b!v_a #12
DAS Abschieds geschenk
Diese Geschichte ist weder dramatisch noch besonders, aber ich erzähle sie gerne wenn es um das Thema emotionale Arbeit geht. Das Arbeitsleben bietet generell vielfältige Möglichkeiten zur Beobachtung von männlich-sozialisiertem Verhalten in seiner vollen Blüte und diese Anekdote eignet sich im besonderen Maße zur Sozialstudie. Ich bin erst seit kurzem dabei, ein älterer Kollege hatte jedoch ein Jahrzehnt mit der Kollegin, die uns verließ, zusammen gearbeitet – länger als alle anderen im Team. Es bot sich daher an, dass er ein Abschiedsgeschenk im Namen des Teams für die Kollegin besorgen sollte, eine Aufgabe die er gerne übernahm. Ich bot an einen Kuchen zu backen, das mache ich gerne und meistens erfolgreich. Am Tag des Abschieds kam ich ins Büro, es waren schon alle da, bereit zu einer letzten
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Plauderrunde bei Kaffee und Kuchen. Mein Kollege sprach mich gleich an – ich solle bitte heimlich eine Karte für die Kollegin unterschreiben, die auf seinem Schreibtisch liege. Ich ging also zu besagtem Schreibtisch, und fand statt einer Karte ein Stück weißes Papier, was in der Mitte gefaltet war. Immerhin etwas dickeres Papier, dachte ich, und vermutete dass irgendwo noch ein Geschenk wartete. Was genau der Kollege im Namen des Teams besorgen wollte, hatten wir nicht abgesprochen – wir hatten uns darauf verlassen, dass er sich darum kümmern würde. Ich setzte also meine Unterschrift neben die meiner Kolleg_innen und gesellte mich zurück zur Gesprächsrunde. Mein Kuchen stieß auf Anklang, er war auch recht gut gelungen. Nach einer Weile meldete sich mein Kollege zu Wort: er habe noch etwas für die Kollegin. (Dass er in dieser Situation von sich anstatt vom Team sprach fiel mir erst auf, als eine Kollegin mich später darauf aufmerksam machte.) Dann holte er das geknickte Stück Papier mit unseren Unterschriften hervor und überreichte es stolz. Auf die eine Hälfte hatte er handschriftlich geschrieben, dass er die Kollegin zu einem Ausflug in ein Museum einlade. Und er ergänzte mit einer „amüsanten“ Erzählung vom gestrigen Abend (der Abschiedstermin der Kollegin hatte schon Wochen festgestanden) an dem er noch versucht hatte, einen Gutschein für das Museum zu kaufen. Doch im Museum habe er sich 40 Minuten verquatscht und als er fertig war, sei die Kasse geschlossen gewesen. Doch