umgebung. Viele haben feste Verkaufs-

cher. Gerade am Wochenende, wenn in den Städ-

etwas aufbauen. Diesen Kreislauf versuche ich jetzt

plätze und einen eigenen Kundenstamm. Manche

ten viele betrunkene Leute unterwegs sind, kann

hier zu durchbrechen. Seit kurzem habe ich eine

sind schon seit Jahren bei uns, andere nur auf

einem schon viel passieren. Dann fährt man zum

feste Freundin und eine kleine Wohnung in Gelsen-

der Durchreise. Für alle jedoch ist der Verkauf des

Schlafen besser ein wenig raus aus der Stadt.

kirchen. Immer unterwegs zu sein wird zunehmend

Straßenmagazins eine Arbeit, die Halt gibt und

anstrengender, besonders wenn man älter wird. Das

Selbstbewusstsein schafft. bodo stellt regelmä-

In vielen Städten habe ich Straßenzeitungen ver-

Leben auf der Straße zehrt einen auf. Das kann man

ßig einen Verkäufer vor.

kauft. Einen richtigen Job hatte ich nie und wer-

nicht ewig machen.“ (sese)

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RECHT | von Rechtsanwalt René Boyke

KULTUR | von Sebastian Sellhorst | Foto: Sebastian Sellhorst

Kinder des Ortes Wertlose Router?

10 Künstler und eine Garage

Kürzlich beschwerte sich ein Mandant bei mir

Unter dem Titel „Kinder des Ortes“ veran-

„Nordstadt“ versehen worden, ohne einen kon-

über seinen Telekommunikationsanbieter. Der

staltet die Dortmunder Agentur „Bande – Für

kreten Bezug zu dem Stadtteil zu haben. „Unser

Mandant hatte bereits seit Jahren ISDN und ei-

Gestaltung!“ eine Ausstellung verschiedener

Ziel ist es, nicht inhaltlich den Stadtteil zu

nen DSL-Internetanschluss. Wie viele verwen-

Künstler der Dortmunder Nordstadt. Themati-

thematisieren, sondern einfach zu zeigen, dass

dete er seinen eigenen, separat erworbenen,

scher Schwerpunkt der Ausstellung ist nicht,

auch ganz unabhängig von den vielen Vorurtei-

leistungsfähigen und entsprechend teuren

wie der Titel vielleicht vermuten ließe, der

len, die es gegenüber der Nordstadt gibt, hier

Router und hat an diesen eine Vielzahl Geräte

Stadtteil selbst. Stattdessen werden interdis-

spannende Dinge passieren.“

angeschlossen. Alles funktionierte tadellos –

ziplinär ganz unterschiedliche Themenfelder

bis der neue Telefonanbieter verlangte, dass

behandelt. Die Nordstadt ist dabei nur Le-

So zum Beispiel die Arbeiten des Typographen

mein Mandant seinen eigenen Router durch ein

bens-, Arbeits- und Ausstellungsraum, nicht

Felix Valentin, der versucht, mit seinen Expona-

minderwertiges Modell des Telefonanbieters

mehr, aber eben auch nicht weniger.

ten Typographie erlebbar zu machen, und der Eis in Buchstabenform anbieten will. Holzarbeiten

austauschen solle. In der Tat funktionierten plötzlich weder Telefon noch Internet mit dem bisherigen Gerät. Erst nach Anschluss des billigen Anbieterrouters funktionierten – allerdings in schlechterer Qualität – die Grundfunktionen seines Telefonanschlusses. Verständlicherweise wollte mein Mandant seinen bisherigen Router weiterverwenden. Warum jedoch schrieb der neue Telefonanbieter

Zehn Künstlerinnen und Künstler haben sich zu-

des eigentlich als Fotograf und Gestalter tätigen

sammengefunden, um an zwei Tagen im August

Stefan Tuschy, Arbeiten der Experimentalfilme-

gemeinsam ihre Arbeiten zu präsentieren. Eine

rin und Performance-Künstlerin Lisa Domin oder

bunte Mischung aus Fotografen, Autoren, Typo-

der Siebdruckwerkstatt „Watwha“.

graphen, bildenden Künstlern und Gestaltern. Trotz ganz unterschiedlicher Ausdrucksformen

Mit dabei auch bodo-Autor und -Kolumnist Wolf-

und Stilrichtungen haben sie eins gemeinsam:

gang Kienast. Passend zu seiner Wildkräuterkolum-

Bis auf eine Ausnahme leben und arbeiten sie

ne in der bodo lädt er am Ausstellungswochenende

alle in Dortmunds Norden.

zu einer Kräuterführung durch die Straßen des angrenzenden Viertels ein. Neben den Führungen

meinem Mandanten plötzlich vor, sein eigenes Gerät auszumustern, obwohl die gängige, bis-

Ziel der Ausstellung ist es, zu einer Verbesse-

wird es in einem Herbarium die entsprechenden

herige Praxis anders war? Schuld ist diesmal

rung der Außenwahrnehmung der Nordstadt

Wildkräuter in getrockneter Form zu bestaunen

nicht eine Gesetzesänderung, denn Netzanbie-

beizutragen, sagt Stefan Tuschy, einer der Aus-

geben. Auch er meint: „Es war mal wichtiger, das

ter sind gesetzlich gezwungen, ihren Kunden

stellenden. Zu sehr seien in den letzten Jahren

Viertel immer als Marke zu nennen. Aber irgend-

den Betrieb zulässiger Endgeräte, wozu bisher

Kunst- und Kulturveranstaltungen mit dem Label

wann braucht man es auch nicht mehr.“

auch Router gehörten, zu gestatten. Schuld ist vielmehr eine Äußerung der Bundesnetzagentur aus Januar 2013. Diese interpretieren einige Netzanbieter für sich nun so, dass sie selbst entscheiden könnten, ob ein Router ihrer Kunden überhaupt ein solches Endgerät darstellt, dessen freie Wahl sie ihren Kunden überlassen müssten. Netzanbieter, die dies verneinen, sind nun der Meinung, der Router sei ein sogenanntes Netzabschlussgerät, also Bestandteil des Telekommunikationsnetzes selbst. Welche Geräte innerhalb des Netzes betrieben werden, kann sich der Kunde allerdings nicht aussuchen, also auch nicht den „eigenen“ Router. Erst vor wenigen Tagen äußerte sich auch die Bundesregierung auf eine Anfrage der Partei Die Linke zu diesem Verhalten der Netzbetreiber. Ihre Antwort: kein Handlungsbedarf. Mein Mandant ist allerdings der Meinung, dass es sich dabei um Willkür seines Telefonanbieters handelt und wehrte sich gegen seinen Telefonanbieter. Mit Erfolg: Seinen alten Router kann er nun bei einem anderen Netzbetreiber weiterverwenden. (rb) www.kanzlei-boyke.de

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WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast

wildkraeuter.bodo/31_sauerampfer/ Ort der zweitägigen Ausstellung ist eine große Garage und ein Hinterhof in der Schubertstraße

Ich bin dörflich aufgewachsen. Jeden

ten Nachernteverluste nicht, kommt da-

im Herzen des Quartiers Nordmarkt. Kein Ort, an

Sommer, zur Zeit der Kartoffelernte,

bei aber bei Kartoffeln auf lediglich 5%

dem man auf Anhieb Kunst vermutet. „Wir wollen

weckte meine Mutter unseren Neid, wenn

Schwund: Krankheiten bzw. Parasiten.

Anwohner für unsere Arbeit interessieren, aber

sie von ganz speziellen Ferien erzählte;

Da der große Rest eine alternative Form

auch Leute hierher locken, die vielleicht sonst

Schulkinder ihrer Generation bekamen

der Verwertung fände – wobei total egal

eher einen Bogen um die Gegend machen. Es ist

frei, um Kartoffelkäfer zu sammeln. Der

ist, wie diese aussieht – spricht Frau Aig-

schließlich nur die Nordstadt und nicht der Wilde

Schädling frisst, in Massen auftretend,

ner die Konzerne vom Vorwurf der Ver-

Westen“, so Organisatorin Anna Reidel.

Felder komplett leer. Er vertilgt nicht

schwendung von Nahrungsmitteln frei.

die Knollen, er hält sich ans Blattgrün,

Neben den unterschiedlichen Exponaten und Füh-

mit dem Ergebnis, dass es später keine

rungen wird es an den zwei Tagen auch Lesungen

Knollen gibt. Ich sah in dem schwarz-gelb

des Autors, Fotografen und Bloggers Sascha Bisley

gestreiften Insekt einen Hoffnungsträger.

geben, der auf seinem Blog www.dortmund-diary.de

Jahr für Jahr machte ich mich erwartungs-

Geschichten veröffentlicht, die ihren Ursprung oft

voll auf die Suche, auch wenn der Käfer

in und um die Nordstadt haben. Er selbst meint: „Es

stets enttäuschte: Nie habe ich einen

kommt immer auf die Perspektive an. Sicherlich ist

gefunden, geschweige denn, dass ich von

es für die Mutter mit Laptop und Kinderwagen nicht

einer Invasion hätte berichten können,

besonders schön, sich auf den Nordmarkt zu setzen.

deren Folge Ferienzeit gewesen wäre.

Es kommt aber immer darauf an, was man machen möchte. Ich finde hier alles, was ich in einer Stadt finden will. Gutes wie Schlechtes.“ (sese) INFO Kinder des Ortes | 2. bis 3. August 2013 Freitag ab 18 Uhr | Samstag ab 12 Uhr

Nachrichten wie diese machen mich sauer. Womit ich leicht rumpelnd beim Kolumnenwildkraut des Monats angekommen wäre: Sauerampfer. Etwa zweihundert Arten dieses Knöterichgewächses sind in unseren Breiten heimisch. Grundsätzlich essbar ist jede von ihnen, doch nur wenige schmecken. Dazu zählen der Wiesen- und der Kleine Sauerampfer. Am besten, Sie probieren die Blätter gleich beim Sam-

Das war der eine Grund, in die Felder zu

meln und bitte nur von Pflanzen, die Sie

gehen. Kurz nach der Ernte folgte der

eindeutig bestimmen können.

zweite mit dem offiziellen Auftrag, Kartoffeln vom Acker zu lesen, die zu klein für die Erntemaschinen gewesen waren. Als leckere Bratkartoffeln am Abend.

Hier mein Rezept für eine vorzügliche, mit Ampfer gewürzte (natürlich) Kartoffelsuppe: In einem großen Topf 2 Zwiebeln, fein gehackt, in Öl und Butter

Schubertstraße 4 | 44145 Dortmund

Die FAO, die UN-Sonderorganisation für

anschwitzen. 3 Tomaten häuten, würfeln,

Eintritt frei | www.kinderdesortes.de

Ernährung,

Fischerei

zugeben und circa 5 Minuten dünsten.

Landwirtschaft,

und Forstwesen, hat errechnen lassen,

500g gewürfelte Kartoffeln zugeben,

≈ v.l.n.r. Sascha Bisley, Jannis Reichard, Lisa

dass weltweit etwa ein Drittel der pro-

mit 1l Wasser auffüllen und 25 Minuten

Domin, Wolfgang Kienast, Stefan Tuschy, Felix

duzierten Lebensmittel nicht den Weg

köcheln lassen. 2 gehackte Knoblauchze-

Valentin, Anna Reidel

zum Verbraucher findet. 1,3 Milliarden

hen in einem anderen Topf ebenfalls in

Tonnen werden an Tiere verfüttert, lan-

Öl und Butter anschwitzen, 2 Handvoll

den in Biogas-Anlagen oder gleich auf

fein geschnittene Sauerampferblätter

dem Müll. Nur etwa 60% der in Deutsch-

zugeben, rühren und beides noch kurz er-

land geernteten Kartoffeln werden als

hitzen. Den Inhalt des großen Topfes pü-

Lebensmittel den potenziellen Konsu-

rieren, 1 Becher Sahne sowie die Knob-

menten angeboten, denn Knollen, die zu

lauch-Ampfer-Mischung zugeben, 100g

klein, zu groß oder zu krumm gewachsen

Ziegenfrischkäse unterrühren, mit Salz

sind, nehmen die Handelskonzerne den

und schwarzem Pfeffer abschmecken,

Bauern nicht ab.

aufwallen lassen und, dekoriert mit Gän-

Eine Studie zum Thema Lebensmittelverschwendung, von Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) in Auftrag gegeben, verschweigt

seblümchenblüten, sofort servieren. Ein Hinweis: Sauerampfer enthält Oxalsäure und sollte nicht in rauhen Mengen verzehrt werden. (wk)

die sogenann-

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REPORTAGE | von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski

Die 1965 gegründete Ruhr Universität Bochum ist mit über 38.600 Studenten und rund 5.600 Mitarbeitern eine der zehn größten und forschungsstärksten Hochschulen Deutschlands. In der strukturschwachen Stadt Bochum gehört die Universität inzwischen zu den gewichtigsten gesellschaftlichen Stützpfeilern. Eine Reportage von Peter Hesse. In einer Zeit, in der Nokia schon abgewandert ist, die Montanindustrie fast nur noch museal (vor al-

Lernen wie am Fließband?

lem im Bergbaumuseum) aufgearbeitet wird und Opel bald schließt, ist die Bochumer Universität eine wichtige Institution im Herzen des Ruhrgebiets. „Wir sind jetzt schon der größte Arbeitgeber in Bochum. Wenn man die ganzen Betriebe abzieht, die Opel direkt und indirekt beliefern, ist es nicht mehr das hier ansässige AutomobilUnternehmen“, sagt Jens Wylkop, der als Pressereferent für die RUB arbeitet. „Und wir sehen das natürlich als Chance und sind uns damit durchaus unserer Verantwortung bewusst.“ Mit klaren und höflichen Statements präsentiert sich die Ruhr Uni medial in einem strahlenden Scheinwerferlicht. Für viele Studenten sieht der Alltag an der akademischen Lehranstalt oft düsterer aus: volle Studiensäle, schlechte Job-Aussichten, nicht jeder studiert zu Ende.

»Ich würde meinem Kind nicht raten, zu studieren.« Einer, der von 2004 bis 2010 in Bochum studiert hat, ist Xaver aus Emsdetten. Er hat nicht so gute Erinnerungen an seine Zeit in Bochum: „Ich hatte Pech, denn ich musste die volle Zeit Studiengebühren bezahlen. Mit Sozialbeitrag immerhin 700 Euro pro Semester, macht knapp 1.400 Euro in einem Jahr. Wenn Geld in meinen Lehrstuhl hineingesteckt wurde, dann so, dass ich es nicht gemerkt habe. Ich saß in Hauptseminaren mit teilweise über 90 Leuten auf engstem Raum zusammen. Wie soll man da qualitativ gut lernen? Das förderte auch nicht die Freude am Studium, sondern baute über die Jahre eine Anti-Haltung gegenüber der Bochumer Universität auf. Ich würde meinem Kind nicht dazu raten, zu studieren. Ein Studium ist heute nicht mehr der Er-

Education“ in Bochum absolviert, inzwischen ist

den Zeitplan passte. Durch zwei Studienfächer

folgsgarant im späteren Leben. Genug Bekannte

dies der etablierte Regelstudienweg.

gab es oft Überschneidungen. Ich fand es scha-

und Freunde von mir haben eine Ausbildung nach dem Studium gemacht und verdienen nun weit-

de, dass dadurch häufig keine tiefergehende Aus-

Der Kampf um einen Seminarplatz

einandersetzung mit Themen möglich war, für die

schwer“, so das bittere Fazit des Tageszeitungs-

Heike aus Goslar, die heute nach abgeschlossenem

Sachverhalte im täglichen Umgang sind nicht im-

Journalisten. Jens Wylkop widerspricht hierzu

Referendariat als Grundschullehrerin in Dortmund

mer leicht, sagt Heike: „Viele Studierende sind

entschieden: „Das mag in diesem Einzelfall so

arbeitet, sieht ihr Master- und Bachelor-Studium

überehrgeizig und glauben, dass sie nur Chancen

sein. Statistisch gesehen haben Hochschulab-

zwiespältig: „Es war sehr vollgepackt, und die

auf dem Arbeitsmarkt haben, wenn sie ihr Studi-

solventen aber nach wie vor einen Einkommens-

Wahl der Kurse ging selten nach Interesse, son-

um so schnell wie möglich hinter sich bringen,

vorteil.“ Xaver hat den Modellversuch „Master of

dern richtete sich eher danach, welcher Kurs in

bei vielen ging der Blick immer nur auf die Stu-

aus mehr Geld als ich. Das ist auch nicht wirklich

14

man sich wirklich interessiert hat.“ Auch andere


15

diendauer. Ich bin froh, dass ich mir etwas mehr

er für seinen Lebensunterhalt im Bochumer Ber-

Medizin) an, darunter der interdisziplinäre Be-

Zeit gelassen habe und auch mal andere Dinge

mudadreieck: „Zynisch gesagt“, so der 27jäh-

reich Arbeitswissenschaft.

kennengelernt habe als Hörsaal und Hausarbei-

rige, „stand das Kürzel A-B-M in den 1990er

ten. Schwierig an den Studienbedingungen ist

Jahren noch für das Wort Arbeitsbeschaf-

allerdings tatsächlich die große Masse der Stu-

fungsmaßnahme – in der Jetztzeit steht es für

dierenden. Der Kampf um einen Seminarplatz ging

Abitur-Bachelor-Master, denn mehr als eine

„Es gibt ja diese bittere Statistik, die besagt,

jedes Semester von vorne los.“

ABM-Maßnahme ist das Studium am Ende auch

dass die RUB die Uni mit der höchsten Selbst-

nicht.“ Dabei ist die RUB eine Voll-Universität,

mordrate in Deutschland ist“, sagt Lukas, der in

Es gibt auch ganz kritische Stimmen unter den

an der man fast alles studieren kann. Die Uni

Dortmund wohnt und in Bochum Germanistik stu-

Uni-Besuchern. Patrick hat sein Studium vor

bietet unzählige Fachbereiche an 21 Fakultäten

diert hat. „Das bekommt man“, so Lukas, „dort

zwei Jahren abgebrochen, momentan kellnert

(Geistes-, Natur- und Ingenieurwissenschaften,

quasi von Tag eins an gesagt und belächelt es

Selbstgespräche in der U35

15


16

im Grunde nur, weil man es für ein Gerücht hält.

In den „QS World University Rankings“ zählt die

Vielleicht liegt es daran, dass ich nie wirklich in

Ruhr-Universität Bochum in sieben Fächern zur

der Situation war, derartigem Druck ausgesetzt zu

„Weltelite“. Im internationalen Vergleich misst

sein. Wenn es hart auf hart kam, sprich: wenn ein

sich die RUB in diesem Ranking weltweit mit

Abgabetermin partout nicht eingehalten werden

rund 20.000 anderen Universitäten. Mit den Be-

konnte, war es eigentlich nie ein Problem, mit

reichen Chemie, Philosophie und Moderne Spra-

dem Dozenten in einem persönlichen Gespräch

chen belegt sie einen Platz unter den 150 Bes-

die Gründe dafür zu erörtern.“

ten der Welt. Materialwissenschaft, Linguistik, Bauingenieurwesen und Physik landeten in den

Der psychische Druck ist trotzdem enorm, Stress-

Top 200.

erkrankungen und Depressionen nehmen zu. „Wenn man keine gefestigte Person zu Anfang

Insgesamt können an der Bochumer Lehranstalt

des Studiums ist, kann einem die Uni Bochum

knapp 900 Vorlesungen besucht werden. Es gibt

nur bedingt dabei helfen, während des Studi-

auch eine besondere Service-Leistung: „Wir ha-

ums zu dieser zu werden“, sagt Xaver. „Soziale

ben ein Vorlesungsverzeichnis für Schüler“, sagt

Bindungen unter den Studenten fehlen oft einfach. Ich hatte das Glück, immer genug Gleichgesinnte während des Studiums an meiner Seite zu haben. Ein klares Indiz dafür, dass an der Bochumer Uni etwas nicht stimmt, ist allein die Tatsache, dass die Anzahl an Menschen, die in der U35 sitzen und Selbstgespräche führen, von Jahr zu Jahr zunimmt.“ „Wir haben ein umfangreiches Angebot der Psychologischen Beratung für alle Studierenden“, betont Jens Wylkop. Auch zum Thema Mobilität äußert sich der Uni-Sprecher: „Die RUB hat zur Vorbereitung auf den Doppelten Abiturjahrgang ein Mobilitätskonzept entwickelt, um die ,Ströme‘ zum – und auf dem – Campus besser zu kanalisieren und die Verkehrssituation insgesamt zu verbessern. Dass die U35 inzwischen an der technisch möglichen Taktgrenze fährt, gehört auch dazu.“ Diese U-Bahn pendelt in der Hochzeit zwischen dem Bochumer Zentrum und Querenburg im Drei-Minuten-Takt, doch bei allen Versuchen, das große Aufgebot an Studenten im ÖPNV fair von A

Jens Wylkop, „in dem allein 200 Veranstaltun-

nach B zu transportieren, ist die U35 zu Stoßzei-

gen, überwiegend Vorlesungen, aus dem gesam-

ten oft übervoll. Eine innovative Kompensation

ten Lehrangebot der RUB aufgelistet sind. Diese

ist in Sichtweite: „Es sind neue Fahrradstationen

Vorlesungen stehen Schülern bei Interesse als

mit Leihrädern auf dem Campus und in angren-

,Schnupperangebot‘ offen.“ Außerdem bietet die

zenden Bereichen in Betrieb genommen worden“,

Uni Lehrstellen in 21 Ausbildungsberufen an. Was

ergänzt Jens Wylkop.

müsste passieren, damit ausgebildete Studenten auch in Bochum oder im Ruhrgebiet Jobs finden

Wachstum, Rankings und Erfolge

könnten – und nicht nach Studienende abwandern müssten?

Rund 123.000 Studienanfänger werden durch den doppelten Abi-Jahrgang in diesem Herbst allei-

Lukas, der in Dortmund geboren ist, relativiert:

ne in NRW erwartet. Insgesamt in den nächsten

„Die Chance, auch in dieser Region Arbeit zu fin-

beiden Wintersemestern rund 4.500 zusätzliche

den, ist ja für einige Studienabsolventen durch-

Studierende neu in Bochum aufgenommen wer-

aus gegeben. Ich glaube, dass das Ruhrgebiet

den. Die Zahlen aus dem Jahrgang 2010/11 bele-

diesbezüglich viel zu schlecht wegkommt. Klar,

gen eine Erfolgsbilanz: über 5.000 Absolventen

das große Geld wird in der jeweiligen Branche

gibt es und knapp 500 Promotionen wurden an

verdient. Die hat man aber hier nicht. Aber wie

der RUB abgeschlossen. Auch im internationa-

soll das auch jemals was werden, wenn die besten

len Vergleich gehört Bochum zu den Gewinnern.

Leute sofort abwandern?“ (Peter Hesse)

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Ω U35: Pendeln im Drei-Minuten-Takt.


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DER KOMMENTAR | von Oscar Borkowsky

Der Müll, die Stadt, die Asche und das Gold

NEWS | von Bastian Pütter · Sebastian Sellhorst

Unverstandene Arme

Ausweisungen angekündigt

Profite durch EU-Freizügigkeit

Die FH Düsseldorf hat in einer Stu-

Im Wahlkampf und angesichts der

Gerade in der europäischen Kri-

die 124 sogenannte „Armutszu-

Öffnung des deutschen Arbeits-

se profitiert Deutschland von der

In diesem Monat als „interner Gastbeitrag“.

wanderer“ aus Rumänien und Bul-

marktes für Arbeitnehmer aus den

Freizügigkeit in Europa. In seinem

Oscar Borkowsky, Mitarbeiter in unserem

garien interviewt. Die Antworten

EU-Ländern Rumänien und Bulgari-

Jahresgutachten stellt der Sach-

Buchprojekt und selbst Autor, kommentiert

unterscheiden sich deutlich von

en 2014 häufen sich populistische

verständigenrat

ein, wie inzwischen bekannt wurde, auch in

den Einschätzungen der Experten

Angriffe auf Neuzuwanderer.

Stiftungen für Integration und Mi-

Bochum und Dortmund übliches Vorgehen:

der Wohnungslosenhilfe, deren Ein-

Im Juni kündigte Innenminister

gration (SVR) klar, dass die BRD ein

Die stillschweigende „Inwertsetzung“ des

richtungen sie nutzen.

Friedrich an, EU-Recht zu beugen,

Magnet für Fachkräfte sei, die Aka-

Zahngoldes Verstorbener in den städtischen

74 Prozent der Neuzuwanderer ga-

indem er ungerechtfertigte Anträ-

demikerquote der Zuwanderer sei

Krematorien. Laut Bestatterverband wider-

ben an, dauerhaft hier bleiben zu

ge auf Sozialleistungen als schwere

höher als in der Mehrheitsbevölke-

spricht diese Praxis allen nationalen und

wollen, 37 Prozent sagen von sich,

Straftaten gemäß Art. 27 Abs. 2

rung – das gilt auch für Zuwanderer

internationalen Standards.

eine Ausbildung zu haben. Mehr als

des Art. 27 EU-Unionsbürgerricht-

aus Bulgarien und Rumänien.

die Hälfte erklärte, Gelegenheits-

linie missdeuten will, die „aus

Fast drei Viertel (72 Prozent) aller

jobs, auch Schwarzarbeit, anzu-

Gründen der öffentlichen Ordnung,

Bulgaren und Rumänen, die nach

nehmen, fast die Hälfte sammelt

Sicherheit oder Gesundheit“ eine

2007 nach Deutschland gekommen

Flaschen. 31 Prozent sagen, dass

„Sicherheitsausweisung“

erlaubt.

und zwischen 25 und 44 Jahren alt

sie betteln, 13 Prozent geben zu,

Friedrich: „Wenn die dann irgend-

sind, gingen einer Erwerbstätigkeit

sich zu prostituieren – es waren

wo aufgegriffen werden, dann kann

nach, heißt es im Jahresgutachten.

mehrere Antworten möglich.

man ohne großes Federlesen sie

„Armutszuwanderung ist bislang

Mitarbeiter der Wohnungslosenhil-

wieder rausschmeißen.“

die Ausnahme, nicht die Regel“, sie

fe – 57 Mitarbeiter aus 28 Hilfsein-

Tatsächlich muss laut Richtlinie

verursache in einzelnen Kommunen

richtungen – gaben hingegen an,

das Fehlverhalten eines Unions-

(wie Dortmund oder Duisburg) je-

dass die Zuwanderer vorwiegend

bürgers „eine tatsächliche, gegen-

doch besondere Kosten. Hier sei

mit Prostitution und Betteln ihren

wärtige und erhebliche Gefahr dar-

Unterstützung durch die Landes-

Lebensunterhalt

Bei

stellen, die ein Grundinteresse der

regierungen, den Bund und die EU

mehr als der Hälfte vermuten sie

Gesellschaft berührt. Vom Einzel-

nötig und möglich.

Nun ist es aber dummerweise so, dass die

„illegale Geschäfte“.

fall losgelöste (…) Begründungen

Für die Zukunft wünscht sich der

deutsche Geschichte, wahrlich nicht arm

Fast alle Zuwanderer wünschen sich

sind nicht zulässig.“

Sachverständigenrat ein eigenes

an Monströsem, auch hier eine heikle, da

hingegen Hilfe bei der Arbeits- und

SPD-Integrationspolitiker

Rüdiger

Ministerium für Integration und

wahrlich unappetitliche Parallele aufweist,

Wohnungssuche und beim Deutsch-

Veit dazu: „Friedrich macht das, was

Migration. Die Zuständigkeit für

welche wohl auf ewig – den Relativierern

lernen. 77 Prozent würden sich

er immer macht, wenn er nicht wei-

diesen Bereich müsse nach der

zum Trotz – mit dem Namen Oswiecim (pol-

ehrenamtlich engagieren, um beim

ter weiß: Er verbreitet populistische

Bundestagswahl „aus dem Innen-

nisch für Auschwitz) verbunden bleibt.

Aufbau eines Hilfsangebots für ihre

Ankündigungen und bedient Ängs-

ministerium abgezogen werden“.

Komme jetzt niemand auf die aberwitzige

Landsleute mitzuarbeiten.

te, ohne Lösungen anzubieten.“

Wie an einem halbwegs schönen Freitag im bereits vergangenen, übrigens ansonsten wenig wonnigen Monat Mai vermeldet wurde, erwirtschaftet (oder sollte man besser sagen: erbeutet?) die Stadt Essen jährlich das erkleckliche Sümmlein von etwa 100.000 Euro, indem sie das Zahngold von der Asche Verstorbener, welche bei der Verbrennung der Leichen in kommunalen Krematorien anfällt, auf technischem Wege trennt und dann wieder verwertet, das heißt: dem Stadtsäckel zugutekommen lässt.

bestreiten.

Idee, dass noch irgendwo in den diversen Verwaltungen hartgesottene, ehemalige SS-Chargen an den Schreibtischen sitzen; gleichwohl sind diese geblieben, wenn auch jene längst in Rente gegangen sind respektive zur Hölle gefahren sein dürften. Soll heißen: In einer verwalteten Welt, deren materialistische Mentalität immer weiter Raum greift, darf es nicht verwundern, dass noch die Toten ihren Beitrag für die Verschuldung der Lebenden leisten müssen: Friede daher ihrer vom Edelmetall gereinigten Asche. In vorliegendem Falle ein sarkastischer Vorschlag zur Güte: Man benenne das städtische Gemeinwesen, in dem dies geschieht, inskünftig: FRESSEN. Schließlich kommt bekanntlich erst dieses und dann – die Moral. (Oscar Borkowsky)

18

SKOTTS SEITENHIEB

der

Deutschen


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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

In meinem nächsten Leben werde ich CDU-Vorsitzende. Das ist ein schöner Job. Ob man davon leben kann, weiß ich nicht. Aber wenn ich nebenher als Kanzlerin arbeite, dürfte ich über die Runden kommen. Es mag Argumente gegen mein Vorhaben geben. Nur ziehen sie nicht mehr. Fangen wir an mit der Wiedergeburt. Die ist keine christliche Kernkompetenz, wäre früher in der CDU bestimmt verboten gewesen. Aber was interessieren diese Partei unter ihrer derzeitigen Besitzerin noch Weltanschauung und Überzeugung? Angela Merkel plagt sich mit derlei Gedöns gar nicht erst herum, da ist sie toll, und das meine ich nicht im Sinne der Tollwut, sondern „toll“ wie prima. Genau das macht sie für mich kopierenswert, ihr durch-die-Gegend-Gewurstel. Post-Politik könnte man es nennen. An der Spitze zu stehen ohne zu führen, nicht mal Debatten, das ist schon sehr moderne Staatskunst. Wo andere ihr Wahlprogramm auf Parteitagen diskutieren, verschickt Merkel ein Kassiber an Mitverschwörer. Mancher wirft ihr vor, sie habe etwas vom Pudding, den an die Wand zu nageln nicht möglich sei. Das stimmt. Aber ein Pudding kann viel besser am Stuhl kleben, und darum geht es viel häufiger in der Politik. Das Kleben entscheidet. Merkelpolitik ist deshalb so großartig, weil sie nebulös bleibt, wenn es konkret um Mindestlohn und Frauenquote geht. In anderen Fällen wartet die Betreiberin dieser Methode einfach ab, was das Verfassungsgericht entscheidet, um anschließend rasend schnell umzusetzen, was man dann abgebrüht als eigene Politik ausgibt. Ein Vorgehen, das man von jeder Stadtverwaltung so erwarten kann, wenn das Verwaltungsgericht gerade die KiTaGebühren kassiert hat. Sollte das nicht reichen, übernimmt man auch noch die Ideen der Opposition, wenn es etwa um Mietgrenzen geht. Nur ihr Meisterstück steht noch aus: Die Opposition gleich komplett zu betreiben, im Nebenerwerb.

Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

– umsonst und draußen – umsonst und draußen – umsonst und draußen –

Der „GEIERABEND“

am Samstag, 14. September 2013 ab 19.00 Uhr auf dem Markt in SOEST beim AWO Familienfest Unterbezirk Dortmund

Unterbezirk Ruhr-Mitte

Unterbezirk Unna

Klosterstraße 8 -10 44135 Dortmund 0231- 99 340

Bleichstr. 8 44787 Bochum 0234 - 96 47 70

Unnaer Straße 29a 59174 Kamen 02307- 91 22 10

www.awo-ww.de

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20

NETZWELT | von Sebastian Sellhorst

KINOTIPP | von endstation.kino

endstation.kino & bodo präsentieren: Laurence Anyways Laurence und seine Freundin Fred sind seit zwei Jahren ein Paar, lieben sich bedingungslos und genießen ihr gemeinsames Leben. Bis Laurence sich eingestehen muss, dass er sich im falschen Körper gefangen fühlt und lieber als Frau leben möchte. Als er sich Fred offenbart, ändert das alles. Oder vielleicht nicht? Denn Laurence’ Gefühle für Fred sind immer noch dieselben.

Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:

www.krautreporter.de Die Zeiten im Print-Journalismus sind schlecht. Ende 2012 erschien die letzte Ausgabe der Financial Times Deutschland. Zur gleichen Zeit durchlief die Frankfurter

Auch Fred liebt Laurence weiterhin, weiß aber

Rundschau ein Insolvenzverfahren. Anfang dieses Jahres wurden 120 Redakteure

nicht, wie sie damit umgehen soll, ob ihre Lie-

arbeitslos, als die WAZ-Gruppe die Lokalredaktionen der Westfälischen Rundschau

be stark genug ist. Sie weiß nur, dass sie sich

schloss. Immer weniger Journalisten müssen immer mehr Inhalte produzieren. Für

ein Leben ohne ihn nicht vorstellen kann. Ge-

größere investigative Arbeiten fehlt oft das Geld. Funktionierende Finanzierungs-

meinsam kämpfen sie, gegen alle Widerstände,

modelle für journalistische Angebote im Internet sind rar. Eine Webseite, die in

gegen die Vorurteile der anderen und gegen

diese Lücke stößt, ist das Crowdfunding-Portal krautreporter.de.

die eigenen Zweifel. Um sich selbst, um eine

Auf der seit Anfang des Jahres bestehenden Plattform können Journalisten das eigene Projekt vorstellen und Gelder zu dessen Umsetzung sammeln. Kommt der vorab festgelegte Betrag zusammen, beginnt der Ersteller mit der Arbeit. Verfehlt ein Projekt in der vorgegebenen Zeit sein Finanzierungsziel, bekommen die

Liebe, die am Abgrund steht, die aber so groß ist, dass sie es schaffen können. Sie verletzen sich, sie wissen nicht weiter, können nicht mitund nicht ohne einander.

Unterstützer ihr Geld zurück. Je nach Höhe des Betrags werden Unterstützer mit

Der kanadische Regisseur Xavier Dolan be-

unterschiedlichen Prämien für ihre Vorabfinanzierung belohnt. Das kann eine na-

gleitet das Paar mit seinem Spielfilm über

mentliche Erwähnung in einem Buch, ein Originalabzug einer Fotoreportage oder

ein ganzes Jahrzehnt und erzählt dabei die

ein persönlicher Vortrag sein.

Geschichte ihrer Liebe, die von einem Mo-

„Es ist an der Zeit, neue Finanzierungsmodelle für Journalismus auszuprobieren. Crowdfunding kann eins davon sein“, so der Berliner Journalist Sebastian Esser, der die Plattform Anfang des Jahres ins Leben gerufen hat. Bisher wurden

ment auf den anderen in ihren Grundfesten erschüttert wird und komplett ihre Selbstverständlichkeit verliert.

16 Projekte mit einer Gesamtsumme von über 80.000 Euro erfolgreich über die

In den Hauptrollen spielen Melvil Poupaud

Plattform finanziert. Mit dabei unter anderem eine investigative Reportage zu

als Laurence und Suzanne Clément – die bei

Giftstoffen in Airbags oder ein Onlineatlas zu den Orten der nationalsozialisti-

den Internationalen Filmfestspielen von

schen Bücherverbrennungen.

Cannes 2012 für ihre schauspielerische Leis-

Trotz der erfolgreichen Bilanz versucht Sebastian Esser, die Erwartungen an Krautreporter nicht zu hoch zu hängen. „Crowdfunding ist sicher ein Weg, um Journalismus zu finanzieren, aber er funktioniert auch nicht für alle Formen. Es braucht eine gewisse Reichweite, damit sich

lerin der Sektion Un Certain Regard geehrt wurde – als Fred. Beim Filmfest Hamburg wurde der Film mit dem Art Cinema Award ausgezeichnet.

ein journalistisches Produkt so finanzieren lässt.“ Aktuell

Mo. 22.07. bis Mi. 24.07. um 20.45 Uhr und

warten auf der Website vier Projekte auf finanzielle

Do. 29.08. bis Sa. 31.08. um 20.15 Uhr

Unterstützung. Eins davon ist ein Buch des SportjournaSebastian Esser

tung in Laurence Anyways als Beste Darstel-

listen Jens Weinreich zur Wahl des IOC-Präsidenten im September 2013. (sese)

Endstation Kino im Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108, 44894 Bochum Telefon 0234 – 68 71 620 www.endstation-kino.de

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VERANSTALTUNGEN JULI 2013 | VERLOSUNGEN zusammengestellt von Petra von Randow

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Juicy Beats 18 Die fruchtigste Versuchung, seit es Open-Air-Festivals gibt mit Fritz Kalkbrenner, Marteria, The Notwist, Left Boy, Friska Viljor, Crystal Fighters, Moop Mama, Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi, Ian Pooley, Hans Nieswandt, Megaloh, Klaus Fiehe, Ingo Sänger u.v.m. Samstag, den 27.7. ab 12 Uhr im Westfalenpark Dortmund bodo verlost 2 x 2 Karten

Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an: redaktion@bodoev.de Oder schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an: bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist jeweils zwei Werktage vor dem Termin. Einsendeschluss für terminunabhängige Verlosungen ist der 25.07.2013 08.07. | Trainer! | Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten 11.07. | Scudetto mit Ronald Reng & VfL-Legende Heinz Höher | Riff, Bochum | 2 x 2 Karten 18.07. | Music Experience II – New Latin Sounds | FZW, Dortmund | 3 x 2 Karten 20.07. | yunas ape | subrosa, Dortmund | 2 x 2 Karten 22.07. – 31.08. | Laurence Anyways | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten 27.07. | Juicy Beats 18 | Westfalenpark Dortmund | 2 x 2 Karten Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!

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22 VERANSTALTUNGEN JULI 2013

DI 02 | 07 | 13 Bildung | Einladung zum Schnuppertag Mit einem Schnuppertag möchte die Technische Universität (TU) Dortmund allen interessierten Bür04 – 06 | 07 | 13 Bedingungsloses Grundeinsingen

05 | 07 | 13 Jochen Malmsheimer

renamtliches Engagement zu qualifizieren. Pro Semester

Gleichviel, ob die Besucher ein Rezept für ein Picknick oder

nur Arbeitslose, sondern auch Workaholics oder Reini-

bezahlen die Studierenden 100 Euro. Am 2. Juli ab 8.30

einen Grillabend suchen, ob sie für eine wissenschaftliche

gungskräfte berichten kontrovers nicht nur über die Vor-

Uhr sind Interessierte herzlich eingeladen, sich zu infor-

Arbeit recherchieren oder einfach gerne in Kochbüchern

sondern auch über die Nachteile eines in der Realität

mieren, an einem Seminar teilzunehmen, sich auf dem

blättern, die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen von proKUL-

zwar nicht umgesetzten, aber oft diskutierten Modells.

Campus der Universität umzusehen und mit Absolvent/

TUR kümmern sich engagiert um jedes Anliegen.

Das Bedingungslose Grundeinsingen beginnt im Bochu-

innen des Seniorenstudiums zu sprechen. Für die Teil-

Bibliothek des Deutschen Kochbuchmuseums,

mer „prinz regent theater“ am Donnerstag und Freitag

nahme am Schnuppertag ist eine Anmeldung erforder-

Dortmund, 10 – 14 Uhr

jeweils um 19 Uhr, am Samstag bereits um 17 Uhr.

gerinnen und Bürgern ihr Angebot eines Seniorenstudiums vorstellen. Fünf Semester lang studieren Ältere ab 50 mit dem Ziel, sich für ein selbst gewähltes eh-

lich. Anmeldung unter Tel. 0231 – 755-4128 dienstags und donnerstags in der Zeit von 10 – 12 Uhr. Unter dieser Nummer sind auch weitere Informationen erhältlich.

Kultur | Nord trifft Süd – Das Dortmunder Bürgerforum sich auch in vielen Vereinen engagieren. Diese Ver-

Musik | Erol Parlak

FR 05 | 07 | 13

In Dortmund leben Menschen aus 172 Nationen, die Kabarett | Sabine Domogala

eine unterschiedlicher Art prägen die Kultur des Zu-

Es gibt Motivationstrainer, Berater, Mentoren, Leute,

Erol Parlak ist ein international bekannter Virtuose auf

sammenlebens in der Stadt und in den Stadtteilen. Die

die einfach helfen wollen, und es gibt Sabine Domoga-

der Baglama. Er lehrt an der TU Istanbul und gibt viele

Auslandsgesellschaft NRW e.V. möchte diese Kultur

la. Ihr Motto: „Das Leben ist nicht immer Sanifair!“ Wer

Konzerte im In- und Ausland. Zurzeit befindet sich Erol

sichtbarer machen, Neues und Altbewährtes vorstellen,

sich ihr anvertraut, der kann was erleben. Stuhlkreis,

Parlak auf einer Reise durch deutsche Musikhochschu-

Begegnungen zwischen den Menschen ermöglichen

Feedbackrunde oder stille Einzelarbeit – das alles war

len, um das Fach Baglama als Studienfach zu etablieren.

und hat aus diesen Gründen engagierte Gruppen aus

gestern. An nur einem Abend lüftet diese Trainerin das

Auch in Bochum legt er einen Zwischenstopp ein, um ein

verschiedenen Stadtteilen eingeladen, um über ihr En-

Geheimnis für mehr Glück und Zufriedenheit – in ihrem

kleines Konzert und Informationen zum Thema Ausbil-

gagement und ihren Glauben zu berichten. Sie sollen

Intensivkurs „Schwächen umarmen“ – stets geradlinig

dung auf der Baglama zu geben. Alle Interessierten sind

in einer gemütlichen Runde ins Gespräch kommen. Die

in ihrer Methodik: „Sag mir deinen Namen und ich sag

herzlich zu dieser Veranstaltung der Musikschule und des

Veranstaltung gibt Bürgerinnen und Bürgern die Chan-

dir, wie du heißt!“ Der Fachwelt gibt sie Rätsel auf,

Kulturbüros Bochum bei freiem Eintritt eingeladen.

ce, alltägliche und besondere Projekte in Dortmund

doch Sabine Domogala ist überzeugt von ihrem rich-

Bahnhof Langendreer, Bochum, 19 Uhr

kennenzulernen. Der Eintritt ist frei.

tigsten Weg: „Wenn alle die Welt durch meine Augen

Auslandsgesellschaft NRW e.V., Dortmund, 18.30 Uhr

sehen, ist auch mir geholfen.“

DI 02 – SO 28 | 07 | 13 Ausstellung | Yes, we‘re open – Willkommen in Deutschland Etwa jeder fünfte Mensch in Deutschland hat auslän-

Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr

DO 04 – SA 06 | 07 | 13 Festival | 20 Jahre subrosa

Ausbildung und Beruf | Dortmunder Nacht der Ausbildung Die „Dortmunder Nacht der Ausbildung“ will jungen

dische Wurzeln. Die Ausstellung zeigt informativ und

Satte 20 Jahre gibt es sie nun, die Hafenschänke „sub-

Menschen eine Entscheidungshilfe bei der Berufswahl

interaktiv, wie Zugewanderte und ihre Kinder die deut-

rosa“ in der Dortmunder Nordstadt. Anfang Juli ist es

geben. Und zwar nicht zum ersten Mal, sondern inzwi-

sche Gesellschaft auf vielfältige Weise bereichern. Die

soweit – und das will natürlich gefeiert werden! An

schen bereits als bewährtes Erfolgsmodell. Nach dem

Kinderärztin aus Armenien, die durch das Anerkennungs-

drei Tagen lässt man die vielbesungene „Sau raus“ und

großen Zuspruch der Vorjahre öffnen am Abend des 5.

gesetz des Bundes endlich wieder in ihrem Beruf arbei-

beschert dem Publikum beim „20th Anniversary Festi-

Juli 2013 bekannte Unternehmen erneut ihre Türen.

ten kann, oder der Kfz-Azubi aus Spanien, der von der

val“ von Donnerstag bis Samstag (4. – 6. 7.) insgesamt

Sie stellen ein breites Spektrum an Ausbildungsmög-

Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU profitiert – anhand

sechs Live-Acts an den musikalischen Themen-Abenden

lichkeiten vor: von A wie AnlagenmechanikerIn bis Z

persönlicher Geschichten wird mit Filmen oder Expona-

Acoustic, Electric und Psykrautic. Mit dabei u.a.: Ne-

wie ZerspanungsmechanikerIn – insgesamt über 70 ver-

ten gezeigt, wie Zuwanderer sowie Deutsche mit Migra-

pomuk, Liz Stringer & Ramblin‘ Van Walker, Das Georg

schiedene Berufe und duale Studiengänge. Etliche sind

tionshintergrund die deutsche Kultur und Gesellschaft

Zimmermann Trio, 20% AUF ALLES. Ausführliche Infor-

viel, viel spannender als die trockene Berufsbezeich-

erleben. Die Wanderausstellung ist ein gemeinsames

mationen zu allen Künstlern und Konzerten gibt es un-

nung vielleicht auf den ersten Blick verrät. Ein zweiter

Projekt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

ter www.hafenschaenke.de.

Blick könnte sich also lohnen. Auch kaufmännische,

mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Techno-

subrosa, Dortmund

technische und sozial-pflegerische Berufe sind dabei.

logie sowie der Bundesagentur für Arbeit. DASA, Dortmund

MI 03 | 07 | 13

Alle Informationen zur Veranstaltung gibt es unter:

DO 04 – SA 06 | 07 | 13

www.dortmunder-nacht-der-ausbildung.de. Dortmund, 17 – 23 Uhr

Musik | Bedingungsloses Grundeinsingen Ausgewählte Menschen erhalten Monat für Monat 1.000

Kabarett | RuhrHochDeutsch: Jochen Malmsheimer

Kochen | Beratungstag in der historischen

Euro bedingungsloses Grundeinkommen im Rahmen ei-

Seit über 12 Jahren schreibt er Kabarettprogramme,

Bibliothek des Deutschen Kochbuchmuseums

22

nes europäischen Pilotprojektes, mit der einzigen Bedin-

die so wunderbar kryptische Titel wie „Ich bin kein Tag

Das Deutsche Kochbuchmuseum ist derzeit geschlossen

gung, dass sie gemeinsam singen. Klingt wie Utopie? Ist

für eine Nacht“ oder „Flieg Fisch, lies und gesunde“

und wird mit einer neuen Konzeption voraussichtlich im

es auch. Bernadette la Hengst und Chor singen trotzdem,

tragen. Sein neuestes, großartiges und hochkomisches

Frühjahr 2015 wiedereröffnet. Die nahezu 10.000 Titel

wie sich ihr Leben mit dem garantierten Einkommen in

Wortgestöber heißt, wahrscheinlich zu Recht, „Ermpft-

umfassende Bibliothek bleibt vorerst am alten Standort.

den letzten fünf Jahren verändert hat. Bewusst nicht

schnuggn trødå – hinter Staunen kauert die Frappanz“.


06 | 07 | 13 ExtraSchicht – Die Nacht der Industriekultur

06 | 07 | 13 Yard Designmarkt

09 | 07 | 13 Jürgen Wiersch

Ach so. In diesem rund zweistündigen und schwindel-

eine Mischung aus Mode, Schmuck, Möbeln und Pro-

wie soll das gelingen, wenn immer alles schiefgeht? Er

erregenden Kampf um Bildung, Anstand und Toleranz

duktdesign wie auch Kunst und Fotografie. Auch dies-

trinkt, er schlägt Julie, ein Überfall misslingt, Liliom

zirkuliert Malmsheimer um eines seiner Lieblingsthe-

mal wird wieder im DJ-Wohnzimmer aufgelegt, und das

stirbt. Doch seine Geschichte ist hier nicht zu Ende,

men: die deutsche Sprache.

„wirzwei Café“, mit seinen bearbeiteten Vintage Möbeln,

denn im Himmel erhält Liliom eine zweite Chance: 16

Spielgelzelt am Steinernen Turm, Dortmund, 20 Uhr

lädt zum Entspannen, Austauschen und Genießen ein.

Jahre nach seinem Tod darf er noch einmal auf die Erde

(auch 6. & 7. 7.)

Rotunde, Bochum, ab 12 Uhr (auch 7.7.)

zurückkehren. Aber kann einer wie er sich überhaupt ändern oder gibt es das nur im Märchen?

Ausstellung | Martin Steffen – Bukom Fighter Ghanas Boxer sind Weltklasse. Dutzenden von ihnen. Es gibt aktuelle Weltmeister, ehemalige Champs und

SO 07 | 07 | 13 Theater | Liliom

Schauspielhaus, Bochum, 19 Uhr (auch 19.7., 19.30 Uhr)

MO 08 | 07 | 13

sicher auch zukünftige. Alle, ausnahmslos alle, dieser

Der Liliom ist das, was man einen Hutschenschleude-

Boxer kommen aus Bukom, einem Stadtteil der Haupt-

rer nennt: Ein Ausrufer auf der Kirmes, ein Aufreißer,

stadt Accra. Die Menschen dort leben Boxen. Hunderte

ein Angeber, ein Raufbold – und er ist stolz darauf und

Frank Goosen kauft ständig neue Bücher und liest sie auch

Athleten, Profis und Amateure malträtieren hier täg-

pflegt seinen Ruf. Nichts kann ihm geschehen, denkt er,

sehr gerne. Einige findet er so schön, dass er meint, auch

lich ihre halb zerfetzten Boxsäcke. Der Bochumer Fo-

bis eines Tages Julie vor ihm steht. Schnell hat er erst

andere sollten sie lesen. Im Theater Unten spricht er ab

tograf Martin Steffen ist tief eingetaucht in die Welt

sein Herz und dann seinen Job verloren. Bald werden aus

November regelmäßig über diese Bücher, liest daraus vor

der Strandboxer. Tagelang hat er sie beim Training be-

den beiden Liebenden zwei Gejagte auf der Flucht vor Ar-

und zeigt vielleicht sogar kleine Filme. Es wird spannend,

gleitet, hat ihren Willen, aber auch ihr Leid gespürt

beitslosigkeit und den Verlockungen des Kirmeslebens.

komisch und manchmal sicher auch merkwürdig.

und ihren Schweiß gerochen. Er hat sich in Bukoms

Liliom versucht, ein besserer Mensch zu werden. Doch

Theater Unten Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr

Lesung | Goosens neue Bücher

Straßen rumgetrieben und nachts dunkle Hinterhofboxkämpfe besucht. Entstanden ist eine Reportage in ANZEIGE

hartem Schwarzweiß, voller Nähe und Respekt für die Menschen und ihren Sport. Die Vernissage mit dem Fotografen findet am Freitag, 5.7., um 18 Uhr statt. Boom! Store, bis 20.7., Bochum

SA 06 | 07 | 13 Kultur | ExtraSchicht – Die Nacht der Industriekultur Wenn 50 Spielorte in 25 Städten zusammen im Zeichen großer Unterhaltung antreten, wenn 190 Shuttlebusse rund 37.000 Buskilometer in einer Nacht zurücklegen, wenn ehemalige Industrieanlagen, neue Kreativstandorte, zukünftige Abwasserkanäle und Straßenbahnen zu Bühnen werden, wenn Streetart-Gruppen, Symphoniker und Improvisationstheater auf dem Programm stehen, wenn zu Aquaphonie, Kopfhörer-Party, Feuershows und Klaviermarathon eingeladen wird, und wenn Besucher Christo, Künstler-Kollektive und regionale Kulturinstitutionen mit nur einem Ticket erleben können, dann bedeutet das: Es ist ExtraSchicht! Das komplette Programm gibt es unter www.extraschicht.de. Ruhrgebiet, 18 – 2 Uhr Design | Yard Designmarkt Den Besuchern des Yard Kunst- und Designmarktes wird Flanieren und Stöbern in der besonderen Atmosphäre der Rotunde, dem unter Denkmalschutz stehenden, ehemali-

re i enf 4 t s 4 ko fo s 5 4 4 0 0 e n I . Alle 0800 w21.d e er unt www.d r ode

gen Bahnhof in Bochum geboten. Hier können besondere Designstücke und Geschenke, die nicht von der Stange kommen, gefunden werden. Auf 650 qm präsentieren über 50 ausgesuchte Designer, Kreative und Künstler

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24 VERANSTALTUNGEN JULI 2013

BODO VERLOSUNG | Trainer! Deutschland ist längst das Land der Taktikfüchse, selbst ernannten Bundestrainer und Sofa-Zampanos. Profi-Trainer agieren im Epizentrum der mo-

12 | 07 | 13 Afrikanischer Tanz- und Trommel-Abend

13 | 07 | 13 Quartiersrundgang Nordstadt

dernen Medienmaschinerie. Im ohnehin völlig irrationalen Fußball-Business. Die

BODO VERLOSUNG | Scudetto: Ronald Reng & Heinz Höher

mus zusammenführen. Wer trommeln möchte, sollte sei-

oberflächliche und tenden-

Bestseller-Autor Ronald Reng kommt zusammen mit dem

ne Trommel mitbringen (und/oder Percussion-Toys), wer

ziöse Berichterstattungskultur einiger Medien fördert

ehemaligen Spieler und Trainer des VfL Bochum, Heinz

tanzen möchte, bequeme Kleidung, ansonsten gute Lau-

diese Stimmung der Unsachlichkeit. Der Druck steigt

Höher, zu einer Deutsch-

ne und ein offenes Ohr. Das Trommeln dauert ca. 3 Stun-

dabei oftmals ins Unermessliche. Doch worauf kommt es

land-Premiere ins Riff. Im

den, danach kann zur Worldbeat-Disco getanzt werden.

in diesem Beruf wirklich an? Über den – vermeintlich –

Gepäck hat der Sportrepor-

Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund, 19 Uhr

jeder schon alles weiß, es meistens sogar besser wissen

ter Reng sein aktuelles Buch

will. Der Dokumentarfilm Trainer! ist eine Annäherung

»Spieltage. Die andere Ge-

an diesen unnahbaren Beruf. Zum Filmgespräch im An-

schichte der Bundesliga«. Es

Eine gemütliche Wohnung in einer Welt voll diffuser Ge-

schluss an die Vorstellung ist neben VfL-Trainer Peter

ist die Geschichte von Heinz Höher, der einer der ganz

fahren. Helen und Danny sind gerade beim Abendessen,

Neururer auch Regisseur Aljoscha Pause sowie Fußball-

wenigen ist, die in 50 Jahren Bundesliga immer dabei

als der blutüberströmte Liam hereinplatzt – Helens

Komiker Ben Redelings zu Gast. (Der Dokumentarfilm

waren, als Spieler, Trainer, Sportdirektor, Talentejäger.

kleiner Bruder. Auf der Straße sei ein Junge nieder-

wird am 12.7., um 18.45 Uhr und am 14.7., um 19.15 Uhr

Ronald Reng erzählt von der Schönheit und den Gaune-

gestochen worden. Was jetzt tun? Verblutet irgendwo

auch im endstation Kino zu sehen sein.)

reien des Spiels, vom Alltag als Spielerfrau ebenso wie

da draußen gerade ein Mensch? Danny will die Polizei

Bahnhof Langendreer, Bochum, 19 Uhr

von Pistolenschüssen oder Franz Beckenbauers bislang

rufen, doch Helen ist dagegen, denn ihr Bruder ist vor-

bodo verlost 2 x 2 Karten.

unbekanntem Versuch als Literaturagent. Heinz Hö-

bestraft. Dann beginnt Liam, sich in Widersprüche zu

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

her und Ronald Reng werden ihr Buch am 11. Juli 2013

verstricken. Doch Helen bleibt dabei: Ihr Bruder muss

erstmals der Öffentlichkeit präsentieren. Zusammen mit

geschützt werden. Schnell wird klar, dass dies mit rei-

dem Buchautor und Moderator des Abends Ben Redelings

nem Abwarten kaum gelingen kann.

werden sie sich gemeinsam an fünfzig hochinteressante

Harenberg City Center, Dortmund, 19.30 Uhr

DI 09 | 07 | 13 Literatur | Jürgen Wiersch

Theater | Waisen

Jahre deutschen Erstligafußballs erinnern. Theater | Money Makes The World Go Round

Der in Bochum geborene und in Dortmund lebende Live-

Riff, Bochum, 19.30 Uhr

Poet Jürgen Wiersch stellt seinen neuen Gedichtband

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Das Junge Ensemble der Theaterwerkstatt stellt eine

„XXX 3 KREUZE“, den bereits vierten seiner Reihe „Selte-

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

neue Therapieform vor: I.D.I.O.T. – die Interdisziplinäre

nes Exemplar“, vor. Besonderheit dabei: Der Autor stellt Sie im Superwahljahr vor eine Wahl und nimmt Sie ihnen gleichermaßen auch wieder ab. Erleben Sie die Wahl als Farce und ihr Wählerisch-sein als Wahlgenuss. Kleiner

Destruktions- und Interventions-Obulus-Therapie. Pro-

DO 11 – SO 14 | 07 | 13 Festival | Bochum Total

banden sind Menschen, deren Beziehung zu Geld sich zwischen Gier und Geiz, Armut und Abneigung, Überfluss und Übermut bewegt. Mutig begeben sie sich in

Tipp: Die „Seltenen Exemplare“ gibt es nicht im Handel,

Was dem Dortmunder sein Juicy Beats, ist dem Bochu-

ein neuartiges Experiment, in dem spielerische Metho-

sondern sind lediglich bei Veranstaltungen des Poeten

mer sein Bochum Total. Vom 11. bis 14. Juli 2013 wird

den und revolutionäre Interventionen erprobt werden

zu kaufen. Dabei bestimmen sie selber darüber, wie viel

sich die Bochumer Innenstadt wieder in ein fettes Fes-

und dessen Ausgang völlig offen ist.

ihnen ein individuell gestalteter Gedichtband wert ist.

tivalgelände verwandeln. Und auch diesmal heißt es

Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr

sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr, Eintritt frei

bei der 28. Auflage des Musikfestivals: vier Tage volles

(auch 13.07., 20 Uhr & 14.07., 19 Uhr)

Programm, mehr als 60 Bands und Künstler vom regio-

DO 11 | 07 | 13 Musik | Fangesänge

nalen Newcomer bis zum Top-Act, vier Bühnen und das alles bei freiem Eintritt. Bis jetzt sind unter anderem folgende Bands bestätigt: Thomas Godoj, Phrasenmä-

DJ Picknick | Hans Nieswandt, Ingo Sänger, Carsten Helmich

Fußball ist das Sportereignis weltweit. Doch was wäre

her, Monsters of Liedermaching, Saint Lu, Jupiter Jones,

Auch in diesem Sommer sorgen die Summersounds DJ-

der Fußball ohne seine Fans und deren Gesänge? Sie erst

Bollock Brothers, Tommy Finke, Pohlmann, Van Canto,

Picknicks mit HipHop, Nu-Jazz, House und Electronic

geben dem Fußball jene emotionale Dimension, die über

Pamela Falcon. Mehr zum kompletten Programm ständig

Beats für Festivalstimmung in den Dortmunder Parks.

das Stadion hinaus eine globale Gemeinschaft der Fuß-

aktualisiert unter www.bochum-total.de.

Erster offizieller Termin ist am Sa.13.07. im Westpark.

ballbegeisterten schafft. Dieser Begeisterung will das

Innenstadt, Bochum

Die Deep House-Spezialisten Hans Nieswandt, Ingo

Projekt „Fangesänge“ nachspüren und im „Kraftwerk der Gefühle“, der Oper, Werke zur Aufführung bringen, die oftmals hohe Kunst, wenngleich im Kanon der Hochkunst nicht zu finden sind. Fangesänge aus vielen Län-

24

SA 13 | 07 | 13

Sänger und Carsten Helmich sorgen von 14 bis 22 Uhr

FR 12 | 07 | 13 Musik | Afrikanischer Tanz- und Trommel-Abend

für feinste Electronic Beats und den richtigen Groove zum entspannten Sommertag. Unter dem Motto „Grüner Picknicken“ kann der Strom für die PA von den

dern und von allen Kontinenten vereinen sich zu einem

Eine offene Session für alle, die Spaß und Interesse an

Besuchern selbst erzeugt werden. Das Kreidler E-Bike

Oratorium der Leidenschaften, das in unterschiedlichen

afrikanischen Rhythmen haben, neue Leute kennenler-

Muskelkraftwerk besteht aus 8 Fahrrädern und liefert

musikalischen Formen und mit dokumentarischen Texten

nen und gemeinsam trommeln oder zur Trommel tanzen

konstant und 100% CO2-frei bis zu 2,4 kW Strom. Der

das Faszinosum Fußball als soziales, kulturelles und poli-

möchten. Die Dozenten Hampar Sarafian (Tanz) und Al-

Eintritt ist frei. Ausführliche Informationen gibt es

tisches Ereignis erfahrbar macht.

pha R. Kruse (Trommel) werden je nach Vorerfahrungen

unter www.djpicknick.de.

Opernhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

der Teilnehmenden in wechselnden Sets Tanz und Rhyth-

Westpark, Dortmund, ab 14 Uhr


13 | 07 | 13 DJ Picknick: Hans Nieswandt

Soziales | Quartiersrundgang Nordstadt

13 | 07 | 13 Zombies – Es leben die Toten!

15 | 07 | 13 Die Feuersteins mit Thomas Hecking

Ilona und DJ LaKai servieren die cosmotopischsten

kehr findet er Maria in den Armen eines amerikanischen

Zwei halbe Wahrheiten. Im medialen Diskurs oft aus-

Tanzraketen und groovigsten Songs der letzten Jahr-

Soldaten. Den Liebhaber erschlägt sie, ins Zuchthaus

schließlich als Problembezirk besprochen, wird die

zehnte. Eine wilde Mischung aus 60ties Soul, 70ties

wandert dafür ihr Mann. Jetzt erst recht arbeitet Ma-

Dortmunder Nordstadt von vielen ihrer Bewohner oft

Funk, Disco, Rare Grooves und Indie-Classics mit

ria sich hoch, lernt den Fabrikanten Oswald kennen und

sehr viel positiver wahrgenommen. Oft sind es nur we-

Durchtanz-Garantie. Zutritt ab 21 Jahren.

macht sich unentbehrlich – in der Firma und privat. Bis

nige Meter, die in der Nordstadt spannende Kunst- und

Großmarktschänke, Dortmund, 22 Uhr

Hermann endgültig zurückkehrt, ist sie eine reiche, er-

Kultur-Projekte von Orten extremer Armut trennen. Exemplarisch sollen einige dieser Orte um das Quartier

folgreiche Frau geworden – alles für diesen Moment, in

MO 15 | 07 | 13

Nordmarkt besucht und ihre Entstehungsgeschichte vorgestellt werden, die oft das Ergebnis von Verdrän-

dem sich das Versprechen der Ehe einlösen soll. Aber was bleibt übrig, wenn das Wirtschaftswunder vollbracht ist?

Musik | Die Feuersteins mit Thomas Hecking

Kammerspiele Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr

gung aus anderen Bereichen der Stadt ist. Nur wenige

Zwei Töchter, die, seit sie denken können, immer gern

hundert Meter trennen den Schleswiger Platz, den Treff-

gesungen haben, und ein Vater, der, seit er denken

punkt der offenen Drogenszene, von der „Velokitchen“,

kann, immer schon Musik gemacht hat – das sind die

einer Fahrradwerkstatt, die auch zum gemeinsamen

Ingredienzien der Family-Band „Die Feuersteins“. Mit

BODO VERLOSUNG | Music Experience II / New Latin Sounds

Kochen einlädt. Auf dem Nordmarkt hat sowohl ein Teil

Thomas Hecking, einem Virtuosen auf dem diatonischen

Unter dem Motto „Music Experience“ startet die neue

der Alkoholiker-Szene der Nordstadt als auch ein großer

Akkordeon, gesellt sich ein charismatischer Musiker zur

„Global Community“-Veranstaltungsreihe des Jugend-

Spielplatz seinen festen Platz. Dieses unmittelbare Ne-

Familie, der schon 1974 einer Liebesaffäre mit der iri-

amtes unter Beteiligung von

ben- und Miteinander ganz unterschiedlicher Menschen

schen Musik nicht widerstehen konnte. Zwei alte und

Bands und Musikgruppen

schafft in der Nordstadt eine einzigartige Atmosphäre,

zwei junge Hasen – der Unterschied der Generationen

aus anderen Kontinenten.

die weit über die übliche Schwarz-Weiß-Malerei hinaus-

wird zum musikalischen Dialog, ein freundliches Neben-

Dabei geht es keinesfalls

geht. Sebastian Sellhorst (bodo) und Vilim Brezina (Die

einander von fast vergessenen deutschen Volksliedern,

um die Manifestierung „ty-

Urbanisten) leiten eine zweistündige Führung mit an-

mitreißenden irischen Jigs und Reels und unsterblichen

pischer Stereotypen“ einer

schließender Gesprächsrunde.

Folk- und Popsongs von gestern und heute.

bestimmten Kultur, sondern vielmehr um die Zeichnung

Treffpunkt: Auslandsgesellschaft Dortmund,

Maschinchen Buntes, Witten, 20 Uhr

einer Vielfalt und Ausdruckstärke, individueller und selbstbestimmter Lebensstile, denen in der Umkehrung

Steinstraße 16 Uhr, Eintritt frei Theater | Zombies – Es leben die Toten! Zombies sind ein Phänomen, das heute populärer ist

DO 18 | 07 | 13

MI 17 | 07 | 13 Kabarett | Moses W.

wiederum ein gemeinsam erfahrbares und identitätsstiftendes globales „Branding“ innewohnt. Mit dabei: Chantik: Weltmusik – A Capella, das Welt-Musik-Projekt

denn je. Man findet sie in Filmen, Fernsehserien, Co-

„No sports!“ Dieser Wahlspruch von Winston Churchill

ConGusto g.e, das expressive Trio Tango Loco und das

mics, Theaterstücken und der Literatur. Mit ihrem

wird oft und gerne falsch zitiert. Winston C. war kein ge-

hochkarätig besetzte Quartett tangoAPX. Ausführliche

Heißhunger auf Menschenfleisch und Gehirn haben sie

nereller Feind des Sports, aber er verwahrte sich gegen

Infos zu allen Künstlern gibt es unter: www.fzw.de.

längst die Vampire von der Poleposition der beliebtesten

Wettkampfwahnsinn, Fitnessfieber und Männer in Rad-

FZW, Dortmund, 19.30 Uhr

Monster vertrieben. Immer wieder dienen sie dabei als

lerhosen. Das zumindest glaubt Moses W., denn er weiß:

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Spiegelbild unserer gegenwärtigen Ängste vor Seuchen,

Übertriebenes Sportgetue ist sündhaft teuer, sündhaft

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Naturkatastrophen, terroristischen Anschlägen und

ungesund und eine Gefahr für jede intakte Beziehung.

dem Untergang in einer hirnlosen, anonymen Masse. In

Moses W. war keine Leuchte im Schulsport. Sein einziges

„Zombies – Es leben die Toten!“ werden Studierende der

Tor in 13 Jahren war ein Eigentor. Heute radelt und wan-

RUB die verschiedenen Facetten von Zombies erarbeiten

dert er auf lockerem Mittelmaß und beobachtet dabei

und präsentieren. Vom Cocktail „Zombie“ über Voodoo-

jene Zeitgenossen, die sich ihre Muskeln, Sehnen und

Der Argentinische Tango ist mehr als nur ein Tanz. Er

und klassische Hollywoodzombies bis hin zum zeitge-

Knochen kaputt machen mit dem Ziel, gesund zu blei-

ist gleichzeitig ein feines Zwiegespräch der Tanzpart-

nössischen Virus-Zombie sind alle Darstellungsweisen

ben. Da kann es durchaus passieren, dass man beim Ver-

ner zwischen Spannung und Loslassen, Verzögern und

der lebenden Toten vertreten.

such, den inneren Frieden zu finden, die Nerven verliert.

Beschleunigen, zwischen Nähe und Distanz, zwischen

Theater im MZ Ruhr Universität, Bochum, 19.30 Uhr

Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr

Provokation und Hingabe. Er ist getanzter Ausdruck sei-

(auch 14.7. & im Rahmen der ExtraSchicht am 6.7.)

Tanz | Tango Milonga

ner Musik, deren Gefühlswelt von leidenschaftlich, meTheater | Die Ehe der Maria Braun

Party | Cosmotopias Wohnzimmer Club

FR 19 | 07 | 13

lancholisch und sehnsuchtsvoll bis hin zu kritisch und

Maria Braun heiratet 1943 im Bombenhagel, am nächs-

provokativ reicht. Die Faszination Tango kann man jeden

Teppichboden als Tanzparkett und unkonventionelles

ten Tag muss ihr Hermann zurück an die Front. Zusam-

dritten Freitag im Monat in der Wittener Werkstadt er-

Partyfeeling im 60er Jahre Wohnzimmer Style, das

men leben werden sie nie, ein Freund überbringt die

leben. Willkommen sind alle: Tangotänzer, Traumtänzer,

sind seit jeher die Markenzeichen des Cosmotopia. Am

Todesnachricht. Maria muss ihr Leben allein meistern

Nicht-Tänzer und „Noch-Nicht-Tänzer“. Vorher (19 – 20

13.07. öffnet die Crew die Türen der Dortmunder Groß-

– und richtet es erfolgreich an der Tausch-Ökonomie

Uhr) gibt es eine Gratis-Schnupperstunde, wo jeder, der

marktschänke und lässt gleich zwei Urgesteine der

der Nachkriegszeit aus. Und doch währt die Ehe länger

möchte, seine ersten Tangoschritte gehen kann.

Dortmunder DJ-Szene gegeneinander Antreten. Djane

als vermutet, Hermann hat überlebt. Bei seiner Rück-

Werkstadt, Witten, 20 Uhr

25


26 VERANSTALTUNGEN JULI 2013

Mischmasch | Zoo bei Nacht: Geführter Abendspaziergang Wer den Zoo und seine Bewohner in einer besonderen Atmosphäre kennenlernen möchte, den lädt der Zoo Dortmund zu einem geführten Abendspaziergang ein. Denn dabei kann man viel erleben: 17 | 07 | 13 Die Ehe der Maria Braun

19 | 07 | 13 Tango Milonga

über die Tierwelt und die Arbeit im Zoo Dortmund. Eine

Frauen im Hier und Jetzt mit sieben Schlagwesen im

eine doppelte Ladung Nu-Jazz, Funky-Grooves und sou-

Anmeldung ist erforderlich.

Handgepäck, die live auf die Leinwand projiziert wer-

ful Electronic Beats garantiert. Wie immer umsonst und

Zoo Dortmund, Dortmund, 21 Uhr

den und yunas ape audiovisuell begleiten. Das ist es.

draußen. Weitere Stationen der DJ Picknicks bestreiten

Aus einer spielerischen Idee entstand ein interessantes

unter anderem DJ Dash, MadGreen, Klaus Fiehe, Der

Bühnen-Dasein. Und das wollen sie teilen.

Wolf, Ümit Han und Juliet Sikora. Ausführliche Infor-

Blick zurück nach vorn! Auch dieses Jahr lädt das En-

subrosa, Dortmund, 20 Uhr

mationen gibt es unter www.djpicknick.de.

semble wieder ins Schauspielhaus – mit Text und Musik,

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Grünfläche an den Westfallenhallen, DO, ab 14 Uhr

zu Momenten der Saison 2012/13 und einem Ausblick

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Zum Beispiel die vielen nachtaktiven Tiere, die den Tag verschlafen haben und sich erst in der Abenddämmerung zeigen. Außerdem gibt es jede Menge Informationen

Theater | Abschlussgala

auf 2013/14. Außerdem gibt es im Rahmen der Gala die Verleihung des Dortmunder Publikumspreises für eine(n)

Soziales | Bochumer Stadtführung mit bodo-Verkäufern

Musik | Turlitawa feat. Dzambo Agusev Orkestra

Schauspiel(in) und die beste Inszenierung, gewählt von

Wie verbringen eigentlich Menschen auf der Straße ihren

On the Road an der Ruhr! Die Funkhaus Europa Odyssee

den Zuschauern und gestiftet vom Verein Dortmunder

Tag? Wo halten sie sich auf, welche Angebote und Hil-

geht wieder mit brandaktuellen Global Sounds umsonst

für ihr Schauspiel. Darüber hinaus prämiert eine Kritiker-

fen gibt es? Wie sieht die Stadt aus der Sicht der „Men-

& draußen auf die Piste. Den Anfang macht in diesem

Jury ihre Lieblingsinszenierung.

schen am Rand“ aus? Bei bodos sozialer Stadtführung

Jahr Turlitawa feat. Dzambo Agusev Orkestra: Die Duis-

Schauspielhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

zeigen Verkäufer des Straßenmagazins „ihr“ Bochum.

burger Musiker von Turlitawa, einem quirligen Mix aus

„Spannende Einblicke – Gezeigt werden hier nicht das

Elektropop und Balkan-Roots, gehen gemeinsam mit

SA 20 | 07 | 13

Bergbaumuseum oder das Planetarium, sondern typi-

dem „König der Trompete“ Dzambo Agusev (Skopje) und

sche Aufenthaltsorte Obdachloser. Bei dem Rundgang

seinem berühmten Orkestra, die im Balkan eine feste

BODO VERLOSUNG | yunas ape

führt bodo-Verkäufer Markus Neiß die Teilnehmer zu

Größe sind, für dieses besondere Odyssee-Special ins

yunas ape sind Jules und Jihni, ein weibliches Duo,

sechs Stationen, zwei Stunden dauert die Bochum-Tour

Studio. Gemeinsam köcheln sie einen feurigen Bläser-

welches sich in der Kategorie Indie/Rock/Elektropunk

der etwas anderen Art.“ (Ruhr Nachrichten) „Die Stadt

Mix mit einer feinen Elektro-Klangnote und servieren im

bewegt, jedoch gerne aus-

und ihre Menschen mit etwas anderen Augen zu sehen,

Anschluss diesen völlig neuen, brodelnden Eintopf. 16

bricht und sich nicht fest-

ein Bewusstsein für soziale Nöte zu bekommen und ob-

Vollblutmusiker heizen die Bühne richtig auf und sorgen

legt. Die Songs entstehen

dachlosen Menschen näher gekommen zu sein – dies sind

für einen satten Sound, der jedem Emir-Kustorica-Strei-

nach Lust und Laune, die

Effekte, die dieses Projekt nicht nur bei den Kindern er-

fen gut zu Gesicht stünde.

Texte sind Selbsttherapie.

zielt hat, sondern wohl bei allen TeilnehmerInnen.“ (bsz)

Freilichtbühne, Wattenscheid, 19.30 Uhr

Die Drums sind virtuell

Beginn 11 Uhr. Anmeldung: 0231 – 950 978 0

& polygam besetzt und teilweise mit elektronischem

bodo-Anlaufstelle, Stühmeyerstraße 33, Bochum

Beat und Sounds unterlegt. Gemeinsam haben sie bei

Musik | Joseph Myers

„Pristine“ einst kleine und große Bühnen gerockt und

DJ Picknick | Jazzanova DJ-Set & Gratisfilm Soundsystem

nun die Lust auf Neues entdeckt. Für Jules bedeutete

Ein ganz besonderes Highlight versprechen die Sum-

Kein Thema ist ihm fremd, und seine Gitarre, die er seit

das raus aus der Schießbude und ran an den Bass. Für

mersounds DJ-Picknicks am 20.7. von 14 – 22 Uhr auf

seinem vierten Lebensjahr mit sich trägt, begleitet ihn

Jihni singen und gleichzeitig an der Gitarre plänkeln.

der Grünfläche an den Westfalenhallen. Mit dem Jaz-

Tag und Nacht, immer griffbereit an seiner Seite. Joseph

Eigentlich lebt yunas ape aber von viel mehr. Von den

zanova DJ-Set vom Sonar Kolletiv aus Berlin und den

Myers, bürgerlich heißt er Ulf Ronsieck und ist Sänger

Freunden, die es ermöglichen ihre Idee umsetzen: Zwei

Dortmundern vom Gratisfilm Soundsystem ist gleich

und Gitarrist bei dem Osnabrücker SingerSongwriter-Trio

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26

DI 23 | 07 | 13


20 | 07 | 13 DJ Picknick: Jazzanova DJ-Set

20 | 07 | 13 Bochumer Stadtführung mit bodo-Verkäufern

„Ain’t No Before“, verarbeitet in seinen Songs all die Pro-

SA 27 | 07 | 13

bleme im Leben, die jeder kennt. Wobei, und das gelingt nicht jedem Musiker in diesem Genre, er vergisst nie die

27 | 07 | 13 Jungle by Night

Adressen | Bochum (0234)

VERLOSUNG | Juicy Beats Festival

Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10 Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62

Sonnenseite. Im Frühjahr 2012 veröffentlichte er sein

Dieses fruchtige Festival muss man als Musik- und Par-

Debütalbum „An Impulse From Within“. Denn er hat et-

tyfreund einfach lieben. Ein Haufen cooler Live-Acts

was mitzuteilen. Sich selbst und seinen Anhängern. Ge-

und DJs – für jeden was

tragen von Leichtigkeit und mit Liebe zur Musik spiegelt

dabei – auf unzähligen Büh-

Joseph Myers die Gedanken der wohl meisten Menschen

nen und in schrägen Lokati-

Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00

wieder und macht es den Zuhörern somit ein Leichtes,

onen überall im Westfalen-

Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25

sich mit ihm und seinen Themen zu identifizieren. Es ist

park verstreut: Das macht

Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012

sein „Impulse From Within“, der ihn antreibt.

Laune, vor allem wenn auch

Museum Bochum, Kortumstraße 147, 910 42 30

Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

noch das Wetter mitspielt. Der musikalische Obstkorb für das achtzehnte Juicy Beats Festival ist wieder

DO 25 | 07 | 13

reich gefüllt, ich sag nur: Fritz Kalkbrenner, Marteria, The Notwist, Left Boy, Friska Viljor, Crystal Fighters,

Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20 Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45 Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0 HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6

Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36 Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17 Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01 RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30 Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30

Moop Mama, Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi,

Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30

Um den berüchtigten Brittle-Brüdern auf die Spur zu

Ian Pooley, Hans Nieswandt, Megaloh, Klaus Fiehe,

Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90

kommen, befreit der als Zahnarzt getarnte Kopfgeldjäger

Ingo Sänger... ach guckt es euch einfach selber an auf

Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03

Dr. King Schultz einen Sklaven, der ihm den Weg weisen

www.juicybeats.net. Insgesamt verwandeln nämlich

Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35

kann: Die Brüder hatten ihm einst seine Frau Broomhilda

weit über hundert international, national und regional

entrissen und verschleppt. Schultz nimmt den Sklaven

bekannte Acts und DJs auf mehr als zwanzig Bühnen

unter seine Fittiche, gibt ihm den Namen Django und

und Dancefloors den Park in eine der schönsten Open

bringt ihm den Umgang mit Waffen bei. Nachdem Django

Air Locations der Republik. Sechzehn Stunden großes

Adressen | Dortmund (0231)

seinem Mentor geholfen hat, machen sie sich gemein-

Festival-Kino & Party total in Dortmund!

Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00

sam auf die Suche nach Broomhilda. Die Fährte führt in

Westfalenpark, Dortmund, 12 – 04 Uhr

Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46

die Südstaaten, auf die Plantage Candyland, wo Calvin

bodo verlost 2 x 2 Karten.

DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79

Candie mit Hilfe seines väterlichen Adlatus Stephen eine

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45

Film | Fiege KinoOpenAir: Django – Unchained

regelrechte Schreckensherrschaft ausübt. Der Einlass erfolgt ab 20 Uhr, der Film beginnt bei Sonnenuntergang.

Party | Queer

Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17 Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56 Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50

domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30 Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25 F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72

Das ganze Programm unter www.fiegekino.de.

„Queer“ heißt die neue Partyreihe für Lesben, Schwu-

Innenhof der Fiege-Brauerei Bochum, 20 Uhr

le, Bisexuelle, Transsexuelle und Freunde in Dort-

Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194

mund, die jeden vierten Samstag im Monat stattfin-

Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00

det. Musikalisch wird auf der Party Charts, Pop und

Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22

Trash gespielt. DJs auf der Party sind Ulla Plöp und

Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206

FR 26 | 07 | 13 Comedy | RuhrHochDeutsch: Night Wash

Michael Minogue, beide bekannt von Partyreihen wie

Was als Geheimtipp in einem Kölner Waschsalon begann,

u.a. Bo-ys (BahnhofLangendreer) und CSD-Dortmund.

begeistert inzwischen immer mehr Menschen in der gan-

Ruby im Dortmunder U, 22 Uhr

zen Republik. Und Stand Up Comedy ist live immer noch am lustigsten! NightWash – ein Comedy Happening, wie man es so nirgendwo anders zu sehen bekommt, mit: Knacki Deuser, „Die Band“ Alex Flucht und weiteren Co-

Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25 Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33 Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47 Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78 Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60

SO 28 | 07 | 13 Ausstellung | Familienführung

medians. Vielseitig, grenzenlos und ultimativ komisch.

Einmal im Monat bietet das Kindermuseum Adlerturm

Spiegelzelt am Steinernen Turm, Dortmund, 20 Uhr

einen interessanten, kurzweiligen Rundgang an. Dabei können Familien vieles selbst ausprobieren, Fra-

Musik | Funkhaus Europa Odyssee: Jungle by Night

FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20

gen stellen, Artur den Turmwächter kennenlernen und

Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07 SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23 Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20 U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23 Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40 Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00 Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11

On the Road an der Ruhr, umsonst & draußen, Teil zwei:

allerhand Erstaunliches über die Dortmunder Stadtge-

Adressen | Herne (02323)

Jungle by Night sind neun junge Musiker aus Amster-

schichte und das Mittelalter erfahren: Wer war eigent-

Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52

dam, die dem Afro-Sound der 60er und 70er verfallen

lich Agnes von der Vierbecke? Welche Gerüche sind

Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99

sind. Ob äthiopischer Jazz, westafrikanischer Afrobeat,

typisch für das Mittelalter? Welche Waffen wurden zur

Wüstenblues, Rock oder Dub – was sie in die Finger be-

Verteidigung eingesetzt? Wann war die Große Fehde

kommen, verwandeln sie in mitreißende Tracks.

und was passierte dort genau?

Freilichtbühne, Wattenscheid, 19.30 Uhr

Kindermuseum Adlerturm, Dortmund, 14 Uhr

Adressen | Witten (02302) Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24 Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40

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28 DAS INTERVIEW | von Florian Blumer / Surprise / INSP | Foto: Karin Scheidegger / Surprise

28


29

»Jede Epoche produziert ihre eigene Belastungserkrankung.« Die Geschichte von Stress und Burnout

Der Basler Historiker Patrick Kury hat die Geschichte von Stress und Burnout niedergeschrieben. Er erklärt, wie der Stress zum Menschen fand und warum wir heute so viel Freizeit haben wie noch nie – und dennoch mehr denn je unter Stress leiden. Von Florian Blumer bodo Herr Kury, wie kommt ein Historiker dazu, sich mit Stress zu beschäftigen?

bodo Und: Hat der Stress eine Geschichte? PK Ja, selbstverständlich hat der Stress eine Geschichte! Die zentrale Frage ist jedoch: Was verstehen wir genau unter Stress? Als Historiker sehe ich drei verschiedene Ebenen: Erstens Stress als naturwissenschaftlichen Begriff, wie er in den 1930er Jahren zum ersten Mal beschrieben wurde: als die hormonelle Reaktion des Körpers auf jede physische und psychische Herausforderung. Zweitens Stress als Belas-

PK Nicht, dass ich mich besonders gestresst

tungsdiskurs: als Sammelbegriff für alles, was

gefühlt hätte – es handelte sich also nicht um

unser körperliches und psychisches Wohlbe-

einen Versuch von Selbsttherapie… Mir ist das

finden stört. Und drittens ist Stress heute zu

Thema Nervosität aufgefallen, als ich an der Uni

einem kulturellen Code geworden: Wenn ich

Zürich mit einem Kollegen eine Veranstaltung

sage, ich bin gestresst, dann kann sich der

zum Thema Lebensreform durchführte, einer

andere etwas darunter vorstellen, ohne dass ich

Reformbewegung um 1900 gegen die Auswüchse

das näher definieren muss.

der Industrialisierung und der damit verbundenen Beschleunigung. In den Texten zum Thema

bodo In ihrem Buch beschreiben Sie, dass man

wurde deutlich, dass plötzlich viele Menschen

ab den 1880er Jahren von einer Nervositätsepi-

unter Nervosität litten. Mir ist aufgefallen, dass

demie gesprochen hat, in den 1950er Jahren von

die damaligen Debatten ähnlich, jedoch nicht

der Managerkrankheit, ab den 1970er Jahren von

gleich klangen wie die Diskussionen über Stress

Stress, ab den 1990ern schließlich von Burnout

heute. Zu meiner Verblüffung habe ich dann

– sind diese Phänomene nicht einfach Modeer-

festgestellt, dass es zur Geschichte des Stresses

scheinungen?

kaum Literatur gab, also habe ich mich entschlossen habe, mich daran zu setzen. bodo Stress ist nicht gerade ein klassisches Thema für die Geschichtswissenschaft. Wie waren die Reaktionen auf Ihr Vorhaben?

PK Ich würde eher von Konjunkturen sprechen. Aus historischer Perspektive ist interessant, dass jede Epoche im Zusammenhang mit dem Stand der technischen und ökonomischen Entwicklung und der sozialen Situation ihre eigenen Belastungserkrankungen hervorgebracht

PK Es gab diejenigen, die fanden, aha, inter-

hat. Das wiederholt sich. Aber dies bedeutet

essant, mal etwas Neues. Viele wollten sich

nicht die Wiederkehr des immer Gleichen, son-

auch gleich als Stressopfer für ein Gespräch zur

dern es handelt sich um Unbehagen und Krank-

Verfügung stellen. Auf der anderen Seite gab es

heitserfahrungen, die sich im Verlaufe der Jahre

zahlreiche Personen, die fanden, Stress habe es

unterschiedlich manifestieren. Es sind Zeichen

ja schon immer gegeben, das sei nichts Neues.

dafür, dass im sozialen Leben in der jeweiligen

Sie stellten in Frage, ob der Stress überhaupt

Epoche etwas nicht mehr im Lot ist.

eine Geschichte hat. 29


30

bodo Immer wieder tauchte in den letzten Jah-

noch nie. Wir sollten also weniger gestresst sein

Schutz des Arbeitnehmers in der postindustri-

ren die Aussage „Burnout gibt es nicht“ in den

als die Menschen früher. Es ist aber genau umge-

ellen Gesellschaft getan werden kann. Und ich

Medien auf. In der Tat wird Burnout gar nicht als

kehrt – warum?

denke weiter, dass sich die Psychologen wieder

Krankheit anerkannt… PK Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Burnout bisher nicht als Krankheit definiert, sondern nur als Zustand, der dazu führt, dass man das Gesundheitssystem in Anspruch nimmt. Das ist eine Definitionsfrage. Ich denke nicht, dass man deshalb Burnout nur als bloßes Konstrukt betrachten sollte. Zweifellos ist es problematisch, die Burnout-Diagnose zu stellen, weil sie mit einem Fragebogen ermittelt wird, der Patient also an der Diagnose selbst beteiligt ist. Aber das ist bei den meisten psychischen Krankheiten und Beschwerden der Fall. Ein Unterschied zu anderen Krankheiten, sowohl in der Vergangenheit wie in der Gegenwart, ist aber, dass Burnout eher positiv besetzt ist. Burnout klingt eben besser als Erschöpfungsdepression.

vermehrt Gedanken über die gesellschaftlichen PK Das ist das Paradoxon der Beschleunigung.

Folgen ihres Tuns machen sollten. Das Fitma-

Wie der Sozialwissenschaftler Hartmut Rosa be-

chen des Einzelnen gegen Stress führt ja gerade

schrieben hat, gab es neben der technologischen

auch dazu, dass der Konkurrenzkampf unter den

Beschleunigung auch eine soziale Beschleuni-

Menschen verstärkt wird, um dies ein bisschen

gung: Das, was uns die technische Beschleuni-

überspitzt zu formulieren. Der Einzelne wird so

gung an Zeitgewinn beschert, wird durch die

zwar kurzfristig entlastet, längerfristig nimmt

soziale Beschleunigung wieder „aufgefressen“:

der Stress beim Individuum aber zu. Wir müssen

Am Ende bleibt weniger Zeit für uns übrig.

uns jetzt nicht alle umarmen und in einer Wohlfühlgemeinschaft aufgehen. Aber wir sollten uns

bodo Im Jahr 1976 thematisierte der „Spiegel“

nicht nur vermehrt Gedanken zur Work-Life-Ba-

erstmals das Thema Stress groß in den Medi-

lance des Einzelnen machen, sondern wir müssen

en. Die Autoren kamen zu einem drastischen

diese Frage auf eine gesellschaftliche Ebene

Schluss: „Die Menschheit wird womöglich an

bringen. Die Stressforscher der 1970er Jahre

einem Übermaß an selbstfabriziertem Stress

hatten dies noch getan. Dieses Bewusstsein ist

zugrunde gehen.“ Haben sich die Autoren geirrt?

uns in den letzten 40 Jahren völlig abhanden

Oder werden sie noch Recht bekommen?

gekommen.

PK Das Maß an Stressbelastung hat seither deutbodo Was führte zu diesem neuen Krankheits-

lich zugenommen. Was aber auch zugenommen

bild?

hat, sind die Techniken, mit dem Stress umzuge-

PK Die psychische Erschöpfung wurde seit Mitte der 1970er Jahre in den USA vor allem in den psychosozialen und erzieherischen Berufen diagnostiziert und ist seit den 1990er Jahren mit der Deregulierung, der Informationstechnologie und neuen Arbeitswelten in vielen anderen Berufen feststellbar: Sicherheiten verschwanden, man war nicht mehr ein Leben lang Angestellter

hen, den Stress zu managen. Hier ist eine ganze

Der 50jährige Historiker Patrick Kury lehrt

Industrie entstanden, die es vor 40 Jahren so

Geschichte an den Universitäten von Bern und

noch nicht gab. Heute gehört es zu einer Kardi-

Luzern. Seine Spezialgebiete sind unter anderem

nalfähigkeit jedes einzelnen, den eigenen Stress

Migrationsgeschichte, jüdische Geschichte und

zu managen. Das ist neu.

die Wissenschaftsgeschichte von Gesundheit, Medizin und Bevölkerung. Seine nun in Buchform

bodo Wird uns das vor dem angedrohten Unter-

vorliegende „Wissensgeschichte vom Stress zum

gang bewahren?

Burnout“ wurde 2010 von der Universität Bern als Habilitationsschrift angenommen. Patrick Kury

derselben Firma, sondern arbeitete von Projekt

PK Das ist eine ganz andere Frage. Ich denke,

zu Projekt. Dazu kam die Beschleunigung und die

was wir vermehrt bräuchten, wäre eine gesell-

fehlende Trennung von Arbeit und Freizeit.

schaftliche Auseinandersetzung mit der Frage:

Patrick Kury | Der überforderte Mensch.

Wieviel Stress vertragen wir? Die unzähligen

Eine Wissensgeschichte vom Stress zum Burnout

bodo Ist also der Neoliberalismus Schuld an

Therapieangebote im Bereich Stressmanagement

Campus | 342 Seiten | 34,90 Euro

Stress und Burnout?

sind alle auf das Individuum ausgerichtet, die

ISBN 978-3593397399

PK Nein, das wäre viel zu einfach. Jede Epoche produziert im Zusammenspiel von politischen, sozialen, technischen und ökonomischen Bedingungen ihre eigene Belastungserkrankung. Man kann das jetzt nicht einfach nur auf einen einzelnen Faktor wie die Globalisierung oder die Deregulierung zurückführen – aber es sind sicher Aspekte, die mit eine Rolle spielen. bodo Im Buch beschreiben Sie, wie der technologische Fortschritt mit seiner Beschleunigung schon Ende des 19. Jahrhunderts für die Nervositätsepidemie mitverantwortlich war. Nun hat die

30

INFO

lebt mit seiner Frau und einem Sohn in Basel.

Verantwortung im Umgang mit Stress wird ganz auf den Einzelnen abgeschoben – wer mit dem Stress nicht zurande kommt, ist selber schuld. Da sehe ich heute ein großes Problem. Sicherlich muss jeder Einzelne lernen, mit Stress umzugehen. Aber wir müssen auch eine gesellschaftliche Diskussion darüber führen, dass sich die Rahmenbedingungen in den letzten 40 Jahren verändert und die äußeren Stressfaktoren für den Einzelnen in unseren westlichen Gesellschaften sehr stark zugenommen haben. bodo Was müsste konkret geschehen?

Erfindung von Maschinen, die uns namentlich im

PK Ich denke, die Gewerkschaften sollten sich

Haushalt die Arbeit abnehmen, aber auch dazu

Gedanken dazu machen, wie sie den flexiblen

geführt, dass wir heute so viel Freizeit haben wie

Arbeitswelten begegnen wollen und was zum

www.street-papers.org | www.strassenmagazin.ch


Gemeinsam essen

ANZEIGEN

SOZIALES | von Bastian Pütter | Foto: S. Sellhorst

So Nicht!

Sozialticket Statt FlughaFeN!

Am Samstag, den 22. Juni zog die Suppenküche Kana wie in jedem Jahr vom Nordmarkt vor das Dortmunder Rathaus. Bei sommerlichen Temperaturen saßen mehrere Hundert Gäste zusammen bei Kartoffelsalat und

www.gruene-dortmund.de Kreisverband Dortmund

Würstchen, bei Kaffee und Kuchen. Es hat auch etwas Surreales. Während 100 Meter entfernt Sigmar Gabriel umrahmt von Ständen der Dortmunder SPD spricht und im Rathaus die wohltätigen Unternehmerinnen des Zonta-Clubs Dortmund dessen zehnjähriges Jubiläum bei Sekt und Canapés feiern, trifft sich die Dortmunder Armut mitten in der Stadt zu einem großen Picknick mit Musik. „Als wir vor ein paar Jahren damit angefangen

bodo schafft Chancen

das straßenmagazin – die besten geschichten auf der straße ein euro achtzig – neunzig cent für den verkäufer

haben, war die Idee, den Verantwortlichen der Stadt zu zeigen, dass Armut sehr real und greifbar ist“, sagt Bernd Büscher von Kana. „Was wir hier machen, ist auch ein Protest gegen Ausgrenzung.“ Zu Beginn habe es Zweifel gegeben, ob man damit die Gäste nicht vorführe. „Wir hatten Angst vor einem Zoo-Effekt. Aber ganz im Gegenteil haben die Menschen es wirklich gerne angenommen und wir alle haben Spaß an der Begegnung und am gemeinsamen Essen.“ In der Tat ist nicht nur ein Großteil der Stammgäste der Suppenküche da – tags zuvor wurden dort noch 330 Mittagessen ausgegeben. Es kommen auch Freunde, ehemalige Mitarbeiterinnen und Hungrige, die den Weg sonst nicht zum Nordmarkt finden. 500 Mahlzeiten haben die Ehrenamtlichen vorbereitet. Die Innenstadtbesucher, die am Stadtgarten aus der U-

Wir sind in jedem Vorort

zu Hause

Bahn-Station kommen, reagieren interessiert auf das kleine Stadtfest mit der herzlichen Atmosphäre, einige stellen Fragen oder lauschen

Verbindungen • zahlreiche NachtExpress-Netz • dichtes • zentrale Anschlussmöglichkeiten

den Gospels des „Dortmunder Straßenchors“. Wie reagiert eigentlich das offizielle Dortmund auf dieses Sichtbarmachen von Armut? „Die Anmeldung ist jedes Jahr ganz unkompliziert. Vom zuständigen Amt spüren wir da viel Sympathie“, sagt Bernd Büscher. Lokalpolitiker hat man hier allerdings noch nicht gesehen. Vielleicht sind es Terminschwierigkeiten,

Weitere Infos: www.bus-und-bahn.de Mobiles Internet: bub.mobi

siehe oben. (bp)

31 DSW21_ANZ_Vorort_130x140_4c_01.indd 1

22.10.12 09:20


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PORTRÄT | von Andre Noll | Foto: Andre Noll

Der andere Blick auf die Welt Rona Rangsch – Von theoretischer Physik und konzeptioneller Kunst

Kunst mochte sie dann doch nicht mehr stu-

Die erste Präsentation eigener Arbeiten in Ober-

„Ich bin so dankbar für die Möglichkeiten, die

dieren. Rona Rangsch verabschiedete sich nach

hausen brachte der Künstlerin ein Aha-Erlebnis.

mir am Dortmunder Haus eröffnet wurden. Hier

ihrem Abitur 1989 von einem langjährigen

So unterschiedlich ihre Objekte, Installationen,

konnte ich im Dezember 2005 auch eine meiner

Traum. Der frustrierende Kunst-Leistungskurs

Gemälde und Zeichnungen auch waren, sie erkann-

wichtigsten Ausstellungen eröffnen: ,The other

hatte ihr einfach die Lust dazu genommen.

te, dass alles irgendwie miteinander zu tun hatte.

Sight – Künstler und Physik‘.“ Gerade diese Aus-

Zur Uni gehen wollte sie – nur, welche Fächer

„Das gab Selbstvertrauen. Du musst eigentlich

stellung war ihr eine Herzensangelegenheit, denn

sollte sie belegen? Spontan wählte sie das Ab-

nur das machen, was du wirklich machen willst,

mittlerweile sah Rona Rangsch das, wovon sie

wegigste, aber irgendwie auch „Coolste“, was

dann hat das schon eine Richtung, und zwar

sich früher zu lösen versucht hatte als Geschenk

ihr einfiel: Mathe und Physik.

deine.“ Rona Rangsch hatte sich freigestrampelt.

und nützliches Werkzeug. Positionen von acht

Weg von der Wissenschaft, hin zu freien Kunst.

unterschiedlichen Künstlern und eine begleitende

In den ersten zwei Semestern ging sie unter,

So schien es. Später sollte sie erkennen, dass

Reihe mit Vorträgen von Mathematikern und Phy-

wechselte dann von Saarbrücken nach Köln. Dort

theoretische Physik und Kunst gar nicht soweit

sikern öffneten dem Publikum „den anderen Blick

packte sie der Ehrgeiz. Daraus wurde ein Diplom

auseinander liegen.

auf die Welt“. Im Vorwort des Kataloges brachte es Rona Rangsch auf den Punkt: „Künstlerisches

über zweidimensionale Quantengravitation, später eine wissenschaftliche Mitarbeit am Berliner Max-

Bei einem Nachtflug über Manchester erkannte

und naturwissenschaftliches Schaffen beginnt mit

Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenfor-

sie die „Ähnlichkeit von Dingen“. „Ich sah diese

der detaillierten Beobachtung der Welt, die uns

schung und Arbeiten zum Thema Polymer-Dynamik

leuchtende Stadt und konnte gleichzeitig in

umgibt. Der geschärfte Blick des Künstlers und

am Fachbereich für Statistische Physik der Uni

den Sternenhimmel blicken. Kurz zuvor hatte

des Wissenschaftlers identifiziert Ungewöhnliches

Essen. Zehn Jahre blieb sie der Wissenschaft treu,

ich eine Doku über leuchtende Tiefseebewohner

im Alltäglichen, erkennt Zusammenhänge, die

bis sie sich an ihre erste Leidenschaft erinnerte.

gesehen. Und ich dachte, das sieht doch alles

nicht offensichtlich sind. Vorraussetzung dafür

Heute ist die Konzeptkünstlerin Rona Rangsch

unheimlich gleich aus, alles unheimlich orga-

sind Neugier und der Drang, Offenkundiges zu

Mitglied des Dortmunder Künstlerhauses mit eige-

nisch. Lichter, Tiefsee, Erdoberfläche, Weltall:

hinterfragen.“

nem Atelier, kuratiert Ausstellungen und realisiert

Alles liegt ästhetisch ganz nah beieinander.“

weltweit Kunstprojekte.

In der Fähigkeit, Ähnlichkeiten oder Bezüge

Rona Rangsch fühlt sich heute mit ihren „zwei

von Strukturen und Phänomenen zu erkennen,

Herzen in einer Brust“ sehr wohl, denn mittler-

„So, jetzt weiß ich eigentlich, wie der Laden hier

hatte sie sich jahrelang in der theoretischen

weile sind es nicht mehr zwei, sondern sie sind

läuft, dann kann ich jetzt auch machen, was ich

Physik geübt. Auch war sie in der Lage, mit

zu einem verwachsen. Daraus zieht sie auch eine

eigentlich will,“ dachte die gebürtige Saarbrü-

mathematisch gleichen Vorgängen unterschied-

große Sicherheit für ihre Arbeit: „Wenn ich mit

ckerin, stand auf und klopfte bei der Düsseldorfer

liche Bereiche der uns umgebenden Welt zu

künstlerischer Intuition mal nicht mehr weiter-

Kunstakademie an. Das war 1999. „Da war ich 30.

beschreiben. An dieser Stelle schloss sich für

komme, dann habe ich immer noch die Wissen-

Ich konnte mir einfach nicht mehr vorstellen,

Rona Rangsch ein Kreis und wurde zum künstle-

schaft. Dann recherchiere ich und baue Theorien

mein Leben lang am Schreibtisch zu sitzen. Und

rischen Konzept: „Ich möchte die Ähnlichkeiten

auf. Und wenn das Ergebnis mal nicht zur Theorie

noch zwei Jahre bis zur Doktorarbeit… die Luft

von Dingen, die vordergründig nichts miteinan-

passt, muss ich einfach noch einmal meine The-

war raus.“ Anfangs ging alles leicht. In Düsseldorf

der zu tun haben, sichtbar machen.“

orie überdenken. So läuft das auch in der Physik. Wissenschaft kann sehr kreativ und spielerisch

nahm sie ein Professor als Gaststudentin auf,

32

sein. Meistens genügt aber die Intuition.“

gleichzeitig bewarb sie sich in Oberhausen um ein

2003 bezog Rona Rangsch ein Atelier im Dort-

zweijähriges Atelierstipendium und wurde ausge-

munder Künstlerhaus. Hier lernte sie, was pro-

wählt. Nun hatte sie alle „Freiheit dieser Welt“,

fessionelles Arbeiten im Kunstbetrieb bedeutet

Zum Herbst des Jahres wird Rona Rangsch eine

welche aber auch bald zur Last wurde. „Anfangs

und sammelte internationale Erfahrung. Nicht

Residency im Österreichischen Graz beziehen.

wusste ich überhaupt nicht, was ich machen soll-

nur ihre eigene Arbeit trieb sie voran, bevorzugt

Während des dreimonatigen Stipendiums arbeitet

te. Natürlich kam mir mein langjähriger Zeichen-

mit der Videokamera als künstlerisches Medium,

sie dann an einem völlig neuen Thema: Evoluti-

und Malunterricht zugute und ich konnte die

sondern sie kuratierte auch Ausstellungen. Ihr

on. Ein Multimediaprojekt aus Video, Sounds und

Düsseldorfer Werkstätten nutzen. Der Austausch

letztes Projekt im Künstlerhaus „Voyage – See-

Installationen. Wir sind gespannt. (anno)

mit anderen Künstlern war auch hilfreich. Aber

reisen, Insel-Hopping & trans-ozeanische Kon-

ich hatte überhaupt kein Konzept. Ich probierte

zepte“ (März 2013), realisierte sie gemeinsam

einfach aus, forschte, experimentierte.“

mit der norwegischen Künstlerin Imi Maufe.

INFO www.rangsch.de


33

33


34 KULTUR | von Dr. Birgit Rumpel | Foto: Andre Noll

Weggehen heißt ja nicht, dass man nicht hierbleiben will. Maja Beckmann und Christoph Jöde gehen nach Stuttgart

Für die meisten Theaterschauspieler steht

der Streichholzfabrik“. Erst die Nachfragen von

auch ihn trieb der Gedanke an eine Veränderung

alle paar Jahre ein Wechsel an – an ein an-

Freunden und Kollegen konfrontieren sie mit Ab-

um, die letzten vier Bühnenjahre in Bochum und

deres Haus, in eine andere Stadt, vielleicht

schiedsgedanken. „Ich will das gar nicht so groß

Dortmund waren extrem anstrengend, nicht zu-

sogar in ein anderes Land. Die freie Auswahl

machen“, sagt sie bescheiden, ahnt aber wohl,

fällig war er in der Spielzeit 2011/12 der Akteur

haben dabei die wenigsten, glücklich sind

dass ihr erster Abschied von zu Hause doch nicht

mit den meisten Auftritten am Dortmunder Haus

alle, denen sich neue Chancen bieten. Jetzt

so leicht wird, zumal ihr 16jähriger Sohn beim

und erspielte sich den Publikumspreis.

haben sich zwei Publikumslieblinge aus

Vater in Bochum bleibt. Beckmann tritt im neu

Bochum und Dortmund für einen solchen

formierten Ensemble am Staatstheater Stuttgart

Seit 2010 hat er gemeinsam mit dem Dramatur-

Wechsel entschieden.

ihr erstes festes Engagement außerhalb Bochums

gen Alexander Kerlin den Dortmunder Sprech-

an. „Jetzt traue ich mir das zu.“

chor aufgebaut und jüngst zur ersten Premiere geführt. „Der Rhythmus der Theatermaschine

„Es fühlt sich noch gar nicht nach Abschied an“, sagt Maja Beckmann, die das Bochumer

Begleitet wird Maja Beckmann von ihrem Kolle-

ist überall ähnlich, besonders an den kleine-

Schauspielhaus nach zwölf Jahren verlässt. Hier

gen und Partner Christoph Jöde (28), der seit

ren Häusern wird extrem viel gearbeitet. Das

wurde die 36jährige ausgebildet, hier hat sich

2010 am Dortmunder Schauspielhaus engagiert

machen alle total gern, aber man läuft Gefahr,

die zierliche Schauspielerin in die Herzen des

ist. „Es ist nicht so, dass wir unbedingt hier weg

sich nur noch im Kosmos Theater zu bewegen.

Publikums gespielt, zuletzt als „Das Mädchen aus

wollen, es ist schön hier“, beteuert er. Doch

Da hat man ja alles: die unterschiedlichsten

34


POLITIK | Foto: Ina Fassbender / Reuters

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Beate Zschäpes Dortmunder Brieffreund Mitte Juni wird bei einer Zellendurchsuchung in der JVA Bielefeld-Senne ein 26-seitiger Brief der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe gefunden. Interessanter als der inzwischen vielfach kolportierte Inhalt ist der Adressat. Die Zelle in Bielefeld bewohnt Robin Sch. Der Dortmunder Neonazi schoss 2007 bei einem Raubüberfall in Dortmund-Brechten vier Mal auf den aus Tunesien stammenden Mustapha R., der schwerverletzt überlebte. Obwohl Teil der Gerichtsakten ein Brief des Täters war, in dem er das Opfer als „Eselstreiber“ verunglimpfte, spielte die rassistische Gesinnung des Angeklagten im Prozess keine Rolle.Wie beim dreifachen Polizistenmord des aus der gleichen Szene stammende Nazis Michael

Menschen, Freude und Trauer, Liebe und Hass, Freunde und Feinde.“ Aber es fehlt der Freiraum

Berger 2000 und bei der Tötung des Punks Thomas Schulz durch den gerade wieder vor Gericht stehenden Dorstfelder Nazi-Skin Sven K. 2005 erkannte das Gericht keine politischen Motive.

für andere Interessen, denen der junge Schau-

Robin Sch. hatte Kontakte zum „Blood & Honour“-Netzwerk und war nach WAZ-Recherchen Mitglied

spieler künftig mehr Zeit widmen will. „Sicher

einer Combat-18-Zelle in Dortmund – mit Zugang zu Sprengstoff und Waffen. „Blood & Honour“

werde ich weiter Theater spielen, aber vielleicht

propagiert die „Kommunikation der Tat“, ideologisches Rüstzeug bei Combat 18 waren die soge-

studiere ich auch noch Musik und lerne intensi-

nannten Turner-Tagebücher, deren Terrorkonzept vom NSU blutig umgesetzt wurde: Abgeschlossene

ver ein Instrument, oder…“.

Kleingruppen terrorisieren Fremde, ohne Bekennerschreiben zu hinterlassen.

Noch werden die Abschiedsgefühle vom vorrangigen Problem der Wohnungssuche in der Schwabenhauptstadt verdrängt. Bisherige Versuche, aus der Entfernung eine neue Bleibe zu finden, waren erfolglos. Nicht nur, dass auf eine Wohnung bis zu 150 Bewerber kommen,

Obwohl William L. Pierces Buch ein „Klassiker“ in der extremen Rechten ist, sah bei Polizei und Geheimdiensten niemand einen rassistischen Hintergrund der NSU-Mordserie. Ob Beate Zschäpe Robin Sch. bereits vor ihrer Inhaftierung kannte und wie eng die Verbindungen zu den Dortmunder Nazis waren, ist weiterhin unklar. Fest steht: Die NSU-Ermittlungsakten belegen, dass den Mördern des NSU detaillierte Notizen aus Dortmund vorlagen, bevor sie im April 2006 an der Mallinckrodtstraße den Kioskbesitzer Mehmet Kubasik ermordeten.

oft wird auch von Privatleuten unter der Hand

Zu den nicht enden wollenden Skandalen um die Verstrickung staatlicher Stellen in die Morde

eine satte Provision verlangt. Jöde ist frus-

liefert die Personalie Robin Sch. einen weiteren Aspekt: Im Prozess gegen Sch. belastete der

triert. „Was ich da schon alles am Telefon zu

seinen Kameraden Sebastian S. aus Lünen: „Er hat mir damals die Waffe in die Hand gedrückt

hören bekommen habe, ist gruselig.“

und mich losgeschickt.“ Im Prozess 2007 wird klar, dass Sebastian S. bezahlter V-Mann des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes war. Ein Bielefelder Polizeibeamter stellte Strafanzeige

Einmal hätte es fast geklappt, nach einer online-

wegen Strafvereitelung im Amt gegen Verfassungsschutz-Beamte, weil sie S. vor polizeilicher

Wohnungsbesichtigung per Skype wurden sie als

Verfolgung gewarnt und so die Strafverfolgung behindert hätten. (Am Rande: Zurzeit sind 182 (!)

Nachmieter vorgeschlagen, doch der Vermieter hat-

mit Haftbefehl gesuchte Neonazis untergetaucht, ohne dass besondere Anstrengungen zu ihrer

te sich dafür entschieden, einen Makler einzuschal-

Ergreifung sichtbar wären.)

ten. Somit wären sie auf einer langen Bewerberliste gelandet und hätten obendrein noch viel Geld bezahlen müssen. „Ich verstehe nicht, dass die Makler nicht vom Vermieter bezahlt werden müssen, der will doch, dass sie für ihn arbeiten, nicht ich“, meint Jöde und ist damit mitten in der aktuellen politischen Diskussion um Maklergebühren.

Zschäpes Brieffreundschaft mit Robin Sch. erinnert daran, dass der NSU kein unvorhersehbarer Sonderfall ist. 2011 schrieben wir: „Hier gibt es keine Einzeltäter und keine Einzigartigkeit der Taten, hinter ihnen steht keine Pathologie und kein neues ,Sicherheitsproblem', sondern die Exekution eines hundertfach formulierten Programms. Sie setzen nur in Konsequenz um, was ideologischer Kern des Neonazismus ist und mit täglichen Übergriffen eine Praxis vor dem Mord findet: Der rassistische Hass, die Ideologie des unwerten Lebens, die zynische Sprache der Vernichtung eint Tausende europaweit vernetzte Neonazis, auch bei uns vor der Haustür“. (Die Redaktion)

Vielleicht wird das Künstlerpaar doch noch seinen „Plan B“ realisieren: Wohnen in einem Bauwagen, irgendwo auf einem Hof in der Nähe Stuttgarts. Auch wenn sie häufig dafür belächelt wurden, hängen sie nach wie vor an diesem Traum, den sie schon sehr konkret in vielen Details durchgespielt haben. „Es setzt unheimlich viel Energie frei, wenn man mal abseits des Normalen denkt“, schwärmt Maja. Nur die Vorstellung, im Winter nachts draußen aufs Klo gehen zu müssen, hat die Begeisterung deutlich gedämpft. „Aber so ganz vom Tisch ist das noch nicht“, grinst Christoph. Das Publikum in Bochum und Dortmund muss nicht vollends auf die spielfreudigen Akteure verzichten. Beide werden in der kommenden Spielzeit bei Wiederaufnahmen dabei sein. (biru)

Waffenfunde nach dem Verbot von „Kameradschaften“ in Dortmund, Hamm und Aachen 2012.

35


36 LITERATUR | gelesen von Bastian Pütter

Stefan Selke

Robert und Edward Skidelsky

»Wir sind viele«

Das gute Leben

Stefan Selke ist eigentlich Me-

Lassen Sie uns mal über Wirt-

diensoziologe. Aus ehrenamtli-

schaft und Moral reden. Gibt es

cher Mitarbeit bei einer Lebens-

einen

mitteltafel wurde ab 2006 ein

Kaum. Das Faszinierende: Mit

neues Forschungsfeld. Mit meh-

„Wie viel ist genug?“ haben zwei

reren Veröffentlichungen, unzäh-

Briten 300 Seiten über genau

ligen Veranstaltungen, mit dem

diese Frage geschrieben, auf de-

Tafelforum und dem Kritischen

nen sie ethische Grundfragen der

Aktionsbündnis kämpft Selke da-

Wachstumsideologie diskutieren,

für, eine gesellschaftliche Diskus-

ohne, ja: zu nerven.

sion über den Umbau des Sozial-

schlechteren

Einstieg?

Robert Skidelsky ist Wirtschafts-

staats in Gang zu bringen und die

wissenschaftler

Selbstreflexion der Tafeln – vor-

und

sichtig gesagt – anzuregen.

Philosoph. Zusammen haben sie

Nun, zum 20jährigen Tafeljubiläum hat Selke den Kaffee auf, könnte man

ein angesichts der nicht gerade Videoclip-tauglichen Materie geradezu

sagen. „Schamland“ ist ganz anders als seine in Wissenschaftsverlagen er-

schmissiges Buch geschrieben, das ganz weit zurückgeht bei der Beant-

schienenen Studien und Sammelbände: sehr persönlich, wütend, parteiisch

wortung der Frage: Wie wollen wir leben? Ihre „Kritik der ökonomischen

und mit einem Wechsel der Perspektive, der eine Kampfansage ist.

Unersättlichkeit“ ist keine moralinsaure Verzichtsfibel und keine auf

In einem Eingangskapitel umreißt Selke in klarer Sprache die „Demokra-

Bestsellerlisten schielende Untergangsvision. Im Gegenteil.

tisierung der Armut“. Verantwortlichkeit wird doppelt umverteilt. Einmal

Die beiden beschreiben, wie den Ökonomen schleichend etwas Wichti-

auf die Betroffenen durch staatlich verordnete Unterversorgung, wie die

ges verlorenging: das Ziel. Wirtschaftlicher Fortschritt war in den Wirt-

Nationale Armutskonferenz es nennt. „Zweitens treten freiwillige Helfer

schaftstheorien über Jahrhunderte nicht Wachstum ohne Ende, sondern

verantwortungsvoll an die Stelle des Staates und machen Angebote, die

„Verbesserung“ (die ja auch eine moralische Komponente einschließt),

Bürgerrechte ersetzen“: das Tafelmodell.

an deren Ende selbst bei Adam Smith ein „stationärer Zustand“ stehen

Scham – die Angst vor der Geringschätzung durch andere – ist das Grundgefühl der Armut, schreibt Selke. Scham und Beschämung seien Instrumente des aktivierenden Sozialstaats, sie zementierten soziale Klüfte. Wortungetüme wie „Bedürftigkeitsprüfung“, „Zumutbarkeitskriterien“ oder „Mitwirkungspflicht“ beschreiben Machtverhältnisse, die auf Seiten der Betroffenen konformes Verhalten und den Wunsch, bloß nicht aufzufallen, auslösen. Folglich sind es Laien, die den Diskurs über Armut bestimmen und gestalten: Politiker, Forscher und das Heer der Helfer teilen sich Talkshows und Podien. Es geht um Zahlen, Warenkörbe und das Feiern der Mildtätigen. Von Armut Betroffene bleiben unsichtbar und ungehört. Selke will dabei nicht mehr mitmachen. Der Hauptteil seines Buches besteht aus unter die Haut gehenden Berichten von Betroffenen, die ihre Erfahrungen mit Misstrauen, Bevormundung und Beschämung schildern. Menschen, die sagen: „Die Tafelmenschen behandeln uns wie kleine hilflose Kinder, die an die Hand

sollte: Eine annähernde Gleichverteilung der Einkommen, ein Zustand, „in welchem, während keiner arm ist, niemand Grund zur Besorgnis hat, dass er durch die Bestrebungen anderer, die sich vorwärts drängen wollen, zurückgeschoben werde“, so der Liberale John Stuart Mill, mitten in der Industrialierungsepoche. Eine von vielen Definitionen des guten Lebens. Die moderne Wirtschaftswissenschaft habe den seit Aristoteles tradierten Konzepten vom „Genug“ und vom Gebrauchswert der Dinge (also ihrem speziellen Beitrag zum guten Leben) den Garaus gemacht. Das „Mehr“ sei gleichzeitig Wert an sich und Richtung geworden. Für Vater und Sohn Skidelsky höchste Zeit für eine Aktualisierung, die sie in sieben Basisgütern finden: Gesundheit, Respekt, Sicherheit, Harmonie mit der Natur, Freundschaft, Muße und Persönlichkeit. Viele sind nicht käuflich, um sie zu erlangen braucht es eine gerechte Verteilung von Eigentum und Arbeit.

genommen werden müssen. Wenn wir nicht regelmäßig kommen, verlie-

Das Buch hält Widerspruch aus. Die beiden Autoren liefern zwar einen Plan

ren wir unsere Nummern wieder. Dann geht alles wieder von vorne los...

der Weltrettung, dessen Glaube an den lenkenden Staat, der Basisgüter

Man misstraut uns. In der Welt der Tafeln haben wir keinen Anspruch auf

verwirklichen soll, an ein Grundeinkommen und an recht tiefe Eingriffe in

nichts. Für alles müssen wir Belege bringen.“

die Freiheit des Einzelnen nicht jedem und auch mir nicht gefallen.

„Schamland“ ist ein vielstimmiger Chor und ein eindringlicher, schmerz-

Ihr Ansatz ist aber so originell, kenntnisreich und lesbar, dass man auch

hafter, dringend nötiger Perspektivwechsel: „Wir werden nun sprechen,

beim kopfschüttelnden Lesen soviel lernt und dabei sogar so gut unter-

alle zusammen. Wir sind die, die seit Jahren Almosen in Empfang neh-

halten wird wie selten, wenn es entweder um Wirtschaft oder um Moral

men. Wir sind die Stimmen und das schlechte Gewissen der neuen sozia-

– oder wie hier um beides – geht. (bp)

len Frage in Deutschland. Wir sind viele.“ (bp) Robert und Edward Skidelsky

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Keynes-

Spezialist, sein Vater Edward ist

Stefan Selke

Wie viel ist genug?

Schamland. Die Armut mitten unter uns

Vom Wachstumwahn zu einer Ökonomie des guten Lebens

Econ-Verlag, Berlin 2013 | 288 Seiten | 18 Euro

Antje Kunstmann Verlag, München 2013 | 319 Seiten | 19,95 Euro


37 Fehlersuchbild – Lösung: 1) Der untere Bogen vom „S“ ist kürzer, 2) das Model hat kein Bauchnabelpiercing 3) aber dafür einen Armreif mehr, 4) einer ihrer Strümpfe ist verrutscht 5) und an ihrem Haar befindet sich eine weitere Locke, 6) Elvis sagt „Babe“ statt „Babee“, 7) seine Jacke hat eine Brusttasche, 8) seine eine Stiefelspitze ist kürzer, 9) er trägt einen zusätzlichen Ring am kleinen Finger und 10) an seiner Gürtelschnalle fehlt der Pinökel

Finde die 10 Unterschiede im rechten Bild. Viel Erfolg! Rätsel-Lösung: TULPEN

RÄTSEL | von Volker Dornemann

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38 BODO GEHT AUS | von Wolfgang Kienast | Fotos: Markus Gierse

Selbstredend kann, wer das möchte, Gut Königsmühle mit dem PKW erreichen. Die meisten Gäste kommen allerdings zu Fuß oder fahren mit dem Rad. Aus Richtung DortmundEms-Kanal, über den Emscher Weg oder den Rundweg um Mengede. Es gibt hier keine Durchgangsstraße. Vögel singen, Schafe blöken. Mitten im Grünen hat man schnell den Lärm der nahen Stadt vergessen.

Hofcafé Gut Königsmühle | Dortmund Ein Ort der Entschleunigung schlagen wurden. Bei Regen sitzt man wohl lieber

Dem Motto getreu, es einfach zu machen, wurde

drinnen, der helle Raum mit seinem gusseisernen

auch der Wunsch in die Tat umgesetzt, das seit

Ofen wirkt einladend, doch ist es natürlich attrak-

geraumer Zeit brachliegende Hofcafé wieder in

tiver, sich bei gutem Wetter draußen aufzuhalten.

Betrieb zu nehmen. „Wir wollten einen Raum für

Etliche Tische, Stühle und Sitzgruppen laden zum

Begegnung, Austausch und Gespräche schaffen”,

Verweilen ein. Manchmal wird gegrillt. Kinder ha-

sagt Ulrike Hartung. Essen und Trinken gehören

ben freie Bahn zum Spielen. Man blickt auf einen

dazu. Elke Weber-Bartosch, die sich deswegen

weitläufigen Platz, auf alte Bäume und ein Ensem-

und unter anderem um die Speisekarte kümmert,

ble eindrucksvoller Wohn- und Wirtschaftsgebäude.

nennt ein paar Begriffe, um die Philosophie ihrer Küche zu beschreiben: hausgemacht, biologisch,

Eigentümer der Königsmühle ist das Pädagogisch-

saisonal, frisch aus möglichst eigenem Anbau.

Soziale Zentrum Dortmund e.V., eigenständig

„Wir kaufen keine Fertigprodukte ein, und bei uns

arbeiten unter dessen Dach unter anderem ein

wird auch nicht eingefroren. Den Teig für einen

Waldorf-Kindergarten, die Werkstätten Gottesse-

Flammkuchen rollen wir erst bei einer Bestellung

gen mit einer Gärtnerei, das Christopherus-Haus

aus und belegen ihn anschließend von Hand. Das

als Wohn- und Lebensgemeinschaft für Menschen

kann dann eventuell mal etwas dauern”, sagt sie,

mit Assistenzbedarf und der Verein Soziale Ar-

und wir stellen später fest, dass sich unsere gar

beit Gut Königsmühle e.V. – letzterem obliegt die

nicht so lange Wartezeit in jeder Hinsicht ge-

Hausmeisterei, die Tierhaltung auf dem Gelände

lohnt hat. Ein Genuss, sowohl die klassische als

und seit dem 1. Mai des Jahres das Café.

auch die vegetarische Variante.

Bier oder Wein für eine gewisse Zeit nicht an die

„Kürzlich war eine Gruppe Studenten hier”, sagt

Der Eigenanbau garantiert beste Qualität, denn

Zeit denken zu müssen. „Wir kennen Besucher, die

Frau Hartung. „Die haben überlegt, wie man die

die Gärtnerei auf dem Hof ist demeter-zertifiziert.

zum Kaffeetrinken kommen und dabei ihre Sonn-

Menschen bezeichnen könnte, die hier leben

Zugekauft wird, was nicht auf den Feldern von Gut

tagszeitung von der ersten bis zur letzten Seite

und arbeiten. Ihr Resultat war, uns Einwohner

Königsmühle wächst, doch konsequent nur Waren

lesen”, sagt Ulrike Hartung.

zu nennen. Einwohner, wie bei einem Dorf. Ich

aus dem Bio-Segment von regionalen, zuverlässi-

denke dabei an funktionierende Nachbarschafts-

gen Anbietern. Und gelegentlich, je nach Ernte-

Frau Hartung ist im Gesamtprojekt auf diversen Po-

hilfe, das trifft es ziemlich genau. Für mich ist

zeit und -menge, können Gäste im Café Königs-

sitionen aktiv. Sie erklärt uns zunächst, was Gut Kö-

,inklusiver Lebensort' der Oberbegriff, Inklusion

mühle Tomaten, Gurken, Salatköpfe oder Paprika

nigsmühle ist und außerdem, welche Funktion dem

bedeutet für mich, dass man es einfach macht.

auch zum Mitnachhausenehmen erwerben. (wk)

Hofcafé als einem kleinen Bestandteil der Anlage

Wir bemühen uns auf dem Hof zum Beispiel, Ar-

zukommt. Untergebracht ist das Café in einem hüb-

beitsplätze für Menschen mit Assistenzbedarf zur

Gut Königsmühle

schen Nebengebäude mit rotem Ziegeldach, grüner

Verfügung zu stellen und zwar auf dem ersten

Ellinghauser Straße 309 | 44359 Dortmund

Flügeltür und weiß gestrichenen Wänden. Es diente

Arbeitsmarkt und nicht im Sinne einer Werkstatt

Sa. 13 bis 18 Uhr | So. u. Feiertage 11 bis 18 Uhr

einstmals als Schmiede, in welcher Zechenpferde be-

für Menschen mit Behinderung.”

Tel. 0231 – 69 67 856

Das Hofcafé ist ein Ort, unter freiem Himmel, bei Kaffee und Kuchen, Bütterken oder Salat, bei Limo,

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Foto: Sebastian Sellhorst

LESERSEITE

bodo dankt:

Sparkasse Bochum Sabine Raddatz, Jochen Otto Ley, Petra DanielsenHardt, Petra Schäckermann, Hildegard Reinitz, Dolf Mehring, Timo Zimmermann, Harald Gering, Soth-Dykers, Anette Düe, Oliver Stiller, Carsten Piel, Esther Hagemann, Gisela Kisker, Ruediger Grote, Martina Witt, Wolfgang Döneke, Brigitta Götz, Maritta Sievert, Erika Pryzibylla, Ursula Stall und Ulrich Blotevo, Olaf Jäckel, Ellen Kloosterboer, Jürgen Hoehfeld, Dr.med.vet. Karen Elisabeth Jacobsen, Claudia Groehlich, Manfred Klünder, Peter Seidinser, Eva-Maria und Christian Karpus, Stefan Jäger, Edith Gleim, Gertrud und Gerhard Ortland, Gabriele Weber, Doris Rosenbaum, Marlene Nagelsmeier-Linke, Eheleute Schubert, Manfred Wetzstein, Klaus Heinemann, Sigrid Wengeler, Siegmar Welski, Ingeborg Loth, Marlies Schiffer, Doris Buderus, Svenja Litzkendorf, Paul Pietzuch, Udo Möller, Anne Bierbach, Marion und Peter Migas, Astrid Stevens, Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda

Zum Erscheinen seines neuen Albums „Bei meiner Seele“ gab Xavier Naidoo nur ein einziges Interview – den deutschen Straßenzeitungen! Das Juni-Heft kam bei Lesern wie Verkäufern – hier Gerd aus Dortmund – besonders gut an.

LESERBRIEFE Liebe bodo! Ich heiße Jonas, bin 13 Jahre alt und wohne in Lüdinghau-

Zudem habe ich beschlossen, Michael immer wenn wir

sen. Neulich war ich mit meiner Familie bei unserer Oma in

nach Witten fahren eine Zeitung abzukaufen, denn ich

Witten. Dort waren ich und mein neun Jahre alter Bruder

finde es super wenn man selber Menschen helfen kann,

bei ihr einige Tage bei unserer Oma Feriengast.

die in Not sind. Wenn ich Menschen dann auch noch

Dort sind wir dann in die Innenstadt von Witten gegan-

glücklich sehe, freut es mich total, denn ich weiß, dass

gen. Da habe ich zum ersten mal den bodo-Verkäufer

man so etwas nicht mit noch so viel Geld vergleichen

Michael gesehen, der dort seine Zeitungen verkaufte.

kann als wenn man Menschen glücklich sieht. Zudem hat

Oma gab ihm fünf Euro und kaufte dafür eine Zeitung.

das Geld jeder übrig.

Seitdem interessiere ich mich für bodo. In ihrem Haus

Ich finde es super, dass ihr Obdachlosen eine Chance

zeigte sie mir dann die vorherige bodo-Ausgabe wo Kurt-

bietet, einen Job zu finden, eine Wohnung zu besitzen,

Michael seinen Weg nach Witten schilderte. Zudem gab

aus ihrer Alkoholsucht wieder rauszukommen und wieder

sie mir die neue bodo-Ausgabe „Xavier Naidoo exklusiv“,

Freude an ihrem Leben zu bekommen. Deswegen habe

die sie gekauft hatte, mit nach Hause. Dort las ich mir

ich mir beschlossen die zwei genannten bodo-Verkäufer

dann das Interview mit Xavier Naidoo erstmal gründlich

(Michael und Bodo) regelmäßig zu unterstützen, auch

durch und erblickte auf Seite 35 den Artikel „Ich will nie

wenn es nur wenig ist, freut es mich immer wenn ich an-

wieder draußen schlafen“.

deren Menschen damit eine Freude machen kann. Jonas

Dieser Artikel hat mich emotionell so mitgenommen, dass ich geweint habe. Mein Vater schlug mir vor, dass

Anm. d. Red.: Bodo musste für ein paar Tage ins Kranken-

ich vielleicht mal eine Email an die bodo schreiben

haus, wir hatten so lange seine Hündin Maja in Pflege.

könnte, um sie zu fragen wie ich Bodo aus Bochum am

Jonas hat Bodo einen Brief geschrieben, den wir ihm ins

besten helfen könne. Das hielt ich für eine super Idee

Krankenhaus gebracht haben. Er hat sich riesig gefreut.

und tippte sofort los.

Vielen Dank, Jonas, und weiterhin gute Besserung, Bodo!

CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann

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