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Im Interview

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Das Vegetativum

Das Vegetativum

Interview

Julius Teuber

Der Sportwissenschaftler erzählt im Interview, warum er sich für eine Physiotherapieausbildung entschieden hat und wie er an der Schnittstelle zwischen Training und Therapie arbeitet.

Geburtsdatum

18. Oktober 1992

Geburtsort Minden

Wohnort Leipzig

Welches Studium und welche Ausbildungen hast du absolviert?

Den Bachelor in Sportwissenschaften habe ich in Mainz gemacht, um danach den „European Master in Health and Physical Activity“ hinterherzuschieben. Das war ganz cool, weil der in mehreren europäischen Ländern stattgefunden hat, weil dieser Master aus einer Kooperation aus mehreren europäischen Universitäten bestand. Zwei Jahre nach dem Master habe ich mich dann noch dazu entschieden, eine Physiotherapieausbildung zu machen. Jetzt bin ich momentan im letzten Jahr dieser Ausbildung. Zusätzlich habe ich viele Fortbildungen absolviert.

Wie haben dich diese beruflich geprägt?

Einerseits relativ wenig, aber gleichzeitig auch relativ viel. Ich denke, bestimmte Personen, die während der Jahre meinen Weg gekreuzt haben, haben meine Philosophie und Vorstellung von Arbeit mehr geprägt als meine Ausbildungen. Das waren natürlich meistens Menschen aus meiner Branche, die ich im Beruf, in Praktika, auf Fortbildungen oder durch meinen Podcast kennengelernt habe. Ich würde sagen, das Studium hat mir Wissensinput gegeben, Begegnungen mit spannenden Menschen haben viele Denkanstöße geliefert und die Physiotherapieausbildung zeigt mir gerade, was ich alles nicht will, und lässt mich oft denken, was und wie man vieles besser und anders machen könnte, was wiederum auch prägt.

Warum hast du dich für eine Ausbildung in Physiotherapie entschieden?

In erster Linie war es einfach das Interesse am menschlichen Körper und tiefer in die Therapie einzutauchen. Ich habe zu der Zeit als Trainingswissenschaftler am Olympiastützpunkt gearbeitet und hatte viel mit Verletzungen bzw. Beschwerden zu tun. Irgendwann hat sich bei mir der Gedanke entwickelt, dass ich langfristig nicht nur im Bereich Training arbeiten will, sondern gerne auch – mal ganz grob gesprochen – die Bereiche Rehabilitation und Gesundheit abdecken und mit dem Bereich Training verbinden möchte. Es gab also mehrere Gründe, weshalb ich mich für eine Physiotherapieausbildung entschieden habe. Mein Plan war es, mich halbtags der Ausbildung zu widmen und die andere Hälfte des Tages Zeit für Projekte, Berufliches und Privates zu haben. Das klappt auch meistens, trotzdem musste ich feststellen, dass die Ausbildung zeitlich einnehmender ist als gedacht.

Welches sind deine inhaltlichen Schwerpunkte als Trainer?

Ich konzentriere mich darauf, den Körper zunächst schmerzfrei zu bekommen, und in einem zweiten Schritt, die physische Resilienz zu steigern. Man könnte also sagen, ich bewege mich in der Schnittstelle zwischen Therapie und Training: körperliche Einschränkungen und Dysbalancen zu beheben, um dann darauf aufzubauen und den Körper geschmeidiger und kräftiger zu machen. Dabei versuche ich, den Leuten wieder mehr Bewegungs- und Körpergefühl mitzugeben.

Wo liegen deiner Erfahrung nach die größten Schwachpunkte bei Freizeitathleten?

Viele Sportler haben eine relativ gute Kontrolle über ihre „Peripherie“, also ihre Gliedmaßen – Arme und Beine –, aber kein Gefühl für ihr „Zentrum", also ihren Rumpf. Unser Lebensstil und der technologische Fortschritt tragen natürlich nicht gerade dazu bei, dass man den Rumpf viel bewegen muss. Deshalb sehe ich häufig einen krassen Verlust von segmentaler Kontrolle und Ansteuerung von Wirbelsäule, Hüfte, Becken und Schulterblättern. Die Wirbelsäule gleicht oftmals mehr einem Stock als einer beweglichen Säule. Was sind für dich die wichtigsten neuen sportwissenschaftlichen Erkenntnisse?

Dee Erkenntnis, dass der Rehabilitationsprozess nach Verletzungen oder Beschwerden unterschiedlichster Art aktiv gestaltet werden sollte. Wer immer noch die Erwartung hat, zum Therapeuten zu gehen, sich dort behandeln zu lassen und alles wird wieder gut, der wird wahrscheinlich nicht die besten Ergebnisse erzielen. Therapie muss so schnell wie möglich aktiv stattfinden – Bewegung ist Heilung. Es ist noch viel zu oft in den Köpfen der Leute, dass von ein bisschen „Durchgeknete“ alles wieder gut wird. Ich will unterstützende Maßnahmen wie fasziale Behandlungen, Stoßwelle, Triggerpunkte etc. gar nicht schlechtreden, aber Bewegung, in welcher Form auch immer, ist unabdingbar.

Gibt es Bücher, die dich besonders inspiriert haben?

Ich denke, es ist äußerst sinnvoll, zu verstehen, wie wir Menschen zu dem Geschöpf wurden, das wir heute sind. Dafür müssen wir unsere Evolutionsgeschichte etwas kennen und hier sind alle Bücher von Daniel Lieberman superaufschlussreich. Dann finde ich das Buch „Strength Training and Coordination“ von Frans Bosch sehr inspirierend, weil dies eines seiner Bücher ist, das einen richtig fordert und fast schon demütig werden lässt. Was Krafttraining angeht, ist „Dinosaur Training“ von Brooks Kubik super, weil es ganz einfache Methoden und Krafttrainingsansätze aufzeigt. . Das Buch ist in den 90er-Jahren geschrieben, als der ganze Schnickschnack im Krafttraining noch nicht existiert hat.

Wie ernährst du dich?

Da habe ich keine wirklichen Regeln. Bewusst essen tu ich schon, aber nicht zu fanatisch. Ich faste ein- bis zweimal im Jahr für fünf Tage und versuche immer mal wieder, tagsüber wenig bis nichts zu essen. Dabei halte ich mich nicht an irgendein Intermittent-Fasting-Protokoll, sondern mache das ganz nach Gefühl. Wir sollten uns immer mal wieder bewusst machen, dass ein gesunder Organismus keine Probleme damit haben sollte, auch mal längere Phasen ohne Nahrungszufuhr auszukommen, ohne direkt vor Hunger verrückt zu werden. Ansonsten ist das ein Zeichen, dass irgendetwas mit deinem Stoffwechsel nicht stimmt. Dazu versuche ich, naturbelassen, also wenig verarbeitete Sachen, und Bio zu essen und immer mal wieder ein paar Innereien wie Leber oder Herz in meine Ernährung einzustreuen. W

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