BSO-Jugendbroschüre Jugend, Sport und Alkohol

Page 1

Thomas Tatosa Mag. Helmut Baudis

Jugend,

Sport Alkohol

Ein Handbuch der BSO-Sportjugend

Herausgeber: Ă–sterreichische Bundes-Sportorganisation


Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Jugend, Sport & Alkohol. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Aufnahme und Abbau von Alkohol im Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Unmittelbare Wirkung von Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Vor oder beim Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Nach dem Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

„Kalorienbombe“ Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Wo liegen die Grenzen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Alkohol & Doping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Begleithinweise zu den Videoclips Clip 1 – Am Sportplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Clip 2 – Das Turnier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Clip 3 – Mittagessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Clip 4 – Camp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Clip 5 – Gemeinsam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Clip 6 – Champions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2


Anhang Erste Hilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Quiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Tipps für Veranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Kommunikationsregeln für Diskussionen, Einzelgespräche und Gespräche in kleinen Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Wo man Unterstützung finden kann? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Diese Handbuch kann gegen einen Druckkostenbeitrag von EUR 5,00/Stück. (exkl. Ver­s and­kosten) bei der BSO-Geschäftsstelle erworben werden. Tel. (+43-1) 504 44 55-0 • office@bso.or.at

3


Vorwort Die BSO-Sportjugend ist die Jugendvertretung der Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO) und wird seit 2004 durch einen 10-köpfigen Jugendausschuss vertreten. Das Ziel dieser Gruppe ist es, die Jugendarbeit in Österreichs Sportvereinen zu fördern. Ein Schwerpunkt liegt darin, Themen aufzugreifen, die für Dach- und Fachverbände sowie Vereine im Leistungs- und Breitensport von Interesse sind. Der Jugendausschuss konnte in den vergangenen Jahren bereits interessante Publikationen zum „Umgang mit diskriminierenden Situationen im Sport“ sowie „Sporternährung“ veröffentlichen. Die Unterrichtsmaterialien „ARCTOS – Gemeinsam zum Erfolg“ und das Handbuch „Sporternährung – leicht gemacht“ fanden auch internationale Anerkennung. Mit dem vorliegenden Werk zu „Jugend, Sport und Alkohol“ hat der BSO-Jugendausschuss erneut ein aktuelles Thema aufgegriffen, welches in den letzten Monaten auch im medialen Interesse stand. Mit der Erstellung von Videoclips, die typische Situationen aus dem Sportalltag in Erinnerung rufen, sowie dem Handbuch mit Basisinformationen, Begleithinweisen und Fragestellungen zu den Videoclips haben die Initiatoren auf das erfolgreiche Modell der ARCTOS-Produktion zurückgegriffen. Mit Thomas Tatosa, Bildungs- und Heimatwerk Niederösterreich, und Mag. Helmut Baudis, Österreichische Bundes-Sportorganisation, konnten zwei Experten aus dem Jugend- bzw. Jugendsportbereich als Autoren gewonnen werden. Ich danke dem BSO-Jugendausschuss für sein Engagement und wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Studieren und Bearbeiten der „Jugend, Sport und Alkohol“-Materialien.

Dr. Peter Wittmann BSO-Präsident

4


Einleitung

A

lkohol ist in Österreich gesellschaftlich – auch im Sport – breit akzeptiert. Das erfahren Kinder und Jugendliche quasi nebenbei. Alkohol als Genussmittel gehört zu unserem Alltag. Viele Erwachsene pflegen einen beinahe selbstverständlichen Umgang damit. Daher ist es fast logisch, dass Alkohol für viele Jugendliche somit mehr oder weniger interessant wird. Das sogenannte Probierverhalten ist in den meisten Fällen auch kein Problem. Mit Alkohol als Genussmittel verantwortungsvoll umgehen zu lernen, ist eine von zahlreichen Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen. Jugendliche haben auf dem Weg in die Erwachsenenwelt eine Fülle von Entwicklungsaufgaben zu bewältigen 1 • sich von den Eltern lösen • mit der Entwicklung der Sexualität klarkommen und ihr körperliches Erscheinungsbild akzeptieren • einen Freundeskreis aufbauen, Anschluss bei einer Gruppe finden • Entscheidungen für Berufs- und Bildungsziele treffen • in der Schule und im Ausbildungsbetrieb „zurechtkommen“ und mit Autoritäten umgehen lernen • eigene Erwartungen und Grenzen herausfinden • eigene Kräfte und Fähigkeiten erfahren und Verantwortungsgefühl entwickeln

Neben den Eltern als Erziehungsberechtigte spielen Bezugspersonen aus dem Schul- und Freizeitbereich eine wichtige Rolle in diesem Lernprozess. Durch Informationen und persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema können auch Vereinsfunktionär/innen, Nachwuchstrainer/ innen und Jugendleiter/innen ihre Schützlinge unterstützen, einen angemessenen Umgang mit Alkohol zu erlernen, der Genuss nicht ausschließt, aber hilft, eine mögliche Abhängigkeit zu verhindern. Klare Grenzen sind dabei notwendig.

5


Ziel dieser präventiven Arbeit muss es sein, problematische Verhaltensweisen wie zum Beispiel nicht altersgemäßen, zu frühen Konsum, gesundheitsschädigendes Verhalten, Konsum in unangemessenen Situationen oder abhängigen Konsum zu verringern. Die Förderung eines verantwortungsvollen und kompetenten Umgangs mit Alkohol bedeutet, das Ausprobieren zu verschieben und die Intensität zu reduzieren, mäßigen Konsum von Alkohol in tolerierten Situationen, Verzichten in bestimmten Situationen, Herabsetzen der Konsummenge pro Anlass und Verringerung der Häufigkeit des exzessiven Konsums. Mit dem vorliegenden Handbuch und den Videoclips möchte die Österreichische BundesSportorganisation den Verantwortlichen in Sportvereinen Materialien zur Verfügung stellen, die zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik „Jugend, Sport und Alkohol“ anregen, um so die Kompetenz der für den Nachwuchs verantwortlichen Personen, aber auch der Jugendlichen selbst, im alltäglichen Um­gang mit dieser Substanz zu verbessern.


Jugend, Sport & Alkohol

E

ine aktuelle Studie aus Deutschland2 unterstreicht die Bedeutung dieses Themas auch im Sport. Dabei wurde ermittelt, dass jugendliche Vereinssportler/innen beim Alkoholkonsum keineswegs zurückhaltender als Nicht-Vereinsmitglieder sind. Im Vergleich dazu sehen die Statistiken bei Zigaretten anders aus. Hier liegen die Konsumraten der Sportvereinsjugendlichen deutlich niedriger. Offensichtlich befürchten die Vereinsmitglieder Einbußen ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit durch Nikotin. In beiden Punkten gibt es große sportartenspezifische Unterschiede. So ging etwa in der Untersuchung hervor, dass gewisse Mannschaftssportarten in punkto Alkohol- und Nikotinkonsum Spitzenreiter sind. Wenn man den Alkoholkonsum in Zusammenhang mit Jugendlichen und Sport anspricht, ist es nicht ausreichend, sich nur mit den Sportler/innen selbst zu beschäftigen. Man muss auch die Situation der Zuschauer, Eltern, Trainer/innen und Funktionär/innen beleuchten. Dies umso mehr, wenn man sich die Zahlen verdeutlicht, bei denen sich eine Mehrheit gegen jeglichen Alkoholkonsum bei folgenden Tätigkeiten ausspricht. Dabei rangiert das aktive Sporttreiben mit (69%) hinter dem Lenken eines Kraftfahrzeugs (72%) und noch vor der Arbeit (64%) an zweiter Stelle. Die Ablehnung von Alkohol im Zusammenhang mit Sport bezieht sich allerdings nur auf die aktive Sportausübung. Der Anteil jener, die Alkoholkonsum bei einer Sportveranstaltung als Zuschauer unangemessen finden, beträgt nämlich nur 39 %. Umgekehrt bedeutet das, dass 61% der Befragten Sport und Alkohol gemeinsam konsumieren3 . Gründe für Alkoholkonsum bei Jugendlichen (u.a.): • erwachsen wirken wollen • Vorbilder oder Bezugspersonen trinken ebenfalls • es ist „cool“ • spannend gegen Verbote zu verstoßen • Alkohol ist fast überall verfügbar

• • • • •

7

dazugehören zu einer Gruppe es hebt die Stimmung anregend oder entspannend Langeweile Bewältigung von Problemen oder frustrierenden Erlebnissen


Alkohol

D

as Wort Alkohol ist arabischen Ursprungs und bedeutet so viel wie „das Feinste“. Er wird seit Menschengedenken als Nahrungs-, Heil-, Genuss- und Rauschmittel gebraucht. Bier, Wein und gebrannte Wasser in Mitteleuropa oder vergorene Stutenmilch und Kaktusschnaps anderswo waren und sind Kultur- und Konsumgüter von symbolischer und ökonomischer Bedeutung. Alkohol entsteht durch Vergärung oder Destillation und hat einen charakteristischen Geschmack, der außer in Alkopops* in jedem alkoholischen Getränk wahrnehmbar ist. Durch den natürlichen Vorgang der Vergärung kann ein maximaler Alkoholgehalt von 18 Volumprozent (% Vol.) erreicht werden. Um Getränke mit einem höheren Alkoholgehalt zu erhalten, wird der gewonnene Alkohol mittels Destillation („Brennen“) konzentriert (bis zu 80% Vol. bei Spirituosen)5 . Die wirksame Substanz in alkoholischen Getränken ist Ethanol. Ältere Nomenklaturen ver­wendeten die Bezeichnungen Äthanol, Äthylalkohol oder Ethylalkohol. Weiters werden auch die Namen Reinalkohol und Weingeist verwendet. Alkoholgehalt – durchschnittliche Werte 3 Bier Most Wein und Sekt Spirituosen

5 % Vol. 6 % Vol. ca. 11,5 % Vol. ca. 35 % Vol. (je nach Produkt zwischen 15 und 96 Vol. %)

* Alkopops sind geschmacklich an Fruchtsäften orientiert, dies verschleiert dem Körper und seinen Reaktions­mechanismen den wahren Alkoholgehalt.

8


Aufnahme und Abbau von Alkohol im KÖrper

A

lkohol wird nach der Aufnahme zunächst im Blut und danach im gesamten Körperwasser verteilt. 30 bis 60 Minuten nach der Aufnahme ist die höchste Konzentration des Alkohols im Blut erreicht, nach weiteren 30 Minuten ist der Alkohol im gesamten Körper gleich­mäßig verteilt.

Die Entwicklung des Blutalkoholspiegels nach dem Konsum eines alkoholischen Getränks hängt von folgenden Faktoren ab: • der konsumierten Menge reinen Alkohols • der Aufnahmegeschwindigkeit in Magen und Darm, die ihrerseits wiederum u.a. von Konzen­tration und Temperatur des alkoholischen Getränks, Art und Menge von gleichzeitiger Nah­r ungs­zufuhr, Kohlensäuregehalt etc. abhängt • dem Gewicht • der Geschwindigkeit des Alkoholabbaus Der Alkoholabbau beginnt sofort nach der Alkoholzufuhr. 90 - 95 Pro­ zent des Alkohols werden in der Leber abgebaut, der Rest wird unverändert durch die Nieren oder durch die Haut aus­ge­schieden. Der Alkoholabbau erfolgt weitgehend gleichmäßig mit einem konstanten Wert pro Stunde. Man kann von einer durch­schnittlichen Abnahme von 0,1 - 0,2 Promille pro Stunde ausgehen, wobei der Abbau bei an Alkohol gewöhnten Personen rascher vor sich geht. Frauen weisen bei gleicher konsumierter Alkoholmenge durch­ schnittlich höhere Blutalkoholwerte und Alkohol­konzentrationen im Gewebe auf als Männer. Dafür sind drei Faktoren verantwortlich. Erstens sind Frauen leichter als Männer, zweitens haben Frauen einen höheren Körperfettanteil (Alkohol verteilt sich nur im Körperwasser, aber nicht im Fettgewebe) und drittens gibt es bei Frauen hormonbedingt einen langsameren Alkoholabbau6 .

9


D

ie Auswirkungen von ein paar Gläsern Alkohol merken Jugendliche oftmals rascher als sie denken. Mädchen werden schneller betrunken als Burschen, da sie über weniger Muskel­masse und damit weniger Körperflüssigkeit verfügen. Die nachfolgend be­schriebenen Auswirkungen von Alkoholkonsum können bei Jugendlichen früher und extremer ausfallen als bei Erwachsenen.

Unmittelbare Wirkung von Alkohol 0,2 bis 0,5 Promille: „Gerade noch locker“ Puls und Atmung werden schneller. Die Blutgefäße, welche direkt unter der Haut liegen, werden weiter, wodurch einem warm wird. Der Geschmackssinn und die Sehfähigkeit gehen etwas zurück, auch die Schmerzempfindlichkeit nimmt ab. Der Appetit wird angeregt und man muss öfter auf die Toilette7. 0,5 bis 1 Promille: „Ganz schön blau“ Das Verhalten und die Stimmung verändern sich spürbar. Man überschätzt sich leicht und fühlt sich aufgedreht, während man in Wirklichkeit zunehmend betäubt wird. Erinnerungs- und Reaktions­ vermögen nehmen ab. Man kann Situationen nicht mehr so gut einschätzen. Die Koordination der Muskeln wird schlechter. Der sogenannte Tunnelblick und somit eine Verengung des Blickfelds tritt ein7. 1 bis 2 Promille: „Stark betrunken“ Alle vorher genannten körperlichen Effekte werden stärker. Man ist emotionaler als sonst und Hemmungen verschwinden. Man findet alles, was man macht, super! Meistens ist aber das Gegenteil der Fall. Das Gesicht wird rot und die Pupillen werden größer. Die Wahrscheinlichkeit, dass einem schlecht wird und man sich übergeben muss, steigt enorm7. 2 bis 3 Promille: „Stockbesoffen“ Alle Sinne sind in diesem Stadium betäubt. Man ist total orientierungslos und eigentlich nur noch körperlich präsent. Von allem, was man im nüchternen Zustand sehen und hören würde, bekommt man nur sehr wenig mit 7. Mehr als 3 Promille: „Totaler Knockout“ Die Atmung und der Puls werden so langsam und schwach, dass man mit hoher Wahrscheinlichkeit ins Koma fallen und sterben kann. Es drohen Atemstopp und Herzstillstand7. Das ist unrealistisch? Diese Menge ergibt sich, wenn jemand in einem sehr kurzen Zeitraum 1/2 bis 1 Liter Spirituosen á 40 Vol. % oder 2 bis 4 Liter Wein oder 4 bis 8 Liter Bier zu sich nimmt 6 .

10


Alkohol vor oder beim Sport

V

on Alkoholkonsum vor oder beim Sport wird generell abgeraten. In manchen Sportarten ist sogar ein Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen möglich (siehe Seite 18).

Schon der Konsum in geringen Maßen erweitert die Blutgefäße und bewirkt, dass das Herz mehr Kraft aufwenden muss, um das Blut durch den Körper zu pumpen. Die beim Sport notwendige Muskulatur wird dadurch unterversorgt. Außerdem erhöht Alkohol den Pulsschlag und die Atemfrequenz, was sich ebenfalls negativ auf die Leistung auswirkt 8 . Alkohol hat eine betäubende Wirkung auf das Gehirn, dadurch reagiert man langsamer als normal. Die Kontrolle über den Körper (Auge-Hand-Koordination, Gleichgewicht, Motorik) lässt nach. Auch die Sehkraft nimmt ab und man kann die Bewegungen immer schlechter kontrollieren. Alkohol senkt auch die Schmerzempfindlichkeit, außerdem wird unter Alkoholeinfluss mehr Risiko eingegangen, was die Verletzungswahrscheinlichkeit erhöht 8 . Auch die Stoffwechselprozesse sind durch Alkoholkonsum beeinflusst. Der Körper benötigt Kohlen­hydrate als Brennstoff, um den Alkohol abzubauen. Dadurch stehen während der sportlichen Betätigung weniger Kohlenhydrate für die Muskeln zur Verfügung, was sich klarerweise negativ auf die Leistung auswirkt. Ein weiterer ungünstiger Effekt des Alkohols ist seine entwässernde Wirkung. Bei intensiver sportlicher Betätigung und starkem Schwitzen verhindert Alkohol so das Regenieren des Wasserhaushalts und somit auch die Erholung des Körpers 8 . Am Institut für Sportwissenschaft der Universität Wien beschäftigte man sich vor kurzem mit den Aus-


Gleichgewichtsleistung in %

Veränderung der Gleichgewichtsleistung durch Alkohol10 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0%

bei 0,0 ‰ bei 0,8 ‰

bei 0,0 ‰ bei 0,8 ‰

Abbildung 1

wirkungen von Alkoholkonsum auf die sportliche Gleichgewichts-, Reaktions- und Ko­ordinations­ fähigkeiten. Unter der Leitung von Dr. Reinhard Guschelbauer wurden verschiedene Tests mit Sportstudenten zuerst ohne und dann unter steigendem Alkoholeinfluss durchgeführt. Dabei wurde laufend der Blutalkoholspiegel gemessen. Die nachfolgenden Ergebnisse unter­streichen die in diesem Kapitel genannten negativen Auswirkungen. In Abbildung 1 kann man erkennen, dass sich die durchschnittliche Gleichgewichtsfähigkeit bei den Probanden bei 0,8 ‰ um 20 bis 25 % gegenüber dem nüchternen Zustand verschlechtert. Interessanterweise ist der Rückgang bei Männern größer als bei Frauen. Der Grund dafür liegt in der Messmethodik. Da Männer im Schnitt größer sind als Frauen, schwankt natürlich auch ihr Körperschwerpunkt mehr und pendelt weiter aus, was sich negativ auf die Leistung auswirkt. Veränderung der Gleichgewichtsleistungsfähigkeit durch Alkohol10 Leistung in % zum individuellen Referenzwert

140 % 120 % 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0%

Person

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

bei 0,0 ‰

15

bei 0,8 ‰

Abbildung 2

12


Wenn man sich die Veränderung der Gleichgewichtsleistung unter Alkoholeinfluss bei den einzelnen Testpersonen genauer ansieht (Abbildung 2), wird ersichtlich, dass es große individuelle Unterschiede gibt. Bei einigen Personen kann das Niveau sogar gehalten werden bzw. verzeichnete ein Proband sogar ein besseres Ergebnis als in nüchternem Zustand. Diese Schwankungen sind natürlich abhängig von der Körperkonstitution bzw. ist auch davon auszugehen, dass nicht alle Testpersonen bei der ersten Messung ihre Maximalleistung erbracht haben. Der regelmäßige Gebrauch von Alkohol und die dadurch erhöhte Alkoholtoleranz spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle. Beim komplexen Reaktionstest hatten die Probanden jeweils Tasten für beide Hände und Füße und mussten auf angezeigte Symbole durch teilweise auch gleichzeitig kombinierten Tastendruck möglichst schnell reagieren. Beim hier angewandten Test der komplexen Reaktion musste die Testperson auf das vorgegebene „Signal“ so schnell wie möglich reagieren und die richtige Tastenkombination auswählen. Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass die komplexe Reaktionszeit mit zunehmendem Alkoholeinfluss ansteigt und unser Gehirn immer länger braucht, um die richtigen Befehle an die Muskulatur zu senden. • Einfachreaktion: bedeutet, dass auf ein vorab bestimmtes und genau definiertes Signal eine vorab genau definierte Reaktion möglichst schnell erfolgen soll (Startschuss, Sprintstart ...) • Auswahlreaktion: heißt, dass auf mehrere mögliche, unterschiedliche Signale eine jeweils passende maximale bzw. optimale Antwort oder Reaktion des/der Sportlers/in verlangt wird. Z.B. können hier Rückschlag- und Spielsportarten mit Gegnereinfluss herangezogen werden. Besonders interessant ist der Vergleich der durchschnittlichen Ergebnisse bei Einfach- und Auswahlreaktion unter Alkoholeinfluss (Abbildung 4 und 5). Dabei zeigt sich, dass Einfachreaktionen unter geringem Alkoholeinfluss teilweise schneller ausgeführt werden können, als im nüchternen Zustand bzw. der Leistungsniveau relativ lange stabil gehalten werden kann. Dr. Guschelbauer erklärt diese Tatsache folgendermaßen: „Es entsteht eine Art Tunnelblick, der es uns ermöglicht,

13


uns nur mehr auf Dinge in unserem zentralen Blickfeld zu konzentrieren und alles andere nicht mehr wahr zu nehmen. Durch die Blickfeldeinschränkung lassen wir uns also von peripheren Einflüssen nicht mehr stören.“

25 sec. 23 sec.

Veränderung der komplexen Reaktionszeit (sportbezogene Reaktion) durch Alkohol10

21 sec. 19 sec. 17 sec.

bei 0,0 ‰

15 sec.

bei 0,45 ‰ bei 1,0 ‰ bei 1,5 ‰ Blutalkoholwert (Mittelwerte)

Reaktionszeit in sec.; N=27

Somit wird auch die Erklärung geliefert, warum Alkohol in manchen Sportarten als Doping gilt (siehe Seite 18). Bei einem Blutalkoholwert von über 1,0 ‰ kommt es dann aber zu einem drastischen Abfall der Reaktionsfähigkeit, denn ab diesem Zeitpunkt verschwimmt auch der menschliche Tunnelblick.

Abbildung 3

Bei der Mehrfachreaktion führt Alkoholeinfluss aufgrund der deutlich höheren koordinativen Komponente und auch der Bedeutung der peripheren Wahrnehmung von Beginn weg zu ansteigenden Zeiten. Bemerkenswert ist, dass sich nicht nur die durchschnittliche Reaktionszeit, sondern auch die Schwankungen (Amplitude) der Ergebnisse vergrößert.

±Standardabweichung;

280 ms

260 ms

240 ms

200 ms

180 ms

160 ms

0,0 ‰

± 0,0 ‰

0,45 ‰

± 0,14 ‰

1,0 ‰

± 0,16 ‰

1,5 ‰

± 0,23 ‰

in ms; N=27;

Mittelwert;

220 ms

Blutalkoholwert zum Messzeitpunkt

Abbildung 4

±1,98*Standardabweichung

300 ms

30 sec.

28 sec.

26 sec.

±Standardabweichung;

320 ms

32 sec.

24 sec.

22 sec.

20 sec.

Mittelwert;

±1,98*Standardabweichung

340 ms

Mehrfachreaktionsleistung zu allen 4 Messpunkten10

18 sec.

16 sec.

14 sec.

0,0 ‰

± 0,0 ‰

0,45 ‰

± 0,14 ‰

1,0 ‰

± 0,16 ‰

1,5 ‰

± 0,23 ‰

Blutalkoholwert zum Messzeitpunkt

Abbildung 5

14

in sec.; N=27;

Einfachreaktionsleistung zu allen 4 Messpunkten10


B

ei körperlicher Anstrengung wird in den Muskeln ein Stoffwechselendprodukt namens Milchsäure (Laktat) gebildet. Dieses hemmt die Muskeln bei ihrer Kontraktion und wird in der Leber abgebaut. Wenn man nach dem Training oder Wettkampf Alkohol trinkt, so behindert dies den Erholungsprozess. Denn die Leber gibt dem Abbau von Alkohol Vorrang und vernachlässigt dadurch den Abbau der Milchsäure 8 . Die Alkoholzufuhr verursacht nach dem Sport einen zusätzlichen Flüssigkeitsverlust, der wiederum zu einem Mineralstoffmangel führen kann. Außerdem kühlt der Körper nach dem Trinken von Alkohol schneller aus. Da die Blutgefäße erweitert sind, fühlt sich der Körper warm an, gibt aber auch mehr Wärme nach außen ab 8 .

Alkohol nach dem Sport

„Kalorienbombe“ Alkohol Ein Gramm Alkohol enthält 7 Kilokalorien (kcal), was beinahe der Kalorienmenge von einem Gramm Fett (9 kcal) und mehr als in einem Gramm Zucker (4 kcal). Wenn der Körper mehr Kalorien aufnimmt, als er verbraucht, wird dieser Überschuss als Fett im Körper eingelagert. Das Trinken von Alkohol sorgt außerdem dafür, dass das körpereigene Fett langsamer abgebaut wird11.

Alkoholhaltiges Getränk12

Weißwein halbtrocken (0,25l) ... 183 kcal

Wodka, 40% Vol. (4cl) ... 86 kcal Cola-Rum (2cl Rum/ 0,2l Cola) ... 168 kcal

Eierlikör, 20% Vol. (4cl) ... 100 kcal

Most (0,25l) ... 200 kcal

Bier (0,25l) ... 100 kcal Alkoholfreies Getränk12 Apfelsaft gespritzt (0,25l) ... 62 kcal

Cola normal (0,25l) ... 105 kcal Cola light (0,25l) ... 0,1 kcal

Mineralwasser (0,25l) ... 0 kcal

15


I

n der Literatur sind verschiedenste Grenzen für gesunde Erwachsene (!) zu finden, unter­ halb derer Alkoholkonsum „harmlos“ ist bzw. oberhalb derer eine Gefährdung besteht. Generell ist zu sagen, dass das Trinken von Alkohol dann als „risikoarm“ gilt, wenn maßvoll und an die jeweilige Situation bzw. an Alter und Geschlecht angepasst getrunken wird.

Wo liegen die Grenzen? Nachfolgende Grenzziehungen des britischen Health Education Councils wurden mehrfach auch in Publikationen der WHO (World Health Organisation) verwendet. Die „Harmlosigkeitsgrenze“, unter der Konsum als unbedenklich eingestuft wird, liegt bei Männern bei 24 g und bei Frauen bei 16 g reinen Alkohol pro Tag. Dies entspricht etwa einer Menge von 0,6 Liter Bier oder 0,3 Liter Wein bzw. 0,4 Liter Bier oder 0,2 Liter Wein. Die „Gefährdungsgrenze“ ist jener Wert, ab welcher der Konsum als gesundheitsgefährdend eingestuft wird. Dieser ist für Männer mit 60 g und für Frauen mit 40 g reinen Alkohol festgelegt, was zirka 1,5 Liter Bier oder 0,75 Liter Wein bzw. 1 Liter Bier oder 0,5 Liter Wein entspricht 9.

!!

An dieser Stelle möchten wir festhalten, dass sich die gerade angegebenen Daten auf erwachsene Menschen beziehen und lediglich als Orientierung hier angeführt wurden.

Berechnung des Alkoholgehalts Das nachfolgende Beispiel soll verdeutlichen, wie man den Reinalkohol-Gehalt eines Getränks und den Alkoholgehalt bei Mischgetränken berechnen kann. Berechnen des enthaltenen Reinalkohols Menge x Volumprozent Alkohol Beispiel: 0,25 Liter Bier mit 5 Vol. % = 0,25 x 0,05 = 0,0125 Reinalkohol (= 12,5 g) Beispiel „Radler“: Reinalkohol mit der Gesamtflüssigkeitsmenge ins Verhältnis setzen Reinalkohol : Gesamtflüssigkeit 0,25 Liter Bier + 0,25 Liter Limonade = 0,5 Liter Gesamtflüssigkeit 0,0125 : 0,5 = 0,025 x 100 = 2,5 Vol. % Die Menge an Reinalkohol beträgt in diesem Beispiel klarerweise noch immer 12,5 g.

16


Jugendschutzgesetze Kein Alkohol unter 16 Jahren * Keine Spirituosen und keine Mixgetränke unter 18 Jahren * genaue Alterskontrollen Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Alkohol ist gesetzlich von Bundesland zu Bundes­ land unterschiedlich und im jeweiligen Jugend- bzw. Jugendschutzgesetz definiert. Dabei sind drei Aspekte von Bedeutung: • Altersgrenzen (Definition von „Kindern“ und „Jugendlichen“) • Rahmenbedingungen des Konsums (öffentlicher bzw. privater Konsum) • Art der Verbote (Konsum, Weitergabe, Berauschung, etc.) Im Detail unterscheiden sich alle neun Landes­ gesetze in diesen Punkten. Zusammen­f assend kann man festhalten, dass in allen neun Bundesländern der öffentliche Konsum von alkoholischen Getränken durch Kinder und Jugendliche innerhalb bestimmter Alters­ grenzen (mehrheitlich: 16 Jahre für Bier, Wein, Sekt; 18 Jahre für Spirituosen) durch Konsum-, Weitergabe- bzw. Verkaufs­ verbote geregelt ist.


Alkohol & Doping

B

ei einigen Sportarten ist Alkohol im Wettkampf verboten. Dies betrifft vor allem Konzentrationssportarten. Einige Sportverbände geben Grenzwerte an, in anderen gilt bereits jeder Nachweis als Dopingverstoß. Der Nachweis erfolgt durch Atemtests und/ oder Blutproben.

Alkohol bewirkt zwar keine Leistungssteigerung, hat aber eine beruhigende Wirkung, hilft gegen Wettkampfnervosität und zitternde Hände. Verboten ist Alkohol deshalb vor allem in Sportarten, bei denen eine hohe Konzentration, innere Ruhe und eine „ruhige Hand“ erforderlich sind. Dazu gehören beispielsweise Bogenschießen, Kegeln, Bowling, Billard und Karate. Im modernen Fünf­ kampf gilt das Verbot, wenn Schießen zu den geforderten Disziplinen gehört. Bei Motorsport oder Luftsport versteht sich das Verbot schon durch die Unfallgefahr von selbst13 .

18


von Thomas Tatosa

Begleithinweise zu den Videoclips

D

ie nachfolgenden 6 Videoclips sind das Kernstück der vorliegenden Unterrichtsmaterialien. Sie zeigen typische Szenen aus dem Sport. Die in den Videoclips ausgewählten Sportarten stehen beispielhaft für alle Arten des Sporttreibens. Die Inhalte der Kurzfilme sind auf nahezu jede beliebige Sportart übertragbar.

Anstelle der alkoholischen Getränke wird eine grüne, alkoholfreie Flüssigkeit verwendet. Sie steht stellvertretend für alle Arten von Alkohol. Den Herausgebern dieser Unterrichtsmaterialien war es außerdem besonders wichtig, dass während der Dreharbeiten niemand zum Trinken von Alkohol animiert wird. Alle Szenen wurden mit Laiendarsteller/innen gedreht. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem First Vienna FC 1894, den De la Salle Schulen Wien-Strebersdorf, der SG UHC Land­haus/WAT 21, dem Sportunionsowie dem ASKÖ-Jugendreferat.

19


clip 1: Am sportplatz Inhalt Kinder im Volksschulalter trainieren unter der Aufsicht eines Trainers Fußball. Einige der Eltern, welche die Kinder zum Training bringen und auch abholen, sitzen in gemütlicher Runde zusammen, trinken gemeinsam und besprechen Organisatorisches. Die Stimmung ist gut und die Kinder sind vom Trainer optimal betreut. Thema Vorbildwirkung der Erwachsenen auf die Kinder. Fragen • Was bekommen die Kinder von dieser Situation mit? • Wie wirkt das gesamte Setting auf den Trainer und das Training? • Wie kann der Trainer bzw. der Verein reagieren? • Wer kennt diese Situation? Hintergrund Auch in diesem Clip geht es um die Vorbildwirkung der Erwachsenen und ihres Konsum­ verhaltens. Der Unterschied besteht darin, dass es sich hier um Eltern handelt, die öffentlich und anscheinend mit voller Berechtigung in ihrer Freizeit entspannt mit anderen Erwachsenen zusammensitzen und ein „gemütliches Glaserl“ zu sich nehmen. Auf vielen Sportplätzen gibt es Kantinen mit Alkohol im Angebot und die Eltern greifen auch gern auf dieses Angebot zurück. Die Trainingszeit der Kinder ist gleichzeitig die Freizeit der Eltern. Oft ergeben sich durch die Vereinsmitgliedschaft organisatorische Aufgaben für die Eltern. Ob es sich nun um reine Freizeit handelt oder kleinere Besprechungen abgehalten werden, Erwachsene trinken in geselliger Runde gerne Alkohol.

20


Die Reaktion des Trainers auf dieses Verhalten ist auf mehrere Arten interpretierbar: möglicherweise fällt ihm das Verhalten gar nicht auf, vielleicht hätte er auch gern ein Bier, oder aber er empfindet das Verhalten der Eltern aus verschiedenen Gründen als unangebracht und störend. Im Prinzip ist es wünschenswert, dass Eltern ihre Kinder beim Spiel beobachten und auf diese Art an der Aktivität ihrer Kinder unmittelbar (zusehen, anfeuern, gratulieren und trösten, den Kindern Aufmerksamkeit schenken) teilhaben. Es macht auch einen Unterschied für die Kinder, ob sie beim Sportverein abgeliefert werden und die Eltern sich während des Trainings für sich amüsieren, oder an dem Geschehen teilhaben wollen und sich für die Kinder interessieren. Ehrenamtliche Tätigkeiten für den Verein sind notwendig und auch – wie der Name schon sagt – ehrenwert. Es ist sicher möglich, diese Aufgaben mit dem Erlebnis eines Trainings oder Matches zu vereinbaren. Alkoholkonsum bei einer Kinderveranstaltung ist zu hinterfragen. Das Dilemma liegt wie so oft in der erwünschten und der tatsächlichen Realität. Eine Biermarke war einer der Hauptsponsoren der EM 2008, die UEFA Champions League wird von einer anderen Biermarke unterstützt. Bier und Fußball werden hier massiv durch Branding in allen Altersgruppen als zusammengehörig dargestellt. Erwachsene erwarten von Jugendlichen oft vernunftbetontes Handeln, das sie selber nicht an den Tag legen. Wenn Kinder und Jugendliche Verhaltensweisen an Erwachsenen oft beobachten, werden sie diese als „normal“ betrachten und später in ihr Verhaltensrepertoire aufnehmen. Die Gratwanderung zwischen selbstbestimmter Freizeitgestaltung und dem Bewusstsein immer und überall als Vorbild zu fungieren, ist eine Herausforderung für Er­ wachsene. Was kann man tun? Rolle des Trainers Der Trainer ist der Leiter der Kindergruppe und steht in direkter Verbindung mit den Eltern. Er kann ein Gespräch mit den Eltern suchen und seinen Standpunkt klar machen. Für die Kinder

21


gelten Regeln im Training, es könnten Richtlinien auch mit den Eltern erstellt werden. Diese Richtlinien könnten eventuell auch in die Statuten des Vereins aufgenommen werden. Auswahl im Lokal Erwachsene sind meist nicht auf das preisgünstigste Angebot der Kantine (oft Bier) angewiesen, können sich also relativ frei entscheiden, was sie konsumieren. Trotzdem ist das Angebot der Kantine relevant, da ja auch Kinder hier ihre Getränke kaufen werden. Analog zu den Gedanken zum Clip „Gemeinsam“ (Seite 31) kann es sinnvoll sein mit den Betreiber/innen der Kantine ein Gespräch zu diesem Thema zu führen. Wie kann man zu diesem Clip mit Jugendlichen arbeiten? Ausgehend von den Moderationsanleitungen am Ende des Handbuches kann mit den Jugendlichen zu folgenden Fragen gearbeitet werden. Jugendliche sind in ihrer Lebenswelt die Experten. Die Gedanken und Lösungen, die sie finden, mögen sie auch sehr unkonventionell sein, sind wertvoll und zeigen deutlich ihren Standpunkt. • • • •

Was bekommen die Kinder von dieser Situation mit? Wie wirkt das gesamte Setting auf den Trainer und das Training? Wie kann der Trainer reagieren? „Dürfen“ Erwachsene Alkohol trinken, wenn Kinder zusehen?

22


Inhalt Am Tag vor dem Tennisturnier feiern die Jugendlichen in einer Disco. Es wird Alkohol getrunken und getanzt. Die Stimmung ist prächtig. Am nächsten Tag verliert der Junge und sein Gegner wird geehrt und bejubelt. Hinweis Der Junge weiß, dass er am nächsten Tag ein Tennisturnier spielen wird.

clip 2: Das Turnier Thema Die Einschätzung des eigenen (Konsum-)Verhaltens und die Folgen aus diesem Verhalten. Fragen • Wie geht es dem Betroffenen? • Hast du schon einmal eine ähnliche Situation erlebt oder beobachtet? • Warum verliert der Junge das Tennismatch? • Warum trinkt der Junge Alkohol, wenn er weiß, dass er am nächsten Tag ein Tennisturnier spielen wird? • Wie würdest du dich als Trainer/in in dieser Situation verhalten? • Hättest du als Trainer/in im Vorfeld irgendetwas anders machen können? Hintergrund Der Junge in dem Clip feiert am Abend vor seinem großen Spiel und geht anscheinend beruhigt zu Bett. Er hat Erfahrung im Sport und weiß um seine Leistungen im Tennis. Er kennt auch den Wert der Disziplin, ohne die er nicht auf das sportliche Niveau gekommen wäre, das er jetzt hat. Wahrscheinlich kann er seine eigene Leistungsfähigkeit und sein Können relativ gut einschätzen. Mit dem Spiel und dem erwarteten Sieg sind auch Erwartungen verbunden: • Anerkennung durch die Familie, durch den/die Trainer/in oder den Freundeskreis. • Die Überprüfung der eigenen Leistung und die Befriedigung, wenn sich die Vision in Realität verwandelt. • Eventuell gibt es auch ein Preisgeld für den Gewinner, was neben der sportlichen Herausforderung ein weiterer Anreiz zum Gewinnen ist. Was für den Sport gilt, ist auch für den „anderen“ Freizeitbereich in diesem Clip gültig. Für die Situation in der Disco, fürs „Fortgehen“ gibt es genauso Erfahrungswerte, auf die wir zurückgreifen können. Wir haben im besten Fall analog zum Sport fundiertes Wissen über unsere Grenzen, unser Verhalten und unsere Reaktionen in verschiedenen Situationen (z.B. welchen Alkohol wir

23


gut und welchen wir nicht vertragen, was uns schmeckt, wie viel wir trinken können, wie wir reagieren wenn wir Alkohol trinken). Diese Selbsteinschätzung funktioniert beim Tennisspieler in diesem Clip offenbar nicht, wenn wir annehmen, dass der Alkoholkonsum verantwortlich für das Ergebnis des Spieles ist. Ein wichtiger Unterschied zum Sport besteht im Leistungsgedanken. Während das Erlebnis Sport unter anderem durch den Wert Leistung definiert wird, muss dieser Aspekt beim Konsum von Alkohol (oder anderen Substanzen) ohne Bedeutung bleiben. Im Glossar werden Begriffe wie Set, Setting und Break erklärt. Der richtige Umgang mit diesen Begriffen erhöht unsere Rauschkompetenz, also unsere Sicherheit im Umgang mit außeralltäglichen Erfahrungen, die durch Bewusstseinsveränderungen hervorgerufen werden. Der Druck, den eine Gruppe auf Teile dieser Gruppe (also auch einzelne Personen) ausüben kann, ist hoch. Dem entgegenzuwirken ist dementsprechend schwer. Eine Interpretation der Szene könnte sein, dass der Tennisspieler, der durch das regelmäßige Training sehr wenig Zeit für seine Freunde hat, nicht der Spielverderber sein will, angesichts der Tatsache, dass er ohnehin schon wenig mit seinen Freunden unternehmen kann. Eine weitere könnte so aussehen: Es wird in Medien oft suggeriert bzw. dargestellt, dass Konsum von Alkohol (Substanzen) dazugehört und keinen Widerspruch zu welcher Leistung auch immer darstellen muss. Der Tennisspieler könnte seine eigene Selbsteinschätzung zugunsten von Wunschvorstellungen, die durch andere Einflüsse entstehen, zurückstellen. Was kann man tun? Im Training muss es Raum für die persönliche Auseinandersetzung mit der Befindlichkeit des Jugendlichen geben. Der/Die Trainer/in hat auch hier eine Aufgabe. Die Selbsteinschätzung im sportlichen Bereich darf nicht die einzige bleiben, im besten Fall weitet der Jugendliche seine Lernerfahrungen aus dem Training auf andere Lebensbereiche wie z.B. Freizeitgestaltung aus.

24


Die Motive des Jugendlichen für sein Engagement im Sport sind für den/die Trainer/in auch interessant. Es ist ein Unterschied, ob der Jugendliche Erwartungen seiner Eltern oder anderer Menschen befriedigt, oder ob er aus freien Stücken, Begabung und Freude an der Sportart zum Training kommt. Es ist wichtig, dass Jugendliche ihre Aufmerksamkeit in dieser Phase des Lebens nicht ausschließlich einer Sache widmen. Das Ziel ist eine „Ausgewogenheit im Erleben“. Wie kann man zu diesem Clip mit Jugendlichen arbeiten? Ausgehend von den Moderationsanleitungen am Ende des Handbuches kann mit den Jugendlichen zu folgenden Fragen gearbeitet werden. Jugendliche sind in ihrer Lebenswelt die Experten. Die Gedanken und Lösungen, die sie finden, mögen sie auch sehr unkonventionell sein, sind wertvoll und zeigen deutlich ihren Standpunkt. Fragestellungen: • Welche Konsequenzen kann die Niederlage für den Tennisspieler haben (Denkrichtungen können sein: Erkenntnis, Frust, Reaktionen des sozialen Umfeldes, …)? • Was sind mögliche Reaktionen des sozialen Umfeldes (Trainer/in, Eltern, Freunde aus der Disco, …)? • Was ist die Motivation des Tennisspielers zur Ausübung seiner Sportart (Spaß am Sport, Erwartungen der Eltern, Begabung,…)? • Welchen Rahmen kann man schaffen, damit sportlich aktive Jugendliche auch feiern und „dabei sein“ können? • Wie kann man diese Bereiche vereinbaren? • Was kann alles für das Ergebnis des Spiels verantwortlich sein?

25


clip 3: Das Mittagessen Inhalt Jugendliche trainieren Badminton. Der Trainer wärmt auf, leitet an und kümmert sich um jeden einzelnen. In der Mittagspause wird in der Kantine gemeinsam gegessen. Der Trainer nimmt sich Alkohol zu seiner Mahlzeit. Thema Vorbildwirkung einer Autoritäts- und Vertrauensperson in einem professionellen Rahmen. Fragen • Wie reagieren die Jugendlichen in dieser Situation? • Darf der Trainer Alkohol trinken? • Wenn „Ja/Nein“, warum? • Wer kennt diese Situation aus dem eigenen Erleben? • Wie würdest du als Trainer/innen-Kollege oder Elternteil reagieren? Hintergrund Erwachsene haben Vorbildwirkung, auch wenn sie durch persönliche Intervention nur mehr sehr wenig direkten Einfluss auf Jugendliche haben – im Gegensatz zu Kindern bis 14 Jahren. Zum Trainer existiert hier zusätzlich eine Basis des Vertrauens, und er hat durch seine Rolle eine Autoritätsfunktion. Diese Faktoren verstärken die Vorbildwirkung. In Österreich gilt es in vielen Gegenden als „normal“, wenn Bier oder Wein zum Essen konsumiert wird. Alkohol ist allgegenwärtig in unserer Kultur und Wirtschaft. Es werden ganze Landstriche nach alkoholischen Produkten benannt (z.B. Weinviertel in Niederösterreich). Der Trainer befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen Selbsteinschätzung (wie reagiert er auf eine gewisse Menge Alkohol) und der Verantwortung, die er in einem professionellen Rahmen trägt. Es ist allerdings offen, wie die Situation weitergeht. Es sind einige Varianten denkbar:

26


• • • •

Das Training ist mit dem Mittagessen zu Ende. Das Training geht nach dem Mittagessen weiter. Es ist Mittagspause, der Trainer sitzt bei den Jugendlichen. Es ist Mittagspause, der Trainer sitzt alleine oder mit anderen Erwachsenen.

Grundsätzlich ist diese Situation ambivalent zu betrachten. Ein Richtig oder Falsch gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Letztlich geht es auch hier um Selbsteinschätzung und -verantwortung, nämlich die des Trainers. Sollte das Training am Nachmittag weitergehen, ist es natürlich falsch, Alkohol zu trinken. Ist das Training zu Ende muss es die Entscheidung des Trainers bleiben, ob er Alkohol trinkt oder nicht. Allerdings ist es immer sinnvoll, sich als Erwachsener, der mit Jugendlichen arbeitet, die eigenen Motive und die Wirkung auf Jugendliche bewusst zu machen. Was kann man tun? Als Trainer/in ist es falsch, Alkohol während eines Trainings zu konsumieren, wenn Jugendliche anwesend sind und/oder das Training am Nachmittag fortzuführen ist. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Einstellung und dem eigenen Umgang mit dem Alkohol kann hier klärend wirken. Wie kann man zu diesem Clip mit Jugendlichen arbeiten? Ausgehend von den Moderationsanleitungen am Ende des Handbuches kann mit den Jugendlichen zu folgenden Fragen gearbeitet werden. Jugendliche sind in ihrer Lebenswelt die Experten. Die Gedanken und Lösungen, die sie finden, mögen sie auch sehr unkonventionell sein, sind wertvoll und zeigen deutlich ihren Standpunkt. Fragestellungen • Was genau wird in diesem Clip beschrieben? • Wie reagieren die Jugendlichen in dieser Situation? • Wie entwickelt sich die Szene weiter? (Sitzt der Trainer bei der Gruppe oder an einem anderen Tisch? Wie sieht das Training am Nachmittag aus? Gibt es eines?) • Ist es Privatsache des Trainers, ob er Alkohol trinkt oder nicht?

27


clip 4: Camp Inhalt Die Teilnehmerinnen des Trainingslagers treffen in der Herberge ein. Beim Auspacken auf den Zimmern werden auch Flaschen mit Alkohol aus den Taschen geholt und den anderen gezeigt. Thema Verbindung mehrerer Erlebnisse: Lager- und Ferienstimmung, Vorfreude auf den Rausch, Sport, Zusammensein mit Freunden Fragen • Wer kennt diese Situation? • Welche sind die passendsten Getränke für ein Trainingslager? Warum? • Wie könnte die Zimmergenossin reagieren? • Wie kann man als Trainer/in solche Situationen vermeiden? • Welchen Einfluss hat das Alter der Teilnehmer/innen auf Rechte und Pflichten im Camp? Hintergrund Dieser Clip passt thematisch zu den Clips „Niederlage“ und „Gemeinsam“ und spricht die Freizeitgestaltung und die Festkultur unter Jugendlichen an. Zu den bereits beschriebenen Aspekten der Clips wie dem Verhalten innerhalb der Gruppe, der Freizeitgestaltung und der Selbsteinschätzung kommt ein weiterer: die Vorfreude auf ein Ereignis, das auch eine Regelverletzung sein und gerade dadurch an Bedeutung gewinnen kann. Es ist eine Tatsache, dass Menschen nach Rauschzuständen streben. Oft wird dies mit Festen oder Ritualen verbunden, die Identität und Struktur einer Gesellschaft stabilisieren. Das heißt aber auch, dass das Erlebnis „Rausch“ (nicht zu verwechseln mit dem Begriff Sucht) positive Effekte hat. Diese positiven Aspekte sind ein Ansatzpunkt zu diesem Clip. Der zweite Ansatzpunkt ist das Risiko: ein Verbot wird übertreten. Das löst eine gewisse Spannung aus und schafft eine Atmosphäre von Bedeutung.

28


Der Handlungsansatz „Risflecting“ nach Gerald Koller beschäftigt sich genau mit diesem Spannungsfeld zwischen Rausch und Risiko. Unter Rausch wird hier eine prozesshafte Veränderung sinnlicher und sozialer Wahrnehmung, also von Eindrücken, Emotionen, Grenzen und Konventionen verstanden. Risiko meint die Verbindung von Ungewissheit und Bedeutsamkeit, die mit einem Ereignis einhergeht und zur Auseinandersetzung mit ihm und seinen Folgen auffordert. Was kann man tun? Die Regeln, die auf so einem Camp gelten, müssen für alle Beteiligten klar sein. Auch Abstufungen, z.B. aufgrund von verschiedenen Altersgruppen oder Rollenverteilungen sind möglichst transparent zu halten. Eine einfache Methode, Alkoholkonsum zu unterbinden, ist die Taschen zu kontrollieren. Dies muss aber für alle gelten und die Kontrolle muss für alle gleich vor sich gehen. Die Gefahr der Diskriminierung einzelner Personen (von denen man im Vorhinein annimmt, sie hätten „eh“ Alkohol mit) ist hier groß. Siehe dazu auch das ARCTOS-Handbuch der Österreichischen BundesSportorganisation. Es darf keine Ausnahmen geben und die Konsequenzen müssen für alle gleich sein. Dies verhindert aber noch nicht, dass junge Menschen, die motiviert sind, sich Zugang zu Alkohol zu verschaffen. Das würde weitere regelmäßige Zimmerkontrollen erforderlich machen. Dieses Versteckspiel kann einen gewissen Reiz haben und für Jugendliche wie Betreuer/innen zu einem regelrechten Wettstreit werden. Im Prinzip gibt es zwei Handlungsmöglichkeiten: Prohibition oder Integration des Alkoholkonsums (innerhalb des Rahmens des Jugendschutzgesetzes, das von Bundesland zu Bundesland leicht abweichen kann). Dies muss kein Gegensatz sein. Es kann auf dem Lager Alkohol generell verboten sein, aber an einem Abend (z.B. Abschluss oder Ankunft, Feiertag oder Geburtstag) in einem genau definierten Rahmen (Einhaltung des

29


Jugendschutzes, Einverständnis der Eltern, Erarbeitung des Themas mit Jugendlichen, Menge und Art des Alkohols,…) erlaubt werden. Je genauer Sinn und Zweck dieser Feier in der Veranstaltung, sowie die strukturellen Rahmenbedingungen mit allen Beteiligten und Verantwortlichen abgeklärt sind, desto besser. Der Nervenkitzel und der Rausch können aber auch auf vollkommen anderem Weg durch die Programmgestaltung des Lagers angeboten werden. Welche Möglichkeiten es dafür gibt, kann im Team vor dem Lager und mit den Jugendlichen gemeinsam erarbeitet werden. Jugendliche sind im Allgemeinen erfinderisch, wenn man sie dahingehend motivieren kann. Wie kann man zu diesem Clip mit Jugendlichen arbeiten? Ausgehend von den Moderationsanleitungen am Ende des Handbuches kann mit den Jugendlichen zu folgenden Fragen gearbeitet werden. Jugendliche sind in ihrer Lebenswelt die Experten. Die Gedanken und Lösungen, die sie finden, mögen sie auch sehr unkonventionell sein, sind wertvoll und zeigen deutlich ihren Standpunkt. Fragestellungen • Welche sind die passendsten Getränke für ein Trainingslager? Warum? • Wie könnte die Zimmergenossin in der Situation reagieren? • Ist es okay, auf einem Lager ein bisschen zu feiern? Wie würdet ihr das machen? • Wie alt sind die Teilnehmer/innen im Clip? • Sollte das Alter eine Auswirkung auf Rechte und Pflichten auf einem Trainingslager haben oder für alle die gleichen Regeln gelten? • Wie kann man das Programm eines Lagers spannender gestalten?

30


clip 5: Gemeinsam Inhalt Eine Gruppe junger Leute trainiert im Fitnesscenter. Nach dem Training geht es gemeinsam in ein Restaurant. Der Kellner nimmt die Bestellungen auf und bringt die gewünschten Getränke. Thema Konsumverhalten junger Menschen, die sich treffen, um ihre Freizeit zu verbringen. Auswahl der Mittel, um den Körper zu versorgen (Bewegung, Nahrung, Getränke). Angebote der Gastronomie. Fragen • Kennst Du diese Situation? • Welche Getränke bevorzugst Du nach einem Training? • Trinken alle in dieser Gruppe das gleiche? • Wenn „Ja/Nein“, warum? Hintergrund Körperbewusstsein und Wohlbefinden sind derzeit zwei der wichtigsten Faktoren für eine gelungene Lebensgestaltung aus der Sicht junger Menschen14 . Wohlbefinden kann auch durch Handlungen und Verhaltensweisen ausgelöst werden, die im medizinischen Sinn als ungesund bezeichnet werden müssen. Der klassische Gesundheitsbegriff verliert hier seine Konturen. Gesund ist, was uns gut tut, allerdings tun uns auch Dinge gut, die nicht gesund sind. Die Gesundheitsforschung beschäftigt sich mit diesem Dilemma. Dies trifft auch auf die Freizeitgestaltung junger Menschen zu. So ist es kein Widerspruch, den Körper zu pflegen (Bewegung, Stoffwechsel, Hygiene), und danach eine ganze Nacht lang zu tanzen, auch unter Einfluss von Substanzen. Das Modebewusstsein und die Schönheitsideale der Jugend richten sich oft nach der Szene, in der sie sich bewegen, und deren Codes (Kleidung, Körperschmuck wie Piercings oder Tattoos). So kann es zu einer Umkehr der Motive kommen:

31


der Körper wird gepflegt, um gesellschaftlichen Normen zu entsprechen. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind Nebenerscheinungen. Das Training kann also Teil eines ganzen Tages sein, den die jungen Leute gemeinsam erleben und gestalten. Es kann der Mittelpunkt sein, um den sich alle anderen Aktivitäten herum aufhängen. Es kann aber auch ein Mosaikstein in einem Ablauf von Ereignissen sein. Manche Jugendliche bestellen alkoholische Getränke, andere nicht. Die Wahl der Getränke hängt von einigen Faktoren ab: Konsumverhalten der einzelnen Personen in der Gruppe und der Gruppe als Ganzes Je nachdem wie die Gruppe ihre Freizeit normalerweise gestaltet, wird sich hier das Konsumverhalten beim Essen nach dem Training auch danach orientieren. Je kompetenter die Gruppe und ihre einzelnen Mitglieder im Umgang mit Alkoholkonsum (und anderen rauschhaften Erlebnissen) sind, desto bewusster wird die Wahl des Getränkes getroffen. Die Reaktionen auf einen Alkoholverzicht können daher ein weites Spektrum an Reaktionen der Gruppenmitglieder hervorrufen. Dieses reicht von Ablehnung und Gruppenzwang bis zur Nichtbeachtung des Umstandes. Letzteres würde voraussetzen, dass es in der Gruppe als „normal“ aufgefasst wird, wenn die einzelnen Mitglieder ihre Wahl autonom treffen. Gastronomie Das Getränkeangebot im Lokal, die Preisgestaltung und das Alter der jungen Leute sind ebenfalls von Bedeutung. Viele Gastronomen sind mittlerweile dazu übergegangen, preiswerte Alternativen zum Alkohol anzubieten. Im oben beschriebenen Sinn des „Strebens nach Wohlbefinden der Jugend“ ist das aber nur ein wichtiger Schritt von mehreren. Es nützt zwar, ein „Soda-Zitrone“ billiger anzubieten, als ein Krügerl Bier. Das Getränk sollte darüber hinaus auch in der Qualität und der Präsentation für Jugendliche interessant sein. Und wenn es nicht das einzige auf der Karte ist, das billiger als eine vergleichbare Menge Alkohol ist, dann ist zumindest eine gewisse „Chancen­ gleichheit“ auf dem Getränkesektor erreicht.

32


Was kann man tun? Die Aufmerksamkeit der Jugend kann auf einige Faktoren in der genussorientierten Freizeitgestaltung hin geschärft werden: Konsumverhalten Unterschiede zwischen Genuss, Gebrauch und Missbrauch einer Substanz wie Alkohol (oder eines Verhaltens, das rauschauslösend sein kann) sichtbar und verständlich machen. Wann trinke ich was und warum? In welchem Verhalten steckt Gefahr und in welchem definitiv nicht? Lokalführer Gespräche mit Jugendlichen über Lokale führen, die sie gern besuchen. Herausfinden, was ihnen dort gefällt. Gegebenheiten in der Gastronomie wie Ambiente, Bedienung, Angebot an Speisen und Getränken, Musik, etc. (die Kriterien können mit den Jugendlichen gemeinsam erarbeitet werden) wahrnehmen und bewerten. Daraus können sich Empfehlungen ergeben, die guten Gewissens auch an andere Jugendliche vermittelt werden können. Zeichen des Körpers „Durst ist nicht gleich Bier…“. Die Jugendlichen können durch Selbst-Wahrnehmung und Kommunikation dieser Eindrücke lernen, auf eindeutige Zeichen des Körpers (Durst, Düfte, „Gusto“, Verlangen nach bestimmten Speisen oder Getränken) besser zu reagieren. Anregung: Verkostung von verschiedenen Obstsorten, Fruchtsäften und auch alkoholischen Getränken (z.B. in Form eines Buffets) direkt nach dem Training. Anschließende Reflexion der Vorgänge im Körper und der dadurch ausgelösten Zustände (Wohlbefinden, Erfrischung, Ermüdung,…). Qualität vermitteln Jugendliche und Kinder lernen durch Vorbildwirkung. Der Umgang der Erwachsenen mit dem Thema Alkohol hat unmittelbare Auswirkungen auf das Verhalten Jugendlicher. Alkohol ist auch nicht wegdenkbar aus unserer Kultur („Der Gspritzte hat IMMER Saison“). Im Sinne der Förderung des bewussten Genusses und auch Berauschens (siehe www.risflecting.at), sowie nachhaltiger

33


Strategien wirtschaftlicher Natur, ist es empfehlenswert, den Jugendlichen regionale Produkte, die am besten auf biologische Weise hergestellt wurden, nahezubringen, anstatt auf Verzicht zu drängen. Wie kann man zu diesem Clip mit Jugendlichen arbeiten? Ausgehend von den Moderationsanleitungen am Ende des Handbuches kann mit den Jugendlichen zu folgenden Fragen gearbeitet werden. Jugendliche sind in ihrer Lebenswelt die Experten. Die Gedanken und Lösungen, die sie finden, mögen sie auch sehr unkonventionell sein, sind wertvoll und zeigen deutlich ihren Standpunkt. Fragestellungen • Welche Getränke bevorzugst du nach einem Training? • Warst du schon einmal einem Gruppendruck ausgesetzt? • Wie geht es jenen, die keinen Alkohol trinken? • Trinken alle in dieser Gruppe das gleiche? (Wenn „Ja/Nein“, warum?) Ideen/Anregungen • Erstellung eines „internen Lokalführers der näheren Umgebung“ • Erstellung von Vorschlägen für die Dorfwirte oder die Sportplatzkantine • Verkostungen

34


Inhalt Ein spannendes Handballspiel nimmt seinen Lauf. Beide Teams spielen mit großem Einsatz und viel Energie. Das schwarze Team entscheidet das Spiel für sich und feiert den verdienten Sieg mit großer Begeisterung. Zum Gewinnen gehören hier der Pokal, die ausgelassene Stimmung der Siegerinnen und auch der Alkohol.

clip 6: Champions

Thema Festkultur. Wenn wir uns freuen, etwas zu feiern haben, oder wiederkehrende Ereignisse stattfinden, ist in vielen Gegenden der Konsum von Alkohol, normal. Hinterfragen der Rolle des Alkohols in der Kultur, in der wir leben. Fragen • Wie geht es den Spielerinnen? • Welche Rolle spielt das Alter der Spielerinnen? • Wer kennt diese Situation aus der eigenen Erfahrung? • Wie bewertest du den Alkoholkonsum in dieser Situation? • Gibt es „bessere“ Alternativen? Hintergrund Entsprechend den Clips „Am Sportplatz“ und „Mittagessen“ stellt sich hier die Frage: Wie feiern wir eigentlich? Es gibt in den unterschiedlichen Lebenswelten und Kulturkreisen eine Unzahl an Ritualen, die besondere Ereignisse als solche in der Gesellschaft sichtbar machen. Oft ist damit auch die Einnahme von Substanzen verbunden, die bewusstseinserweiternd wirken (z.B. Sekt zu Silvester oder Geburtstag,…) Sport ist – unter anderem – ein Vehikel, um Wettkampf und Konflikte im weitesten Sinn auf eine ritualisierte, ethische Ebene zu heben. Ein paar Beispiele für diesen Ritualcharakter im Sport sind: Handshakes vor/nach dem Match, Verneigung vor dem Gegner bei diversen Kampfsportarten, Champagner bei der Formel 1, bestimmte Ehrungsvorgänge (z.B. Stockerlplätze für die ersten Drei, Pokalüberreichungen),… Hier wird relativ schnell klar, welche Tiefe (historisch wie psychologisch) dieses Thema hat und wie selbstverständlich es uns auf der anderen Seite erscheint, die Formen einzuhalten und anzunehmen. In manchen Ritualen ist Alkohol schlicht undenkbar, andere sind (auch technisch) ohne Alkohol nicht möglich (z.B. Champagnerbad bei der Formel 1-Siegerehrung).

35


Die Euphorie der Sportlerinnen in diesem Clip nährt sich durch den Sport und den Wettbewerb, der in einem Sieg endet. So wie es die Jugendlichen von der Kindheit an bei den Erwachsenen beobachtet haben, feiern sie ihren Sieg ausgelassen mit Alkohol. Dieses Verhalten ist an sich nicht problematisch. Es ist aber abzuklären, was im Rahmen der Sportveranstaltung erwünscht und passend ist und was nicht. Was kann man tun? Es wird gemeinsam mit den Jugendlichen nach Alternativen zum Alkohol gesucht. Diese Möglich­ keiten dienen als Grundlage für die weitere Arbeit mit der Gruppe. Es können Gruppen­r ituale für Siege und andere Situationen entwickelt werden, die sich aus dem zu­sammengetragenen Material zusammensetzen und zu den jeweiligen Settings passen. Wie kann man zu diesem Clip mit Jugendlichen arbeiten? Ausgehend von den Moderationsanleitungen am Ende des Handbuches kann mit den Jugendlichen zu folgenden Fragen gearbeitet werden. Jugendliche sind in ihrer Lebenswelt die Experten. Die Gedanken und Lösungen, die sie finden, mögen sie auch sehr unkonventionell sein, sind wertvoll und zeigen deutlich ihren Standpunkt. • Wie kann der/die Trainer/in und die einzelnen Personen reagieren? • Wie bewertest du den Alkoholkonsum in dieser Situation? • Gibt es „bessere“ Alternativen, um „richtig“ zu feiern? • Wie feierst du am liebsten einen Mannschaftssieg? • Welche Rolle spielt hier das Alter der Spielerinnen?

36


Erste HILFE

W

enn Alkohol in zu großen Mengen konsumiert wird, ist eine Alkoholvergiftung und Erbrechen die Folge. Dies ist der natürliche Abwehrreflex des Körpers gegen den Giftstoff „Alkohol“. Unter starkem Alkoholeinfluss sind die Reflexe verlangsamt und Schutzfunktionen des Körpers außer Kraft gesetzt. Das kann dazu führen, dass Betrunkene sich beim Erbrechen nicht mehr nach vorne beugen, wodurch Erbrochenes in die Luftröhre gelangen und man daran ersticken kann4 .

Mehr über die unmittelbare Wirkung von Alkohol ist ab Seite 10 dieses Handbuchs nachzulesen. An dieser Stelle ist natürlich festzuhalten, dass die allgemeinen „Erste Hilfe“-Regeln auch hier gelten. Was zu tun ist? • Achte auf deine Freunde! • Verhindere, dass die betrunkene Person nicht noch weiteren Alkohol zu sich nimmt! • Laß alkoholisierte Personen nie alleine! • Laß Betrunkene nicht aufrecht sitzen – immer in eine stabile Seitenlage bringen! • Betrunkene immer warm halten! (Zudecken, auf eine wärmere Unterlage legen, nasse Kleidung entfernen usw.)4 • Beengende Kleidungsstücke lockern bzw. öffnen, um die Atmung zu begünstigen! • Betrunkenen nichts mehr zu essen oder zu trinken geben! • Alkoholisierte Personen nicht absichtlich zum Erbrechen bringen!1 Bei starker Trunkenheit • Nicht alleine lassen! • Atemkontrolle! • Falls notwendig Mundhöhle entleeren, um Ersticken zu verhindern (z.B. durch Beseitigung von Erbrochenem)! • Die Rettung rufen! (Tel.: 144) • Den Helfer/innen ehrlich sagen, was und wie viel konsumiert wurde. Hier ist Verheimlichen fehl am Platz, denn es geht ums Überleben.4

37


Quiz 1) Wie lange hast du Alkohol im Blut, wenn du ein kleines Bier ge­ trunken hast? o eine halbe Stunde o ein bis zwei Stunden

o kommt drauf an, was ich gegessen habe o ich trink prinzipiell nur ein großes Bier

2) Die Alkoholmenge von drei Gläsern Biermix (= Radler, 0,33 l, 3,8vol% Alkohol) entspricht: o einem großen Bier o drei Gläsern Sekt (0,1 l)

o fünf Schnäpsen (0,2 cl) o zwei kleinen Bieren

3) Welche Organe werden durch übermäßigen Alkoholkonsum geschädigt? o alle o Leber und Gehirn

o Milz und Leber o Gehirn und Herz

4) Ein Hamburger mit Pommes Frites und drei Alkopops decken bereits wie viel Prozent deines täglichen Kalorienbedarfs? o 10% o 25%

o 50% o 70%

38


39 Quellen: na-toll-quiz (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung/Deutschland), Katerkarten (Gestaltung: Verlag Akzente Salzburg, pro mente OÖ) Lösungen: 1) b, 2) c, 3) a, 4) c, 5) falsch – Erklärung: Bier hat zwar Elektrolyte als Inhaltsstoffe, aber auch Alkohol und der hat in der Leber Vorrang vor der Milchsäure, die beim Sport entstehen kann. Der Alkoholabbau verhindert den Abbau der Milchsäure im Körper. Außerdem entwässert Alkohol den Körper und ist daher nicht geeignet, den Wasserhaushalt nach dem Sport wiederherzustellen., 6) wahr – Erklärung: Alkohol entzieht durch den Abbau dem Körper Wasser. Der Wassermangel ist mitverantwortlich für den Kater. Um dem entgegenzuwirken, ist es klug, viel Wasser zwischen den einzelnen Drinks zu dir zu nehmen. Das gleiche gilt am nächsten Morgen. Der „Brand“ will gelöscht werden – am besten mit klarem Wasser., 7) falsch – Erklärung: Bewegung an der frischen Luft ist ein gutes Katermittel. Sport unter Alkoholeinfluss zu treiben (auch am nächsten Morgen) kann den Körper überfordern. Koordination, Reaktion und Kondition sind vermindert. Das Risiko von Verletzungen ist deutlich erhöht., 8) falsch – Erklärung: Alkohol kann deine Stimmung verstärken. Einen guten Rausch kannst du genießen, wenn du gut beisammen bist. Verschiedene Situationen (Feiern, Entspannen,…) kannst du auf viele Arten erleben. Welche am besten passt, bestimmst allein du.

o wahr

o falsch

8) Die Aussage „Alkohol macht glücklich und gehört einfach dazu.“ ist ... o wahr

o falsch

7) Die Aussage „Sport ist der beste Katerkiller.“ ist ... o wahr

o falsch

6) Die Aussage „Viel Wasser dazwischen getrunken, vermindert den Kater am nächsten Morgen.“ ist ... o wahr

o falsch

5) Die Aussage „Bier ist das beste Elektrolytgetränk?“ ist ...


S

portvereine treten oft als Veranstalter auf. Die Vereinsverantwortlichen sollten sich bereits im Vorfeld Gedanken darüber machen, wie sie dem Alkoholmissbrauch oder Gewalt begegnen wollen. So können sie sich Stress und negative Schlagzeilen ersparen. Jeder von Ihnen, ob Caterer oder Veranstalter, kennt sicherlich zahlreiche Möglichkeiten, den Veranstaltungsort bzw. den Ausschankbereich für junge Leute attraktiv zu machen. Hier einige zusätzliche Tipps, die nicht nur jugendgerecht sind, sondern auch von Erwachsenen gerne angenommen werden:

Tipps für Veranstalter Kurzfristige Maßnahmen: • Weisen Sie auch im Eingangsbereich auf die Einhaltung der Jugendschutzbe­stimmun­ gen hin. Informieren sie Ihre Mitarbeiter/innen über die jeweiligen Jugendschutz­be­ stimmungen. • Geben Sie auf der Getränkekarte neben das Getränk eine Altersbewertung – ähnlich dem Kinoprogramm. z.B. „ab 18“ – für harte Getränke, „1+“ für alkoholfreie Getränke. • Servieren Sie bei alkoholischen Getränken GRATIS ein Glas Wasser mit – wie beim Kaffee. Hier ist auf die Form der Präsentation zu achten. • Bieten Sie die beliebtesten alkoholischen Getränke auch in alkoholfreien Versionen zu einem günstigeren Preis an (z.B. Virgin Mojito, Virgin Colada, alkoholfreies Bier, ...) • Gestalten Sie die Happy Hour, die meist frühabends stattfindet, auch mit alkoholfreien Cocktails. • Für unentschlossene Gäste, die eine Empfehlung wünschen: kreieren Sie einen speziellen alkoholfreien Cocktail, dem Sie einen kreativen Namen verleihen. • Unterzeichnen Sie die Charta zum verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol (siehe www.nachdenkenstattnachschenken.at). Mit der Unterzeichnung der Charta zum verant­wortungs­vollen Umgang mit Alkohol bekennen sich Handels­ unternehmen, Gastronomie und Tankstellen zu den in der Charta beschriebenen Grundsätzen und fühlen sich auch künftig dazu verpflichtet, ihre Unternehmens­ politik an den genannten Prinzipien zu orientieren.

40


Mittelfristige Maßnahmen mit Vorbereitungszeit: • Ein Praxistipp für Veranstaltungen: „Bandeln Sie an!“ Die Alterseinteilung „Wer darf was trinken?“ mittels verschiedenfarbiger Kontrollbänder, die zugleich auch Eintrittsstempel sind, entlastet das Servicepersonal. • Peers oder Mentoren „begleiten“ Jugendliche bei größeren Festen: Peers sind Jugendliche, die im Umgang mit Problemen, legalen und illegalen Drogen, sowie in Kommunikation und Konfliktlösung geschult sind. Da Gleichaltrigkeit Glaubwürdigkeit schafft, können Peers für mehr Sicherheit sorgen. Nicht nur die Eltern, auch die Jugendlichen werden es Ihnen danken (Informationen finden Sie bei der Sucht­präventions­stelle in Ihrem Bundesland).

41


Kommunikationsregeln

für Diskussionen, Einzelgespräche und GesprÄche in kleinen Gruppen15

D

ie/der Trainer/in oder Lehrer/in übernimmt aktiv die Moderator/innenrolle. Das heißt, dass die nachfolgenden Punkte zu Beginn klar gemacht werden und während des Gespräches immer wieder eingefordert werden. Weiters sollte darauf geachtet werden, dass allen Gesprächsteilnehmer/innen in etwa die gleiche Redezeit zu Verfügung steht (z.B. die leiseren Gruppenmitglieder oder die Mädchen immer wieder zu Teilnahme einladen). Zuhören und ausreden lassen: ein wichtige Grundregel, die vor jeder Gruppendiskussion vereinbart werden sollte. Um dies auch in emotionaleren Debatten zu erleichtern, kann z.B. ein kleiner Ball o. ä. als „Mikrophon“ dienen. Reden darf nur, wer gerade im Besitz des Balles ist. Wer seine Wortmeldung beendet hat, gibt den Ball an den oder die Nächste, die/der sich gemeldet hat weiter. Keine abfälligen Bemerkungen und abwertenden Äußerungen. Beschrieben werden können Abläufe, Erlebnisse und Wahrnehmungen aus der eigenen Sicht, Abwertungen und Zuschreibungen sowie Verallgemeinerungen („Du machst das immer …“, „XY ist eben so …“) sind zu vermeiden. ICH-Botschaften: Mittels ICH-Botschaften zu kommunizieren bedeutet, den oder die Gesprächs­ partner/in nicht zu beschuldigen, sondern über die eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu sprechen. Wesentlich ist dabei, dass die Gesprächsteilnehmer/innen nicht über – in ihren Augen – „objektive Fakten“ zu streiten beginnen, sondern die Gelegenheit bekommen, ihre Bedürfnisse zu äußern. Die anderen – auch die Betroffenen – sollen dadurch nicht in die Situation kommen sich zu rechtfertigen, sondern aus ihrer Warte, ihre Gefühle und Bedürfnisse ansprechen. An diese wesentliche Regel sollte vor allem auch der/die Trainer/in oder die/der Lehrer/in halten, z.B.: „Mir ist es wichtig, dass ich mich darauf verlassen kann, dass ihr euch nicht verletzt und nicht riskant verhaltet“ oder „Ich möchte nicht, dass ihr ..., weil …“ In Gesprächen (besonders mit zwei Konfliktpartner/innen) kann daher auch explizit vereinbart werden, dass es keine Beschuldigungen aber auch keine Rechfertigungen geben soll. Damit ist gemeint, dass alle (bzw. beide) sich den jeweils anderen Standpunkt einmal kommentarlos

42


anhören. Wortmeldungen dürfen nur in der Form von Ich-Botschaften vorgebracht werden (z.B. „Bei dieser oder jener Gelegenheit, fühlte ich mich …“, „Ich glaube …“, „Ich würde mich besser fühlen, wenn …“, „Ich wünsche mir von dir …“) keinesfalls jedoch beschuldigend („Du machst immer …“, „Weil du so bist …“) Versuchen Sie immer, positive Alternativen zu erarbeiten, indem Sie die Teilnehmer/innen fragen, welche Möglichkeiten sie sehen würden, um eine Situation zu verbessern, Betroffene fragen, was sie sich wünschen würden, was sie brauchen, damit sie sich wohler fühlen etc. Ergebnisse zuerst sammeln und diese Sammlung auch als Moderator/in annehmen. Was mit den Ergebnissen der einzelnen Prozesse passiert, wird mit den Jugendlichen im Einverständnis erarbeitet.

43


Glossar Rauschkompetenz: Es gibt fünf Begriffe – Rausch, Set, Setting, Risikoschub-Phänomen und Break - die Faktoren für einen guten oder schlechten Rausch sein können. Es ist tatsächlich möglich, schlechte Räusche zu vermeiden, wenn du dich an ein paar einfachen Richtlinien orientierst. Rausch (nach der Definition des Risflecting Pools): Unter Rausch wird hier eine prozesshafte Veränderung sinnlicher und sozialer Wahrnehmung, also von Eindrücken, Emotionen, Grenzen und Konventionen verstanden. Set: Der Begriff Set meint alle deine inneren Stimmungen, aber auch deine Fähigkeiten und dein Wissen. Bevor du in ein rauschhaftes Szenario einsteigst (das kann Alkohol sein, muss es aber nicht, es gibt viel Arten, einen „Rausch“ zu erleben), ist es klug, zu wissen, wie dein Set aussieht (welche Stimmung hast du, was hast du erlebt,…). Setting: Die äußeren Gegebenheiten nennen sich dementsprechend Setting. Die Erfolgschancen für einen gelungenen Abend erhöhen sich, wenn das Setting zu deinem aktuellen Set passt. Mit einem gebrochenen Bein gehst du wahrscheinlich nicht Skifahren, mit einem gebrochenen Herzen besser nicht feiern. Das Risikoschub-Phänomen: Der Begriff (im englischen Original: risky-shift-phenomenon) stammt von J.A.F. STONER (1961), der mehreren Gruppen von Versuchspersonen zwei Entscheidungsmöglichkeiten zu verschiedenen Alltagssituationen vorlegte. Eine der Möglichkeiten war jeweils mit einem höheren Risiko behaftet als die andere. Nachdem alle Versuchspersonen zuerst einzeln ihre persönliche Entscheidung abgegeben hatten, wurde in der Gruppe darüber diskutiert und eine Gruppenentscheidung gefällt. Dabei zeigte sich ein statistisch signifikanter Trend zur riskanteren Entscheidung nach der Gruppendiskussion. Dieser Trend („Risikoschub“) trat in männlichen und weiblichen Gruppen gleichermaßen auf. Bei einer Kontrollgruppe, die außer der Gruppendiskussion alle Teile des Versuchs parallel absolvierte, blieb das Phänomen gänzlich aus. Break: Der Break (nach dem Risflecting Modell) ist das bewusste Innehalten vor dem Eingehen in ein risikoreiches Setting (Geschwindigkeitsrausch, Freier Fall, Substanzen,…). Deine innere Einstellung zum folgenden Erlebnis wird kurz gecheckt. Das kann ein kurzer Moment des Durchatmens sein. Je nachdem wie deine Entscheidung ausfällt, vertrau auf deine „Innere Stimme“.

44


Wo man Unterstützung finden kann?

W

enn du Fragen rund um das Thema Alkohol, Rausch, Sucht und Genuss hast, kannst du dich an folgenden Einrichtungen wenden.

Fachstellen für Suchtvorbeugung in den Bundesländern Niederösterreich: Kärnten: Oberösterreich: Salzburg: Steiermark Tirol: Vorarlberg: Wien:

http://www.suchtvorbeugung.at http://www.suchtvorbeugung.ktn.gv.at http://www.praevention.at http://www.akzente.net http://www.vivid.at http://www.suchthilfe-graz.at http://www.kontaktco.at http://www.supro.at http://www.drogenhilfe.at/prev/p.htm http://www.api.or.at

45


Die Autoren Thomas Tatosa, Risk Guide nach dem Risflecting Ansatz (Foto links) Seit 2007 beim BHW in Niederösterreich als Jugendberater tätig. Zahlreiche Workshops und Seminare mit Jugendlichen an Schulen und in der außerschulischen Jugendarbeit sowie im Strafvollzug zum Thema Rausch, Risiko und Gewalt. Mitbegründer des Vereins Nomad (Verein für Erlebnis- und Ritualpädagogik). Ausgebildeter Musiker und zweiter Meistergrad in Silek (Kampf­ kunst aus West Sumatra). Fachvorträge, Fortbildungen und Workshops für Jugendliche und Trainerinnen zu den Themen: Gewalt und Aggression, Risflecting, Festkultur, Jugend und Alkohol Mag. Helmut Baudis, Sportwissenschafter und Trainer (Foto rechts) Seit 1993 Kinder- und Nachwuchstrainer in der Leichtathletik und in anderen Sportarten (Eislaufen, Tennis, etc.). Staatlich geprüfter Trainer für Leichtathletik. Nach Abschluss des Studiums Sportwissenschaften/Sportmanagement an der Universität Wien seit 2001 hauptberuflicher Jugend­ referent in der ASKÖ-Bundesorganisation und seit 2004 Vorsitzender des Jugendausschusses der Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO). Mitinitiator von verschiedenen Aktivitäten zur Förderung der pädagogischen Kompetenz von Trainer/innen im Kinder- und Jugendsport.

Kontakt jugend@bhw-n.eu, jugend@bso.or.at

46


Impressum Herausgeber und Verleger: Österreichische Bundes-Sportorganisation - Sportjugend, 1040 Wien, Prinz-Eugen Str. 12; ZVR: 428560407; URL: http://www.bso.or.at; e-mail: office@bso.or.at; Verlagsort: Wien; Autoren: Thomas Tatosa, Mag. Helmut Baudis; Konzept: Mag. Susi Drabek, Mag. Daniela Draxler, MMag. Verena Fastenbauer, Agnes Kainz, Karin Krottmayer, Barbara Schwartz, Mag. Helmut Baudis, Mag. Alexander Gruber, Martin Krakhofer, Mag. Fouad Lilabadi, Markus Litzlbauer; Fotos: www.fotolia.de, istockphoto.com, ASKÖ-Archiv; Gestaltung: SHW – Stephan Hiegetsberger Werbegrafik-Design GmbH, 1170 Wien, Rosenackerstr. 28; Druck: Friedrich VDV – Vereinigte Druckereien- und Verlagsgesellschaft mbH & Co KG; Herstellungsort: Linz

Literaturverzeichnis: 1 INSTITUT SUCHTPRÄVENTION PRO MENTE OÖ (Hrsg.): „Über Alkohol reden“. Linz. 2 BRETTSCHNEIDER/KLEINE/BRANDL-BREDENBECK: „Jugendarbeit im Sportverein“. Schorn­dorf 2002. 3 BMGFJ: URL: http://www.bmgfj.gv.at/cms/site/standard.html?channel=CH0754&doc=CMS1225813754890; Stand: 04.12.2008.

4 MOBILE JUGENDARBEIT: URL: http://www.moja.at; Stand: 17.11. 2008. 5 SCHWEIZERISCHE FACHSTELLE FÜR ALKOHOL- UND ANDERE DROGENPROBLEME, „Alkohol“. Lausanne 2007. 6 INSTITUT SUCHTPRÄVENTION PRO MENTE OÖ: URL: http://www.praevention.at/seiten/index.php/ nav.152/view.154/level.4/; Stand: 05.12.2008

7 BUNDESZENTRALE FÜR GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG: URL: http://www.bist-du-staerkerals-alkohol.de/index.php?id=16; Stand: 14.12.2008.

8 BUNDESZENTRALE FÜR GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG: URL: http://www.bist-du-staerkerals-alkohol.de/fileadmin/php/countLink.php?file=fileadmin/images/pdf/NaToll_Alkohol_macht_unsportlich.pdf; Stand: 12.12.2008.

9 HEALTH EDUCATION COUNCIL: That‘s the Limit. London 1994. 10 GUSCHELBAUER: Auswirkungen von Alkoholkonsum auf die sportliche Gleichgewichts- und Reaktionsfähigkeit. Unveröffentlicht. Wien 2008. 11 BUNDESZENTRALE FÜR GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG: URL: http://www.bist-du-staerkerals-alkohol.de/index.php?id=23; Stand: 12.12.2008.

12 KLEVER-SCHUBERT/ENDRES: „Klevers Kompass Kalorien & Fette“. München 2008. 13 NADA AUSTRIA GMBH: URL: http://www.nada.at/de/menu_2/medizin/risiken-und-neben­wirkungen/ marketshow-p1.-alkohol/?s=alkohol; Stand: 12.12.2008.

14 Grossegger: Gesundheitsförderung im Zielgruppensegment Jugend. Wien 2008. 15 ÖSTERREICHISCHE BUNDES-SPORTORGANISATION (Hrsg.): ARCTOS – Gemeinsam zum Erfolg. Wien 2005.

47


Die Österreichische Bundes-Sportorganisation (BSO) möchte an dieser Stelle auf zwei weitere Publikationen zum Thema „Jugend & Sport“ hinweisen, die Sie bei der BSO-Geschäftsstelle bestellen können.

Herausgeber: Österreichische Bundes-Sportorganisation

Mag. Barbara Rainer

ARCTOS Gemeinsam zum Erfolg 0%

3%

5% 7% Begleithinweise zu den 10 Videoclips

JOBNAME:

BSO_ARCT OS_v1

45% date

50% 55% 93%

yellow

95% 97%

black

cyan

magenta

100%

Color:

Dieses Projekt der BSO-Sportjugend wird unterstützt vom Bundeskanzleramt

CYAN MAGE NTA

YELLOW BLAC K

ARCTOS – GEMEINSAM ZUM ERFOLG (erschienen 2005) Mit dem 36-seitigen Handbuch von Autorin Mag. Barbara Rainer und den 10 Videoclips (CD-ROM) stehen fertige Materialien zur Verfügung, die ideal bei Trainingscamps oder anderen Veranstaltungen eingesetzt werden können, um Gruppen­ dynamik und Teamgeist zu fördern bzw. die Teilnehmer/ innen zum Thema „Diskriminierung im Sport“ zu sensibilisieren. SONY DADC

Austria CD

12cm LABE L SPEC. D SHW/Steph an Hiegetsberg er

BACKGROU

Selection Number:

...

ND WHITE

Helga Klein, Birgit Lötsch

SPORT -

ERNÄHRUNG

GEMACHT!

SPORTERNÄHRUNG – LEICHT GEMACHT (erschienen 2007) Die richtige Ernährung ist eine zentrale Frage im Sportleben eines Jugendlichen. Die beiden Autorinnen, Helga Klein und Birgit Lötsch, erläutern in diesem 52-seitigen Handbuch das Thema jugendgerecht.

EIN HANDBUCH DER BSO-SPORTJUGEND

Herausgeber: Österreichische Bundes-Sportorganisation

Österreichische Bundes-Sportorganisation A – 1040 Wien, Prinz-Eugen Str. 12 Tel. (+43-1) 504 44 55-0, Fax (+43-1) 504 44 55-66 office@bso.or.at, www.bso.or.at


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.