Stil - Das Wohnmagazin II by Berlin Medien GmbH

Stil DAS WOHNMAGAZIN

Alles schick Die neue Bedeutung des Designs

Alles passt Praktische Regale, individuelle Arbeitszimmer

Alles eins Wenn die Badewanne neben dem Bett steht

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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STIL – das Wohnmagazin

Design

rotz der Krisen um uns herum bleiben wir Deutschen in Kauf- und Investitionslaune. Gerade hat der Verband der Deutschen Mö-

belindustrie Zahlen präsentiert, die das belegen: Im ersten Halbjahr 2014 konnten die deutschen Möbelhersteller mit dem Absatz von in Deutschland hergestellten Möbeln einen Umsatz von 3,9 Milliarden Euro erzielen. Das sind 1,9 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2013. Die Deutschen machen es sich also Zuhause gemütlich. Die eigenen vier Wände bilden mehr denn je ein Refugium: Schließt sich die eigene Wohnungs- oder Haustür, bleiben der Alltag, der Stress und der Ärger draußen. Abschalten, wenigstens für einige Stunden, ist das Motto. Und da darf es dann ruhig etwas kosten, den Bei Wohntrends ist nichts mehr unmöglich – auch nicht ein schaukelndes Sofa.

Wohnbereich ganz nach eigenen Wünschen zu gestalten. Der Handel ist dafür gut aufgestellt, die Palette

DPA/OLIVER BERG

reicht von preiswert bis exklusiv. Namhafte Designer produzieren – ähnlich wie im Modebereich – mittler-

tag so angenehm wie möglich gestalten. Wie bei der Unterhaltungselektronik und den Hausgeräten haben auch die Möbel- und Sanitärhersteller ihre regelmäßigen Leitmessen. Das sind entweder die großen Schauen in Mailand, Köln oder Frankfurt am Main. Die Branche läuft dort zu Höchstform auf. Nebenher gibt es noch zahlreiche Aktionstage des Handels und der Hersteller. Im Fokus steht der Ansatz „Made in Germany“, Einrichtungsqualität aus der Heimat. Denn immer öfter

Wohnen Wohnen mit Design: Gespräch mit der Trendexpertin Seite 4

drängt es auch fernöstliche Hersteller auf unseren Markt. Eine Herausforderung für die hiesige Industrie. Sie liefert neue Ideen, intelligente Ansätze für Aufbewahrungslösungen und anspruchsvolles Design. Möbel sind heute bezahlbar und in allen Preisklassen zu haben. Auch das lässt den Wunsch leichter Wirklichkeit werden, Veränderungen zwischen die eigenen vier Wände zu bringen. Die Abstände zwischen dem Kauf

Sitzen wie in der Badewanne: neue Sessel Seite 5 Konkurrenz für die Tapete: Wandtattoos Seite 7

neuer Möbel werden kürzer, zur Freude einer umsatzorientierten Branche. Daneben entstehen immer mehr Möbelmanufakturen, die auf Langlebigkeit und zeitloses Design ihrer Produkte setzen. Der Stil steht hier im Vordergrund. Wir möchten Sie, liebe Leserinnen und Leser, wieder mitnehmen auf unsere Tour und Ihnen Trends, Neuheiten und Ungewöhnliches vorstellen. Viel Spaß bei der Lektüre mit Ihrem Wohnmagazin wünscht Ihnen die Redaktion.

IMPRESSUM Berliner Verlag GmbH Anzeigen: BVZ BM Vermarktung GmbH (Berlin Medien) Jens Kauerauf Redaktion: Peter Brock (verantw.), Angelika Giorgis Anzeigenverkauf: Mareen Beu, Tel. 030-23 27 51 18, eh-dl@berlinmedien.com Art Direction: Jane Dulfaqar, Annette Tiedge

Lampen: Der Charme der 70er-Jahre Seite 8 Retro-Chic: Möbel mit Vergangenheit Seite 12

Schlafen Begehbare Schränke: genug Platz für die Garderobe Seite 17 Katzensprung ins Bad: das Bett neben der Dusche Seite 18 Stabil und nachhaltig: Möbel aus Europaletten Seite 19

Kochen Küchenplanung: Wenn es auf Größe ankommt Seite 22 Küchendesign: die neuen, klaren Kanten Seite 23 Küchenmöbel: Module zum Mitnehmen Seite 25 Küchengeräte: Anschluss ans WLAN Seite 26 Café daheim: Kaffeeautomaten für jeden Platz Seite 24 Küchen-Helfer: Abzugshauben mit Anspruch Seite 27

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persönlicher Entfaltung und soll den Rückzug vom All-

aber weniger Statussymbol. Vielmehr ist sie Ausdruck

Baden Badkonzepte: Stauraum mit Stil Seite 29 Trends: Badezimmer mit Perspektive Seite 30 Bad der Zukunft: Platz für alle Seite 31 Private Spa: Wellness daheim Seite 32 Gemütlichkeit im Bad: Konkurrenz fürs Wohnzimmer Seite 33

ren Generationen ist die Wohnungseinrichtung heute

weile auch für die Möbelindustrie. Anders als bei frühe-

Pflanzen Zimmerpflanzen: Paradies zwischen vier Wänden Seite 35 Balkon und Terrasse: die Farben des Herbstes Seite 36 Garten hinterm Haus: fit für den Winter Seite 37 Grillen im Winter: der neue Trend Seite 38

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Wohnen D

ie Deutschen sind – zumindest innerhalb Europas – die Meister im Möbelkauf. Kein anderes Land hat so viele Möbelhäuser, und in keinem anderen eu-

ropäischen Land wird so viel Umsatz mit dem Verkauf von Schränken, Tischen, Sofas und Betten erzielt. Das freut vor allem die einheimischen Hersteller, sorgt aber auch für die eine oder andere Sorgenfalte im Gesicht der Möbelbosse. Denn zunehmend werden Kunden über den Preis gewonnen. Und da können vor allem die Produzenten aus Asien oder osteuropäischen Ländern punkten. Die deutschen Möbellieferanten merken dies – und vermelden nur geringfügiges Wachstum, wie ein Branchenverband kürzlich beim Blick auf das erste Halbjahr 2014 vermeldete. Die Stimmung sei gedämpft nach all den Jahren, in denen die Erfolgskurve stetig nach oben zeigte. Ginge es nach den Herstellern von Möbeln, sollten sich die Deutschen freilich ohnehin am besten jährlich neu einrichten. Umso wichtiger ist es für sie also, mit Innovationen zu punkten und neben der Ästhetik praktische Funktionen in neue Kollektionen zu integrieren. Die Kölner Möbelmesse versucht sich jedes Jahr aufs Neue an diesem Spagat und will den Handel von solch vermeintlichen Neuheiten überzeugen. Doch tatsächliche Aha-Effekte gibt es eigentlich seit Jahren nicht mehr. Nur selten kann sich die Fachpresse zu Jubeltexten über revolutionäre, ausgefallene Möbel hinreißen lassen. Und Hand aufs Herz: Solche Urteile wären eher aus Mailand zu erwarten, der nach wie vor angesagtesten Möbelmetropole des Kontinents. Die Entwicklung geht nun also Richtung Qualität, Nachhaltigkeit und Beständigkeit. Und da haben viele deutsche Hersteller wieder zu ihren Tugenden zurückgefunden. Gegen die Billigkonkurrenz aus Fernost hilft nur ein anständiges, solides und an den Bedürfnissen des Markts ausgerichtetes Sortiment. Gerade in Großstädten wie Berlin, Hamburg, München oder Köln finden daher viele kleine Möbelhändler ihre Nischen neben den bewährt strukturierten Möbelhäusern. Angesagt sind Möbel namhafter Designer, und oft passt der Vergleich zur Automobilindustrie: Wer sich erst einmal auf eine deutsche Marke festgelegt hat, wechselt so schnell nicht mehr. Fast unbemerkt feiern auch die Klassiker unter den Möbeln eine Renaissance und finden unter Liebhabern dankbare Abnehmer. Nachdem viele Jahre neue Möbel auf alt getrimmt wurden, stehen jetzt wieder alte Möbel mit Patina in den Schauräumen vor allem von kleineren Geschäften – und das zu Preisen, die sich sehen lassen können. Denn wie bei Oldtimern auch haben in die Jahre gekommene hochwertige Schränke, Sessel und Lampen ihren Preis. Nach oben sind da keine Grenzen mehr gesetzt.

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Die Natur ist ein großes Thema für die Möbelindustrie. Der Verbraucher wünscht sich nachhaltige Lösungen für daheim. GETTY IMAGES

Individuell und naturbewusst Ursula Geismann ist Sprecherin des Verbands der

Welche Megatrends schlagen sich darüber hinaus auf das Möbelsortiment nieder? In jedem Fall der demografische Wandel. Mir fällt da der Ess-Sessel ein. Das ist ein gepolsterter Stuhl, der sein eigentliches Vorbild im Bürositzmöbelbereich hat. Der Ess-Sessel ist gut für den Rücken und sehr gemütlich. Früher stand man nach dem Essen auf und ging ins Wohnzimmer. Heute bleibt man am Esstisch sitzen und verweilt. Im Schlafzimmerbereich ist der Trend zum Boxspringbett nicht aufzuhalten, weil es angenehm hoch ist. Das alles gibt es in verschiedenen Größen, Farben und Materialien. Viele Kunden passen ihre Möbel auch an und beauftragen einen Schreiner mit Spezialanfertigungen. Dann kann die Branche ja nicht klagen. Die Schreiner vermelden volle Auftragsbücher bis zum Herbst. Es ist also derzeit sehr schwer, einen Schreiner zu engagieren. Die Möbelbranche an sich hatte vergangenes Jahr einen kleinen Umsatzrückgang, aber das betraf auch andere Länder. Unterm Strich sind wir Deutschen immer noch Europameister im Möbelkauf.

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Adelaide ist mehr als bloß ein Stuhl. Er kann ganz nach Ihren Wünschen gestaltet werden. Wählen Sie aus einer Vielzahl an verschiedenen Farben, Materialien und Ausführungen, um Ihren individuellen Stuhl zu kreieren. Und dies gilt nicht nur für Adelaide, sondern für alle Designs der neuen Kollektion 2015. Die Concepter in unseren Stores unterstützen Sie gerne dabei, das für Sie perfekte Möbelstück zu ﬁnden.

Großeltern heute noch. Der steht im Esszimmer und dient der Aufbewahrung von Geschirr.

Was hat es mit dem Naturtrend im Einrichtungsbereich auf sich? Die Leute werden sensibler für ihre Gesundheit, aber auch für die Umwelt. Das schlägt sich im Möbelbereich nieder. Baumwolle oder Hanf sind als Naturmaterialien Lassen Sie uns mal einen vorsichtigen Blick VDM stark gefragt. Die Umsatzzahlen für Massivauf das kommende Jahr werfen.Was erwartet holzmöbel oder Ledersofas steigen, und so uns 2015 im Möbelbereich? Ursula Geismann sind Bioleder oder naturgegerbtes Leder im Die großen Megatrends Individualität, Kommen. Der Trend geht hin zu ökologiNatur, demografischer Wandel und Globalischen Möbeln, die recycelt werden können – also dem sierung setzen sich fort. Nach wie vor haben die DeutKreislauf wieder zugeführt werden. Wir sprechen von schen große Freude, Freunde zu sich nach Hause einzuNeoökonomie. Die Möbelhersteller hierzulande haben laden und es sich dort gemütlich zu machen. Außerdem sich darauf eingestellt. Sie müssen ja auch mit etwas beobachten wir, dass die klassische Trennung der punkten, denn die Konkurrenz ist groß. Viele Möbel- Wohnbereiche aufgehoben wird. Wände sind out, ofhäuser bestellen ihre Möbel in Asien. Darunter sind fene Räume sind in. Die einzelnen Funktionsbereiche Polstermöbel, Regale und Schränke, preiswerte Ein- werden künftig von Raumteilern oder großen Sofas gestiegsmodelle eben. In Deutschland haben wir da auch trennt. Das ist derzeit vor allem gut bei Neubauten zu ein Phänomen. Der deutsche Handel verkauft oftmals beobachten, aber auch bei Umbauten von Bestandsimüber den Preis und lockt mit verschiedenen Rabatten. mobilien. Was sich hingegen kaum durchsetzt ist die Doch Qualitätsmöbel haben einfach ihren Preis, da Verschmelzung von Bad und Schlafzimmer. Stark im muss man dann auch mal tiefer in die Tasche greifen. Kommen ist zudem LED. Die sparsame Beleuchtung Die deutschen Hersteller können sich da nur über gutes wird dazu eingesetzt, verschiedene Wohnelemente herDesign und eine ausgezeichnete Qualität von der Kon- vorzuheben. Bei den Polstermöbeln gehe ich davon aus, kurrenz abheben. Das geht bei der Materialauswahl dass sie kleiner und kompakter werden. Denn die Zahl deutscher Möbel los und endet bei Design und Langle- der Haushalte nimmt zu, nicht zuletzt auch wegen der bigkeit. Aber genau da beißt sich die Katze in den vielen Singles. Bei den Regalen beobachten wir ebenSchwanz. Denn einerseits verlangen die Verbraucher falls, dass sie kleiner werden – das liegt auch daran, dass beispielsweise Sofas, die viele Jahre halten. Auf der an- die E-Books weiter auf dem Vormarsch sind. Einige Herderen Seite hat der Handel ein Interesse daran, Umsatz steller rechnen damit, dass es Bücherregale womöglich zu generieren. Und das funktioniert ja nur, wenn der schon in zehn Jahren nicht mehr gibt. Und dann ist da Kunde möglichst oft neue Möbel kauft. Wenn ich da an noch der Trend zur Farbe. Blau ist ein ganz großes meine Großeltern denke, die hatten immer die gleichen Thema – wie bei der Mode. Da schaut auch die MöbelMöbel. War ein Sofa verschlissen, wurde es aufbereitet branche hin. und neu bezogen. Einen Schrank habe ich von meinen Das Gespräch führte Marcel Gäding.

Deutschen Möbelindustrie und gefragte Expertin für Trends im Wohnbereich. Ein Gespräch über Möbel,

Mehr als ein Stuhl. Ein Konzept.

Frau Geismann, wenn wir aufmerksam durch die Möbelhäuser der Stadt schlendern, werden wir regelrecht erschlagen, was die Auswahl an Sofas, Regalen, Schränken und Accessoires betrifft. Woran liegt das? Ganz gewiss an einem Megatrend – der zu mehr Individualität. Das beobachten wir schon seit Jahren. Gefragt sind heute keine 08/15-Sachen mehr. Die Möbel werden vielfältiger. Man kann den Kunden nicht mehr mit einem Einheitssofa kommen, wie es früher vielleicht funktionierte. Heute ist pimp my home angesagt. Dahinter verbirgt sich das Bedürfnis der Verbraucher, sich ganz nach dem eigenen Geschmack einzurichten und es sich zu Hause so richtig gemütlich zu machen. Die Leute wollen in den eigenen vier Wänden heute etwas Besonderes, etwas Einzigartiges. Und das macht sich nicht nur bei den Möbeln bemerkbar. Auch der Accessoires-Bereich profitiert davon in besonderem Maße, aber auch die Tapeten- und Wandfarbenhersteller. Groß im Kommen ist aber auch der Naturtrend, der ganz dem Zeitgeist entspricht. Da liegt etwas in der Luft.

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Für immer und ewig – der Ohrensessel bleibt in Mode: Neue Stoffe und Materialien lassen ihn als Klassiker weiterleben.

Sitzen wie in der Badewanne

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Vor 60 Jahren wurde das Sitzen revolutioniert. Omas Polstermöbel sind Sesseln gewichen, in denen man es sich gemütlich machen konnte. Ein Blick in aktuelle Kollektionen zeigt: Der Zeitgeist der 1950er-Jahre erlebt eine Renaissance.

it den Messebesuchen ist das so eine Sache. Ohne es zu merken, legt man an einem Tag mehrere Kilometer in stickigen Hallen zurück und sehnt sich am Ende nur noch danach, eine Pause zu machen, sich hinzusetzen. So ging es 1954 auch den Besuchern der Kölner Möbelmesse, die bis heute den Ton in der Möbelbranche angibt. Während man in den Jahren zuvor auf unbequemen Bänken oder Stühlen Platz nahm, sollte 1954 alles anders sein. Denn dem Zeitgeist folgend standen neben all den Klassikern unter den Sitzmöbeln jetzt auch avantgardistische Sessel, die eher an Sitzkuhlen oder Sitzbadewannen erinnerten. In ihnen konnten sich die Fachbesucher so richtig fallen lassen und die vom Messebesuch geschundenen Beine hochlegen. „In ihren Umrissen scheint die Sitzkuhle den Abdrucken nachgeformt zu sein, die ein ruhender menschlicher Körper im weichen Sand hinterlässt“, schrieb damals das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Auf zwei Seiten stellte das sonst eher für harte Fakten bekannte Blatt Neuheiten wie „Der blaue Dinosaurier“ oder den Fernsehsessel „Münchhausen“ vor.

„Der klobige Fernsehsessel hatte das Stigma, piefig zu sein.“

Nicht aus der Mode zu kriegen ist auch der Ohrensessel, der vielen Herstellern als Klassiker im Sortiment gute Umsätze beschert. Die aus Nordrhein-Westfalen stammende Möbelfabrik Werther hat mit dem Hanson 460 eine schlanke und elegante Variante in ihr Portfolio integriert. Während die Beine des Ohrensessels für Stabilität sorgen, sollen die gepolsterten Seitenwangen Geborgenheit ausstrahlen. Hersteller Ton aus Berlin knüpft an die einstigen Erfolge des Schaukelstuhls an, den es früher in jedem Haushalt gab. Die moderne Variante trägt den vermeintlich innovativen Namen „Wave“, deren Entwürfe aus der Feder von Michal Riabic stammen. „Wave“ ist die zeitgemäße Neuinterpretation des klassischen Schaukelstuhls, erklärt das Unternehmen. Dirk-Uwe Klaas, der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie, sieht den Sessel im Wandel und erinnert daran, dass auf Design bedachte Käufer in der Vergangenheit eher einen Bogen um solche Sitzmöbel machten. Vor allem die Fernsehsessel galten als antiquiert. Klobig in der Form, farblich von gestern. „Er hatte das Stigma, piefig zu sein“, sagt Klaas. Dieses Bild hat sich gewandelt. Moderne RelaxSessel sehen leicht aus, filigran. Passen sich so jedem Interieur an. Die Nachfrage ist groß. Diese Produktveränderung spricht, so der Verband der Deutschen Möbelindustrie, sowohl die Kernzielgruppe der Älteren, als auch junge Kunden an. (gäd.)

Dirk-Uwe Klaas, Verband der Deutschen Möbelindustrie

Die Designer und Möbelhersteller waren vor 60 Jahren ihrer Zeit voraus. Jene Modelle haben bis heute ihre Anhänger und stehen, meist in abgewandelter Form, in vielen Möbelhäusern zum Verkauf. Das verwundert kaum, denn im Grunde genommen trifft dies auf die meisten Möbeldesigns zu. Der große Wurf gelingt den Kreativen in der Möbelbranche heute kaum noch. Aktuelle Kollektionen folgen den Vorbildern der Wirtschaftswunderjahre getreu dem Leitsatz, nicht alles, was alt ist, ist schlecht. Zwischenzeitlich drohte zwar das einzelne Sitzmöbel neben farblich und gestalterisch konform abgestimmten Kombinationen aus Sofa und Sesseln in Vergessenheit zu geraten. Doch inzwischen ist es als solitäres Möbelstück wieder sehr gefragt. Heute bilden die Sessel den Zeitgeist des gesellschaftlichen Bedürfnisses nach Symbiose von Design und Funktionalität ab. Mit großmütterlichem Massivpolster haben sie trotz ihres Ursprungs nichts mehr gemein. Aktuell haben namhafte Möbelhäuser Modelle im Programm, die bereits in den 1920er-Jahren erfunden wurden. Der berühmte Bauhausarchitekt Ludwig Mies van der Rohe ist beispielsweise der Schöpfer des Barcelona-Sessels: Dieser entstand 1929 zur Weltausstellung in der katalonischen Stadt am Mittelmeer und zog die Besucher in den deutschen Pavillon. Neben der gepolsterten Lederauflage fällt sofort der gekreuzte Stahlrahmen ins Auge, den sich van der Rohe von einem alten Scherenstuhl abschaute. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde der Barcelona-Sessel in kleiner Auflage in Berlin hergestellt. Weltweiten Ruhm erlangte er allerdings erst durch Florence Knoll. Das nach ihr benannte Unternehmen Knoll International bietet das exklusive Stück zu einem ebenso exklusiven Preis: An die 6 000 Euro kostet dieses Stück Möbeldesigngeschichte. Hersteller ClassiCon produziert bis heute den von der irischen Designerin Eileen Gray entworfenen Sessel Bibendum. Seinerzeit, in den 1930er-Jahren, arbeitete Gray an einem Prototyp für eine Pariser Wohnung. Ihr Sessel sollte aber nicht das einzige Möbelstück bleiben – für dasselbe Appartment kreierte sie noch viele weitere Art-déco-Möbel. Auch die runde Lehn- und Sitzfläche Bibendums, die mit Leder bespannt ist, findet Halt auf einem Stahlgestell. ClassiCon liefert das Modell in den Farben Weiß, Rot und Schwarz für rund 4 900 Euro pro Stück. Heute ist auch der dänische Designer Verner Panton aktueller denn je. 1959 entwarf er den C1 Clubsessel, der äußerlich wie eine aufgeschnittene Kugel aussieht. Die gepolsterte Sitzschale bietet nach Angaben ihres Herstellers Vitra einen „erstaunlich hohen Komfort“. Nicht nur entspannt und zurückgelehnt soll man in der berühmten kreisrunden Mulde sitzen können, sondern auch aufrecht. Wer zudem gerne seine Beine hochlegt, kann zu dem gut 1 600-Euro-Sessel noch den passenden Hocker dazubestellen. Außergewöhnlich sind die Sesselmodelle namens „morning“ der Firma Brühl. Die einzelnen Polsterteile ergeben die Form eines Blütenkelchs, die optisch eine Art Hochblüte ergeben. Bezogen werden die Sessel mit Stoffen aus frühlingshaften Pastellfarben.

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Ganz schön flach und ultrascharf: Ein 4K-Fernseher bietet das Vierfache an Schärfe eines herkömmlichen HD-Geräts. ARCHIV

Scharfe Unterhaltung Fernseher sind nicht nur zum Fernsehen da: Die Geräte der neuesten Generation sind internetfähig. Über eine drahtlose Verbindung lassen sich die aktuellen Blockbuster abspielen –

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o lange ist es noch gar nicht her, dass ein Fernsehgerät sperrig daherkam. Das Röhrengerät flimmert in unserer Erinnerung. Als sich das Ende der DDR näherte, verfügte die Mehrzahl der Menschen zwischen Rügen und dem Erzgebirge über Schwarz-WeißTVs, deren Sender an Rädchen justiert wurden. Wer nicht gerade in Berlin oder Schwerin wohnte, sondern auf Usedom oder in Dresden zu Hause war, ärgerte sich an manchen Tagen zudem grau, weil der Westempfang so miserabel war oder gar kein ARD und ZDF über die Mattscheibe flimmerte. In Heringsdorf beispielsweise gab es Tage, an denen die Signale der skandinavischen TV-Sender bis in den nördlichsten Zipfel der DDR reichten. Dann blieb alles stehen und liegen, um Musiksendungen zu sehen oder Krimis, die man doch nicht verstand. Jüngere Menschen hingegen, die nach dem Fall der Mauer geboren wurden, können sich dieses Szenario heute nur schwer vorstellen. Sie leben in der Generation von Smart-TV und Ultra-HD, in Zeiten mit mehr als 300 Kabelsendern und der Möglichkeit, über die Fernbedienung Sendungen aufzurufen, die man in Mediatheken abgespeichert hat, oder die dort automatisch gespeichert sind. Früher musste man seinen Videorekorder programmieren, um die Lindenstraße oder den Tatort nicht zu verpassen. Heute scrollen wir uns durch Menüs und schauen die Sendung, wann es uns gerade passt. Zeitautonom. „Also dann, wann sie es wollen und nicht zu den vorgegebenen Ausstrahlungszeiten der TV-Sender“, heißt es hierzu von der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu). Der Fernseher als Tor zur Welt der Unterhaltung und Informationen hat einen Quantensprung hinter sich. Seit um die Jahrtausendwende die ersten, noch sehr klobigen Flachbildfernseher mit furchterregend groben Auflösungsraten auf den Markt kamen, ist viel passiert. „Der Flachbildfernseher gehört inzwischen weitgehend zur Standardausstattung in denWohnzimmern“, erklärt gfu-Sprecher Roland Stehle und bezieht sich auf eine europaweite Studie seines Verbands. Befragt wurden 1 000 Haushalte in der Bundesrepublik sowie 5 000 weitere in sechs anderen europäischen Ländern.„In 86 Prozent der deutschen Haushalte steht ein Flat-TV“, erklärt Stehle. „Immer häufiger sind die TV-Geräte nicht nur flach, sondern auch smart.“ Das bedeutet, sie verfügen über einen Internetanschluss und lassen sich ähnlich wie ein Tablet-PC steuern. Die Palette der angebotenen Apps reicht vom zeitversetzten Fernsehen per Media-

thek bis hin zu Video on demand, also Videofilme auf Abruf, rund um die Uhr. Ganz nebenbei kann man vor dem großen Flachbildfernseher auch noch im Internet surfen, E-Mails lesen oder Twitter-Accounts verfolgen. Immerhin freut das die Branche, denn nach Darstellung der gfu ist die Kaufbereitschaft für neue TV-Geräte groß. Gefragt ist auch HbbTV, das Nachfolgeformat des inzwischen schon wieder nostalgisch charmanten Videotextes: Hybrid broadcast broadband Television ist eine moderne Informationsplattform mit Details zu laufenden Sendungen, mit Direktverbindung zur Sender-Mediathek und zu weiteren Inhalten wie Spielen. Auf dem Vormarsch sind nicht nur die Geräte, die sich mit dem Internet verbinden lassen. Groß im Kommen sind auch große Flachbildfernseher mit der bestmöglichen Auflösung. Die Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik berichtet, dass einer der Hauptgründe für die Neuanschaffung eines Fernsehers der Wunsch nach einem größeren Bild ist. Auch die höhere Auflösung des Flat-TVs reizt die Verbraucher und lässt die Abstände zwischen dem Kauf neuer Fernseher immer kleiner werden. Die gerade zu Ende gegangene Internationale Funkausstellung in Berlin als größte Messe dieser Art weltweit vermeldet Rekordumsätze. Und die Hersteller überbieten sich derzeit, was Größe und technische Ausstattung betrifft. Nachdem High Definition und 3D-Geräte ihre Hochzeit erlebt und sich seit dem vergangenen Jahr sogar auch gebogene Fernseher durchgesetzt haben, stehen nun die ersten 4K-Fernseher in den Geschäften. 4K steht für das Vierfache einer Full-HD-Auflösung. „UltraHD-Geräte vereinen mehr als acht Millionen Pixel auf ihrer Bildfläche“, erklärt die gfu. Satte Farben und scharfe Kontraste versprechen bei UHD-Fernsehern ein besonderes Erlebnis für die Augen. Doch ganz so euphorisch sollten Fernsehfreaks nicht an die Sache herangehen. Die Mehrzahl der im deutschen Fernsehen ausgestrahlten Sendungen ist bis heute nicht in HD-Qualität zu empfangen, und dieser Standard wird gerade von UHD abgelöst. Zwar haben alle Hersteller bereits Modelle am Start – solange aber Fernsehsendungen nicht in der entsprechenden Auflösung produziert werden, gibt es auch nur mäßig scharfe Bilder. Branchenexperten befürchten sogar, dass es die richtig satten und scharfen Filme nur bei Video-on-demand-Anbietern wie Maxdome oder Sky geben wird. Ersterer plant für 2015 den Start seines Ultra-HD- beziehungsweise 4K-Angebots. (mg.)

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Das gute alte Rautenmuster als Folie an der Wand. Nur wer genau hinschaut, sieht, dass das Motiv nicht auf die Wand gemalt wurde.

Immer an der Wand lang

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Wandtattoos machen der Tapete Konkurrenz. Auf einer schnöden Raufasertapete sind sie ein Hingucker. Eine Berlinerin gehört zu den Anbietern der ersten Stunde.

ine Wohnung kann noch so gut mit teuren oder ungewöhnlichen Designermöbeln eingerichtet sein – entscheidend für die Gesamtwirkung ist auch das Drumherum. Vor allem die Wände haben einen großen Anteil daran, wie wohnlich ein Raum wirkt. Bis heute gehört die Raufaser zu den Lieblingen der Deutschen. Sie ist robust und kann nach Belieben in allen möglichen Farben gestaltet werden. Schwerer haben es da schon gemusterte Tapeten mit Blumen oder Ornamenten. Allerdings haben sowohl Raufaser als auch die Muster einen Nachteil. Denn alle Tapeten haben eine lange Haltbarkeit. Wem der Sinn nach Veränderung steht, der muss zum Pinsel greifen oder gleich neu tapezieren. Mit hochwertigen Wandtattoos kann das nicht passieren. „Die auf Folie gedruckten Motive lassen sich mit etwas Vorsicht wieder entfernen“, sagt Carolin Schultz von wandzauber.com Die Berlinerin betreibt seit sieben Jahren ihr kleines Ein-Frau-Unternehmen im Osten der Stadt. Sie gründete Wandzauber zu einer Zeit, als Wandtattoos noch kein großes Thema waren. Auf die Geschäftsidee kam sie im Zuge ihrer ersten Ausbildung zur Kommunikationsdesignerin. Damals bezog die in Schwerin geborene Studentin ihre erste eigene Wohnung in Hamburg. Statt die kahlenWände in ihrer Bleibe zu streichen, überlegte sie, wie sie florale Muster auf das eintönige Weiß bringen könne. Die Idee des Wandtattoos war geboren. Eine Druckerei bot ihr an, ihre Motive auf eine Folie zu bringen. „Erst hatte ich vor, mithilfe von Farbe und Schablone etwas an die Wände zu sprühen“, sagt Schultz. Doch so richtig gerade werden die Linien dabei meistens nicht. Die Folie hingegen wurde einfach auf die Wand geklebt.

die mit einer entsprechenden App auf dem Handy auch entschlüsselt werden können. Für Kinderzimmer kommen Märchenmotive gut an. Auch Retromotive finden ihre Abnehmer – und das vor allem in Süddeutschland. „Ich habe außerdem schon in die Schweiz und nach Italien geliefert“, so Schultz. Gut laufen auch Tattoos mit rau coolem Berlin-Bezug – darunter ein Ghettoblaster. Schultz muss im Gegensatz zu ihren Kommilitonen nicht kellnern oder im Kaufhaus jobben. Mit Wandzauber verdient sie so viel, dass sie davon gut ihren Lebensunterhalt bestreiten kann. Montags bis mittwochs sitzt sie in den Hörsälen der Freien Universität, donnerstags und freitags in ihrer kleinen Werkstatt. Wenn sie das Studium beendet hat, möchte sie möglichst in beiden Bereichen arbeiten: als Erzieherin und als Geschäftsfrau. Dass sich beides gut miteinander kombinieren lässt, hat sie mehrfach unter Beweis gestellt. Für eine Schule in Reinickendorf fertigte sie einen Baum auf Folie an. Dieser ziert nun die Wand im Schülertreff und wird von den Jungen und Mädchen je nach Jahreszeit mit bunten Blättern oder Watte beklebt und entsprechend ergänzt. In den Sommerferien hatte Carolin Schultz zudem Besuch von zwei zehnjährigen Mädchen. Mit denen veranstaltete sie einen Wandtattoo-Workshop. Herausgekommen sind lustige Eulen. (gäd.)

„Es entsteht schnell der Effekt, als sei das Motiv auf die Tapete gemalt.“ Carolin Schultz, wandzauber.com

Inspiriert von ihren selbst verzierten Wänden ließ Carolin Schultz ihre ersten eigenen Erfahrungen damit in ihre Abschlussarbeit einfließen. Denn als angehende Kommunikationsdesignerin sollte sie unter Beweis stellen, dass sie in der Lage ist, ein eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen. Also machte sie sich Gedanken über einen Onlineshop, über Wandtattoos als Einnahmequelle und über potenzielle Kunden. Ihre besten Freundinnen mussten für Fotoshootings in Möbelhäusern herhalten. Nachbarn und Bekannte beteiligten sich an einer Umfrage mit dem Ziel herauszufinden, ob an Wandtattoos überhaupt Bedarf besteht. Die Idee kam bei den Leuten an. Weil diese damals noch kaum jemand kannte, war die Neugier vor allem bei den weiblichen Kunden umso größer. Gute Voraussetzungen, um mit Wandtattoos Geld zu verdienen. Ärgerlich findet sie, dass sie sich ihre Idee nicht schützen ließ. Inzwischen gibt es unzählige Internetshops und Produzenten in Fernost, die Allerweltsmotive auf Folien bringen. Die Abschlussarbeit wurde mit einer 1,25 bewertet. Nachdem die heute 29-Jährige ihre Ausbildung in der Tasche hatte, zog es sie erst einmal in die weite Welt. Als schließlich Möbelhäuser bei ihr anfragten und andere Existenzgründer mit ähnlichen Projekten auf den Markt kamen, ließ sie ihre Geschäftsidee wieder aufleben. Ohne groß Werbung zu machen, etablierte sie ein kleines Unternehmen, das seit Anfang des Jahrs seinen Sitz im Berliner Bezirk Lichtenberg hat. Mit eigener Technik kann sie mittlerweile die Folien selbst bedrucken. Mehr als 60 Farben stehen zur Verfügung. Und im Prinzip kann sie alles auf die Folien bringen, was vom Dateiformat her umzusetzen ist. Inzwischen studiert Schultz Erziehungswissenschaften und finanziert ihr Studium durch Wandzauber. Im Gegensatz zu ihren großen Konkurrenten setzt sie nicht auf Massenprodukte, sondern auf individuelle Anfertigungen in klaren, geometrischen Formen. „Ich mag edle, schlichte Designs“, sagt Carolin Schultz. Nur wer ganz nah an die beklebte Wand geht, sieht die Folie. „Daher entsteht schnell ein Effekt, als sei das Motiv auf die Tapete gemalt.“ Schultz favorisiert Auftragsarbeiten oder bietet Motive an, die ihr selber gut gefallen. „Ich versetze mich da auch gerne in die Lage meiner Kunden“, sagt sie. Waren ganz am Anfang noch Schnörkel und Blümchen angesagt, so sind es jetzt eher die abstrakten Motive, mit denen Carolin Schultz Umsatz generiert. Der neueste Schrei seien an die Wand gebrachte Barcodes,

Zum r umen schön.

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Lampen wie in den Siebzigern Juliane Grubel hat einen Job, für den es keine klassische Lehre gibt: Sie ist Lampenmacherin. In einer offenen Werkstatt können ihr die Kunden dabei zusehen, wie sie Lampenschirme fertigt. Ihr Material bezieht sie unter anderem aus Japan.

och konzentriert schneidet Juliane Grubel das Material zu. Erst das Papier, dann die Spezialfolie. Auf dem großen Ateliertisch ihres Ladens an der Kyffhäuserstraße im Berliner Stadtteil Schöneberg stehen kleine Holzkisten mit Scheren, Bleistiften und Kleber drin. Auch ein Skalpell liegt griffbereit. An der Wand hängen übergroße Winkelmesser und Ringe in verschiedenen Durchmessern. In den Regalen drum herum haben Stoffballen ihren Platz, während unter dem Tisch Papier aus Japan lagert. Alles ist griffbereit, jeder Schritt und jeder Schnitt sitzen. Eine halbe Stunde braucht die junge Frau, um aus dem Material eine mit Papier bezogene Lampe zu machen – wenn sie nicht unterbrochen wird. Denn Juliane Grubels Geschäft ist Laden und Werkstatt zugleich. Jeden Augenblick könnte ein Kunde vor ihr stehen. Amseldesign hat Juliane Grubel ihr Label genannt, wobei der Name etwas irreführend ist. „Ich war auf der Suche nach einem einprägsamen Namen“, sagt sie. Und weil ihre Tochter Amelie heißt und deren Spitzname Amsel lautet, entschied sie sich für Amseldesign. Ihren kleinen Laden mit Werkstatt betreibt sie in einem denkmalgeschützten Haus, das zur Zeit um 1900 erbaut wordeen ist. An den Stuckdecken hängen ihre Lampenschirme in verschiedenen Größen und Mustern. Nur die röhrenartige Grundform ist immer die gleiche. Das trifft auch auf die Tisch- und Wandlampen zu. Dennoch bleibt jede Lampe ein Einzelstück, das Grubel mit viel Liebe zum Detail und Präzision schafft. Eine bestimmte Bezeichnung hat ihr Design nicht. Sie orientiert sich an der Formensprache der 1960er- und 1970er-Jahre. Damals hingen Lampen im Stil der von Amseldesign in jeder Wohnung. Klein und groß, günstig und exklusiv Aufgegriffen aus dieser Zeit hat sie besonders die kräftigen, deckenden Farben Rot, Orange und Gelb. Derzeit stark nachgefragt sind aber auch Lampenschirme in Grau, die fast in jede Wohnung passen. Gefertigt werden die Lampenschirme in sieben Durchmessern – der kleinste beträgt 15 Zentimeter, der größte 80. Geduld ist dabei ebenso gefragt wie das handwerkliche Talent. Natürlich hat das alles auch seinen Preis, die Spanne bewegt sich zwischen 40 und 460 Euro. Viele Kunden entscheiden sich ganz spontan im Geschäft, eine Lampe zu kaufen. Andere wiederum bestellen im Internet. „Ganz besonders oft liefere ich nach Süddeutschland“, so Grubel. Die Bestandtteile der Lampenschirme sind bis auf die Außenhaut immer gleich: Zwei Metallringe, einer davon mit der Halterung für die Glühlampe, eine stabile

und nicht brennbare Folie, ein bisschen Leim – das wars. Um die Folie spannt Juliane Grubel entweder Stoff oder Papier, das aus Japan stammt. Zum einen wird das Papier in einer Fabrik hergestellt. Zum anderen kauft die Lampenmacherin handgeschöpftes und handbedrucktes Papier aus einer Werkstatt, die von allen Handwerksbetrieben in Japan als Einzige übrig geblieben ist. Die Muster auf dem Papier entstehen durch viele kleine Schiffchen, durch Dreiecke, goldene Wellen oder kleine Punkte. Kimonovorlagen nennen die Experten dies. Den Beruf, den Juliane Grubel ausübt, kann man nicht auf konventionellem Weg erlernen. Hier kommt ihr das Studium der Bekleidungstechnik zugute. Nachdem sie ihren Abschluss hatte, arbeitete sie für einige Modeschöpfer. Setzte deren Entwürfe in Kleider um. Nebenher probierte sie sich mit den Lampenschirmen aus, die bei Freunden und Bekannten gut ankamen. Vor zwei Jahren schließlich machte sie sich mit der Geschäftsidee selbstständig. Am liebsten Röhre Natürlich könnte sie auch ganz ausgefallene Lampenschirme herstellen, etwa kegelförmige. „Die kauft aber niemand“, sagt Grubel. Also konzentriert sie sich erst einmal auf die röhrenartigen Lampenschirme, auf deren Standardanfertigungen sowie die Reparatur alter Lampen. Problemlos kann sie auch kompletteWohnungen mit der passenden Beleuchtung ausstatten – alles in einer Farbe, in einer Form und in einem Design. Am liebsten sind ihr die Lampenschirme aus dem japanischen Papier, denn dazu hat sie eine große Affinität. „Wenngleich ich noch nie in Japan war“, wie sie zugibt. Das Papier, das dort auch zum Einbinden von Büchern benutzt wird, sei besonders lichtecht. Auf den Millimeter genau schneidet sie die Folie und das Papier zu, um es dann aufzukaschieren. Dabei wird das Papier auf die Folie geklebt. Danach leimt sie die Naht und legt den Schirm um die beiden Metallringe. Diese wiederum werden mit dem Lampenschirm vorsichtig verklebt. Ein Erfolgsrezept hat die Lampendesignerin nicht. „Ich entscheide aus dem Bauch heraus“, so Juliane Grubel. Sie habe ein Näschen für Trends, das ihr sage, was bei ihren Kunden gut ankommen könnte. Und mit diesem hat sie es sogar schon in ein Buch über die 50 besten Designer der Stadt geschafft, dessen Erscheinungstermin für Frühjahr kommenden Jahres angesetzt ist. „Eine Kundin aus Potsdam hat dem Verlag den Hinweis gegeben“, sagt Grubel stolz. Das ist aber auch ein Ansporn für das, was vor ihr liegt. Demnächst will sie sich auch an eckigen Lampen versuchen. (mg.)

Elegant und zeitlos: Die Lampen von Amseldesign. Juliane Grubel fertigt sie per Hand. M. GÄDING (2)

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Katzen verbringen die meiste Zeit ihres Lebens mit Schlafen. Wo sie das machen, ist ihnen fast egal. GETTY IMAGES

och vor wenigen Jahrzehnten wurden Hunde auf dem Land an eine Kette gebunden, in kleinen Hütten gehalten. Inzwischen freilich hat sich das Bild sehr gewandelt. Frisch gebackene Hundebesitzer kauften für ihren neuen Genossen Futternäpfe, eine Leine oder ein Geschirr, bisweilen einen Rattankorb. Und bei den Katzen sah das nicht anders aus. Sie begnügten sich lange mit einem Schlafplätzchen im Pferdestall oder teilten den Wohnraum mit ihren Besitzern. Diese Zeiten sind vorbei. Hund und Katz sind – auch wegen der sich ändernden gesellschaftlichen Paradigmen – zu Familienmitgliedern avanciert. Dies belegen Zahlen, die der Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) jedes Jahr präsentiert. Vergangenes Jahr lebten rund 28 Millionen Haustiere in deutschen Haushalten, davon 11,5 Millionen Katzen, 6,9 Millionen Hunde, 6,1 Millionen Kleintiere und 3,4 Millionen Ziervögel. Es kreucht und fleucht in deutschen Wohnzimmern. Selbst Warane und Schlangen sind keine Seltenheit mehr. Viele werden gekauft, weil es Mode ist.

28 Millionen Haustiere leben in deutschen Haushalten, davon sind 11,5 Millionen Katzen und 6,9 Millionen Hunde. Da es dem Hund, der Katze oder dem Zwergkaninchen an nichts fehlen darf, steigt das Interesse nicht nur an hochwertigem Futter, einer soliden Ausbildung in der Hundeschule und an Tierkrankenversicherungen. Groß ist inzwischen auch der Umsatz mit sogenanntem Tierzubehör, worunter auch Möbel und Accessoires für Haustiere fallen. Die bis vor einem Jahr vom IVH noch veröffentlichten Zahlen hierzu weisen einen Gesamtumsatz zwischen 3,5 und 3,7 Milliarden Euro aus. Auf das Tierzubehör fielen im Jahr 2011 noch 916 Millionen Euro. Dieser Umsatz dürfte inzwischen auch jenseits der Milliarden-Grenze liegen. Die steigende Nachfrage nach hochwertigen Haustiermöbeln und anderen Accessoires lässt auch die Zahl der Anbieter steigen. Viele Existenzgründer wagen den Sprung ins kalte Wasser. Sie machen sich in der Haustierbranche selbstständig, fertigen Hundegeschirre, Katzenleinen oder eben Möbel, die in erster Linie das Herz der engagierten Haustierbesitzer erfreuen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es Hund und Katz egal, wo sie ihr Nickerchen machen. Design und Prestige sollen in erster Linie in die Wohnung und zum Haustierhalter passen. Menschen ohne ausgeprägte Liebe zum Tier werden den Kopf schütteln, was die Haustiermöbel produzierende Branche inzwischen alles über Onlineshops an Haustierbesitzer bringt, und womit man Geld verdienen kann. Denn längst ist das Angebot an entsprechenden Produkten so umfangreich, dass es schwer fällt, den Überblick zu behalten. In Bayern hat sich eine Tischlerei ganz auf Holzmöbel für Hunde und Katzen spezialisiert. Der Betrieb bietet seine Haustiermöbel auf www.haustiermoebel.de zum Verkauf an. Das beginnt bei der Hundegarderobe, an deren hölzernen Haken Platz ist für Leinen, Halsbänder oder Bürsten, und endet bei Tierschaukelstühlen. Die Macher hinter dem Portal sind sehr kreativ. Von ihnen stammt die Erfindung Innenbalkon – ein Podest für die Wohnung, das von Katzen und kleinen Hunden benutzt werden kann. Oben gibt es die beste Aussicht, unten Futter im eigens dafür konstruierten Futternapfhalter. Als Zubehör werden sogar Trittmatten für die kleinen Treppen, Vorhänge oder Viskosekissen als weiche, orthopädische Unterlage angeboten. Auch LED-Bänder sind erhältlich, sie illuminieren den Balkon zu später Stunde. Freude daran dürfte – wie beim Gesamtprodukt Innenbalkon – vermutlich aber nur der Mensch haben, der zwischen 359 und 399 Euro in seinen neuen, speziellen Einrichtungsgegenstand investieren muss. Fraglich ist auch, ob Hund oder Katz auf die wackelige Tierschaukel steigen, die als „Sparmodell für preisbewusste Fellnasen“ angeboten wird. Abgesehen davon, dass Tiere keinen Bezug zum schnöden Mammon haben, ist auch der funktionale Nutzen dieses Möbels mehr als fraglich. Eine mögliche Existenzberechtigung für jenes Utensil liefert die Produktbeschreibung der „Tierschaukel Kernbuche“: „Diese exklusive Designschaukel aus massiver Kernbuche fügt sich bestens in modernes Wohnambiente ein“, heißt es. Biologen mit Spezialisierung auf Tierverhalten dürften bei solchen Offerten kaum Freude haben.

„Sie lieben Tiere und tolles Design?“ Das fragt der Anbieter der Plattform www.pet-interiors.de gleich auf der Startseite und macht keinen Hehl daraus, womit er Geld verdienen möchte. Da tauchen dann „klassische Tiermöbel“ auf, hinter denen sich ein Hundebett verbirgt, das in einen Würfel aus echtem Leder hineingelassen wurde, und für das es in Möbelhäusern bereits ein Sofa zu kaufen gibt. In der Rubrik Katzen dominieren Designerkratzbäume, die eigentlich keine Kratzbäume mehr sind. So besteht etwa der Standfuß aus reinem Edelstahl. Katzenbesitzer wissen jedoch, dass die Freude bei der Katze dann groß ist, wenn sie ihre Krallen an Sisal oder anderen Naturmaterialien wetzen kann. Das spielt allerdings beim „Rondo Stand“ aus Leder keine Rolle. Der Hinweis, dass dieser Kratzbaum für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland nominiert wurde, muss als Rechtfertigung für den Preis von 689 Euro dienen. Der Vollständigkeit halber darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass für jenes Möbel auch Kratzhüllen erhältlich sind – Gott sei Dank! Übrigens: Oft ist der Kummer groß, wenn jenes Designerstück von den geliebten Vierbeinern ignoriert wird. Hunde fühlen sich zuweilen auf dem Sofa oder einer Decke wohl. Katzen lieben es, sich einen Platz im Bücherregal zu suchen. Insofern muss sich Herrchen oder Frauchen nicht schlecht fühlen, wenn es so egoistisch ist, und das Designmöbelstück für sich selbst kauft. Das Haustier gesellt sich gern. (gäd.)

Schickes für Waldi und Mohrle Ein Korb aus Rattan war lange Zeit das, was man unter Haustiermöbel verstand. Doch die Ansprüche der Tierhalter und die Angebote der Branche wachsen. Nun gibt es Design-Möbel für die Vierbeiner. Hund und Katz ist der ganze Zirkus bisweilen herzlich egal.

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Von Andy Andresen stammt das Regal Eileen (aandres.com). Unten: Stocubo heißt das Regalsystem aus Berlin (stocubo.de). AANDRES.COM/ M. GAEDING

Das Brot unter den Möbeln Das Regal ist als Möbelstück unschlagbar. In ihm lässt sich alles verstauen und es schafft neue Räume auf einfache Weise. Zwei Designer haben neue Spielarten des alten Möbels entworfen. Beide setzen auf Nachhaltigkeit und Design.

as Regal, das Andy Andresen einfach Eileen nennt, ist unscheinbar und kein Hingucker. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Es hat seinen Platz im Showroom der Deutschen Werkstätten Hellerau nahe dem Hackeschen Markt in Berlin-Mitte gefunden. Natürlich wird es auch zum Verkauf angeboten, allerdings ohne die vielen Aktenordner, die gerade in ihm lagern. Auch schwere Kisten könnte man hineinstellen oder dicke Bücher – die Regalböden würden sich noch immer nicht biegen. Die Statik und das Material machen Eileen zu etwas Besonderem. Eileen ist zeitlos schön, auf das Wesentliche reduziert und vor allem eines: funktional. Eileen ist eine Hommage an die irische Innenarchitektin Eileen Gray (1878-1976). Der in der Schweiz lebende Designer Andy Andresen hat sich – zumindest in der Möbelszene – mit dem Regal ein Denkmal gesetzt, und das war alles andere als geplant. 2007 hatte sich seine Frau ein Regal gewünscht. Und weil Andresen auf Kriegsfuß mit Möbelanbietern etwa aus Schweden steht, war schnell klar: Etwas Eigenes muss her. Also verzog sich der Familienvater in den Keller seines Hauses in Belp nahe Bern und fing an zu zeichnen. Das liegt ihm, hier macht er aus einer Phantasie etwas Reelles, zumindest erst einmal auf dem Papier. Schließlich suchte er sich kleine Firmen, die ihm dabei halfen, die Pläne in die Wirklichkeit zu übertragen. Mit Material wie Aluminium, Glas oder Bambus ließ sich vortrefflich arbeiten. Spezielle Schrauben sorgten für Halt. Am Ende brauchte es keine Rückwände oder Ähnliches, um den Stand zu gewährleisten. Als Andresen dann Architekten kennenlernte, kam seine große Chance. Für deren Privathaus sollte er ein Regal bauen – vom Keller bis ins Dachgeschoss. Eine Woche dauerte es, das 1,2 Tonnen schwere, neun Meter hohe und halb so breite Möbel aufzubauen. „Dieses Regal ist das einzige Möbelstück, das von Experten auf seine Statik hin überprüft wurde“, sagt Andresen. Andresen hat lange in Berlin gelebt und sich mit vielen Jobs durchgeschlagen. Einen richtigen Namen machte er sich aber erst Anfang der 90er, als er für die in der DDR etablierten Minol-Tankstellen ein neues Design entwarf und das heute weit verbreitete Lila als Farbe etablierte. Andresen verdiente viel Geld und war ganz oben. Nach dem Verkauf von Minol verschwand aber auch Andresens Design wieder. Unbezahlte Rechnungen brachten ihn an Grenzen und schließlich in die Schweiz, wo er ein neues Leben begann. Es folgten Beratungsaufträge für kleinere Kunden, bevor er 2007 wieder etwas Eigenes auf die Beine stellte. Er sagt, er sei Gestalter und Handwerker. Kein Künstler. Und er ist der Meinung, „was hipp ist, ist irgendwie out“. Andresen hegt eine Abneigung gegen einen bekannten schwedischen Möbelhersteller, wenngleich sein Regalsystem genauso schnell aufgebaut werden kann wie dessen Standard-Regal. Nur halte seines deutlich länger, so Andresen. Auf MDF-, also mitteldichte Faserplatten verzichtet Andresen. „60 bis 80 Prozent dafür stammen aus frischem Holz“, krisitiert er. Er verwendet stattdessen eher Bambus aus Asien. Das wächst schnell nach. Die Fasern werden gekocht und gepresst. „Beim Bambus muss ich außerdem keine Klebstoffe verwenden“, sagt Andresen und bleibt dabei seiner grünen Vergangenheit treu. Er war nämlich sogar mal Gründungsmitglied der Grünen und druckte die allerersten Plakate für einen Wahlkampf mit grüner Beteiligung. Zurück zu Eileen. Weil das Regal keine Rückwände benötigt, ist es multifunktional: Es ist an der kahlen

Sichtbetonwand genauso gut platziert wie als Raumteiler mitten im Wohnzimmer oder als Ablage im Arbeitszimmer. Andresen sagt, dass es möglich ist, zeitlose Möbel herzustellen, die 20 Jahre halten und verknüpft das mit seiner ganz eigenen Kapitalismuskritik: Möbelhäuser verkaufen Möbel, die nach wenigen Jahren auf den Sperrmüll gehören und hoffen damit auf den Umsatz durch den Kauf neuer Möbel. „Ich hingegen habe eine persönliche Verantwortung“, so Andresen. Er möchte nicht sinnlose Dinge produzieren, die am Ende weggeworfen werden. Sechs Jahre dauerte es, bis die Möbel von Andy Andresen serienreif wurden. Inzwischen werden sie unter dem Label Aandres in der Schweiz und in Norditalien produziert. Ganz billig sind die guten Stücke nicht – ein Regal mit drei Böden schlägt mit rund 3 100 Euro zu Buche. In Wedding produziert, in Museen zu Hause Deutlich preiswerter sind da die Regale, die unter dem Label Stocubo in Wedding produziert werden. Schöpfer dieser modularen und zeitlos schönen Regale ist der Tischler und Möbeldesigner Stefan Oberhofer. „Ich wollte ein Möbelstück, aus dem man viel machen kann“, sagt Oberhofer. Viele Jahre arbeitete er in München, stattete dort Villen aus mit auf Maß geschnittenen Möbeln. Irgendwann reifte in ihm der Entschluss, Möbel zu bauen, die flexibel und nachhaltig sind. Er brach seine Zelte in Bayern ab und wagte in Berlin einen Neuanfang. Sein Regalsystem vertrieb er über das Internet. Seiner Karriere als Bildhauer zuliebe vernachlässigte er aber zunächst den Möbelbau. Als jedoch immer wieder Bestellungen über seine Internetseite eingingen und alles eine eigene Dynamik entwickelte, entschloss er sich dazu, das Projekt auf neue Füße zu stellen. Seit zwei Jahren hat sein Unternehmen entsprechende Produktionsräume. In Wedding ist Platz für eine große, hauseigene Tischlerei, den Vertrieb und ein Versandzentrum. Die würfelartigen MDF-Regale können nach Belieben kombiniert werden. Sie passen sich den Bedürfnissen ihrer Besitzer an. Ziehen die in eine größere Wohnung, bestellen sie einfach weitere Exemplare – entweder offen oder mit Tür. Während man andere Möbel nach Jahren zum Sperrmüll gibt, setzt Oberhofer auf die Nachhaltigkeit seiner Regale. Einmal gekauft, sollen sie ein Leben lang halten. Wenngleich Experten prophezeien, dass wegen der zunehmenden Digitalisierung bald keine Bücherregale mehr produziert werden, glaubt Oberhofer an eine Zukunft dieses Möbels. „Regale sind wie Brot, die braucht man zum Leben.“ Neben Privatleuten finden sich in seiner Kundendatei auch Architekten, Designer und Museen. Das kleinste Exemplar kostet gerade einmal 18 Euro, für größere Regalwürfel werden 44 Euro berechnet. Geliefert wird fix und fertig, das stundenlange Aufbauen daheim entfällt. Oberhofer sagt, dass von seinem modularen Regalsystem viele Menschen profitieren – seine Kunden genauso wie seine Mitarbeiter, denn es wird alles vor Ort in Berlin von ortsansässigen Angestellten produziert. Kurioserweise liefert Stefan Oberhofer seine Regale auch nach Schweden, dem Heimatland von Billy und Co. „Dort wohnt ein Kunde, der unsere Regale immer wieder bestellt“, sagt Oberhofer. Schließlich hat es auch seinen Grund, dass das bekannte Bürgerdesign von dort kommt. In Skandinavien gehört gutes Design eben zum Alltag – so wie Bücher ins Regal und Brot auf den Speiseplan. (gäd.)

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

ngesichts eines steigenden Fachkräftemangels machen sich Unternehmen Gedanken, wie sie gute und qualifizierte Mitarbeiter dauerhaft an sich binden können. Um zu verhindern, dass Angestellte ihren Job kündigen, kommen die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern in vielerlei Hinsicht entgegen. Das ist auch der Fall, wenn Angestellte den Wunsch äußern, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Dann entsteht schnell der Gedanke an einen Arbeitsplatz daheim. Und oft ist es für viele Firmen kein Problem, wenn ihre Mitarbeiter ihre Arbeit im Homeoffice erledigen. Dort können sie sich ihre Arbeitszeit frei einteilen. Im Rahmen der sogenannten Flexindex-Erhebung des ifo-Instituts und des Personaldienstleisters Randstad unterstrich ein Drittel der befragten Personalchefs die zunehmende Bedeutung der Heimarbeitsplätze. Ein Fünftel sagte sogar, dass sie die Zahl der auf Homeoffices verlagerten Arbeitsplätze bis Ende 2014 erhöhen wollen. Angesichts moderner Kommunikationsmittel gewinnt der heimische Schreibtisch an Bedeutung. Eine Umfrage des Branchenverbands Bitcom kommt sogar zu dem Schluss, dass die Zufriedenheit und Lebensqualität der Arbeitnehmer steigt. Platz für ein Homeoffice ist heutzutage in der kleinsten Hütte. Wer auf ein Telefon und einen Computer angewiesen ist, greift auf kleine, platzsparende Geräte zurück. Je nach Geschmack und Einrichtung lässt sich die Technik gut in das Interieur einerWohnung integrieren. Theoretisch reicht der Esstisch aus, um Mails zu beantworten, Kunden zu beraten oder Termine zu vereinbaren. Steht dem daheim arbeitenden Angestellten der Sinn nach Design, Ästhetik und Funktionalität, kann er seinen eigenen Arbeitsplatz ganz nach seinen Wünschen gestalten. Oftmals lässt sich der Arbeitsbereich in das Wohnzimmer integrieren. In großen Wohnungen kann auch ein ganzes Zimmer für die Arbeit zu Hause genutzt werden. „Die Motivation wird ungemein gefördert, wenn im Arbeitszimmer kreative und wohnliche Elemente kombiniert werden“, sagt Birgit Gröger, die Geschäftsführerin von meine möbelmanufaktur, einem Onlinekaufhaus für Designermöbel. Der eigene Stil sorge für eine positive Stimmung, weiß die Möbelexpertin. Wichtigstes Möbelstück im Arbeitszimmer ist der Schreibtisch, der im Idealfall höhenverstellbar ist und sich so an die Größe des Angestellten anpassen lässt. Die Maße der Arbeitsfläche sollten 80 Zentimeter Tiefe und 60 Zentimeter Breite nicht unterschreiten. „Für eine gesunde Haltung ist der Stuhl entscheidend, auch er muss den Erfordernissen des ergonomischen Arbeitens entsprechen“, sagt Birgit Gröger. Von großer Bedeutung ist das Licht, das weich von der Decke strahlt. Außerdem sollte es nicht zu grell sein, um die Augen zu schonen.

„Für eine gesunde Haltung im Homeoffice ist der Stuhl entscheidend.“

Einen Tisch, einen Stuhl und einen Container für Stifte, Papier und Akten – mehr braucht ein Arbeitsplatz zu Hause nicht. IMM COLOGNE

Das Büro im Wohnzimmer Arbeiten, wie es gerade passt: Immer mehr Angestellte erledigen ihren Job von zu Hause aus. Sie richten sich ein Homeoffice ein. Im Gegensatz zum Großraumbüro lässt sich der Arbeitsplatz daheim nach eigenen Wünschen gestalten.

Birgit Gröger, meine möbelmanufaktur

Weil auch im heimischen Büro Akten und Unterlagen bearbeitet werden, stellt sich schnell die Frage, wo die Papiere am besten zu verstauen sind. Geschlossene Sideboards und Schränke eignen sich dafür gut. Einerseits sorgen sie laut Birgit Gröger für eine wohnliche Atmosphäre. Andererseits wird für Ordnung gesorgt. Pflanzen dienen darüber hinaus einem angenehmen Raumklima. Eine besondere Note verleihen Möbel und Sideboards in verschiedenen Farben. Dabei ist zu beachten, dass helle Töne einen Raum optisch vergrößern. Dunkle Farben hingegen sorgen für Enge. Wie in großen Büros auch sollte in Homeoffices die Wahl des Bürostuhls nach bestimmten Kriterien erfolgen. Weniger entscheidend ist, wie lange jemand auf dem Stuhl sitzt. Ausschlaggebend beim Kauf des passenden Bürostuhls ist vielmehr, dass sich das Sitzmöbel ergonomisch dem Körper anpasst und das dynamische Sitzen ermöglicht. Daher sollte man auf starre Stühle verzichten und Modelle bevorzugen, auf denen man wie auf einem Sitzball Platz nimmt. Hinzu kommen ergonomische Funktionen. Ein Stuhl sollte flexibel in der Sitzhöhe, im Sitzwinkel und auch im Bereich der Rückenlehne einzustellen sein. Gut sind Modelle, die sich an die Körperlänge und das Gewicht des Angestellten anpassen. Neben all den Erwägungen im Zusammenhang mit Funktionalität und Design sind auch einige rechtliche Dinge zu beachten. Einen Arbeitsplatz in die eigene Mietwohnung zu verlagern ist grundsätzlich möglich. Wenn keine Kunden empfangen oder weitere Mitarbeiter in der privaten Wohnung beschäftigt werden, kann ein Vermieter keine Einwände erheben. „Solange die Tätigkeit nicht dem Charakter der Räume zuwiderläuft, bewegt man sich immer noch im Rahmen der vertragsgemäßen Nutzung“, erklären die Rechtsexperten der DAS-Rechtschutzversicherung. Dient das heimische Arbeitszimmer auch dazu, Kunden zu beraten, wird es schon schwieriger. Dann sollte der Vermieter vorab in jedem Fall seine Genehmigung erteilen. Andernfalls steht ihm unter Umständen die Kündigung des Mietverhältnisses zu. Was die technische Ausstattung betrifft, lassen sich Laptop, Desktop-PC und Telefon gut in eine Wohnungseinrichtung integrieren. Drahtlose Verbindungen ins Internet oder mit dem Drucker sorgen dafür, dass erst gar kein Kabelsalat entstehen kann. Steht zudem ein schneller Internetanschluss zur Verfügung, kann der Computer auch zum Telefonieren genutzt werden. Dann kommen Headsets zum Einsatz – Kopfhörer mit Mikrofon, die einige Vorteile bieten. So sind beide Hände frei, während man mit Kunden oder dem Chef telefoniert. Per Videokonferenz sind Besprechungen auch aus der Ferne möglich. Moderne Telefonanlagen ermöglichen zudem, dass ein Angestellter Telefonate zwar auf dem privaten Apparat entgegennimmt, die Erreichbarkeit aber mittels einer Rufumleitung über die dienstliche Telefonnummer sichergestellt wird. Einige Anbieter ermöglichen sogar, dass bei Anrufen von daheim die Nummer des dienstlichen Anschlusses übertragen wird. So bemerkt niemand, von wo der Anruf wirklich kommt. (mg.)

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Das zweite Leben der Möbel von Mama und Oma Alte Schränke und Kommoden landeten früher oft auf dem Müll. Darunter waren auch Klassiker, die heute mehr denn je gefragt sind. Zwei Unternehmer aus Berlin wissen um den Wert dieser Schätze und verkaufen sie in ganz Europa.

ut gestapelt stehen die Stühle gleich neben dem Eingang: Überall sind Gebrauchsspuren zu sehen, denn die Sitzgelegenheiten haben schon einige Jahre hinter sich. Wer sich mit Wohndesign nicht auskennt, vermutet nicht, dass diese in die Jahre gekommenen Stühle trotz der Abnutzungserscheinungen immer noch viel wert sind. 160 bis 200 Euro muss man investieren, um eines der eher unscheinbaren Exemplare zu erstehen. Denn bei den Stapelstühlen handelt es sich um originale Eiermann-Produkte, benannt nach ihrem Schöpfer Egon Eiermann. Wenngleich Eiermann bereits 1970 starb, sind seine Produkte nach wie vor sehr gefragt. „Wir hatten damals das Glück, solche Stühle aus dem alten Bundestag in Bonn zu bekommen“, sagt Sabine Anweiler. Sie betreibt mit ihrem Geschäftspartner Martin Furtner drei Möbelund Accessoires-Läden in Berlin, die sich Schönhauser Design nennen. Die Eiermann-Stühle haben es weltweit zu Ruhm gebracht. Auf Stahlrohren sind die abgerundeten Sitzflächen und Rückenlehnen montiert. Wegen ihres leichten Gewichts und ihrer geringen Abmaße lassen sie sich gut stapeln, weshalb die Eiermann-Stühle auch in Universitäten oder Schulen lange Zeit das Bild prägten. Eiermann passt in die drei Läden von Anweiler und Furtner, denn er war Berlin sehr verbunden. Weil er in erster Linie als Architekt wirkte, stammen von ihm die Pläne für den achteckigen Neubau der Gedächtniskirche im Jahre 1963. Eiermann traf auf Architekturlegenden wie Walter Gropius oder Ludwig Mies van der Rohe. Auch das Innenleben der Gedächtniskirche ist bis heute von Eiermann geprägt. Die dortigen Holzstühle wurden ebenfalls von dem Architekten entworfen. Es ist ein großes Glück, dass immer wieder Eiermann-Stühle in den kleinen Läden von Schönhauser Design eintreffen. Mal entdecken Furtner und Anweiler sie auf Märkten, mal bringen Partner Exemplare vorbei. Die Möbelhändler unterhalten inzwischen ein europaweites Netzwerk, sodass ihnen regelmäßig Retromöbel vor allem aus der Zeit zwischen 1930 und 1970 angeboten werden. Zweimal im Jahr fahren sie nach Italien, in die Stadt Parma. Dort treffen aus der ganzen Welt Händler von Retromöbeln aufeinander und decken sich mit Nachschub ein. Der wird dann in Paris oder London teuer weiterverkauft, während die Stühle, Tische, Lampen und Sofas in Berlin noch erschwinglich sind. Dennoch haben sie imVergleich zu ihren billigen Imitaten in den Möbelhäusern durchaus ihren Preis. Eine einst in Dänemark erstandene Kommode in dunklem TeakHolz schlägt schon mal mit 400 Euro zu Buche. „Viele junge Familien kaufen bei uns“, sagt Sabine Anweiler. Hin und wieder interessierten sich auch Studenten, die noch etwas Geld übrig haben. Gut die Hälfte der Kunden kommt aus dem Ausland. Das sind Berlin-Touristen, darunter Spanier und Italiener. Am häufigsten aber kaufen die Franzosen und die Dänen ein. So passiert es, dass eine damals in Dänemark beim Großhändler erworbene Kommode in Berlin wieder an einen Dänen verkauft und in die Heimat zurückgebracht wird. Neues Designbewusstsein Viele Möbel haben Jahrzehnte hinter sich. Sie sind jedoch so zeitlos schön, dass es schwerfällt, ihr Ursprungsjahr ausfindig zu machen. Manches stammt aus den 1950ern, einiges aus den 70ern. Was früher bei Haushaltsauflösungen aus den Wohnungen verstorbener Großeltern geholt und zum Sperrmüll gegeben wurde, landet heute nur noch selten in der Verbrennung. Inzwischen hat sich das Bewusstsein für alte Möbel geändert. Sicher hat dazu auch die steigende Nachfrage nach Retromöbeln beigetragen. Anweiler sagt, dass vor einigen Jahren häufig die Leute schlichtweg nicht wussten, dass eine Kommode, ein Tisch oder ein Schrank von einem namhaften Designer entworfen wurde. „Heute ist das anders, niemand würde das mehr in den Sperrmüll geben.“ Inzwischen werden die Stücke auch in Internetauktionshäusern zu marktüblichen Preisen verkauft. Die Zeiten, in denen man bei Ebay noch ein Schnäppchen machen konnte, sind vorbei. Auch die Lampen aus dem abgerissenen Palast der Republik gibt es nicht für kleines Geld. Sie werden für mehr als 2 000 Euro zum Verkauf angeboten.

Sabine Anweiler und Martin Furtner hatten nie vor, von dem Verkauf von Retromöbeln, Lampen und Accessoires zu leben. „Ich glaube, die Idee ist in den 1990erJahren auf einer Party entstanden“, sagt die Soziologin. Anfangs hätten ihr Geschäftspartner – ein Ergotherapeut – und sie in ihren eigentlichen Berufen gearbeitet und wollten nur nebenher Geld verdienen. Doch mit der Eröffnung des ersten Ladens 1996 kam auch der Erfolg. Berlin-Mitte war damals noch eine Mischung aus grauen, unsanierten Mietskasernen. Überall siedelten sich Künstler und Kreative an. Da passte das mit dem Geschäft, das zunächst auf die bunten und hippen 70erJahre setzte. 1996 war das Internet noch in den Kinderschuhen, also wurde die einmal in der Woche erscheinende Zweite Hand gekauft, ein Offertenblatt voller gebrauchter Möbel, Autos, Boote. „Da gab es tatsächlich eine Rubrik für Designermöbel“, erinnert sich Anweiler. Und weil weder sie noch ihr Geschäftspartner mit viel Geld in der Tasche herumliefen, erkundigten sie sich bei den Inserenten, ob sie die Möbel auf Kommission in ihren Laden stellen dürfen. Das Konzept ging auf – die Designermöbel fanden ihre Abnehmer, Anweiler und Furtner fanden eine neue Berufung. Einige Designer-Namen kannten sie bereits. Ihr restliches Wissen erwarben sie in Büchern oder bei anderen Händlern, die sie einfach nach der Geschichte bestimmter Sessel, Kommoden oder Tische fragten. Anfangs kauften vor allem Berliner ein. Inzwischen wird auch schon mal in andere europäische Städte geliefert. „Das funktioniert dank der Paketdienste ganz wunderbar“, sagt Anweiler. „Damals wäre es undenkbar gewesen, einen Designerstuhl nach London zu verschicken.“ Knallig und bunt ist nicht mehr gefragt Heute betreiben Anweiler und Furtner drei Läden. Sie konkurrieren mit einerVielzahl ähnlicher Geschäfte, die Jahre später an jeder Ecke eröffneten. Die Kunden kommen aus allen Schichten – hin und wieder sind darunter auch Prominente, die sich in Ruhe und ohne Brimborium umsehen. Gekauft werden in der Regel Einzelstücke. „Dass jemand seine komplette Wohnung mit Möbeln aus unserem Sortiment eingerichtet hat, ist in der Form noch nicht vorgekommen“, so Sabine Anweiler. Im Laufe der Jahre haben sich auch beim Retro-Chic die Geschmäcker verändert. Heute muss man lange suchen, um bei Schönhauser Design noch etwas aus den 1970er-Jahren zu finden. Seinerzeit liefen vor allem bunte Tapeten, Plastikmöbel und schrille Accessoires besonders gut. Knallig und bunt ist heute aber nicht mehr gefragt. Schlicht und elegant muss es sein. Angesagt sind skandinavische Möbel genauso wie Exemplare namhafter Designer wie eben die von Egon Eiermann oder Charles Eames. Letzterer schuf unter anderem Schalenstühle aus Fiberglas oder den berühmten Lounge-Chair: ein mit Leder bezogener, gemütlicher Fernsehsessel. Der Hersteller Vitra ergatterte bereits in den 50ern die Lizenz und produziert ihn bis heute. Neu kostet so ein gutes Stück fast 7 600 Euro. Komplett zeitlos ist auch der von Eames und seiner Frau Ray entworfene „Aluminium Chair“ von 1958. Er findet sich aktuell in den Sitzungssälen des Deutschen Bundestags wieder. Sabine Anweiler hat vom Lounge-Chair ein Exemplar aus den 80er-Jahren, hier und da mit kleinen Gebrauchsspuren. Bei richtigem Leder kann das den Preis sogar noch in die Höhe treiben. Bei anderen Möbeln hingegen fällt der Preis. „Je größer die Abnutzung, desto kleiner der Preis.“ Auf den ersten Blick sind die Möbel mit Patina nicht von denen zu unterscheiden, die erst in diesem Jahr produziert wurden. Gerade die skandinavischen Hersteller haben sich voll und ganz auf das Thema Retro eingeschossen und beliefern den Markt. „Das liegt auch daran, dass die Menschen in Skandinavien bereit sind, in schöne Möbel zu investieren“, sagt Sabine Anweiler. Auffällig ist in den Geschäften von Schönhauser Design, dass vor allem Uhren, Lampen und allerlei Küchen- und Badzubehör auf Abnehmer warten. Auch viele dieser Produkte haben Vorbilder in der Designsprache der vergangenen Jahrzehnte. Was in den Regalen steht, entspricht auch dem Geschmack von Sabine Anweiler. „Ich würde hier nichts verkaufen, was mir persönlich nicht gefällt“, sagt sie. (gäd.)

Was die Jahre gut überstanden hat, ist heute wieder stark gefragt. M. GÄDING (3)

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Ein Stück Natur in der Wohnung: Parkett aus echtem Holz. Das braucht auch die richtige Pflege. GETTY IMAGES

ieses ganze Laminat. Mal in Holzoptik, mal in Grau und Vintageoptik. Fast hatte man das Gefühl, dass dieser natürlich anmutende Bodenbelag das gute alte Parkett verdrängt. Gründe dafür gibt es viele – nicht zuletzt war auch immer der Preis ausschlaggebend für dieWahl des Bodenbelags. Doch allen Unkenrufen zum Trotz. Parkett ist weiterhin beliebt, zumindest wenn man dem Verband der Deutschen Parkettindustrie (vdp) Glauben schenkt. Dennoch kämpft die Branche mit einem Umsatzminus. Allein im vergangenen Jahr vermeldeten die Parketthersteller einen Produktionsrückgang von durchschnittlich sechs bis sieben Prozent. „Für das Jahr 2014 gegen wir davon aus, dass die Handwerker wieder mehr zu natürlichem Holz greifen und weniger zu den Imitaten aus PVC oder anderen Materialien“, hatte Verbandschef Michael Schmid vor einem Jahr noch verkündet. Nicht unerwähnt bleiben darf dabei aber auch die Tatsache, dass der Umsatzrückgang vor allem durch sinkende Exportzahlen zustande kommt. In der Bundesrepublik Deutschland hat das klassische Parkett nach wie vor seine Anhänger.

„Die Eiche-Landhausdiele wird auch in diesem Jahr den Markt der Holzfußböden dominieren.“

Vor dem Kauf eines Parkettbodens lohnt sich in jedem Fall eine gute Vorbereitung. Denn nicht immer sind Echtholz- und Laminat-Produkte mit Holzdekor voneinander zu unterscheiden. „Letztere bestehen nicht aus Echtholz und können daher nicht abgeschliffen und renoviert werden“, erklärt die Europäische Föderation der Parkettindustrie (FEP). Daher wurde vom FEP das europaweit etablierte Gütesiegel „Real Wood“ entwickelt, was übersetzt so viel wie Echtholz bedeutet. „Um die Identifizierung von Originalprodukten zu erleichtern, tragen nur die Massiv- und Mehrschicht-Echtholzböden das Real-WoodLogo“, erklärt die FEP. Das gewährleiste die Authentizität des Produkts. Verbrauchern versichere es, dass sie tatsächlich Parkett ausgewählt haben und nicht Laminat. Echtholzfußböden gibt es in mehr als 50 verschiedenen Holzarten. Wie strapazierfähig ein Holzfußboden am Ende ist, hängt vom jeweiligen Härtegrad des Holzes ab. Je härter das Holz, aus dem der Fußboden gemacht ist, desto mehr widersteht er der alltäglichen Abnutzung. Die Oberfläche wird mithilfe von Lack versiegelt. In der Regel hält diese Behandlung fünf bis sieben Jahre. Danach muss ein Fachmann erneut ans Werk, um den Boden aufzuarbeiten. Hoch ist zudem der Anspruch an die Pflege, denn die Oberfläche muss regelmäßig mit speziellen Pflegeprodukten aufgefrischt werden. (gäd.)

Elegant, mit guten Tritteigenschaften Parkett ist seit Generationen ein beliebter Bodenbelag. Weil Natur und Nachhaltigkeit bei Kunden hoch im Kurs stehen, kommt Holz nicht aus der Mode. Allerdings ist die Konkurrenz in Form von Laminat-Produkten groß.

Michael Schmid, Verband der Deutschen Parkettindustrie

Echtholzböden sind nach Angaben von Experten für nahezu jeden Bereich in Haus und Wohnung geeignet. Das Holz als Material ist warm, der Boden elastisch. Parkett steht für Behaglichkeit, Eleganz und Ästhetik. Darüber hinaus ist Holz zeitlos schön und nicht von wechselnden Trends und Modeerscheinungen abhängig. Nach Darstellung des vdp gleicht keine Parkettoberfläche der anderen: „Die Vielfalt an Holzarten, Farbtönen und Formen ermöglicht die Kombination mit den unterschiedlichsten Einrichtungsstilen und passt zu jeder Möblierung.“ Parkett besteht nicht nur aus einer Holzart. Für die Herstellung eignen sich viele Bäume. Eine helle Note entsteht durch Parkett aus Birke, Ahorn, Esche und Erle. Eher rötlich wirken die Hölzer von Buche, Mahagoni oder Kirsche. Die warmen, aber helleren Brauntöne kommen von Eiche oder Kambala. Dunkle bis schwarze Brauntöne garantieren Wengé oder Räuchereiche. Aktuell setzen die deutschen Parketthersteller darauf, die Ursprünglichkeit des Holzes herauszuarbeiten und mit markanten Rissen, erhabenen Astbereichen und ausdrucksstarken, reliefartigen Strukturen Individualität zu schaffen. Eichenholz am beliebtesten „Dass die Eiche-Landhausdiele in allen Formen und Farben auch in diesem Jahr den Bereich der Holzfußböden dominieren wird, davon konnte man ausgehen“, sagt vdp-Chef Michael Schmid. „Allerdings ist es erstaunlich, wie facettenreich dieser Parkettboden präsentiert wird.“ Oberflächen werden gebeizt, gedämpft oder geräuchert, strukturiert, gebürstet oder mit speziellen Farbölen behandelt. Gute Alternativen zu Eiche sind Esche, Walnuss oder Douglasie. Denn abseits der rustikalen Landhausdielen aus Eiche geht der Trend auch wieder stärker zu einem ruhigen, eleganten Erscheinungsbild des Bodens. Dieser kommt dann ohne Äste aus. Die gleichmäßige Struktur erzeugt eine ausgeglichene Optik. Nicht aufzuhalten ist ein weiterer Trend: Parkettboden im sogenannten Vintage- oder Used-Look. Der neue Holzbelag sieht aus, als hätte er Jahrzehnte hinter sich und dominiert seit Jahren das Einrichtungsdesign. Was früher Besitzer von klassischem Parkett auf die Palme brachte, findet heutzutage immer mehr Anhänger. Und da darf die Oberfläche gerne so wirken, als wären Zigtausende Menschen mit ihren dreckigen Straßenschuhen darübergelaufen und die aufwändige Pflege sei jahrelang vernachlässigt worden. Weil es sich bei Holz um ein natürliches Material handelt, bleiben solche Gebrauchsspuren ohnehin auch bei der besten Pflege nicht aus. Bei der Wahl eines Parkettbodens ist daher unter anderem darauf zu achten, dass das Quell- und Schwindverhalten minimiert wurde. Das passiert, indem die Hölzer in Harz getränkt werden. Gleichzeitig könnten sie auf diese Weise auch vollständig durchgefärbt werden. Dadurch entstehe ein spannender optischer Effekt, erklärt der vdp. Generell seien naturgeölte Oberflächen auf dem Vormarsch. Sie entsprächen dem Wunsch der Verbraucher nach unbehandelten, gesunden Produkten.

en ut g n e d r ü F K! c a hm c s e G

Höffner Möbelgesellsc Möbelgesellschaft schaft GmbH & Co. KG • Berlin-Wedding • Pankstraße 32 – 39 • 13357 Berlin • Tel Tel. el. 030 / 46 04-0 Höffner Möbelgesellschaft GmbH & Co. KG • Schönefeld/Berlin • Am Rondell 1 • 125299 Schönefeld S • Tel.l. 030 / 37 444-02 Höffner Möbelgesellschaft Marzahn GmbH & Co. KG • Berlin-Marzahn • Märkische Spitze 13 • 12681 Berlin • Tel. 030 / 5 46 06-0 Öffnungszeiten: Mo.– Sa. 10 – 20 Uhr • www.hoeffner.de • www.facebook.co www.facebook.com com / Moebel.Hoeff Moebel.Hoeffner ff ffner * Ergebnis im Rahmen der Kundenbefragung Möbelhäuser, veröffentlicht am 09.01.2014. Mehr unter www.hoeffner.de www

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Sieht aus wie ein klassisches Radio, kann aber DAB+. Der digitale Standard macht dem Rauschen ein Ende. HERSTELLER

Ein Kofferradio ganz ohne Rauschen Mit dem neuen Übertragungs-Standard DAB+ sind nicht nur deutlich mehr Sender empfangbar. Auch die Qualität ist viel besser. Doch die Konkurrenz des Internetradios ist groß. Ein Blick auf die neuesten Trends und Geräte.

Digital-Radio für unterwegs. Auch das gibt es inzwischen.

rgendwie hatte man sich dran gewöhnt, an das Rauschen des kleinen Radios in der Küche. Viele Jahre hatte das gute Gerät seinen Platz im Regal. Wollte man bestimmte Sender hören, ging das meist nicht ohne Rauschen. Doch nun liegt es in einem der Kartons mit Dingen, die man nicht mehr braucht, aber dennoch nicht wegschmeißt. Das kleine Radio mit seiner ausziehbaren Antenne und dem unverwechselbaren roten Gehäuse musste der neuesten Technikgeneration weichen. An seiner Stelle steht nun ein kleines Radio mit Display, das kristallklare Töne sendet. Als Erstes fällt dieser Klang auf: Manch Sender hatte so seine Mühe, auf dem alten Radio astrein zu klingen. An manchen Tagen war die Qualität so miserabel, dass man das Gerät lieber abschaltete. Aber jetzt ist alles glasklar zu hören. Im Display laufen parallel Kurznachrichten. Andere Sender liefern die Titel und Interpreten mit. Kein Rauschen ist mehr, nur noch der überzeugende Klang dieses Digitalradios. Auch den Test auf dem Wochenendgrundstück unter Brandenburger Kiefern hat das kleine schwarze Dinge überstanden. Dass es sich um ein richtiges Digitalradio handelt, verrät das Logo am Gerät: DAB+ ist darauf zu sehen. DAB+ steht für Digital Audio Broadcasting. Dabei handelt es sich um einen digitalen Übertragungsstandort. Viele Radioprogramme sind seit 2011 über spezielle Radiogeräte empfangbar – wie beim seinerzeit für das Fernsehen eingeführten DVB-T reicht eine Antenne aus. Die Daten werden in Pakete gepackt, über die Antennen transportiert und decodiert. Selbst in Regionen mit eigentlich schlechtem Radioempfang leisten die neuen Geräte erstaunlich gute Dienste. Zurückzuführen ist dies auf die digitale Tonqualität. Die kleinen Radios können aber weit mehr als nur Radiosendungen übertragen und Nachrichten im Display anzeigen: Weil sich der Übertragungsstandort für den Transfer digitaler Daten eignet, können auch andere Zusatzinformationen wie Bilder oder Hintergrundberichte eingeblendet werden. Weil die Radiosender schon seit Jahren auf die digitale Produktion ihrer Programme umgestellt haben, klingen diese dann mit DAB+ deutlich besser. DAB+ ist der derzeit aktuellste Standard im Radiobereich. Viele Jahrzehnte sendeten die Radioanstalten über Ultrakurzwelle. 1949 war in München-Freimann der erste Ukw-Sender auf Sendung gegangen. 1963 kam in der Bundesrepublik Stereo dazu: Zwei getrennte Tonkanäle garantierten ein räumliches Klangbild. Ende der 1980er-Jahre setzte sich das bis heute gängige RadioDaten-System RDS durch. Es liefert auf dem Display des Radios Daten wie Verkehrsmeldungen oder kurze Infos. In erster Linie profitierten davon Autofahrer, denn RDS ist gerade im Automobilbereich weit verbreitet. Mit Beginn der 1990er-Jahre nahmen dieVersuche zu, digitales Radio zu etablieren. Der Vorgänger von DAB+, das DABRadio, fand jedoch wenig Anklang bei den Verbrauchern. Seit 2011 aber investieren vor allem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten massiv in die Werbung für digitale Inhalte. Und auch die Radiohersteller haben einen Zahn zugelegt und warten inzwischen mit mehr als 300 Geräten auf, die den Standard DAB+ erfüllen. Denn so viel ist sicher: Ukw ist ein Auslaufmodell. Zwar verfügen die meisten Radiomodelle noch über Ukw-Schalter. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis DAB+ den Ukw-Standard ablösen wird. „Stabiler Empfang des Senders im bundesweiten Sendegebiet ohne Rauschen und Knistern, eine Klangqualität, die sich mit der CD messen kann und vor allem ein digitaler Dienst

zur Verkehrslenkung, der weit über die Möglichkeiten des über Ukw verbreiteten Verkehrsdatendienstes TMC hinausgeht – all dies sindVorteile von DAB+“, verspricht vollmundig die Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationstechnik (gfu). Derzeit sind allein in der Mitte Berlins 40 Programme über DAB+ zu empfangen. Darunter sind Wortprogramme wie Deutschlandradio Kultur, Deutschlandfunk und DRadio Wissen, aber auch Musiksender wie Schlagerparadies, Energy oder Radio Paloma. Vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender sind bestens aufgestellt. So lässt sich am Alexanderplatz nicht nur das regionale Radio-Angebot des Rundfunks Berlin-Brandenburg empfangen. Per DAB+ ist auch der Zugriff auf WDR, MDR, Bayerischen Rundfunk und Südwestrundfunk möglich. Allerdings sind von den Anstalten nicht alle Sender empfangbar. „DAB+ ist aus unserer Sicht neben Ukw und Internet ein wichtiger Verbreitungsweg“, sagt Oliver Dunk, Geschäftsführer des Schlagersenders Radio B2. Er wünsche sich jedoch, dass das Digitalradio künftig serienmäßig in den Radiogeräten verbaut wird.“ Moderne Empfänger schon ab 29,90 Euro Eine auf der Internetseite www.digitalradio.de veröffentlichte Geräteübersicht gibt einen Überblick über aktuelle Modelle. Diese reichen vom DAB+ Empfänger für den heimischen PC für 29,90 Euro bis zum Designradio T+A Caruso Blu für 2 990,00 Euro. Dabei handelt es sich aber auch um ein hochwertiges Multi Source HiFiKomplettsystem mit einer Schnittstelle zum Internet. Gerade das Internet dürfte aber DAB+ zu schaffen machen – insbesondere in privaten Haushalten. Denn inzwischen ist auch das Angebot an internettauglichen Radios groß: Über das Internet sind die Sender aus der ganzen Welt empfangbar – und das ohne einen Computer einschalten zu müssen. Zahlreiche namhafte Hersteller vereinen daher DAB+ und das Internetradio. Allen ist aber eines gemein: So richtige Schmuckstücke, die vom Design her auch in die Wohnung oder ins Haus passen, sind nur selten unter den aktuellen Modellen zu finden. Hersteller Dual beispielsweise hat neben kleinen Transistorradio-ähnlichen Radios auch Geräte im Programm, die wegen ihres Designs nostalgisch wirken und an die guten alten Holzradios erinnern. Der britische Hersteller Revo bietet sein Modell Axis X3 mit einer Dockingstation für das iPhone an. Das DAB+ Radio verfügt über ein Touchscreen-Farbdisplay und vereint neben DAB, DAB+, Ukw mit RDA auch Internetradio. Über das Netz können 16 000 Radiosender abgerufen werden. Über Audio-Streaming können zudem MP3-Songs entweder vom iPhone, dem Android-Handy, vom PC oder der mobilen Festplatte abgerufen werden. Bundesweit sind aktuell 14 Programme über DAB+ flächendeckend zu empfangen. In der Summe sind 60 Radiosender inzwischen auch über DAB+ abrufbar. Sehen lassen können sich auch die Nutzerzahlen: 1,8 Millionen deutsche Haushalte nutzen inzwischen DAB+, derzeit sind bereits 2,7 Millionen Digitalradios verkauft. Ein Viertel davon wird in Autos benutzt. Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung 650 000 Digitalradios verkauft. Aber es gibt noch viel Spielraum nach oben. Von allen verkauften Radios sind 6,6 Prozent Digitalradios. „Wir wünschen uns, dass beispielsweise ab 2016 alle Radioempfänger mit digitalen Empfangsmodulen ausgestattet sein müssen“, sagtWilli Schreiner, der Geschäftsführer der DRD Digitalradio Deutschland GmbH. (mg.)

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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ei dieser Tischplatte muss man zwei Mal hinschauen. Denn die Handlungsaufforderungen, die ihre Oberfläche zieren, sind für ein Möbelstück eher ungewöhnlich. „Shake well before use“, steht dort etwa geschrieben. Nun, in Wirklichkeit handelt es sich dabei nicht um einen Gebrauchshinweis, sondern eher um ein Zeugnis der Herkunft des Möbels. Der Tisch war mal Teil eines Ölfasses. Er stammt aus dem Senegal. Gut erhalten sind nicht nur der Schriftzug, sondern auch der Ausguss und die dunkelgrüne Lackierung. In anderen Ländern wäre das Ölfass auf einer Müllhalde gelandet. In dem westafrikanischen Land aber ist das Material wertvoll und wird von Bastlern zu neuem Leben erweckt – als Tische, Lampen oder Bilderrahmen. Jenes beschriebene Tischchen steht im Laden des O.K.-Versands in Berlin-Mitte. Das 1997 vom Kunstwissenschaftler Lukas Plum gegründete Kölner Label verkauft Gebrauchsgegenstände aus der ganzen Welt, die hierzulande zunächst auf Verwunderung stoßen können. Dem Betrachter gewähren Möbel einen Einblick in alle möglichen Facetten des Recyclings – oder besser Upcyclings. So wird nach senegalesischer Tradition meist anfallender Müll in Form jener Ölfässer, ausgedienter Cola- und Konservendosen, leerer Futtersäcke oder alter Lkw-Reifen zu einem neuen Ganzen uminterpretiert. In stundenlanger Kleinarbeit entstehen aus den Einzelteilen dann Taschen, Hocker, Tabletts, Sitzbänke oder Gaderobenhalter. Hocker von Teppichhändlern „Auf Hockern wie diesen sitzen die Teppichhändler im Iran“, sagt Christina von Greve, die Chefin des O.K.Ladens in der Alten Schönhauser Straße. Sie zeigt auf einen kleinen Stuhl aus Birkenholz, der mit Teppichresten bespannt ist. Aus dem Senegal kommen neben den bunten Tischen auch kleine Blechgießkannen, die früher mal Dosen mit Lufterfrischer waren. Das Ursprungsland der Reifeneimer liegt etwas weiter im Norden Afrikas. Sie kommen aus Marokko. „Alles bei uns ist authentisch“, sagt von Greve. An den Reifeneimern klebt sogar noch vermeintlich marrokanischer Straßenstaub. „Unser Fokus liegt auf Alltagsgegenständen aus der ganzen Welt.“ Was in fernen Ländern die gewöhnliche Einrichtung prägt, ist hier eine Besonderheit, eine Rarität. Wer im Laden des Labels stöbert, kommt zum einen aus dem Staunen nicht mehr heraus, wird zum anderen schnell nachdenklich. Denn was wir hierzulande jeden Tag an Verpackungsmüll gedankenlos entsorgen, leistet in anderen Ländern noch wertvolle Dienste – für die gesamte Gesellschaft. Denn die Kleinmöbel und Wohnaccessoires sind nicht etwa Einzelstücke, sondern vielmehr in den Herstellungsländern eine gängige rentable Einnahmequelle für ganze Familien. Die für uns außergewöhnlichen Waren werden vor Ort auf lokalen Wochenmärkten zum Kauf angeboten. Dort besorgt auch Lukas Plum den Nachschub für seinen Laden. Vergangenes Jahr war er im Iran, dieses Jahr geht es nach Indien. Grundsätzlich reist er aber nur in Länder, in denen er auch Kontakte hat. Er hat im Jemen Menschen getroffen, die sehr gastfreundlich sind. Plum ordert aber auch Gegenstände aus Ländern, die er nicht bereist – dann über den Großhandel. Aber längst nicht alles, was er kauft, schafft es in die Läden in Berlin und Köln. Aluminiumbesteck oder Löffel aus rohem Holz finden in Deutschland einfach keine Abnehmer.

„Es muss schräg, komisch, interessant und auffällig sein.“ Lukas Plum, O.K.-Versand

Vielen Waren im O.K.-Laden sieht man ihren Ursprung an. Für Lacher bei den Kunden sorgen oft die Eierbecher von Sonjaplast aus der DDR in Form eines Hahns. Auch diese haben es ins Geschäft geschafft. Genauso wie die Puppenkerzen in Original DDR-Verpackung oder die Obstschüsseln, die mal Vinyl-Schallplatten waren. Eben Dinge, die es in anderen Geschäften nicht zu kaufen gibt. Schließlich ist genau dies das Konzept. „Es muss schräg, komisch, interessant und auffällig sein“, sagt Lukas Plum. Anfangs hätten sich in erster Linie Menschen aus dem Design- und Kunstbereich für seine Produkte interessiert. Als dann die ersten Beiträge über ihn und seine Geschäftsidee in Frauenzeitschriften erschienen, stieg die Nachfrage. „Heute kann ich eigentlich gar nicht so richtig sagen, wer genau bei uns kauft“, so Plum. Das reiche vom Studenten bis zur Oma, die ihrem Enkel eine Freude machen will. Die Ursprünge für sein Label gehen auf seine Zeit als Kunststudent zurück. Damals bereiste Plum Länder in Osteuropa, war oft in der DDR und in Bulgarien und entdeckte Produkte, die in seinen westlichen Augen als unglaublich erschienen.

Ein Untersetzer – gefertigt aus Kronkorken indischer Limonaden.

Armutsprodukte für Designbewusste

M. GAEDING

Was in der Dritten Welt aus Reifen, Kronkorken und Ölfässern gebastelt wird, verkauft ein Label in Deutschland. Entscheidend ist, dass die Dinge einen besonderen Pfiff haben. Deshalb gibt es dort auch DDR-Eierbecher.

Für die s Kleinen da Größte!

Als Trendscout durch die Welt Ende der 90er-Jahre erinnerte sich Lukas Plum an diese Zeit zurück und machte daraus ein Geschäft. Dabei ging es weniger darum, in anderen Ländern Arbeitsplätze zu schaffen. „Wenn ich unterwegs bin, laufe ich mir die Füße wund“, erzählt Plum. So ist ihm das auf dem Markt in Teheran gegangen, auf dem er 20 Kilometer zurücklegte. Das Prozedere ist dann meist gleich: Mit einer Kamera bewaffnet fotografiert er interessante Waren. Ab und zu kauft er die Produkte auch. Das sorgt für reichlich Übergepäck. „Als ich aus dem Iran zurückkam, waren es bestimmt an die 40 Kilogramm.“ Daheim in Deutschland entscheiden Plum und seine Mitarbeiter anschließend, welche Produkte geordert werden. Diese Info geht dann an Plums Kollegen in den Ursprungsländern der Produkte. Sie kaufen die Waren auf der Grundlage der vor Ort geschossenen Fotos ein und stellen die Container für Deutschland zusammen. Lukas Plum weiß, dass die meisten seiner Waren deshalb hergestellt werden, weil sich die Leute in den Ursprungsländern keine Möbel aus dem konventionellen Handel, wie er hier betrieben wird, leisten können. Seine Kunden bewundern, die Fantasie, mit der solche kreativen Stücke entstehen können. (gäd.)

Höffner Möbelgesellschaft GmbH & Co. KG • Berlin-Wedding • Pankstraße 32 – 39 • 13357 Berlin • Tel. 030 / 46 04-0 Höffner Möbelgesellschaft GmbH & Co. KG • Schönefeld/Berlin • Am Rondell 1 • 125299 Schönefeld S • Tel. 030 / 37 444-02 Höffner Möbelgesellschaft Marzahn GmbH & Co. KG • Berlin-Marzahn • Märkische Spitze 13 • 12681 Berlin • Tel. 030 / 5 46 06-0 Öffnungszeiten: Mo.– Sa. 10 – 20 Uhr • www.hoeffner.de • www.facebook.co www.facebook.com com / Moebel.Hoeffner

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Schlafen D

eutschlands Schlafzimmereinrichtungen sind in die Jahre gekommen. Statistisch betrachtet, hat jedes Schlafzimmer im Durchschnitt schon an die

14 Jahre hinter sich.Viele sind natürlich viel älter. Dabei verbringen wir täglich gut sechs Stunden im Schlafzimmer. Auch das sagt die Statistik. Das Schlafzimmer ist der Ort, an dem wir Kraft tanken und uns regenerieren für das, was der kommende Tag von uns verlangt. Zwischen der Anschaffung des vorhandenen Schlafzimmers und dem Kauf neuer Schlafzimmermöbel liegen also Jahre, wenn nicht sogar Welten. Ähnlich wie bei Küche und Bad haben die veränderten Ansprüche derVerbraucher auch zu einer Revolution im Schlafzimmer geführt. Ein Bett, zwei Nachttische, eine Kommode und ein Kleiderschrank gehörten früher zum Standard. Heute möchte kaum noch jemand nur diese Konstellation haben. Einrichtungsdesigner holen sich ihre Ideen aus dem Hotelbereich. Dort toben sich die Designer aus. Trends wie das Boxspringbett oder die imWohnbereich stehende Badewanne kommen zweifelsohne aus dem Hotelsektor. Und zumindest das Boxspringbett hat sich bereits im heimischen Wohnbereich durchgesetzt. Die übereinander gestapelten Matratzen ergeben eine gemütliche Schlafstätte. Handel und Industrie haben schnell umgedacht. Bis heute hält die Nachfrage nach diesen Betten an. Das Sortiment macht mittlerweile den klassischen Schlafzimmerbetten und dem guten alte Futon deutliche Konkurrenz. Um im Schlafbereich möglichst viele Reize auf ein Minimum zu reduzieren, geht der Trend eindeutig zum zeitlosen Design und zu klaren Linien. Wuchtige Möbel mit aufwendig gestalteten Fronten stehen nicht mehr auf der Beliebtheitsskala der Deutschen. Angesagt sind Modelle, die man flexibel und modulartig platziert. Je wohnlicher, desto besser. Ist genug Platz in Haus oder Wohnung vorhanden, bekommt die Kleidung einen Platz im begehbaren Kleiderschrank. Neben das Boxspringbett wird dann der moderne Schaukelstuhl gestellt. Auffällig: Viele Möbelhersteller verzichten auf technische Akzente in Form von Audio- oder TV-Komponenten. Sie würden die Ruhe im Schlafbereich stören und passen nicht mehr zum Bedürfnis vieler Deutscher, den Krach der Welt vor der Tür zu lassen. „Zeit für uns“ – das könnte ein gutes Motto der Branche sein, denn immer häufiger entstehen Raumkonzepte, die Bad und Schlafzimmer einander näher bringen. Experten nennen die Symbiose auch schon mal Private Spa und tragen dem wachsenden Bedürfnis derVerbraucher nach Entspannung undWellness Rechnung.

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Wer es sich leisten kann und den Platz hat, kann seiner Garderobe einen ganzen Raum widmen.

er gute alte Kleiderschrank hat ausgedient. Wer heute sein Schlafzimmer neu einrichtet, verzichtet gern auf klobige Möbel. Weniger ist mehr im Schlafbereich. Deshalb finden Hosen, Röcke, Anzüge und Blusen dort keinen Platz mehr. Nach Beobachtungen des Verbands der Deutschen Möbelindustrie geht der Trend hin zu begehbaren Kleiderschränken – vor allem bei der Planung neuer Einfamilienhäuser. Dort werden die Grundrisse zugunsten größerer Bäder und Kleideraufbewahrungsysteme geändert, allerdings auf Kosten des Kinderzimmers. Das wird, zumindest statistisch gesehen, wegen der sich ändernden Ansprüche immer kleiner. Sein Vorbild hat der begehbare Kleiderschrank in den USA. Dort gelten die Ankleidezimmer als Standard eines jeden Wohnhauses und finden selbst in kleinen Wohnungen der Großstädte Platz. Seit einigen Jahren aber steigt auch hierzulande die Nachfrage nach einem begehbaren Kleiderschrank. „Es ist ein Irrtum zu glauben, dass nur Frauen Freude an einem begehbaren Kleiderschrank haben“, sagt Ursula Geismann, die Sprecherin des Verbands der Deutschen Möbelindustrie. Auch Männer hätten Gefallen daran, ihre Anzüge, Hosen und Hemden geordnet zu sehen.

In den USA gelten begehbare Kleiderschränke als Standard eines jeden Wohnhauses. Im Gegensatz zum alten Kleiderschrank bietet der begehbare Kleiderschrank Platz. Nicht nur die Klamotten können dort ganz nach Geschmack sortiert aufbewahrt werden. Oftmals werden diese kleinen Räume auch gleich dazu benutzt, die passenden Sachen fürs Büro, für den Ausflug ins Grüne oder den Galaempfang anzuziehen und sich entsprechend zurechtzumachen. Dient bei den amerikanischen Vorbildern häufig eine einzelne Lampe als Lichtquelle, setzen Hersteller neuer Schranksysteme heute auf LED. Der Vorteil der sparsamen Beleuchtungssysteme: Sie erhitzen sich nicht. Wer es möchte, kann LED-Lampen an jedem Regalboden anbringen und hat so immer den besten Durchblick. Doch auch ohne sich erhitzende Beleuchtung sollte stets ein angenehmes Klima im begehbaren Kleiderschrank herrschen, rät Ursula Geismann.„Dafür sorgen Belüftungssysteme.“ Ohne frische Luft staut sich die Luftfeuchtigkeit, die durch Schuhe oder Restfeuchte in den Kleidern entsteht. Schnell bildet sich in dem in der Regel fensterlosen Raum Schimmel. Wände mit Schiebetüren Möglichkeiten, ein eigenes Zimmer als Ankleideraum zu gestalten, gibt es viele. Wer wenig Geld hat, kann an der Wand Schienen montieren. Sie dienen als Halterung für Regalbretter, was jedoch eher an einen Verkaufsraum eines Bekleidungsdiscounters erinnert. Deutlich schöner anzusehen sind da schon spezielle Möbelkonzepte für Ankleidezimmer wie die von Anbieter Raumplus. Der Hersteller hat verschiedene Lösungen parat, die meist den gesamten Raum ausfüllen können – mit Halterungen bis zur Decke, in denen Schubladen, Kommoden und Regalteile platziert werden können. Richtig flexibel ist ein vom Hersteller Noteborn entwickeltes Schranksystem „Cross“, das sich ganz individuell anpassen lässt. Es kann verändert und erweitert werden. Im Gegensatz zu konventionellen Lösungen werden die Garderobenstangen und Aufbewahrungssysteme nicht fest verbaut. Das ist bei Umzügen praktisch, denn alles lässt sich leicht demontieren und im Umzugswagen verstauen. Nahezu versteckt ist das, was Hersteller Cabinet im Programm hat. So sorgen die Türen des Programms „Pinato“ für eine perfekte Illussion. Äußerlich erinnern sie eher an eine klassisch vertäftelte Wand, während sich dahinter der begehbare Kleiderschrank befindet. Wer sich nicht den Luxus eines eigenen Hauses und somit eines eigenen, begehbaren Kleiderschranks leisten kann, muss aber nicht verzagen. Einige wenige Hersteller haben mittlerweile auch Systeme für Mietwohnungen entwickelt. „Das Prinzip orientiert sich an der guten alten Gardinenstange und dem Vorhang“, sagt Ursula Geismann. Damit wurden einst Räume geteilt und Platz für Klamotten geschaffen. So praktisch diese Form der Grundrissänderung auch gewesen sein mag – schön sah sie nicht aus. Ein im wahrsten Sinne des Wortes sehr sinnvolles Nischenprodukt haben Unternehmen wie Cabinet entwickelt. Mit Schiebetüren und Schienen lassen sich etwa aus großen Fluren oder

Schlafzimmern eigene begehbare Kleiderschränke kreieren. Auf Maß angefertigt finden Schiebetüren in Schienen Halt, die in der Decke und im Boden eingelassen sind. Spezielle Gleittechnik sorgt dafür, dass diese Türen leicht zu bewegen sind. Die Auswahl an Oberflächen für die Schiebetüren ist groß. Besonders beliebt sind Glas, Kunststoff, Holz oder furnierte Türen. Gerade tote Ecken in einer Wohnung oder in einem Haus lassen sich prima zu neuem Leben erwecken – je nach Lage des künftigen begehbaren Kleiderschranks müssen keine teuren Umbauten vorgenommen werden. In der Regel kann auch auf den Einbau zusätzlicher Trennwände verzichtet werden. Weil sich die Schienen schnell wieder demontieren lassen, eignen sich diese begehbaren Kleiderschränke gut für Mietwohnungen. Eine Grundrissänderung in Form von neuen Wänden müsste außerdem nach geltendem Recht vom Vermieter genehmigt werden. Eine derartige Erlaubnis wird daher meist an die Bedingung geknüpft, den alten Zustand beim Auszug wiederherzustellen. Experten raten dazu, den im begehbaren Kleiderschrank zur Verfügung stehenden Raum sinnvoll zu nutzen und Kleidung entweder nach Art der Nutzung oder nach Farben zu sortieren. Ein wahrer Gewinn sind auch in der Mitte des Raums aufgestellte Kommoden für Unterwäsche oder Socken. Gürtel und Krawatten sollten wie Anzüge oder Kostüme hängen und auf Bügeln gelagert werden. (gäd.)

Ein Zimmer nur für Rock und Hemd Begehbare Kleiderschränke sind heute noch Luxus. Denn für diese Form der Kleiderlagerung braucht es Platz. Während manche Einfamilienhäuser schon dafür konzipiert werden, ist in der Wohnung die Umgestaltung nicht leicht. Doch auch dafür gibt es Lösungen.

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Die Wanne neben dem Bett Schlafzimmer und Bad verschmelzen, behaupten zumindest Wohnexperten. Zwischen dem Schlafplatz und der Dusche gibt es demnach keine Wände mehr. Doch diese Symbiose ist nicht für jeden das Richtige – man muss es mögen und sich leisten können.

n einem kleinen, unscheinbaren Hotel im bayerischen Altötting offenbart sich Luxus in einer imposanten Form. Mitten in den Zimmern stehen dort Whirlpools und Saunen exklusiv für die Hotelgäste zur Verfügung. Seit gut zehn Jahren würden derartige Konzepte auch im Wohnbereich umgesetzt, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie. „Viele Leute lassen sich von dem Interieur der Hotelzimmer inspirieren.“ Generell orientieren sich Architekten bei der Planung großer Wohnungen oder von Einfamilienhäusern stark an den Beherbergungsbetrieben auf der ganzen Welt. Die Hotels setzen Trends, die Inneneinrichter greifen die Ideen gerne auf. „Im Extremfall steht die Badewanne schon mal neben dem Bett“, erklärt Geismann. Bad und Schlafzimmer verschmelzen zu einer Paaroase. Aber: Noch darf man derartige Wohnkonzepte als exotisch bezeichnen. Der große Durchbruch ist bis heute ausgeblieben. Auf den einschlägigen europäischen Möbelmessen tauchen

zwar immer wieder Schlafzimmer mit integriertem, offenem Badezimmer auf. „Doch der Markt hat das bislang nicht angenommen“, sagt Geismann. Dennoch kann man beobachten, dass Bad und Schlafbereich räumlich näher zusammenrücken – wenn auch mit den entsprechenden Trennwänden zum stillen Örtchen hin. „Man will dem Partner eben nicht beim Duschen zusehen.“ Daher befänden sich zwischen dem Bad und dem Schlafzimmer mindestens Halbwände. Bislang konnten sich kombinierte Bad- und Schlafzimmer eher im Luxussegment durchsetzen. Und das hat seinen Preis. Angesagt sind derzeit Raumkonzepte, in denen noch ein wenig Privatsphäre erhalten bleibt. Das kann schon mithilfe von halben Zwischenwänden geschehen, sodass wenigsten etwas Sichtschutz gegeben ist. „Nach wie vor dienen das wohnliche Schlafzimmer und das dazugehörige, geräumige Bad dazu, vom Alltag abzuschalten“, sagt Ursula Geismann. Experten sprechen von einer persönlichen Wohlfühlzeit, die sich immer mehr Menschen gönnen. (mg.)

Vorhang auf für die Dusche neben dem Bett. Noch gehören derartige Konzepte in die Kategorie „exotisch“. VDM

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Für andere Holz, für Joos einzigartiges Material. GETTY IMAGES

ugegeben, das Gesellenstück machte ihm nicht viel Arbeit. Mehrere Europaletten reichten Richard Joos seinerzeit, um die passende Unterlage für seine Matratzen zu finden. Joos, heute als Onlinemarketing-Experte tätig, studierte damals in den 90ern Soziologie und Pädagogik in Tübingen. Und weil das Budget knapp war, mussten eben die alten Paletten als Untergrund für die Schlafstätte dienen. „Das war eine pragmatische Lösung“, sagt Joos. Sein zweites Bett und eigentliches Schmuckstück diente Joos dazu, 2012 einen ersten Eintrag für seinen Blog palettenbett.com zu verfassen. Dabei handelt es sich um ein Doppelbett mit Palettenrahmen. Im Gegensatz zu Joos’ erstem Doppelbett hat dieses Exemplar auch Lattenroste und steht auf Füßen. Joos baute Seitenfächer ein und beleuchtete den Unterboden. Anders als bei aufeinandergestapelten Paletten lässt sich der Boden darunter prima vom Staub befreien, der nun mal anfällt. Das massive Palettenstapeln sei nicht sein Ding, so Joos. Er arbeite lieber mit Säge, Akkuschrauber, Schleifer und Stichsäge.

„Ich habe den Ehrgeiz, aus Paletten etwas Schönes herzustellen.“

Stabil, nachhaltig und persönlich Holzpaletten dienen dem Transport von Gütern. Haben sie ihren Dienst erfüllt, landen sie im Schredder. Richard Joos aber sieht in dem Material eine gute Basis für individuelle Möbel. Sein erstes professionelles Stück aus den Paletten war ein Doppelbett.

Richard Joos, palettenbett.com

Inzwischen hat er einige Erfahrungen damit gesammelt, aus alten Paletten Möbel zu machen. „Ich habe den Ehrgeiz, etwas Schönes daraus herzustellen“, sagt Joos. Und so lässt er die Internetgemeinde teilhaben an seinen Erlebnissen und Erfahrungen. Pro Monat lesen an die 30 000 Menschen seinen Blog und bauen das eine oder andere Möbel nach. Die Nutzer holen sich die Inspiration, wandeln ihre eigenen Palettenbetten, Palettentische oder Palettensofas ab. „Ich mag diese Doit-yourself-Geschichte“, sagt Joos. Seitdem er seinen Blog betreibt, hat er ein Auge für Paletten und Dinge, die andere Menschen auf den Sperrmüll werfen. Vor einem Jahr brauchte er nur vor die Tür seiner Wuppertaler Wohnung zu gehen. In der Utopiastadt – ein zu einem Kreativzentrum umgebauter Bahnhof aus dem 19. Jahrhundert – entdeckte er eine Palettenbank mit Polstern drauf und einem Palettentisch davor. „Mit gefällt’s“, schreibt Joos im Blog. „Gerade auch, weils vergleichsweise einfach gehalten ist. Für draußen und einen solchen Verwendungszweck in der alternativen Gastronomie wunderbar.“ Möbel, zu denen man eine Beziehung hat Neben diesen Entdeckungen gibt Joos Anleitungen, wie aus Euro- und Einwegpaletten Möbel und Betten entstehen. Und er hält Ratschläge parat, wie man an das Material kommt. Denn Europaletten haben eine lange Lebenszeit im Güterverkehr, weil Spediteure sie stets tauschen. Die vollen Paletten gegen die leeren. Das ist wie bei Mehrwegflaschen. Die Einwegpaletten hingegen werden in der Regel nach dem Gebrauch entsorgt. Meist geht es in den Schredder. Aus den Spänen entstehen wiederum sogenannte OSB-Platten. Auch aus ihnen kann man Möbel bauen. Doch wie gelangt man nun an die Paletten. „Losziehen und Paletten klauen empfehle ich nicht“, schreibt Joos im Blog. Er rät dazu, durch Industriegebiete zu fahren und die Augen offen zu halten. Gerade an Laderampen stapelten sich die Einwegpaletten. Manche Unternehmer seien froh, wenn sich dafür Abnehmer finden. Ab und an trennen sich Firmen auch von Europaletten, die nicht mehr zurück in den Kreislauf gehen. Das hat aber auch seinen Grund. Meist sind sie so marode und versifft, dass sie für den Transport nicht mehr taugen und schon gar nicht als Material für Möbel. Je nach Einsatzzweck ist der Aufwand, die Paletten zu bearbeiten, unterschiedlich. Gerade, wenn daraus geschlossene Schränke gebaut werden sollen, wird es richtig kniffelig. Denn Paletten bestehen in der Regel aus unbearbeitetem Holz, das nicht immer auf den Millimeter genau gerade verarbeitet ist. Das bereitet dann vor allem beim Einbau von Schranktüren Probleme. „Aber Paletten bieten eine solide Rahmenstruktur“, sagt Joos. Ihre Konstruktion garantiere Stabilität. Mit einfachen Mitteln könne man robuste Möbel bauen. „Dazu kommt, dass man zu jedem Palettenbett oder Palettentisch einen persönlichen Bezug hat.“ In seiner Wohnung stehen inzwischen ein Schreibtisch und ein Küchenregal aus Paletten. Hinzu kommen ein kleiner Schuhständer und ein Sofa, das in der Loggia Platz fand. (mg.)

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Berliner Zeitung · Nummer 217 · Mittwoch, 17. September 2014

Magazin

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Kochen Z

eitlos schlicht – auf diesen Nenner lässt sich das aktuell gefragte Küchendesign bringen. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen die Landhausküche für Gemüt-

lichkeit sorgte. Wer heute Geld in seine Küche investiert, der interessiert sich auch für Design und vor allem für Technik. Der Anspruch der Verbraucher ist gewachsen. Die Küche befindet sich im Wandel – oder sogar in der wohl größten Veränderung seit Jahrzehnten. Unsere Eltern mochten es heimelig und fanden oft Gefallen an rustikalen Möbeln und urig gemütlichen Sitzecken. Die Beleuchtung war eher dürftig und die Wände vollgestellt mit allerhand Nippes. Die moderne Küche von heute entspricht hingegen dem Verlangen nach Minimalismus: Klare Linien und reduziertes Design prägen ihr Erscheinungsbild. Sie ist Teil eines Lebensgefühls. Hell muss sie sein, schön anzusehen sowieso. Kaum zu erkennen ist der Übergang von der Küche in den Wohnbereich. Wohnzimmer und Küche bilden heute oft eine Einheit. Eine Küche ist modern, wenn sie uns den Alltag erleichtert. Sie ist leicht zu reinigen, ihre Pflege ein Kinderspiel. Was wie unnötiger Ballast aussieht, verschwindet hinter glasierten Fronten. Jedes nicht benötigte Messer, jeder herumstehende Topf stört den aufgeräumten Gesamteindruck. Selbst der Backofen oder der Geschirrspüler sind auf den ersten Blick häufig nicht mehr zu erkennen. Sie haben ihren Platz in den Küchenmöbeln gefunden. Die Türen öffnen sich mit einem kräftigen Druck, denn Griffe werden immer mehr zur Seltenheit. Die moderne Küche ist heute auf das Wesentliche reduziert und in ihren Funktionen bis ins Detail durchdacht. Da überlegen sich Designer genau, wie sie die einzelnen Funktionsbereiche einer Küche anordnen und auf welcher Höhe Mikrowelle oder Kühlschrank platziert werden. Ein großer Trend steht aber noch ganz am Anfang: dieVernetzung einzelner Haushaltsgeräte. Schmunzelten wir noch vor einigen Jahren über Kühlschränke mit Touchscreen, ist es heute schon möglich, mit nur einem Fingerwisch Rezepte abzurufen, die Temperaturen im Gefrierfach zu kontrollieren oder eine Meldung zu erhalten, dass der selbst gebackene Apfelkuchen fertig ist. Intelligent integriert sind Kaffeevollautomaten oder Geschirrspüler, die sich mithilfe einer Smartphone-App aus der Ferne ein- und ausschalten lassen. Groß in Mode ist auch die körpergerechte Küchenplanung, die Rücksicht auf die optimale Arbeitshöhe der einzelnen Küchennutzer nimmt. Inzwischen beschäftigen sich selbst die Hochschulen mit diesem Thema. Verstellbare Arbeitsplatten sollen das Kochen zu einem Erlebnis machen, das zudem die Gesundheit schont.

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Übereinander sind diese Schubladen angeordnet. Damit sind alle Küchengeräte griffbereit. AMK

Zwiebeln schneiden ohne Rückenleiden

Wer heute eine Küche planen lässt, kann diese mit Computerhilfe individuell auf Körpergröße und Wünsche zuschneiden lassen, sodass das Arbeiten ergonomisch korrekt ist und auch mehr Spaß macht.

ls in den 90er-Jahren Küchenplaner damit begannen, dieWünsche ihrer Kunden mithilfe einer Computersimulation darzustellen, war das eine kleine Sensation. Anhand des vorher genommenen Aufmaßes konnten die Experten auf dem Bildschirm schon mal einen Eindruck davon vermitteln, wie die Küche aussehen wird. Heute ist der Computer unverzichtbar bei der Küchenplanung – aber längst nicht das einzige Instrument, das zum Einsatz kommt. Denn viele Küchenexperten bedienen sich eines Messgeräts, das zunächst an jene Zentimetermaße aus Arztpraxen erinnert, mit denen Mediziner die Körpergröße feststellen konnten. Der AMK ergonoMeter© hat auch etwas mit Gesundheit zu tun – er kommt im Zusammenhang mit der Planung körpergerechter Küchen zum Einsatz. Erfunden wurde er von der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche (AMK). Eine Küche körpergerecht zu planen, ist keine Erfindung dieser Tage, sondern eigentlich schon seit gut etlichen Jahren für Küchenexperten ein Thema. AMK-Geschäftsführer Kirk Mangels sagt, dass zunächst behindertengerechte Küchen im Vordergrund standen. Denn Menschen mit Einschränkungen in der Bewegung oder mit einer kleinen Körpergröße benötigen in der Küche Möbel und Geräte, die keine Hindernisse darstellen. Entscheidend ist die Höhe von Arbeitsplatten und die Zugänglichkeit von Spüle, Backofen, Herd oder Geschirrspüler. Der Ansatz, die Küche auf die körperlichen Bedürfnisse der Nutzer hin zu planen, ist auch Ausgangspunkt für die körpergerechte Küche. Entsprechende Untersuchungen erstrecken sich mittlerweile über mehrere Jahrzehnte. „Dabei fließen neue Erkenntnisse ein“, sagt Mangels. Unter anderem seien Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass nicht die Körpergröße eines Küchennutzers entscheidend für die Höhe von Arbeitsplatte, Schränken oder Hausgeräten sei, sondern die Höhe der Ellbogen. In der neuen Traumküche sollen erst gar keine Rückenschmerzen oder andere gesundheitliche Probleme entstehen. Es gehe also darum, das ideale Maß zu finden. Im Fokus der körpergerechten Küchenplanung stehen mehrere Aspekte. So bildet die Arbeitsplatte einen Schwerpunkt. Auch die Spüle und die Anordnung von Geräten wie dem Backofen oder dem Geschirrspüler sind entscheidend.Weiteres Kriterium: In welcher Höhe werden Teller, Pfannen oder Töpfe gelagert? In jedem Fall soll verhindert werden, dass man sich umständlich streckt, ständig nach unten beugt oder die Wirbelsäule

überdehnt. Das perfekte Maß haben Arbeitswissenschaftler der Technischen Universität in Darmstadt ermittelt. Zehn bis 15 Zentimeter unterhalb des Ellenbogens gilt die Arbeitshöhe als ideal, laut deren Untersuchung. „Ferner empfehlen wir eine Arbeitsfläche von mindestens 90 Zentimetern Breite zwischen Spüle und Kochfeld“, wird hierzu auch Ralph Bruder vom Institut für Arbeitswissenschaft an der TU Darmstadt zitiert. Niedrigerer Herd und höhere Spüle Der AMK ergonoMeter© steht auf einem stabilen Kreuz aus Aluminium. Der Ellenbogen des Kunden wird im 90-Grad-Winkel auf einer Armauflage platziert. Diese funktioniert wie ein Schieber und wird vom Küchenexperten entsprechend platziert. Eine am Ergonometer befindliche Skala liefert dann die entscheidenden Zahlen: einmal für die optimale Arbeitshöhe, zum anderen für die Arbeitshöhe an der Kochzone. Während alte Küchenmodelle keine Höhenunterschiede kennen, ist das bei modernen Modellen anders. So befinde sich der Herd von der Höhe her unterhalb der Arbeitsplatte für die Vorbereitung der Speisen. Umgekehrt sei das bei der Spüle, erklärt AMK-Geschäftsführer Mangels. Hier liege die Arbeitsebene auf dem Spülenboden, das heißt, die Spüle könnte höher eingebaut werden. Vom Institut für Arbeitswissenschaften kommt deshalb die Empfehlung, den Kochbereich um 25 Zentimeter unterhalb der Ellenbogenhöhe abzusenken. Die Spüle sollte allerdings zehn Zentimeter über der Ellenbogenhöhe liegen. „Unterschiedliche Arbeitshöhen sind nicht zwingend erforderlich, jedoch bei einer Küche mit verschiedenen Blöcken leicht realisierbar, ohne dass das Gesamtbild der Küche leidet“, heißt es dazu in einer Veröffentlichung der AMK. Moderne Küchenplanung nimmt nicht nur auf die ergonomische Arbeitshöhe Rücksicht. Dazu gehören auch eine Reihe weiterer Planungsstandards. Entscheidend für die perfekte Küche sind auch die Arbeitsabläufe, die in eine sogenannte Wegeplanung münden und das Kochen so effektiv wie möglich gestalten sollen. „Die Küche besteht aus mehreren Zonen – unter anderem für die Vorbereitung der Speisen, das Kochen und das gemeinsame Essen“, sagt Mangels. Eine Küche ist auch dann perfekt, wenn sie über sogenannte Vollauszüge verfügt. Damit lassen sich auch die in der hintersten Ecke eines Küchenschranks gelagerten Töpfe oder Pfannen kinderleicht erreichen. (gäd.)

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Flexible Module eröffnen mehr Möglichkeiten: Küchen, die unkompliziert jeden Umzug mitmachen. Dassbach stellt jetzt sein neu entwickeltes, modulares Küchensystem D|Elements vor. Besuchen Sie unsere neuen Ausstellungen. Sophie-Charlotten-Straße 1, 14059 Berlin Telefon (030) 300 07 - 90 Eschenweg 7, 15827 Dahlewitz-Rangsdorf Telefon (03 37 08) 343 - 0 Mo - Fr 10.00 – 19.00 Uhr Sa 10.00 – 18.00 Uhr www.dassbach-kuechen.de

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

ange Zeit dominierte in den Küchen ein Landhausstil wie zu Großmutters Zeiten. Doch aufwendige Zierleisten, geschwungene Griffe und verspielte Schmuckelemente gehören der Vergangenheit an. Der neue Trend geht hin zur Sachlichkeit, das bedeutet Küchenmöbel ohne viel Schnickschnack. Schon immer hat sich das Industriedesign auf das Wesentliche konzentriert und auf Funktionalität und reduzierte Formen Wert gelegt. Besonders in Deutschland scheinen Ästhetik und Perfektionismus mit Einfachheit und Sachlichkeit verbunden zu werden. Kein Wunder also, dass geradlinige Formen, glatte Oberflächen und minimalistisches Design das Bild der modernen Küche bestimmen. „Man ist weg vom Überladenen und vom Möbel mit viel Zierde. Moderne Küchenmöbel und Küchenelektrogeräte sind hochfunktional und schlicht. Ihr Aussehen ist auf das Wesentliche und Notwendige reduziert“, erklärt Kirk Mangels, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche (AMK). Dieser schlichte Stil soll aber nicht kühl wirken. Trotz der Besinnung aufs Wesentliche darf die Gemütlichkeit nicht zu kurz kommen. Immerhin entwickelt sich die Küche immer mehr zum zentralen Raum in der Wohnung. Hier wird gekocht, gefeiert oder einfach nur bei einem Glas Wein zusammengesessen.

Nach dem Kochen kommt alles in die Schränke: Moderne Küchen wirken aufgeräumt. Nichts soll mehr herumstehen.

Marmor und Massivholz Was bei diesem Einrichtungsstil unbedingt beachtet werden muss, ist die optimale Nutzung von Stauräumen. Denn für den sauberen Look, der diesen Designtrend kennzeichnet, ist es unabdingbar, dass alle störenden Küchengegenstände aus dem Blickfeld geräumt und verstaut werden. Unordnung und Chaos sind in puristischen Küchen Tabu – an der Wand hängende Kellen kommen genauso in den Schrank wie die Gewürzstreuer, Zucker- und Mehldosen. Nichts soll vom reduzierten Einrichtungskonzept der Neuzeit ablenken. Vielmehr wird hier stilvolles Material wie Marmor, Massivholz oder Edelstahl mit Funktionalität und innovativer Technik zu moderner Eleganz vereint. Mit glatten Hochglanzfronten ist die moderne Küche nicht nur ein Hingucker. Die Türen und Schubladen lassen sich mit einer cleveren Drucktechnik öffnen. Oft werden im Oberschrankbereich auch Schiebetüren eingesetzt, die nicht mehr im Weg stehen oder dem Raum Platz wegnehmen. Auch die praktischen Raffinessen wie etwa die Höhenverstellbarkeit bei Mitteltheken oder ein speziell eingebauter Spülbereich setzen sich immer mehr durch. Denn bei der Küchenarbeit muss auch an die Gesundheit gedacht werden. Die Gefahr von Rückenbeschwerden lässt sich durch eine individuelle Anpassung der Arbeitshöhe an die eigene Körpergröße verringern. Doch in guter Position schnippeln und kochen ist nur die halbe Miete. Auch sollte die Arbeitsfläche danach möglichst effektiv wieder zu säubern sein. Da braucht man sich bei der puristischen Küche aber nun wirklich keine Gedanken zu machen. Denn die Oberflächen von der Arbeitsplatte bis zu den Schrankfronten sind robust, widerstandsfähig und mit einer wasser- und schmutzabweisenden Oberschicht überzogen. So haben weder Fettflecken und Schmutz noch Fingerabdrücke eine Chance. Das ist ein großer Vorteil des neuen Designtrends. Er ist äußerst praktisch und besonders leicht in der Reinigung und Pflege. Jede Hausfrau, jeder Familienvater und Hobbykoch freut sich doch, wenn er seinen Arbeitsplatz unkompliziert reinigen kann. Wer will schon, dass sich in irgendwelchen unzugänglichen Ecken und Kanten hartnäckiger Schmutz sammelt, der dann mühevoll entfernt werden muss? „Ein sachliches Gesamtdesign hat neben den praktischen Gründen auch immer eine fraglose Gültigkeit“, so AMK-Geschäftsführer Mangels. „Schlichte Formen-

„Man ist weg vom Überladenen und vom Möbel mit viel Zierde. Moderne Küchenmöbel und Küchenelektrogeräte sind hochfunktional und schlicht.“ Kirk Mangels, Arbeitsgemeinschaft Die moderne Küche

sprache ist zeitlos. Der Inhaber kann seine Küche jahrelang ansehen und sieht sich dennoch nicht an ihr satt.“ Die Zurückhaltung im Design lässt die Funktionalität noch klarer hervortreten. Auch die elektronischen Geräte wie Herd und Backofen passen sich mit optischer Schlichtheit in die puristische Küche perfekt ein. Angefangen bei hochwertigen glatten, glänzenden Oberflächen bis hin zu Hightech-Geräten, die sich per Fernbedienung steuern lassen. Häufig wird bei diesen Modellen komplett auf Tasten verzichtet. Die Bedienungselemente sind ebenfalls nur auf die notwendigen Funktionen reduziert. Bei modernen Herdplatten sind sie im Kochfeld integriert, sodass ein gründliches Reinigen möglich ist. Bei Backöfen sind oft versenkbare Vorrichtungen eingebaut, in der Spülmaschine findet man die Knöpfe immer häufiger an der Oberkante der Klapptür. Bei beiden Geräten hat das den Vorteil, dass die Bedienungselemente weder optisch sichtbar noch bei der Reinigung störend sind. Neben der Ästhetik spielt bei diesem neuen Küchentrend die Funktionalität die wohl wichtigste Rolle. Alle Elektrogeräte sind selbstverständlich auf höchstem technischem Standard, umweltschonend und vor allem leise. Backofen, Dunstabzugshaube, Spülmaschine, Kaffeemaschine und Co. sollen möglichst unauffällig und geräuschlos arbeiten, ihre Leistung soll sich lieber im Verborgenen zeigen. Nur eine individuelle Gestaltung und einige wenige Farbakzente machen die moderne puristische Küche wohnlich und gemütlich. Dezente Blumentöpfe mit Küchenkräutern, dekorative Schalen mit Obst und Gemüse sowie eine Auswahl an Kochbüchern, die geschickt arrangiert werden, verleihen der ansonsten minimalistisch gestalteten Küche einen persönlichen Charme und sorgen für eine individuelle Atmosphäre. Dazu tauchen Halogen- oder LED-Leuchten mit Dimmerfunktion den Koch- und Wohnraum in ein gemütliches Licht. (jk.)

AMK

Neue Verstecke für Salz und Pfeffer Puristisches Design verdrängt den alten Landhausstil. In der modernen Küche soll nichts mehr herumstehen und die geradlinigen Formen stören. Deshalb gibt es für jedes Gerät und jede Dose eine Abstellmöglichkeit hinter den Schranktüren.

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Alles automatisch – Das Kaffeekochen hat sich sehr verändert. Vollautomatische Maschinen sind heute gefragt. MIELE, ISTOCKPHOTO

Der Vollautomat für den Koffeingenuss Die Deutschen sind Spitze, wenn es um den Kaffeekonsum geht. Während der Filterkaffee Anhänger verliert, gewinnen Espresso oder Caffè Crema Fans. Die Auswahl an Kaffeeautomaten ist daher groß. Ein Überblick.

m Ausland gelten die Deutschen als Biertrinker. Und schaut man auf die Statistik, dann stimmt das auch. Nach den Tschechen und den Österreichern belegen wir Platz drei der Europastatistik. Doch die Branche klagt, denn der Bier-Absatz geht zurück. Das mag auch daran liegen, dass sich die Geschmäcker ändern. Ganz vorn steht nun der Kaffee. Jedes Jahr trinkt der Deutsche statistisch betrachtet 165 Tassen Kaffee, 140 Gläser Mineralwasser und 107 Gläser Bier. Was des Brauers Leid, ist des Rösters Freud: Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbands wurden im vergangenen Jahr 382 000 Tonnen Röstkaffee in den Handel und in die Gastronomie gebracht, wobei Cafés um Marktanteile fürchten müssen. Grund ist das Angebot an hochwertigen Kaffeevollautomaten für den privaten Bereich. Noch um die Jahrtausendwende standen die Regale in den Fachmärkten voll mit herkömmlichen Kaffeemaschinen, die alle nach einem Prinzip funktionierten: Von oben tröpfelt heißes Wasser in den mit Kaffeepulver gefüllten Filter. Am Ende füllt sich die Glaskanne. Doch der Filterkaffee ist nicht mehr gefragt, was man heute im Handel gut sehen kann. Dort haben längst hochmoderne, in edlem Design gestaltete Kaffeevollautomaten den Platz der alten Kaffeemaschinen eingenommen. Große Elektrofachmärkte besitzen inzwischen hübsch gestaltete Zonen, in denen sich die Kunden von den neuen Geräten überzeugen und die angesagten Kaffeekreationen probieren können. Der Duft frisch gemahlener Bohnen gehört inzwischen zum Handelsalltag. Am besten lässt sich der geänderte Anspruch der Verbraucher in Zahlen ausdrücken. Experten unterscheiden zwischen dem klassischen Röstkaffee für Filtermaschinen und dem in ganzen Bohnen gehandelten Kaffee, aus dem Espresso, Café crème oder Latte Macchiato gezaubert werden. Der Absatz beim Röstkaffee nahm von 283 000 Tonnen im Jahr 2012 auf 275 000 Tonnen im Jahr 2013 ab. Dem gegenüber steht ein stärkerer Absatz bei den ganzen Bohnen von 57 600 auf 62 200 Tonnen. Im Jahr 2001 betrug diese Zahl gerade einmal 9 420. Das zeigt, wie sehr sich der Markt gewandelt hat. Die Stiftung Warentest hat kürzlich eine Liste der derzeit am Markt erhältlichen Kaffeemaschinen zusammengestellt. So eignet sich der Espressovollautomat für Familien und Menschen, die viel und gerne Kaffee trinken. Das Bedienprinzip ist einfach: Per Knopfdruck liefert die Maschine Espresso, Ristretto und Lungo, also Verkürzten mit halb so viel und Verlängerten mit doppelt so viel Wasser. Passend dazu gibt es Milchschäumer – häufig separat an der Seite oder wie bei den neueren Geräten schon in den Automaten integriert. Die Vollautomaten werden mit frischen Bohnen versorgt, die im Gerät gemahlen werden. Das Ergebnis ist ein guter Espresso mit einer eigenen Crema. Hinzu kommt, dass das Gerät mehrere Tassen hintereinander frisch brüht. Problematisch sind der hohe Pflegeaufwand und die teilweise recht hohe Summe, die man für einen Espressovollautomat investieren muss. Die Automaten mit integriertem Milchschäumer sind zudem weitaus teurer als jene mit einem separaten. Eine Siebträgermaschine hingegen ist die Halbautomatik unter den Geräten. Denn sowohl beim Kaffeemahlen als auch beim Dosieren des Kaffeepulvers ist Handarbeit gefragt. Nach jedem Brühvorgang muss der Siebträger zudem geleert werden. Absolute Lieblinge sind die sogenannten Kapsel- und Padmaschinen. Dafür werden bereits dosierte Kaffeekapseln bezie-

hungsweise Kaffeepads eingelegt. Mit hohem Druck gibt es Sekunden später den fertigen Kaffee. Einige Anbieter haben auch hier den Milchschäumer integriert. Der Reinigungsaufwand dieser Maschinen hält sich in Grenzen. Die Handhabung wird von der Stiftung Warentest als unkompliziert und schnell beschrieben. Allerdings kostet eine Tasse Kaffee mit durchschnittlich 45 Cent mehr als der Kaffee aus dem Espressovollautomaten. Die kleinste dieser Maschinen wird derzeit vom Hersteller Bosch angeboten: Der Tassimo-Kaffeeautomat ist nur 17 Zentimeter breit und 29 Zentimeter tief. Das ist weniger Fläche als ein Blatt im Format DIN A4 ausfüllen würde. Für Tassimo gibt es im Handel spezielle Kapseln – derzeit sind 40 Sorten zu haben – und das nicht nur für Kaffeetrinker. Denn neben den Klassikern wie Cappuccino oder Latte Macchiato liefert die Tassimo auch Chai Latte oder Kakao. Eine spezielle Technologie verrät der Tassimo außerdem, welches Getränk bei welcher Temperatur gebrüht werden muss. Die Information ist einem auf die Kapsel gedruckten Barcode enthalten, der vom Kaffeeautomaten entschlüsselt werden kann. Reinigung per Dampf Deutlich kompakter als seine Vorgängermodelle ist zum Beispiel der Kaffeevollautomat Latt’ Espress von Hersteller Krups. Wie bei den großen Geräten reicht ein Knopfdruck zum Brühen der gewünschten Kaffeespezialität. Ausgangspunkt sind frische Bohnen. Ein Milchbehälter kann im Kühlschrank aufbewahrt werden und kommt erst dann zum Einsatz, wenn die Maschine Kaffee brüht. Der Behälter wird einfach eingesteckt. Automatisch funktioniert die Reinigung per Dampf: Das bewahrt das Milchsystem vor Ablagerungen und Keimen. Zunehmend gefragt sind bei Verbrauchern auch Kaffeevollautomaten, die komplett in eine Einbauküche integriert sind. Dabei handelt es sich wie beim Backofen, dem Herd oder dem Kühlschrank um ein weiteres Einbaugerät, das keinen Platz mehr auf der Anrichte wegnimmt. Miele hat gerade die neuesten Modelle vorgestellt, die man entweder direkt an eine Wasserleitung anschließt oder per Wassertank versorgt. Die Automaten bereiten bei Bedarf zwei unterschiedliche Kaffeespezialitäten gleichzeitig zu. Benutzer können ihre Vorlieben in eigenen Profilen speichern, sodass ihr Kaffee stets gleich schmeckt. Auch diese Geräte der Generation 6 000 verfügen über automatische Reinigungsprogramme. Besonderer Clou ist ein Cup-Sensor: Er erkennt die Höhe der Tasse und senkt bei Bedarf den Kaffeeauslauf ab. Dadurch werden unschöne Kaffeeund Milchspritzer verhindert. Ein Einbau-Kaffeevollautomat sollte bereits bei der Küchenplanung berücksichtigt werden. Denn er braucht mindesten 60 Zentimeter in der Breite und 45 Zentimeter in der Höhe Platz. Ein nachträglicher Einbau ist mit hohen Kosten verbunden. Ein Aufwand, der sich kaum lohnt. Je mehr man seinen Kaffeeautomaten pflegt und reinigt, umso weniger bereitet er seinem Besitzer Ärger. Doch gerade diese hochkomplexen Geräte sind weitaus anfälliger als handelsübliche Kaffee- oder Kaffeepadmaschinen. Experten sagen, dass ein Kaffeevollautomat etwa alle zwei Jahre von Profis gewartet und gereinigt werden muss. (mg.)

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Eine Modulküche verschwindet einfach im Sideboard oder der Wand. Viele Hersteller bieten die passenden Einbaugeräte an. RUDOLF SCHMUTZ

er Blick auf die Statistik genügt, um festzustellen: Die Deutschen sind kein sesshaftes Volk mehr. Jedes Jahr ziehen etwa 8,4 Millionen Menschen um – das betrifft also rein rechnerisch jeden zehnten Deutschen. Ein Viertel davon muss aus beruflichen Gründen seine eigenen vier Wände verlassen und in eine andere Region umsiedeln. Da lohnt es kaum, über den Kauf einer Einbauküche nachzudenken. Denn diese Investition erreicht schon mal von den Kosten her den Preis eines kleinen Autos. 15 000 Euro für Küchenschränke und Einbaugeräte sind da keine Seltenheit. Und weil die Einbauküche auf den Zentimeter genau auf den Raum angepasst wird, ist der Aufwand groß, die Kücheneinrichtung mit dem Auszug abzubauen und im neuen Zuhause wieder zu montieren – nicht zuletzt auch deshalb, weil der Grundriss einer neuen Wohnung ganz andere Abmaße mit sich bringt. Vor allem Möbelhäuser und Baumärkte verspüren daher eine verstärkte Nachfrage nach Modulküchen. Im Gegensatz zu einer Einbauküche ist die Modulküche schon in der Anschaffung preiswerter. Die Möbel wie Hängeschränke, Küchenschränke oder Spüle sind schnell zu montieren oder werden von einigen Anbietern bereits fix und fertig angeliefert. Wie bei Bausteinen kann man die einzelnen Elemente der Modulküchen nach Platz und Belieben zusammenstellen. Gerade beim Umzug in eine neue Wohnung ist das von Vorteil. Wie die Möbel anderer Zimmer lässt sich die Modulküche ohne großen Aufwand transportieren und so von A nach B bringen.

zeitgenössische Formen hat der Hersteller bewusst verzichtet. „Nur die Funktion sowie das sorgfältige und bewusste Fügen der Materialien wird thematisiert“, erklärt Zinnobergruen in seiner Produktbeschreibung. Immerhin hat das auch Designexperten überzeugt. Miniki erhielt neben dem Red Dot Design Award auch den Interior Innovation Award. Konkurrent Cleverkitchen hat sich auf hübsch gestaltete Küchentürme spezialisiert, deren Gestaltung auf den angesagten Designer Philippe Starck zurückgeht. Auf einer Fläche von nur 1,8 Quadratmetern soll der Küchenturm alle Finessen einer großen Einbauküche enthalten – Backofen, Kaffeevollautomat, Geschirrspüler, Cerankochfeld und Dunstabzug inklusive. Allerdings kann Cleverkitchen auch beim Preis mit einer Einbauküche mithalten. Gut 15 000 Euro muss man für das platzsparende Exemplar aus Stuhr bei Bremen ausgeben. Noch kleiner geht es mit der „Minikitchen“ des exklusiven italienischen Herstellers Boffi. Die Kompaktküche ist in einen kleinen Container integriert. Darin befinden sich Kochfläche, Staufächer für Geschirr und ein Minikühlschrank. Nur der Preis ist alles andere als klein: ab 20 000 Euro ist der 1963 von Joe Colombo entworfene Klassiker zu haben. Dafür befinden sich an dem Kubus kleine Rollen, sodass sich die Miniküche ohne Probleme in den nächsten Umzugswagen rollen lässt. (gäd.)

Küche zum Mitnehmen Jedes Jahr wechseln 8,4 Millionen Bundesbürger ihren Wohnsitz. Da lohnt es sich oft nicht, über den Kauf einer Einbauküche nachzudenken. Das beschert den Möbelhäusern eine verstärkte Nachfrage nach sogenannten Modul-Küchen.

Im Gegensatz zu einer Einbauküche ist die Modulküche schon in der Anschaffung preiswerter. Modulküchen haben allerdings ihren eigenen Charme. Viele Modelle wirken zusammengewürfelt. Wer auf eine Einbauküche in der Mietwohnung nicht verzichten will, findet im Fachhandel ebenfalls preiswerte Alternativen zur teuren Designerküche. „In der Regel werden in Mietwohnungen preiswertere Küchen verbaut“, weiß Kirk Mangels, der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die moderne Küche. Die Küchenbranche passe sich den Gewohnheiten der Verbraucher an, erklärt Mangels. Dennoch gehe der Trend hin zu modernen, hochwertigen Küchen. Und da gibt es noch eine Menge zu tun. Derzeit sind nach aktuellen Berechnungen des Verbands zehn Millionen Küchen älter als zehn Jahre. Vor allem im Zuge von Sanierungen oder dem Neubau von Mietshäusern legen Eigentümer Wert darauf, die Quartiere mit einer Einbauküche auszustatten. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie dadurch eine höhere Miete erzielen können. Eine Modulküche gibt es schon für 1 000 Euro, nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Der Handel liefert auch Modelle mit Einbaugeräten, sodass sich die Ausgaben für die mobile Küche in Grenzen halten. Vor allem Möbelhäuser und Baumärkte haben sich auf Modulküchen spezialisiert. Sie bieten neben den auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnittenen Modellen auch Exemplare an, die sich beliebig erweitern lassen. Neben herkömmlichen Küchenblöcken wartet der Handel mit interessanten Ergänzungen in Form von Apothekerschränken, Vitrinen oder Sideboards auf.

Vive la France!

Die Kochplatte im Sideboard Wie bei einer Marken-Einbauküche gilt auch bei der Modulküche, den Kauf vorab gründlich vorzubereiten. Dazu gehört unter anderem, den Raum der Küche auszumessen. Ein weiteres Kriterium ist zudem, wie viel Platz an den Wänden zur Verfügung steht. Erfahrungsgemäß werden in einer schlauchartigen Küche weniger Möbel aufgestellt als in großen Räumen. Dort kann sich die Küchenzeile in einer L-Form oder in einer U-Form erstrecken. Viele Hersteller bieten zudem zu den einzeln erhältlichen Hänge- und Stehschränken auch Inseln: Unten werden Geschirr und Töpfe verstaut. Oben ist Platz, um das Essen zuzubereiten. Hersteller Zinnobergruen aus Düsseldorf brachte 2012 seine Miniküche Miniki auf den Markt. Sie eignet sich vor allem für kleine Wohnungen und Apartments. Miniki besteht aus drei Modulen, die gemeinsam einen Küchenblock ergeben. Ist die Küche nicht in Gebrauch, kann sie in ein ansehnliches Sideboard verwandelt werden. Die Module können nach Herstellerangaben beliebig kombiniert und je nach Raumgröße erweitert werden. Auf modische und

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Ofen an Koch: Der Lammbraten ist fertig! Intelligente Hausgeräte kommunizieren per WLAN mit den Köchen, geben Bescheid, was wann durchgegart ist oder erstatten Meldung, wie hoch ihr Energieverbrauch im Moment ist. Das Smartphone wird zur Kommandozentrale.

in Stück digitaler Küchenrevolution wurde erst kürzlich auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) unter dem Funkturm präsentiert. Mittlerweile vernetzen sich Smartphones mit jedwedem Gerät im Haushalt – seien es Lautsprecher, Computer, Fernseher – und nun endlich auch mit der Küche. Backofen, Geschirrspüler, Mikrowelle und Dunstabzugshaube treten in eine digitale Konversation untereinander und natürlich mit dem Koch. Jahrelang hatten Siemens, Bosch und Miele an Modellen gearbeitet, die man ans Internet anschließen kann. Doch was jetzt auf die moderne Hausfrau und den modernen Hausmann wartet, ist eine echte Innovation. Die Hausgerätehersteller liefern sich ein Wettrennen. Smarte Anwendungen in Kombination mit vernetzten Hausgeräten spielten eine immer stärkere Rolle, heißt es in dem gerade veröffentlichten Trendreport der Gesellschaft für Unterhaltungstechnik, die einmal im Jahr die IFA in Berlin ausrichtet. Komfortable Apps dienten der Information, der Bedienung und der Energieeffizienz. Smartphones und Tablet-PCs könnten die vernetzten Hausgeräte beispielsweise steuern „und bei Bedarf Informationen über alle Betriebszustände ermitteln“. Die Systeme beinhalteten auch die Kommunikation einzelner Hausgeräte untereinander – beispielsweise zwischen Kochfeld und Dunstabzugshaube. Küchenexperte Franz Lüke vom Einrichtungshaus Kriegerhome in der Genthiner Straße weiß aus eigener Erfahrung, dass die IFA-Neuheiten schnell auch von den Kunden nachgefragt werden. „Wer eine neue Küche plant, erkundigt sich oft danach.“ Rezept per App In den vergangenen Jahren hatten die führenden Hausgerätehersteller immer wieder für Überraschungen gesorgt. Niemand hätte gedacht, dass irgendwann einmal auch Backöfen, Geschirrspüler oder sogar die Waschmaschine ans Internet angeschlossen werden. Bosch hat für diesen Herbst die Markteinführung zahlreicher digital vernetzter Hausgeräte angekündigt, die über WLAN kabellos miteinander verbunden werden und auf diese Weise Anschluss an Smartphone oder TabletPC erhalten. Um die Hausgeräte vom mobilen Endgerät aus steuern zu können, muss die App „Home Connect“ von Bosch installiert sein. Ab November steht diese für iPhone und iPad im Appstore zum Download bereit. Im Frühjahr soll dann die Android-Version folgen. Die Applikation erlaube eine sowohl automatisierte als auch individualisierte Möglichkeit der Gerätesteuerung. Darüber hinaus soll man mit der App auch auf Rezepte, Gebrauchsanleitungen, wichtige Daten einzelner Geräte und auf den Kundendienst zugreifen können. „Von der Installation über die Einstellung bis zur Wartung ist das System darauf ausgelegt, den Einsatz des Hausgeräts im Alltag zu erleichtern und zu perfektionieren“, sagt Michael Bohn von Bosch. Was Bohn nicht sagt: Vermutlich werden die technisch immer ausgereifteren Geräte nur noch von teuren Fachwerkstätten zu reparieren sein. Der gute alte Hausgerätedienst aus dem Kiez dürfte hier an seine Grenzen stoßen. Siemens hat seine digitale Offensive mit dem Begriff „iQ700“ überschrieben. Wie der Hausgerätehersteller wissen lässt, seien bei der Entwicklung auch die im Rahmen einer Studie gewonnenen Erkenntnisse zu modernen Anwender-Bedürfnissen eingeflossen. Dazu gehörten unter anderem eine vereinfachte Bedienung komplexer Technologien, verringerte Wartezeiten und mehr Flexibilität im Alltag. Moderne, berührungsempfindliche Bildschirme ersetzen Knöpfe und Rädchen an den Hausgeräten. Wie Bosch hat auch Siemens eine App entwickelt, mit der sich Herd, Kühlschrank oder Backofen zusätzlich steuern lassen. Unter anderem können auf das Handy oder den Tablet-PC Informationen zum Status übertragen werden. Die kurzen Nachrichten lauten dann „Teig fertig gegangen“ oder „Spülmaschine fertig zum Ausräumen“. Siemens kündigt an, dass dies erst der Anfang sei. „Die heute präsentierten Geräte markieren nur einen ersten Meilenstein“, heißt es. „Ab jetzt schreitet die Vernetzung der Küche kontinuierlich voran.“ Hausgerätehersteller Miele ist seit 1998 aktiv und hatte seinerzeit schon vernetzte Hausgeräte unter dem Namen „InfoControl“ am Start. „Mittlerweile können Kunden die hauseigene Photovoltaikanlage und Miele-

Hausgeräte für ein intelligentes Energiemanagement miteinander koppeln“, heißt es. Die aktuellen Hausgeräte, die man vernetzen kann, wurden unter „miele@home“ zusammengefasst. „Mit der Verbreitung des Smartphones rückt zunehmend die mobile Steuerung in den Vordergrund.“ Ebenfalls für Anfang 2015 kündigt Miele wie seine Konkurrenten eine App an, mit der die Steuerung der miele@home-fähigen Hausgeräte möglich ist. Doch Miele geht noch weiter. Neue Backöfen verfügen über einen kleinen Bildschirm. Per „SuperVision“ hat man damit auch andere Hausgeräte stets im Blick – ein Smartphone oder Tablet-PC ist nicht notwendig. Ein werkseigener „InfoService“ liefert zudem online Tipps zur Fehlerbehebung. Dafür muss der Kunde seine Geräte einmalig registrieren. „Tritt bei einem Hausgerät eine Fehlermeldung oder Störung auf, wird diese automatisch an einen Miele-Server weitergeleitet“, erklärt der Hersteller. Der Kunde bekomme per E-Mail oder SMS eine Nachricht, wie er den Fehler beheben kann. Hilft das nicht, kann der Kundendienst informiert werden. Miele hat auch im Bereich der Hausvernetzung Konzepte entwickelt. Gemeinsam mit einem Partner aus dem Bereich der Elektroinstallationstechnik entstand ein sogenanntes Bussystem – eine automatische Systemsteuerung für Hausgeräte und Haustechnik. Ein großformatiger Touchscreen verrät, wie lange ein Braten oder der Geschirrspüler noch benötigt. „Und natürlich lässt sich beim Verlassen des Hauses auf einen Blick kontrollieren, ob alle Geräte ausgeschaltet sind“, erklärt Miele. Ähnliche Benutzeroberflächen werden auch für die Steuerung der Heizung, Rollläden, Beleuchtung, Belüftung und Sicherheitstechnik angeboten. Gleichzeitig dienen diese Bildschirme der Information. Neben Wetter- und Börseninformationen sollen auch E-Mails und Musik als MP3-Dateien abrufbar sein. Smartphones und Tablet-PCs erfüllen in diesem Zusammenhang die Funktion einer Fernbedienung. Über das Internet haben Haus- und Wohnungsnutzer auch aus der Ferne einen Überblick, was daheim los ist. Technik, die sparen hilft Die vernetzte Technik hat aus der Sicht von Branchenexperten neben dem Bedienkomfort einen weiteren Vorteil. Sie spart auf Dauer Strom. Das ist beispielsweise bei Dunstabzugshauben der Fall, die mit dem Herd vernetzt sind. Schaltet sich die Kochstelle ab, gibt es an den Rauchabzug ein Signal. Dieser geht dann ebenfalls nach einer bestimmten Zeit in den Off-Modus. Sind intelligente Hausgeräte vernetzungsfähig und mit der sogenannten Smart-Grid-Funktion ausgestattet, bieten die Geräte auch einen konkreten Überblick über den Stromverbrauch, erklärt die Initiative Hausgeräte plus, ein Zusammenschluss von Herstellern. Die ersten Smart-Grid-fähigen Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler und Gefriergeräte seien bereits auf dem Markt. „Wer sich jetzt mit solchen Hausgeräten ausstattet, erhält mehr Übersicht über den eigenen Verbrauch“, erklärt Claudia Oberascher von der Initiative. Der Branchenzusammenschluss hat seine Online-Gerätedatenbank erweitert und als Suchkriterium Smart Grid integriert. Hinter Smart Grid steht die Vernetzung und Koordinierung von Energieerzeuger, Energiespeicher und Energieverbraucher. „Sind Smart-Grid-fähige Hausgeräte in das System integriert, ist ein direkter Austausch von Verbrauchsdaten mit dem Stromversorger möglich“, erklärt die Initiative Hausgeräte plus. „Über die zentrale Anzeige hat man bei allen Smart-Grid-fähigen Geräten immer die volle Kontrolle über Betrieb, Verbrauch und anfallende Kosten“, sagt Claudia Oberascher. Die Steuerung und Statusabfrage der Hausgeräte lässt sich bequem per Smartphone erledigen. Der für Verbraucher beste Vorteil: Mit Smart Grid lassen sich auch günstige, tageszeitabhängige Stromtarife nutzen. Ist der Strom nachts billiger, können Geräte wie Trockner oder Waschmaschine nachts laufen. Viele Systeme ermöglichen, die Geräte automatisch dann zu starten, wenn der Strompreis am niedrigsten ist. Lohnend ist auch ein Blick auf die neue Generation der Gefrierschränke. Sie nutzen ihre Kühlreserven, bis eine bestimmte Höchsttemperatur erreicht ist. In diesem Fall wird der zuvor abgestellte Strom einfach wieder zum Kühlen aktiviert. (mg.)

Per App bekommt man nicht nur Rezepte auf das Tablet. SIEMENS

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ie früher gekocht wurde, kann sich heute niemand mehr vorstellen. Um sich in alte Zeiten zurückzuversetzen, muss man schon ein bisschen Glück haben. Im Ortsteil Falkenberg entdeckten Bausachverständige in einer alten sogenannten Dorfkate 1997 schwarze Küchen. So nannte man jenen Bereich in dem denkmalgeschützten Haus, in dem über offenem Feuer gekocht wurde. Der beim Kochen und Braten entstehende Rauch der Kochstelle wurde über einen Schornstein ins Freie getragen. Schwarze Küchen hießen sie, weil sich der offene Schlot vom Ruß des Feuers dunkel färbte. Doch für damalige Verhältnisse galten diese Küchen als fortschrittlich. Dort wurde das Essen von Tagelöhnern und Landarbeitern zubereitet. Modern waren sie, weil die Speisen nicht mehr unter freiem Himmel zubereitet werden mussten. Generationen später übernahmen Dunstabzugshauben die Entrauchung der Küche. Die über dem Herd montierten Geräte saugen die beim Kochen entstehenden Dämpfe auf und sorgen für frische Luft. In vielen deutschen Küchen gibt es diese Dunstabzugshauben heute noch. Markantes Merkmal sind ihre lauten Geräusche und das Neonlicht, das dazugeschaltet werden kann. 200 Jahre nach der schwarzen Küche stehen Küchenplaner auch heute vor der Frage, wie man beim Kochen frische Luft an den Herd bekommt. Wer schon einmal einen Sonntagsbraten im Ofen und die Kartoffeln sowie das Gemüse auf der Herdplatte köchelte, kennt das Problem. Es dauert oft Stunden, bis der Geruch verflogen ist. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis sich Designer und Ingenieure daran machten, effektive, leise und obendrein auch optisch ansehnliche Luftreinigungssysteme in Einbauküchen zu integrieren. Herausgekommen sind moderne, kleine Kästen. Viele Modelle erkennt man wegen ihrer futuristischen Anmutung gar nicht mehr als Dunstabzugshauben. Die Dunstabzugshaube hat einen gewaltigen Sprung gemacht – technisch wie optisch. Das hat unter anderem auch damit zu tun, dass die moderne Küche heutzutage oft offen , in den Wohnbereich integriert ist. Verstand man früher nach dem Einschalten der Dunstabzugshaube sein eigenes Wort nicht mehr, erreichen die neuesten Modelle heute einen Lärmpegel, der dem einer normalen Unterhaltung auf Zimmerlautstärke entspricht. Einen weitaus höheren Stellenwert aber nimmt die Funktion der Dunstabzugshaube ein. Bevor sich der Geruch von Braten in den Polstern des Sofas festsetzt, reinigen die kleinen Helfer die Luft. Und Menschen von einer stattlichen Größe laufen nicht mehr Gefahr, sich den Kopf zu stoßen. Das war bei den einst über dem Herd montierten alten, sperrigen Modellen durchaus der Fall. Die modernen Nachfolger hingegen sind geschickt so positioniert, dass derartige Haushaltsunfälle nur noch Bestandteil von Erinnerungen darstellen. Hausgeräte-Hersteller Miele rühmt sich damit, vor

Als Dunstabzugshaube kaum zu erkennen ist dieses Modell. Das moderne Design steht im Vordergrund. HERSTELLER

Saubere Luft und gutes Licht Dunstabzugshauben gehören zur Standardausstattung einer Einbauküche. Bislang war ihr Rattern aber nicht zu überhören. Neue Modelle tragen verheißungsvolle Namen wie Dunstessen oder Wandessen. Ihre Lautstärke hält sich in Grenzen, und ihr Design ist preisverdächtig.

Dunstabzugshauben mit Effekt: Menschen von einer stattlichen Größe laufen nicht mehr Gefahr, sich den Kopf zu stoßen. 13 Jahren die erste „Kopffrei-Dunstabzugshaube“ auf den Markt gebracht zu haben. Inzwischen nennt Miele seine Modelle „Wandhauben“, bestehend aus einem Wrasenschirm. Die Gebläseinheit ist kompakt in der 90 Zentimeter breiten Wandhaube verbaut. Verbrauchte Luft wird seitlich abgeleitet. In der Wandhaube befindet sich ein Metallfettfilter. Der kann zur Reinigung einfach herausgenommen und mit dem Geschirr im Geschirrspüler gesäubert werden. Konkurrent Siemens aus München nennt seine Dunstabzugshauben neuerdings „Dunstessen“. Ein sogenannter iQdrive-Motor sorgt dafür, dass viel schlechte Luft innerhalb kurzer Zeit gereinigt wird. Mithilfe eines Kaskadenfilters soll es erst gar nicht zu blauem Dunst in der Küche kommen. Auch Siemens verwendet Filter, die sich leicht im Geschirrspüler reinigen lassen. Ein cleanAir-Modul soll außerdem im Umluftbetrieb 95 Prozent aller Gerüche beseitigen, erklärt der Hersteller. Der Motor wurde mit einer speziellen Geräuschdämmung versehen. Eine Automatik sorgt dafür, dass die Dunstesse zehn Minuten nach dem Ende des Kochens deaktiviert wird. Moderne, sparsame LED-Lampen ersetzen zudem die Strom fressenden Halogenstrahler. Während des Betriebs scheint also angenehmes Licht. Achtung Brandgefahr – reinigen hilft Der Einbau-Hausgeräte-Spezialist Neff wiederum möchte mit „Wandessen“ das Premium-Segment besetzen. „Air Deluxe“ heißen die Hausgeräte, die vor allem über ihr ungewöhnliches Design Abnehmer finden sollen. Der Kubus besteht aus hochwertigem Edelstahl. Er hebt sich von einem tiefschwarz glänzenden Glaspaneel ab. Das Paneel reicht bis weit hinunter zum Kochfeld. Dort dient es als leicht zu reinigender Spritzschutz. Mit Hilfe einer Umlufttechnik sollen die Neff-Wandessen sogar 98 Prozent der Gerüche neutralisieren. „Die in den Kubus integrierten LED-Module leuchten das darunter liegende Kochfeld bis in den letzten Winkel aus“, heißt es dazu vom Hersteller. Die Pflege der Dunstabzugshaube darf keinesfalls zu kurz kommen. Mit Fett vollgesaugte Luftfilter können Feuer fangen, „etwa durch einen Brand in der Pfanne darunter“, sagt Torge Brüning von der R+V Versicherung. Gut 10 000-mal müssen die Feuerwehren jedes Jahr bundesweit ausrücken, um Küchenbrände zu löschen. Verdreckte Dunstabzugshauben stellten nach Ansicht der R+V Versicherung eine große Gefahr dar. „Die Fettschicht fängt schnell Feuer“, sagt Brüning. „Der Luftzug versorgt den Brand zudem mit reichlich Sauerstoff.“ Dadurch könne sich das Feuer schnell ausdehnen. Daher sollte der Filter in regelmäßigen Abständen auf Basis der Herstellerinformationen gereinigt werden. Brandvorbeugend ist es zudem, wenn nicht unter der Haube frittiert oder flambiert wird. Außerdem sollte die Haube nie ohne Fettfilter in Betrieb sein. Das könnte dazu führen, dass sich das Fett im gesamten System ablagere. Also, auch wenn der Geruch nicht in der Luft bleibt, der Filter muss gereinigt werden. (gäd.)

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Baden A

ltbauwohnungen in der Großstadt haben in der Regel eher kleine Bäder. Wie ein Schlauch ziehen sie sich zum Fenster. Sie bieten nicht genug Raum für

die Einrichtung einer Wellnessoase. Wer jedoch den Platz hat, der plant um – und schafft zwischen dem alten Bad und einem nicht mehr benötigten Kinderzimmer einen Durchbruch. Aus einer kleinen Nasszelle entsteht ein stattliches Badezimmer, wenn nicht gar ein Private Spa. Plötzlich können Wohnungsund Hausbesitzer auf ungeahnte Möglichkeiten bei der Gestaltung zurückgreifen. Es ist Platz für eine freistehende Badewanne, illuminierte Regendusche oder Infrarotwärmekabine. Wie bei der Küche auch, steht dem deutschen Badezimmer die größte Veränderung seit Langem bevor. Gefragt sind Größe und ein bisschen Luxus. Wohnlich solle das Bad der Zukunft sein, sagen Experten. Und so kommen zum Waschtisch, der bodengleichen Dusche und der Whirlwanne auch Badmöbel. Diese können vom Design her locker mit dem Mobilar im Wohnbereich mithalten. Dadurch entstehen Stauraum einerseits und eine optische Wirkung andererseits. Die Branche freut der Trend zum Erlebnis- und Wellnessbad, in dem sich neuerdings mehrere Familienmitglieder gleichzeitig aufhalten. Da wird dann schon mal gemeinsam geduscht oder gebadet, während im Hintergrund lauschige Musik läuft oder die Beleuchtung auf Romantikmodus gestellt wird. Badexperten orientieren sich bei der Badplanung oftmals an Hotels. Immerhin gibt es ja viele Hotels, in deren Zimmer zum Beispiel eine Badewanne gleich neben dem Bett steht. Vor allem in großen Städten wie Schanghai kann man sich abends in die Wanne legen und auf die atemberaubende Skyline der chinesischen Millionenmetropole schauen. Natürlich sind die Mieter einer normalen Großstadtwohnung weit von solchen Badkonzepten entfernt. Wer aber eine Eigentumswohnung erwirbt oder ein Einfamilienhaus baut, der legt schon mal Wert auf eine großzügige Konzeption. Ist der Platz vorhanden, werden auch Dampfduschen oder Saunen in die Badlandschaft integriert. Holz war lange im Bad verpönt. Dieses natürliche und ursprüngliche Material befindet sich auf einem Siegeszug, entweder als Original oder als Replik. Fliesenhersteller haben mittlerweile Material im Sortiment, das Holz sehr ähnelt, aber sehr pflegeleicht ist und auch mit der hohen Luftfeuchtigkeit klarkommt. Nicht ganz angekommen bei den Konsumenten hierzulande ist das Dusch-WC oder Bidet, das den Intimbereich mit warmen Wasserstrahlen auf sanfte Art reinigt. Hier muss die Branche noch viel Werbung machen.

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Alles hat seinen Platz – ein aufgeräumtes Badezimmer ist wohl eher selten, sieht aber gut aus. KERAMAG

as Bad unserer Kindheit war ein Raum, der alle wichtigen Funktionen erfüllte. Was für die tägliche Körperpflege benötigt wurde, fand in kleinen Regalen oder auf Ablagen Platz. Rasierer, Gesichtsserum, Parfüm und Körperlotion verschwanden zur Not im Spiegelschrank. Zahnputzbecher, Zahnpasta und Zahnbürste ließ man schon mal draußen stehen. Das war praktisch. Schön sah das aber nicht aus. Nachteilig gestaltete sich auch die Sauberkeit. Zwischen all dem Krimskrams auf der Ablage bildete sich Staub, der schnell in Verbindung mit Luftfeuchtigkeit geriet und so zu einem klebrigen Schmutzfilm wurde. Das heutige Bad allerdings ist aufgeräumt. Denn herumstehende Zahnputzbecher oder Rasierapparate passen nicht zu den Designermöbeln. Eleganz und Luxus vereinbaren sich schlichtweg nicht mit Unordnung. Wie bei der Küchengestaltung, so ist auch das Bad inzwischen ein Ort, an dem alles seinen Platz haben sollte, und wo nichts mehr liegen bleibt. Designer haben Konzepte entwickelt, mit deren Hilfe alles einen Platz findet: hinter Spiegeln, unter Waschbecken oder in kleinen funktionalen Schränken, in denen auch die Steckdosen verborgen sind. Ein aufgeräumtes Bad ist auch entscheidend für den Frieden in der Familie, berichtet die Gesellschaft zur Förderung der Sanitärwirtschaft (GFS). Laut einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2009 regen sich 27 Prozent der Deutschen über die Unordnung im Bad auf; so mancher Ehestreit soll schon im Badezimmer entbrannt sein. Stauraum und Ordnung sollten nach Angaben der GFS bereits in der Badplanung Berücksichtigung finden. „Für passgenaue Möbelanwendungen bieten Programme in logisch aufgebauten Rastern zahllose Möglichkeiten“, erklärt der Branchenverband. Nachträglich lässt sich auch mit flexiblen Baukastensystemen für die notwendige Ordnung sorgen. Wandborde, offene Regale sowie Ober- und Unterschränke können individuell zusammengestellt werden. Viel Stauraum bieten breite Auszüge, die gut Bestandteil des Waschtisches sein können. Einige Anbieter haben Modelle entwickelt, die über einen automatischen Einzug verfügen. In den Schubladen ist ausreichend Platz für alle möglichen Utensilien. So helfen etwa kleine Plastikkörbchen dabei, auch unterm Waschtisch Ordnung zu halten. „Die Markenhersteller haben an Setzbaukästen erinnernde Sortimente im Angebot, die alles am Platz halten“, erklärt die GFS.

gnern nicht außer Acht gelassen. Ihn gibt es unter anderem aus Bambus oder als Edelstahlgestell mit einer Sitzfläche aus Acryl. Dem Trend in Richtung Wellness tragen auch die von Nicol stammenden Kugellampen Rechnung. Die Leuchte reagiert auf einen einfachen Fingertipp und ist in mehreren Stufen dimmbar. Damit lassen sich drei Lichtstärken einstellen. Der Akku der aus verchromtem Metall gefertigten Kugellampe ist nach vier Stunden aufgeladen. Er bietet acht Stunden Licht über warme LED-Lampen. Ohne Stecker lässt sich diese Kugellampe überall einsetzen: am Badewannenrand, auf der Ablage oder auf dem Fensterbrett. Im Gegensatz zu dem sonst eher grellen NeonlampenBadlicht erzeugt die Kugellampe eine besondere, angenehme Lichtstimmung. Nach der erholsamen Zeit in der Badewanne lässt sich die Lampe gut im Badschrank verstauen. Auf modulartige Aufbewahtungssysteme setzt der Hersteller Emco. Seine Funktionsmodule der Serie Asis befinden sich entweder auf der Wandfläche, oder lassen sich auch in die Wand integrieren. Bei Bedarf werden die Einschübe einfach ausgezogen. Auch ein Wandschrank mit Spiegeltür darf als pfiffig bezeichnet werden. Äußerlich wie ein langgezogener Spiegel gehalten, dient die verspiegelte Fläche als Schranktür. Dahinter ist reichlich Platz für Handtücher, Rasierer, Badezusätze. Durch einfachen Druck aufs Glas öffnet sich der Schrank. (gäd.)

Präventiv gegen den Ehestreit Wo es früher Diskussionen um die Zahnpastatube gab, soll heute alles seine Ordnung haben – mit Schränkchen und Schubladen. Das moderne Bad schafft Stauraum für alles Mögliche – und das mit Stil.

Wie die Küche ist auch das Bad inzwischen ein Ort, an dem alles seinen Platz haben soll. Hersteller Keuco hat dem Bad gleich mehrere Kollektionen gewidmet. In der Edition 11 ist ein Waschtischunterbau enthalten, der automatisch Licht einschaltet, wenn der Frontauszug bewegt wird. Funktional und hübsch anzusehen ist der Spiegelschrank aus der gleichen Kollektion. In seinen schwenkbaren Flügeln sind Lichtmodule verbaut. Ganz nach Bedarf und Belieben lässt sich der Lichtwinkel einstellen. Die großzügige Spiegelfront ist gleichzeitig eine sich nach oben öffnende Tür, in der sich Utensilien für die Morgentoilette befinden. Klug gelöst ist auch die Rückwand, die ebenfalls aus einem Spiegel besteht. Im Spiegelschrank versteckt sind die Steckdosen und ein Anschluss für einen iPod. Mit ihm liefern die im Schrank verbauten Lautsprecher einen schönen Sound. Das ist dann auch das Ende des guten alten Duschradios, das spritzwassergeschützt sogar am Waschlappenhalter platziert werden konnte. Möchte man auf das eine oder andere auf dem Waschtisch oder der Ablage platzierte Accessoire nicht verzichten, sind ganze Badserien von Vorteil. Sie tragen eine einheitliche Handschrift, was ihre Gestaltung angeht. Das sorgt unterm Strich für eine optische Harmonie und bringt Ruhe in das Gesamtbild. Hersteller Nicol hat mehrere Serien aufgelegt. Die Klassiklinie besticht durch Bad-Accessoires in Porzellan, verchromtem Messing, mit patiniertem Rand und satiniertem Glas. Natürliche Materialien spielen bei der Landhaus-Serie eine Rolle. Seifenspender, Klobürstenhalter oder der Untersatz für die Zahnputzgläser bestehen aus geöltem Buchenholz. Wie ein großer Tropfen wirken die Bürstengarnituren, ebenfalls von Nicol, die aus Porzellan gefertigt und in verschiedenen Farben erhältlich sind. Und selbst der gerade für ältere und körperbehinderte Menschen konzipierte Sitzhocker für die Dusche wird von den Desi-

Das neue hl Küchengefü

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Schick soll es sein, das Badezimmer, wenn es gebaut wird. Aber immer mehr Menschen achten darauf, dass es auch den Ansprüchen von älteren Bewohnern gerecht wird .

Eine Badewanne mit Eingangstür

KEUCO

Das Bad wird nicht nur größer, es verändert auch seine Funktionen. Im Trend liegt das wohnliche Badezimmer, das gerüstet ist für die Zukunft der Bewohner. Kleine Helfer sollen auch älteren Menschen Komfort bieten.

ass ein Bad renoviert wird, kommt nur alle paar Jahrzehnte vor.WährendWohn- und Schlafzimmer innerhalb weniger Jahre Veränderungen erfahren, ist das Badezimmer meist der letzte Ort in der Wohnung, der auf Vordermann gebracht wird. Und weil so ein Bad schon mal 20 Jahre und länger seinen Dienst erfüllen muss, sind bei der Badplanung viele Dinge zu beachten. Wohin die Reise bei der Badplanung geht, berichtet die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) einmal im Jahr – und liefert mit dem Trendreport ein interessantes Barometer. An vorderster Stelle bei den Trends steht das flexible Bad, das sich mit den Ansprüchen seiner Nutzer verändert. Weil viele Menschen den Wunsch haben, auch ihren Lebensabend möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu verbringen, steigt das Anforderungsprofil an eine weitblickende Badezimmerplanung. Badhersteller sind darauf vorbereitet und präsentieren altersgerechte Lösungen, die längst nichts mehr gemein haben mit Behindertentoiletten. Hochwertige Desi-

gner-WC-Becken sind in der Höhe genauso verstellbar wie ausgefallene, zeitlose Waschtische. Die bodengleiche Dusche gehört bei der Badplanung mittlerweile ebenso zum Standard wie die Badewanne mit Seiteneinstieg. Das ist eine kleine Plexiglastür an der Seite, die älteren und in der Bewegung eingeschränkten Menschen umständliche Klettertorturen erspart. „Weil das Bad ein langfristiger Begleiter sein soll, ist die kurzfristige Mode auf dem deutschenMarkt ausgeschlossen“, erklärt der Geschäftsführer des Branchenverbands, Jens J. Wichmann. Im Trend liegen in diesem Jahr auch ausgefallene Materialien. Marmor und Granit konkurrieren mit Kupfer oder Leder für Armaturen oder als Hingucker für die Wand. Weil das Bad an sich größer wird, passen die Hersteller die Abmaße der Fliesen an. Fliesen von einem Quadratmeter Größe sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Von den Farben her ist eine Tendenz zu edlen Grautönen erkennbar, die durch kleine farbliche Akzente wie Grün oder Rot aufgelockert werden. (mg.)

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

s gibt für fast alles in der Bundesrepublik Statistiken – und da überrascht es kaum, dass auch die durchschnittliche Größe eines deutschen Badezimmers akkurat erfasst ist. 7,8 Quadratmeter groß ist das Badezimmer, haben Mathematiker herausgefunden. Die Zahl ist nach wie vor aktuell. Doch ist davon auszugehen, dass sie sich in den kommenden Jahren verändert. Denn die Zeiten, in denen ein Bad aus einem Klosett, einem Waschbecken und einer Badewanne bestand, sind vorbei. Die Ansprüche haben sich verändert, das merken in erster Linie Architekten. Sie bekommen immer häufiger zu hören, dass sie das Bad ruhig großzügig planen sollen – mit Tageslicht, Platz für eine freistehende Badewanne, zwei Waschbecken, ein Dusch-WC und gegebenenfalls auch Sessel. Branchenvertreter sprechen vom Bad der Zukunft, das gerade eine Verwandlung vom viel zu engen Rückzugsort zu einem angesagten Wohnbereich durchmacht. Um es vorwegzunehmen: Auch das moderne Bad wird ein Rückzugsort bleiben. Ein Ort fernab der Hektik des Alltags. Moderne Badgestaltungen gehen aber in eine völlig neue Richtung. Schloss man sich früher mit einer Zeitung oder Illustrierten unterm Arm auf der Toilette ein, verbringt man heute mehr Zeit im Bad, zum Beispiel um ein gutes Buch zu lesen. Duschen bieten plötzlich Platz für zwei bis drei Personen. Denn die konventionelle Körperpflege weicht zunehmend dem familären Duscherlebnis. Einstige Kachelböden sind ein Fall fürs Bildarchiv. Gefragt sind edle Holzfußböden, moderne Wandfarben und innovative Beleuchtungskonzepte. Das freut die Branche, die sich sogar eine eigene Messe leistet. Auf der Internationalen Sanitärund Heizungsmesse überbieten sich die Hersteller alle zwei Jahre mit Neuigkeiten. Wer aufmerksam durch die Messehallen in Frankfurt am Main geht, trifft auf Innovation und Design. Teppich auf dem Boden und Zugang zum Garten „Das Bad ist einer der Wohnräume mit dem größten Potenzial“, sagt der Fachjournalist Frank Reinhardt aus Köln. In der Vergangenheit ging es beim Bad schlichtweg um die Funktionen: Händewaschen, Duschen, auf die Toilette gehen. „Doch der wohnliche Aspekt rückt jetzt immer mehr in den Vordergrund“, erklärt der Interieurexperte. Auf einmal liegt in den Badezimmern Teppich auf dem Boden. „Oder man stellt sich einen Stuhl hinein, auf dem man dann sitzt und gemütlich ein Buch liest.“ Das Bad der Zukunft ist jedoch keine Utopie, sondern bundesweit schon umgesetzte Praxis. Kaum ein Architekt plant noch kleine, muffige Bäder. Und selbst bei Bestandshäusern wird dem Badezimmer mehr Platz eingeräumt. „Wird das Zimmer der erwachsenen Kinder nicht mehr benötigt, steht es als Badezimmer zur Verfügung“, hat Reinhardt beobachtet. Mittlerweile hat sich das Bad zu einem Treffpunkt für die ganze Familie entwickelt, was zunächst komisch klingt. „Gerade wenn man aber Kinder hat, wird das Bad von mehreren Familienmitgliedern gleichzeitig genutzt.“ Doppelwaschbecken und große Duschen sind die Antwort der Badhersteller auf dieses Bedürfnis. Bei der Planung eines Einfamilienhauses entstehen Bäder mit einem eigenen Zugang zum Garten. Überhaupt spielen Pflanzen im Bad und vor dem Badfenster eine große Rolle. Ein anderer Trend hingegen hat es schwer, in Deutschland Akzeptanz zu finden. In den meisten Bädern sind die sogenannten Dusch-WCs noch eine Seltenheit. Schuld ist unter anderem der Handel. Er stellt zwar verschiedene Modelle aus. Diese auszuprobieren ist aber meist nicht möglich. Dabei wäre es oftmals ein Leichtes, Kundentoiletten im Fachhandel nachzurüsten. Das angenehm saubere Gefühl muss man einfach mal gespürt haben, erklären Experten. „Unter Hygieneaspekten ist ein Dusch-WC genial“, sagt Reinhardt. In Asien seien diese Duschen weit verbreitet. Dort würde man eher die Nase rümpfen, wenn man sich nur mit Toilettenpapier behelfen müsste.

„Das Bad ist einer der Wohnräume mit dem größten Potenzial.“

Wer Kinder hat, geht gerne gemeinsam baden. Die Ansprüche ans Badezimmer haben sich gewandelt. VDS

Schwellenlos zu zweit unter die Dusche Das Bad der Zukunft hat nicht mehr viel mit Althergebrachtem zu tun. Bodengleiche Duschen werden so ausgelegt, dass Paare gemeinsam darunter Platz finden, und Experten sprechen davon, dass der Raum ein „Treffpunkt der ganzen Familie“ werden soll. Auch wenn das für viele noch komisch klingt.

Wohnen mit Stil

Frank Reinhardt, Fachautor

Bei aller Liebe zum Design: Der wohl größte Antrieb für den Paradigmenwechsel bei der Badplanung kommt mit der demografischen Entwicklung. „Das Badezimmer hat die entscheidende Schlüsselfunktion für das lebensgerechte Wohnen älterer Menschen“, sagt Manfred Stather, Präsident des Zentralverbands Sanitär, Heizung, Klima. „Vor allem an diesen Ort ist die Vorstellung von einem selbstbestimmten Leben in den eigenen vier Wänden gekoppelt“, erklärt Stather. Hier gewährleisten die Aspekte Komfort, Ästhetik, Sicherheit und Hygiene die Lebensqualität bis ins hohe Alter. Das altersgerechte Bad erinnerte bislang aber eher an eine Behindertentoilette eines Kreiskrankenhauses. Von diesem piefigen Image will die Branche weg – und holt sich Unterstützung bei Design-Studenten der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Ihr Ziel ist die Symbiose zwischen der ästhetischen Qualität einerseits und der Nutzerfreundlichkeit andererseits. Im Klartext: Auch ältere Menschen sollen jederzeit Halt und Sicherheit im Badezimmer finden, nur dürfen die Halterungen und Hilfsmittel nicht gleich ins Auge fallen. Das entsprechende Forschungsprojekt startete vor einem Jahr, im Februar dieses Jahrs durften die Studierenden dann ihre Ergebnisse präsentieren. Dazu gehören Duschstrahlen, die das Wasser auf den Körper rieseln lassen oder standfeste Möbel, die Halt bieten. Wasserhähne lassen sich durch einfache Berührung einer Fläche betätigen. Keramische Oberflächen werden von gelartigen Werkstoffen ersetzt. Bei einem Sturz wird die Verletzungsgefahr verringert. Aktuell arbeiten die Studierenden an den finalen Entwürfen, die im März kommenden Jahrs auf der Frankfurter Fachmesse ISH präsentiert werden. Praxis- und vor allem alterstauglich ist derzeit vor allem bereits ein Badkonzept. „Die genialste Erfindung ist die bodengleiche Dusche, die auch von älteren und in ihrer Bewegung eingeschränkten Menschen problemlos genutzt werden kann“, sagt Reinhardt. (gäd.)

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Das stille Örtchen wird zum Kurort Private Spa ist in: Das bedeutet, das Bad wird zur Wellnessoase mit allen erdenklichen Finessen. Nach dem Aufenthalt im Whirlpool geht es in die Sauna und von dort auf den Relaxsessel. Duftöle und Lichtakzente sorgen für eine besondere Stimmung.

ei allen Veränderungen, die das Badezimmer durchgemacht hat in den vergangenen Jahren: Es ist und bleibt ein Rückzugsort vom Alltag. Wer schon mal einen Blick in die Bäderwelt des erst im Dezember vergangenen Jahres am Berliner Kudamm eröffneten Bauhaus-Markts geworfen hat, erlebt die berühmte Qual der Wahl. Spätestens nämlich, wenn das in die Jahre gekommene Badezimmer gründlich renoviert werden soll. Neben allen möglichen Designvarianten spielt auch die Frage nach der technischen Ausstattung des Bades eine große Rolle. „Die Badgestaltung wird immer wichtiger“, sagt Thomas Thiele von Bauhaus. Und gerade bei der Umgestaltung vom Bad in eine Wellnessoase gibt es mittlerweile Konzepte für jeden Geldbeutel. Luxus, der erschwinglich wird. In der Tat waren es vor vielen Jahren eher Villenbesitzer, die Platz und Geld hatten, um eine kleine Badelandschaft ihr Eigen zu nennen. So ein von einem Architekten geplanter Wellnesstempel kann schon mal einige Hunderttausend Euro kosten. Doch der Handel wartet inzwischen auch mit deutlich preiswerteren Konzepten auf. „In jedem Fall aber sollte man alles aus einer Hand planen“, rät Thomas Thiele. Denn beim Badumbau sind viele Dinge zu beachten – auch wegen der Strom- und Wasseranschlüsse sowie der fachgerechten Installation von Whirlpool, Sauna oder illuminierter Regendusche. Die Bäderwelt bei Bauhaus bietet Kunden daher nicht nur den Verkauf der einzelnen Badelemente. Auf Wunsch übernehmen Experten neben der Beratung auch Einbau und Installation zum Festpreis. Infrarotkabinen sind gefragt Der Wunsch vieler Verbraucher nach einem Wellnessbad ist keine Seltenheit mehr, wie auch Umfragen bestätigen. Im Rahmen einer vom Forsa-Institut veröffentlichten Umfrage kam heraus, dass sich 39 Prozent aller Deutschen vorstellen können, das eigene Bad für Gesundheitsvorsorge und Fitnessübungen zu nutzen. Auch interessierten sich die Interviewer dafür, welche Formen der Gesundheitsvorsorge im Bad wie hoch im Kurs stehen. An erster Stelle stehen mit 67 Prozent entspannende Bäder nach körperlicher Anstrengung, gefolgt von Whirlwannen für Massagen (51 Prozent) und Saunen (41 Prozent) sowie Dampfduschen (35 Prozent). Während die Nachfrage nach Whirlpools für die eigene Wellnessoase sinkt, erfreuen sich die Hersteller von Sauna- und Infrarotkabinen einer steigenden Nachfrage. Das liegt auch an dem Sortiment, das neben klassischen Modellen platzsparende Exemplare bietet. So verkauft die Bäderwelt im Bauhaus Infrarotkabinen, die nicht mehr als einen Quadratmeter Grundfläche beanspruchen. Auch das Design hat sich dem modernen Bad angepasst. Holz wird immer häufiger von beschichteten, anthrazitfarbenen Dekorplatten verdrängt. Hinzu kommt, dass Saunen und Infrarotkabinen längst nicht mehr so viel Energie verbrauchen, wie es vor einigen Jahren noch der Fall war. Eine Stunde in der Infrarotkabine kostet rund 45 Cent bei einem Kilowattpreis von 26 Cent. Zwei Stunden in der Sauna sind für rund 3,90 Euro zu haben. Infrarotkabinen gelten als gesunde Wärmequellen. Sie bieten Entspannung einerseits und gesundheitsfördernde Maßnahmen andererseits. Sie stimulieren den Stoffwechsel, helfen beim Entschlacken, unterstützen die Hautpflege, beugen Erkältungen vor und lindern Gelenkbeschwerden. Saunen hingegen wirken zusätzlich positiv auf Herz und Kreislauf. Vom Design her weicht die robuste Klassik viel Glas. Auch bei den Duschen hat sich vieles getan, wie Thomas Thiele von der Bauhaus-Bäderwelt sagt. „Kopfbrausen simulieren eine Art Regenschauer“, sagt der Badexperte. Sparsam plätschert das Wasser wie bei einem Sommerregen auf den Körper. Groß ist die Nachfrage nach kompletten Duschsystemen. Sie vereinen Dusche und Dampfbad. Das ist beispielsweise bei sogenannten Dampfduschen der Fall. Diese Duschkabinen verfügen sogar über eine Sitzgelegenheit. Durch ihre Konstruktion passen die Dampfduschen gut in jede

Ecke. Verstellbare Rückendüsen wirken wie eine kleine Massage auf den gestressten Körper. Das Wasser kann also von oben und von der Seite fließen. Das Modell Premium Square verfügt sogar über ein eingebautes Radio und LED-Spotlights. Die Bedienung erfolgt über einen Touchscreen. Außerdem ist in der modern gestalteten Nasszelle ein Druckstrahlmassagesystem verbaut. Der Premiumhersteller Herzbach kombiniert seine Duschsysteme mit einer Farbtherapie. Die Duschköpfe sind in der Decke montiert, LED-Lampen liefern das Farblicht. Zur Auswahl stehen neun verschiedene, optisch wohltuende Farben und elf unterschiedliche Programme. Diese werden über eine Fernbedienung gesteuert. Vom gleichen Hersteller stammen die sogenannten Schwallausläufe, die man eher aus Gesundheitsbädern und aus Spa-Bereichen von Hotels kennt. Was alle Hersteller von modernen Duschsystemen vereint: Der Verbrauch an Wasser ist gering. Wellnessbäder machen zunehmend auch Kurkliniken Konkurrenz. Mit der passenden Ausstattung kann man in den eigenen vierWänden unter anderem Hydrotherapien durchführen. Die sind landläufig eher unter dem Namen Kneipp-Kur bekannt. Grundsätzlich sollte dies aber über Profis wie die Badexperten der BauhausBäderwelt geschehen. Denn ein Wellnessbad wird in verschiedene Zonen geteilt. Für die unterschiedlichen Wasseranwendungen müssen die entsprechenden Anschlüsse vorhanden sein oder noch installiert werden. Für Dusch- und Wannenbereich sind nach Angaben der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) spezielle Kneippschläuche im Fachhandel erhältlich. Sogenannte Gießrohre sorgen außerdem für Wechselgüsse. Für die private Hydrotherapie wird auch der Einbau eines Fußbeckens empfohlen. Dies kann dann für wechselwarme Fußbäder eingesetzt werden. Eine zentrale Funktion bei der Kneippkur daheim übernimmt die Badewanne – daher sollte man darauf achten, dass darin auch Sitzbäder oder Wassertreten möglich ist. Einige Modelle verfügen sogar über eingebaute MP3-Player und LED-Spots, die dem Wasser verschiedene Farben geben. Absolut angesagt ist nach Angaben der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft auch Floating – dabei schwebt der Körper in Salzwasser. „Floating lässt sich wie viele andere Wellnessanwendungen durchaus im eigenen Badezimmer praktizieren“, sagt VDS-Geschäftsführer Jens J. Wischmann. Vor allem bei Wannen haben die Hersteller in der Vergangenheit viele neue Produkte entwickelt. „Aus dem schmalen Badebottich sind Floatwannen mit geradliniger Innenform geworden, in denen man sich mit eigens dafür entwickelten Kopfstützen oder -kissen völlig ausgestreckt treiben lassen kann.“ In geräumigen Zweisitzermodellen mit verschiedenen Whirlfunktionen würden Herz, Seele und die Muskeln verwöhnt. Muscheln und ätherische Öle Ihre komplette Wirkung entfaltet die aktive Gesundheitsvorsorge im Badezimmer allerdings erst in einer ausgeglichenen Atmosphäre, heißt es vom Verband. In der Raumplanung sollten freie Flächen berücksichtigt werden. Herumstehende Utensilien sollten zudem in Schränken und Schubladen verstaut werden. Sie sorgen sonst für eine optische Unruhe. Eine schöne Atmosphäre entsteht auch über kleine dimmbare Lichtquellen, über Holz, kuschelige Badteppiche und Farben in kräftigen Akzenten. Zur Dekoration eignen sich Strandgut oder Souvenirs aus dem Urlaub – darunter Steine, Muscheln oder Treibholz. Richtig perfekt wird das SpaFeeling außerdem über Raumdüfte, die es mittlerweile in unzähligen Sorten zu kaufen gibt. Die dort verwendeten ätherischen Öle eignen sich auch gut, um einige Tropfen davon ins Badewasser zu bringen. „Der warme Wasserdampf verteilt die Aromen“, erklärt die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft. Rosen oder Vanille betörten die Sinne, Lavendel beruhigt, Thymian gebe Kraft. (gäd.)

Badelandschaften wie in luxuriösen Hotels. All diese exklusiven Finessen kann man inzwischen auch zu Hause installieren lassen. DORNBRACHT , DURAVIT, GEBERIT

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Holzfußböden, Designerwaschtisch und im Boden eingelassene Wanne: Bei diesem Bad dürfte die Aufenthaltsdauer deutlich steigen. BETTE

esign, wohin das Auge blickt: Wer sich die Bäderwelt im Bauhaus am Berliner Kudamm in Ruhe anschaut, wird von der gestalterischen Kreativität der Hersteller überflutet. Im Gegensatz zum herkömmlichen Baumarkt widmet die BauhausGruppe dem Thema Bad eine eigene Fläche mit einer Vielzahl von Musterbädern. Viele Bäder erinnern inzwischen vom Design her eher an moderne Wohnzimmer als an einen stillen Ort mit Nasszelle. Hochwertige Fliesen, dazwischen farbige Akzente und mittendrin Badmöbel in dunkler Holzoptik. Die Optik steht mehr denn je im Mittelpunkt der Badgestaltung. „Keine Frage, die Designer haben das Bad für sich entdeckt“, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie. Auch viele weitere Händler räumen dem Bad mehr Ausstellungsfläche ein „Grundsätzlich lässt sich über das Baddesign sagen: weniger ist mehr“, erklärt Thomas Thiele von der Bäderwelt in der Bauhaus-Filiale am Kurfürstendamm. In bester Innenstadtlage kaufen in dem erst im Dezember eröffneten Bauhaus-Fachzentrum sowohl Otto Normalverbraucher als auch gut betuchte Kunden ein. Entsprechend gestaltet ist das Sortiment. Es reicht vom preiswerten Waschplatz bis hin zum teuren Waschtisch. Und während ein großes, luxuriöses Bad früher nur für die oberen Zehntausend als bezahlbar galt, sind die Badlösungen mittlerweile auch für viele andere erschwinglich. Schon ab 5 000 Euro ist es möglich, ein Bad zu sanieren. Nach oben hin sind dabei natürlich keine Grenzen gesetzt. Wie ein roter Faden ziehen sich durch die aktuellen Badezimmerprogramme eckige und kantige Elemente. Weiß ist als zeitlose Grundfarbe wieder in Mode und wird mit abtönenden Grau- und Braunfacetten kombiniert. Dazu fügen sich Edelstahl, Chrom und Glas still und stilvoll in die Gesamtkomposition des Badezimmers ein.

Ein bisschen Luxus darf schon sein Große Fliesen statt kleiner Kacheln, Granitoptik statt Blümchenmustern, LED-Leuchten und Holzfußböden – Bad-Designer erlauben sich allerhand, was früher gar nicht denkbar gewesen wäre, und was das Bad wohnlicher macht.

„Generell wird das Badezimmer von der Gestaltung her wohnlicher.“ Frank Reinhardt, Badexperte

Die markanteste Erscheinung liefern Fliesen, die nichts mehr mit Kacheloptik gemein haben. An der Wand findet man häufig Abmessungen von 30 mal 60 Zentimetern pro Fliese; auf dem Boden noch größere. Vieles erinnert an Granit oder Anthrazit, ist aber deutlich preiswerter. Groß im Kommen sind zudem Fliesen, die einem Holzfußboden ähneln – mit dem Unterschied, dass sie wasserabweisend und pflegeleicht sind. Auch die Elektrobranche verdient inzwischen gut mit der Badezimmergestaltung. „Das Thema Licht wurde lange Zeit im Bad vernachlässigt“, sagt der Kölner Badexperte Frank Reinhardt. Nicht zuletzt auch, weil sich Strom und Wasser schlecht vertragen und oftmals ein Kurzschluss droht. Mit der Einführung der LED-Technologie hat sich vieles geändert. Denn LED kommen gut mit der hohen Luftfeuchtigkeit im Bad zurecht. Ein weiterer Vorteil: LED-Beleuchtung ist extrem sparsam. In der Bäderwelt des Bauhaus-Fachzentrums sind unter anderem Spiegel ausgestellt, die über eine LED-Hintergrundbeleuchtung verfügen. Die LED-Leisten stellen einen Rahmen dar, der in die Spiegelfläche integriert ist. Das gibt ein gutes, sattes Licht. Weil die Bäder größer werden, ändern sich auch die Raumkonzepte. Das kommt den unzähligen Designerbadewannen zugute. Sehr große Beachtung haben die Baddesigner in den vergangenen Jahren dem Thema Armaturen geschenkt. Inzwischen gibt es Wasserhähne und Brausen in verschiedenen Chrom- und Edelstahlvarianten – von verspielt bis futuristisch kantig. Einige Hersteller haben sich darauf spezialisiert, passend zu den Armaturen Seifenspender und Handtuchhalter zu entwerfen. Das sorgt für eine Grundstruktur. Insgesamt ist die geometrische Sachlichkeit gerade gefragt – auch im Baddesign. Die Dekoration spielt nicht mehr die entscheidende Rolle, sondern eher die Frage, wie die Objekte im Bad angeordnet sind. Vieles orientiert sich dann an der freistehenden Badewanne oder der Dusche, die schon mal mittig platziert wird. Mit Glas gestaltete Fläche wie Duschwände sorgen für viel Transparenz. (mg.) Der Tag des Bades findet am 20. September statt. Das Motto lautet „Bäder voller Genuss“. An dem Tag beteiligen sich Fachhändler und -betriebe mit Aktionen. Ausrichter ist die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e. V. Informationen im Internet unter www.gutesbad.de.

Dir fühl

Micih mich geborgen.

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Pflanzen E

s gibt wohl kaum etwas Schöneres, als im eigenen Garten oder auf dem Balkon frische Luft zu schnappen und tief durchzuatmen. Jetzt, wo die Tage wieder

deutlich kürzer werden, und Sträucher, Stauden und Sommerblumen Blatt und Blüte verlieren, neigt sich die Freiluftsaison ihrem Ende zu. Doch niemand muss auf Pflanzen verzichten, schon gar nicht im Herbst oder Winter. Wer seine Gartenarbeit mit viel Liebe und Wissen betreibt, dem stehen mindestens noch zwei bis drei schöne Garten- und Balkonmonate bevor. Viele Stauden und Herbstblumen blühen teilweise bis in den November hinein. Einige Balkon- und Gartenpflanzen können selbst noch in Frosttagen mit ihren Blüten für Stimmung sorgen. Neben den Gärtnern zählen bekannterweise auch die Grillmeister zu den sommerliebenden Freiluftaktiven. Und auch Letztere müssen sich nicht in die Winterpause verabschieden, nur weil die Anzeige auf dem Thermometer um ein paar Zentimeter nach unten geht. Endlich scheint der Trend des Wintergrillens von den USA nach Europa rübergebrutzelt zu sein. Hersteller haben das erkannt und warten mit einem breiten Angebot auf. Gut und warm angezogen, hat es schon seinen Reiz, fröstelnd am offenen Feuer zu stehen, Steaks, Würste und Gemüsesticks garen zu sehen und dabei einen Glühwein zu trinken. Wem der Sinn nach so viel frischer Luft nicht steht, der macht es sich in der Wohnung oder im Haus gemütlich. Möglichkeiten, auch in den kalten und dunklen Wintermonaten grüne Pflanzen um sich herum zu haben, gibt es viele. Zahlreiche exotische Vertreter eignen sich hervorragend, um aus dem Wohnzimmer, dem Wintergarten oder der Küche ein grünes Paradies zu zaubern. Ganz nebenbei verbessern viele Pflanzen auch das Raumklima. Angst vor einem zu hohen Pflegeaufwand muss niemand haben – zahlreiche Zimmerpflanzen sind wenig anspruchsvoll, was ihre Versorgung mit Wasser, Licht und Nährstoffen betrifft. Sie eignen sich gut für Anfänger. Doch der bevorstehende Herbst bringt für Hobbygärtner noch einmal Arbeit mit sich. Schließlich will man auch im kommenden Frühling Freude an blühenden Landschaften hinterm Haus oder an farbenfrohen Balkonpflanzen haben. Wer jetzt die richtigen Ratschläge befolgt, kann sein grünes Reich schon in den kalten Wintermonaten auf die neue Saison vorbereiten und gleichzeitig etwas Gutes für die Fauna tun. Igel und Eichhörnchen freuen sich über den einen oder anderen Laubhaufen, heimische Vögel kommen gerne zu einer Futterstelle, die regelmäßig mit fetthaltigem Futter aufgefüllt wird. Hier ist der Handel inzwischen sehr kreativ und bietet vor allem für Gartenfreunde mit Stil Futterhäuschen in aufwendigen Designs. Allerdings sollte die Funktionalität im Vordergrund stehen.

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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ie Zeit im Garten, auf dem Balkon oder der Terrasse neigt sich langsam dem Ende. Herbstblüher sorgen noch für einen letzten Farbtupfer im Grau. Fallende Temperaturen treiben auch hartgesottene Hobbygärtner in ihre Wohnungen. Doch so schlecht ist es in den eigenen vier Wänden nun auch nicht – vor allem, weil dort die sommerlicher Blüte fortgesetzt werden kann. Man muss nicht einmal über den so oft zitierten „grünen Daumen“ verfügen. Denn der Handel bietet mittlerweile selbst die exotischsten Pflanzen an, die sehr geringe Ansprüche haben. Ihre Vorfahren stammen aus Ländern mit wenig Wasser von oben oder aus dunklen Urwäldern, in denen die Sonne kaum eine Chance hat – wie im Berliner Winter eben. Pflanzenfreunde haben also das ganze Jahr über Saison. Sind Balkon und Terrasse mit winterharten Pflanzen versorgt, ist die Zeit reif für die Zimmerpflanzen. Gerade zum Winter hin sollte aber klar sein, welchen Standort eine Pflanze benötigt. Ist die südliche Lage in den kalten Monaten für die Pflanze noch angenehm, kann sie mit zunehmender Sonne im Frühjahr zum ernsthaften Problem werden. Denn: Auch Pflanzen können Sonnenbrand bekommen. Viele exotische Pflanzen entfalten sich daher gerne in indirektem Licht, weil sie auf eine lang anhaltende Sonneneinstrahlung gar nicht vorbereitet sind. Andere Pflanzen mit hohem Bedarf an Licht können mithilfe spezieller Pflanzenlampen unterstützt werden.

Orchideen gelten als exotische Pflanzen. Sie sind jedoch sehr pflegeleicht. REUTERS/SHANNON STAPLETON

Pflegeleichte Schönheit: die Orchidee Absolut pflegeleicht sind inzwischen viele Orchideen, darunter die Malaienblume (Phalaenopsis). Diese Pflanzen kommen gut mit den Durchschnittstemperaturen deutscher Wohnzimmer klar und haben auch kein Problem mit geringer Luftfeuchtigkeit. Helle Standorte können ihnen genauso wenig schaden wie dunkle. Sobald die Blüten verwelken, sollte man die Stiele zurückschneiden. Schnell bilden sich dann neue Knospen. Allerdings sollte die Orchidee nicht in handelsüblicher Blumenerde, sondern eher in speziellem Orchideensubstrat gepflanzt werden. Eine optische Bereicherung stellen auch neue Oncidium-Sorten dar. Sie gehören ebenfalls zur Gattung der Orchideen. Selbst im Winter blüht sie zart in Gelb, Rosa oder Creme. Hilfreich ist es, ab und an die Blätter von Orchideen mit Wasser zu bespritzen. Darüber hinaus gibt es im Fachhandel Substrate, die ebenfalls gespritzt werden können. Sie enthalten notwendige Nährstoffe. Ansonsten sollte nur mäßig gegossen werden. Keinesfalls darf die Orchidee in Wasser stehen, das führt zur schädlichen Staunässe und bedeutet ihr Ende. Empfehlenswert ist es, die Pflanze alle paar Wochen samt Wurzelballen einige Minuten ins Wasser zu legen und sie anschließend wieder in ihren eigenen Topf zu stellen. Exotischen Ursprungs ist auch die Flamingoblume, deren leuchtend rote Hochblätter gerne mal mit einer Blüte verglichen werden. Die auch als Anthurien bezeichneten Flamingoblumen haben ihre eigentliche Heimat in Südamerika – und vertragen keine volle Sonne. Die ideale Zimmertemperatur liegt zwischen 20 und 24 Grad. Trockene Blätter sollten regelmäßig entfernt werden. Sie locken sonst Schädlinge an, die Pflanzenkrankheiten verursachen oder befördern können. Definitiv zu den Klassikern gehört der einst aus Südostasien importiert Gummibaum, der bereits seit den 50er-Jahren seinen Platz in vielen deutschenWohnzimmern gefunden hat. Der Gummibaum ist für so gut wie jeden Standort innerhalb einer Wohnung geeignet. Ohne groß in die Pflege investieren zu müssen, werden Gummibäume sehr hoch. Blütenreich ist außerdem das Alpenveilchen, das bis ins Frühjahr mit einer herrlich bunten Pracht aufwartet. Ideal für das Alpenveilchen sind Temperaturen zwischen zwölf und 15 Grad. Sie benötigen viel Licht, können aber keine direkte Sonne vertragen. Am besten ist das Alpenveilchen in Räumen aufgehoben, die nicht permanent beheizt werden. Sie gedeihen zum Beispiel gut in der Küche.

Zu den wenigen Pflanzen, die nachts Sauerstoff produzieren, gehören die Aloe, der Oster- und der Weihnachtskaktus. Neben der Tatsache, dass Grünpflanzen eine optische Zierde darstellen, darf auch der gesundheitliche Aspekt nicht außen vorgelassen werden. Zimmerpflanzen beleben unsere Wohnung, bringen Farbe ins Leben und verbessern das Raumklima. So tragen Zimmerpflanzen zur Luftfeuchtigkeit bei, absorbieren Kohlendioxid und Kohlenmonoxid. Außerdem filtern sie Schadstoffe aus der Luft.

Bunter Urwald statt grauer Winter Die Gartensaison neigt sich dem Ende zu, die letzten Wochen auf Balkon und Terrasse sind angebrochen. Aber Pflanzen sind auch in der Wohnung ein Hingucker und sorgen für ein angenehmes Klima. Viele exotische Zimmerpflanzen gelten als pflegeleicht.

Familien Treffen -

Der Drachenbaum filtert Schadstoffe aus der Luft Gerade im Winter, wenn die trockene Heizungsluft eine Belastung für unsere Haut darstellt, kommen Zimmerpflanzen zu ihrem vollen Einsatz. Pflanzen mit einer hohen Transpirationsrate sind unter anderem das Einblatt, die Grünlilie, der Drachenbaum, die Efeutute, die Dieffenbachie, die Chrysantheme und die Birkenfeige. Diese verhältnismäßig pflegeleichten Pflanzen filtern zudem beträchtliche Mengen an Schadstoffen wie Formaldehyd oder Benzol. Zu den wenigen Pflanzen, die auch nachts Sauerstoff produzieren, gehören die Aloe, Oster- und Weihnachtskaktus sowie der Bogenhanf. Pflanzen wie der Elefantenfuß, oder wie bereits erwähnt die Orchideen, mögen es zudem gerne, mit Wasser besprüht zu werden. Dadurch entsteht Verdunstung – und auch das ist dann wieder gut für die Luftfeuchtigkeit. Experten raten dazu, für das Besprühen kalkfreies Wasser zu verwenden. Zimmerpflanzen sind nicht nur für das Raumklima gut, sie können auch die Stimmung der Bewohner heben. Bereits in den 80er-Jahren haben Forscher nachgewiesen, dass der Anblick von grünen Pflanzen den Puls stressgeplagter Menschen verlangsamt. Vorsicht ist hingegen bei zu duftintensiven Blühern geboten. Denn beispielsweise eine stark riechende Lilie kann bei manchen Menschen schnell Kopfschmerz hervorrufen, und einen im Schlafzimmer leicht um die Nachtruhe bringen. (gäd.)

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Herbstlich blühen Balkon und Terrasse Von wegen Winterschlaf: Auch zum Ende des Sommers kann ein Balkon viel Freude bereiten. Man muss nur wissen, welche Pflanzen die kalte Jahreszeit überstehen, und sich auf die neue Saison entsprechend vorbereiten.

och vor wenigen Jahren war in der Regel im Oktober Schluss: Geranien kamen auf den Dachboden, wurden zurückgeschnitten und alle paarWochen mitWasser versorgt. Die leeren Balkonkästen erhielten allenfalls eine Übergangsbepflanzung mit Heidekraut und von den Adventswochenenden an eine schützende Decke aus Tannenzweigen. Das war es dann auch auf dem Balkon, der traditionell ab Herbst in den Winterschlaf verabschiedet und erst wieder ab April oder Mai für den Sommer hergerichtet wurde. Doch die Gewohnheiten haben sich geändert, die Winter sind – zumindest gefühlt – deutlich milder als früher. Und so gewinnt der Balkon als Freiluftwohnzimmer zunehmend auch im Herbst und Winter an Bedeutung. Das Angebot an winterharten Pflanzen ist mittlerweile groß. Der September eignet sich gut, um die Balkonbepflanzung für den Herbst anzugehen. Denn in der Regel blühen Herbstastern, Lavendel oder Gräser bis weit in den November hinein. Und da erst ab Januar und Februar mit knackigen Frosttagen zu rechnen ist, kommen Pflanzen bis dahin gut mit der Witterung hierzulande klar. Angesagt ist derzeit das Alpenveilchen, das bislang eher im Zimmer einen Platz fand. Solange das Thermometer Temperaturen über dem Gefrierpunkt zeigt, zieren Alpenveilchen den Balkon. Danach fühlen sie sich in der Wohnung oder im Haus wohl. Neben den Herbstastern hat man auch bei den Glattblatt-Astern viel Freude. Auch sie blühen bis weit in den November hinein. Akzente setzen verschiedene Gräser wie das Plattährengras. Im Sonnenlicht glänzt es mit leuchtenden Kupferfarben. Das Pfeifengras präsentiert sich in gelbem Kleid, während das Japanische Blutgras feurig rot wirkt. Unangefochtener Klassiker zum Sommerende sind die verschiedenen Sorten Heidepflanzen. Wer dieser Tage aufmerksam durch den Wald spaziert und auf der Suche nach Pilzen ist, wird an den heimischen Vertretern der Calluna nicht vorbeikommen. Lila bis rötlich leuchten ihre Blüten. Der Fachhandel hält eigens für Balkon, Terrasse und Garten gezüchtete Exemplare bereit. Rosa, violett und rot blüht es dann bis in den Dezember. Richtig winterhart ist der Zwerg-Lebensbaum namens Danica. Das Nadelkleid ist hellgrün und weich. Frost kann es gut ab. Ein stilvoller Lückenfüller für die Balkonkästen ist die Strauchveronika mit ihren grünen Blättern und den blauen oder violetten Blüten. Chrysantheme in allen Farben Was für den Sommer die Geranie, ist für den Herbst die Chrysantheme. Beschränkte sich noch vor wenigen Jahren die Auswahl auf die gelben, violetten und rotbraunen Varianten, überbietet sich der Gartenfachhandel heute mit unzähligen Farbversionen. Die kleinen Büsche präsentieren sich mitunter auch mehrfarbig. Gut lassen sich die Chrysanthemen mit Erika oder Fette Henne kombinieren. Für die Wand oder das Rankgitter eignen sich wilder Wein oder Hopfen. Ersterer verwandelt seine grünen Blätter ab September in ein glutrotes Kleid. Im Oktober ist das Rankgitter dann zwar kahl. Doch zum Frühjahr hin entspringen aus den Knospen des wilden Weins oder des Hopfens wieder ansehnliche Blätter. Einige Sorten des wilden Weins tragen sogar kleine Früchte. Diese kann man zwar nicht essen. Aber sie sorgen für reichlich Herbststimmung auf dem Balkon. In der Regel ist ab November mit dem ersten Schnee zu rechnen. Aber auch dann möchten viele Balkonbesitzer frische Luft schnappen, sich am Terrassenfeuer erwärmen und den Winter genießen. Bis zum April müssen die Balkonkästen aber nicht leer bleiben. Im Frühjahr gepflanzt, blühen Pflanzen wie der Feuerdorn oder die Zwergmispel im Sommer. In der kalten Jahres-

zeit bilden ihre orangefarbenen oder dunkelroten Beeren einen schönen farblichen Akzent – auch dann, wenn sich der erste Schnee wie eine Decke über Balkon- und Terrassenpflanzen legt. Winterhart sind in jedem Fall auch immergrüne Pflanzen – darunter Buchsbaum, Minitannen oder Zwergkoniferen. Christrosen, Kirschlorbeer oder Herbstastern dürfen auch während der Wintermonate draußen bleiben. Sie gelten ebenfalls als winterhart. Gerade die Christrose ist eine Augenweide, denn ihre weiß-rosa Blüten sind im Dezember zu bewundern. Eine Pracht, an der man meist bis in den Februar hinein Freude hat. Schön anzusehen ist auch der Winterjasmin, der erst in der kalten Jahreszeit seine Ästhetik entfaltet und mit gelben Blüten überrascht. Extra winterhart sind mittlerweile auch Winterveilchen, von denen der Fachhandel verschiedene Sorten bereithält. Später, für Februar und März, gibt es Riesenschneeglöckchen. Sie sind die ersten Vorboten des Frühlings und ein Zeichen dafür, dass sich der Winter dem Ende neigt. Wie im Frühjahr und im Sommer benötigen auch im Winter Balkonpflanzen Pflege und müssen gegossen

Winterhart sind auch immergrüne Pflanzen – darunter Buchsbaum, Minitanne oder Zwergkoniferen. werden. Doch gerade bei Kübelpflanzen sind einige Regeln zu beachten. So darf sich das Wasser in den Pflanzbehältern nicht stauen. Zu groß ist die Gefahr, dass das lebensnotwendige Nass gefriert. Am besten ist es, die Kübelpflanzen in den späten Vormittagsstunden zu gießen. Dann steht die Wintersonne am höchsten und die Blumenerde ist etwas erwärmt. Darüber hinaus brauchen winterharte Pflanzen auch Schutz. So ist man gut beraten, Kübel, Töpfe und Pflanzkästen mit Jutesäcken zu umwickeln. Diese gibt es derzeit in allen Gartenfachmärkten. Auch sollten die Pflanzen nahe an die Hauswand gestellt werden, da es dort wegen der Gebäudewärme etwas milder ist. Ein weiterer Vorteil ist der Schutz vor dem einen oder anderen Wintersturm. Gerade in der schneereichen Zeit reagieren selbst die robusten Sorten sensibel. Winterharte Pflanzen sollten auch vor Feuchtigkeit geschützt werden. Aus dem Nass wird schnell Eis, sodass Triebe und Blätter abknicken können. Winterfest ist nicht gleicht winterhart Der Fachhandel unterscheidet zwischen winterfesten und winterharten Pflanzen. Hier ist es praktisch, sich vor dem Kauf der Pflanzen mit den Begrifflichkeiten auseinanderzusetzen. Winterfest ist eine Bezeichnung, die darauf schließen lässt, dass eine Pflanze nur mäßig mit den Auswirkungen der kalten Jahreszeit zurechtkommt. Ein kurzes Winter-Intermezzo kann diesen winterfesten Pflanzen in der Regel nichts anhaben. Sinken die Temperaturen aber unter den Gefrierpunkt und hält diese Witterung womöglich über Wochen an, kann dies den sicheren Tod der winterfesten Pflanze bedeuten. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es jedoch auch bei winterharten Pflanzen nicht. So kann es passieren, dass auch diese Exemplare die kalte Jahreszeit nicht überstehen. Das ist dann meist auf Erkrankungen der Pflanze oder falschen Pflanzenschnitt zurückzuführen. (gäd.)

Lavendel ist bis zum Herbst eine Zierde. Getrocknet riecht er auch im Haus wunderbar. THINKSTOCK

Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

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Im Herbst lässt die Sonne das Laubgold glänzen. Wenn es vom Baum fällt, bietet es Igel und Maulwurf Schutz. DPA/ALEX EHLERS

ie wurden wir dieses Jahr doch verwöhnt. Der mediterrane Oleander blühte über Wochen auf der Terrasse, bis er nun langsam Blätter und Blüten verliert. Auch die Hortensien mit ihren Schneeballblüten in Rosa oder Hellblau wirken welk. Die Früchte an den Ziersträuchern sind längst reif, und langsam lässt auch der wilde Wein erkennen, dass der Herbst mit großen Schritten naht. Die Zeit zwischen September und November bedeutet für den Hobbygärtner noch einmal Arbeit. Bleiben Pflanzenpflege, Pflanzenschnitt und das Düngen des Bodens aus, kann sich die geliebte Gartenpracht in der nächsten Saison rächen. Beginnen wir bei den Kletterrosen an der Hauswand und den Rosen im Blumenbeet, die sich über einen Rückschnitt freuen. Experten empfehlen, die Rosen auf die sogenannten vier Rosenaugen zurückzuschneiden. Das sind vier Stängel der gesamten Pflanze und die dazugehörigenVerdickungen. Der Stängel sollte über dem Auge abgeschnitten werden, denn dieses ist für das Wachstum neuer Triebe verantwortlich. Ein Vorteil des Herbstschnitts ist zudem, dass sich keine Pflanzenkrankheiten ausbreiten können. Experten sagen, dass abgestorbenes Pflanzenmaterial ein wahres Paradies für Infektionen, Fäulnis und krankmachende Pilze darstellt. Der Schnitt sollte so gesetzt werden, dass die übrig bleibenden Rosenstängel gleichmäßig hoch sind. Als Maß gilt ein Drittel der ursprünglichen Rose.War die Pflanze also 90 Zentimeter hoch, wird sie um 60 Zentimeter auf 30 Zentimeter gekürzt. Einen Rückschnitt können auch Sträucher, Bäume und Lavendel vertragen. Viele Staudenarten hingegen sollten bis zum Winter stehen, bevor man sie dann zurückschneidet. Beim Rhododendron sollte man zudem, wenn nicht bereits geschehen, vertrocknete Blütenreste entfernen. Das garantiert ein kräftiges Wachstum in der kommenden Frühjahrsgarten-Saison. Kleiner Tipp: Bevor man mit Schere und Gartenzange an die Pflanzen geht, ist es ratsam, die Samen der Pflanzen einzusammeln. Man kann sie in kleine Behälter geben und diese beschriften. Wichtig ist, dass Luft an die Samen kommt, damit sich keine Feuchtigkeit bilden kann. Insbesondere Ziergräser lassen sich so vermehren.

Viel Geld sparen können Hobbygärtner auch, wenn sie im Herbst ihre Stauden teilen. Das sorgt einerseits für die Verjüngung der Pflanzen. Andererseits lassen sich die Stauden vermehren. Tipp: Manchmal lohnt sich ein Plausch mit dem Nachbarn und ein Tausch der gewonnenen Ableger. Ein Spaten genügt, um die Stauden zu teilen. Ähnlich geht man bei großen Ziergräsern vor. Im Herbst ist die Zeit zudem ideal, um auch neue Stauden zu pflanzen. Dazu gehören Blaukissen, Sonnenröschen, Rittersporn, Fingerhut oder Nelken. Der Vorteil von Stauden: Sie blühen über viele Jahre und erleichtern die Gartenarbeit. Ein Staudenbeet ist deutlich pflegeleichter als ein Beet mit einjährigen Pflanzen. Den Geldbeutel schonen kann auch, wer Astern oder Geranien auspflanzt, in kleine Blumentöpfe verfrachtet und im Keller oder auf dem Dachboden frostfrei überwintern lässt. Dahlien oder Gladiolen werden bis auf die Zwiebeln zurückgeschnitten und kommen zum Frühjahr hin wieder ins Beet. Der beste Zeitpunkt, Dahlien aus der Erde zu holen, ist dann, wenn sich durch den Nachtfrost die Blätter der Pflanze schwarz verfärbt haben. Erfahrungsgemäß fällt im Garten viel Herbstlaub an. Die gelbbraunen Blätter sind für die Wintersaison noch gut zu gebrauchen. Sie können auf den Beeten als idealer Winterschutz verbleiben. Zu kleinen Haufen aufgeschichtet entsteht aus Laub auch ein schönes Winterquartier für Igel und andere Kleinsäuger. (mg.)

Auf die Kälte vorbereitet Wenn der Oleander und die Hortensien ihre Blüten verlieren und die Beeren an den Ziersträuchern rot sind, ist das ein Zeichen dafür, dass der Garten winterfest gemacht werden sollte. Dann geht es auch an den Schnitt von Sträuchern und an die Rasenpflege.

Bereits zum Ende der Gartensaison sollte man an das Frühjahr denken und Pflanzen wie Taglilien in die Erde bringen. Der Rasen des Gartens kann – auch wegen der milder werdenden Winter – noch im November gemäht werden. Berufsgärtner raten dazu, den Rasen nicht kürzer als fünf Zentimeter zu schneiden. Auch sollte das Herbstlaub gründlich beseitigt werden. Nur so können die verbliebenen Halme noch etwas Wintersonne tanken. Laub, das hingegen liegen bleibt, fördert das Wachstum von Moos. Ein wichtiger Punkt für die Rasenpflege im Herbst ist auch das Düngen. Aber Achtung: Der im Sommer genutzte Dünger gehört ins Gartenlager. Ihn jetzt zu verwenden, würde das Wachstum des Rasens befördern und im Winter zu empfindlichen Frostschäden führen. Der Fachhandel verkauft zum Herbst hin speziellen Dünger, der viel Kalium, aber wenig Stickstoff enthält. Kalium stärkt die Zellwände des Rasens und schützt die in den Zellen enthaltene Flüssigkeit vor Frost und Erfrierung. Der Rasenschnitt gehört im Übrigen nicht in den Müll, sondern auf den Kompost. Mit ihm können auch Pflanzenballen vor Schnee und Kälte geschützt werden. Im Sommer eignet sich Rasenschnitt auch prima als Bedeckung zwischen Erdbeerpflanzen. Dadurch trocknet die darunter liegende Erde nicht so schnell aus. Durch das Verrotten des Rasens entsteht zudem zusätzlicher Nährstoff. Blumenzwiebeln müssen jetzt in die Erde Bereits zum Ende der Gartensaison sollte man an das Frühjahr denken und Pflanzen wie Taglilie, Frauenmantel oder Phlox in die Erde bringen. Deren Samen müssen vor dem Winter ins Erdreich, damit ihnen der Kälteschock ein ordentliches Wachstum im Frühjahr ermöglicht. Ebenfalls im Herbst sollten Zwiebeln von Tulpen oder Narzissen in die Erde gebracht werden. Seit wenigen Jahren hält der Fachhandel auch Pflanzringe bereit: In dem verrottbaren Material ist ein bunter Mix an Blumenzwiebeln enthalten. Ohne großen Aufwand wird er in die Erde gebracht und fasziniert im Frühjahr mit seiner Pracht. Aber: Gerade Wildtiere, die keinen Winterschlaf halten, finden an den schmackhaften Blumenzwiebeln Gefallen.

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Berliner Zeitung · Nummer 219 · Freitag, 19. September 2014

STIL – das Wohnmagazin

Solche prächtig heiß glühenden Kohlen, wecken auch die winterliche Grilllust. ISTOCKPHOTO

Grilltomate mit Glühwein Für echte Grillfreunde gibt es keine Saison – sie grillen immer, auch im Winter. Das funktioniert – moderne Grills halten die Hitze besser, und wer sich warm einpackt, hat bei der Grillparty im Schnee auch wirklich Spaß.

ie Deutschen grillen gerne. Aber noch vor einigen Jahren war es so: Meist wurde der vor Wind und Wetter gut geschützte Grill zum April oder Mai hin ausgepackt. Spätestens im September, wenn die Abende kühler wurden, kam das gute Stück dann wieder in den Schuppen. Und irgendwie hatte es was, diese Vorfreude auf die nächste Grillsaison. Doch die Welt – in diesem Fall besonders die der Grillmeister – befindet sich derzeit im Umbruch. Namhafte Hersteller haben das Wintergrillen nach Deutschland geholt. Eine Tradition, die in schneereichen Ländern weit verbreitet ist. Den Grill-Herstellern kann man diesen Erfindergeist nicht verübeln. Wer verzichtet schon gern auf ein halbes Jahr Umsatz. Gegrillt wird also nun das ganze Jahr, und das schon seit einer ganzen Weile. Getreu dem Motto „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“ überbieten sich die Hersteller mit neuen Modellen. Wurden früher die Ausstellungsflächen in Fachmärkten um diese Jahreszeit mit Weihnachtsdeko bestückt, nehmen diese Plätze heute Grillmodelle ein – vom einfachen Kugelgrill bis hin zum aufwendigen mit Gas betriebenen Grill, der eher einem Herd ähnelt. Wer sich dem Trend anschließen möchte, der wird mitunter viel Freude haben. Denn das Grillen im Winter hat seinen Charme. Dieser entfaltet sich jedoch erst richtig, wenn Schnee liegt und es drum herum romantisch winterlich zugeht. Grundsätzlich kommen zum Wintergrillen zwei Befeuerungsarten infrage: Gas und Grillkohle. Gas hat den Vorteil, dass es schnell einsatzbereit ist. Es ist also nach Angaben des Herstellers Rösler ratsam, sich rechtzeitig einen Vorrat an Gasflaschen anzuschaffen. Grillkohle hingegen ist etwas authentischer. Schließlich geht nichts über den Geruch von frischer, glühender Kohle. Weil der Handel für gewöhnlich sein Sortiment an Grillkohle reduziert, ist auch hier ein gewisser Vorrat ratsam. Grillkohle muss jedoch trocken gelagert werden. Ein Kugelgrill ist ideal Ganz gleich, welche Feuerquelle zur Verfügung steht – Rösler empfiehlt den Einsatz eines Kugelgrills. „Der Deckel verhindert das Auskühlen des Grillguts an der Oberfläche und hält die Speisen gleichmäßig warm.“ Im Winter sollte zudem auf einen besonders windgeschützten und standsicheren Platz geachtet werden. Ein Gasgrill kostet schon mal 600 Euro, ein Holzkohlegrill bis zu 400 Euro. „Bei Minustemperaturen nur Propan- statt Butangas verwenden“, sagt Harald Zoschke, Autor des Grillbuchs „Chili Barbecue“. Für Holzkohle und Briketts sollte man am besten die doppelte der sonst üblichen Menge einplanen. Sollte es draußen zu ungemütlich werden, darf der Grill keinesfalls mit in die Wohnung genommen werden. „Hier droht schleichende Erstickungsgefahr durch Kohlenmonoxid“, warnt Zoschke. „Fürs Wintergrillen empfehlen sich Fleischstücke mit kürzeren Garzeiten“, sagt Zoschke. Diese werden für einige Stunden mariniert. Dazu kann man Glühwein servieren oder alkoholfreie Punschsorten. Gegen die bibbernde Kälte helfen Terrassenöfen und Feuerschalen. Allerdings sollte hier immer ein gewisser Abstand zum Haus gegeben sein, immerhin handelt es sich bei dem Wärmespender um offenes Feuer. Einsetzen kann man auch die nach wie vor erhältlichen Terrassenwärmer. Für die perfekte Wintergrillparty sollten noch einige Tipps beachtet werden. Kalter Wind und Schnee können schnell für eine ungemütliche Atmosphäre sorgen. Daher sollte man sich gegen die Witterung wappnen.

Robuste Pavillons mit entsprechenden Seitenwänden halten kalten Wind ab – kleine Gartenfackeln und Laternen sorgen für die entsprechende Lichtstimmung. Die Gartenmöbel sollten über Polster verfügen, Wolldecken spenden zusätzliche Wärme. Jeder Dritte grillt ganzjährig „Nur Koteletts, Würstchen und Co. an warmen Sommertagen gehören der Vergangenheit an“, erklärt der amerikanische Grillhersteller Weber-Stephen im Zusammenhang mit einer vor zwei Jahren veröffentlichten Studie. „Heute grillen die Deutschen vielmehr alles, immer und überall – unabhängig von Jahreszeit, Ort und Anlass.“ In den USA grillen bereits die Hälfte aller Amerikaner das ganze Jahr über, die meisten von ihnen (37 Prozent) sogar bei eisigen Temperaturen. Auch in Deutschland werde der Grillgenuss das ganze Jahr über zelebriert. „Bereits 28 Prozent der Deutschen grillen ganzjährig, 20 Prozent der Befragten auch zu besonderen Anlässen wie Weihnachten oder Silvester.“ Die Tendenz sei seit 2008 steigend. Heißer Favorit ist nach wie vor die Holzkohle – 80 Prozent der Deutschen besitzen einen Holzkohlegrill. Zunehmend beliebter werden auch Elektrogrills. Jeder siebte Deutsche besitzt mittlerweile einen Gasgrill – das geht aus einer 2014 veröffentlichten Untersuchung hervor. „Jeder vierte Gasgrill-Besitzer grillt das ganze Jahr über“, erklärt Weber-Stephen. Bei Holzkohlebesitzern hingegen sei nur jeder Fünfte so hart gesotten, dass er auch im Winter grillt. Mit dem Hype um das Wintergrillen steigen auch die Ansprüche an das Grillgut – eingelegte Fleischkreationen konkurrieren immer häufiger mit Gemüse. So gaben im Rahmen der Studie „Weber Grillwatch Survey 2014“ 31 Prozent der Befragten an, dass sie stärker als im Jahr 2013 auf vegetarische Grill-Alternativen zurückgreifen. Neben den klassischen Grills kommen aus den USA auch Erfindungen wie Räuchergrills, sogenannte Smoker. Fleisch und Chips werden während des Grillvorgangs dem Rauch von Feuer ausgesetzt. Das Grillgut nimmt den aromatischen Geruch und Geschmack von Apfel-, Kirsch- oder Zedernholz an. Wer keinen eigenen Garten hat, aber auf das Wintergrillvergnügen nicht verzichten möchte, der sollte sich den Holzkohlegrill „Go-Anywhere“ ansehen. Dabei handelt es sich um einen tragbaren Holzkohlegrill, der einfach zu transportieren ist. Hersteller Weber-Stephen hat das in diesem Jahr vorgestellte Exemplar mit Standfüßen versehen, die sich gut einklappen lassen. Ein stabiler Duroplastgriff mit Hitzeschutz beugt Verbrennungen vor. Deckel und Kessel sind mit Porzellan emailliert. Gegrillt wird aber längst nicht mehr unter freiem Himmel: Von nordischen Völkern abgeschaut sind Grillkotas, die mittlerweile von allen namhaften Blockhausherstellern ins Sortiment aufgenommen wurden. Eine Kota ist ein kleines hölzernes Gartenhaus, dessen Erscheinung maßgeblich von acht Ecken geprägt ist. Die Kota wird in Blockbohlenbauweise errichtet. In der Mitte der Kota findet eine Grillanlage Platz, darüber wird der Rauchabzug montiert. Der Charme besteht darin, dass auch in der Grillkota über offenem Feuer gegrillt werden kann. Beim Kauf ist darauf zu achten, dass der Rauchabzug tadellos funktionieren kann – andernfalls droht auch hier Erstickungsgefahr. Ein unschlagbarer Vorteil der Grillkota: Alle sitzen gemütlich auf gepolsterten Bänken um das Feuer herum, sehen dem Fleisch und Gemüse beim Brutzeln zu und das Holz des kleinen achteckigen Hauses sorgt für das gemütliche Drumherum. (gäd.)

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Innovatives Design trifft Qualität Magazin

Berliner Zeitung · Nummer 217 · Mittwoch, 17. September 2014

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