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Aktuelles aus der Forschung
Verletzungen im Kraftsport: Crossfit und Gewichtheben mit vergleichbarem Risiko
Hintergrund: Als Variante des hochintensiven Trainings erfreut sich Crossfit gerade im Fitnesssektor einer großen Beliebtheit. Um Anfängern einen sicheren Einstieg in diese Sportart zu erleichtern, ist das Wissen um potenzielle Risikofaktoren für Verletzungen unabdingbar. Einen aktuellen Überblick hierzu gibt das systematische Review eines spanischen Teams an Wissenschaftlern. Die Studie: Auch hier wurden verschiedene wissenschaftliche Datenbanken nach geeigneten Studien durchsucht. 25 Studien mit insgesamt 12 079 Teilnehmern wurden für die Analysen herangezogen. Die Erkenntnisse: Im Mittel lag der Anteil an Crossfit-Athleten, die eine trainings- oder wettkampfbedingte Verletzung erlitten hatten, bei 35,3 Prozent. Die Inzidenz variierte stark zwischen den Studien zwischen 0,2 und 18,9 Verletzungen pro 1 000 Trainingsstunden. Am häufigsten waren dabei die Schultern (26 Prozent) betroffen, gefolgt von der Wirbelsäule (24 Prozent) und den Knien (18 Prozent). Von diesen Verletzungen führten 8,7 Prozent zu einer Operation. Ebenfalls im Fokus der Untersuchungen lagen Risikofaktoren für Verletzungen. Hier zeigten sich als Faktoren, die das Verletzungsrisiko steigerten, vor allem: höheres Alter, männliches Geschlecht, höherer Body-Mass-Index, vorhergehende Verletzungen, fehlende Beaufsichtigung, weniger Trainingserfahrung sowie die Teilnahme an Wettkämpfen. Die Verletzungshäufigkeit ist im Crossfit damit vergleichbar mit anderen kraftorientieren Sportarten wie Gewichtheben. Die Autoren der Übersichtsarbeit heben jedoch auch hervor, dass einige der durchgeführten Studien eine geringe methodische Qualität besäßen, sodass für belastbare Aussagen weitere Untersuchungen notwendig seien.
Quelle: Rodríguez, M. et al. Phys Sportsmed. 2021 Jan 7;1–8.doi: 10.1080/00913847.2020.1864675.
Hintergrund: Eine ungünstige Landemechanik nach Sprüngen stellt in vielen Mannschaftssportarten einen Risikofaktor für Verletzungen des Kreuzbandes im Knie dar. Einer Anpassung verschiedener biomechanischer Parameter bei der Landung wird daher ein präventiver Nutzen zugeschrieben. Ob ein Rumpfkrafttraining in der Lage ist, die Landemechanik nach Sprüngen zu verbessern, wurde kürzlich von spanischen Forschern untersucht. Die Studie: 24 Fußballerinnen wurden in eine Interventions- und in eine Kontrollgruppe aufgeteilt. Die Interventionsgruppe erhielt über einen Zeitraum von 8 Wochen zweimal pro Woche ein zusätzliches Rumpfkrafttraining, während die Kontrollgruppe ihr gängiges Trainingsprogramm aufrechterhielt. Vor und nach der Intervention wurden verschiedene Parameter während ein- und zweibeinigen Reaktivsprüngen erhoben. Die Erkenntnisse: Das Rumpfkrafttraining reduzierte das „Einknicken“ im Kniegelenk signifikant sowohl im dominanten (-7,1°) als auch im nicht-dominanten Bein (-8,0°). Ebenfalls konnten die Spielerinnen durch die Intervention ihren Hüft- und Kniebeugewinkel um 24,4° bzw. um 14,9° erhöhen, während der Sprunggelenkswinkel unverändert blieb. Neben diesen die Landemechanik betreffenden Parametern beobachteten die Wissenschaftler einen signifikanten Anstieg der Sprungleistung um 1,2 bis 2,8 cm – die Kontrollgruppe hielt ihre Leistung dagegen stabil. Das Rumpfkrafttraining stellt somit eine effektive Möglichkeit zur Reduktion biomechanischer Risikofaktoren bei der Landung nach Sprüngen dar und wirkt zudem leistungssteigernd.
Quelle: Ferri-Caruana, A et al. The Journal of Sports Medicine and Physical Fitness, 60(8), 1128-1136.
Inzidenz
Die Inzidenz beschreibt die Häufigkeit von Neuerkrankungen. Sie steht für die Anzahl neu aufgetretener Krankheitsfälle innerhalb einer definierten Population in einem oder bezogen auf einen bestimmten Zeitraum. Quelle: https://flexikon.doccheck.com
Dr. Stefan Altmann
ist Leiter der Leistungsdiagnostik am Institut für Sport und Sportwissenschaft des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie Koordinator Sportphysiologie & Wissenschaft der TSG ResearchLab gGmbH. Kontakt: stefan.altmann@kit.edu Prävention im Laufsport: Reduktion von Risikofaktoren mit Wearables
Hintergrund: Um die Belastung auf den Bewegungsapparat beim Laufen zu reduzieren und damit das Verletzungsrisiko zu senken, wird oft eine erhöhte Schrittfrequenz, typischerweise einhergehend mit einer reduzierten Schrittlänge, empfohlen. Oft bedürfen solche Änderungen des Laufmusters jedoch einer intensiven Betreuung der Athleten. Amerikanische Forscher haben nun in einer Studie untersucht, ob vergleichbare Effekte auch mithilfe eines eigenständigen, durch Wearables unterstützten Trainingsprogramms erreicht werden können. Ziel der Wissenschaftler war eine Erhöhung der Schrittfrequenz um 5 bis 10 Prozent. Die Studie: An der Studie nahmen 38 Läufer mit einer selbst gewählten Schrittfrequenz von maximal 170 Schritten pro Minute teil. Die eine Hälfte der Probanden sollte im Laufe einer 6-wöchigen Interventionsphase ihre Schrittfrequenz um etwa 10 Prozent erhöhen, indem sie Feedback von einer Laufuhr und einem Sensor am Schuh bekamen, die verschiedene Schrittparameter erfassten. Die andere Hälfte sollte ihr Training wie bisher beibehalten. Die Schrittfrequenz aller Teilnehmer wurde vor und nach der Intervention erfasst. Die Erkenntnisse: Vor der Intervention lag die Schrittfrequenz beider Gruppen mit etwa 160 Schritten pro Minute auf einem vergleichbaren Niveau. Die von den Wearables unterstützte Gruppe konnte ihre Frequenz um 8,6 Prozent steigern, während die Kontrollgruppe ihre Frequenz beibehielt. Die Forscher schließen aus den Ergebnissen, dass ein Technologie-unterstütztes Trainingsprogramm zur Erhöhung der Schrittfrequenz im Rahmen von Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen empfohlen werden kann.
Quelle: Baumgartner, J. et al. Scandinavian journal of medicine & science in sports, 29(11), 1789–1796.
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Rehabilitation: Bis an die Schmerzgrenze?
Hintergrund: Bei der Rehabilitation nach einer Sportverletzung spielen viele Faktoren eine Rolle: Wie oft und wie lange wird trainiert? Welche Übungen werden durchgeführt und wie intensiv kann der Sportler schon belastet werden? Um die Frage nach der Intensität der Übungen zu beleuchten, begleiteten Wissenschaftler aus Australien nun Sportler mit Verletzungen der Oberschenkelrückseite (Hamstrings) während des Rehabilitationsprozesses. Die Studie: 43 Sportler absolvierten zweimal wöchentlich ein standardisiertes Programm zur Rehabilitation der Hamstring-Muskulatur. Die eine Hälfte der Teilnehmer führte die Übungen bis zur Schmerzgrenze aus, die andere Hälfte blieb dagegen im schmerzfreien Bereich. Die Erkenntnisse: Die Zeit, bis die Sportler wieder an Wettkämpfen teilnahmen, lag im Mittel bei 16 Tagen und unterschied sich nicht zwischen den beiden Gruppen. Die Beinkraft war jedoch bei der Gruppe mit einem Training an der Schmerzgrenze um 15 Prozent gegenüber der Gruppe mit einem Training im schmerzfreien Bereich erhöht. Zudem konnte das Training an der Schmerzgrenze die Länge der Muskelfasern besser aufrechterhalten. Im Verlauf einer 6-monatigen Follow-up-Phase unterschied sich die Zahl an erneuten Verletzungen nicht zwischen den Gruppen. Als Fazit der Studie kann daher festgehalten werden, dass die gängige Praxis der Vermeidung von Schmerzen in der Rehabilitation nach HamstringVerletzungen nicht notwendig erscheint.
Quelle: Hickey, J. T. et al. journal of orthopaedic & sports physical therapy, 50(2), 91–103.
Stefan Altmann
Quick Facts
Auftreten von Verletzungen:
W Keine Unterschiede in der Verletzungshäufigkeit, jedoch in der Verletzungsart beim Laufen zwischen
Frauen und Männern W Vergleichbare Verletzungshäufigkeit im Crossfit wie in anderen kraftorientieren Sportarten wie Gewichtheben
Prävention:
W Optimierung der Landemechanik und Erhöhung der
Leistung bei Reaktivsprüngen durch Rumpfkrafttraining W Erhöhung der Schrittfrequenz und Reduktion der
Belastung beim Laufen mithilfe von Wearables
Rehabilitation:
W Training an der Schmerzgrenze nach HamstringVerletzung mindestens ebenso effektiv und sicher wie
Training im schmerzfreien Bereich