Ausgabe 14 || August 2009
Brunel GmbH | Airport City | Hermann-Köhl-Str. 1 | 28199 Bremen
Das Magazin für Technik und Management
Rita Meier und der Karabinerhaken >>
Der Fall „Comet“ Wie die Flugzeugfenster ihre heutige Form fanden
Digitaler Pilotenkoffer Aktuellere Informationen versprechen mehr Flugsicherheit
Datentransfer im Weltall Kommunikation per Laser 6018_08.2009
Brunel GmbH | Projektpartner für Technik und Management
impressum Ausgabe 14 || August 2009
Kopf ?
Zahl ?
REDAKTIONSANSCHRIFT Brunel GmbH, Redaktion „Der Spezialist“ Airport City, Hermann-Köhl-Str. 1, 28199 Bremen redaktion@der-spezialist.de, www.der-spezialist.de Telefon 0421 / 1 69 41-14
Erfolg.
HERAUSGEBER Brunel GmbH
VERANTWORTLICHER REDAKTEUR (V. I. S. D. P.) Drs. Johan Arie van Barneveld, RA, CEO, Brunel International N. V., General Manager Brunel GmbH
REDAKTION Dialog Public Relations, Bremen GfG / Gruppe für Gestaltung GmbH, Bremen
„Unsere Spezialistin“ Rita Meier Sowohl im Beruf als auch bei ihrem Hobby, dem Klettern, plant Rita Meier genau, wie sie ihren Aufstieg sichert. „Es kommt auf Strategie an, nicht auf Kraft, das gefällt mir“, sagt die Luft- und Raumfahrtingenieurin, die nach ihrem Abschluss an der RMIT University in Melbourne nach Deutschland kam. Nach Statio nen unter anderem bei Airbus arbeitet Rita Meier aktuell bei MTU Aero Engines in München als Projektingenieurin für Triebwerkskomponenten am Antrieb für die Boeing 787.
GESTALTUNG GfG / Gruppe für Gestaltung GmbH, Bremen
FOTOGRAFIE (COPYRIGHTS) Sofern nicht abweichend, alle Angaben als Bildnummern: GfG / Gruppe für Gestaltung (Titel, U 2), Brunel GmbH (S. 03), Dr. Martin M. Roth (S. 06), Panthermedia (01, 30, 33), Astrophysikalisches Institut Potsdam (AIP) (02–03), NASA (04, 06), Loránd Eötvös University Gothard Astrophysical Observatory (S. 10), dpa Picture-Alliance (05, 07–10, 13, 19), Dr. Michael Geffert (S. 12), Prof. Dr. Andrea Robitzki (S. 18), Biotechnologisch-Biomedizinisches Zentrum (BBZ) der Universität Leipzig (11–12), Sonia Carramiñana (S. 22), Deutsche Lufthansa AG (14–16), Axel Hess (S. 26), Fotolia (17–18, 26), Prof. Frieder Häfner (S. 29), GFZ Deutsches GeoForschungsZentrum (S. 30), Tesat-Spacecom GmbH & Co. KG (S. 32, 21–23), Hans Deumling (25), Litracon (27, 29), Montblanc, Japan (28), Áron Losonczi (S. 41), Dr. Stefan Linden (S. 42), Universität Karlsruhe (31–32)
Erfolg ist kein Glücksspiel: Erfolg ist eine Frage guter Vorbereitung – auf jede Anforderung flexibel, schnell und sicher reagieren zu können. Was Sie dafür brauchen, ist ein Partner, der Sie immer passend unterstützt. Setzen Sie Know-how und Kapazitäten flexibel und punktgenau ein – mit unserer Hilfe. Unsere hoch qualifizierten Ingenieure, Techniker und Informatiker machen Ihren Erfolg planbar. www.brunel.de
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ERSCHEINUNGSWEISE specialists | projects | management
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editorial
D e r S p e z i a l i s t
Ausgabe 14 || August 2009
Liebe Leserin, lieber Leser, mit seinem ersten Fernrohr konnte Galileo Galilei im Jahr 1609 bereits Sterne in 400 Lichtjahren Entfernung sehen. Heute fangen Astronomen mit modernen Teleskopen Einzelsterne in Galaxien ein, die einige Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt liegen. Eine enorme technische Entwicklung, die wir zum Anlass genommen haben, einmal genau nachzufragen, vor welchen Fragen und Herausforderungen die Astronomen heute stehen. Die größten Rätsel geben den Forschern die Dunkle Materie und die Dunkle Energie auf, die zusammen 95 Prozent des gesamten Universums ausmachen. Für beides gibt es bisher keine stichhaltige Erklärung. Im Interview verriet uns Dr. Michael Geffert, Koordinator der Deutschen Aktivitäten im Internationalen Astronomiejahr 2009, auf welchem Stand die astronomische Forschung in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern ist.
Aus dem Weltraum auf die Erde: Immer wieder werden Entwicklungen
aus der Luft- und Raumfahrt adaptiert und manche von ihnen, wie etwa der Klettverschluss an unserer Kleidung, sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Wussten Sie beispielsweise, dass der Strichcode, den wir auf allen Waren finden, ursprünglich von der NASA für den Space Shuttle entwickelt wurde? Mithilfe des Codes wurden Millionen von Einzelteilen der Raumsonden verwaltet. Heute findet diese Entwicklung weltweit Anwendung in der Warenlogistik. Ein weiteres Beispiel für die branchenübergreifende Nutzung von Kompetenzen und Synergien sind Faserverbundstoffe. Sie sollten ursprünglich Raumfähren leichter machen und gleichzeitig Kosten für den Transport ins Weltall senken. Mittlerweile sind sie in der Luftfahrt, Automobilindustrie und der Medizintechnik im Einsatz. Lassen wir uns überraschen, welche Branchen zukünftig noch folgen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen!
Mit herzlichen Grüßen
Drs. Johan Arie van Barneveld, RA, CEO, Brunel International N. V., General Manager, Brunel GmbH
der Spezialist
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kurz notiert
Die Sterne fest im Blick Was im Weltall passiert, fasziniert die Menschen schon immer. Die Astronomie strebt nach dem Verständnis des Universums als Ganzes, seiner Entstehung und seines Aufbaus. Schon vor 400 Jahren haben sich Forscher nicht aufhalten lassen, die Grenzen zum Nicht-mehr-Sichtbaren auszudehnen.
Meilensteine Von den Anfängen der Astronomie sind die Möglichkeiten, Himmelskörper, Materie und Strahlung im Weltall zu beobachten, in wesentlichen Schritten vorangegangen. Die Entwicklung zeigt Enormes: Hubble kann heute eine halbe Milliarde Mal so weit sehen wie damals Galileo mit seinem Fernrohr.
04
der Spezialist
inhalt
inhalt
D e r S p e z i a l i s t
Ausgabe 14 || August 2009
Seite 06
im fokus:
95 Prozent des Universums sind unsichtbar
Neue Teleskop-Technologie soll Licht ins Dunkel des Weltalls bringen
Seite
11
im gespräch:
UNser Platz im Universum
Dr. Michael Geffert zu Dunkler Energie, Dunkler Materie und Exoplaneten
Seite 14
History:
Der Fall „Comet“
Rätselhafte Flugzeugabstürze führten zu technischen Innovationen
› seite 14 Materialermüdung war die Ursache für eine mysteriöse Unfallserie der Comet. Die eckigen Fenster waren Ausgangspunkte der Rissbildung.
Seite 18
Forschung & Wissenschaft:
Mini-labor im 3-d-Biochip
Bio-Chip vereinfacht Tests bei der Entwicklung neuer Medikamente
Seite 22
technische projekte:
Digitaler Pilotenkoffer
Mit dem Electronic Flight Bag (EFB) zum „papierlosen Cockpit“
Seite 25
Brunel Kompetenz:
Wohin geht der Flug?
Brunel Spezialist Norbert Grottke über Trends in der Luft- und Raumfahrt
Seite 28
aus den branchen:
Energie aus der Erde
Das Potenzial von Geothermie sichert künftig effizienten Energiemix
Seite 32
technische projekte:
Datentransfer im Weltall
Lasertechnologie ermöglicht Datenübertragung zwischen Erde und All
› seite 22 Lufthansa plant noch in diesem Jahr, die gesamte Flotte mit dem PilotenAssistenzsystem EFB auszustatten.
Seite 36
mitarbeiter und karRiere:
Praxis und Promotion
Adrian Markgraf setzt auf Value Engineering und Target Costing
Seite 39
Querdenken:
Wände mit Durchblick
Eingebettete Glasfasern sorgen für lichtdurchlässigen Beton
Seite 42
Panorama:
Unsichtbarkeit durch optisches Metamaterial
Dr. Stefan Linden kommt dem Phänomen der Unsichtbarkeit auf die Spur
Termine impressum
› seite 32 Daten werden auf einen Laserstrahl aufmoduliert und so durch den luftleeren Raum übertragen.
Audio-Version unter: www.brunel.de/podcast
der Spezialist
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im fokus
95 Prozent des Universums sind unsichtbar Um endlich Licht ins Dunkel des Universums zu bringen, haben Forscher vom Astrophysikalischen Institut Potsdam das Multi-Aperture Spectrophotometer entwickelt. Mit einem zusätzlichen speziellen Glasfaserbündel machten sie das Calar-Alto-Observatorium in Spanien zum Teleskop mit dem derzeit weitesten Gesichtsfeld für 3-D-Spektroskopie. Text › Dr. Ralf Schrank
Die Wissenschaftswelt steht vor einem Rätsel:
müssen. Denn hier ist ein gutes Beobachtungs-
Obwohl Astronomen und Astrophysiker das Uni-
wetter ebenso gewährleistet wie minimale Stö-
versum seit vierhundert Jahren mit immer leis
rungen durch atmosphärische Turbulenzen. Das
tungsfähigeren Teleskopen und Analysemetho-
PMAS zerlegt ein Teleskopbild, das in mehrstün-
den durchmustern, sind bis heute gerade einmal
diger Belichtung gewonnen wurde, in mehrere
fünf Prozent der im Kosmos enthaltenen Energie
hundert Flächenelemente und gewinnt für jedes
und Masse (beide sind nach Albert Einstein äqui-
Element ein eigenes optisches Spektrum. Im Jahr
valent zueinander) direkt beobachtbar. Für sage
2004 wurde das Spektrometer noch weiterent
und schreibe 95 Prozent des Universums gibt es
wickelt. PMAS-Teamleiter Roth erläutert die In-
lediglich indirekte, zum Teil vage, zum Teil auch
novation: „PPAK steht für PMAS Fiber Pack. Ein
anders interpretierbare Hinweise. Weil diese 95
spezielles Glasfaserbündel vergrößert das Ge-
Prozent für die Astronomen unsichtbar sind, spre-
sichtsfeld so weit, dass jetzt mit einer einzigen
chen sie von Dunkler Energie und Dunkler Mate-
Belichtung eine ganze Galaxie vermessen werden
rie. Überall auf der Welt arbeiten Forschergrup-
kann.“ Mit dem PPAK-Faserbündel, das aus 381
pen mit Hochdruck daran, Licht in dieses Dunkel
Lichtleitfasern besteht, die in der Fokalebene (Bil-
zu bringen.
debene) des Teleskops eine Fläche von etwa fünf
Porträt Dr. Martin M. Roth vom Astrophysikalischen Institut Potsdam erforscht mit einer Arbeitsgruppe die Verteilung der Dunklen Materie in und um einzelne Galaxien.
mal fünf Millimetern bedecken, hat das Spektro-
Ganze Galaxien mit nur einer einzigen Belichtung vermessen
meter am Calar-Alto-Observatorium unter weltweit vergleichbaren Geräten derzeit das größte Gesichtsfeld. Genau das, was die Astromomen für
Am Astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP)
die Untersuchung von Dunkler Energie und Mate-
haben Dr. Martin M. Roth und seine Kollegen ein
rie brauchen.
weltweit einmaliges Instrument entwickelt, das
bei der Suche nach den dunklen Seiten des Uni-
wirklich verstehen will, muss zunächst auf einen
versums wertvolle Dienste leistet: Das Potsdam
Ausflug in die dunklen „Abgründe“ unseres Uni-
Multi-Aperture Spectrophotometer (PMAS) ist
versums gehen. Im Jahr 1998 machten zwei Grup-
seit 2001 am 3,5-Meter-Spiegelteleskop des Calar-
pen von Astronomen unabhängig voneinander
Alto-Observatoriums in Südspanien installiert.
eine beunruhigende Entdeckung: Präzise Analy-
Der Standort ist besonders geeignet, da Obser-
sen ferner Supernovä (Sternexplosionen) legten
vatorien möglichst in wüstenartigen Landstri-
den inzwischen auch von anderen Forschern
chen und hoch über den Meeresspiegel liegen
bestätigten Schluss nahe, dass sich das Univer-
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der Spezialist
Wer die Leistungsfähigkeit des Instruments
› 01 Die Astronomie gilt als die älteste Wissenschaft der Menschheit. Um das Universum zu erforschen, bedarf es gewaltiger Apparate, Teleskope und Satelliten.
› 01
› 02 sum seit einigen Milliarden Jahren immer schnel-
ausreicht. Und auch die Kinematik in einigen
ler ausdehnt. Bis dahin war anerkannte Lehr-
Galaxienhaufen lässt sich nur dann vernünftig
meinung, dass die Anziehungskraft der seit
interpretieren, wenn die Haufen viel mehr Masse
dem Urknall auseinanderdriftenden kosmischen
enthalten als sichtbar ist. Gerade diese große
Materie die Expansion allmählich verlangsamen
Menge an Dunkler Materie müsste die Expansion
müsse. Der Grund: Seit den Sechzigerjahren geht
des Weltalls aufgrund ihrer Gravitation eigent-
man davon aus, dass zusätzlich zur gewöhnlichen
lich nachhaltig stoppen. Seit 1998 jedoch steht
Materie, aus der auch wir Menschen bestehen, das
fest: Sie ist dazu nicht in der Lage. Es muss also
Universum noch eine andere, unsichtbare Mate-
eine gewaltige Gegenkraft geben, die stärker ist
rieart enthalten muss. Diese sogenannte Dun-
als die Schwerkraft und die Galaxien unerbittlich
kle Materie wird auf 85 Prozent der insgesamt im
auseinander treibt – die Dunkle Energie. Obwohl
Universum enthaltenen Materie geschätzt. Ihre
noch nicht direkt nachgewiesen, muss sie 70 Pro-
Zusammensetzung ist bis heute ungeklärt. Für
zent des Universums ausmachen. Zusammen mit
ihre Existenz aber gibt es überzeugende Belege.
25 Prozent Dunkler Materie hat die Astronomie
Die Umlaufgeschwindigkeit von Gaswolken und
damit heute für 95 Prozent des gesamten Univer-
Sternen in Spiralgalaxien, wie zum Beispiel in
sums keine stichhaltige Erklärung.
unserer Milchstraße, ist so groß, dass die beob
achtbare Materie allein zu ihrer Erklärung mit-
nen über ausgedehnte kosmische Raumberei
hilfe der bekannten Gravitationsgesetze nicht
che, also Galaxien und Galaxiehaufen, um das
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der Spezialist
Die Astronomen brauchen mehr Informatio
› 02 Das 3,5-Meter-Teleskop, das größte von drei Teleskopen im Calar-Alto-Observatorium in Spanien.
im fokus
Geheimnis dieser dunklen 95 Prozent zu lüften.
gungen bei der Beobachtung sehr ferner und
Und genau das ist mit der Potsdamer Erfindung
damit lichtschwacher Objekte hin: „Nach acht
möglich. PMAS ist ein Instrument zur 3-D-Spek-
Stunden Belichtung hat man für jedes Spektrum
troskopie, in der Fachwelt auch als Integral Field
oft nur einige Hundert Photonen, also Lichtteil-
Spectroscopy bezeichnet. Ein zweidimensionales
chen, gesammelt. Störungen durch energiereiche
Beobachtungsfeld wird in einige hundert Flä-
Teilchen oder durch elektronische Effekte, aber
chenelemente zerlegt. Das Licht jedes dieser soge-
auch fehlerhafte Pixel oder Zeilen des CCD, die
nannten Spaxel (Spatial Elements) wird simul-
bei der kommerziellen Digitalkamera überhaupt
tan in ein optisches Spektrum aufgespalten. Mit
keine Rolle spielen, können die Messergebnisse in
einer einzigen Belichtung erhalten die Astro-
unserem Fall dramatisch verfälschen.“ Eine leis
nomen am Calar-Alto-Observatorium auf diese
tungsstarke Software muss die Fehler erkennen
Weise einen dreidimensionalen „Datenwürfel“,
und die Daten korrigieren. Zum Schluss ordnet
der in der x- und y-Richtung die räumlichen und
der Computer die Spektren zum bereits beschrie-
in der -Richtung ( ist das Symbol für Wellenlän-
benen Datenwürfel an, den die Astronomen dann
gen) die spektralen Eigenschaften des beobachte-
ihrer speziellen Fragestellung entsprechend aus-
ten Feldes wiedergibt.
werten können.
Die Spektren reichen vom nahen Ultraviolett bis zum nahen Infrarot
PMAS/PPACK erleichtert astronomische Unter-
suchungen ganz erheblich, weil statt hunderten von stundenlangen Belichtungen eine einzige reicht. Vor allem für die beschwerliche Suche nach
Und so funktioniert das PMAS: Das Bild in der
der Dunklen Materie und der Dunklen Energie
Fokalebene des Teleskops wird vergrößert und auf
ist das hilfreich. So hat Prof. Marc A. W. Verheijen
ein zweidimensionales Linsenarray von kleinen,
von der Universität Groningen, der PMAS am AIP
quadratischen Linsen abgebildet, die jeweils das
als Postdoktorand mitentwickelt hat, die Dyna-
einfallende Licht in eine zugeordnete Glasfaser
mik von etwa fünfzig nahe gelegenen Spiralga-
einfädeln. Jede Faser repräsentiert also ein Spa-
laxien untersucht, um der Verteilung der Dun-
xel. Das Faserbündel führt das Licht zum eigent-
klen Materie in ihnen auf die Spur zu kommen.
lichen Spektrometer, für das das Unternehmen
Die Ergebnisse werden demnächst publiziert. Und
› 03 Optische Glasfasern leiten das Licht zu einem hoch effektiven Spektrographen. Jede einzelne Faser beobachtet einen Bildpunkt mit einem Durchmesser von 2,7 Bogensekunden am Himmel.
Carl Zeiss in Jena eigens eine lichtstarke Hochleistungsoptik entwickelt hat, die mehrere Hundert Spektren gleichzeitig erzeugen kann. Jedes Spektrum umfasst einen weiten Aufnahmebereich: vom nahen Ultraviolett (350 Nanometer) über den sichtbaren Bereich (400 bis 700 Nanometer) bis zum nahen Infrarot (1 Mikrometer). Die Spektren aller Spaxels werden auf einem hochempfindlichen CCD-Sensor (charge-coupled device) abgebildet – ein Siliziumchip mit 4096 mal 4096 Bildpunkten (Pixel), wie er auch in Digitalkameras Verwendung findet.
Die Auswertung der Datenflut, die der CCD-
Sensor liefert, ist ein Kunststück für sich. AIP-
› 03
Forscher Roth weist auf die besonderen Bedin-
der Spezialist
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im fokus
selbst irdische Fragestellungen könnten sich mit dem Potsdamer 3-D-Spektrophotometer lösen lassen. Dazu entsteht am AIP gerade im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung das Leibniz-Applikationslabor für faseroptische Spektroskopie und Sensorik. Das Labor wird den Technologietransfer aus der Grundlagenforschung in die Wirtschaft unterstützen. Denkbar ist zum Beispiel der Einsatz des 3-D-Spektrophotometers in der pharmakologischen Wirkstoffprüfung, bei der sich ein Raster aus Hunderten bis Tausenden von
› 04
Proben sehr schnell spektral prüfen ließe. Oder der Einsatz in der Krebsfrüherkennung innerer Organe: Anstatt Gewebeproben einzeln zu entnehmen und im Labor langwierig zu analysieren, ließen sich die endoskopisch gewonnenen Bil-
Wissenschaftler am AIP ein Instrument entwi-
der von vermeintlich malignem, also bösartigem
ckelt, das die entferntesten Regionen des Univer-
Gewebe per 3-D-Spektroskopie schnell spektral
sums genauso durchmustern kann wie winzige
untersuchen. Dunkle Energie und Krebsdiagnose:
Proben auf der Erde.
Mit der Entwicklung von PMAS/PPACK haben die
Geschichte und Grundlagen Die Astronomie zählt zu den ältesten Wissenschaften überhaupt. Bereits die frühen Hochkulturen (Babylonier, Ägypter, Chinesen) betrieben eine systematische Himmelsbeobachtung, um astronomische Ereignisse wie Sonnen- und Mondfinsternisse vorauszuberechnen, Kalender anzulegen und die Zeit zu bestimmen. Dabei galt die Erde als Mittelpunkt des Universums. Erst mit dem Beginn der modernen Naturwissenschaften nach 1500, vor allem mit Newtons Gravitationsgesetz, setzte sich ein heliozentrisches Weltbild durch. Die Erfindung des Fernrohrs leitete die kontinuierliche Entwicklung immer leistungsfähigerer Teleskope ein und erweiterte die Beobachtungsmöglichkeiten der Astronomen. Ein weiterer Meilenstein auf dem Wege zum heutigen Verständnis des Universums war Ende des 19. Jahrhunderts die Einführung der Spektroskopie in die Astronomie. Mit dieser „Zerlegung“ des Lichts in seine Farbbestandteile bzw. Wellenlängen konnten die Astronomen das von Himmelsobjekten ausgehende Licht jetzt auch zur Bestimmung ihrer chemischen Zusammensetzung nutzen. Anhand ihres charakteristischen Absorptions- und Emissionsverhaltens lassen sich Atome und Moleküle selbst in entfernten astronomischen Objekten bestimmen. Allerdings sind die Spektren umso mehr zu längeren Wellenlängen verschoben, je entfernter die Objekte sind. Hubble deutete diese Rotverschiebung 1929 als optischen Dopplereffekt*: Alle fernen kosmischen Objekte bewegen sich von uns weg. Er schloss auf eine Expansion des Universums seit einem theoretischen Anfangspunkt, dem Urknall (Big Bang). Damit begründete er das heute gültige Weltbild der Astronomie, das von einem Alter des Universums von 13,6 Milliarden Jahren ausgeht. * Den akustischen Dopplereffekt kennt jeder: Der Sirenenton eines Polizeifahrzeugs klingt tiefer, wenn es sich entfernt, das heißt, der Schall ist langwelliger. Der Effekt ist umso stärker, je schneller das Auto fährt.
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der Spezialist
Edwin Powell Hubble
› 04 Die mit PPAK gewonnenen Aufnahmen zeigen Galaxien in hervorragender Übereinstimmung mit direkten Bildaufnahmen, hier zum Beispiel M81 aus dem Palomar Bildatlas (POSS).
im gespräch
Unser Platz im Universum Der technische Fortschritt erlaubt es den Astronomen, mithilfe immer größerer Teleskope immer tiefer ins All zu sehen. Ihr Hauptaugenmerk richtet sich im „Jahr der Astronomie“ vor allem auf Dunkle Materie, Dunkle Energie und Exoplaneten. Dr. Michael Geffert im Gespräch über aktuelle Forschungsfragen und Erkenntnisse. Interview › Maren Winter
Der Spezialist: Herr Dr. Geffert, warum und für
Dr. Geffert: Da möchte ich drei Themen nennen:
wen ist das Wissen um das Weltall wichtig?
Dunkle Energie, Dunkle Materie und Exoplaneten. Bei der Forschung um die Dunkle Energie geht es
› 05 1609 präsentierte Galileo Galilei dem Dogen und den Senatoren von Venedig sein Teleskop, das mit konvexen und konkaven Linsen arbeitete.
Dr. Michael Geffert: In der Astronomie geht es
darum, die Anfänge des Universums zu verste-
hauptsächlich darum, dass der Mensch seinen
hen. Mit der Dunklen Materie wird versucht zu
Platz im Universum erkennen und verstehen soll.
erklären, warum Galaxien mit einer bestimmten
Das Wissen dient also in erster Linie den Men-
Geschwindigkeit rotieren. Damit ist es möglich,
schen. Auf die Wirtschaft hat die Astronomie kei-
die in der Galaxie befindliche Masse auszurech-
nen direkten Einfluss. Es besteht aber natürlich
nen. Die Exoplaneten behandeln die Frage, ob es
eine Wechselwirkung zwischen der Astronomie
außerhalb unseres Sonnensystems Planeten gibt,
und Unternehmen, die Technologien entwickeln,
die um weitere Sterne kreisen.
von denen die astronomische Forschung lebt. Der Spezialist: Mit welchen Forschungsfragen
Dunkle Materie bringt bek annte physik alische Gesetze an ihre Grenzen
beschäftigen sich die Astronomen derzeit intenDer Spezialist: Auf welchem Stand ist die Tech-
siv?
nik, die zur Beantwortung dieser Fragen eingesetzt wird? Dr. Geffert: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Astronomen eigentlich nie zufrieden sind mit der Technik, da sie immer mehr erreichen möchten. Generell besteht die Forschung aus einer Wechselwirkung zwischen Theorie und Beobachtung. Bei der Dunklen Materie beispielsweise ist die Rotation der Spiralgalaxien, also der Sternsysteme, die unserer Milchstraße ähneln, zu schnell, als dass wir sie auf herkömmliche Weise
› 05
verstehen können. Also handelt es sich bei der Dunklen Materie entweder um eine neue Form von Materie oder das von uns angewendete Gra-
der Spezialist
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vitationsgesetzt ist unzureichend, um die Rota-
Dr. Geffert: Lassen Sie mich diese Frage mit einem
tion zu verstehen. Um den wahren Grund heraus-
Vergleich beantworten: Galileo Galilei hatte ein
zufinden, müssen Bewegungen von Objekten am
Fernrohr mit einer Öffnung von ein paar Zentime-
Rande der Milchstraße gemessen werden. Hier ist
tern. Das größte Teleskop heute hat einen Spie-
die Technik auf einem guten Weg.
geldurchmesser von 16 Metern. Daher sind heute auch wesentlich schwächere Sterne zu sehen als
Der Spezialist: Eines der wichtigsten Werkzeuge
vor 400 Jahren; Galilei konnte Sterne in etwa 400
der Astronomie ist das Teleskop. Welche Weiten
Lichtjahren Entfernung beobachten, heute sehen
können damit heute erschlossen werden?
wir Einzelsterne in Galaxien, die einige Millio-
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der Spezialist
Porträt Der Physiker Dr. Michael Geffert ist am ArgelanderInstitut der Universität Bonn für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich und Koordinator der Deutschen Aktivitäten im Internationalen Astronomiejahr 2009.
im gespräch
nen Lichtjahre entfernt sind. Ein Lichtjahr, also
skop mit mehr als 42 Metern Spiegeldurchmes-
die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt,
ser realisieren zu können. Aber auch in Deutsch-
beträgt etwa 9,5 Billionen Kilometer.
land haben wir hochkarätige Forschungspersönlichkeiten, wie beispielsweise Professor Pavel
Deutschland ist im astronomischen Instrumentenbau führend
Kroupa, Experte auf dem Gebiet der Simulation von Sternsystemen, oder Professor Peter Schneider, der Gravitationslinsensysteme untersucht.
› 06 Hubble startete 1990 ins All. 2009 wurde das Teleskop mit neuen Instrumenten ausgestattet und soll in Betrieb bleiben, bis das Webb-Teleskop 2013 seine Nachfolge antritt.
Der Spezialist: Im Vergleich zu anderen Ländern:
Was die Technik betrifft, gehört Deutschland im
Wo steht die Technik und damit die astrono-
astronomischen Instrumentenbau zu den führen-
mische Forschung in Deutschland?
den Nationen.
Dr. Geffert: Das ist schwer zu sagen, denn die
Der Spezialist: Wo will die Astronomie hin und
astronomische Forschung ist heutzutage eher
welche technischen Fortschritte sind nötig, um
eine internationale Teamarbeit. Das sichtbarste
diese Ziele zu erreichen?
Zeichen für die Internationalität ist die ESO. Dieser Zusammenschluss aller europäischen Astro-
Dr. Geffert: Die Astronomie möchte nach der Ent-
nomen wurde gegründet, um technische Heraus-
deckung der ersten Exoplaneten nun solche fin-
forderungen, wie beispielsweise das größte Tele-
den, die unserer Erde gleichen und Sauerstoff in ihrer Atmosphäre haben. Ein weiteres Ziel ist, die Bildung der Sterne besser zu verstehen und die schnelle Rotation der Spiralgalaxien zu erklären. Durch ausgefeiltere Satellitenteleskope möchten die Astronomen zudem weiter entfernte Sternsysteme entdecken, um die Frühphasen des Alls zu verstehen. Um die angestrebten Ziele zu erreichen, sind zwar noch einige technologische Herausforderungen zu meistern. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir schon bald mit den ersten Erfolgen rechnen können.
› 06 der Spezialist
13
› 07
history
Der Fall „Comet“ Die Comet von de Havilland war das erste Düsenverkehrsflugzeug. Schnell, leise und mit großer Reichweite revolutionierte das Motorenkonzept die zivile Luftfahrt. 1954 stoppte eine Unglücksserie die Erfolgsgeschichte. Die folgenden Untersuchungen der Absturzursache setzten allerdings ebenfalls Maßstäbe bei der Unglücksermittlung, die bis heute gelten. Text › Bastian Korte
Am 27. Juli 1949, seinem 67. Geburtstag, beschenk-
2.300 Kilopond (ca. 22.555 Newton) Standschub.
te Sir Geoffrey de Havilland sich selbst. Der Mann,
Sie degradierte die bisher in der zivilen Luft-
der schon in jungen Jahren einsitzige Doppelde-
fahrt genutzten Kolbenmotorenmaschinen, häu-
cker mit 45 PS starken Motoren baute und gegen
fig unwirtschaftliche Weiterentwicklungen von
Ende des zweiten Weltkriegs für seine militä-
Militärflugzeugen, zum Verkehrsmittel zweiter
rischen Flugkonstruktionen zum Ritter des Empi-
Klasse. Denn sie war nicht nur doppelt so schnell
res ernannt wurde, schlug ein neues Kapitel der
und machte so Zwischenstopps überflüssig, sie
zivilen Luftfahrt auf: Die „DH 106 Comet“ hob
flog zudem wesentlich geräusch- und vibrations-
als erstes Düsenverkehrsflugzeug der Geschichte
ärmer. Gesteigerte Flughöhen zur Umgehung von
zum Jungfernflug ab. Bis kurz vor dem Roll-out
Unwettern und im Vergleich zu den komplizierten
stand die Entwicklung unter strengster Geheim-
Zündanlagen kürzere Wartungs- und Austausch-
haltung. Um den bis dato höchsten (12.000 Meter)
zeiten bildeten weitere Vorzüge.
und schnellsten (800 km/h) Flug einer Passagier-
maschine zu vollbringen, waren seit Entstehung
wollten jedoch nichts überstürzen. Sie setzten
der Idee 1943 bei der de Havilland Aircraft Com-
auf langwierige Tests in Hochgeschwindigkeits-
› 07 Der erste offizielle Linienflug der Comet: 36 Ehrengäste flogen von London nach Johannesburg. Mit zwei Zwischenstopps dauerte die Reise 23 Stunden und 30 Minuten. Eine Kolbenmotorenmaschine brauchte damals für die Strecke etwa 48 Stunden.
› 08
Geoffrey de Havilland und die Behörden
Sir Geoffrey de Havilland in seiner DH.60 Moth beim Kings Cup Air Race.
pany Ltd. im englischen Hatfield mehr als 25.000 Blaupausen entworfen worden.
Die Comet degradiert alle Kolbenmotorenmaschinen Die Technologie der Strahl- bzw. Düsentriebwerke, die im Krieg ihre wesentlichen Anfänge fand, rückte gegen Ende der Vierzigerjahre in den zivilen Fokus der Ingenieure. Diese Triebwerke saugen die Umgebungsluft an, verbrennen damit den Treibstoff und stoßen die heißen Verbrennungsgase als Antriebsstrahl wieder aus. Die Schubkraft wird durch eben diesen Rückstoß erzeugt. Die Comet verfügte über vier in die Trag-
› 08
flächenwurzeln integrierte Düsenturbinen mit je
der Spezialist
15
history
windkanälen sowie mit Versuchsträgern: Ältere
Behörden der Comet das Lufttüchtigkeitszeugnis.
Flugmodelle, die jeweils durch eine oder meh-
Die Produktion in Hatfield wurde bis auf Weiteres
rere Komponenten der geplanten Comet modi-
eingestellt.
fiziert wurden, um deren Verhalten in der Luft
Die Ursachenerforschung der Absturzserie, ins-
zu prüfen. De Havilland hatte zwei seiner drei
besondere des Unglücks vor Elba, setzte Maßstä
Söhne bei tödlichen Abstürzen in firmeneigenen
be für nachfolgende Untersuchungskommissio
Maschinen verloren und bestand daher auf die
nen. Die Trümmer wurden auf einer Fläche von
strengen Kontrollen. Am 22. Januar 1952 stellte
250 Quadratkilometern mühsam aus 200 Metern
das britische Ministerium für Zivilluftfahrt der
Meerestiefe geborgen. Dabei wurde erstmals über-
Comet schließlich das erste Lufttüchtigkeits-
haupt eine Unterwasserkamera eingesetzt. Wie
zeugnis für einen Düsenverkehrsflieger aus. Die
bei einem Puzzle konnten so rund 70 Prozent der
Fluggesellschaft British Overseas Airways Cor-
Maschine auf einem eigens dafür gefertigten Rah-
poration (BOAC) übernahm nach umfangreichen
men wieder zusammengesetzt werden. Zudem
Streckenerprobungsflügen mit insgesamt 1.500
wurde ein kompletter Comet-Rumpf im Royal Air-
Flugstunden die Comet in den Liniendienst. Das
craft Establishment, der britischen Luftfahrt-Ver-
Prestigeobjekt der nationalen Luftfahrt Großbri-
suchsanstalt, mit Bleisäcken gefüllt in einem flug-
tanniens wurde zunehmend zum Publikumsma-
zeugförmigen Wassertank versenkt. Dieser und
gneten: Landeerlaubnisse verzögerten sich bis-
auch die Tragflächen sollten so zyklischen Druck-
weilen, da das Rollfeld von Schaulustigen geräumt
schwankungen unter Realbedingungen ausge-
werden musste. Es schien, als wäre die Vormacht-
setzt werden. Nach 9.000 simulierten Flugstun-
stellung de Havillands und des gesamten Empi-
den brach der Rumpf auseinander, da im Bereich
res im zivilen Luftverkehr auf Jahrzehnte hinaus
eines Kabinenfensters ein Riss auftrat, der zu
manifestiert.
einem sofortigen Druckverlust führte. Nach der Reparatur riss die Kabine bei einem erneuten Test
rätselhafte Unfälle führen zum Startverbot für alle Comet-Maschinen
auf einer Länge von zwei Metern auf – wieder war die Kante eines Fensters der Ausgangspunkt. Ein Abgleich mit dem inzwischen geborgenen Rumpf
Doch ab Herbst 1952 ereignete sich eine Reihe
des Absturzes bei Elba bestätigte den Verdacht:
von technischen Problemen bis hin zu rätsel-
Materialermüdung, ein bis dato kaum bekanntes
› 09 „Die Maschine flog so ruhig, als würde man ein leises Auto in den Himmel steuern. Ich ertappte mich dabei, die Instrumente mit den Fingern anzutippen, um sicher zu sein, dass die Zeiger nicht klemmten“, sagte Geoffrey de Havilland jun., nach seinem ersten Flug mit einem düsenbetriebenen Flugzeug im Herbst 1943.
haften Unglücken. Rutschte die Comet in Rom zunächst nur über die Startbahn und blieb mit Totalschaden liegen, verliefen Unfälle in Pakistan, Indien und am 10. Januar 1954 in der Nähe der italienischen Insel Elba für alle Insassen tödlich. Bei letzterem schien die Maschine nach dem Start in der Luft schlichtweg zerplatzt zu sein. Die BOAC erließ daraufhin ein Startverbot. Da jedoch zunächst keine Indizien gesammelt werden konnten, schob man die Ursachen auf schlechtes Wetter oder Pilotenfehler und hob das Verbot am 24. März desselben Jahres wieder auf. Als 16 Tage später über dem Golf von Neapel ein weiterer Düsenjet während des Fluges explodierte, entzogen die
16
der Spezialist
› 09
history
› 10
› 10 Phänomen, war Schuld an den Abstürzen. Sie war
lichen Druckverlustes über jedem Sitz eine Atem-
dort aufgetreten, wo die größte strukturelle Belas
maske herunterfiel. Die Comet 4 schaffte 1958 als
tung herrscht, an rechtwinkligen Kanten. Die Ver-
erstes Passagierflugzeug den direkten Atlantik
nietung an den Fenstern forcierte das Problem,
überflug. Allerdings lief der US-Konkurrent Boeing
da sie mikroskopisch kleine Risse verursachte, die
den Briten den Rang als Marktführer ab und pro-
sich von Flug zu Flug ausdehnten.
fitierte dabei von den genannten technischen Neuerungen. Zudem entpuppte sich das Konzept
Obwohl technisch innovativ, scheitert die Comet kommerziell
„geringere Flugpreise, dafür mehr als doppelt so viele Passagiere pro Flug“ als wirtschaftlicher.
Ohne das Vertrauen der Fluggesellschaften
Vier Jahre nach dem letzten Flug einer Comet 1
und der Regierung wurde die Comet 4 ein Verlust-
stellte die Firma de Havilland die verbesserte
geschäft und de Havilland Aircraft Company Ltd.
Comet 4 vor. Die Neuauflage hatte eine Alumi-
von der Hawker-Siddeley-Gruppe aufgekauft. Der
nium-Kupfer-Legierung, die um 80 Prozent dicker
Markenname de Havilland wurde 1963, zwei Jahre
und belastbarer war, als die vorher genutzte Alu-
vor Sir Geoffreys Tod, aufgegeben. Die Comet 4
minium-Zink-Hülle. Zudem wurden die Düsen
allerdings wurde von einigen Airlines bis ins Jahr
vom Rumpfheck weggerichtet, um Korrosionen
1980 eingesetzt. Noch heute sind Weiterentwick-
durch Abgase zu vermeiden. Die markantesten
lungen des Jets in einer Reihe von Seeaufklärern
Innovationen waren aber die heute noch gän-
und Transportern der Royal Air Force im Einsatz.
gigen ovalen Fenster sowie die mit einem voll-
Obwohl kommerziell gescheitert, revolutionierte
automatischen Sauerstoffsystem ausgerüstete
dieser erste Düsenjet den Flugverkehr – er machte
Druckkabine, aus deren Decke im Falle eines plötz-
das Reisen komfortabler und erschwinglicher.
Der Erstflug der Comet 4 erfolgte am 27. April 1958. Als erstes Passagierflugzeug der Welt schaffte die Comet 4 den direkten Atlantiküberflug. Von diesem Typ wurden insgesamt 28 Exemplare gebaut.
Info Daten der Comet 1: Länge 28,35 m, Spannweite 35 m, Leitwerkshöhe 8,65 m, Besatzung 4 im Cockpit + 36 bis 44 Passagiere, Flügelfläche 187,2 qm, max. Startgewicht 47.617 kg (47 Tonnen), Reisegeschwindigkeit 790 km/h, max. Reiseflughöhe 12.800 m, Reichweite 2.414 km
der Spezialist
17
Forschung & Wissenschaft
Mini-labor im 3-D-Biochip Mithilfe eines neuen 3-D-Chips können die Wirkungen von Arzneien auf lebende dreidimensionale Zellverbände getestet werden – in Echtzeit. Durch verkürzte Entwicklungs- und Erprobungsphasen für neue Medikamente und individualisierte Therapien bei Krebs hoffen die Forscher nicht nur Kosten zu sparen, sondern auch die Heilungschancen zu verbessern. Text › Robert Uhde
Audio-Version unter: www.brunel.de/podcast
Der Weg zur Entwicklung eines neuen Medika-
gerfristige Entwicklungen über einen Zeitraum
ments ist lang und oftmals steinig. Denn viele der
von mehreren Tagen oder Wochen können mit
in Frage kommenden Wirkstoffkandidaten erwei-
dem Chip beobachtet werden, um so eventuelle
sen sich nach jahrelangen Tests als unwirksam
Nebenwirkungen von Wirkstoffen zu untersu-
oder gar als gesundheitsschädigend. Diese teu-
chen. Vollständig wird man Tierversuche jedoch
ren wissenschaftlichen Irrwege könnten bald der
nicht ersetzen können, da ein noch so komplexes
Vergangenheit angehören. Denn am Biotechnolo-
Zellkulturmodell nie die Situation wiedergeben
gisch-Biomedizintechnischen Zentrum (BBZ) der
kann, die im Organismus vorherrscht. Zwar ist
Universität Leipzig hat eine Forschergruppe unter
das Zulassungsverfahren noch nicht abgeschlos-
Leitung von Prof. Dr. Andrea Robitzki gemeinsam
sen. Doch die bisherigen Ergebnisse der seit 2004
mit Wissenschaftlern der Technischen Universität
laufenden Forschungsarbeit sind derart überzeu-
Ilmenau einen neuartigen 3-D-Chip entwickelt.
gend, dass bereits jetzt erste Industriekooperatio-
Aufbauend auf bestehende Systeme zur bioelek-
nen bestehen.
trischen Auswertung von Zellkulturen, die lediglich für planare Gewebeschnitte geeignet waren, lässt sich damit erstmals in Echtzeit die Wirkung
In ein bis zwei jahren könnte der Chip zum klinischen Alltag gehören
von Arzneimitteln auf lebende dreidimensionale Zellverbände testen. Der Vorteil: Diese bilden die
Einsatzmöglichkeiten bestehen beispielsweise im
Reaktionen eines Organismus optimal ab.
Rahmen einer individualisierten Therapie – ins-
„Mit dem neuen Chip können neue Substan-
besondere in der Onkologie: „Bei jedem Tumor
zen nicht nur wesentlich schneller, sondern
stehen Ärzte vor der Aufgabe, das Medikament
auch deutlich kostengünstiger und zuverlässi-
mit den höchsten Erfolgschancen auszuwählen“,
ger als bislang getestet werden“, erläutert Prof.
so Prof. Dr. Robitzki. „Das ist oftmals sehr schwie-
Dr. Andrea Robitzki die Idee hinter der Weiter-
rig, weil jeder Tumor ganz individuell auf unter-
entwicklung. Denn wo herkömmliche Metho-
schiedliche Wirkstoffe reagiert.“ Mit dem Chip
den wie die mikroskopische Untersuchung von
ließen sich deutlich verbesserte Heilungschancen
Gewebeschnitten Wochen brauchen, ermöglicht
erzielen, denn mit ihm stünde ein sicheres Vorher-
der neue Chip innerhalb von Sekundenbruchtei-
sage-Instrument für eine individuell optimierte
len Ergebnisse. Außerdem ließe sich mit ihm die
Therapie und Medikation zur Verfügung. Der der-
Anzahl von Tierversuchen in der Medikamenten-
zeitige Prototyp ist nur im Labor einsetzbar. Zur-
entwicklung deutlich reduzieren. Denn auch län-
zeit wird aber daran gearbeitet, die Neuentwick-
18
der Spezialist
Porträt Prof. Dr. Andrea Robitzki – Direktorin des Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrums (BBZ) an der Universität Leipzig. Ihr Forschungsinteresse konzentriert sich auf den Bereich der biotechnologischen Prozesstechnik und Biohybrid-Technologie.
› 11 lung zum einen in der pharmazeutischen Indus-
Der rund fünf mal fünf Zentimeter große, an der TU › 11
trie zur Medikamentenentwicklung und zum an-
Ilmenau gefertigte Chip funktioniert wie ein kom- Der 3-D-Biochip misst 49
deren in der Klinik zur Diagnostik einsetzen zu können. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
plettes Mini-Labor. Auf seiner Oberfläche finden sich wird hier im Reinraum der fünfzehn unterschiedlich große Vertiefungen, soge- Universität Leipzig unter
„Aber wir hoffen, den Chip in ein bis zwei Jahren
nannte „Kavitäten“, in die sich mit einer Pipette die
im Klinikalltag verwenden zu können“, so Prof. Dr.
jeweiligen Gewebeproben und Wirkstoffe einbrin-
Robitzki.
gen lassen. Um testen zu können, wie der Zellver-
mal 49 Millimeter und Gelblicht getestet.
› xx der Spezialist
19
Forschung & Wissenschaft
› 12 Wissenschaftler erhoffen sich mit dem 3-D-Chip nicht nur die Entwicklungszeit bis zur Marktreife eines Medikamentes zu verkürzen, sondern auch die Zahl der Tierversuche zu reduzieren.
band auf den Wirkstoff reagiert, wurden an den
sinkt. Bei einem gesunden Zellverband würde das
Außenwänden der Kavitäten jeweils vier Elektro-
gleiche Ergebnis andererseits eine hohe toxische
den integriert, die Wechselstrom durch die Gewe-
Wirkung des Stoffes anzeigen.“ Daneben kann
beprobe leiten. Mit hochempfindlichen Messge-
der Chip auch Veränderungen der Wachstumsge-
räten, die den vorhandenen elektrischen Wider-
schwindigkeit diagnostizieren. „Außerdem lässt
stand innerhalb der Probe ermitteln, können die
sich mit ihm erkennen, wie tief ein Wirkstoff in
Forscher jede noch so winzige Veränderung des
ein Gewebe eindringt und welche Dosierung
Stromflusses aufzeichnen. „Daraus lässt sich dann
nötig ist“, so Prof. Dr. Robitzki. Je nach gewünsch-
ein individueller ‚elektronischer Fingerabdruck‘
tem Effekt lassen sich anschließend gezielte
ermitteln, der konkrete Rückschlüsse auf die Wir-
Modifikationen des Wirkstoffes vornehmen.
kungsweise der jeweiligen Substanz ermöglicht“,
erklärt Prof. Dr. Robitzki das Prinzip. „Tötet der
Goldelektroden mithilfe eines nasschemischen
Wirkstoff zum Beispiel untersuchte Krebszellen
Ätz- und Softlithographie-Verfahrens gefertigt.
ab, dann werden die Zwischenräume im Gewebe
Die technische Herausforderung liegt dabei ins-
größer, sodass der Strom leichter fließen kann
besondere in der Fertigung der Kavitätenstruk-
und in kürzester Zeit der elektrische Widerstand
turen im Mikrometerbereich (derzeit 200 bis
Der Prototyp des Chips wird aus Silizium und
› 12 20
der Spezialist
Forschung & Wissenschaft
400 µm) sowie in der Aufbringung der Elektroden und Leiterbahnen an diesen dreidimensionalen Strukturen. Bei Silizium können die Forscher auf zahlreiche Erfahrungen aus der herkömmlichen Chipfertigung zurückgreifen, Gold besitzt eine sehr gute elektrische Leitfähigkeit, ist chemisch beständig und gleichzeitig biokompatibel.
Die untersuchten Gewebeproben gewinnen
die Forscher aus präparierten Tierorganen oder aus adulten Stammzellen. Diese stammen aus Gewebeproben von erwachsenen Menschen, die im Labor dazu angeregt werden, sich in einen spezialisierten Zelltyp zu entwickeln. Jede der Proben ist lediglich einen halben Millimeter klein, kann aber bis zu hunderttausend Zellen umfassen. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt über ein intern entwickeltes Softwareprogramm. Dies generiert aus den erfassten Daten ein Profil, das sich dann über eine weitere Software analysieren und interpretieren lässt. Um die gesamte Software selbst entwickeln zu können, ist das zwanzigköpfige
› 13
Team nicht nur mit Biochemikern, sondern interdisziplinär auch mit Ingenieuren und Informatikern besetzt.
Erweiterte Systeme ermöglichen kostengünstige Reihentests
kungen testen.“ Inzwischen haben die Forscher damit begonnen, erweiterte Systeme mit mehreren Chips zu entwickeln, um so kostengünstige
Der Chip ist generell für sämtliche Gewebe geeig-
Reihentests zu ermöglichen. Bislang kostet ein
net. Bislang haben die Forscher Wirkstoffe gegen
Chip, der für mehrere hundert Messungen ver-
den gefährlichen Schwarzen Hautkrebs unter-
wendet werden kann, zwischen 200 und 500 Euro.
sucht. Gemeinsam mit einem Partner aus der
Durch neue Materialien wie Glas oder Kunststoff,
Industrie wurde außerdem ein Wirkstofftest für
mehr Kavitäten je Chip sowie neue Herstellungs-
Herzmuskelzellen begonnen. Die dabei verwen-
verfahren sollen die Kosten noch reduziert wer-
deten Kulturen bestehen aus mehreren tausend
den.
› 13 Am BBZ der Universität Leipzig werden unter Gelblichtbedingungen 3-D-Biochips für die Diagnostik u. a. von Tumorgewebe vorbereitet.
Herzmuskelzellen, die eine funktionelle Einheit bilden und daher synchron ein- bis zweimal je Sekunde kontrahieren. „Durch die elektrophysiologische Aufzeichnung der Kontraktionen simulieren wir also den gesamten Herzmuskel“, erklärt Prof. Dr. Robitzki. „So können wir zum Beispiel Wirkstoffe gegen Herzrhythmusstörungen zuverlässig auf ihre Wirkungen und Nebenwir-
der Spezialist
21
technische projekte
Digitaler Pilotenkoffer Das EFB Class 2 bietet Lufthansa-Piloten künftig nicht nur digitale Navigationskarten, Handbücher und Checklisten, sondern wird direkt per Docking-Station mit den Flugzeugsystemen verknüpft. Schnellerer Zugriff auf wichtige Flugzeugdaten kann vor allem in Notsituationen helfen, Abläufe zu optimieren. Text › Jutta Witte
Auf dem Weg zum „less paper cockpit“ stellt das
Fluges einen schnellen Zugriff auf alle Informati-
Electronic Flight Bag (EFB) eine entscheidende
onen – auch aus dem Flugzeug selbst ermöglicht.
Technologie dar. Denn für den Flug notwendige
Flugkapitän und Copilot stehen je ein im Cock-
Daten, die früher in Papierform vorlagen, können
pit fest installierter 10,4 Zoll großer Touchscreen-
mithilfe des EFB digitalisiert, auf einem Laptop
Monitor und eine Docking-Station zur Verfügung,
gespeichert und abrufbar gemacht werden. Mit
an der sie ihren Laptop anschließen. Er enthält die
dem EFB Class 2 haben Lufthansa und Lufthansa
gleichen Informationen wie das Workpad aus der
Systems nun ein weltweit einzigartiges System
ersten EFB-Generation, wird aber mit dem Avi-
entwickelt, das das Fliegen ökonomischer und
onic- und Flugzeugsystem verknüpft und kann
noch sicherer machen soll.
Informationen aus dieser Quelle, etwa Positionsdaten oder Triebwerksleistung während Start und
„Ein Ganz entscheidender Beitrag zur Flugsicherheit“ „Wir wollen die digitale Zukunft der Fliegerei aktiv mitgestalten.“ Jens Ritter, Airbus-A340-Pilot und bei Lufthansa verantwortlich für die Ent-
Porträt Sonia Carramiñana studierte in Barcelona Industrial Engineering. Schon während des Studiums sammelte sie Praxiserfahrungen und schrieb 2001 ihre Diplomarbeit an der Universität Kaiserslautern. Bei Brunel ist sie seit 2003.
wicklung und Einführung des EFB Class 2, möchte Computer und den damit schnellen Zugriff auf aktuelle Daten im Cockpit nicht mehr missen. Seit acht Jahren nehmen Lufthansa-Piloten bereits ein Pilot’s Workpad als EFB Class 1 mit an Bord. Darauf sind Navigationskarten, Handbücher und Checklisten gespeichert. Doch das System hat einen Nachteil: Wie die elektronischen Geräte der Flug-
› 14
gäste muss das Workpad während des Starts und der Landung ausgeschaltet und fest verstaut werden.
Hier setzt die neue Technologie an. Für das EFB
Class 2 hat Lufthansa Systems eine Software entwickelt, die dem Piloten während des gesamten
22
der Spezialist
› 14
Schnelle Entscheidungen können Leben retten: Gerade in kritischen Situationen sind digitale Informationen dem Kartenmaterial auf Papier überlegen.
technische projekte
› 15 › 15 Digitale Flugkarten auf 10,4-Zoll-Touchscreens: Das Electronic Flight Bag (EFB) bietet schnellen Zugriff auf wichtige Informationen. Die neue Generation soll auch technische Echtzeitdaten der Flugzeugtechnik liefern.
Landung des Flugzeuges, übernehmen und weiter
Aus ihren früheren Tätigkeiten in der Automobil
verarbeiten.
industrie bringt die Brunel Mitarbeiterin Erfah-
rung im Management neuer Technologien mit.
Die lückenlose Informationsbeschaffung über
die EFB-Plattform spart Blättern in Unterlagen, beschleunigt Abläufe und Entscheidungen im Cockpit und bietet vor allem in Ausnahmesituati-
Gefragt sind Flexibilität, Ausdauer und analytische Fähigkeiten
onen Vorteile. Muss ein Flugzeug zum Beispiel zu einem anderen Flughafen ausweichen, reicht ein
Seit Mai 2008 führt die Maschinenbauingenieu-
Doppelklick auf den Touchscreen, um sich einen
rin die Teilbereiche des Projektes zusammen. Das
Überblick über die infrage kommenden Flughä-
sind beispielsweise die Flugzeugkonfiguration,
fen zu verschaffen – nebst allen wichtigen Infor-
die IT-Spezifikation und das Training der Piloten.
mationen: Ist die Landebahn lang genug, ist der
„Ich bin bei der Lufthansa in eine neue Welt ein-
Airport geöffnet, gibt es ein Krankenhaus in der
getaucht“, berichtet Carramiñana. Am Anfang
Nähe, wie sind die Abfertigungsmöglichkeiten?
glich dies angesichts der ungewohnten High-
„Es geht hier“, betont Jens Ritter, „um einen ganz
tech-Inhalte einem Sprung ins kalte Wasser. „Ich
entscheidenden Beitrag zur Flugsicherheit.“
musste mich sehr schnell einarbeiten“, sagt sie.
Für die Koordination des Projekts bei der Luft-
hansa Passage ist Sonia Carramiñana zuständig.
Mehr als 300 sogenannte „Meilensteine“, zum
Beispiel die Ausstattung der einzelnen Flotten
der Spezialist
23
technische projekte
oder der Simulatoren, passt die Maschinenbau-
A320-Familie, A330/A340 sowie Boeing 747 und
ingenieurin in Zusammenarbeit mit Jens Ritter
737 für das EFB Class 2 freigeschaltet werden.
laufend an und entwickelt diese weiter: „Das ver-
langt Flexibilität, Ausdauer, analytische Fähig-
zernweit einheitliche Software und Technik zur
keiten und viel Erfahrung im Projekt- und Risiko-
Verfügung, die flexibel und unabhängig vom
management.“ Zum Kernteam des Projekts gehö-
Flugzeughersteller sei, sagt Jens Ritter. Und die
ren 19 Mitarbeiter ganz unterschiedlicher Diszi
Produktentwicklung geht weiter. Nach Einschät-
plinen. Sonia Carramiñana sorgt dafür, dass alle
zung des Lufthansa-Piloten sind in Zukunft noch
„die gleiche Sprache sprechen“, führt das Know-
viele Applikationen denkbar: Daten, die den tech-
how von Piloten, Ingenieuren und Fachleuten
nischen Zustand einer Maschine dokumentieren
zusammen und moderiert zwischen ihnen.
oder ein System, das den Flugweg ständig über-
Mit dem EFB Class 2 stehe Lufthansa eine kon-
Info Es gibt drei EFB-Systeme: Class 1 ohne Verbindung zum Flugzeug, Class 2 mit temporärer Verknüpfung mit den Flugzeugsystemen und flexibler, herstellerunabhängiger Konfiguration und die Class 3, die vom Flugzeughersteller als Teil der Avionic fest eingebaut wird und nur begrenzt konfigurierbar ist.
wacht, aktualisiert und Verbesserungsvorschläge
In Zukunft sind weitere Anwendungen für das EFB denkbar
anbietet. Der Einsatz in weiteren Flugzeugtypen wie dem A380 ist bereits in Planung. „Diese Plattform“, sind sich Pilot und Ingenieurin einig, „ist
Die gebürtige Spanierin sorgt auch dafür, dass
ein technisches Wunderwerk.“
der Kontakt zu anderen externen Partnern wie Zulieferern reibungslos läuft. „Es ist sehr spannend, bei einem Projekt von derart zentraler Bedeutung beteiligt zu sein“, betont die Managerin. Im Laufe dieses Jahres sollen die Flotten Airbus
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› 16 24
der Spezialist
Am EFB-Infostand: (v.l.n.r.) Peter Hagenlüke, Manager Product Development Lufthansa Systems, Sonia Carramiñana, Gesamtplanung und Überwachung EFB, Jens Ritter, Head of Projekt EFB Lufthansa, Martin Mildner, Redakteur vom Magazin „Lufthanseat“, interne Kommunikation und Dokumentation, Oliver Plogmann, Director EFB Program, Lufthansa Systems.
Brunel Kompetenz
Wohin geht der Flug? In der Luft- und Raumfahrtbranche wird langfristig geplant. Moderne Flugzeuge bleiben bis zu 30 Jahre im Dienst. Trotzdem zeichnen sich klare technische Trends beim Bau und wirtschaftlichen Betrieb in der Luft und am Boden ab. Brunel Spezialist und Niederlassungsleiter Norbert Grottke im Gespräch. Interview › Claudia Schulz
Der Spezialist: Herr Grottke, welche Themen sind
onen. Die Airlines konzentrieren sich auf die Opti-
derzeit in der Luft- und Raumfahrtbranche
mierung von Wartung sowie die Instandsetzung.
aktuell?
So schreiben moderne Wartungsprogramme exakt vor, was welcher Techniker wie durchzufüh-
Norbert Grottke: In der Luftfahrt sind das ganz
ren hat. Dabei gibt es nicht ein Programm für alle,
klar die Themen Sicherheit und Effizienz in Flug-
denn jede Airline setzt ihre Flugzeuge anders ein.
betrieb und Wartung. Sicherheit zum einen
Flugstrecken und -zeiten, klimatische Bedin-
bezüglich der Fluggeräte selbst, aber auch in Hin-
gungen oder Frachtarten belasten die Teile unter-
blick auf Gefahren von außen, zum Beispiel durch
schiedlich. Individuelle Programme erhöhen die
terroristische Anschläge. Der effiziente Einsatz
Sicherheit. Außerdem senken sie die Instandhal-
der Fluggeräte ist die Voraussetzung für den wirt-
tungskosten.
schaftlichen Flugzeugbetrieb. Technisch sind die Maschinen heute so ausgereift, dass sie 30 Jahre und länger fliegen können. Darum ist es wichtig,
Weniger Abgase durch leichtere Werkstoffe und neue Triebwerke
dass sich technische Neuerungen nachrüsten lassen. In der Raumfahrt stehen derzeit die Bereiche
Der Spezialist: In welche weiteren Bereiche flie-
Robotik sowie Datenaustausch via Laser ganz
ßen derzeit die Investitionen der Airlines und
oben auf der Agenda. Beides sind Innovationen,
Flugzeugbauer?
die uns Menschen die Arbeit im Weltall erleichtern. Roboter sollen beispielsweise Satelliten
Norbert Grottke: Hier spielt die Emission von
reparieren können, während Lasertechnologien
Schadstoffen und Lärm eine wichtige Rolle. Der
es ermöglichen, Daten auch über große Distanzen
Schadstoffausstoß soll bis 2020 um 50 Prozent
schnell und präzise zu übertragen.
gesenkt werden. Dieses Ziel stellt aus meiner Sicht eine große Herausforderung dar, ist aber erreich-
Der Spezialist: Welche Lösungswege werden sei-
bar, zum Beispiel mit sparsameren Triebwerken
tens der Airlines als auch der Flugzeugherstel-
und dem Einsatz leichterer Werkstoffe. Neuar-
ler zur Optimierung von Sicherheit und Effizienz
tige Faserverbundwerkstoffe und veränderte Bau-
beschritten?
formen reduzieren bereits das Gewicht der Flugzeuge, sodass sie weniger Treibstoff verbrauchen.
Norbert Grottke: Hersteller wie Zulieferer erfor-
Auch in das Interieur wird investiert, ist es doch
schen und entwickeln neue Bauteile und Funkti-
das Aushängeschild jeder Airline und neben dem
der Spezialist
25
Brunel Kompetenz
Bordservice für die meisten Fluggäste einziges
auf Entwicklungen. Dadurch können wir abstra-
Unterscheidungsmerkmal. Darum konzentrieren
hieren und neue Möglichkeiten frühzeitig erken-
sich die Airlines besonders auf die Innengestal-
nen. Das bestätigt sich auch in der langjährigen
tung ihrer Flugzeuge – von der Bordküche über
Zusammenarbeit mit Kunden wie der Lufthansa.
die Sitze bis zur Audio/Video-Ausstattung. Der Spezialist: Wie beteiligt sich Brunel an sol-
Technologische Innovationen werden Branchenübergreifend eingesetzt
chen Entwicklungen? Der Spezialist: Lassen sich Innovationen, die für Norbert Grottke: Wir sind Dienstleister und Pro-
die Luft- und Raumfahrt entwickelt wurden, auf
jektpartner für die Airlines. Bei der Lufthansa
andere Branchen übertragen?
Technik sind wir beispielsweise für das Enginee-
Porträt Norbert Grottke absolvierte sein Maschinenbaustudium im DAA Technikum Würzburg. Seit 2002 leitet der Luft- und Raumfahrtexperte die Brunel Niederlassung in Frankfurt.
26
der Spezialist
ring bestimmter Flugzeugtypen verantwortlich.
Norbert Grottke: Sicher, gerade die neuen Faser-
Und bei der Entwicklung und Einführung des
verbundwerkstoffe haben in Sachen Festigkeit
Electronic Flight Bag (EFB), einem brandneuen
ähnliche Eigenschaften wie das bislang verwen-
Produkt der Lufthansa und ihrer IT-Tochter Luft-
dete Blech, sind aber wesentlich leichter. Darum
hansa Systems, haben wir das Projektmanage-
sind sie auch für Fahrzeuge und andere Geräte
ment übernommen. Regelmäßige Schulungen
interessant, beispielsweise in der Medizintechnik.
und jahrelange Erfahrung qualifizieren unsere
Denken wir zudem an die Elektronik. Sie hilft dem
Mitarbeiter für diese Aufgaben. Unsere Spezia-
Autofahrer und Schiffslenker ebenso wie dem
listen arbeiten sich permanent in neue komplexe
Piloten. Nicht zufällig sind es oft dieselben Her-
Sachverhalte ein und haben einen anderen Blick
steller, die Elektronik und Software für Automo-
Brunel Kompetenz
› 17 bile, Flugzeuge und Medizintechnik gleicherma-
Norbert Grottke: Die größten Herausforderungen
ßen anbieten.
liegen aus meiner Sicht am Boden. Mit wachsendem Passagier- und Frachtaufkommen wachsen
Der Spezialist: Die Luftfahrtbranche ist nicht son-
auch die Flughäfen. Dennoch soll die Zeit zwischen
derlich schnelllebig. Können Sie uns trotzdem
Landung und erneutem Start einer Maschine so
eine Einschätzung zu mittel- und langfristigen
kurz wie möglich sein. Das macht den Bodenver-
Entwicklungen geben?
kehr zu einer logistischen, technischen und orga-
› 17 Die Koordination und Logistik am Boden ist eine der großen Herausforderungen in der Luftfahrt.
nisatorischen Herausforderung: Wie lässt sich das Norbert Grottke: Eine wichtige Entwicklung ist
Ein- und Auschecken beschleunigen? Wie regelt
die zunehmende Flexibilisierung der Flugzeuge.
man den zunehmenden Verkehr von Fracht-
So wird es immer einfacher, sie von einer Passa-
und Sonderfahrzeugen, um Verzögerungen oder
gier- zur Frachtmaschine umzurüsten und zurück.
Unfälle zu vermeiden? Antworten geben Techno-
Das gibt den Airlines mehr Spielraum und somit
logien wie RFID (Radio Frequency Identification)
weniger Auslastungsprobleme bei wechselnden
und Verkehrstelematik. Technologien sind aller-
Bedingungen. Auch die rasante Entwicklung elek-
dings nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte
tronischer Bauteile und Funktionen verspricht
sind und bleiben die Menschen mit ihrem Wissen,
Innovationen beispielsweise für Pilotenassistenz,
ihrer Erfahrung, Verantwortung und Weitsicht.
Umfeldsensorik oder Diagnose.
Technik ist gut und notwendig, aber letztlich ist sie dafür da, die Menschen zu unterstützen.
Der Spezialist: Welche Herausforderungen gilt es in naher Zukunft zu meistern – insbesondere für die Luftfahrt?
der Spezialist
27
› 18
aus den branchen
Energie aus der Erde Geothermie wird oberflächennah bereits effizient zur Wärmeversorgung von Gebäuden genutzt. Für die Stromerzeugung mit Erdwärme müssen jedoch wasserführende Gesteinsschichten in großen Tiefen angezapft werden. Sie zu finden und nutzbar zu machen, ist aufwändig, kann den Energiemix jedoch langfristig und nachhaltig verändern. Text › Jan Meyer-Veden
Porträt Prof. Frieder Häfner, Forschungsprojektleiter für Erdwärmegewinnung, Erdgasgewinnung und CO2-Speicherung im Untergrund, ist seit 1992 Universitätsprofessor für Geoströmungs- und Lagerstättentechnik an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg.
›18 Geothermie ist ein Zukunftsmarkt und zugleich wirksames Instrument für den Umgang mit der globalen Erderwärmung. Theoretisch kann diese langfristig nutzbare Energiequelle den weltweiten Energiebedarf für über 100.000 Jahre decken.
Kalte Füße? Dann führen Sie sich die folgenden
etabliert und kann wirtschaftlich eingesetzt wer-
Zahlen einmal richtig zu Gemüte: 6.371 Kilome-
den. Haupteinsatzgebiet ist die direkte Wärme-
ter unter uns herrschen vermutlich Temperaturen
versorgung von Privathaushalten.“ In einem sol-
von bis zu 6.500 Grad Celsius. Damit nicht genug:
chen Heizsystem zirkuliert ein Wärmeträger-
99 Prozent des Planeten, auf dem Sie gerade ste-
medium, meist ein Wasser-Glykol-Gemisch, zwi-
hen, sind heißer als 1.000 Grad Celsius. Immer
schen einer energieaufnehmenden Vorrichtung
noch kalt? Na gut: Selbst von jenem verbleiben-
und dem eigentlichen Heizkörper. Aufgenom-
den Rest sind 90 Prozent heißer als 100 Grad Cel-
men wird die Wärme entweder direkt unter der
sius. Und: In 1.000 Metern Tiefe ist es beinahe
Erdoberfläche von einem flächenintensiven Erd-
überall konstant zwischen 20 und 50 Grad warm.
wärmekollektor oder von einer wenig flächen-
Dass dennoch gut die Hälfte der weltweit erzeug-
intensiven Erdwärmesonde, die in etwa hundert
ten Primärenergie zum Heizen verwendet wird,
Metern Tiefe eingebracht wird.
erscheint in diesem Zusammenhang paradox. Zumal diese zu über 80 Prozent aus der Verbrennung von Erdöl, Erdgas oder Braunkohle gewon-
Erdwärme steht unbegrenzt und kostenlos zur Verfügung
nen wird – Brennstoffe, deren Vorräte begrenzt sind.
In diesen Tiefen herrschen zwischen acht und
Warum also nicht auf das immense Energiepo-
zwölf Grad Celsius. Daher muss mittels einer Wär-
tenzial zurückgreifen, das unter unseren Füßen
mepumpe, also unter Einsatz elektrischer Ener-
schlummert? Gegenüber anderen Ansätzen zur
gie, die Temperatur des Trägermediums zunächst
Nutzung erneuerbarer Energien wie Photovoltaik
auf ein höheres Niveau angehoben werden. Üb-
oder Windkraft hat die Geothermie, also die Wär-
licherweise produzieren derartige Heizsysteme
meenergie aus dem Erdinneren, den Vorteil, dass
eine Vorlauftemperatur um die 60 Grad Celsius.
sie uns in gleichbleibender Menge und unabhän-
Sie sind in der Einrichtung nur geringfügig teurer
gig von Jahreszeiten und Witterung zur Verfü-
als herkömmliche Systeme, dafür aber im Betrieb
gung steht. Genutzt werden kann sie auf unter-
trotz des Stromverbrauchs deutlich günstiger.
schiedliche Weise: „Man kann die Wärme natür-
Eine Kilowattstunde (kWh) Nutzwärme lässt sich
lich direkt zu Heizzwecken verwenden“, erklärt
schon für 3,5 Eurocent erzeugen, was gegenüber
Prof. Frieder Häfner von der TU Freiberg. „Diese
erdgas- bzw. erdölbefeuerten Systemen Einspa-
sogenannte oberflächennahe Geothermie ist die
rungen von bis zu 50 Prozent bedeuten kann.
unproblematischere Nutzungsart. Die Technik ist
Schließlich steht der Rohstoff, also die Erdwärme,
der Spezialist
29
aus den branchen
Porträt Dr. Ernst Huenges ist Dipl.-Ing. für Allgemeine Verfahrenstechnik und Diplom-Physiker mit Promotion an der Universität Bonn. Er ist Sprecher des Geothermieforschungsprogrammes der HelmholtzGemeinschaft und Direktor des Internationalen Geothermiezentrums am GFZ. Zudem ist er Mitglied des Fachausschusses Regenerative Energien des VDI und Vorstandsmitglied der Geothermischen Vereinigung.
unbegrenzt und kostenlos zur Verfügung. Ober-
zen kann – es entsteht eine Zirkulation. „Solche
flächennahe Geothermie gilt als Wachstums-
Bohrungen sind sehr teuer“, so Prof. Häfner, der
markt. So stehen den 1.200 im Jahr 1995 bundes-
die Tiefengeothermie kritisch betrachtet. „Zudem
weit installierten Wärmepumpenheizungen etwa
muss man erst einmal herausfinden, wo es sich
55.000 neu eingebaute Anlagen im Jahr 2007
zu bohren lohnt. Die sogenannten Fündigkeitsri-
gegenüber.
siken sind denen bei der Exploration von Erdgas-
„Auf der anderen Seite“, so Häfner, „steht die
lagerstätten vergleichbar.“ Hinzu kommt, dass die
sogenannte Tiefengeothermie. Hier wird die Erd-
Gesteine in solchen Tiefen oft extrem undurchläs-
wärme zur Stromerzeugung im großen Maßstab
sig sind und die Förderung des Heißwassers daher
genutzt.“ Dazu müssen in großer Tiefe wasserfüh-
mit enormem Aufwand verbunden ist.
rende Gesteinsschichten, sogenannte Aquifere, aufgespürt werden. Da die Temperatur der äußeren Erdkruste um etwa 0,03 Grad Celsius pro
Tiefengeothermie arbeitet mit Knowhow aus der Erdöl-/Erdgasindustrie
Meter zunimmt und zur Stromerzeugung mittels Wasserdampf mindestens 110 Grad Celsius benö-
Mittels des Hydraulic Fracturing, eines von der
tigt werden, existiert (zumindest in nicht-vulka-
Erdöl- und Erdgasindustrie abgeschauten Verfah-
nischen Gebieten) erst ab 3.000 Metern ausrei-
rens, versuchen Forscher und Ingenieure welt-
chend heißes Gestein. Das heiße Wasser oder der
weit, diesem Problem beizukommen. Die Durch-
Wasserdampf werden mittels einer Bohrung an
lässigkeit des Gesteins wird künstlich erhöht,
die Oberfläche befördert und dort in Turbinen-
indem man große Mengen Wasser unter hohem
kraftwerken in elektrische Energie umgewandelt.
Druck in das Bohrloch einpresst. Auf diese Weise
Durch ein zweites Bohrloch wird das abgekühlte
erweitern sich vorhandene Risse und es entstehen
Wasser zurückgeführt, damit es sich erneut erhit-
neue. Das Gestein wird durch diese „Fracs“ wegbar gemacht und die Fördermengen werden so deutlich erhöht. Allerdings neigen die Klüfte dazu, sich wieder zu schließen, sodass es laut Häfner nach einem halben bis zu einem Jahr zunächst zu einem Rückgang der Fördermenge und schließlich zum Versiegen kommen kann.
Die Lösung dieses Problems beschäftigt auch
Dr. Ernst Huenges, Leiter des Internationalen Geothermiezentrums am Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam. Ähnlich wie Häfner sieht auch Huenges eine der größten Herausforderungen in der Entwicklung von Methoden zur nachhaltigen Erhöhung der Fördermengen: „Hier greifen wir immer wieder auch auf Know-how aus der Erdöl- und Erdgasindustrie zurück.“ Ein Beispiel sei der Einsatz von Stützmitteln. „Das sind
› 19 Geothermisches Kraftwerk auf Island. Der Inselstaat versorgt bereits 90 Prozent aller Haushalte mit Wärme aus Wasserdampf.
30
der Spezialist
kleine Keramikkugeln, die beim Einpressen des
› 19
Wassers im Gestein verteilt werden, und die verhindern sollen, dass die Fracs sich wieder schließen.“ Ob so die Zirkulation zwischen den Bohr
aus den branchen
GEOTHERMIE: ENERGIE AUS DER TIEFE
Fernwärme Wohngebiet
Stromerzeugung
Industriegebiet
ca. 20 °C
Kühlung
ca. 70 °C . . . 97 °C ca. 50 °C
Fernwärmenetz ca. 100 °C
0m
Injektionsbohrung ca. 50 °C
Turbine mit Generator zur Stromerzeugung
Förderbohrung ca. 110 °C
1.000 m
2.000 m
3.000 m
kaltes Wasser fließt in heiße Gesteinsschicht zurück
heiße Gesteinsschicht (Aquifer)
heißes Wasser wird hochgepumpt
löchern über einen längeren Zeitraum aufrecht
zial der untersuchten Gesteinsformation zu tref-
erhalten werden kann, wird ab 2010 in Groß Schö-
fen. „Unsere italienischen Kollegen haben die neu
nebeck in Brandenburg von den Potsdamer For-
entwickelten Erkundungsverfahren in der Region
schern im Rahmen eines Langzeitexperimentes
Travale mehrfach ausprobiert und sind jedesmal
untersucht.
fündig geworden“, berichtet Huenges. Zwar teilt er Häfners Skepsis, was die Übertragbarkeit sol-
Geothermische Technologien können signifik ant zum Energiemix beitragen
cher Erfahrungen auf Deutschland betrifft, da die Erdwärmelagerstätten in Deutschland tiefer liegen und nur unter deutlich höherem Aufwand
Einen weiteren Fortschritt gibt es bereits zu ver-
zu erschließen sind; insgesamt jedoch sieht er
zeichnen: Das internationale Forschungsprojekt
„großes Potenzial für geothermische Technolo-
I-GET, das Ende Februar mit einer Abschlusskonfe-
gien, womit signifikant zum künftigen Energie-
renz in Potsdam zu Ende gegangen ist, scheint ein
mix beigetragen werden kann.“
› 20
› 20 Das Prinzip geothermi scher Stromerzeugung: Über eine erste Bohrung wird heißes Wasser aus der Tiefe gefördert. Es gibt seine Wärme über einen Wärmetauscher ab. In einem Sekundärkreislauf (Organic Rankine Cycle) erzeugt ein Generator Strom. Über die zweite Bohrung wird das Wasser wieder zurück in den Speicher geleitet.
effektives Instrument zur Minimierung des Fündigkeitsrisikos geliefert zu haben. Eine Kombination seismischer und elektromagnetischer Messverfahren ermöglicht es, schon vor der Bohrung genaue Aussagen über das geothermische Poten-
der Spezialist
31
technische projekte
Datentransfer im Weltall Wireless-LAN macht’s möglich: Informationsübertragung innerhalb weniger Sekunden. Und auch zwischen Erde und All ist dank moderner Lasertechnologie eine schnelle und zuverlässige Datenübertragung selbstverständlich. Ein neuer Lasertyp soll nun per Satellit für eine bessere Wettervorhersage und eine genauere Einschätzung der Klimaentwicklung sorgen. Audio-Version unter: www.brunel.de/podcast
Text › Jörg Riedel
Vor 44 Jahren flog die Raumsonde Mariner 4 in
große Entfernungen durch den freien Raum trans-
einer Entfernung von 10.000 Kilometern am
portieren. Diese Lasertechnologie zur Datenüber-
Mars vorbei. Die für damalige Verhältnisse sen-
tragung zwischen Erde und Weltraum findet bei-
sationellen Bilder von der Oberfläche des Pla-
spielsweise bei Satelliten ihre Anwendung, mit
neten wurden pro Bild innerhalb von acht Stun-
denen Wetter, Klima und Umwelt beobachtet
den mit einer Übertragungsrate von 8,3 bit pro
werden.
Sekunde per Funkwellen zur Erde gesendet. Heu-
te ist die drahtlose Weitergabe von Information
beitsfeld, das jetzt und auch in Zukunft eine wich-
selbst für den Hausgebrauch viel leistungsfä-
tige Rolle spielen wird“, sagt Thomas Ester, Ingeni-
higer und schneller: So lassen sich problemlos
eur der Elektronik und Informationstechnik und
per WLAN umfangreiche Daten, wie beispiels-
Brunel Mitarbeiter. „Diesem Bereich traue ich eine
weise Filme aus dem Internet mit einer Übertra-
wachsende Bedeutung und viele Einsatzmöglich-
gungsgeschwindigkeit von bis zu 10 Megabits pro
keiten zu.“ Seit Ende des letzten Jahres unterstützt
Sekunde empfangen.
der 26-Jährige die Tesat-Spacecom GmbH & Co.
„Die Lasertechnologie ist ein spannendes Ar-
KG, dem Marktführer auf dem Gebiet der Satelli-
Optische Freiraumkommunik ation ermöglicht Datenübertragung über groSSe distanzen
tenkommunikation. Im Bereich der Sendeverstärker – Travelling Wave Tube Amplifier (TWTA) – besitzt das Unternehmen einen Anteil von 50 Prozent auf dem Weltmarkt. Im Jahr 2008 wurde
Der Umfang und die wachsende Komplexität von
ein neues, von der Tesat-Spacecom entwickeltes
Daten erfordern immer leistungsstärkere Über-
Produkt zur Satellitenkommunikation im Welt-
tragungsmedien. Dabei spielt die optische Weiter-
raum eingesetzt: das Laser-Terminal zur optischen
leitung mittels lichtleitender Verbindungen eine
Breitbandkommunikation (LCT). Zwischen dem
ganz zentrale Rolle – seit mehr als dreißig Jah-
deutschen Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X
ren werden hierfür Glasfaserkabel benutzt. Neu
und dem US-amerikanischen Testsatelliten NFIRE
ist die optische Freiraumkommunikation. Hier-
konnte mittels des LCT über eine Entfernung
bei werden die Daten als Signale auf einen Laser-
von 5.000 Kilometern eine Datenverbindung zur
strahl, die Trägerfrequenz, „aufgeprägt“ oder auf-
Kommunikation aufgebaut und aufrechterhal-
moduliert: Die zu übertragenden Signale verän-
ten werden – mit einer Leistung von 5,5 Gigabit
dern dieses Trägersignal so, dass sie weiterge-
pro Sekunde. Das entspricht in etwa der Weiter-
leitet werden können. So lassen sich Daten über
leitung einer Datenmenge von 200.000 DIN-A4-
32
der Spezialist
Porträt Dipl.-Ing. Thomas Ester testet bei Tesat-Spacecom die Kontrollelektronik. Der 26-jährige ElektronikSpezialist hat nach einer Ausbildung zum Industrieelektroniker an der Hochschule Heilbronn studiert, bevor er im Jahr 2008 seine Karriere bei Brunel startete.
technische projekte
› 21 Seiten pro Sekunde oder 400 DVDs in der Stunde.
teile der Tesat-Lasertechnologien in sich verei-
Bedingt durch einen sehr feinen Laserstrahl wur-
nigt – wird im Rahmen des Programms zur Erd-
den die Daten zudem mit einem geringeren Ener-
beobachtung der European Space Agency (ESA)
gieaufwand gesendet als bislang üblich.
eingesetzt. Der Satellit ADM-Aeolus (Atmospheric
Dynamics Mission) soll die Windbewegungen in
hochfrequenzstabile Referenzlaser zur beobachtung der Erde
der Atmosphäre messen, um damit sowohl einen Beitrag zur verbesserten Wettervorhersage zu leisten als auch die langfristige Entwicklung des
Seit 2002 besetzt die Tesat-Spacecom ein weiteres
› 21 Die Tesat-Laser-Terminals zeichnen sich durch eine wesentlich höhere Leis tungsfähigkeit als frühere Modelle der Europäischen Raumfahrtagentur ESA aus. Sie sind darüber hinaus auch kleiner und effizienter.
Erdklimas präziser einschätzen zu können.
Arbeitsfeld, das vor allem unter wissenschaft-
lichen Gesichtspunkten bedeutsam ist und das
bile Laser Bestandteil eines LIDAR-Systems (Light
kommerzielle Kerngeschäft des Unternehmens
Detecting And Ranging). LIDAR ist eine Techno-
ergänzt: die Entwicklung von hochfrequenzsta-
logie, mit der Entfernungen und Geschwindig-
bilen Referenzlasern. Dieser Lasertyp – der Groß-
keiten sowie Wetterveränderungen und andere
An Bord des Satelliten ist der hochfrequenzsta-
der Spezialist
33
technische projekte
atmosphärische Parameter gemessen werden können. Ein LIDAR-System ist vergleichbar mit einem Radar, jedoch werden statt Funkwellen viel empfindlichere Laserstrahlen verwendet. LIDARSysteme stellen besondere Herausforderungen an die verwendeten Laserquellen, denn das Verfahren nutzt Lichtimpulse unterschiedlicher Wellenlängen. Diese Impulse, die Laserpulse, ermöglichen es, die Konzentration des atmosphärischen Wasserdampfs rund um den Globus präzise zu messen. Daraus lassen sich insbesondere Erkennt-
› 22
nisse gewinnen über die Entwicklung des natürlichen und des vom Menschen beeinflussten Treibhauseffekts.
Testphase garantiert Zuverlässigkeit von Referenzlasern
denen die Laser im Weltall ausgesetzt sind, wie etwa die Einflüsse des Vakuums, der Schwingungen, der Strahlung oder der Temperatur. Er
Im Team des Referenzlaser-Projekts der Tesat-
führt Messungen durch und justiert entspre-
Spacecom arbeitet Thomas Ester mit. Sein Arbeits-
chend der Ergebnisse gegebenenfalls die Steu-
schwerpunkt ist es, die Kontrollelektronik des
erelektronik, bis sie die Anforderungen erfüllt.
Lasers zu testen. Mit der Flughardware simuliert
„Für mich bietet dieses anspruchsvolle Projekt
er im Laserlabor die besonderen Bedingungen,
eine sehr gute Gelegenheit, mich intensiv mit
› 22 Laser-Kommunikationsterminal in der Produktionshalle: Bevor es in den Weltraum geht, wird in aufwändigen Testreihen die volle Funktionstüchtigkeit sichergestellt.
› 23 Thomas Ester führt Messungen unter Weltraumbedingungen in einer Thermo-Vakuum-Kammer durch. Je nach Ergebnis passt er die Justierung der Steuerelektronik an.
› 23 34
der Spezialist
technische projekte
› 24 Die Satelliten TerraSAR-X und NFIRE begegnen sich mehrmals täglich. In einem Zeitfenster von 20 Minuten wird die Datenübertragung via Laser-Vermittlung hergestellt.
› 24 der Schnittstelle zwischen Elektronik und Optik
Kommunikation mit den Beteiligten für die wei-
zu beschäftigen“, so der 26-Jährige. Die Relevanz
teren Arbeitsschritte ab. „Eine ausführliche Doku-
der umfangreichen Testprozeduren liegt auf der
mentation der Messungen ist ein wesentlicher
Hand: „Die weltraumqualifizierten Referenzla-
Bestandteil meiner Arbeit und bei Projekten wie
ser müssen während der kompletten Betriebszeit
diesem grundlegend. Es dürfen keine zeitlichen
unter den schwierigen Bedingungen im All genau
Reibungsverluste durch unzureichenden Informa-
und zuverlässig arbeiten – und das muss sicher-
tionsfluss entstehen“, beschreibt der Brunel Mit-
gestellt werden.“ Sowohl die Erfassung der Mess
arbeiter seine Tätigkeit. Dabei kann er sich auch
daten als auch die anschließende Auswertung
auf seine, während des Studiums erworbenen,
geschieht softwaregestützt. Dabei ist für Thomas
guten Fremdsprachenkenntnisse verlassen, denn
Ester der Umgang mit der Entwicklungsumge-
die Dokumentation geschieht vollständig auf Eng-
bung und Programmiersprache LabVIEW (Labora-
lisch. Schließlich handelt es sich um ein internati-
tory Virtual Instrument Engineering Workbench)
onales Projekt, an dem neben der Tesat-Spacecom
selbstverständlich.
und der ESA auch die EADS-Astrium, der Raum-
Info Seit 40 Jahren stattet die Tesat-Spacecom GmbH & Co. KG mit Sitz in Backnang bei Stuttgart weltweit Satelliten mit Kommunikationstechnologien aus. Mit seinen mittlerweile rund 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat das Unternehmen bis heute rund 500 Weltall-Projekte abgewickelt.
fahrt-Tochterkonzern der EADS (European Aero-
Bedeutung und Einsatzmöglichkeiten der Lasertechnik werden zunehmen
nautic Defense and Space Company), beteiligt ist. Voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2009 werden die drei den ADM-Aeolus auf seine Reise
Die Ergebnisse stellt der Ingenieur in Berichten
ins Weltall schicken.
zusammen, gibt diese an die verantwortlichen Mitarbeiter des Projekts weiter und stimmt die
der Spezialist
35
mitarbeiter und karRiere
Praxis und Promotion Seit seinem Studium beschäftigte sich Adrian Markgraf bei Brunel in München mit der Optimierung dynamischer Unternehmensprozesse und beriet Unternehmen aus der Windkraftbranche. Value Engineering und Target Costing könnten jetzt auch zu Themen seiner Promotion werden. Text › Jan Meyer-Veden
Mangelnde Zielstrebigkeit kann man Adrian
duktentwicklung gemacht werden, die zugleich
Markgraf nicht vorwerfen. Nach der Realschule
auch als Innovationsanreiz wirken.
besuchte er ein Technisches Gymnasium mit den
Leistungskursen Physik und Technik. Im Anschluss
sem Ansatz verschränkt. Es untersucht, inwieweit
Das Konzept des Value Engineering ist mit die-
studierte er Elektro- und Informationstechnik an
die einzelnen Funktionen eines Produktes an sei-
der TU München. Seine darauf folgende Tätigkeit
nem Gesamtkundennutzen beteiligt sind, zu wel-
bei Brunel in München ergänzte er um ein MBA-
chem Prozentsatz sich etwa ein Kunde beim Auto-
Studium. Die Vertiefungsfächer hier: Wirtschafts-
kauf an der Leistung des Motors oder am Fahr-
recht, Information, Organisation und Manage-
komfort orientiert. „Wert“ ist im Value Enginee-
ment. Und im Februar dieses Jahres beendete der
ring definiert als Quotient aus Bedürfnisbefrie
28-Jährige seine Masterthesis zum Thema „Kos-
digung und Ressourceneinsatz. Das heißt, wie
tenreduzierung durch die Integration des Value
teuer kommt ein spezieller Kundennutzen das
Engineering und Product Engineering Ansatzes
Unternehmen zu stehen? Hängt beispielsweise
in der Windenergieanlagenentwicklung auf Basis
die Kaufentscheidung des Kunden zu 40 Pro-
des Target-Cost-Modells“.
zent von der Motorleistung ab, bestimmt dieser Prozentsatz, welcher Anteil am Gesamtpreis
Dynamisches wachstum erfordert innovative unternehmensstrukturen
des Autos auf Entwicklung und Herstellung des Motors zu entfallen hat.
Die hohe Wachstumsdynamik der Windkraft-
Das Target-Cost-Modell beruht auf folgendem
branche war für Adrian Markgraf der entschei-
Grundgedanken: Der Endpreis eines Produkts
dende Grund für die Anwendung der beiden Kon-
kommt üblicherweise zustande, indem alle in Ent-
zepte auf diesen Bereich: „2003 arbeiteten bei-
wicklung und Produktion auflaufenden Kosten
spielsweise in der Entwicklungsabteilung von
zusammengerechnet sowie eine Gewinnmarge
einem der führenden Unternehmen der Branche
dazu addiert wird. Geht man allerdings zu Beginn
rund 150 Mann, heute sind es über 1.000.“ Als Bru-
der Produktentwicklung davon aus, was das Pro-
nel Mitarbeiter hat Markgraf eben jenes in Däne-
dukt den Kunden im Höchstfall kosten darf, lassen
mark ansässige Unternehmen beraten und es
sich sowohl der Gesamtprozess verschlanken, als
gleichzeitig zum Gegenstand seiner Masterthe-
auch dessen Bestandteile wirksamer aufeinander
sis gemacht. „In der Windkraftbranche ist im
abstimmen. Auf Basis des ermittelten Wertes kön-
Augenblick jede Menge Musik drin“, beschreibt
nen Vorgaben für die einzelnen Stufen der Pro-
er, „hier ist man besonders offen für neue Ideen.“
36
der Spezialist
› 25 Viele Unternehmen seien von der Dynamik ihres
ders sowie die verschiedenen Projektstandorte.
Wachstums überrollt worden und hätten keine
Durch die Teilnahmen an Managementsitzun-
Gelegenheit gefunden, ihre Strukturen der neuen
gen und Gesprächen mit den Kollegen verschaffte
Größenordnung anzupassen. „Ein Betrieb mit
er sich ein Bild davon, wie hier gearbeitet wurde
mehreren tausend Mitarbeitern kann aber nicht
und in welchen Bereichen Optimierungspotenzial
mit den gleichen Methoden geführt werden wie
bestand. So umfangreich die Analyse des gesam-
einer mit 100.“ Um die nötigen Informationen für
melten Materials auch war, sie ist, laut Markgraf,
seine Aufgabe zu sammeln, besuchte Markgraf
nur ein Anfang. Der nächste Schritt wäre die prak-
regelmäßig die Firmenzentrale im dänischen Ran-
tische Umsetzung, die Integration der gewonne-
› 25 Zielstrebig arbeitet der 28-jährige Adrian Markgraf an seiner Karriere. Nach seiner Masterthesis bei Brunel promoviert der 28-Jährige nun an der TU München.
der Spezialist
37
mitarbeiter und karRiere
nen Einsichten in die Prozessstrukturen. Ob er sei-
dings noch nicht konkret fest. „Es wäre natür-
nen Ansatz im Rahmen seiner nun anstehenden
lich schön, wenn ich auf meine Masterthesis auf-
Promotion weiterverfolgt, ist noch unklar. Sicher
bauen könnte“, so Markgraf. Zwar konzentriert er
ist dagegen, dass Markgraf nicht nur in beruf-
sich nun voll und ganz auf seine wissenschaftli-
licher Hinsicht von den Reisen nach Dänemark
che Tätigkeit, denkt aber bereits an das Danach.
profitierte. Neben der Schönheit des Landes ist
„An der Arbeit im Prozessbereich habe ich durch-
ihm die offene und herzliche Art seiner Gastge-
aus Geschmack gefunden. Da herrscht einfach
ber in Erinnerung geblieben. „Viele Freundschaf-
eine höhere Dynamik. Als Entwicklungsingenieur
ten haben nach wie vor Bestand“, sagt er, „nimmt
steckt man meist mehrere Jahre in einem Projekt
man die neuen Erfahrungen hinzu, das Eingehen
fest. Im Consulting laufen die Projekte dagegen
auf die unterschiedlichen Mentalitäten und Sicht-
oft nur über ein halbes Jahr. Auf diese Weise bin
weisen, kann man sagen, dass diese Arbeit mich
ich dauernd mit neuen, spannenden Fragestellun-
auch persönlich weitergebracht hat.“
gen konfrontiert.“ Auch die Arbeit für Brunel war für Markgraf eine bereichernde Erfahrung: „Denn
Karriereplanung: Nach der masterarbeit mit Praxiserfahrung folgt die promotion
schon aufgrund des Geschäftsmodells bietet Brunel gerade die Abwechslung, die ich mir für meinen Berufsalltag wünsche.“ Zudem habe ihm die Offenheit und die konstruktive Atmosphäre der
Seit Anfang März 2009 ist Adrian Markgraf am
Münchener Niederlassung gefallen. „Nun möchte
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, Unterneh-
ich die Chance einer Promotion ergreifen“, so
mensführung, Logistik und Produktion an der TU
Markgraf, „anschließend kann ich mir aber eine
München tätig. Drei Jahre wird er hier an seiner
Rückkehr zu Brunel sehr gut vorstellen.“
Doktorarbeit schreiben, das Thema steht aller-
› 26 38
der Spezialist
› 26 Erneuerbare Energien und im speziellen die Windkraft sollen in den kommenden Jahren den Energiemix nachhaltig zugunsten von CO2-neutralen Energiequellen verändern.
querdenken
Wände mit Durchblick Beton war bisher vor allem dafür bekannt, haltbar, stabil, grau und ein wenig langweilig zu sein. Durch eingebettete Glasfasern zeigt der Werkstoff jetzt, welche Potenziale in ihm schlummern. Die bis zu 20 m langen eingebauten Glasfasern lassen spektakuläre Bauwerke leuchten. Text › Marco Heinen
›27 Litracon ermöglicht eine Lichtdurchlässigkeit bis zu einer Wanddicke von 20 Zentimetern
Golden und transparent leuchten einzelne Wände
teren Mitarbeitern im ungarischen Csongrád die
im Sonnenlicht und verleihen der Veteranen-
Betonplatten, die weltweit ihre Abnehmer finden.
Gedenkstätte in Baton Rouge im US-amerikani-
Sie werden vornehmlich in Bauwerken verwen-
schen Bundesstaat Louisiana eine helle, freundli-
det, bei denen Exklusivität und Repräsentativität
che Anmutung. Das stimmungsvolle Monument
eine besondere Rolle spielen. So zum Beispiel in
wirkt auf besondere Weise auf seine Besucher –
der ungarischen Botschaft in Paris und der Mont-
und versetzt sie zudem immer wieder in Verblüf-
blanc-Boutique in Tokio. Für deren Gestaltung
fung. Denn taucht eine Person hinter einer der
war der Innenarchitekt Andreas Weidner verant-
Mauern auf, ist ihr Umriss scharf zu erkennen.
wortlich. Er war über einen Artikel in einer Fach-
Dabei sind die dünnen Wände aus Beton. Einem
zeitschrift auf Litracon aufmerksam geworden.
ganz speziellen Beton, der optische Fasern ent-
„Ich sah darin einen interessanten Aspekt, um
hält, die das Licht durch den sonst grauen Bau-
eine massive Beton- oder Steinwand, die Schwere
stoff leiten.
und Seriosität ausstrahlen sollte, leichter und fili-
graner erscheinen zu lassen“, erinnert er sich.
Erfunden und patentiert wurde „Litracon“ vom
Architekten Áron Losonczi. Seit 2004 fertigt der 32-Jährige in seinem Betrieb mit nur zwei wei-
Das Museum Folkwang diente als Inspiration zum Lichtdurchlässigen Beton Der Gedanke an einen neuen Baustoff war Losonczi, der sein Architekturstudium in Budapest absolvierte, während seines Postdoc-Studiums in Stockholm gekommen, wo er sich schwerpunktmäßig mit „Glas in der Architektur“ beschäftigte. „Die eigentliche Inspiration bekam ich aber 2001 auf einer Studienreise nach Deutschland, als ich im Folkwang-Museum in Essen eine Ausstellung mit Lichtinstallationen besuchte“, erinnert sich Losonczi. Eines der Exponate stammte
› 27
vom österreichischen Künstler André Heller und nannte sich „Meteorit“. Die Innenwände eines eiförmigen Raumes waren mit tausenden licht-
der Spezialist
39
› 28 durchlässigen optischen Fasern bedeckt, die ihre
ging, sondern um einen industriell hergestell-
Farbe fortlaufend änderten. Beeindruckt von der
ten Baustoff. Für das neuartige Produkt galt es im
„atemberaubenden Atmosphäre“ und diesem
Anschluss, ein überzeugendes Geschäftsmodell
kunstvollen Ansatz, mit Licht und Material umzu-
zu entwickeln. Dies gelang mit Bravour: Der Busi-
gehen, begann Losonczi, Experimente mit Beton
ness-Plan wurde 2003 in Schweden mit zwei Inno-
durchzuführen. Noch im selben Jahr kam ihm die
vationspreisen ausgezeichnet. Bereits ein Jahr
Idee, lichtdurchlässigen Beton anzufertigen. Nur,
später gründete der junge Architekt seine Firma
dass es bei ihm nicht um singuläre Kunstwerke
und begann mit der Produktion.
40
der Spezialist
› 28 Die Montblanc-Boutique in Tokio. Die optischen Fasern wirken wie tausende Lichtpixel, obwohl sie nur vier Prozent der Masse ausmachen.
querdenken
Porträt Áron Losonczi (32) erhielt für den von ihm erfundenen lichtdurchlässigen Beton zahlreiche internationale Design-Preise. Darunter den iF material award 2008 des international Forum Design in Hannover sowie den LEAF Award 2006.
Die Herstellung von Litracon ist nicht einfach. „Es
grád hergestellt. Er besteht aus handelsüblichem
ist nicht so, als würde man alles in einen Mixer ste-
Material, das durch verschiedene Zusätze für
cken und umrühren“, erläutert Losonczi. Es wer-
die weitere Verarbeitung geschmeidig gemacht
den fast ausschließlich optische Fasern aus Glas
wird und außerdem Farbpigmente enthält. Zwar
oder Kunststoff verwendet, die hohen Ansprü-
könnte der Grad der Transparenz noch erhöht
chen an Stabilität und Leitfähigkeit der UV-
werden, doch nur auf Kosten der Stabilität. Außer-
Anteile des Lichts genügen müssen. „Dafür gibt es
dem habe sich das derzeit verwendete Mischungs-
weltweit nur wenige Hersteller“, sagt der Archi-
verhältnis als das Beste herausgestellt. Das auf-
tekt. Einer davon ist das Mainzer Unternehmen
wändige Herstellungsverfahren hat seinen Preis:
Schott, das als Glas- und Optikspezialist einen Teil
Pro Quadratmeter müssen Kunden zwischen 845
der Fasern liefert. Diese werden mithilfe eigens
und 3.880 Euro kalkulieren. Zwar ist Litracon ein
für diesen Zweck entwickelter Spezialmaschinen
wetterbeständiger, mittelharter Beton, der dünne
schichtweise parallel angeordnet und anschlie-
Wände tragen kann, doch außer für zierende
ßend mit Schichten aus Beton übergossen, wobei
Elemente ist er schlicht zu teuer. Entsprechend
der Anteil optischer Fasern letztlich nur vier Pro-
interessieren sich vor allem Künstler und Archi-
zent beträgt. Pro Quadratmeter werden etwa 10
tekten dafür. „Aber auch Möbel aus Litracon sind
Millionen Fasern mit 0,07 Millimetern Durchmes-
denkbar“, meint Losonczi, der in der gesamten
ser verwendet. Die optischen Fasern wirken spä-
Designindustrie Potenzial für sein Produkt sieht.
ter auf den Flächen wie tausende Lichtpixel, wobei die Dicke der Betonplatten für die Intensität des Lichts kaum eine Rolle spielt, da die Fasern auf bis
JEDES NEUE PROJEKT IST EINE neuE HERAUSFORDERUNG
zu 20 Metern Länge das Licht beinahe verlustfrei leiten. Auch der Beton wird bei Litracon in Cson-
Für Losonczi stellt jedes neue Projekt eine Herausforderung dar, denn es gilt, die individuellen Vorstellungen der Kunden umzusetzen. Dass ihm eine ganz besondere Erfindung gelungen ist, erfährt er jeden Tag aufs Neue. In den ungarischen Medien, aber auch bei der internationalen Presse, ist er zum gefragten Gesprächspartner geworden. Er wird zu Fachkonferenzen eingeladen und hält Vorträge etwa über „Neue Lösungen in der Innenarchitektur“. „Litracon ist die Basis meines Lebens“, meint der Ungar und es sieht so aus, als sei es ein Fundament, auf das sich bauen lässt.
›29 Auch für die Möbelindus trie ist der lichtdurchlässige Beton interessant: Die würfelförmige Tischlampe LitraCube besteht aus vier Betonplatten.
› 29
› xx der Spezialist
41
Panorama
Unsichtbarkeit durch optisches Metamaterial Durch die Entwicklung von künstlichen Strukturen mit völlig neuartigen optischen Eigenschaften ist Dr. Stefan Linden dem Geheimnis der Unsichtbarkeit dicht auf den Fersen. Das sogenannte Metamaterial beeinflusst Licht ganz anders als natürliche Stoffe: Es besitzt einen negativen Brechungsindex und kann infrarotes und sogar sichtbares Licht beeinflussen. Text › Robert Uhde
Egal ob aus Neugier, in krimineller Absicht oder
lege. Pendry forscht seit einigen Jahren auf die-
als militärische List – seit Jahrtausenden träumen
sem Gebiet und hatte 2006 in einer viel beach-
die Menschen davon, sich unsichtbar machen
teten Studie im renommierten Fachmagazin Sci-
zu können, um von der Umwelt vorübergehend
ence nachgewiesen, dass die Konstruktion von
nicht mehr wahrgenommen zu werden. In der
unsichtbar machenden Tarnkappen im Prinzip
Nibelungensage nutzte Siegfried eine unsicht-
möglich sei.
bar machende Kappe des zauberkundigen Zwergs
Alberich, um seine Heldentaten vollbringen zu
darauf einem Team um David Smith an der Duke
können. Bei „Star Trek“ griffen Captain Jean-Luc
University in North Carolina, einen fünf Zenti-
Picard und Commander Data auf diese Technik
meter kleinen Kupferblock in einem Hohlzylin-
zurück, um für fremde Raumschiffe unauffindbar
der verschwinden zu lassen. Der Zylinder bestand
zu sein. Und zuletzt war es Harry Potter, der sich
aus einem künstlichen Verbundwerkstoff, einem
mithilfe eines Tarnmantels unsichtbar machte,
sogenannten „Metamaterial“, der die auf ihn ein-
um ungestört durch die Hallen seiner Schule Hog-
treffenden Lichtstrahlen wie Wasser um einen
warts wandern zu können.
Stein herumführte. Doch so beeindruckend das
Aufbauend auf diese Studien gelang es kurz
Ergebnis auch war, das Experiment funktionierte
Im Prinzip ist die Konstruktion von unsichtbar machenden tarnk appen möglich
nur, wenn elektromagnetische Strahlen im Mikrowellenbereich mit einer Frequenz von neun Gigahertz – also etwa Radarstrahlen – auf das Material einfallen. Bei normalem Tageslicht mit einer für
Was bislang nur in der Fantasie funktionierte, das
den Menschen wahrnehmbaren Strahlung tritt
könnte im Prinzip auch im richtigen Leben mög-
hingegen keine Unsichtbarkeit ein.
lich sein. Denn weltweit arbeiten mehrere For-
scherteams an der Entwicklung von Hightech-
terentwicklung des Experiments wurden Mikro-
Materialien, die Objekte unsichtbar werden las-
wellen mit Frequenzen von 13 bis 16 Gigahertz
sen können. Darunter ist auch ein Team unter
verwendet, was einer Wellenlänge von etwa 19
Leitung von Dr. Stefan Linden und Prof. Dr. Mar-
bis 23 Millimetern entspricht. Die Wellenlängen
tin Wegener von der Universität Karlsruhe. Ange-
von sichtbarem Licht liegen jedoch im Bereich von
regt wurden die Wissenschaftler insbesondere
380 bis 780 Nanometern. Die Voraussetzung zur
durch die Arbeiten des britischen Physik-Theore-
Erzeugung von Unsichtbarkeit ist, dass die Struk-
tikers Sir John Pendry vom Londoner Imperial Col-
turen des Metamaterials kleiner sind als die Wel-
42
der Spezialist
Bei einer jüngst von Smith vorgestellten Wei-
Porträt Der Forschungsschwerpunkt von Dr. Stefan Linden liegt auf dem Gebiet der optischen Metamaterialien. 2007 erhielt er den Heinz Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
› 30 lenlänge des einfallenden Lichtes. Denn erst dann
mals 1968 der russische Physiker Victor Veselago
kann das Licht „umgelenkt“ werden. Um auch bei
als futuristische Vision. Das Prinzip dabei: Nor-
sichtbarem Licht den Tarnkappeneffekt zu erzie-
malerweise wird ein Lichtstrahl beim Übergang
len, benötigte man entsprechend ein Material aus
zwischen zwei Materialien zum Einfallslot hin
winzigen Nanostrukturen, die rund 25.000 bis
„positiv“ gebrochen. Ein Strohhalm im Wasser-
50.000 mal kleiner als im vorgestellten Fall sein
glas erscheint daher abgeknickt. „Beim Auftref-
müssten – und die sind schwierig zu fertigen.
fen des Lichtes auf ein optisches Metamaterial mit negativem Brechungsindex werden die Licht-
Nanostrukturen mit aufgedampften Schichten aus gold und Magnesium
› 30 Auch die Tierwelt macht sich das Phänomen der Unsichtbarkeit zu Nutze: Ozeanbewohner wie das Pygmäen-Seepferdchen verschmelzen scheinbar mit der Umgebung, um sich vor Feinden zu schützen.
wellen hingegen nicht nur wie in der Natur zum Einfallslot hin, sondern aufgrund der speziellen optischen Eigenschaften sogar darüber hinaus in
Aufbauend auf den Forschungen von Sir John
,negativen‘ Winkeln gebrochen“, so Dr. Stefan Lin-
Pendry entwickelten Dr. Stefan Linden und sein
den. Ein halb eingetauchter Strohhalm hätte dann
Team ein Metamaterial, das durch seinen spe-
nicht nur einen leichten Knick, sondern er würde
zifische Aufbau aus winzigen Nanostrukturen
aussehen wie ein V.
in der Lage ist, infrarotes Licht mit einer Wellen-
länge von 780 Nanometern „negativ“ zu brechen.
in Karlsruhe entwickelten Metamaterials haben
Den Effekt der negativen Brechung beschrieb erst-
eine Größe von etwa 100 millionstel Millimetern
Die künstlich erzeugten Nanostrukturen des
der Spezialist
43
Panorama
tronenstrahl in einem Elektronenmikroskop auf Basis vorheriger Berechnungen belichtet und die belichteten Stellen anschließend herausgelöst,
1 µm
um so eine Lochstruktur im Nanometerbereich zu erhalten. Nach dem Entwickeln werden abwechselnd metallische und dielektrische, also schwach leitende Schichten aus Gold bzw. Magnesium fluorid durch Aufdampfen auf die Strukturen auf100 nm
› 31
gebracht. Gemeinsam erzeugen die beiden Schichten eine magnetische Resonanz, durch die auftreffende elektromagnetische Strahlung umgeleitet wird. Abschließend wird der unbelichtete Lack mit den darauf abgelagerten Schichten abgelöst,
und gleichen unter dem Elektronenmikroskop
sodass sich die gewünschte noppenartige Struk-
betrachtet einem regelmäßig gestanzten Lochgit-
tur ergibt.
› 31 Elektronenmikroskopaufnahme eines Metamaterials, das einen negativen Brechungsindex für 780 Nanometer aufweist.
ter als Negativform. Zur Fertigung setzt Dr. Linden auf den Einsatz der Elektronenstrahl-Lithographie. Dabei werden kleine Glasplättchen als Träger mit
Erkenntnisse sind bislang noch reine Grundlagenforschung
einer Größe von ein mal ein Zentimeter zunächst mithilfe einer Lackschleuder mit einem dünnen
„Was übrig bleibt, ist ein hauchdünnes Metama-
Film aus elektronenempfindlichem Lack beschich-
terial, das in der Lage ist, auftreffendes Licht mit
tet. In einem zweiten Schritt wird der aufgetra-
einer Wellenlänge von 780 Nanometern negativ
gene Lack mit einem computergesteuerten Elek-
zu brechen“, so Dr. Stefan Linden. Weitergehende
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der Spezialist
Vertrauter und unvertrauter Anblick: Das computergenerierte Bild zeigt links eine Flüssigkeit mit positivem Brechungsindex (n = 1,3), im rechten Glas befindet sich eine Flüssigkeit mit negativem Brechungsindex (n = -1,3).
Panorama
› 33 Erwartungen dämpft er jedoch ganz bewusst: „Bis-
mit Metall zu beschichten. Doch auch hier ist Dr.
lang sind unsere Erkenntnisse reine Grundlagen-
Stefan Linden darum bemüht, allzu große Eupho-
forschung.“ Im Hinblick auf die Herstellung einer
rie erst gar nicht aufkommen zu lassen: „In der
unsichtbar machenden Tarnkappe hält er die ein-
Theorie sind hier natürlich die vielfältigsten
gesetzte Technik der Elektronenstrahl-Lithogra-
Anwendungen denkbar“, so der Wissenschaftler.
phie sogar für eine Sackgasse, deren Grenzen be-
„Dennoch halte ich es letztlich für ausgeschlos-
reits jetzt erreicht sind: „Denn um wirklich den
sen, in naher Zukunft größere Objekte unsichtbar
Effekt von Unsichtbarkeit zu erzeugen, müsste
zu machen. Das wäre technologisch viel zu auf-
das eingesetzte Metamaterial wesentlich dicker
wändig. Und wenn, dann würde es wahrschein-
sein, um die einfallende Strahlung wirklich kom-
lich nur für einen kleinen Spektralausschnitt und
plett umzulenken. Mit der vorhandenen Technik
nicht für das gesamte sichtbare Spektrum funk-
lassen sich aber nicht mehr als vier metallische
tionieren.“ Konkrete Anfragen aus der Indus-
und dielektrische Schichten aufbringen, da sonst
trie gibt es dementsprechend bislang noch keine.
die Fehleranfälligkeit bei der Fertigung zu groß
Doch das kann sich je nach aktuellem Stand der
würde.“
Forschung jederzeit schnell ändern. Denn wie die
› 33 Eine Beschichtung der Außenhaut verleiht auch der Nighthawk F-117 ihre besondere Tarnkappen eigenschaft. Bis zu 90 % der Radarstrahlung werden im Idealfall absorbiert.
weitere Entwicklung der Technologie des Ver-
Die Unsichtbarkeit gröSSerer Objekte ist zurzeit fernab jeder Realität
schwindens aussehen wird, lässt sich heute noch nicht endgültig abschätzen. So bleibt die Zukunft weiter unsichtbar.
Parallel arbeitet das Team daher inzwischen daran, komplexere 3-D-Nanostrukturen mithilfe eines Laserstrahlers aufzubringen und anschließend in einem chemischen Gasscheideprozess
der Spezialist
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termine
termine
August 2009 bis Dezember 2009
Ausgabe 14 || August 2009
Messen und veranstaltungen August
2009
Formula Student Germany, Hockenheimring Nach nur acht Sekunden waren alle Startplätze für die diesjährige Formula Student Germany vergeben. Am Rennwochenende werden sich 38 Teams von deutschen Hochschulen und 40 internationale Teams in statischen und dynamischen Disziplinen messen. www.formulastudent.de
September
2009
DOORS® 4 Managers (Seminar für Führungskräfte) Die gesetzten Ziele zu erreichen, ist eine wichtige Voraussetzung auf dem
›5. – 9. Aug.
Weg zum Erfolg. Mit dem Brunel Seminar „DOORS® 4 Managers“ wird
Nachwuchsingenieure aus der ganzen Welt messen sich alljährlich in statischen und dynamischen Disziplinen auf dem Hockenheimring.
neben der Vermittlung von Grundlagenkenntnissen an einem Fallbeispiel der grundsätzliche Ablauf des Requirement-Management-Prozesses erklärt. Der genaue Veranstaltungstermin sowie alle weiteren für die Veranstaltung wichtigen Informationen wie Veranstaltungsort, Kosten etc. werden in Kürze auf unserer Website www.brunel.de bekannt gegeben. Interessierte können bereits jetzt ihre Anfragen mit dem Betreff „DOORS® 4 Managers“ an seminar@brunel.de richten.
Meilensteine › September Requirement-ManagementProzesse stehen im Mittelpunkt dieses Seminars, das sich in erster Linie an Führungskräfte wendet.
11. Juni
1825
Polytechnische Schule nennt sich Deutschlands erste technische Hochschule in Karlsruhe. Etwa 100 junge Männer aus dem gehobenen Bürgertum werden im Gründungsjahr an der neuen Hochschule aufgenommen.
30. Juli
1863
Henry Ford wird bei Detroit/Michigan als Sohn eines Farmers geboren. Als leitender Ingenieur bei der „Edison Illuminating Company“ konstruierte er 1892 erste Automobile. Er gründet 1903 die „Ford Motor Company“.
3. Juni
1948
Im kalifornischen Institut für Technologie wird das HALE-Teleskop auf dem Mount Palomar in Betrieb genommen. Es ist für mehrere Jahrzehnte das größte Fernrohr der Welt.
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der Spezialist
Brunel GmbH | Projektpartner für Technik und Management
impressum Ausgabe 14 || August 2009
Kopf ?
Zahl ?
REDAKTIONSANSCHRIFT Brunel GmbH, Redaktion „Der Spezialist“ Airport City, Hermann-Köhl-Str. 1, 28199 Bremen redaktion@der-spezialist.de, www.der-spezialist.de Telefon 0421 / 1 69 41-14
Erfolg.
HERAUSGEBER Brunel GmbH
VERANTWORTLICHER REDAKTEUR (V. I. S. D. P.) Drs. Johan Arie van Barneveld, RA, CEO, Brunel International N. V., General Manager Brunel GmbH
REDAKTION Dialog Public Relations, Bremen GfG / Gruppe für Gestaltung GmbH, Bremen
„Unsere Spezialistin“ Rita Meier Sowohl im Beruf als auch bei ihrem Hobby, dem Klettern, plant Rita Meier genau, wie sie ihren Aufstieg sichert. „Es kommt auf Strategie an, nicht auf Kraft, das gefällt mir“, sagt die Luft- und Raumfahrtingenieurin, die nach ihrem Abschluss an der RMIT University in Melbourne nach Deutschland kam. Nach Statio nen unter anderem bei Airbus arbeitet Rita Meier aktuell bei MTU Aero Engines in München als Projektingenieurin für Triebwerkskomponenten am Antrieb für die Boeing 787.
GESTALTUNG GfG / Gruppe für Gestaltung GmbH, Bremen
FOTOGRAFIE (COPYRIGHTS) Sofern nicht abweichend, alle Angaben als Bildnummern: GfG / Gruppe für Gestaltung (Titel, U 2), Brunel GmbH (S. 03), Dr. Martin M. Roth (S. 06), Panthermedia (01, 30, 33), Astrophysikalisches Institut Potsdam (AIP) (02–03), NASA (04, 06), Loránd Eötvös University Gothard Astrophysical Observatory (S. 10), dpa Picture-Alliance (05, 07–10, 13, 19), Dr. Michael Geffert (S. 12), Prof. Dr. Andrea Robitzki (S. 18), Biotechnologisch-Biomedizinisches Zentrum (BBZ) der Universität Leipzig (11–12), Sonia Carramiñana (S. 22), Deutsche Lufthansa AG (14–16), Axel Hess (S. 26), Fotolia (17–18, 26), Prof. Frieder Häfner (S. 29), GFZ Deutsches GeoForschungsZentrum (S. 30), Tesat-Spacecom GmbH & Co. KG (S. 32, 21–23), Hans Deumling (25), Litracon (27, 29), Montblanc, Japan (28), Áron Losonczi (S. 41), Dr. Stefan Linden (S. 42), Universität Karlsruhe (31–32)
Erfolg ist kein Glücksspiel: Erfolg ist eine Frage guter Vorbereitung – auf jede Anforderung flexibel, schnell und sicher reagieren zu können. Was Sie dafür brauchen, ist ein Partner, der Sie immer passend unterstützt. Setzen Sie Know-how und Kapazitäten flexibel und punktgenau ein – mit unserer Hilfe. Unsere hoch qualifizierten Ingenieure, Techniker und Informatiker machen Ihren Erfolg planbar. www.brunel.de
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Das Magazin für Technik und Management
Rita Meier und der Karabinerhaken >>
Der Fall „Comet“ Wie die Flugzeugfenster ihre heutige Form fanden
Digitaler Pilotenkoffer Aktuellere Informationen versprechen mehr Flugsicherheit
Datentransfer im Weltall Kommunikation per Laser 6018_08.2009