Leben mit Behinderung

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Augenerkrankung: Erblindung auf Raten

Werkstätten: Gelebte Inklusion

Barrierefreiheit: Berlin mit Hürden

G ETTY IMAG ES/I STOC KPHO TO

EINE VERLAGSBEILAGE DER BERLINER ZEITUNG


2 I LEBEN MIT BEHINDERUNG

MONTAG, 2. DEZEMBER 2013 I VERLAGSBEILAGE

Wenn das Augenlicht verschwindet

Krankheiten lösen beim Menschen Sehschwäche aus – oft endet das mit der Erblindung. Doch Betroffene erhalten Hilfe

S

eine erste Brille bekam Eberhard Dietrich mit sieben Jahren. Damals wurde der Reinickendorfer gerade eingeschult, als er und seine Eltern merkten, dass etwas nicht stimmt. In der ersten Klasse hatte er bereits Mühe, die Schrift auf der Wandtafel zu lesen. Und erst recht, die dünnen Linien im Schreibheft zu erkennen. „Schon damals war ich nachtblind, konnte nur Lichtpunkte und beleuchtete Objekte sehen“, erinnert sich Dietrich. Hinzu kamen sogenannte Gesichtsfeldausfälle: Mal konnte Eberhard Dietrich Dinge sehen, mal nicht. Die Ärzte diagnostizierten bei Dietrich eine Retinitis Pigmentosa. Dahinter verbirgt sich eine vererbte Netzhautdegeneration. Bei dem 60-Jährigen führte das zur vollständigen Erblindung. „Durch angeborene oder erworbene Augenerkrankungen oder durch einen Unfall kann sich das Sehvermögen im Laufe des Lebens dramatisch verschlechtern und bis zur Erblindung führen“, sagt Paloma Rändel vom Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin. Bei Menschen mit einer Retinitis Pigmentosa schreite die Erblindung eher langsam voran. „Sehr viele Menschen erkranken im Alter an der altersbedingten Makula-Degeneration (AMD)“, sagt Paloma Rändel. Die allermeisten von ihnen werden jedoch nicht blind. „Aber sie verlieren das zentrale Sehvermögen, können also keine Gesichter mehr erkennen.“

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Regelmäßige Augenuntersuchungen helfen, Sehschwächen rechtzeitig zu diagnostizieren und zu behandeln.

Eberhard Dietrich ist seit 1987 blind. Das war vorhersehbar, denn sein Sehvermögen verschlechterte sich im Laufe der Jahre. Schon in der ersten Klasse folgte der Wechsel auf eine Sehbehindertenschule. Als er sein 18. Lebensjahr vollendet hatte, begann Dietrich mit einer Ausbildung zum Physiotherapeuten. 20 Jahre lang arbeitete er in dem Beruf im Virchow-Klinikum. Er heiratete, bekam Kinder. Solange es ging, versuchte er, ohne fremde Hilfsmittel sein Leben zu meistern. Irgendwann aber konnte er nichts mehr

sehen. Er wandte sich an den Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin. „Meine größte Befürchtung war, mich outen zu müssen“, sagt Eberhard Dietrich. „Ich wollte ja weiter beweglich und mobil sein.“ Beim Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin aber bekam er Hilfe – unter anderem in Form eines Mobilitätstrainings. Das ermöglichte ihm, sich trotz der Sehbehinderung im Alltag zurecht zu finden und ohne fremde Hilfe Herausforderungen zu meistern. Im Grunde genommen konnte ich

mich ja auf die Erblindung vorbereiten“, sagt Eberhard Dietrich. So lernte er schon als Kind unbewusst, sich stärker auf die Geräusche der Umgebung zu konzentrieren. Nach dem Abschluss der mittleren Reife ließ er sich zudem die Punktschrift beibringen. Seinen Job als Physiotherapeut gab er dennoch auf – weil Vorgesetzte der Meinung waren, dass der erblindete Kollege nicht mehr auf die Stationen zum Patienten sollte. Dabei hatte er sich alle Wege bereits eingeprägt. Weil er sich schon immer für Technik interessierte und ein

Faible für Medien hatte, erhielt er schließlich die Chance, für die Berliner Blindenhörbücherei tätig zu werden. Heute ist er deren Leiter. Täglich fährt er mit der Bahn zur Arbeit, wie es Hunderttausende Berliner auch machen – nur mit Stock und der im Kopf abgespeicherten Route. Der Weg zur Arbeit von Reinickendorf nach Weißensee ist für Eberhard Dietrich problemlos: Er weiß, welche S-Bahn er nehmen muss und auch, welche Straßenbahn die richtige ist. Er hat sich mit seiner Erblindung arrangiert und staunt im Nachhinein selbst, wie gut er in seinem Leben zurechtkommt. Natürlich wäre es ein großer Wunsch gewesen, auch mal am Steuer eines Autos zu sitzen und zu fahren. Während Eberhard Dietrich Zeit hatte, sich auf seine Erblindung einzustellen, trifft es ältere Menschen meist unvorbereitet. Viele wollen zudem nicht wahrhaben, dass die Sehschwäche zunimmt. „Unser Sozialdienst hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Betroffenen zu spät Hilfsangebote in Anspruch nehmen, die Hilfsbedürftigkeit wird so lange es geht verdrängt“, sagt Paloma Ränder. Oftmals seien es die Angehörigen, die mit ihren Kräften am Ende sind und darauf drängen, Hilfe zu suchen. „Dadurch verschenken die betroffenen Personen viel Lebensqualität.“ Eberhard Dietrich suchte sich recht schnell Unterstützung und rät jedem Betroffenen, es ihm gleich zu tun. (gäd.)

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berliner STARThilfe e.V. Wir begleiten ß Menschen mit Lernschwierigkeiten ß Menschen mit Suchterkrankungen ß Mütter und Väter mit Lernschwierigkeiten und deren Kinder Neumannstraße 13 13189 Berlin Tel.: 4443035 www.berlinerstarthilfe.de

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Gelebte Inklusion

In Oberschöneweide bewirtschaften Menschen mit Behinderung ein Café und arbeiten in einer Werkstatt der Stephanus-Stiftung

Z

ur Nachmittagszeit ist fast kein Platz frei. Die Espressomaschine ist jetzt im Dauerbetrieb. Über die Theke geht ein Stück Kuchen nach dem anderen. Selbstgebacken in der eigenen Küche. Studierende der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) haben Laptops und Tablet-PCs aufgeklappt, machen Hausarbeiten oder bereiten Referate vor. Auf dem HTW-Campus in Oberschöneweide ist das Café „Waschbar“ eine schöne Abwechslung zur Mensa. Allein zum Mittag gehen hier schon mal 70 bis 80 Liter Suppe raus. Was zunächst gar nicht auffällt: Das Personal sowohl in der Küche als auch draußen im Service ist bei der Behinderten-Werkstatt der Stephanus-Stiftung angestellt. Die Idee für das Café Waschbar hatte Daniel Klappenbach. Er ist der Leiter der Behindertenwerkstatt, die am Standort Oberschöneweide 330 Menschen mit Behinderung und 70 Fachkräfte wie Handwerker oder Pädagogen beschäftigt. „Ich wohne in Potsdam und habe dort ein ähnliches Café gesehen: In einem alten Konsum-Laden können die Leute ihre Wäsche waschen und währenddessen Kaffee trinken und Kuchen essen.“ Klappenbach fand, so etwas passt auf einen Campus. Denn im Gegensatz zu den anderen Behindertenwerkstätten in Berlin steht sein Haus mitten auf einem Hochschulareal. „Als ich damals hier anfing, war unser Haus etwas isoliert“, erinnert er sich. Heute pulsiert dort auch dank des Cafés das studentische Leben.

Drei Etagen umfasst das moderne Industriegebäude hinter der alten Rathenau-Villa an der Wilhelminenhofstraße: Das Café fand seinen Platz an der Stelle der einstigen Tischlerei. In den oberen Geschossen werden filigrane Stecker geschraubt, T-Shirts bedruckt oder Plakate entworfen. Kunden wie BMW, die Lufthansa oder die HTW zählen zu den regelmäßigen Auftraggebern. Und das Markt ist hart umkämpft: In Berlin ringen 18 Behindertenwerkstätten um Aufträge für ihre Beschäftigten. Zum Standort der Stephanus-Stiftung in Köpenick zählen zudem eine Wäscherei, ein Malerbetrieb, eine Tischlerei und eine Gärtnerei, in der Bio-Gemüse angebaut wird. An der Wilhelminenhofstraße in Oberschöneweide gibt es nicht nur reichlich Arbeit für die Menschen mit Handicap. Sie bekommen auch Unterricht und werden von Experten angeleitet. Ein Gruppenleiter betreut zwölf Menschen mit Behinderung. Die Arbeitswoche umfasst 36 Stunden, wobei die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer im Vordergrund stehen. Geht einem der Männer oder Frauen die Puste aus, kann er im Ruheraum Kraft tanken. Im Gegensatz zu konventionellen Handwerksbetrieben wird nicht im Akkord gearbeitet. „Wo anderswo ein Arbeiter eine Tätigkeit in einem Rutsch erledigt, sind es bei uns mitunter mehrere Beschäftigte, die sich die Arbeitsschritte teilen“, sagt Daniel Klappenbach. Die Gruppenleiter nehmen stets auf die Bedürfnisse der Menschen mit Handicap Rücksicht. „Das führt

MARCEL GÄDING

Sven Rywoldt ist die gute Seele im Café Waschbar.

Berlin

Angebote für Menschen mit Behinderung Das UNIONHILFSWERK bietet in Berlin mit rund 2.500 Mitarbeitern zahlreiche Beratungsangebote, Beschäftigung und Betreuung für Menschen mit Behinderungen und psychischer Erkrankung sowie Angebote der beruflichen Rehabilitation. Mit unseren stadtweiten Angeboten unterstützen wir unsere Klienten nach ihren individuellen Bedürfnissen. • • • • •

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dazu, dass manche Arbeitsschritte jedes Mal neu erklärt werden müssen, weil sich einige Beschäftigte das nicht merken können.“ Geduld und Ausdauer gehören für Klappenbach und seine Kollegen zum Alltag. Natürlich gibt es schon mal etwas Stress, wenn ein Auftraggeber kurzfristig Produkte wie Dichtungsringe bestellt. „Dann müssen eben alle ran, auch aus anderen Bereichen.“ Viele der Beschäftigten mit Behinderung bleiben teilweise bis zum Eintritt ins Rentenalter in der Werkstatt. „Ab und an vermitteln wir auch mal Jemanden in den ersten Arbeitsmarkt.“ Ein richtiges Gehalt bekommt von den behinderten Beschäftigten jedoch niemand. Gezahlt wird eine Art Gewinnbeteiligung, die deutlich über den vorgesehenen Tagessatz von 76 Euro im Monat liegt. Das Geld steht den behinderten Menschen dann zur freien Verfügung. Die Kosten für Miete und Lebensunterhalt werden von staatlichen Stellen getragen. Gelebte Inklusion nennt Klappenbach seine Behindertenwerkstatt auf dem Campus. Wie selbstverständlich treffen hier Menschen mit und ohne Behinderung aufeinander. Bilden sich am Tresen im Café zur Mittagszeit Schlangen, weil die Beschäftigten mit Handicap nicht mit der Essenausgabe hinterherkommen, quittieren die Studierenden und Professoren das mit geduldigem Warten. Nachmittags kommenden Studierende herüber, um mit den Behinderten am Kicker zu spielen. „Wobei unsere Beschäftigten meist die Gewinner sind“, wie Daniel Klappenbach sagt. (gäd.)

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Von wegen barrierefrei

Rollstuhlfahrer wie Dominik Peter haben es in Berlin schwer – die Stadt vergisst sie schlichtweg

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INTEGRAL E. V.

Ein Mal im Monat tanzen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam. Gut 160 Gäste kommen zur Disko ins Begegnungszentrum Integral.

Wie in einer großen Familie

Der Verein Integral bringt Menschen mit und ohne Behinderung zusammen – in Friedrichshain verbringen sie ihre Freizeit

U

m die Mittagszeit füllt sich der offene Treff. An einem Tisch sitzt eine ältere Dame, umringt von jungen Männern und Frauen. Sie unterhalten sich. Während andere Menschen in ihrem Alter ihre Zeit im Seniorenheim verbringen, zieht es die Frau mit dem grauen Haar ins Begegnungszentrum von Integral. Dort trifft sie auf Menschen mit Behinderung. Ein bisschen wirkt alles wie in einer großen Familie, deren Mitglieder am Mittagstisch die Erlebnisse des Vormittags austauschen. Es geht zuweilen lebhaft zu. Das Begegnungszentrum von Integral hat ihr Domizil in einer früheren Kindertagesstätte. 2010 wurde der Flachbau aus DDR-Zeitungen umfassend saniert. Die

Wände erhielten einen Anstrich in einem modernen Grau. Alles riecht neu. Große Fenster lassen viel Licht ins Haus. Um die Mittagszeit wischt ein singender Putzmann die Flure, während hinter den unzähligen Türen die Vorbereitungen für die Kursnachmittage getroffen werden. Im vorderen Gebäude verbirgt sich hinter jeder Tür ein anderer Raum: Es gibt welche für Computerkurse, fürs gemeinsame Basteln, fürs Zeichnen oder den Theaterraum. Täglich finden in der Einrichtung an der Friedrichshainer Marchlewskistraße Berliner zusammen, denen daheim die Decke auf den Kopf fallen würde. Dass darunter Menschen mit Behinderung sind, spielt dort keine Rolle. Was zählt, ist das

Zusammensein. Bewusst wurde das Haus im Hinterland der einstigen Stalinbauten offen konzipiert. Jeder darf kommen, wenn er sich an die Regeln hält, die anderswo auch gelten. Wer seinen Tag an der Marchlewskistraße verbringt, macht das aus freien Stücken. Es gibt keine Therapiepläne. An erster Stelle steht das Kursangebot, über das sich das Haus definiert, sagt Einrichtungsleiter Christian Kocher. Eine feste Struktur liefern auch die regelmäßigen Mahlzeiten. Bewusst hat sich der Trägerverein Integral dafür entschieden, das Haus Nachbarschaftszentrum zu nennen. Man könnte auch therapiefreie Zone dazu sagen, wie ein Mitarbeiter scherzt. Niedrigschwel-

lig nennt der Verein Integral sein Konzept. Elmar Schmohl von Integral sagt, dass alles an einen Jugendclub erinnert. Es ginge um ein Angebot zur Freizeitgestaltung, das in erster Linie von Menschen mit Behinderung genutzt wird. „Irgendwann interessieren sich auch die Angehörigen unserer Gäste oder Praktikanten erzählen es ihren Eltern“, sagt Einrichtungsleiter Christian Kocher. Schließlich kämen diese ins Begegnungszentrum, um ihre Zeit mit Menschen zu verbringen, die im Rollstuhl sitzen oder mit dem „Down Syndrom“ zur Welt kamen. Die Handicaps rücken dabei schnell in den Hintergrund. Etwa bei der ein Mal im Monat stattfindenden Disko, bei der

schon mal 160 Menschen mit und ohne Behinderung das Tanzbein oder den Rollstuhl schwingen. Es gibt gemeinsame Theaterprojekte oder Reisen ans Meer. An die 300 Stammbesucher hat das Begegnungszentrum mittlerweile. Einige kommen extra aus Spandau, Frohnau oder Strausberg. Eine Besucherin, die jetzt in Hamburg lebt, besucht das Haus ein Mal im Monat. Ein besseres Lob können sich die Betreiber nicht vorstellen. Finanziert wird das Begegnungszentrum vom Bezirksamt und dem Land Berlin. Das Job-Center gewährt personelle Unterstützung. „Unser Begegnungszentrum bietet für viele unserer Besucher eine Lebensstruktur“, sagt Elmar Schmohl. (gäd.)

www.faktura-berlin.de

Kontakt: WIB – Weißenseer Integrationsbetriebe GmbH

Geschäftsstelle: INTEGRAL e. V. Hermann-Blankenstein-Str. 49, 10249 Berlin, Tel. 417213-0

Geschäftsstelle Tassostr. 17 13086 Berlin

Anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderungen Hermann-Blankenstein-Str. 49 10249 Berlin, Tel. 417213-19

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Begegnungszentrum für Menschen mit und ohne Behinderungen Marchlewskistr. 25e, 10243 Berlin, Tel. 20050620 Kinder- und Jugendambulanz Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) Fürstenwalder Straße 30, 10243 Berlin Tel. 4226450 Gästehaus Triglawstraße 8, 12589 Berlin Tel. 206580812

www.integral-berlin.de

Berufliche Rehabilitation

Telefon 030 - 47 99 11 0 Fax 030 - 47 99 11 32

faktura

info@wib-verbund.de www.wib-verbund.de

Vielfalt, Erfahrung, Veränderung Wir fördern die soziale und berufliche Integration behinderter und sozial benachteiligter Menschen durch Beratung, Betreuung, Beschäftigung und Arbeit im Verbund von Projekten und Firmen.

ominik Peter ist jemand, der sich gerne in Prenzlauer Berg in ein Café setzt. Das ist zunächst nichts Ungewöhnliches. Doch der Reisejournalist ist seit einem Unfall auf den Rollstuhl angewiesen. Seine Bewegungsfreiheit in seiner Heimatstadt ist eingeschränkt. An der Rykestraße hatte Peter lange Zeit sein StammCafé, denn der Bürgersteig war in Höhe des Eingangs angehoben. Ohne Probleme und vor allem ohne fremde Hilfe konnte er kommen, wann er wollte. Seit aber der Gehweg an der Rykestraße komplett saniert wurde, ist das Café für den Rollstuhlfahrer weit entfernt. Es gibt zwischen Bürgersteig und Café wieder eine Stufe, die für Dominik Peter unüberwindbar ist. Es ist diese kleine Geschichte, die deutlich macht, wo Berlin in Sachen Barrierefreiheit steht. Dominik Peter ist nicht nur Rollstuhlfahrer und Reisejournalist. Er vertritt als Vorsitzender des Berliner Behindertenvereins auch die Belange

von rund 500 Menschen. Berlin macht es vor allem den in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen wahrlich nicht leicht, wie das Beispiel mit dem Café zeigt. Seit Abschluss der Bauarbeiten an der Rykestraße trinkt Dominik Peter seinen Kaffee daheim. Überall in der Stadt gebe es immer wieder Rückschläge für die Behinderten. „Eigentlich betreiben wir eher Schadensbegrenzung, wenn irgendwo Verbesserungen für Behinderte wieder verschwinden sollen“, sagt Peter. Berlin liegt im Vergleich mit anderen Städten und Ländern im untersten Drittel, was die Barrierefreiheit betrifft, resümiert Dominik Peter. In Vietnam, Südafrika, Neuseeland oder Australien sei es selbstverständlich, dass Gebäude und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zugänglich sind. Gern bemüht der Verbandsvorsitzende den Vergleich zwischen Berlin und San Diego in den USA. „Beide Städte verfügen über Wohn-

GETTY IMAGES/HUNTSTOCK

Rollstuhlfahrer müssen in Berlin viele Hürden überwinden.

häuser, die um 1880 herum entstanden.“ Damals habe noch niemand an barrierefreie Zugänge gedacht. „Heute ist in San Diego jedes alte Haus barrierefrei“, sagt Peter. In Berlin ist das anders: Auch nach der Altbausanierung präsentieren sich die Wohnhäuser alles andere als behindertenfreundlich. Dominik Peter erinnert sich, dass er zu einer Einweihungsparty eingeladen war, die in einer dritten Etage stattfand. „Ich musste vier Männer bitten, mich hochzutragen.“ Vorbildlich hingegen ist aus der Sicht des Berliner Behindertenverbandes, was bei den öffentlichen Verkehrsmitteln im Großen und Ganzen passiert. So lobt Dominik Peter, dass die Berliner Verkehrsbetriebe Bahnhöfe mit Fahrstühlen ausstatten. 100 der 173 Stationen sind damit für Rollstuhlfahrer problemlos erreichbar. Bis 2020 sollen alle Berliner U-Bahnhöfe vollständig barrierefrei sein. Von den 166 S-Bahnhöfen sind inzwischen 147 barrierefrei. (gäd.)

Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk


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Von wegen barrierefrei

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Ein Mal im Monat tanzen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam. Gut 160 Gäste kommen zur Disko ins Begegnungszentrum Integral.

Wie in einer großen Familie

Der Verein Integral bringt Menschen mit und ohne Behinderung zusammen – in Friedrichshain verbringen sie ihre Freizeit

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m die Mittagszeit füllt sich der offene Treff. An einem Tisch sitzt eine ältere Dame, umringt von jungen Männern und Frauen. Sie unterhalten sich. Während andere Menschen in ihrem Alter ihre Zeit im Seniorenheim verbringen, zieht es die Frau mit dem grauen Haar ins Begegnungszentrum von Integral. Dort trifft sie auf Menschen mit Behinderung. Ein bisschen wirkt alles wie in einer großen Familie, deren Mitglieder am Mittagstisch die Erlebnisse des Vormittags austauschen. Es geht zuweilen lebhaft zu. Das Begegnungszentrum von Integral hat ihr Domizil in einer früheren Kindertagesstätte. 2010 wurde der Flachbau aus DDR-Zeitungen umfassend saniert. Die

Wände erhielten einen Anstrich in einem modernen Grau. Alles riecht neu. Große Fenster lassen viel Licht ins Haus. Um die Mittagszeit wischt ein singender Putzmann die Flure, während hinter den unzähligen Türen die Vorbereitungen für die Kursnachmittage getroffen werden. Im vorderen Gebäude verbirgt sich hinter jeder Tür ein anderer Raum: Es gibt welche für Computerkurse, fürs gemeinsame Basteln, fürs Zeichnen oder den Theaterraum. Täglich finden in der Einrichtung an der Friedrichshainer Marchlewskistraße Berliner zusammen, denen daheim die Decke auf den Kopf fallen würde. Dass darunter Menschen mit Behinderung sind, spielt dort keine Rolle. Was zählt, ist das

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von rund 500 Menschen. Berlin macht es vor allem den in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen wahrlich nicht leicht, wie das Beispiel mit dem Café zeigt. Seit Abschluss der Bauarbeiten an der Rykestraße trinkt Dominik Peter seinen Kaffee daheim. Überall in der Stadt gebe es immer wieder Rückschläge für die Behinderten. „Eigentlich betreiben wir eher Schadensbegrenzung, wenn irgendwo Verbesserungen für Behinderte wieder verschwinden sollen“, sagt Peter. Berlin liegt im Vergleich mit anderen Städten und Ländern im untersten Drittel, was die Barrierefreiheit betrifft, resümiert Dominik Peter. In Vietnam, Südafrika, Neuseeland oder Australien sei es selbstverständlich, dass Gebäude und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zugänglich sind. Gern bemüht der Verbandsvorsitzende den Vergleich zwischen Berlin und San Diego in den USA. „Beide Städte verfügen über Wohn-

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Rollstuhlfahrer müssen in Berlin viele Hürden überwinden.

häuser, die um 1880 herum entstanden.“ Damals habe noch niemand an barrierefreie Zugänge gedacht. „Heute ist in San Diego jedes alte Haus barrierefrei“, sagt Peter. In Berlin ist das anders: Auch nach der Altbausanierung präsentieren sich die Wohnhäuser alles andere als behindertenfreundlich. Dominik Peter erinnert sich, dass er zu einer Einweihungsparty eingeladen war, die in einer dritten Etage stattfand. „Ich musste vier Männer bitten, mich hochzutragen.“ Vorbildlich hingegen ist aus der Sicht des Berliner Behindertenverbandes, was bei den öffentlichen Verkehrsmitteln im Großen und Ganzen passiert. So lobt Dominik Peter, dass die Berliner Verkehrsbetriebe Bahnhöfe mit Fahrstühlen ausstatten. 100 der 173 Stationen sind damit für Rollstuhlfahrer problemlos erreichbar. Bis 2020 sollen alle Berliner U-Bahnhöfe vollständig barrierefrei sein. Von den 166 S-Bahnhöfen sind inzwischen 147 barrierefrei. (gäd.)

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Zurück ins Leben

Ein Schlaganfall kann weitreichende Folgen haben – auch auf das Sprachvermögen. Therapien versprechen Genesung

J

edes Jahr erleiden 270 000 Menschen in der Bundesrepublik einen Schlaganfall oder präziser formuliert: einen Hirninfarkt. Mangelnde Durchblutung oder eine sogenannte Hirnblutung führen zum Ausfall bestimmter Areale im Gehirn. Neben der sichtbaren Lähmung des Körpers kann auch das Sprachvermögen nach einem Schlaganfall beeinträchtigt sein. Dann bedeutet dies für die Betroffenen, mit viel Geduld zu üben, um das Sprechen wieder zu erlernen. „Einen Schlaganfall muss man sich wie bei einem Computerproblem vorstellen“, sagt Prof. Dr. Joachim Röther, Chefarzt der Neurologischen Abteilung in der Asklepios Klinik in Hamburg-Altona. In manchen Fällen sei nur ein kleiner Fehler vorhanden. In anderen wiederum sei der Schaden groß. „Es kommt also einerseits darauf an, wie groß das betroffene Areal im Gehirn ist und andererseits, wo der Infarkt lokalisiert ist“, sagt Joachim Röther, zugleich auch Sprecher der Deutschen SchlaganfallGesellschaft. Ist die rechte Gehirnhälfte betroffen, kann es passieren, dass der Patient das Problem kaum wahrnimmt. Schlimmer ist es, wenn der Infarkt auf der linken Seite auftritt. Dort befindet sich unter anderem das Sprachzentrum. Experten unterscheiden eine Sprechstörung von einer Sprachstörung nach einem Schlaganfall. Wird eine Sprechstörung diagnostiziert, dann sind vor allem die Sprechwerkzeuge – also Zunge und Mund – beeinträchtigt. Das führt dazu, dass Patienten zunächst gar nicht oder nur mit großer Mühe sprechen können. Bereits am ersten Tag nach einem Schlaganfall erhalten die Betroffenen auf der Schlaganfall-Spezialstation Therapie von einer Logopädin. Sie übt mit den Patienten beispielsweise, einen Kussmund zu formen und hilft dabei, die Mobilität der Zunge zu verbessern. „Mit kleinen Eisklümpchen wird

DPA

Logopäden bringen Schlaganfallpatienten wieder zum Sprechen.

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außerdem das Gefühl im Mund wieder reaktiviert“, sagt Joachim Röther. Auch Schluckstörungen sind ein sehr häufiges Problem und können – wenn sie nicht frühzeitig erkannt werden – zu Lungenentzündungen führen. Diese Akutmaßnahmen können dazu beitragen, dass ein Schlaganfall-Patient nach Abschluss weiterer Rehabilitationsmaßnahmen wieder vollständig sprechen kann. Im Durchschnitt ist ein Drittel der Betroffenen danach wieder genesen, ein weiteres Drittel behält leichte Schäden zurück. Und das übrige Drittel muss mit schweren Einschränkungen leben. Die Sprachstörung wiederum rührt aus dem Sprachzentrum im Gehirn, das nach einem Hirninfarkt Schäden aufweist. „Ist das primäre Sprachzentrum betroffen, verstehen die Patienten im schlimmsten Fall nicht, was man ihnen sagt“, erklärt Joachim Röther. Auch sei die Möglichkeit zu sprechen stark eingeschränkt. In diesen Fällen müssen die Patienten im Rahmen einer Therapie vieles neu lernen. Logopäden bemühen unter anderem Bilder von Alltagsgegenständen und Dingen – etwa Äpfel, Häuser oder Autos. Mit deren Hilfe soll das Sprachzentrum trainiert werden. Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist nicht nur der Einsatz von Logopäden. Häufig litten Schlaganfallpatienten auch unter Depressionen und Lähmungen. Eine Rehabilitation sowohl stationär als auch ambulant kann sich teilweise über Monate hinziehen. Entscheidend ist die Schwere des Hirninfarkts. Mediziner haben die Erfahrung gemacht, dass junge Menschen nach einem Schlaganfall besser genesen als ältere Betroffene. Wer einen Schlaganfall erlitten hat, muss sich im Rahmen einer Rehabilitation viel bewegen. Außerdem sollte er daheim üben zu sprechen, um die Spätfolgen zu reduzieren. Einig sind sich die Mediziner darin, dass Schlaganfall-

Patienten schnellstmöglich geholfen werden sollte. Spezialstationen, auch Stroke Units genannt, gibt es inzwischen an allen großen Krankenhäusern. Nach Angaben der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe setzt die fachübergreifende Therapie unmittelbar nach der Einlieferung eines Betroffenen ein. Das Team besteht aus Neurologen, Kardiologen, Neuro- und Gefäßchirurgen sowie Neuroradiologen. „Die Chance zu überleben und keine Behinderungen davonzutragen, erhöht sich dadurch um 25 Prozent“, heißt es hierzu von der Schlaganfallhilfe. Neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung im Krankenhaus steht auch die Gabe von Medikamenten auf dem Behandlungsprogramm. Im Rahmen einer Lysetherapie werden Medikamente in den Körper eingebracht, um Blutgerinnsel aufzulösen. „So können die Zellen am Rande des Hirninfarkts gerettet werden“, erklärt die Schlaganfallhilfe. Dadurch lässt sich die Größe und das Ausmaß des Hirninfarkts positiv beeinflussen. Wer als Betroffener nach einem Schlaganfall zunächst nicht sprechen kann, muss sich für die Zeit nach dem Hirninfarkt auf andere Art und Weise verständigen. Ist das Sprachzentrum noch intakt, Zunge und Mund sind aber gelähmt, müssen Patienten anderweitig kommunizieren. Schlaganfall-Betroffene sollten Blickkontakt pflegen, um Gesten zu erkennen. Mit einem Zeichen sollte man seinem Gegenüber deutlich machen, wenn man ihn nicht versteht. Die Schlaganfallhilfe rät außerdem dazu, sich in Geduld zu üben und Gesprächspartner vorab über die Sprachschwierigkeiten zu informieren. Gegebenenfalls sollte man zu nichtsprachlicher Kommunikation greifen. Dazu zählen Gestik und Mimik. (gäd.) Tipps zum Thema Schlaganfall: www.schlaganfall-hilfe.de/ kommunikation

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LEBEN MIT BEHINDERUNG I 7

MONTAG, 2. DEZEMBER 2013 I VERLAGSBEILAGE

Alle unter einem Dach

Berlins Kindertagesstätten betreiben täglich Integration – sie betreuen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam

D

ie Kindertagesstätte Abenteuerland am Altlandsberger Platz in Marzahn ist ein modernes Haus. Die Flure sind breit, es gibt ausreichend Stellflächen und auch einen Fahrstuhl. Er verbindet die drei Etagen des 2001 errichteten Gebäudes. Jede der sechs Kita-Gruppen kann zwei Räume nutzen – in einem wird gespielt, gelacht und gesungen. Und in dem anderen Raum können die Kinder zur Ruhe kommen. Es gibt behindertengerechte Toiletten und spezielles Mobiliar, das auf die Bedürfnisse einiger Kinder zugeschnitten ist. Denn die Kita Abenteuerland betreut unter ihrem Dach neben 124 Kindern ohne Behinderung auch 16 Mädchen und Jungen mit einem sogenannten Förderbedarf. Entweder sind sie körperlich oder geistig eingeschränkt oder leiden unter einem sozial-emotionalen Handicap. Salopp würde man verhaltensauffällig sagen. Sowohl baulich als auch konzeptionell ist die Kita Abenteuerland ein Vorzeigehaus. Integration gehört in der von der Jugendwerk Aufbau Ost gGmbH (JAO) getragenen Einrichtung zum Alltag. 25 Erzieher kümmern sich um die 140 Kinder. Unter ihnen sind auch Mitarbeiter mit einer Zusatzausbildung wie Facherzieher für Integration, Facherzieher für Sprachförderung oder Facherzieher für Psychosomatik. „Unsere Einrichtung ist auch in der Lage, schwerst mehrfach körperbehinderte Kinder aufzunehmen“, sagt Kitaleiterin Birgit Rossow. Entschieden werde dies, wenn sich Eltern in der Kita vorstellen. „Grundsätzlich sind wir sehr offen“, sagt die Geschäftsbereichsleiterin Dr. Ute Gerwert von JAO. Im Einzelfall müsse aber geprüft werden, ob die jeweilige Einrichtung die baulichen Bedingungen für die Aufnahme eines schwer mehrfach körperbehinderten Kindes erfüllt. Kinder im Rollstuhl zählen dazu.

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IMAGO/EPD

Das ganz normale Leben: Behinderte und nicht behinderte Kinder werden in Berlins Kitas gemeinsam betreut.

Vor einiger Zeit wurde in der Kita Abenteuerland ein Kind betreut, das im Wachkoma lag. „Wir haben es in unseren Alltag eingebunden“, sagt Birgit Rossow. Ein anderes Kind wiederum erlitt bereits im Mutterleib einen Schlaganfall. In der Einrichtung der JAO gGmbH wurde an der Motorik gearbeitet. „Es war ein schönes Gefühl, als das Kind dann selbstständig stehen konnte“, sagt Birgit Rossow. In Berlin gibt es einen Rechtsanspruch auf einem Kita-Platz. Nach dem Kindertagesförderungsgesetz darf keinem Kind aufgrund der Art und Schwere seiner Behinderung oder seines besonderen Förderbedarfs die Aufnahme in eine Tageseinrichtung verwehrt werden. „In Berlin ist die Integration behinderter Kinder in Kinderta-

geseinrichtungen flächendeckend umgesetzt“, sagt Ilja Koschembar, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. „Für die Betreuung von Kindern mit Behinderung wird in den Kindertageseinrichtungen zusätzliches Fachpersonal zur Verfügung gestellt.“ Berlinweit wurden zum Stichtag 31. Dezember vergangenen Jahres 6 366 Kinder mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen betreut. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der zu betreuenden Kinder lag damit bei 4,89 Prozent. „In Berlin stellt die Integration/Inklusion von Kindern mit Behinderung und die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen die Regel dar“, sagt Ilja Koschembar.

Die Jugendwerk Aufbau Ost gGmbH betreibt seit zehn Jahren Kitas. Inzwischen ist JAO Träger von 18 Kitas in fünf Berliner Bezirken. Die Platzkapazität liegt bei 1 974 Plätzen, die Zahl der Kinder mit Förderbedarf liegt zwischen 180 und 200. „Rechnerisch überwiegen Kinder mit sozial-emotionalen Auffälligkeiten“, sagt Dr. Ute Gerwert. Dazu gehören zum Beispiel Kontakt- und Beziehungsstörungen, unzureichende soziale Kompetenzen, Bindungsstörungen oder sprachliche Entwicklungsverzögerungen. Häufig kämen diese Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen, so dass es nicht nur darum geht, die betroffenen Kinder in den Alltag zu integrieren. Auch ihre oft mit der Gesamtsituation überforderten Eltern wer-

den an die Hand genommen und ein Stück weit begleitet. Ja nach Schwere und Art des Förderbedarfs erhalten Kitas wie das Abenteuerland zusätzliche Stunden für qualifiziertes Fachpersonal. Noch Anfang der 1990er-Jahre wurden Kinder mit Behinderung in speziellen Einrichtungen betreut. Später wurde dieses Konzept als nicht mehr zeitgemäß betrachtet. Kinder mit geistigen und körperlichen Einschränkungen sollten am Leben genauso teilhaben wie Kinder, die nicht behindert sind. „In der Hinsicht hat sich viel getan in den vergangenen Jahren“, sagt Birgit Rossow von der Kita Abenteuerland. Natürlich fragen viele Eltern bei der Anmeldung ihrer Kinder, wie das mit den behinderten und nicht behinderten Kindern funktioniere. Im Gespräch erfahren sie, dass Kinder viel unkomplizierter miteinander umgehen als Erwachsene. „Für unsere nicht behinderten Kinder sind die Kinder mit Förderbedarf häufig die Kleinen“, sagt Birgit Rossow. Sie hat beobachtet, dass Kinder mit und ohne Förderbedarf schnell zusammenfinden, Freundschaften schließen, spielen und toben. In der Regel fallen rein äußerlich die Kinder mit Förderbedarf nur dann auf, wenn sie auf einen Rollstuhl angewiesen sind oder ihr Essen in einem Spezialstuhl einnehmen. Eltern von betroffenen Kindern legen großen Wert darauf, dass keine Unterschiede gemacht werden, sagt Ute Erben von der AWO Pro Mensch, einem Kitaträger mit sechs Einrichtungen. „Viele Eltern haben die Sorge, dass ihren Kindern so etwas wie ein Stempel aufgedrückt wird.“ In aller Regel würden die Ängste jedoch im Gespräch genommen. „Ich sage immer, die gelungene Integration ist die, die keiner merkt.“ Schließlich gehe es auch darum, dass jedes Kind in der Gesellschaft eine Chance erhalte. (gäd.)

Betreuung und Wohnangebote für Menschen mit Behinderung in Berlin und Brandenburg StephanuS-Stiftung Albertinenstraße 20 | 13086 Berlin Tel. 030 96249-122 | Fax 030 96249-128 wohnen@stephanus-stiftung.de www.stephanus-stiftung.de


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Integration

HIlfE für MENscHEN MIt HANdIcAp

schriftlichem Wege kommuniziert, denn die Gebärdensprache kann er nicht. „Wir bekritzeln Bretter und Wände“, schildert Hermann Witt. „Und reden mit Händen und Füßen.“ Bauleiter und Chef halten selbstverständlich auch die Köpfe hin, wenn etwas schief geht. Auf eine Art Bonus für ihr Engagement dürfen sie nicht zählen. „Wir arbeiten Hermann Witt beschäftigt in seiner firma He-Ho-Bau selbstverständlich nach betriebszwölf Mitarbeiter, von denen sechs schwerhörig oder taub sind. Und einen wirtschaftlichen Grundsätzen. AnBauleiter, der nach einer Krebserkrankung trotzdem eine hundertprozentige gebote schreiben wir wie alle andeArbeitsleistung bringt und die auch von seinen Kollegen verlangt. ren Firmen“, sagt Hermann Witt. Warum tut er sich den Stress an? Denn neben dem alltäglichen Chaos muss ein Chef, der Behinderte eingestellt hat, eine Fülle von Papierkram bewältigen. „Weil ich gerne Verantwortung übernehme“, lautet die Antwort. „Und weil jeder eine Chance verdient hat. Unsere Jungs sind stolz darauf, auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt zu sein. Sie arbeiten sehr intensiv.“ Hermann Witt weiß aber auch, dass solche Chancen, wie er sie bieten kann, „nur mit Menschen funktionieren, die sich engagieren“. So wie zum Beispiel Monika Kaiser, die in der Arbeitsagentur Berlin-Mitte speziell für Arbeitgeber zuständig ist, die Menschen einstellen wollen, Monika Kaiser von der Arbeitsagentur berät nicht nur telefonisch. Hermann Witt (r.) und sein Angesteller Ömer Kar die ein Handicap haben: „Das könschätzen den persönlichen Kontakt. Foto: Markus Wächter nen lernbehinderte Menschen sein, amals ist wohl eine soziale gute Entscheidung. Denn ich lern- Architekt von heute auf morgen alle Schwerbehinderte oder Menschen, Ader in mir geweckt worden, te einen talentierten jungen Mann Pläne ändert – aber „die Jungs“ be- die nach einer schweren Krankheit erzählt Hermann Witt (63). kennen, der super-arbeitswillig kommen das nicht mit. Was sie aber wieder langsam in den Beruf zurück Vor 16 Jahren habe eine Dame einer war.“ Thorsten Wilczynski, so heißt sehr wohl mitbekommen, sind blö- finden“, schildert sie. Monika Kaiser außerbetrieblichen Bildungsstätte der Mann, hat dann einige Praktika de Sprüche auf ihre Kosten. Und die ist eine von den Mitarbeiterinnen, vor ihm gestanden und ihn um ei- absolviert und wurde gleich nach gehören leider auch zu ihrem Alltag die nicht hinter ihrem Schreibtisch nen Praktikumsplatz gebeten. Für der Lehre eingestellt. „Unser Team auf der Baustelle – seitens der Kun- sitzen bleiben. Wie Hermann Witt, einen jungen Tischler. Einen tauben damals war skeptisch“, räumt Her- den und durchaus auch seitens der ist auch sie mit dem Herzen bei der Sache. Sie spricht gezielt kleine und Tischler. „Taub?“, zuckt die Repor- mann Witt ein, „ließ sich aber über- Kollegen aus anderen Gewerken. mittlere Unternehmen an, begleiterin. „Heißt das nicht gehörlos?“ zeugen.“ Heute wird der junge Mann tet auf Wunsch Bewerberinnen und Nein, sagt Hermann Witt, jetzt sei von Chefs und Kollegen geschätzt Bewerber zu Vorstellungsterminen es wieder erlaubt und keinesfalls und ist bei He-Ho-Bau gar nicht und bietet den Arbeitgebern Prakunhöflich, von tauben Menschen zu mehr wegzudenken. » tika und Probebeschäftigungen für sprechen. In jüngerer Zeit bezeichbehinderte und schwerbehinderte nen sich immer mehr gehörlose Mehreinsatz gefordert Menschen an. Menschen als taub. Damit wollen Durch diese guten Erfahrun« sie eine neutrale Sichtweise auf ihre gen überzeugt, beschäftigt das Beratung und Hilfe Behinderung zum Ausdruck brin- Unternehmen, das 2009 mit dem Wer einen Menschen mit Hangen, die wegführt von einer „defizi- Berliner Integrationspreis ausge„Für unsere Jungs ist es nicht dicap einstellen will, erhält von tär geprägten Wahrnehmung“, wie zeichnet wurde, inzwischen zwölf es der Deutsche Gehörlosen Bund Mitarbeiter, von denen sechs taub immer einfach“, schildert Bauleiter der Arbeitsagentur Beratung und beziehungsweise schwerhörig sind. Mundt. Er hat Verständnis für Kun- Unterstützung. Gemeinsam wird e.V. formuliert. Hermann Witt, Inhaber der Fir- Und einen Bauleiter, der nach einer den, die irritiert reagieren auf die ein Anforderungsprofil für den zu ma He-Ho-Ba GmbH, einer Reini- Krebserkrankung vor zwölf Jahren Anwesenheit von Handwerkern, die besetzenden Ausbildungs- bezieckendorfer Firma für Holz-, Bau- die Grenzen der Belastbarkeit ken- irgendwie anders sind. „Es herrscht hungsweise Arbeitsplatz erstellt. tenschutz, Bodenlegearbeiten und nengelernt hat. Stefan Mundt (59) eine gewisse Schamhaftigkeit“, hat Der Arbeitgeber erhält auf Wunsch Montage von Bauelementen ist weiß also, wie es sich anfühlt, nicht er beobachtet. „Nicht jeder weiß mit auch Auskünfte und Rat zu Förselbstverständlich auf dem neues- so zu sein wie die meisten anderen. Behinderungen umzugehen. Zum dermöglichkeiten und Fragen des ten Stand über das Selbstverständ- Er ist zu 60 Prozent schwerbehin- Glück haben wir aber einige Firmen, Schwerbehindertenrechts. Damit Menschen mit Behindenis der Gehörlosen. Denn er hat dert, was ihn allerdings nicht davon mit denen wir öfter zusammenarsechs Männer in seiner Belegschaft, abhält, eine hundertprozentige beiten. Die kennen die Eigenarten rung ihre Leistungsfähigkeit im die mit dem Handicap Taubheit oder Arbeitsleistung zu erbringen. Die unserer Jungs und schätzen ihre Unternehmen beweisen können, verlangt er selbstverständlich auch Arbeit.“ „Die Jungs“ wiederum sind ist eine Probebeschäftigung bis Schwerhörigkeit leben müssen. maximal drei Monate möglich. Die Aber zurück zu den Anfängen: von den Mitarbeitern, die er väter- eine eingeschworene Truppe. Eine Truppe, die es auch Hermann Kosten dafür werden dem Arbeitge„Also, damals kam eine engagier- lich „die Jungs“ nennt. Sowohl Chef als auch Bauleiter Witt und Diplom-Bauingenieur Ste- ber im Nachgang auf entsprechende te Dame und fragte für den jungen Tischler nach einem Praktikums- haben ein großes Herz für die Mitar- fan Mundt manchmal schwer macht. Nachweise erstattet. Auch die Zahplatz“, erzählt Hermann Witt. Erst beiter. Denn taube Tischler und Ma- Beide verhehlen nicht, dass der lung eines Eingliederungszuschussei er skeptisch gewesen, habe ler haben es natürlich schwerer als Einsatz von Menschen mit Behin- ses ist möglich. Die Leistungen sind sich aber breitschlagen lassen und ihre hörenden Kollegen: Man stelle derungen organisatorischen und im Vorfeld der Arbeitsaufnahme habe dem tauben Praktikanten eine sich eine Baustelle vor, auf der alles auch menschlichen Mehreinsatz oder der Probebeschäftigung durch Chance geben wollen. „Das war eine drunter und drüber geht, auf der ein verlangt. Viele Dinge werden auf den Arbeitgeber zu beantragen.

Eine eingeschworene truppe

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Nicht jeder weiß mit Behinderung umzugehen.

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Wer, was, wie viel?

förderung der teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben

Behinderte Menschen sollen nicht ausgegrenzt werden. Foto: ddp/Heimann

Wer körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigt ist, kann Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erhalten. Das ist auch bei der beruflichen Ersteingliederung von Personen mit Lernbehinderungen möglich, wenn sie dauerhaft wesentlich beeinträchtigt sind. Diejenigen, denen eine Behinderung mit den genannten Folgen droht, sind gleichgestellt.

Berufliche Rehabilitation Leistungen während der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie Hilfen zur dauerhaften Teilhabe am Arbeitsleben werden vorrangig nach den allgemeinen Förderungsbestimmungen des SGB IX und SGB III erbracht. Reichen die allgemeinen Leistungen wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht aus (zum Beispiel wegen Teilnahme an einer behindertenspezifischen Maßnahme), werden besondere Leistungen erbracht. Wer an einer behindertenspezifischen Bildungsmaßnahme teilnimmt, bekommt nicht nur die Teilnahmekosten erstattet, sondern erhält auch Leistungen zum Lebensunterhalt.

Weitere leistungen Ist wegen Art oder Schwere der Behinderung der Erhalt oder das Schaffen eines Arbeitsplatzes notwendig, können erstattet werden: n Kraftfahrzeughilfe n Kosten für nichtorthopädische Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen n Kosten der Beschaffung oder Ausstattung einer behinderungsgerechten Wohnung.

persönliches Budget Seit dem 1. Juli 2004 können Menschen mit Behinderung auch Leistungen in Form eines Persönliches Budgets erhalten. Den individuellen Bedarf stellen die Rehabilitationsträger, die Pflegekassen und die Integrationsämter fest.


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