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René Niederwieser: „Selbst für die Firmung entscheiden
„Selbst für die Firmung entscheiden“
Die Firmung wird mit 2020 nicht mehr in der traditionellen Form gespendet. Welche Neuerungen das neue Konzept beinhaltet und warum es überhaupt einer Änderung bedurfte, erklärt RENÉ
NIEDERWIESER, stellvertretender Vorsitzender des Pfarreienrates der Seelsorgeeinheit
Brixen und innerhalb dieses Rates verantwortlich für die Arbeitsgruppe „Neuer Firmweg“.
Herr Niederwieser, bisher wurde das Sakrament der Firmung allen getauften Kindern und Jugendlichen in Südtirol in der 5. Klasse Grundschule oder in der 1. oder 2. Mittelschule gespendet. Mit dieser Tradition will man nun brechen. Warum braucht es eine Veränderung?
RENÉ NIEDERWIESER: Der Jugendliche soll in Zukunft selbständig darüber entscheiden können. Man muss weg von der „klassenweisen“ Hinführung zu den Sakramenten – vor allem bei der Firmung, die ja noch einmal ausdrückt, dass man Teil einer Glaubensgemeinschaft sein will und möchte. Dies hat man bis zur Firmung ja nie selbst öffentlich bekundet, sondern „nur“ die Eltern in der Taufe für einem selbst so entschieden. Diese Entscheidung braucht aber ein gewisses Alter, eine gewisse Reife. Erst mit 16 Jahren ist man kirchlich mündig. Auch kann das ein Schritt hin zum Mitwirken innerhalb der Gemeinschaft sein – vom Heiligen Geist gestärkt und damit in gewisser Weise gesandt.
Bereits bei der Seelsorgetagung im September 2017 hatte Bischof Ivo Muser angekündigt, dass in den Jahren 2020 und 2021 das Sakrament der Firmung nicht mehr an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren gespendet werden wird. Folgt die Diözese Bozen-Brixen hier einer Anweisung des Vatikans?
Am 8. Dezember 2015 ist die Diözesansynode zu Ende gegangen. Diese Synode hat sich ganz klar für eine Anhebung des Firmalters ausgesprochen. Das Richtalter, das die Synode dabei vorgesehen hat, war 18 plus. So lautet der Beschluss der Synode, und diese Maßnahme wurde vom Bischof als Diözesanrecht in Kraft gesetzt. Eine entsprechende Anweisung des Vatikans gibt es nicht.
Welche Möglichkeiten bieten sich für die künftige Gestaltung der Firmkatechese an?
Wir werden künftig bei den unterschiedlichsten Themen, die die Jugendlichen bewegen, mehr in die Tiefe gehen können, weil der zeitliche Druck wegfällt, ein bestimmtes Programm innerhalb eines gewissen Zeitraums abgearbeitet haben zu müssen. Auch wird es wohl kleinere Gruppen geben, die mehr Diskussion und Partizipation ermöglichen. Sehr wichtig ist aber, dass die Pfarreien den Jugendlichen Platz und Gestaltungsmöglichkeiten bieten und dass sie Jugendliche auf dem Glaubensweg begleiten und sie wertschätzen, wenn sie sich mit ihren Ideen und Vorschlägen einbringen.
Wer wird darüber entscheiden, wie die Firmvorbereitung zu gestalten ist?
Die Katechese ist zunächst einmal Aufgabe jeder Pfarrei. Hier gibt es zuständige Fachgruppen, wie etwa die Fachgruppe Sakramentenkatechese, die sich mit diesem Thema befassen wird. Gleichzeitig gibt es aber auch dieselben Fachgruppen auf der Ebene der Seelsorgeeinheit. Dazu wurde in der zukünftigen neuen Seelsorgeeinheit Brixen, die 16 Pfarreien einschließen wird und das bisherige Dekanat Brixen umfasst, bereits eine Gruppe mit je einem oder zwei Vertretern aus den 16 Pfarreien gebildet. In dieser Gruppe wird konkret über die Art der Gestaltung der Katechese nachgedacht. Auch der Jugenddienst wird seine Expertise einbringen und uns in der Umsetzung tatkräftig unterstützen. Die Kurie, in diesem Fall sicherlich vor allem das Amt für Schule und Katechese, ist unterstützend tätig und hilft, wenn man konkret anfragt.
Wer wird die „Firmanwärter“ künftig begleiten, vorbereiten und unterrichten?
Ideal wäre, wenn dies andere Jugendliche erledigen würden, die bereits gefirmt wurden. Es braucht aber vor allem auch überzeugte Gläubige, die bereit sind, ihren Glaubensweg immer wieder neu zu hinterfragen. Es braucht eigentlich die gesamte Pfarrgemeinde, die den Jugendlichen zeigen muss, dass es ein Reichtum, eine Schönheit ist, heute Christ zu sein. Sicherlich spielen auch die Eltern eine wichtige Rolle. Es braucht gerade Väter und Mütter, die ihr Christsein überzeugt leben. Woher nehmen Feuerwehr und ähnliche Vereine ihre Anwärter? Es sind die Kinder von Eltern, die von dieser Sache bereits überzeugt sind, und deswegen springt der Funken über.
In welchem Zeitraum soll die Firmvorbereitung ablaufen?
THEOLOGIE & PHILOSOPHIE
IM KONTEXT
Vorlesungsreihe für Interessierte an der Phil.-Theol. Hochschule Brixen am 30. April / 14. / 21. / 28. Mai 2020 von 14.00 bis 17.30 Uhr
mit Paul Renner / Dorothea Rechenmacher / Maria Theresia Ploner Ulrich Fistill / Christoph Amor / Gottfried Ugolini / Andreas Conca
Ein Zeitraum ist schwierig zu definieren, aber mindestens ein Jahr sollte die inhaltliche aktive Vorbereitung schon andauern. Man muss sich aber immer wieder vor Augen halten, dass es sich um einen Weg handelt, der nicht beschrieben ist mit einer Dauer, sondern man geht ihn einfach. Letztlich geht man diesen Glaubensweg ein ganzes Leben lang.
An wen wird man sich beim neuen Weg zur Firmung orientieren? Gibt es Vorbilder?
Es gibt bereits einige Erfahrungen, auf die man sicherlich zurückgreifen kann, wie hier bei uns Naturns oder auch Sterzing. Auch hat man in Österreich oder der Schweiz Erfahrungswerte mit der Anhebung des Firmalters und der damit veränderten Vorbereitung. Die besten Experten sind aber wahrscheinlich die bereits gefirmten Jugendlichen.
Wird es künftig den Gläubigen freigestellt sein, ob sie die Firmung empfangen wollen?
Diese Freistellung hat es immer schon gegeben. Ein Sakrament ist schließlich ein Geschenk, ein sichtbares Zeichen der Liebe Gottes zu uns Menschen. Gott zwingt seine Liebe niemandem auf; er bietet sie an, und wir sind frei in der Entscheidung, sie anzunehmen.
alters weniger Leute firmen lassen werden?
Die Zahlen werden sicher zurückgehen. Das hat man auch in anderen Diözesen bereits gesehen, wobei die Zahlen mittlerweile oft wieder in die andere Richtung gehen. Grundsätzlich geht es hier meiner Meinung nach um die Frage, ob man lieber mehr Gefirmte hat, um eben viele zu haben, die gefirmt sind, oder, ob man lieber weniger Gefirmte hat, die dafür aber überzeugte junge Gefirmte sind. Da wäre mir Letzteres lieber. Dadurch sollte der Glaube wieder Feuer bekommen und nicht nur so eine kleine Flamme sein, die keine anderen Feuer mehr entfacht.
Wie will die Diözese Interesse für die Firmung wecken?
Die Diözese und auch die Seelsorgeeinheit Brixen will Jugendliche begleiten – nicht nur im Hinblick auf die Firmung, sondern auf den Glaubensweg. Dass aber eine Änderung der Firmung notwendig war, steht für mich außer Frage. Was es nicht braucht, ist Panikmache, weil jetzt keine Firmung mehr so stattfindet, wie man sie gewohnt war. Es gibt Angebote für Jugendliche in den Pfarreien, die sie wahrnehmen sollen und können, und auch solche, die noch geschaffen werden – auch gemeinsam mit den Jugendlichen. Jugendliche und junge Erwachsene glauben; das steht außer Frage. Es gilt aber, passende Formen für sie zu finden, damit sie ihren Glauben auch ausleben können. Und dabei muss es egal sein, ob sie sich firmen lassen wollen oder nicht, ob sie schon gefirmt sind oder noch nicht. Es müssen Angebote für Jugendliche geschaffen werden, die sie am Glaubensleben teilhaben lassen.
Die Firmung bildet zusammen mit der Taufe und der Eucharistie für die katholische Kirche die Einheit der „Initiationssakramente“. Warum wird nur bei der Firmung am Alter und der Vorbereitungszeit gerüttelt?
Zunächst einmal muss man sagen, dass es auch für die Taufe eine Vorbereitung gäbe, die aber leider nicht von vielen Eltern in Anspruch genommen wird. Auch die Eucharistie hat eine Vorbereitung, wo man sicherlich in Zukunft auch noch an der einen oder anderen Schraube drehen wird. Bei der Firmung ist es wohl am leichtesten, weil es das am weitesten losgelöste von den anderen beiden Sakramenten ist. Schlussendlich muss man auch irgendwo einmal beginnen.
Wo kann man sich künftig über die Firmung informieren?
In der Seelsorgeeinheit Brixen wird es Informationsabende geben. Die Termine dazu werden über die Pfarreien organisiert und bekanntgegeben. Auch bei der Diözese kann man beim Amt für Schule und Katechese nachfragen. Irgendwann sollte es dann auch eine Homepage für die Seelsorgeeinheit geben, sofern wir das Geld dafür aufbringen; Sponsoren sind herzlich eingeladen, sich zu melden. Bis dahin geht der Weg des Informationsflusses nach wie vor ganz klassisch über die Pfarreien.
Wann wird es erstmals die „neue“ Firmung geben?
Es wird jetzt einige Zeit dauern, bis die „neue“ Firmung zum ersten Mal als Sakrament gefeiert werden wird, denn es braucht zunächst einmal die jungen Menschen, die in das Alter von 16 Jahren kommen. Das bedeutet, dass mancherorts, wo „vorsichtshalber“ bereits die Zehnjährigen mitgefirmt wurden, es länger dauern wird, bis dort die nächste Firmung stattfinden kann.
sabine.peer@brixner.info Leserbriefe an: echo@brixner.info
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