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Von Küche, Psychologie und Philosophie von Julia
Stundenlanges Durchkauen von Situationen und emotionalen Schieflagen zwischen meinen Eltern und meinen Geschwistern, meinen Geschwistern und mir, meinen Freund*innen und mir, zwischen Freund*innen und deren Freund*innen, über Menschen in der Schule, in der Uni, auf der Arbeit... Ich war beruflich und privat darin tätig, was weitläufig als Hobby- oder Küchenpsychologie bezeichnet wird. Überall ließen sich schon Themen von Leuten finden über die ich Kaffee um Kaffee, Bier um Bier und unendlich viele Zigaretten geraucht oder Fingernägel zerkaut habe. Was, wenn ich mich recht erinnere, bereits in meinem zarten jugendlichen Alter begann, wurde über die Jahre immer ausgefeilter, ich wurde besser im Lösungen finden, gemeinsam mit den betroffenen Personen unnatürlich auch ohne diese, immerhin war
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ich ja auf dem Weg mich zu hobbyprofessionalisieren und machte mir auch außerhalb der Sitzungen Gedanken über die Probleme der anderen. Und in Gesprächen mit wieder anderen ging es wiederum auch häufig um Befindlichkeiten und Beziehungen von Dritten. In meiner Familie war ich diejenige, die die Übersetzungsarbeit bezüglich der Gefühle der Mitglieder machte, wenn diese sich untereinander „so offensichtlich“ nicht verstanden, hatte ich die Fähigkeit Befindlichkeiten zu erahnen, zu verstehen und der nächsten Person so zu verpacken, dass diese sie verstand und schlichtete so etliche Streits. Meine Eltern beklagten sich bei mir übereinander. Auf der Arbeit bewahrte ich Menschen vor Kündigung, indem ich zwischen den Parteien vermit-