Der Rechtsberater

Page 1

DER RECHTSBERATER •• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • ••

Verspäteter Flug: Das Recht des Passagiers

Falscher Widerruf: Glück für den Kreditnehmer

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.

Überhöhte Mietkosten: Wo die Bremse hilft

Berliner Anwaltsverein e.V.

G ETTY IM AGES

EINE VERLAGSBEILAGE DER BERLINER ZEITUNG


2 I DER RECHTSBERATER

SONNABEND/SONNTAG, 11./12. JULI 2015 I VERLAGSBEILAGE

Eine Verspätung kann sich lohnen

Die EU-Fluggastverordnung gewährt Passagieren zahlreiche Rechte – aber keine Entschädigung bei höherer Gewalt

D

er Urlaub soll ja die schönste Zeit des Jahres sein. Doch kaum fangen die Ferien an, beginnen oft schon die Probleme. Zum Beispiel mit dem Flug. Verspätungen oder einen Gepäckverlust müssen Reisende aber nicht stillschweigend hinnehmen. Die Europäische-Fluggastverordnung gewährt Passagieren zahlreiche Rechte. „Das Problem ist nur, dass viele von diesen Rechten nichts wissen“, sagt Reiserecht-Experte Jan Bartholl.

GETTY IMAGES

Außergewöhnliche Umstände: Wetterbedingte Flugausfälle zählen in der Regel zu den Fällen höherer Gewalt und führen nicht zu Ansprüchen auf Entschädigung. Zur höheren Gewalt zählt auch, wenn der Flieger am Boden bleibt. „Zum Beispiel weil das Bodenpersonal streikt“, sagt Jan Bartholl. Auch in diesem Fall haftet die Airline nicht. Cross-Ticketing: Das heißt übersetzt so viel wie Überkreuzbuchungen. Gemeint ist damit eine Sparmethode beim Buchen von

Ihr Anwalt für die TÜRKEI

Müllerstr. 34 a · 13353 Berlin Telefon: 030/ 460 66 254 www.oezdemir-coll.de · ekremoezdemir@yahoo.de

Av. Ekrem Özdemir & Partner (Anwalt für türkisches Recht)

Fachanwalt für Erbrecht in Berlin-Mitte

Ascher v. Buttlar Hoffmann-Baasen

Rechtsanwalt und Notar Kraft-Christoph v. Buttlar Friedrichstr. 61 · 10117 Berlin Tel.: 030 / 691 90 37 kanzlei@ascher-anwaelte.de

Koffer weg: Es ist der Albtraum jedes Reisenden. Man steht am Gepäckband – und der Koffer taucht nicht auf. Was nun? Zum einen sollte man den Verlust umgehend bei den sogenannten HandlingAgents am Flughafen melden und den Property Irregularity Report (PIR) ausfüllen. „Das allein reicht aber nicht aus, wenn man entschädigt werden will“, verrät der Fachmann. Innerhalb von sieben Tagen muss der Verlust zusätzlich bei der Fluggesellschaft schriftlich angezeigt werden.

Wenn das Gepäck verspätet ankommt, dürfen sich Betroffene die wichtigsten Gegenstände kaufen und von der Airline eine Erstattung verlangen. Das Montrealer Abkommen legt dafür die Höchstgrenze fest wie beim Verlust von Gepäckstücken – derzeit 1 270 Euro. Wer in seinem Gepäck Laptop, Kamera oder wertvollen Schmuck mitnimmt, kann bei einer Entschädigung Pech haben. Die Gerichte haben entschieden, dass Betroffene in einem solchen Fall eine Mitschuld tragen. (spa.)

WERDEN SIE TEAMPLAYER.

© Ton Koene

• Immobilienkäufe und -verkäufe in der Türkei • Rückabwicklung von Schmuck- und Teppichkäufen • Scheidung nach türkischem Recht • Anerkennung von deutschen Scheidungen in der Türkei • Türkisches Erbrecht

Flugtickets. Es werden zwar Hinund Rückflug gebucht, aber nur der Rückflug wird genutzt. Das ist in vielen Fällen billiger als die Buchung einer einzelnen Strecke. Den Fluggesellschaften war das allerdings ein Dorn im Auge. Deshalb führten einige diese Regel: Wenn der Hinflug nicht genutzt wird, verfällt der Rückflug. „Diese Regelung ist rechtlich unzulässig“, erklärt Jan Bartholl. Was Airlines jedoch dürfen: Sie können einen Zuschlag verlangen. Teilweise in Höhe von 2 500 Euro.

Mit ärzte ohne grenzen helfen Sie Menschen in Not. Schnell, unkompliziert und in rund 60 Ländern weltweit. Unsere Teams arbeiten oft in Konfliktgebieten – selbst unter schwierigsten Bedingungen. Ein Einsatz, der sich lohnt: www.aerzte-ohne-grenzen.de/mitarbeiten Bitte schicken Sie mir unverbindlich Informationen zur Mitarbeit im Projekt Allgemeine Informationen über ärzte ohne grenzen Informationen zu Spendenmöglichkeiten

11104991

Verspätung: Sie sind ärgerlich. Können sich aber bezahlt machen – seit dem sogenannten SturgeonUrteil von 2009. Bis dahin wurden Entschädigungen nur bei Annullierung oder Nichtbeförderung gewährt. Das änderte sich mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Dieser stellte fest, dass Passagiere auch bei einer großen Verspätung Anspruch auf eine Ausgleichszahlung haben. Das bedeutet: „Kommt der Flieger mehr als drei Stunden zu spät an seinem Zielflughafen an, können Passagiere eine Entschädigung verlangen“, erklärt die Rechtsanwältin Regina Starke. Zumindest dann, wenn die Fluggesellschaft selbst dafür verantwortlich ist. Beispielsweise durch einen technischen Defekt an der Maschine. Je nach Länge der Flugstrecke beträgt die Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro. Und zwar unabhängig davon, ob für den Passagier nun ein tatsächlicher Schaden entstanden ist oder nicht. Die Entschädigung gilt unabhängig vom Ticketpreis.

Name Anschrift

E-Mail

ärzte ohne grenzen e.V. • Am Köllnischen Park 1 • 10179 Berlin

Spendenkonto 97 0 97 Bank für Sozialwirtschaft blz 370 205 00 Träger des Friedensnobelpreises

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kündigung, Aufhebungsvertrag, Abfindung, Lohn …

10435 Berlin, Schönhauser Allee 144, Tel.: 030 23882230 info@kanzlei-jeschke.de www.kanzlei-jeschke.de


DER RECHTSBERATER I 3

SONNABEND/SONNTAG, 11./12. JULI 2015 I VERLAGSBEILAGE

Das Kleingedruckte beachten

Zwei Stolperfallen beim Car-Sharing: Selbstbeteiligung und Alkohol am Steuer

E

infach den Führerschein kurz an das Auto halten und schon kann die Fahrt losgehen. Car-Sharing ist schnell, einfach und extrem unkompliziert. „Das ist ja das Tolle daran“, sagt Roman Becker. Und ein Stück weit auch das Verführerische. Der Experte für Verkehrsrecht warnt davor, dass es auch beim CarSharing Stolperfallen gebe, auf die viele Nutzer nicht achten. Beispielsweise, wenn es um die Selbstbeteiligung im Schadensfall geht. Diese kann bei einigen Anbietern recht hoch sein. So wie bei Flinkster, dem Car-Sharing-Angebot der Deutschen Bahn. Dort liegt die Selbstbeteiligung bei 1 500 Euro. Andere Anbieter geben ihren Kunden dagegen die Möglichkeit, die Selbstbeteiligung auf null Euro herabzusetzen. So wie zum Beispiel Car2Go, das CarSharing-Angebot von Autohersteller Daimler und Europcar. Die Selbstbeteiligung herabzusetzen,

sei für die Kunden der beste Fall, empfiehlt der Fachmann. Es lohnt sich vor allem dann, wenn am Fahrzeug ein Schaden entstanden ist, und sich der Unfallverursacher aus dem Staub gemacht hat. Denn in so einem Fall würde der Mieter für den Schaden haften. Bei längerem Parken ausloggen Wer ein Auto mietet, es aber für längere Zeit parkt, sollte sich daher unbedingt für diesen Zeitraum ausloggen. Dann endet auch die offizielle Mietzeit. Das ist besonders wichtig, wenn die Unfallzeit rekonstruiert werden muss. Allerdings wissen auch die Car-Sharing-Anbieter, dass kleinere Schäden wie Kratzer immer wieder entstehen können und zeigen sich daher oftmals kulant gegenüber den Kunden. Trotzdem empfiehlt es sich, vor jeder Fahrt um das Fahrzeug herumzugehen und eventuelle Schäden zu melden. Das funktioniert mittlerweile ganz einfach über

GETTY IMAGES

das Navigationsgerät im Fahrzeug. „Wer selbst einen Schaden am Fahrzeug verschuldet, muss zwei Dinge tun: die Polizei verständigen und den Schaden der Agentur melden“, sagt Roman Becker. Das mag nervig sein, vor allem wenn es zum Beispiel nur um einen abgefahrenen Seitenspiegel geht. „Aber es ist entscheidend“, erklärt der Experte. Ruft man beispielsweise nicht die Polizei, ist der Vermieter frei von der Haftung – und der Kunde muss für den Schaden aufkommen. Und das kann teuer werden. Die meisten Car-Sharing-Fahrzeuge werden in einer Fachwerkstatt repariert. Für den Kunden könnte das unter Umständen teurer als gedacht werden. Bei allen Anbietern gilt zudem die 0,0-Promille-Grenze. Wer als Mieter unter Alkoholeinfluss einen Schaden am Fahrzeug verursacht, muss dafür auf jeden Fall zu 100 Prozent haften. (spa.)

Recht haben können Sie auch ohne Anwalt. Recht bekommen nicht. www.anwaltsauskunft.de

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser. Berliner Anwaltsverein e.V.


4 I DER RECHTSBERATER

SONNABEND/SONNTAG, 11./12. JULI 2015 I VERLAGSBEILAGE

Kein Geld ohne Leistung Banken dürfen bei Privatkrediten keine Gebühr kassieren

D

ieses Urteil könnte bares Geld wert sein. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im vergangenen Jahr in zwei Urteilen entschieden, dass Bearbeitungsgebühren bei Privatkrediten unzulässig sind. Die Richter erklärten die den Gebühren zugrunde liegenden Vertragsklauseln für unwirksam. In den Verfahren vor dem BGH ging es zum einen um ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 1 200 Euro, das die Postbank zu Unrecht erhoben hatte. Zum anderen wurde eine Klage eines Verbraucherschutzverbands verhandelt, der es für unzulässig hielt, dass die National Bank grundsätzlich eine Bearbeitungsgebühr von einem Prozent der Darlehenssumme in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausweist. Solche Gebühren sind bei vielen Banken ganz selbstverständlich. Viele Institute verlangen pauschal zwischen ein und vier Prozent der Kreditsumme für Beratung und Bearbeitung. Damit soll nun Schluss sein. Denn die Kreditinstitute prüften die Kreditwürdigkeit des Kunden im eigenen Interesse, so die Argumentation der Richter. Schließlich wollen sie die Ausfallrisiken reduzieren. Grundsätzlich kann ein Entgelt aber nur verlangt werden, wenn die Bank für den Kunden eine Leistung erbringt. Die Kreditbearbeitung ist keine besondere Leistung. In der Praxis nutzen viele Banken allerdings juristische Spitzfindigkeiten. Sie geben beispielsweise an, dass es keine Preisklausel in den Geschäftsbedingungen gebe, sondern eine Absprache zwischen der Bank und dem Kunden. In diesem Fall gilt die Rechtsprechung der Gerichte nicht. War die Gebühr hingegen einseitig von der Bank vorgegeben, ist sie unzulässig. Dann können Verbraucher die Kreditgebühren zurückverlangen. Entscheidend ist, ob im Beratungsgespräch über die Gebühr verhandelt wurde. Wenn nicht, sollten Kunden die Gebühr zurückverlangen. (spa.) IMPRESSUM Berliner Verlag GmbH Anzeigen: BVZ BM Vermarktung GmbH (Berlin Medien), Jens Kauerauf Redaktion: Peter Brock (verantwortlich), Angelika Giorgis Anzeigenverkauf: Achim Reisen 030-23 27-67 32, achim.reisen@bvz-medien.de Art Direction: Jane Dulfaqar, Annette Tiedge

GETTY IMAGES

Ein Wort kann Tausende Euro wert sein

Ist die Widerrufsbelehrung bei Darlehensverträgen falsch, können diese noch Jahre später annulliert werden

D

ie Geschichte klingt ein bisschen wie ein schlechter Scherz. Laut einer Untersuchung verschiedener Verbraucherzentralen sind die Widerrufsbelehrungen bei rund 80 Prozent aller Baukredite fehlerhaft. Wer zwischen November 2002 und 2010 ein Immobiliendarlehen aufnahm, sollte sich diesen Vertrag nochmals genau anschauen, es könnte sich lohnen, wenn sich die Widerrufsbelehrung im Vertrag von damals als ungültig herausstellt. Normalerweise beträgt die Frist, um den geschlossenen Vertrag zu widerrufen 14 Tage. Doch wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, beginnt besagte Frist gar nicht erst zu laufen. Betroffene Kreditnehmer können demnach ihren Vertrag ewig widerrufen. Auch dann, wenn der Kredit bereits getilgt ist oder umgeschuldet wurde. Wie konnte es dazu kommen? Seit 2002 steht Verbrauchern auch beim Abschluss eines Immobilienkredits ein Widerrufsrecht zu. Die Banken sind demnach verpflichtet über das Widerrufsrecht sowie geltende Fristen und Rechtsfolgen korrekt und verständlich zu informieren. Klingt zunächst einfach. Die Umsetzung scheint aber doch etwas schwieriger gewesen zu sein. So gab es zwar einen Mustertext vom Bundesfinanzministerium, der den Banken zur Verfügung stand. Doch viele Kreditinstitute bearbeiteten diesen Mustertext auf eigene Faust.

R I C H T I G E S Voraussetzungen prüfen: Betroffen können Darlehensverträge sein, die zwischen dem 1. November 2002 und 2010 abgeschlossen wurden. Rat vom Anwalt: Es empfiehlt sich, einen Experten einzuschalten. Vertragsprüfungen übernehmen zum Beispiel die Verbraucherzentralen sowie Anwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht. Alternativen einholen: Vor dem Widerruf sollten sich Kreditnehmer nach einer alternativen Teilweise nur minimal, um ihn an die Kunden anzupassen. So wurde aus der allgemeingültigen Formulierung „man“ beispielsweise das förmlichere „Sie“. „Doch selbst die kleinsten Änderungen im Wortlaut reichen aus, um die Schutzwirkung der Widerrufsbelehrung auszuhebeln“, erklärt Knud Steffan, Fachmann für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Anwaltskanzlei Justus Rechtsanwälte. Auch formelle Änderungen oder das Verwenden eines veralteten Mustertextes können eine Widerrufsbelehrung ungültig machen. Die Änderungen haben, so klein und gering sie auch sein mögen, weitrechende Folgen. Betroffene Kreditnehmer können ihre alte und oft mit hohen Zinsen ver-

V O R G E H E N Finanzierung umschauen. Denn, wenn der Vertrag widerrufen wird, muss man schnell die Darlehenssumme der Bank zurückzahlen. Man sollte sich daher ein unverbindliches Angebot einer anderen Bank geben lassen. Kredit widerrufen: Spätestens ab diesem Zeitpunkt braucht man wohl einen Anwalt. Die Bank wird den Widerruf in der Regel zurückweisen. Man kann dann gegen die Bank klagen und gleichzeitig versuchen, sich außergerichtlich zu einigen. bundene Finanzierung widerrufen – auch nach einer bereits mehrjährigen Laufzeit. Stattdessen könnten sie dann ein neues Darlehen aufnehmen und von den aktuell niedrigen Zinsen profitieren. Ein Darlehen, für das die Bank vor Jahren noch vier oder fünf Prozent verlangte, gibt es derzeit oft schon zu Zinsen von zwei Prozetn und darunter. Der Widerruf kann eine Immobilienfinanzierung also um viele Tausend Euro günstiger machen. Laut Stiftung Warentest könnten Verbraucher dadurch 30 000 Euro und mehr sparen. Besonders interessant wird die Regelung für Verbraucher, die ihren Vertrag vorzeitig beenden wollen. Bislang wurde in solchen Fällen eine sogenannte Vorfälligkeits-

entschädigung fällig – eine Gebühr, die das Umschulden für den Kunden in den meisten Fällen uninteressant macht. Durch den Widerruf wird diese Gebühr hinfällig. Auch Kunden, die die Vorfälligkeitsentschädigung bereits bezahlt haben, können hoffen. Allerdings gibt es hier ein Problem. „Viele Banken argumentieren mit der sogenannten Verwirkung“, sagt Knud Steffan. Das bedeutet: Wer zum Beispiel fünf Jahre nach Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung seinen Vertrag widerruft und das Geld zurückfordert, kann von der Bank abgewiesen werden – mit dem Argument, dass es einfach schon zu lange her sei. Das Recht auf eine Rückzahlung sei verwirkt. Einige Landgerichte gaben dieser Argumentation recht. Anders der Bundesgerichtshof (BGH). Dieser entschied im Mai 2014, dass das Argument der Verwirkung im Bereich des Versicherungsrechts keine Anwendung finde. Knud Steffan und seine Kollegen gehen deshalb davon aus, dass das Urteil eine analoge Anwendung im Darlehensrecht finden wird. Mittlerweile wurden diverse Gerichtsprozesse geführt. Die meisten endeten mit einem außergerichtlichen Vergleich. So auch der jüngste Prozess vor dem BGH, in dem es um die Frage der Verwirkung bei Immobilienkrediten ging. Kurz vor Prozessende einigten sich Kläger und Bank außergerichtlich, so kam es zu keinem Urteil. (spa.)


DER RECHTSBERATER I 5

SONNABEND/SONNTAG, 11./12. JULI 2015 I VERLAGSBEILAGE

Gedeckelte Preise

Bei der Neuvermietung dürfen Eigentümer nun die Miete nicht mehr frei festlegen – es gilt eine staatlich verordnete Bremse

S

eit dem 1. Juni gilt in Berlin das sogenannte Mietrechtsnovellierungsgesetz. Kurz: Mietpreisbremse. Damit will der Senat die steigenden Mieten bei Neuvermietungen gesetzlich begrenzen. Wie sich das Vorhaben in der Praxis tatsächlich entwickelt und welche Auswirkungen es auf die Mieten hat, könne man zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhersagen, erklärt Oliver Marson, Experte für Mietrecht. Grundlage für die Mietpreisbremse ist der Berliner Mietspielgel. Mit diesem gab es in der Vergangenheit allerdings einige Probleme. Das Amtsgericht Charlottenburg erklärte den Mietspiegel von 2013 für wissenschaftlich nicht seriös. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und wird derzeit in der Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Experten wie Oliver Marson glauben aber, dass der BGH das Urteil des Amtsgerichts bestätigen wird. Das hätte Auswirkungen auf den neuen, aktuell geltenden Mietspiegel. Denn dieser wurde nach den gleichen Methoden erstellt wie bereits sein Vorgänger. Der Mietspiegel hilft den Mietparteien natürlich nur dann, wenn er auf rechtlich einwandfreie und wissenschaftlich seriöse Weise erstellt worden sei. Fachleute rechnen damit, dass es in Zukunft deshalb häufiger zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen könnte. Zum Beispiel könnten Mieter eine überhöhte Miete zunächst

V E R G L E I C H

akzeptieren, um die Wohnung zu bekommen. Anschließend könnten sie gegen den Vermieter klagen und die zu hohen Kosten zurückfordern. Zudem könnte es Streit um die Frage geben, wie genau die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt wird. Kläger könnten infrage stellen, ob die Rechtsverordnung korrekt zustande gekommen ist, die den Wohnort zum „angespannten Wohnungsmarkt“ erklärt. Kommt das Gericht zur Auffassung, dass die Landesregierung dabei Fehler machte, als sie ganz Berlin so einstufte, so greift die Mietpreisbremse nicht. Mieter, die gegen ihre Vermieter auf Rückzahlung von Miete wegen Verletzung der Mietpreisbremse klagen, tragen allerdings ein hohes Prozessrisiko, weiß der Fachmann. Die Mietpreisbremse sieht vor, dass der Preis für eine angebotene Wohnung nicht mehr als zehn Prozent über der ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Das Gesetz gilt aber nur, wenn eine Wohnung neu vermietet wird. Allerdings muss, wenn der Vormieter bereits mehr Miete bezahlt hat, diese bei der Neuvermietung nicht gesenkt werden. Es gilt also Bestandsschutz. Auch gilt die Mietpreisbremse nicht bei Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 zum ersten Mal vermietet wurden. Genauso wenig bei umfassend modernisierten Wohnungen – wenn ein Drittel des vergleichbaren Neubaupreises in die Wohnung investiert wurde. (spa.)

Die Mietpreisbremse gilt in „Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten“ Der Senat hat dazu ganz Berlin erklärt. Sie gilt zunächst fünf Jahre lang. Kritiker wie der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko, warnen davor, dass der Wohnungsmarkt noch knapper werden könnte. Zum Beispiel, indem Vermieter Wohnungen verkaufen, weil sich das Vermieten nicht mehr lohnt. Der Eigentümerverein Haus und Grund erwartet, dass in Mietshäusern bald weniger modernisiert und repariert wird. Umgehen können Vermieter die Mietpreisbremse, indem sie zum Beispiel Wohnungen möbliert auf Zeit vermieten.

GETTY IMAGES

Grundlage für die ortsübliche Vergleichsmiete ist der Mietspiegel. Er nennt Preise in Euro pro Quadratmeter Wohnfläche ohne Betriebskosten (Nettokaltmiete) je nach Lage und Ausstattungsstand. Wie hoch die Miete sein darf, kann man online nachschauen. Bei Neuvermietungen darf die Miete zehn Prozent höher liegen. http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/

IHRE RECHTSANWALTSKANZLEI MITTEN IN BERLIN FÜR IMMOBILIEN-, VERKEHRSUND FAMILIENRECHT Rechtsanwälte I Götz & Partner Fasanenstraße 29 I 10719 Berlin Telefon: 030 - 33 00 22 66 00 Telefax: 030 - 33 00 22 66 99

ab Oktober 2015 auch: Ackerstraße 29 I 10115 Berlin Telefon: 030 - 33 00 22 66 10 Telefax: 030 - 33 00 22 66 19

info@goetz-anwaelte.de

www.goetz-anwaelte.de

JULIA BREUER

PEGGY GÖTZ

JOHANNA NEUMANN

Rechtsanwältin zertifizierter Verfahrensbeistand

Rechtsanwältin Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Rechtsanwältin Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

JOHANNES NEUMANN

BERNDT VON SCHRÖTTER

Rechtsanwalt Notar a. D.

Rechtsanwalt


6 I DER RECHTSBERATER

SONNABEND/SONNTAG, 11./12. JULI 2015 I VERLAGSBEILAGE

Mit der Scheidung endet nicht das Bezahlen Unterhaltstitel sollten bei Änderungen der Einkommenslage überprüft werden

S

pätestens wenn es ums Geld geht, hört der Spaß bekanntlich auf. Bei der Liebe verhält es sich da meistens nicht viel anders. Kaum haben sich Ehepaare getrennt, beginnt oft auch schon der Zank um den Unterhalt – sei es für die gemeinsamen Kinder oder beispielsweise die Ex-Ehefrau. Wie hoch eine Unterhaltszahlung ist und wie lange diese gezahlt werden muss, wird im sogenannten Unterhaltstitel festgeschrieben. Dieser kann aber geändert werden. Zum Beispiel dann, wenn die ehemalige Partnerin neu heiratet, das gemeinsame Kind volljährig wird, der Unterhaltspflichtige mehr verdient, oder wenn sich dessen Einkommen verringert hat. Zahlungen anpassen lassen Eine Änderung wird beispielsweise dann relevant, wenn der Unterschied im Einkommen etwa zehn Prozent beträgt – sei es Plus oder Minus. Solange der Unterhaltstitel besteht und nicht aufgehoben wird, ändern sich die Verpflichtun-

gen zur Zahlung auch nicht. Es genügt nicht, einem Unterhaltsberechtigten oder dessen Vertreter mitzuteilen, dass man weniger verdient und deshalb nun monatlich auch weniger zahlen wird. Man sollte den Unterhaltstitel offiziell abändern oder wenn möglich aufheben lassen. Das geschieht in der Regel beim zuständigen Gericht. Eine Änderung im Unterhalt können die Betroffenen aber nicht selbst erledigen. Denn in Familienstreitsachen besteht in aller Regel die Anwaltspflicht. „Unterhaltsfragen sind juristisch extrem kompliziert“, erklärt die Expertin Dagmar Störmann. Sie weiß aus Erfahrung: Wenn die beiden ExPartner noch miteinander reden können, sind Unterhaltsfragen oft einfacher zu klären. Getrennt le-

bende oder geschiedene Eheleute sind untereinander verpflichtet, sich Auskünfte über ihr Einkommen zu geben. Allerdings kann nicht ständig oder beliebig oft Auskunft verlangt werden. Vielmehr müssen zwischen der alten und neuen Einkommensmitteilung mindestens zwei Jahre liegen. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann bereits nach einem Jahr wieder erneut Auskunft verlangt werden. In dem Auskunftsschreiben werden zumeist die letzten zwölf Monatslohnbescheinigungen sowie der letzte Steuerbescheid oder die Steuererklärung abgefragt. Sollte der Unterhaltstitel geändert werden, dann gilt: Unterhalt, der zum Beispiel bislang zu viel bezahlt wurde, kann nicht wieder zurückgefordert werden. Genauso umge-

GETTY IMAGES

kehrt. Ein höherer Unterhalt kann nicht rückwirkend vom Ex-Partner eingefordert werden. Besonders interessant ist derzeit ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG 2009). Diese Änderungen sind besonders für alte Unterhaltstitel aus den 1980er-Jahren wichtig. Neue Rechtsauffassung Damals galt noch eine andere Rechtsprechung. In den Titeln von damals bestand noch keine Möglichkeit, den Unterhaltstitel zeitlich zu befristen oder herabzusetzen. Vor allem für die Ex-Ehefrauen war das von Vorteil. Denn die Unterhaltszahlungen laufen zum Teil bis zum 65. Lebensjahr oder noch länger. Das kann nun geändert werden. Heuzutage gilt in aller Regel das Verständnis: Nach der Scheidung ist jeder für sich weitgehend selbst verantwortlich. (spa.)

ANZEIGE

ANZEIGE

Anwälte Name

Adresse

F A M I L I E N R E C H T ,

S O Z I A L R E C H T

Rechtsanwältin Claudia Räthel Fachanwältin Familienrecht

Brückenstraße 4, 10179 Berlin Telefon: 030 55575480-0 | Fax: 030 55575480-9 kontakt@raethel.de | www.raethel.de

A R B E I T S R E C H T , Kanzlei für Recht und Arbeitsrecht Rechtsanwalt Prof. Rolf Haase

B A N K R E C H T ,

S O Z I A L R E C H T ,

Spezialgebiete/Besonderheiten

Als Fachanwalt für Familienrecht vertrete ich Sie in Sachen Scheidung, Unterhalt, Sorgerecht, Vermögensauseinandersetzung, Lebenspartnerschaft, Eheverträge, Internationale Familie, ALG II

F A M I L I E N R E C H T

Binger Straße 56, 14197 Berlin Telefon: 030 / 88 92 - 26 80 | Fax: 030 / 88 92 - 26 82 E-Mail: raprofhaase@yahoo.de Website: www.anwalt.de/ra-prof-haase www.kanzlei-fuer-recht-und-arbeitsrecht.de

K A P I T A L A N L A G E R E C H T ,

U N D

V E R K E H R S R E C H T

Spezialgebiete: Fachanwalt für Arbeitsrecht, Sozialrecht, Familienrecht und Verkehrsrecht

V E R S I C H E R U N G S R E C H T

Rechtsanwälte Kälberer & Tittel Partnergesellschaft Fachanwälte für Bank-, Kapitalanlage- & Versicherungsrecht

Knesebeckstraße 59-61, 10719 Berlin Telefon: 030 887178-0 | Fax: 030 887178-111 kanzlei@kaelberer-tittel.de | www.kaelberer-tittel.de

F A M I L I E N R E C H T ,

D A T S C H E N - ,

Rechtsanwaltskanzlei Felgentreff und Pfordte Sabine Felgentreff Fachanwältin Familienrecht Kathleen Pfordte Rechtsanwältin

Mehringdamm 50, 10961 Berlin Telefon: 030 69401236 | Fax: 030 78897345 mail@kajofrings.de | www.kajofrings.de

K L E I N G A R T E N

Wir sind auf die Vertretung geschädigter Kapitalanleger, Bank- und Versicherungskunden spezialisiert, so u.a. auf Schadensersatzklagen bei geschlossenen Fonds. Wir vertreten ausschließlich die Kundenseite, keine Banken oder andere Finanzdienstleister.

&

G R U N D S T Ü C K S R E C H T

Als Fachanwalt für Erbrecht vertrete ich Sie in Erbauseinandersetzungen. Als Notar beurkunde ich letztwillige Verfügungen Erbscheinsanträge und Erbauseinandersetzungsverträge


DER RECHTSBERATER I 7

SONNABEND/SONNTAG, 11./12. JULI 2015 I VERLAGSBEILAGE

Streit mit dem Arzt: lange und teuer

Behandlungsfehler sind oft schwer nachzuweisen – und meist hat der Patient die Beweispflicht

E

s sollte ein schöner Urlaub werden. Mit dem Fahrrad wollten sie an der Ostsee entlangradeln. Doch dann kam der Sturz – und das gebrochene Bein. Von da an sollte nichts mehr so sein, wie es war. Hannah Schmidt kam ins Krankenhaus, der Bruch wurde behandelt, mit Stahlplatten stabilisiert. Doch die Ärzte machten einen Fehler. Sie schraubten die Platten zu fest an den Knochen an. Die Folge: Das Bein starb ab und musste schließlich amputiert werden. Ein Behandlungsfehler der Ärzte, offensichtlich, mehrere Gutachten hatten es bestätigt – und zehn Jahre später hatte es Hannah Schmidt endlich auch amtlich. Ein Gericht hatte ihr recht gegeben. „Doch was wir in den zehn Jahren erlebt haben, war der pure Wahnsinn“, erinnert sich die 62Jährige. Ein zähes, kräfteraubendes Ringen mit dem Krankenhaus und dessen Versicherung. Immer wieder neue Gutachten und Gegengutachten und Patientenakten, die plötzlich verschwunden waren. Das ist kein Einzelfall. Wer wegen eines Behandlungsfehlers gegen einen Arzt klagt, braucht gute Nerven, einen langen Atem und vor allem ein finanzielles Polster. Ärzte und Krankenhäuser sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Einfach gesagt: eine Versicherung für den Fall, dass bei der Behandlung etwas schiefläuft. Und hier ist auch schon das erste Problem. „Es gibt keine genaue Definition, was ein Behandlungsfehler ist“, erklärt der Fachanwalt für Medizinrecht, Marc Christoph Baumgart. An was man sich allerdings orientieren kann, ist der sogenannte Facharzt-Standard. Wurde dieser unterschritten,

GETTY IMAGES

zum Beispiel, indem bestimmte Untersuchungen nicht gemacht wurden, könne man von einem Behandlungsfehler sprechen. „Wobei es den einen Standard nicht gibt. Der Facharzt-Standard verändert sich ständig und entwickelt sich weiter“, erklärt der Fachmann. Der Standard von heute kann mit jenem von vor zehn Jahren kaum noch etwas gemeinsam haben. Hierin liegt die erste Krux. Es ist in Arzthaftungsfällen stets auf den Facharzt-Standard im Zeitpunkt der streitigen Behandlung abzustellen. Das zweite Problem liegt in der Frage der Kausalität. Zwischen dem vermeintlichen Fehler und dem Schaden muss es einen kausalen Zusammenhang geben – und den muss der Patient nachweisen. „Oft scheitert es an diesem Punkt. Die Kausalität ist entscheidend“, erklärt Baumgart. Hier stelle sich die Frage: War es nun ein kausaler Fehler oder war es ein schicksalhafter Verlauf, indem der Erfolg der Behandlung einfach ausgeblieben ist oder sogar noch ein zusätzlicher Gesundheitsschaden eingetreten ist. Die Gutachten können dabei zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Genau diese Gutachten sind bei einem Prozess aber entscheidend. Das Gericht beruft in der Regel einen eigenen Gutachter ein, unabhängig davon ob bereits im Vorfeld andere Gutachten erstellt wurden. „In 99 Prozent aller Fälle folgt das Gericht der Empfehlung dieses Gutachtens“, weiß der Experte. Bis es zu einem Urteil kommt, kann es Jahre dauern. Allein die Erstellung eines Gutachtens kann Monate dauern. In der Regel ist der Patient in der Beweispflicht. Das bedeutet, dass er den Behandlungsfehler

und einen kausalen Gesundheitsschaden nachweisen muss. Ausnahmsweise kommt es zu einer Beweislastumkehr, wenn der Arzt einen offensichtlichen und gravierenden groben Fehler begangen hat. Dies ist anzunehmen, wenn beispielsweise das falsche Bein amputiert wird. Dann ist der Arzt in der Pflicht, sich zu entlasten. Doch die meisten Fälle sind nicht so offensichtlich. Bei der Beweispflicht hilft den Patienten auch nicht das Patientenrechte-Gesetz. Seit 2013 ist das Gesetz in Kraft und im Bürgerlichen Gesetzbuch nachzulesen. Im Grunde enthält es keine großen Neuerungen. Aber es wurden bestimmte Grundsätze erstmalig festgeschrieben. Demnach müssen beispielsweise alle Änderungen und Nachträge in einer Patientenakte genau vermerkt und kenntlich gemacht werden, auch mit Datum. Zudem haben Patienten das Recht, ihre Patientenakte einzusehen und Kopien gegen Kostenerstattung anzufordern. Bei auf Behandlungsfehlern beruhenden Schadenersatzansprüchen gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Sie gilt ab dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte Kenntnis über den Schaden und den Schädiger erlangt hat. Wann genau diese Kenntnis gegeben ist, kann eine knifflige Frage werden, vor allem, wenn man bei verschiedenen Ärzten in Behandlung war. Bei den Landesärztekammern sind seit 1975 Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen eingerichtet, die als weisungsunabhängige Gremien bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arzt und Patient klären, ob die gesundheitliche Komplikation auf einer haftungsbegründenden ärztlichen Behandlung beruht. (spa.)

Fachanwälte für Medizin- und Versicherungsrecht

Breite Straße 18

13597 Berlin

Tel.: 030 / 33 77 37 310

www.ra-laux.de

Dipl. jur. Dr. med. Vorbach

RAin Fucks, LL.M.

RAin Link

RA Fischer

RAin Liske

RAin Arendt-Boellert

RA Laux

Kanzlei für Arzthaftung Unfälle und Versicherungen


8 I DER RECHTSBERATER

SONNABEND/SONNTAG, 11./12. JULI 2015 I VERLAGSBEILAGE

Mindestlohn nur für Langzeit-Praktikanten

Erst ab drei Monaten gibt’s für Volljährige die 8,50 Euro pro Stunde, sofern das Praktikum nicht von der Uni vorgeschrieben ist

S

eit rund einem Jahr ist er in Kraft: der bundesweit einheitliche Mindestlohn. Mit dem neuen Gesetz sollte jeder in Deutschland für seine Arbeit eine Vergütung von mindestens 8,50 Euro pro Stunde bekommen. So wollte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales verhindern, dass jemand trotz eines VollzeitJobs nicht von seinem Einkommen leben kann. Auch Praktikanten fallen unter die Mindestlohnregelung. Allerdings nur dann, wenn ihr Praktikum bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Praktikum länger als drei Monate dauert. Experten sehen die Regelung kritisch und befürchten, dass das klassische Praktikum, bei dem man nicht nur in einen Betrieb reinschnuppert, sondern über vier oder sechs Monate hinweg erste wichtige Berufserfahrungen sammelt, der Vergangenheit angehört. Nur wenige

GETTY IMAGES

Unternehmen könnten es sich leisten, eine Vollzeitstelle für 1 500 Euro brutto einzurichten. Das gilt besonders für den bei Praktikanten beliebten Mittelstand. Für die Mehrzahl der Unternehmen ändert sich kaum etwas durch das neue

Gesetz: Viele schreiben einfach keine Langzeitpraktika mehr aus, die sie bezahlen müssten. Stattdessen suchen sie nach Dreimonatspraktikanten, die nicht unter den Mindestlohn fallen. Keinen Anspruch auf Mindestlohn haben

Praktikanten dagegen dann, wenn das Praktikum von der Ausbildungseinrichtung oder der Hochschule vorgeschrieben ist. Dasselbe gilt für Praktika im Rahmen einer Berufsausbildungsvorbereitung oder in einer betrieblichen Ein-

stiegsqualifizierung. Das bedeutet: Nur wenn das Praktikum freiwillig ist, gibt es auch den Mindestlohn. Außerdem gibt es den Mindestlohn nur bei Volljährigkeit. Der Gedanke dahinter: Es soll verhindert werden, dass ein Praktikant aufgrund des vergleichsweise hohen Lohns auf eine Berufsausbildung verzichtet. Kurzfristig wäre das zwar finanziell vielleicht von Vorteil. Langfristig aber wenig sinnvoll, weil man mit der abgeschlossenen Berufsausbildung bessere Chancen am Arbeitsmarkt hat. Wer sich nicht sicher ist, ob er in seinem Praktikum einen Anspruch auf Mindestlohn hat, sollte im Vorstellungsgespräch nachfragen. Ansonsten hilft ein vorheriger Blick in den Arbeitsvertrag. Im Praktikumsvertrag muss neben Dingen wie Ausbildungsziele, Dauer des Praktikums, tägliche Arbeitszeit und dem Urlaubsanspruch auch das Praktikumsgehalt schriftlich festgehalten werden. (spa.)

Ihre Unterschrift kann Sie reich machen. Oder ruinieren. www.anwaltsauskunft.de

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.