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Lifestyle-Gentests
Glaubt man den Herstellern, sind Gentests das neue Trainingstool der Zukunft. DNA-Testlabore bieten TestKits für Fitnessstudios oder Trainer an und versprechen, dass die Testergebnisse wichtige Informationen für eine bessere Ernährung und ein perfektes Trainingsprogramm liefern. Was steckt hinter den Tests, was kosten sie, welche Informationen liefern sie und können sie halten, was sie versprechen?
Heilsbringer oder Abzocke?
Die Versprechungen der Anbieter von Gentests verheißen einen Blick in die Zukunft. Mithilfe von gentechnischen DNA-Analysen sollen gesundheitliche Risiken eingeschätzt, eine individuelle Gewichtsreduktion ermöglicht oder ein der jeweiligen DNA angepasstes Trainingsprogramm erstellt werden. Wie bei einem Blick in eine Kristallkugel blicken wir auf Testergebnisse, die uns erklären, dass wir eine Neigung zu Übergewicht haben, ein Kohlenhydrat- oder Mischkosttyp sind, zum Jo-JoEffekt neigen und eher Ausdauer statt Kraft trainieren sollten. Plötzlich wird klar, wie wir essen oder trainieren können, um schlank, gesund und fit zu werden. Das klingt sehr verheißungsvoll, aber ist es das auch?
Wissen um mögliche Risiken
Heute kann jeder für 200 bis 500 Euro einen Lifestyle-DNA-Test machen lassen. Mittlerweile bieten unterschiedliche Firmen die Tests auch online zum Verkauf an. Auch in Fitnessstudios werden sie angeboten. In der Regel bekommt man ein Test-Kit, muss einen Fragebogen ausfüllen, mit einem Wattestäbchen eine Speichelprobe von der Innenseite der Wange nehmen und das Ganze wieder zurückschicken. Die an die Firmen angeschlossenen Labore analysieren den Gentest und das Ergebnis bekommt der Kunde via App oder E-Mail. Dabei kann allein schon das Wissen über zukünftige gesundheitliche Risiken negative Folgen haben.
Gezeigt hat das ein Experiment von Forschern der Stanford University. Bei der Studie des Stanford Mind & Body Lab wurde den Teilnehmer suggeriert, dass ein DNA-Test die Ausdauerleistung und das Sättigungsgefühl untersuche. Tatsächlich handelte es sich um Fake-Analysen. Die Ergebnisse bewirkten Erstaunliches: Probanden, denen eine gute Ausdauer bescheinigt wurde, rannten locker auf Laufbändern, während Probanden mit schlechten Ergebnissen schnell aufgaben. Auch bezogen auf das Sättigungsgefühl führte das erfundene Wissen zu einer sich selbst erfüllenden Prognose. Das angebliche Wissen durch die Tests kann also mehr schaden als nutzen. Prof. Dr. Andreas Pfeiffer von der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin der Charité Berlin warnt deshalb: „Im Sport und besonders im Leistungssport sollte man die psychische Komponente sorgfältig abwägen und lieber die Finger von Gentests lassen.“
Nachweise fehlen
Für Ernährungsempfehlungen anhand einer Genanalyse gibt es derzeit keine wissenschaftliche Grundlage. Gentechnik ist eine hochkomplexe Wissenschaft, die noch viele Fragen offenlässt. Es gibt zwar Gene wie das FTO-Gen und das Melanocortin-4-Rezeptor-Gen (MC4R), die
mit der Energieaufnahme in Verbindung gebracht werden – das hat eine Auswertung von Studien der TU München 2018 gezeigt. Die Studie kam zu dem Schluss, dass es der bisherige Stand der Forschung noch nicht zulässt, aus genetischen Informationen individuelle Ernährungsratschläge abzuleiten. Die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH) sagt in einer Stellungnahme: „Bei Lifestyle-Tests ist der Nutzen der angebotenen Tests meist nicht wissenschaftlich belegt.“
So gibt der Gentestanbieter CoGAP aus Köln auf seiner Website sogar selbst den Hinweis: „Der Zusammenhang zwischen genetischer Veranlagung und Gewichtsveränderung ist allerdings bislang wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert.“ Auch bezogen auf die sportliche Leistungsfähigkeit sind die Aussagen wissenschaftlich nicht belegt. „Zwar ist bestätigt, dass das ACE-Gen mit dem Blutdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung steht“, sagt Prof. Pfeiffer, daraus ließe sich aber weder eine globale Aussage zur Leistungsfähigkeit von Sportlern ableiten noch eine Aussage dazu wie viel Fette jemand zu sich nehmen könne.
Jörg Heckenbach ist Mitglied der Geschäftsleitung der Firma for me do, die in Deutschland und der Schweiz die Gentests von CoGAP an Fitnessanlagen und Trainer vertreibt. „Bei dem Gentest ‚MetaCheck‘ werden sieben Gene bezogen auf den Stoffwechsel untersucht“, sagt Heckenbach. Dabei wurden laut Dr. Orhan Özüak, Leiter Forschung und Entwicklung bei CoGAP, acht Genvariationen ausgesucht. In Deutschland hat for me do bereits 1 500 Berater, die die Gentests von CoGAP verkaufen, darunter Personal Trainer, Fitnessstudios, Heilpraktiker und Physiotherapiepraxen. „Trainer oder Betreiber von Fitnessanlagen, werden von for me do geschult und zertifiziert“, so Heckenbach. Vor Ort würden die Trainer dann den Test mit den Kunden durchführen, ihn mit einem Barcode versehen und an das Labor senden. Die Kunden erhielten dann die Auswertung, bei der sie einem von vier Metatypen zugeordnet würden. Trainer erhalten dabei sensible Informationen, unterliegen aber nicht wie Ärzte der Schweigepflicht.
Was sagen Gentests aus?
Wenn man bedenkt, dass ein Mensch ca. 25 000 Gene hat, relativiert sich schnell der Informationsgehalt online angebotener Gentests. So sind allein über 100
Bioxtic
D-10785 Berlin www.gentest24.com
Cerascreen GmbH
D-19059 Schwerin www.cerascreen.de
CoGAP GmbH
D-50676 Köln www.cogap.de
DNA4 me GmbH
A-5020 Salzburg www.dnaforme.com
Name des Gentests Gentest „Sport + Ernährung“ und Gentest „Fitness“
Anzahl untersuchter Gene bzw. Genvariationen
k. A. Stoffwechsel Test MetaCheck und MetaCheck Power
6 7 (MetaCheck) 12 (MetaCheck Power) My Weight My Healthy Life (inkl. Fitness) 50 Genvariationen
Labor
Verkauf von Zusatzprodukten
Kosten
Labore in Osteuropa k. A. nein Verkauf von Nahrungsergänzung, Shakes, Backmischungen bis hin zu Tofu und Coaching MetaShakes als Mahlzeitersatz Buch zur Gen-Diät Nahrungsergänzungsmittel
149,– bis 299,– Euro 184,20 Euro humatrix AG in Pfungstadt Labor in Österreich
343,46 Euro 499 Euro
Sonstiges
Inhaber macht von der Kleinunternehmerregelung gebrauch Viele negative Bewertungen in Portalen Vertreib über „form me do“ Verkauf von Nahrungsergänzungspaketen für drei Monate
for me do GmbH
D- 38315 Hornburg https://www.formedo.de
Name des Gentests MetaCheck und MetaCheck Power
LykonDX GmbH
D-10435 Berlin https://www.lykon.de
myDNA Slim mxDNA NutriWell
Anzahl untersuchter Gene
Labor
7 (MetaCheck) 12 (MetaCheck Power) 24
humatrix AG in Pfungstadt Eurofin Genomics + amedes
Verkauf von Zusatzprodukten
Kosten
MetaShakes als Mahlzeitersatz Buch zur Gen-Diät Vitamin D3, Zink-Glycinat, Magnesium mit Vitamin B6, diverse Bluttests Kochbuch zur Ernährungsumstellung NutriMe Nahrungsergänzung + Kosmetikprodukte
343,46 Euro
Sonstiges „for me do“ vertreibt den „MetaCheck“ von CoGAP in Deutschland und der Schweiz
Anbieter von Lifestyle Gentests im Überblick 169 bis 189 Euro 389 Euro (inkl. Coaching) Partnerprogramm für Personal Trainer, Lykon Academy
Mybodydna
D-73614 Schondorf www.mybodydna.de
Actice Life DNA-Analyse + Infinity DNA-Analyse Test von 160 Genvariationen
Novogenia GmbH
A-5301 Eugendorf www.novogenia.com
DNAnutriControl
k. A.
Labore in Deutschland, Schweden und Österreich Labor in Eugendorf bei Salzburg (Österreich)
297 bis 387 Euro k. A.
Spezialisiert auf Ernährungsberatung und Betriebliche Gesundheitsförderung Uniqua Krankenversicherung bietet Kunden diesen Gentest an
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Die DNA jedes Menschen enthält rund drei Milliarden Basenpaare. Bei DNA-Stoffwechseltests werden jedoch nur bis zu 50 solcher Genvariationen untersucht
Gene identifiziert, die für die Ernährung eine Rolle spielen. Die DNA jedes Menschen enthält rund drei Milliarden Basenpaare. Innerhalb dieser Basenpaare variieren einzelne Nukleinbasen, die sogenannten single nucleotide polymorphisms, kurz SNPs. „Es gibt sechs Millionen dieser SNPs bzw. Genvariationen“, sagt Prof. Pfeiffer „Man bräuchte mindestens 40 SNPs des ACE-Gens, um nur für kardiovaskuläre Risiken ein Ergebnis zu erhalten. Da kommt schon ein genetischer Einfluss raus, dennoch ist der Hintergrund schwammig“, so der Endokrinologe. Wenn DNA-Stoffwechseltests teilweise nur 6 bis 19 Gene bzw. 24 solcher Genvariationen unterschiedlicher Gene untersuchen, muss man kein wissenschaftliches Genie sein, um zu erkennen, dass der Informationsgehalt solcher Tests nicht besonders aussagekräftig sein kann.
Eine genetische Veranlagung für Übergewicht zu haben bedeutet zudem noch lange nicht, daran zu erkranken. Ob jemand tatsächlich Übergewicht entwickelt, hängt von äußeren Einflüssen und dem Lebensstil ab. Das lässt sich auch durch einen Gentest nicht vorhersagen. Experten des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke stufen den Beitrag der bislang identifizierten Genabweichungen zum gesamten Krankheitsrisiko eher als gering ein und schreiben den konventionellen Risikofaktoren wie dem Lebensstil eine erheblich größere Bedeutung zu.
Ernährungstyp feststellbar?
Der Geschäftsführer von Mybodydna, Antonio Greco, sagt: „Viele Anbieter führen mit ihren Gentests lediglich Basisstoffwechselanalysen durch und untersuchen zu wenig Genvariationen.“ Das reiche nicht aus. „Heute ist das nicht mehr zeitgemäß, da es neue Analysemöglichkeiten gibt.“ Das Unternehmen Mybodydna mit Sitz in Schorndorf ist seit fünf Jahren am Markt, seit zwei Jahren auch online. „Wir sind spezialisiert auf Ernährungsberatung und Betriebliche Gesundheitsförderung und untersuchen 160 Genvariationen“, so Greco. Der Geschäftsführer hält ein Testergebnis, das Menschen in Schubladen steckt und sie auf nur vier Ernährungstypen oder Kraft- und Ausdauertypen runterreduziert, für nicht zielführend. „Das klärt nicht, warum jemand zum Beispiel ein Ausdauertyp ist oder wie er am besten Muskelmasse aufbaut.“ Greco sieht besonders den Verkauf von zusätzlichen Produkten wie Nahrungsergänzungsmittel kritisch. „Es macht keinen Sinn, Nahrungsergänzung anzubieten. Das ist kein Ersatz für eine gesunde Ernährung. Die Ernährungsumstellung ist wichtig, nicht die Nahrungsergänzung.“
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Unterteilung in Ernährungstypen analog zu den Makronährstoffen Kohlenhydrate, Proteine oder Fett aus solchen DNA-Tests gar nicht abgeleitet werden kann. „Aus Gentests können derzeit keine eindeutigen Vorhersagen getroffen werden“, sagt Susanne Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE). Auch laut Prof. Pfeiffer lassen sich Vorhersagen nicht treffen; die Genetik sage auch zur Leistungsfähigkeit von Sportlern zu wenig aus.
Lifestyle-Test ohne Nutzen
Bereits 2016 veröffentlichte das Projekt „Food4Me“, bei dem sich unter der Leitung von Professor Mike Gibney vom University College Dublin 25 Partner aus zwölf europäischen Ländern zusammentaten, darunter auch die Technische Universität München, Forschungsergebnisse zum Thema „personalisierte Ernährungsempfehlungen“. Neben der Einstellung der Verbraucher zu Gentests sollte in einer Untersuchung auch die Frage geklärt werden, ob personalisierte, über das Internet vermittelte Ernährungsempfehlungen das individuelle Essverhalten stärker beeinflussen als herkömmliche Empfehlungen. Über sechs Monate wurden 1 500 Teilnehmer aus vier Gruppen verglichen.
Drei Studiengruppen erhielten individuelle Empfehlungen: Die erste Gruppe bekam aufgrund eines Fragebogens zur Ernährung und zum Lebensstil personalisierte Empfehlungen, bei der zweiten Gruppe wurden zusätzlich Laborparameter wie Blutglukose und der Cholesterinwert berücksichtigt und bei der dritten Gruppe floss die Analyse von fünf Genen in die Ernährungsempfehlungen ein. Die vierte Gruppe war die Kontrollgruppe. Die Studienergebnisse zeigten, dass die Akzeptanz für Ernährungsempfehlungen generell größer ist, wenn diese individuell angepasst sind. So aßen die Teilnehmer der Gruppen mit individuellen Empfehlungen insgesamt weniger Salz, weniger gesättigte Fette und verloren etwas mehr Körpergewicht als die Kontrollgruppe. Die Ergebnisse zeigten aber auch, dass die genetischen Informationen keinen zusätzlichen Nutzen gegenüber einer klassischen Ernährungsberatung hatten.
Fragliche Zusatzgeschäfte
Neben dem eigentlichen Gentest verdienen die Anbieter Geld mit fraglichen Zusatzprodukten wie Shakes und Nahrungsergänzungsmitteln bis hin zu Riegeln und Pflegeprodukten. Die Gentests werden teils ohne Beratung online an Privatkunden verkauft. Der Kunde erhält sein Ergebnis, das er ohne fachlich fundierte oder ärztliche Beratung gar nicht selbst einschätzen kann. Das Marketing ist perfektioniert und so werden Nahrungsergänzungsmittel oder Shakes mitbeworben und mitverkauft, die ohne einen nachgewiesenen Mangel gar nicht notwendig sind.
Die DNA4 me GmbH mit Sitz in Salzburg bietet auch Komplettpakete an, die zusätzlich zum Test gleich die Nahrungsergänzungsmittel für drei Monate im Wert von 297 Euro enthalten. Inklusive Test kostet das Kombipaket sage und schreibe 796 Euro. Besonders engagiert im Verkauf von Zusatzprodukten ist der
Anbieter Cerascreen, der aktuell bereits wegen eines Corona-Selbsttests, der bei dm erhältlich ist, in der Kritik steht. In diversen Bewertungsportalen ist die Rede von vorab bezahlten Tests, deren Ergebnisse gar nicht oder erst Monate später zugestellt würden. Das Unternehmen bietet eine Vielzahl von Selbsttests für zu Hause an. Darunter Covid-19-Tests, Bluttests, Vitamin- und DNA-Tests. Der Online-Shop umfasst allein 53 Seiten an Zusatzprodukten: von Nahrungsergänzungsmitteln, Vitaminen, Mineralstoffen über Backmischungen zur gesunden Ernährung bis hin zu Tofu, Riegeln und Shampoo. Auch die LykonDX GmbH aus Berlin verkauft neben DNA-Tests Vitamin D3, Zink-Glycinat, Magnesium mit Vitamin B6 sowie diverse Bluttests – vom Bluttest bezüglich Nahrungsmittelunverträglichkeiten bis zu Allergietests. In die Schlagzeilen geriet das Unternehmen wegen der umstrittenen Zusammenarbeit mit der mymuesli GmbH.
Geschäftemacherei
Auf der Website von mymuesli werden die DNA-Analysen von Lykon angeboten, um die zu den Testergebnissen passenden individualisierten Müslis zu verkaufen. Die Humangenetikerin Prof. Dr. Elke Holinski-Feder vom Medizinisch Genetischen Zentrum (MGZ) in München hält das für unseriös. Für 189 Euro erhält der Kunde neben einer umfassenden Testauswertung gleich eine Lieferung mit der „auf seinen Stoffwechseltyp basierten Müslimischung im Wert von bis zu zehn Euro“. Mitgeliefert werde zudem eine Zutatenliste, mit der man sich sein individuelles Müsli auch selbst zusammenstellen könne. „Wir haben derzeit keine wissenschaftlich fundierten Grundlagen, die es erlauben würden, aufgrund eines genetischen Profils irgendeine Aussage abzuleiten, welche Ernährung für diesen Menschen hinsichtlich der Optimierung seiner Gesundheit sinnvoll ist. Die gibt‘s einfach nicht“, so Prof. Holinski-Feder.
Am 5. Juni 2020 schrieb Marc Röhling auf bento.de einen Beitrag über seinen Selbstversuch mit dem Gentest „my DNA Slim“, den mymuesli in Kooperation mit Lykon anbietet. Über seine Erfahrung berichtet er: „Nach neun Tagen kam eine 64 Seiten dicke Auswertung: Ich wurde als ‚Kohlenhydrat-Proteintyp‘ ausgewiesen. Was in meiner Genanalyse über meinen Stoffwechsel steht, hätte ich allerdings auch in jeder beliebigen Frauenzeitung unter dem Stichwort ‚Sommerdiät‘ nachlesen können.“ Und Röhling findet widersprüchliche Auswertungen: „Wie schwierig die Aussagekraft ist, merke ich an meinem Testergebnis: Auf einer Seite steht, ich neige stark zum Jo-Jo-Effekt, an anderer Stelle heißt es, ich neige eher nicht zum Jo-JoEffekt.“ Zur konkreten Personalisierung der Ernährungsempfehlungen und Rezepte erfragt mymuesli auch persönliche Angaben wie Geschlecht, Alter, Gewicht, Taillen- und Hüftumfang sowie den Body-Mass-Index. Stellt sich die Frage, wozu diese Daten nötig sind, wenn doch die Genanalyse die entscheidenden Ergebnisse liefern soll.
Datenschutz und Rechtliches
Eine DNA-Probe liefert jede Menge persönliche Daten. Zusätzlich werden in Fragebögen vor dem Gentest weitere Daten erfasst. Dazu gehören neben Alter, Geschlecht und Gewicht auch Angaben zu Vorerkrankungen oder Vorlieben. Zwar geben die Anbieter online umfassende Datenschutzerklärungen ab, in denen sie versprechen, dass keine genetischen Profile gespeichert würden, die Server sicher seien und die Genanalyse per QR- oder Barcode anonymisiert an die Labore geschickt würde – ob das wirklich stimmt, können Kunden nicht überprüfen. Deshalb ist Vorsicht geboten, denn Daten werden auch an Dritte weitergegeben. Auf jeden Fall sollte man in den zu unterschreibenden Einverständniserklärungen immer auf das Kleingedruckte achten, um sicherzugehen, dass die DNA-Probe nicht an Dritte weitergegeben oder zu Studienzwecken genutzt wird.
Dass Daten gerne weitergegeben werden, haben Gentestanbieter wie 23andMe oder AncestryDNA gezeigt. Sie fragen schon bei der Registrierung nach, ob man an Forschungsvorhaben teilnehmen möchte. Auch die Pharmaindustrie ist an den Daten interessiert. 23andMe hat einen Vertrag mit dem Pharmariesen GlaxoSmithKline. Das Unternehmen CoGAP aus Köln ist seit 2019 eine Tochter der R-Biopharm AG, einem global agierenden Diagnostikhersteller aus Darmstadt. „Die genetische Analyse der MetaCheck-Proben erfolgt durch das DNA-analytische Fachlabor der humatrix AG in Pfungstadt, Deutschland“, gibt Dr. Özüak an. Das in der Nähe von Darmstadt gelegene Labor bietet neben SNP-Genotypisierung unter anderem Vaterschaftstests an. Von der Website lässt sich entnehmen, dass humatrix die Forschung anderer Unternehmen unterstützt – zum Beispiel bei der Analyse von genetischen Variationen in der Entwicklung von Medikamenten und Therapien. Die Verarbeitung und Speicherung der Daten aus Speicheltests berührt auch das Gendiagnostikgesetz. Im Grunde bewegen sich die Anbieter mit den Livestyle-Gentests in einer rechtlichen Grauzone. Solange die Tests keinem medizinischen Zweck dienen, also nur Lifestyle-Analysen sind, fallen sie nicht unter das Gesetz. In Deutschland unterliegen nur DNA-Untersuchungen zu medizinischen Zwecken einem Arztvorbehalt. Nur deshalb können Trainer Gentests überhaupt durchführen und die Auswertungen den Kunden erklären. Dabei müssen sich Trainer bewusst sein, dass sie im Grunde nicht über das nötige Fachwissen in Genetik verfügen und deshalb keine medizinisch relevanten Aussagen treffen dürfen. Rita Hoogestraat
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Besonders der Verkauf von Zusatzprodukten ist kritisch. Auf der Website von mymuesli werden die DNA-Analysen von Lykon genutzt, um individualisierte Müslis zu verkaufen
Literatur auf Anfrage bei der Autorin erhältlich.
Award 2020
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