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14 BUNDmagazin 1 | 22
blickwinke
BAUEN UND WOHNEN
NEUBAU IST TEUER Die Bundesregierung hat ein riesiges Bauprogramm angekündigt. Bauen allerdings verschlingt immense Ressourcen, kostet viel Energie und produziert viel Abfall. Entscheidend sind auch hier Umwelt- und Sozialverträglichkeit.
ROLF BUSCHMANN ist der BUND-Experte für tech nischen Umweltschutz – und Vorstandsvorsitzender des Vereins »natureplus e.V.« für zukunftsfähiges Bauen und Wohnen.
B
auen und Wohnen gehören zu den ressourcen-, energie- und abfallintensivsten Bereichen überhaupt. So ist das Bauen für 40 Prozent des weltweiten Rohstoffverbrauches verantwortlich. In Deutschland etwa landen 90 Prozent aller mineralischen Rohstoffe (Metalle, Steine, Erden) in der Bauindustrie. Über ein Drittel unseres Energieverbrauchs entfällt auf den Gebäudesektor, der damit auch ein Drittel des CO2-Ausstoßes verschuldet. Und weil das beim Abriss von Gebäuden anfallende Material nur schlecht oder gar nicht verwertet wird, entsteht auch mehr als die Hälfte des deutschen Abfalls im Baugewerbe.
Ganz entscheidend ist nun, dass dies nur zum kleineren Teil durch Neubau geschieht, um den Druck auf Ressourcen und Fläche zu verringern. Wohnraum kann und muss vorwiegend im Bestand entstehen: indem wir umbauen und aufstocken, neu nutzen und sanieren. Berücksichtigen sollten wir auch, dass die durchschnittliche Wohnfläche in Deutschland stetig steigt. (Seit 2011 von 46,1 auf rund 48 Quadratmeter pro Kopf.) Ein Grund dafür ist die wachsende Zahl der Single-Haushalte. Je kleiner der Haushalt, desto größer die Wohnfläche pro Kopf – und damit der Energieverbrauch. Umbauten im Bestand bieten, auch im
VORHER
BAUEN IM BESTAND Wohnblock der 1960er Jahre in Bordeaux.
Philippe Ruault
Der Handlungsbedarf ist also offenkundig, angesichts der fortschreitenden Klimakrise und der Tatsache, dass viele Ressourcen knapp werden. Unbestritten ist zugleich, dass wir mehr bezahlbaren neuen Wohnraum brauchen. Zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit hat die Bundesregierung angekündigt, 400 000 neue Wohnungen pro Jahr zu schaffen.
Abriss und Neubau sind aus Sicht der Umwelt oft der schlechteste Weg, um Wohnraum zu schaffen.
Rahmen der energetischen Sanierung, die Chance, ein flexibleres Wohnen auf mehr oder weniger Fläche zu ermöglichen, je nach Lebensphase.
NEUBAU IST TEUER Neubau hingegen ist teuer – auch und gerade mit Blick auf die Umwelt. In aller Regel am Gewinn orientiert, wird er bei den heutigen Grundstückspreisen die Nachfrage nach angemessenem und bezahlbarem Wohnraum nicht decken können. Wo Wohnraum zum Objekt der Spekulation verkommt, können keine vielfältigen und sozial stabilen Strukturen entstehen. Gerade die aber sind derzeit besonders