TRAINING GENTESTS
Glaubt man den Herstellern, sind Gentests das neue Trainingstool der Zukunft. DNA-Testlabore bieten TestKits für Fitnessstudios oder Trainer an und versprechen, dass die Testergebnisse wichtige Informationen für eine bessere Ernährung und ein perfektes Trainingsprogramm liefern. Was steckt hinter den Tests, was kosten sie, welche Informationen liefern sie und können sie halten, was sie versprechen?
Lifestyle-Gentests Heilsbringer oder Abzocke?
Wissen um mögliche Risiken Heute kann jeder für 200 bis 500 Euro einen Lifestyle-DNA-Test machen lassen. Mittlerweile bieten unterschiedli78 l body LIFE
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che Firmen die Tests auch online zum Verkauf an. Auch in Fitnessstudios werden sie angeboten. In der Regel bekommt man ein Test-Kit, muss einen Fragebogen ausfüllen, mit einem Wattestäbchen eine Speichelprobe von der Innenseite der Wange nehmen und das Ganze wieder zurückschicken. Die an die Firmen angeschlossenen Labore analysieren den Gentest und das Ergebnis bekommt der Kunde via App oder E-Mail. Dabei kann allein schon das Wissen über zukünftige gesundheitliche Risiken negative Folgen haben. Gezeigt hat das ein Experiment von Forschern der Stanford University. Bei der Studie des Stanford Mind & Body Lab wurde den Teilnehmer suggeriert, dass ein DNA-Test die Ausdauerleistung und das Sättigungsgefühl untersuche. Tatsächlich handelte es sich um Fake-Analysen. Die Ergebnisse bewirkten Erstaunliches: Probanden, denen eine gute Ausdauer bescheinigt wurde, rann-
ten locker auf Laufbändern, während Probanden mit schlechten Ergebnissen schnell aufgaben. Auch bezogen auf das Sättigungsgefühl führte das erfundene Wissen zu einer sich selbst erfüllenden Prognose. Das angebliche Wissen durch die Tests kann also mehr schaden als nutzen. Prof. Dr. Andreas Pfeiffer von der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin der Charité Berlin warnt deshalb: „Im Sport und besonders im Leistungssport sollte man die psychische Komponente sorgfältig abwägen und lieber die Finger von Gentests lassen.“
Nachweise fehlen Für Ernährungsempfehlungen anhand einer Genanalyse gibt es derzeit keine wissenschaftliche Grundlage. Gentechnik ist eine hochkomplexe Wissenschaft, die noch viele Fragen offenlässt. Es gibt zwar Gene wie das FTO-Gen und das Melanocortin-4-Rezeptor-Gen (MC4R), die
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Foto: LykonDX GmbH
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ie Versprechungen der Anbieter von Gentests verheißen einen Blick in die Zukunft. Mithilfe von gentechnischen DNA-Analysen sollen gesundheitliche Risiken eingeschätzt, eine individuelle Gewichtsreduktion ermöglicht oder ein der jeweiligen DNA angepasstes Trainingsprogramm erstellt werden. Wie bei einem Blick in eine Kristallkugel blicken wir auf Testergebnisse, die uns erklären, dass wir eine Neigung zu Übergewicht haben, ein Kohlenhydrat- oder Mischkosttyp sind, zum Jo-JoEffekt neigen und eher Ausdauer statt Kraft trainieren sollten. Plötzlich wird klar, wie wir essen oder trainieren können, um schlank, gesund und fit zu werden. Das klingt sehr verheißungsvoll, aber ist es das auch?