Leseprobe | Ist das Kunst? Ja!

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? t s n u K ! A J

ST N U K NE R E D T H MO C I E RL E D N I K EN H E T VERS

Jacky Klein und Suzy Klein


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INHALT

EINLEITUNG

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EIN FARBKLECKS

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LICHT DER FANTASIE

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TROPFEN, PUNKTE, WELLEN

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WAS STECKT IN EINEM NAMEN?

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AUGE IN AUGE

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IM KREIS HERUM

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MERKWÜRDIGE MONSTER

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ALLES, WAS GLÄNZT

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AUF LINIE

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KUNST ZIEHT AN

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DOPPELT SEHEN

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GANZ WEISS

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ÜBERFLIEGER

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MACHEN UND KAPUTT MACHEN

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LEBENSGROSS

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39 GLITZER UND SCHOKOLADE 40 ORIGINAL UND KOPIE 42 BALANCEAKT 44 KUNST LESEN 47 SCHWARZE LÖCHER 48 WIEDER UND WIEDER 50 DIE KÖRPER DER KÜNSTLER 52 KUNST UND SPIELE 54 AB INS BETT

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BIOGRAFIEN DER KÜNSTLER

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GLOSSAR

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HIER KANNST DU MEHR SEHEN

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BILDNACHWEIS

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REGISTER

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ÜBER DIE AUTORINNEN

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DANKSAGUNG


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EINLEITUNG WAS GLAUBST DU – WAS IST MODERNE UND ZEITGENÖSSISCHE KUNST? GEMÄLDE UND ZEICHNUNGEN? SKULPTUREN UND FOTOS?

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enn du ein Museum für moderne Kunst besuchst, findest du all dies – aber du wirst noch viel mehr entdecken. Das liegt daran, dass Künstler seit den 1960er Jahren ganz neue Wege ausprobieren, um Kunst herzustellen. Sie verwenden immer noch Farbe, Tusche, Marmor und Bronze, aber sie produzieren auch Videos, treten in Performances auf und machen Installationen. Die Künstler von heute lieben es zu experimentieren und mit Traditionen zu brechen. Oft benutzen sie überraschende Materialien wie z. B. Elefantendung, zerquetschte Autos oder Schokolade. Indem sie Dinge umformen, die wir für alltäglich oder gar überflüssig halten, erfinden und erdenken zeitgenössische Künstler immer wieder Neues.

IST DAS KUNST? führt dich durch diese aufregende Welt.


Hier findest du nach Themen zusammengestellte Kunstwerke und kannst Ideen und Techniken von KünstINSPIRIEREND In diesem Buch gibt es Kunstwerke lern aus aller Welt erkunden. Am über Spiele, das Weltall und merkwürdige Ende des Buchs gibt es ein paar Monster. Es erkundet die Bausteine der Kunst – wie Formen, Linien und Farben, und hilfreiche Erklärungen zu den es zeigt Kunst aus überraschenden Materialien – wie elektrisches Licht oder leere wichtigsten Begriffen aus der Eierschalen. Blättere mal durch: Kunst – wenn du die *Sternchen* Welche Werke findest du am inspirierendsten? siehst, schlag einfach im Glossar nach. Du findest auch Informationen zu den Künstlern, die in dem Buch vorkommen, und eine Liste mit nützlichen Internetseiten, auf denen du nachschauen kannst, wenn du mehr über ein Thema erfahren willst. Heute geht es in der Kunst mehr denn je darum, Fragen zu stellen und eigene Regeln zu setzen. Es geht genauso um Ideen und Gefühle wie um das Aussehen eines Kunstwerks. Künstler von heute wollen uns die Augen öffnen, damit wir die Welt anders sehen. Wir laden dich ein, dich darauf einzulassen – indem du hinschaust, erkundest, genießt und Fragen stellst.

IST DAS KUNST? Lass es uns herausfinden …

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EIN FARBKLECKS ETWAS BLAUES HAT AUF DIESEM PAPIER HERUM k

GESCHMIERT. WAS KÖNNTE ES GEWESEN SEIN? Der Künstler Yves Klein hatte eine absolute Lieblingsfarbe: Blau. Er arbeitete mit einem Chemiker zusammen, um seine eigene Farbe zu entwickeln. Er nannte sie International Klein Blue und sie war besonders leuchtend und inten-

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siv. Er trug die Farbe mit Walzen oder Schwämmen auf seine Bilder auf – oder sogar mit Menschen! Dieses Werk gehört zu einer Serie, für die Klein nackte weibliche Modelle als „lebende Pinsel“ benutzte. Die Frauen wurden mit blauer Farbe eingerieben, legten sich auf große Papierbögen und rollten sich herum oder zogen sich gegenseitig nach den Anweisungen des Künstlers. Die Körperabdrücke, die bei diesen *Performances* entstanden, ergaben überraschende Formen und Muster.

Yves Klein, Anthropometrie: Prinzessin Helena, 1961


Olafur Eliasson, Die Farbspektrum-Serie, 2005

Olafur Eliasson verwendet gern ein möglichst breites Farbspektrum in seiner Kunst. Er hat schon eine riesige orangefarbene Sonne

EINE WELT DER FARBE In der Geschichte weckten Farben immer besondere Vorstellungen. Rot kann Liebe oder Gefahr bedeuten; Blau symbolisiert Treue, Weisheit oder Wahrheit. Olivgrün ist die traditionelle Farbe des Friedens,

in einem Innenraum erschaffen, in einer Galerie einen echten Regenbogen entstehen lassen und einen Fluss grün gefärbt. Dieser Block von *Druckgrafiken* zeigt uns alle Farben, die das menschliche Auge sehen kann, von Dunkelviolett oben links bis zu Dunkelrot unten rechts. Eliasson möchte uns zum Nachdenken brin-

während Dunkelgrün für Habgier und Eifer-

gen – darüber, dass jeder von uns Farben anders

sucht steht. Stell dir deine Lieblingsfarbe

sieht. Wie wir Farbe verstehen oder wahrnehmen,

vor: Woran lässt sie dich denken, und welche Gefühle weckt sie?

hängt von unseren Erinnerungen und Gefühlen ab, und sogar von unserem Familienhintergrund und dem Land, aus dem wir kommen. Wenn du dir das Farbgitter ansiehst: Welcher Grünton lässt dich an einen Apfel denken? Welcher kommt der Farbe von Brokkoli am nächsten? Sehen deine Freunde das genauso wie du?

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AUGE IN AUGE KÜNSTLER HABEN IHRE GESICHTER IMMER GERN IN *SELBSTPORTRÄTS* FESTGE HALTEN, ABER DIESE BEIDEN SIND NICHT DAS, WAS SIE SCHEINEN …

Dieses Foto von Gillian Wearing (gegenüber) heißt Selbstporträt im Alter von 17 Jahren. Es scheint ein normales Bild aus einem Passbildautomaten zu sein. Aber wenn du genau hinschaust, wirst du um ihre Augen herum etwas Seltsames bemerken: Die Künstlerin trägt eine Maske. Gillian Wearing war 40 Jahre alt, als sie dieses Kunstwerk machte und damit einen Schnappschuss neu erschuf, der ursprünglich aufgenommen wurde, als sie 17 war. Wearing versteckte Gesicht und Hals hinter einer Gummi-

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maske und kopierte sorgfältig jede Einzelheit des älteren Fotos, die Frisur, die Kleidung und sogar den orangefarbenen Vorhang der Kabine. Ist dieses neue Selbstporträt wahrheitsgetreu oder erfunden? Oder irgendwo dazwischen?

Chuck Close, Selbstporträt, 1997

W I E H AT S I E DA S G E MAC H T ? Gillian Wearing hat mit einem Team von Haar-, Make-up- und Special-Effects-Experten zusammengearbeitet, um ihre Maske und Perücke herzustellen. Es war ein langer und teurer Prozess, allein die Maske kostete schon um die 12.000 $. Dann machte Wearing viele Fotos, um das perfekte Bild einzufangen. Sie sagt, „es liegt eine Kunst darin, Dinge real erscheinen zu lassen.“

Auf den ersten Blick sieht dies wie ein verpixeltes Foto aus, tatsächlich ist es aber ein Gemälde nach einer Fotovorlage. Es wurde mit Hilfe eines diagonalen Rasters gemalt, der mit Kreisen, Ovalen und Dreiecken gefüllt ist. Der amerikanische Künstler Chuck

Close ist bekannt für seine riesi-

gen Gemälde von Gesichtern. Dieses Selbstporträt sieht aus wie die Digitalbilder, die man innerhalb weniger Augenblicke auf dem Computer oder dem Handy erschaffen kann – Close braucht aber für die Fertigstellung eines Kunstwerks viele Monate, denn er malt sie sorgfältig von Hand.

Gegenüber: Gillian Wearing, Selbstporträt im Alter von 17 Jahren, 2003


IM KREIS HERUM ES GIBT KREISE IN DER NATUR UND VON MENSCHENHAND GESCHAFFENE, ES GIBT ANTIKE UND MODERNE. KREISE KÖNNEN STILLE ODER BEWEGUNG ANDEUTEN.

UNIVERSELLE FORMEN Hast du schon einmal einen Kreis in den Sand gezeichnet oder einen Stock über den Waldboden gezogen? Auch Richard Long erschafft gern einfache

Die Steine in diesem Kreis stammen aus Kilkenny in Irland. Der Künstler Richard

Long sammelte sie

Formen in der Landschaft, von Linien und Kreuzen bis zu Kreisen und Spiralen. Er hat auf Wanderungen Kreise geformt, in einsamen Gegenden wie dem Anden-

nach einer Wanderung dort auf. Long liebt die Natur

gebirge in Südamerika oder der afrikanischen Wüste

und ist berühmt dafür, dass er seine Spaziergänge in

Sahara. Long verwendet immer die Materialien, die er

Kunst verwandelt. Manchmal hinterlässt er eine kaum wahrnehmbare Spur im Freien, wie einige staubige Fußspuren. Manchmal schreibt er auch Gedichte, macht Fotos oder erschafft eine Skulptur für eine Kunstgalerie. Dieser Kreis ist von zeitloser Einfachheit, wie die stillen, uralten Steinkreise, die man in ganz England und Irland findet.

Richard Long, Kilkenny-Kreis, 1984

beim Wandern findet – darunter Schiefer, Holz oder Kiefernnadeln –, und legt daraus natürliche Formen, die an die Kunst unserer Steinzeit-Vorfahren erinnern.


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„Ich glaube, Kreise haben immer auf die eine oder andere Weise zu den Menschen gehört ... Für mich liegt darin ein Teil ihrer emotionalen Kraft ...“ Richard Long

Damien Hirst hat Hunderte von Bildern bunter Tupfen und kreisender Scheiben gemalt. Ihn faszinieren alle Objekte, die sich im Kreis drehen – sei es die rotierende Erde oder eine altmodische Vinyl-Schallplatte auf dem Plattenspieler. Für die *Druckgrafik* unten hat er eine Metallplatte auf eine speziell angefertigte „Drehmaschine“ in seinem Studio gelegt. Während die Maschine sich im Kreis drehte, ritzte Hirst die Platte mit Nadeln, Schraubenziehern und anderen spitzen Werkzeugen. Dann gab er bunte Farbe in die eingekratzten Rillen und druckte die Metallplatte für seinen explosiven, wirbelnden Kreis auf Papier ab.

Atsuko Tanaka, Ohne Titel, 1964

Was könnte dich zu einem kreisförmigen Kunstwerk anregen? Die Inspiration für dieses Gemälde der japanischen Künstlerin Atsuko Tanaka war eine frühere Skulptur, die sie Elektrisches Kleid genannt hatte. Tanaka war von Elektrizität und Technik fasziniert, und ihr Kleid bestand aus 200 bunten, blinkenden Glühbirnen und Leuchtröhren. In ihrem weiteren Leben setzte sich die Künstlerin immer wieder mit ihrer tragbaren Skulptur auseinander – sie stellte Kunstwerke her, die fast nur aus Linien und Kreisen bestehen. Die verknäuelten Linien und ineinandergeschachtelten Kreise auf diesem Bild sehen fast wie Stromdrähte und Glühbirnen aus.

Damien Hirst, Rund aus „In der Drehung, die Wirkung der Welt auf Dinge“, Band 1, 2002

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MERKWÜRDIGE MONSTER SCHAU DIR DIESE SELTSAMEN WESEN AN. WAS MEINST DU – WAS KÖNNTEN SIE SEIN?

MASCHINENTIERE Nicolas Lampert findet seine Bilder in seinem eigenen Fotokopienarchiv, schneidet

Nicolas Lamperts Hybrid-Bestie ist halb Tier, halb Maschine. Sein Chamäleon auf einem Panzer stammt aus einer Serie von Fantasiefotos, zu der auch Kreuzungen aus Hirsch und Lokomotive oder Gottesanbeterin und Kran gehören. Lampert paart natürliche und künstliche Formen, um die unheimlichen Ähnlichkeiten zwischen beiden zu zeigen. Hier sind sowohl das Chamäleon als auch das Militärfahrzeug gepanzert, gedrungen und getarnt.

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Nicolas Lampert, Sehr langsam, sehr müde, 2006

sie von Hand aus und klebt sie zu seinen Maschinen-Tier-*Collagen* zusammen. Er will, dass seine Bilder aussehen wie „ein Relikt aus der Vergangenheit, ein verschollenes wissenschaftliches Handbuch oder ... ein Entwurf für die Zukunft“. Lampert liebt Tiere, und seine Kunst reagiert auf die zerstörerische Einwirkung von Menschen und Maschinen auf die Natur.


Hast du so ein Tier schon mal gesehen? Wahrscheinlich nicht – Joan Fontcuberta hat sich eine weitere FantasieKreatur ausgedacht. Er bearbeitet Bilder mit fotografischen Mitteln, um Tiere zu erschaffen, die man für Ausstellungsstücke aus einem Naturkundemuseum halten könnte. Dieses Untier nennt er Alopex Stultus, übersetzt „dummer Wolf“ oder „Fuchs“, und er stellt sich vor, dass es sich als Strauch tarnen kann!

„Der Kern [meiner Arbeit] … liegt darin, die fotografische Wahrheit in Frage zu stellen. Sei vorsichtig, sei kritisch, hege Zweifel … Das wäre mein Rat.“ Joan Fontcuberta

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Joan Fontcuberta und Pere Formiguera, Alopex Stultus,1985 –1988


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