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Die Sehnsucht nach Verbindung Neue Räume für Engagement.

Zunahme von Einsamkeit. Verstärkter Rückzug ins Private. Soziale Interaktionen vermehrt im engsten Familien- und Freundeskreis. Schlummerndes Engagement-Potential bei jungen Menschen. Das waren zentrale Befunde der Studie „Bürgerschaftliches Engagement und Sozialkapital“ im Jahr 2019. Heute liegt eine gesamtgesellschaftliche Pandemie-Erfahrung hinter uns, die diese Ausprägungen teilweise noch verstärkt hat. Worin liegt der Schlüssel, um diesen Herausforderungen zu begegnen? In der Stärkung von Beziehungen und Förderung von Sozialkapital.

Der Wanderkiosk schafft temporäre Begegnungsräume. Der Budiker sorgt dafür, dass es an nichts fehlt. Getreu dem Motto: Eh alles da. Generell ist informelles Ehrenamt nach wie vor stark gefragt. Menschen möchten sich weniger langfristig an fixe, starr strukturierte Vereinsstrukturen binden, sondern suchen kurzfristige Wege, sich zu engagieren. Insbesondere junge Menschen wünschen sich Angebote für punktuelles Engagement, angepasst an ihre flexiblen und fluiden Lebensentwürfe. Solch ein Angebot schaffen beispielsweise die Otelos (offene Technologielabore) mit über 30 Standorten, insbesondere in Oberösterreich. So erklärt Martin Hollinetz, Mitbegründer der Otelos: „Es wiederspricht total dem, wie junge Menschen ticken, wenn zuerst Aktivitäten eingebettet sein sollen, noch bevor sie stattfinden. Es gibt eine Idee und die will dann umgesetzt werden. Je niederschwelliger und schneller man dafür einen Ermöglichungsrahmen setzt, umso wahrscheinlicher ist es, dass junge Menschen sich immer wieder engagieren.“

Co-Working und Co-Making mitten im Bregenzerwald: Die gute Stube schafft dafür Begegnungsraum.

Martin Hollinetz ist Begründungsmitglied des offenen Technologielabors, Otelo. Das Netzwerk schafft und bietet Raum, um sich auszutauschen, zu experimentieren und etwas auszuprobieren. Weitere Infos: www.otelo.or.at Das sogenannte Pop-Up Engagement, also das flexible, interessensbezogene Engagieren, braucht einen anderen Rahmen und ist wesentlich ergebnisoffener. „Orte für offene Begegnung und herzliche Beziehung“ – so beschreibt es die Otelo-Charta, das gemeinsame Leitbild. Wie kann so etwas gelingen? Das Konzept der sogenannten dritten Orte gibt Antworten.

Dritte Orte sind, neben dem Wohn- und Arbeitsraum, Plätze für Zusammentreffen verschiedener Menschen. Es sind offene Räume, die Begegnung ermöglichen, Experimentierfreudigkeit begrüßen, niederschwellig und hierarchiefrei sind. Man fühlt sich hier wohl, schaut gerne mal vorbei, kann bleiben und wieder gehen, Menschen treffen oder auch für sich bleiben. Das Konzept geht auf den Soziologen Ray Oldenburg zurück, der Ende der 1980er Jahren, in seiner Publikation „Great Good Places“ (1989) dritte Orte als „Orte des Zusammenkommens als regelmäßig, freiwillig, informell und freudig aufgesuchte Begegnungsplätze“ beschrieben hat. Home away from home – um es auf den Punkt zu bringen.

Im Mutterschiff der Digitalen Initiativen in der Postgarage Dornbirn finden Nerds jeder Altersstufe Raum für Experimente.

Diese Begegnungsorte können also einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung von Sozialkapital sein. Neue Beziehungen können entstehen, über die herkömmlichen sozialen Netzwerke hinaus. Alt trifft auf jung. „Viele Aktivitäten dienen hauptsächlich dazu, den sozialen Zusammenhalt zu stärken oder generell erst erlebbar zu machen, gerade wenn Menschen neu in eine Gemeinde ziehen. Da einen Andockpunkt zu finden, indem man sich selbst in einer Gemeinschaft wirksam erleben kann, ist total wichtig“, erklärt Hollinetz weiter. „Ein weiterer Punkt ist Bildung – aber im Sinn von community building und community education. Es gibt einfach in jedem Raum extrem gutes Know-How, aber oft keine Möglichkeiten, das in einfacher, guter Form weiterzugeben.“ Durch einen erleichterten Zugang zu solchen Orten, flexible Gestaltbarkeit aber auch eine gewisse Ergebnisoffenheit, können neue Räume für angepasste Bedürfnisse für Engagierte entstehen.

Die Gesellschaft ist im Wandel und so auch die Menschen, die sie aktiv gestalten. Es ist notwendig wachsam zu sein und auf Veränderungen zu reagieren, damit Vorarlberg weiterhin eine lebenswerte Region bleibt. Freiwillig Engagierte leisten dazu einen zentralen Beitrag! In den dritten Orten steckt die Chance, innovative Zukunftsgestaltung voranzutreiben und den Menschen Raum zu bieten, die sich unkompliziert und interessensfokussiert engagieren und begegnen wollen. Pilotprojekt Götzis: Mit FEB Unterstützung losstarten! In Studien wurde nachgewiesen, dass freiwilliges Engagement nicht nur der Allgemeinheit zu Gute kommt, sondern auch die Engagierten selbst vielfältig stärkt: Beziehungen bestehen aus größeren Netzwerken bitte löschen, stattdessen: Selbstwirksamkeit wird gestärkt, Lebensqualität subjektiv und objektiv besser bewertet. In Götzis läuft bereits ein Pilotprojekt, das sich auf vulnerable Gruppen fokussiert – also Menschen, die mit geringem Sozialkapital ausgestattet und insbesondere von Einsamkeit betroffen sind. Mit dem Ansatz von Positiver Psychologie, finden Workshops statt, dritte Orte sind im Entstehen. Das Kooperationsprojekt der Uni St.Gallen, Akademie für positive Psychologie und der Gemeinde Götzis wird vom FEB unterstützt.

Ideenkanal 2021: Projektideen gesucht!

Im Rahmen des bereits 12. Ideenkanals ist das FEB als Themenpatin rundum dritte Orte mit dabei. Konkret gesucht werden Ideen für solche Begegnungsorte. Ob vager Plan oder konkretes Konzept – alles ist willkommen. Die Einreichphase läuft bis 5. September 2021! Weitere Informationen zur Bewerbung und dem weiteren Prozess auf ideenkanal.com

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