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Kultur auf bosnischer Spurweite

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Spiel auf dem See

Spiel auf dem See

Das Wälderbähnle, eine Schmalspurbahn mit bosnischer Spurweite, verband einst Orte im Bregenzerwald mit der Stadt Bregenz. Die Haltestellen lagen oft weit weg vom Dorfkern, was auch zur Einstellung der Bahn beitrug. In Andelsbuch ist das anders. Da steht das Bahnhofsgebäude mitten im Ort. Obwohl hier längst keine Züge mehr halten, kann man mit dem kulturverein bahnhof nun im Kopf weit „verreisen“

Ein sonniger Frühsommermorgen in Andelsbuch. An den hölzernen Waggons vor dem alten Bahnhofsgebäude lehnen Fahrräder, Wildblumen säumen den Weg und die nur noch rudimentär vorhandene Gleisanlage. Eine Bank steht unter dem schattigen Vordach, an rostigen Ketten baumelt das Ortsschild daran. Ein Setting für einen Film.

Drinnen in der Bar duftet es nach vergangenen Konzertabenden, nach Geselligkeit und nach dem Kaffee, den Sandra Pöltl, die Obfrau des kulturverein bahnhof, eben zubereitet hat. „Ich bin zwar relativ neu in dieser Funktion, den bahnhof kenne ich aber bereits seit vielen Jahren. Das erste Mal war ich hier zu einer wilden Party mit dem fantastischen Motto ,Rettet die Tiger‘. Einige Zeit später war ich zu einer Vorpräsentation der Holstuanar (die Band „holstuanarmusigbigbandclub“ – siehe auch die Kolumne über Andreas Broger in „Wälder weit, weit weg“) eingeladen. Ich kannte die nicht. Ich wusste nur, bzw. glaubte zu wissen,

das sei nicht meine Musik. Ich sollte mich irren. Im Gegenteil, ich erlebte den ,Vibe‘ dieses Orts in seiner ganzen Bandbreite. Ich bin sofort in den Verein eingestiegen und wusste, da habe ich meinen Platz. Zwischen Tigern und den Holstuanarn.“

Viele Jahre sollte Sandra Pöltl den kulturverein bahnhof begleiten, gestaltete die Grafik, half viele Abende an der Bar aus, begleitete zwischenzeitlich die Holstuanar auf Konzertreisen, ging selbst für einige Jahre nach Wien und kam wieder zurück. Nach Andelsbuch. In den kulturverein bahnhof.

Er wurde 1999 gegründet mit dem Ziel, das alte Bahnhofsgebäude zu erhalten und Kulturveranstaltungen hierherzubringen. Was grandios gelang. Nach knapp zwanzig Jahren mit Hunderten von Veranstaltungen und viel Hingabe wollte die Gründungsobfrau Margarete Broger die Leitung in andere Hände übergeben. Der Verein hatte sich neu zu organisieren. „Es war vor mittlerweile fünf Jahren“, erinnert sich Sandra Pöltl. „Wir machten einen Workshop mit rund vierzehn Leuten. Ich habe mich nicht aktiv um die Leitung bemüht, aber ich wollte, dass es mit dem kulturverein bahnhof weitergeht. So entstand ein paar Jahre später ein erweiterter Vorstand, ich wurde 2021 Obfrau und dachte: Okay, wir sind ein Team, wir packen das, und dann wird alles gut.“

Es kam aber die Pandemie. Doch das neue Team meisterte selbst diese Herausforderung. „Wir haben Programm gemacht, solange es möglich war: Konzerte, Lesungen, Kabarett mit Maske und der Hälfte an Sitzplätzen. Wir haben verschoben, umorganisiert, Informationen immer wieder korrigiert und via Newsletter verschickt. Es ging weiter, der kulturverein bahnhof war voll.“

Nach und nach kamen auch neue Leute in den Verein. Einer von ihnen ist Andreas Schwarzmann. Mit dem kulturverein bahnhof verbindet ihn eine lange Geschichte. „Ich habe früher in Feldkirch gewohnt und mein Stammlokal dort war die ,Sonderbar‘. in Dornbirn, der Weg zur Bushaltestelle führt mich täglich am bahnhof vorbei. Also schaue ich auf einen Sprung rein, erledige die Post. Es ist für mich die erste Station des Tages.“ Auch wie es rund um den kulturverein bahnhof aussieht, ist mittlerweile

„Wir präsentieren Musik, Literatur, Kunst oder Kabarett aus Richtungen, die man noch kaum kennt.“ Sandra Pöltl mit dem Team des kulturverein bahnhof

Ein Kellerlokal, in dem große Bands immer wieder kleine Konzerte gaben. Eines Tages kam es zu einem sogenannten ,Austauschtreffen der Kulturveranstalter‘ im Land, und wir von der Sonderbar sind nach Andelsbuch eingeladen worden. Wir haben vor dem kulturverein bahnhof gegrillt – ein super Fest. Als ich 17 Jahre später nach Andelsbuch gezogen bin, hatte ich die schöne Erinnerung an den kulturverein bahnhof mit im Gepäck. Der wurde zum Integrationskatalysator, war Anker und Hafen. Ich arbeite einer Aktion von Schwarzmann zu verdanken. „Gemeinsam mit dem Obst- und Gartenbauverein haben wir rund um das Gebäude eine Blumenwiese gestaltet. Aus einem Schotterplatz neben den Gleisen wurde so eine bunte, wuselnde Welt.“ Nachhaltiges Zusammenleben auch mit der Umwelt ist mittlerweile Bestandteil des Programms im kulturverein bahnhof. „Auf Vermittlung von Andreas hat sich die Gemeinde vor einiger Zeit mit einem Reparatur-Café-Nachmittag eingemietet“, erzählt Pöltl. „Eine

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