LEBEN MIT BEHINDERUNG
Interview mit Raul Krauthausen
Barrierefrei mit Bahn und Bus in Berlin
Leichte Sprache in Alltag und Medien
BILD: THINKSTOCK.DE/ISTOCK/DENKUVAIEV
EINE VERLAGSBEILAGE DES BERLINER KURIER
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MONTAG, 27. MÄRZ 2017 I VERLAGSBEILAGE
Neugierig und ungeduldig
Raul Krauthausen verleiht Menschen mit Behinderung eine Stimme
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eit mehr als 15 Jahren arbeitet Raul Krauthausen in der Internet- und Medienwelt und hat dort zahlreiche Projekte für Menschen mit Behinderung initiiert. Der Inklusions-Aktivist und Gründer der „Sozialhelden“ will Menschen für gesellschaftliche Probleme sensibilisieren und zum Umdenken bewegen. In seiner Biographie „Dachdecker wollte ich eh nicht werden – Das Leben aus der Rollstuhlperspektive“ hält Krauthausen, der aufgrund seiner Glasknochen im Rollstuhl sitzt, ein persönliches Plädoyer für Toleranz und Freude am Leben. Seit 2015 moderiert er mit „KRAUTHAUSEN – face to face“ seine eigene Talksendung im Netz und auf Sport1 zu den Themen Kultur und Inklusion.
Problem des BTHG sehe ich, dass noch ungeklärt ist, wie eine Assistenz bei ehrenamtlichem Engagement von Behinderten geregelt ist. Das Gesetz sieht vor, dass der behinderte Mensch zu dessen Ausführung Familie und Freunde in die Pflicht nehmen muss. Das bedeutet auch, dass das gilt, wenn er sich gesellschaftlich-politisch einbringt. Damit wird gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung jedoch massiv eingeschränkt. Darüber hinaus können Sozialämter Menschen, die auf Assistenz angewiesen sind dazu zwingen, sich einen Assistenten zu teilen. Menschen, die gemeinsam in einer Wohngemeinschaft leben, bekommen auf diese Weise massive Probleme, ihren Individualinteressen nachzugehen.
Sie bezeichnen sich als Aktivist für Menschen mit Behinderung. Wie definieren Sie den Begriff Aktivist? Als Aktivist geht es mir darum, nicht nur Missstände anzuprangern, sondern auch Alternativen aufzuzeigen. Für Menschen mit Behinderung heißt das, für ein Leben ohne Barrieren zu kämpfen. Denn schließlich sind wir diejenigen, die es betrifft.
S O Z I A L H E L D E N E .V.
Der Begriff Inklusion spielt eine große Rolle. Was ist gelungene Inklusion? Gelungene Inklusion ist das, was ich in meiner Kindheit und Jugend erlebt habe. Das fing im Kindergarten an und ging weiter in der Schule. Ich habe sozusagen einen der ersten Inklusionskindergärten besucht, ohne dass man das damals so nannte. Das ging dann weiter an der Grundschule und auch auf der weiterführenden Schule, der Sophie-Scholl Schule, einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe in Schöneberg, wurde Inklusion gelebt. Das setzte natürlich voraus, dass es dort kleine Klassen mit höchstens 15 Schülern und vielen Pädagogen gab. Davon profitierten damals auch Nichtbehinderte. Denn bei einer gelungenen Inklusion müssen Pädagogen für alle da sein.
gen zum Thema Intersektionalität von Menschen mit Behinderung und Migrationshintergrund. Es wird immer mehr Mischformen geben, die in der Gesellschaft mehr zum Thema werden. Wenn es um Inklusion geht, sind wir längst noch nicht soweit wie wir sein könnten. Spanien und Italien haben bereits in den 80er Jahren die Sonderschulen abgeschafft. In Deutschland gibt es Sonderschulen bis heute. Konservative Kräfte tun sich in diesem Land schwer, neu zu denken und auf diesem Gebiet für Veränderung zu sorgen. Meiner Ansicht nach bringen Gesamtschulen die Lösung. Orte an denen gemeinsam gelernt wird. Das setzt natürlich genügend Lehrpersonal voraus.
An welchem Punkt der Inklusion befinden wir uns im Rückblick auf die vergangenen 50 Jahre? Diese Frage wird mir oft gestellt, ich halte sie aber für falsch. Das setzt den Gedanken voraus, dass wir irgendwann damit fertig sind. Inklusion ist allerdings ein Prozess. In 20 Jahren stehen wir in Sachen Inklusion vor wieder neuen Aufgaben. Bereits jetzt gibt es zum Beispiel Fragestellun-
Welches Land in Europa ist beim Thema Integration weiter als Deutschland bei der Inklusion? Das sind eindeutig die skandinavischen Länder. Was zählt, ist da die Haltung. In Schweden sagt man zum Beispiel, wenn wir Gebäude bauen, müssen alle Stockwerke barrierefrei sein. Was nützt es nur einzelne Wohnungen barrierefrei zu gestalten? Oder nur die unteren Etagen? Menschen mit
Raul Krauthausen will Menschen aktivieren und Alternativen aufzeigen.
Behinderung müssen schließlich in der Lage sein, Nichtbehinderte zu besuchen. Deshalb müssen alle Gebäude ohne Hindernisse gebaut werden und nicht nur zehn Prozent der Neubauten, wie in Deutschland. Sie moderieren eine Talkshow bei Krauthausen.tv, haben ein Buch veröffentlicht und Sie sind auf vielen Bühnen unterwegs, wenn es um Rechte von Behinderten geht. Welchen Raum nimmt Ihr Engagement für die Sozialhelden ein? Ungefähr 50 Prozent meiner Arbeitszeit setze ich für den Verein Sozialhelden ein. Mir ist bei meiner Arbeit wichtig, Menschen mit Behinderung eine Stimme zu geben. Das gilt auch für meine weiteren Aktivitäten, wie etwa in meinem TalkshowFormat „KRAUTHAUSEN - face to face“. Hier stelle ich Menschen mit Behinderung vor, die sich mit den verschiedensten Themen beschäftigen. Menschen mit Behinderung sollten in allen öffentlichen Bereichen vertreten sein. Nicht nur im Sport, wie es allgemein wahrgenommen wird. So auch zum Beispiel in der Kultur. Im Idealfall trete ich in den
Hintergrund und die Menschen sprechen selbst für sich. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) wurde als großer Erfolg für die Rechte von Behinder ten verkauft. Sie gehören nicht nur im Netz unter dem Hashtag #Nichtmeingesetz zu den Kriti kern. Was könnte an dem Gesetz noch verbessert werden? Das Zustandekommen des BTHG hat von Beginn an drei herausgehobenen Punkten Schwächen: Bereits zu Beginn hat man das Gesetz unter dem Kostenvorbehalt entworfen. Das heißt, seine Auswirkungen durften nicht mehr Kosten verursachen. Das bedeutet nichts anderes als Geld von A nach B zu verschieben. Als zweites Problem sehe ich, dass es Behörden ermöglicht, Menschen, die auf Assistenz angewiesen sind, in Heime zu zwingen. Das kann immer dann geschehen, wenn eine Assistenz von Menschen mit Behinderung zum Beispiel zuhause mehr kostet, als eine Heimbetreuung. Damit verletzt das BTHG ein Grundrecht des Menschen: Nämlich das der freien Selbstbestimmung wie und wo man wohnen möchte. Als drittes wesentliches
Wie sieht Ihrer Ansicht nach die ideale Selbstbestimmung auf Berufsebene aus? Derzeit dürfen Menschen, die auf Assistenz angewiesen sind, nicht mehr als den doppelten Hartz IV Satz plus der Mietkosten verdienen. Eine Assistenz ist sehr teuer und als Privatperson kann man sie sich nicht leisten. Um jedoch die Motivation zu fördern, einer Berufstätigkeit nachzugehen und eigenes Geld zu verdienen, muss diese Einkommensbeschränkung fallen. Politiker sollten doch ein Interesse daran haben, dass Menschen mit Behinderung einer Berufstätigkeit nachgehen damit die Inklusion gefördert wird. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten sollten schließlich auch Menschen mit Behinderung der gleichen Arbeit nachgehen können wie Nichtbehinderte. Abschließend die Frage, woher Ihre Energie kommt, sich so umfassend für Ihre Projekte ein zusetzen? Das sieht immer nach mehr aus, als es ist, und nicht alles lastet auf meinen Schultern. Bei den Sozialhelden sind wir beispielsweise zwölf Leute im Team, die mit mir gemeinsam die Arbeit machen. Bei Krauthausen.tv gibt es eine Redaktion. Dazu treibt mich meine Neugier, gepaart mit Ungeduld, an. Eh ich abwarte, bis sich etwas ändert, gehe ich die Sache lieber selbst an. Mein Credo lautet daher auch „Wartet nicht, packt an!“ und „Sprecht nicht über die Betroffenen, sondern mit Ihnen!“ Interview: JürgenM. Edelmann
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Barrierefrei verständigen Gebärdensprache ist erlernbar
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enn bei einem Vortrag oder einer Diskussionsveranstaltung alle um einen herum in der Gebärdensprache kommunizieren, fühlt man sich als Hörender in der Regel wie in einer verdrehten Welt. Plötzlich lässt sich nachempfinden, wie es Menschen mit Hörschwäche oder Gehörlosigkeit geht, wenn sich um sie herum alle ausschließlich mit gesprochener Sprache verständigen. Das sogenannte Gebärden ist alles andere als eine wahllose Verständigung „mit Händen und Füßen“ und erst recht keine Pantomime. Zwar bestehen Gebärdensprachen neben Handzeichen auch aus Mimik und Körperhaltung, doch verfügen diese über ein umfassendes Vokabular und eine eigenständige Grammatik, die grundlegend anderen Regeln folgt als die Grammatik gesprochener Sprache. Die Deutsche Gebärdensprache wird von etwa 200.000 Menschen dauerhaft oder gele-
gentlich verwendet. Sie ist ebenso komplex wie gesprochene Sprachen, auch wenn sie anders aufgebaut ist. Von der Sprachwissenschaft sind Gebärdensprachen übrigens als eigenständige, vollwertige Sprachen anerkannt. Gebärdensprachen sind genau wie die Lautsprachen natürlich entstandene Sprachen. Jedes Land hat seine eigene nationale Gebärdensprache, in der sich sogar regionale Dialekte entwickelt haben. Um die Deutsche Gebärdensprache zu erlernen, bieten Volkshochschulen in Kooperation mit dem Gehörlosenverband Gebärdensprachkurse an. Hörende lernen in diesen Kursen die Sprache und Lebenswelt der Gehörlosen kennen. Sie werden von gehörlosen Kursleitenden Schritt für Schritt in die lautlose Kommunikation mit Händen, Gesicht und Körper eingeführt. Die Kursleitenden besitzen fachliche und erwachsenenpädagogische, didaktische, interkulturelle, soziale
und kommunikative Kompetenzen und haben meist jahrelange Unterrichtserfahrung. Die Volkshochschulen bieten allein in Berlin rund 25 Kurse in verschiedenen Lernstufen an. Die Bandbreite reicht vom Einsteigerkurs bis hin zum Fortgeschrittenenangebot. Die Teilnahmegebühr liegt zwischen rund 40 und knapp 100 Euro pro Semester. Darüber hinaus gibt es Wörterbücher mit Fotos und CD-ROMS von Gebärden als Lernmaterial. Erste Eindrücke der Sprache eröffnet die täglich im Fernsehen auf dem Nachrichtenkanal Phönix ausgestrahlte Ausgabe der Tagesschau für Gehörlose. Im Internet gibt es darüber hinaus eine breite Auswahl von ersten Einführungsvideos. Ein kompletter Kurs zum Erlernen von Gebärdensprache lässt sich dadurch jedoch nicht ersetzen. Allein um die verschiedenen Spracharten zu unterscheiden, empfiehlt sich ein Dozent mit Zertifikat. (jme.)
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Mobilität und Inklusion „Wir machen Sie mobil“, so werben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) für sich
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er Berliner Behindertenverband hat die Werbung kürzlich überprüft. 600 Berlinerinnen und Berliner mit Behinderung beantworteten die Frage „Wie gut werden bei den Berliner Bussen, U-Bahnen und Straßenbahnen die Bedürfnisse mobilitätseingeschränkter Menschen berücksichtigt?“ Das Ergebnis ist ernüchternd. Am besten schneiden noch die Busse ab: 6,3 Prozent der Befragten gaben ihnen die Note 1 (Sehr gut), hingegen 13,5 Prozent die Note 5 (Mangelhaft). Auf den Plätzen 2 und 3 folgen UBahn und Straßenbahn, mit deutlich schlechteren Werten. Am schlechtesten wurde der Umgang der BVG mit defekten Fahrstühlen bewertet: 56,9 Prozent der Befragten gaben die Note 5, niemand die Note 1. Wie kommen solche schlechten Umfragewerte zustande? Ein Grund ist die fehlende wirksame Einbeziehung behinderter Menschen, wie zum Beispiel bei der Neuanschaffung von Fahrzeugen und der Gestaltung von Rampen und anderen Hilfsmitteln am Fahrzeug. Ihre Bedürfnisse werden immer noch ungenügend berücksichtigt. Dominik Peter, Vorstandsmitglied beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin sagt dazu: „Wenn zum Beispiel Neuheiten vorgestellt werden und die Behindertenverbände in den entsprechenden Gremien daran massive Kritik üben, ist es völlig indiskutabel, wenn BVG und S-Bahn anschließend ganz gezielt den Eindruck erwecken wollen, die neuen Produkte
seien sozusagen von den Verbänden abgesegnet worden, nur weil sie in den Gremien vorgestellt wurden.“ Eine bessere Beteiligung der Berlinerinnen und Berliner mit Behinderung, wie sie auch der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin fordert, könnte den öffentlichen Nahverkehr für alle attraktiver machen. Denn eine zu steile Rampe ist nicht nur für den Rollstuhlfahrer ein Hindernis, sondern auch für ältere Menschen oder Eltern mit Kinderwagen. Defekte Fahrstühle behindern alle, die keine Treppen laufen können. Mehr Beteiligung würde nicht nur die Kundenzufriedenheit erhöhen, sondern auch die Inklusion von Menschen mit Behinderung befördern, weil es dann selbstverständlicher wird, dass alle die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Ganz nach dem Slogan „Wir machen Sie mobil.“ Mehr Informationen zur Umfrage: www.berliner-behindertenzeitung.de/ wp-content/uploads/2017/03/BBVUmfrageergebnisse.pdf Die Autorin Ulrike Pohl ist Fachreferentin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin und selbst im Rollstuhl unterwegs. Damit noch mehr Menschen mit Behinderung mobil unterwegs sein können, soll es künftig in Berlin barrierefreie Inklusionstaxis, also „berollbare“ Großraumtaxen geben. Initiiert hat das der Sozialverband Deutschland, untertützt vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin.
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Altertümliche Rampen und verwe
Trotz gutem Angebot hapert es bei den öffentlichen Verkehrsmitteln noch mit der
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arrierefreie Bahnhöfe, Begleitdienst und Mobilitätstraining. Glaubt man den Websites von BVG und S-Bahn ist Berlin in Sachen Mobilität für Behinderte gut aufgestellt. Grundsätzlich bestätigt das auch Dominik Peter, Vorsitzender des Berliner Behinderten Verbands. „Im Vergleich zu anderen Großstädten in Deutschland ist die Versorgung gut.“ Eine Umfrage unter 600 Lesern der Verbandszeitung zeige jedoch, dass viele trotzdem nicht zufrieden seien. „Das Problem ist: Häufig ist etwas kaputt. Wenn dann der Aufzug nicht funktioniert muss ich mit der U-Bahn eine Station weiterfahren, wenn das dann eine Station ohne Aufzug ist, muss ich noch weiter. Dann mit dem Bus wieder zurück, dahin wo ich eigentlich hinwollte.“ Besonders schlecht bewertet wurde daher der Umgang zwischen der BVG und den Behinderten, wenn etwa Aufzüge ausfallen. 80 Prozent der Befragten bewertete die BVG hier mit den schlechtesten Noten. Die kaputten Aufzüge sind schließlich nicht nur ein Ärgernis für gehbehinderte Personen und Rollstuhlfahrer, sondern auch für Reisende mit viel Gepäck oder Kinderwagen. Schon beim Einsteigen in die U-Bahn solle der Zugführer deshalb auf Wunsch nachprüfen können, ob am Zielbahnhof der Aufzug funktioniere, so die BVG.
Mobil in der Stadt: Menschen mit Behinderung sollten immer einen genauen
Der Zugang in die Bahnen ist für Rollstuhlfahrer nur mit Klapprampen möglich. Der Fahrgast muss also am vorderen Ende des Bahnsteigs warten und dem Zugführer signalisieren, dass er mitfahren möchte. Dann muss die
Rampe angelegt werden, um den Spalt zwischen Bahnsteig und Wagen zu überwinden. „Altertümlich“, findet das Peter. „Der Zugführer muss aussteigen, die schwere Rampe anschleppen und sie auch wieder zurückbringen, das tut einem
WEBSITES Kontakt: WIB – Weißenseer Integrationsbetriebe GmbH Geschäftsstelle • Tassostr. 17 • 13086 Berlin Tel. 030/4799110 • Fax 030/47991132 info@wib-verbund.de • www.wib-verbund.de Jeder Mensch ist der Experte für seine Lebensgeschichte. Der WIB Verbund bietet soziale und berufliche Integration für psychisch kranke, suchtkranke und behinderte Menschen durch Beratung, Betreuung, Arbeit, Wohnen und Tagesstruktur. Mit dem Aufzeigen individueller Lösungswege unterstützen wir die Rehabilitation und eine selbstbestimmte Lebensführung. • Kontakt- und Beratungsstelle • Beschäftigungstagesstätten • Betreutes Wohnen • Integrationsberatung und -fachdienste • Integrationsunternehmen • Anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderung
Bahnhöfe: Bei der UBahn ist ein Großteil der 173 Bahnhöfe barrierefrei. Bei der S-Bahn sind es 156 von 166. Auf mehr als 100 U-Bahnhöfen und 145 S-Bahnhöfen gibt es ein Blindenleitsystem.
Wir machen uns stark! für mehr Selbstbestimmung für mehr Lebensqualität für mehr Barrierefreiheit für mehr Qualität in der Unterstützung von Menschen mit Behinderung
Damit alle teilhaben können. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin e.V. ist Dach- und Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege. Unter seinem Dach sind rund 740 eigenständige, gemeinnützige Organisationen und Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen: darunter auch 120, die sich direkt für Menschen mit Behinderung einsetzen.
paritaet-berlin.de
Internet: Defekte Rolltreppen und Aufzüge sind auf den Websites der S und U-Bahn einzusehen. Bei der Routenplanung kann unter „erweiterte Auswahl“ eingegeben werden, ob die Strecke barrierefrei sein soll. Mobilitätstraining: An sieben Terminen in diesem Jahr können Senioren und Behinderte hier das Ein- oder Aussteigen üben.
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igerte Mitnahme Barrierefrei
GETTY IMAGES/RICH LEGG
n Plan haben.
schon beim zusehen leid.“ Grade für ältere Fahrer sei dies eigentlich unzumutbar. Ein Problem seien häufig auch Fahrer, die eine Mitnahme verweigerten. Sei es aus Bequemlichkeit oder weil der Zug grade ohnehin schon Verspätung habe. So müs-
se man als Rollstuhlfahrer häufig mehrere Bahnen abwarten, bis man mitfahren könne. Die Busse der BVG kamen bei der Umfrage noch am besten weg. Sie wurden von immerhin einem Viertel der Befragten durchweg positiv beurteilt. Laut BVG verkeh-
ren fast nur noch barrierefreie Modelle. Lediglich auf der Linie 218 fahren noch Traditionsbusse, in die über Treppen eingestiegen werden muss. An den Haltestellen senken sich die neuen Busse automatisch ab. Rollstuhlfahrer müssen jedoch auch hier warten, bis die Busfahrer
die Rampe für sie heraus geklappt haben. Auf stark frequentierten Strecken und zu Stoßzeiten müssen sie, genau wie Menschen mit Kinderwagen, oft auf den nächsten Bus warten. Denn in den so genannten Multifunktionsbereichen ist nur Platz für einen, in den Doppeldeckern und den neuen Gelenkbussen, für zwei Rollstühle. Am schlechtesten wurden die Straßenbahnen bewertet. Obwohl sie fast ausschließlich mit so genannten Niederflurwagen fahren, in die stufenlos eingestiegen werden kann, scheint die Nutzung für viele Behinderte nicht praktikabel. Rollstuhlfahrer gelangen über einen elektrischen Hublift oder eine mechanische Rampe hinein. Als der Verbandsvorsitzende Peter die Ergebnisse der Umfrage an die BVG übergab und um eine Stellungnahme bat, wurde er enttäuscht. Denn zurückgekommen sei eine reine Auflistung der vorhandenen Leistungen für Behinderte. „Das ist doch abstrus, da so drauf einzugehen“, meint Peter. Er fragt sich, wie er diese Antwort in der nächsten Ausgabe der Verbandszeitung unterbringen soll. Und auch am Bus & Bahn Begleitservice des Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) übt Peter Kritik. Finanziert von etlichen Geldgebern wie der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, von den Jobcentern des Landes Berlin, durch die Europäische Union sowie von BVG, S-Bahn und DB Regio, garantiert
der Service eine Begleitung von Wohnungstür zu Wohnungstür. Senioren, mobilitätseingeschränkte Fahrgäste und Gäste, die Unterstützung bei der Orientierung benötigen sollen so, nach vorheriger Anmeldung, sicher von einem Ort zum anderen geleitet werden. Wie Dominik Peter jedoch bemängelt, würden die Begleiter im Rahmen des Förderprogramms FAV (Förderung von Arbeitsverhältnissen) der Bundesarbeitsagentur für Arbeit beschäftigt. Immer wenn deren Vertrag ende, werde der Service eingeschränkt. „Seit Februar diesen Jahres gibt es deshalb wieder einmal keinen Begleitservice abends und an Wochenenden mehr“. Das sei sehr unpassend, wenn man zum Beispiel zum nächsten HerthaSpiel wolle, so Peter. Auch viele andere Hobbys, die ja meist am Wochenende oder abends ausgeübt werden, werden so unmöglich. Teilhabe stelle er sich anders vor. Für Personen, die nicht in der Lage sind, die Strecke mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen, gibt es noch den Sonderfahrdienst (SFD). Mit dem Zusatz „T“ im Schwerbehindertenausweis ist man berechtigt, diesen Dienst für Fahrten in der Freizeit in Anspruch zu nehmen. Zum Fahrdienst gehören Assistenzleistungen wie Hilfe beim Treppensteigen und ein Tür-zurTür-Service. Die Fahrten müssen angemeldet werden und die Eigenbeteiligung beträgt zwischen zwei und zehn Euro. (stk.)
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Willkommen in der Herberge Ein einmaliges Angebot in Berlin
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icherlich haben Sie sich schon öfter die Frage gestellt: „Wo wird mein behindertes Kind - mein behinderter Angehöriger, wenn ich selbst mal in Not gerate, wenn eine Krisensituation eintritt, oder wenn ich einfach einmal eine Auszeit brauche, professionell betreut, gefördert und unterstützt?“ Die „Herberge“ ist eine vollstationäre Einrichtung, die behinderten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, deren häusliche Betreuung zeitweilig nicht gewährleistet werden kann, oder deren Übergang in eine Wohneinrichtung vorbereitet werden soll, auch kurzfristig ein Zuhause mit jeder individuell erforderlicher Assistenz für einen begrenzten Zeitraum anbietet. Unter den vollstationären Einrichtungen im Sinne des Wohn-Teilhabegesetzes ist das Kurzzeit-Betreuungs-Angebot der Herberge, die unter dem Dach der RBO-Inmitten gemeinnützige GmbH angesiedelt ist, einmalig im gesamten Raum Berlin.
Auch Angehörige brauchen mal Urlaub …
Die Herberge – ein vorübergehendes Zuhause. Die Herberge befindet sich im Haus der Generationen im Lichtenberger Fennpfuhlkiez. Es können Kinder, Jugendliche und Erw rwachsene w mit einer geistigen, körperlichen und/oder mehrf rfaf chen Behinderung, deren häusliche Betreuung zeitweilig nicht gewährleistet ist oder deren Wechsel in eine neue Wohnform vorbereitet werden soll, rund um die Uhr betreut werden. Die Herberge ist eine Einrichtung der
RBO R h bili i RBO-inmitten gemeinnützige GmbH
Die Herberge Paul-Junius-Str. 64A 10367 Berlin Tel: 030 986 01 999 35 /-36 Leitung: Lutz Fürstenberg fuerstenberg@rbo.berlin www.rbo.berlin
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Alle Kinder haben einen Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kita.
Zusätzliche Betreuung oft kompliziert Alle Kinder sollen alle Kitas besuchen können. Das klappt aber nicht immer
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ie einen in der Sonderschule, die anderen am Gymnasium. In einen Kindergarten die „Normalen“, in dem anderen nur Behinderte. Das soll es in Deutschland nach der UN-Behindertenrechtskonvention, die 2009 in Kraft getreten ist, nicht mehr geben. Nicht mehr Integration, also die Gruppe in der Gruppe, ist das Ziel, sondern Inklusion, wörtlich: Zugehörigkeit. Inklusion bedeutet: Von vornherein allen Menschen die uneingeschränkte Teilnahme an allem möglich zu machen. Das gilt selbstverständlich auch schon für die Kleinsten in der Kita. „Alle Kinder haben einen Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kita oder Kindertagespflege ab dem ersten Geburtstag – unabhängig von der Art und Schwere einer Behinderung“, erklärt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Wobei viele Eltern von behinderten Kindern die Elternzeit verlängern, denn in den ersten Jahren stehen oft etliche Termine bei Ärzten oder Therapeuten an. Soll das Kind dann in die Kita und ist ein Platz gefunden bekommt die Einrichtung, je nach Behinderung des Kindes, mehr Personal. Zwischen einer viertel und einer halben Stelle mehr ist für ein behindertes Kind in Berlin vorgesehen. Kleine Gruppen, in
denen nur Kinder mit Behinderung betreut werden, gibt es zwar immer noch, diese sollen jedoch die Ausnahme bleiben. In diesen besonderen Gruppen werden in Berlin derzeit 78 schwerstbehinderte Kinder betreut. In Kindertageseinrichtungen sind es rund 8.000 behinderte Kinder. Mittlerweile sollen alle 2.489 Kindertageseinrichtungen in Berlin die Betreuung und Förderung von behinderten Kindern anbieten. Wie schwer es jedoch sein kann, in Berlin einen Kitaplatz zu bekommen ist bekannt. Eine Behinderung des Kindes macht es den Eltern nicht leichter. Für die Beratung zur Kitaplatzsuche sind die jeweiligen Jugendämter zuständig. „Diese nehmen ihre Verpflichtung, den Eltern auf Wunsch einen freien und geeigneten Platz nachzuweisen, sehr ernst“, so die Senatsverwaltung. Beschwerden aufgrund mangelnder Chancen bei der Kitaplatzsuche für behinderte Kinder seien nicht bekannt. Viele Eltern von behinderten Kindern können jedoch von Problemen berichten. So etwa Nicole Stangl, vom Verein Eltern beraten Eltern. Ihre Tochter hat einen A-Status, bekäme also in einer Kita eine viertel Erzieherstelle zugesprochen. Die Tagesmutter, die sie betreut, be kommt aber nach Stangls Angaben nur etwa
200 Euro monatlich für die Betreuung des behinderten Kindes zugesprochen, von denen nach Abzug der Steuern kaum etwas übrig bleibt. Die Betreuung in der Tagespflege hängt also auch stark von der Motivation der Tageseltern ab. „Bei den Fällen die wir im Verein betreuen, bekommen wir am Ende zwar meist alle Kinder unter“, so Stangl, „es gibt schon Plätze. Diese seien jedoch nicht immer optimal. Ein Problem sei das fehlende Personal. Ob durch Krankheit oder Bürokratie. „Es gibt Fälle, da übernimmt eine Kita das behinderte Kind und beantragt die zusätzliche Stelle und es wird über Monate nichts bewilligt“, so Stangl. Das Kind müsse in der Zeit aber ja trotzdem betreut werden. Dabei gebe es auch einen großen Unterschied zwischen den Behinderungen der Kinder. „Ein Kind mit Down Syndrom, das ansonsten gut drauf ist, braucht die viertel Stelle vielleicht gar nicht unbedingt, so Stangl. Bei einem Kind mit Autismus könne hingegen sogar ein eigener Ruheraum nötig sein, der in vielen Kitas nicht gestellt werden kann. Fälle von Kindern mit mehrfachen schwersten Behinderungen seien jedoch selten. Welche Probleme die Kitasuche dort machen könne, beschreibe Vereinsmitglied und Journalistin Mareice Kaiser,
auf ihrem Blog (kaiserinnenreich. de) und in ihrem Buch. Bei ihrer mehrfach behinderten Tochter dauerte es Jahre, bis eine geeignete Betreuung gefunden war. Dabei darf nach dem Kindertagesförderungsgesetz keinem Kind mit Behinderung die Aufnahme in eine Kindertagesstätte verweigert werden. Stellt die Kita fest, dass sie die Betreuung des Kindes nicht leisten kann, soll zusammen mit den Eltern nach Alternativen gesucht werden. Das zuständige Jugendamt sei verpflichtet einen freien Platz nachzuweisen, so die Senatsverwaltung. Die nächste Hürde besteht im Übergang zur Schule. Denn trotz Behindertenrechtskonvention ist der Übergang zu einer Regelschule noch immer nicht der Normalfall. „Mehr als 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit sozialpädagogischem Förderbedarf werden zurzeit mit Kindern und Jugendlichen ohne Behinderung an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet“, erklärt die Senatsverwaltung. Dies sei im Bundesvergleich ein relativ hoher Wert. Die Sonderschulen gibt es immer noch. Die Integration in eine normale Schule wird jedoch vorgezogen. Ob das Kind dennoch an einer Förderschule unterrichtet werden soll, entscheiden die Eltern. (stk.)
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Kurze Sätze, große Schrift, viele Absätze Die „Leichte Sprache“ soll allen Menschen den Zugang zu Texten ermöglichen
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as Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“, dieser Satz aus dem Artikel 1 der Grundrechte aus dem Grundgesetz Deutschlands klingt leicht verschwurbelt, ist für mich jedoch recht einfach zu verstehen. Wie aber sieht es für Menschen mit einer Lern- oder einer geistigen Behinderung aus? Wie, wenn der Leser nur wenig deutsch spricht? Oder lange Sätze nur schlecht erfassen kann, da er funktionaler Analphabet ist? Da hilft die so genannte Leichte Sprache. Der Satz aus dem Artikel eins sieht nach der Bearbeitung durch das Netzwerk Leichte Sprache dann so aus: Für alle Menschen auf der Welt gelten Menschen-Rechte. Sie sichern Frieden und Gerechtigkeit. Die Deutschen halten sich an die Menschen-Rechte. Nur so können alle gut zusammen leben.
Der Verein Netzwerk Leichte Sprache setzt sich für die Qualitätssicherung der Leichten Sprache ein. Unter den etwa 100 Mitgliedern finden sich Eltern von Kindern mit Lernschwierigkeiten oder Professoren die sich für die Leichte Sprache interessieren. Hauptsächlich sind es aber Übersetzer und Prüfer für Leichte Sprache. Die wichtigsten Regeln lauten: kurze Sätze, große Schrift, viele Absätze, erklärende Bilder, keine Abkürzungen und Redewendungen und genügend Abstand zwischen den Zeilen. Außerdem werden die Texte von Mitgliedern der Zielgruppe geprüft, denn nur sie können sagen: Ich kann diesen Text gut verstehen. „Die Prüfer der Texte sollen sich in unserem Netzwerk kennen lernen“, sagt Gisela Holz, Sprecherin des Netzwerks. „Und wir wollen ihre Bedürfnisse besser verstehen“. Die einzelnen Übersetzungsbüros, die im Netzwerk organisiert sind, verteilen sich über Deutschland, Österreich, Italien, die Schweiz und Luxemburg. Das Netzwerk organisiert für seine Mitglieder Schulungen und Vorträge über Leichte Sprache, außerdem sprechen sie auf Veranstaltungen und Tagungen
T H I N K S T O C K . D E / WAV E B R E A K M E D I A / WAV E B R E A K M E D I A LT D
Längere Texte sind nicht für jeden verständlich.
darüber. Auf ihrer Website kann man sich darüber informieren, welche Bücher, Broschüren oder Texte im Internet in Leichter Sprache angeboten werden. „Die Leichte Sprache ist dazu da, Menschen mit Lernschwierigkeiten Teilhabe zu ermöglichen“, sagt Gisela Holz. Normale Texte verhinderten tatsächlich in vielen Fällen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Ob eine Zeitung, der Brief des Stromanbieters oder ein einfaches Hinweisschild zum Winterdienst auf der Straße. Vieles ist einfach zu kompliziert. „Das heißt natürlich nicht, dass nun nur noch Leichte Sprache unterrichtet werden soll“, versichert Holz. Sie habe sogar schon bitterböse Briefe bekommen, von Menschen die Angst hätten, es solle nun Goethe nur noch in Leichter Sprache geben. „Viele Menschen schaffen durch Leichte Sprache auch den Zugang zu normalen Texten“, erklärt sie. Doch etwa ein Behördenbrief sei für viele einfach nicht zu verstehen. Deswegen will der Verein die Leich-
Angebot für Menschen mit und ohne Behinderung, ein Wörterbuch für Leichte Sprache in Form eines Wikis geschaffen. Wie bei Wikipedia können die Leser hier die Einträge bewerten und verbessern oder neue Einträge schaffen. Und auch immer mehr Institutionen bemühen sich mittlerweile um Leichte Sprache. Denn sie ist für jeden besser zu verstehen. So können etwa die Websites der Bundesregierung durch einen Klick einfach verständlich gemacht werden und auch viele Broschüren werden dort in Leichter Sprache angeboten. Auch die Deutsche Renten Versicherung bietet auf ihrer Website Informationen in leichter Sprache. Auch wenn es in manchen Bereichen noch ein wenig hapert. Für „medizinische Rehabilitation“ etwa, sollten vielleicht noch leichtere Wörter gefunden werden. Bei den öffentlichen Sendern NDR und MDR gibt es einmal in der Woche Nachrichten in Leichter Sprache. Auf der Website des NDR gibt es jeden Freitag neues. Beim MDR jeden Samstag. Das ist natürlich nur ein Anfang und noch nicht viel. Für die meisten Deutschen ist es schließlich selbstverständlich, sich täglich, wenn nicht minütlich über die neuesten Entwicklungen der Welt informieren zu können. Und mal ganz ehrlich: Spätestens bei der Steuererklärung hat sich doch jeder schon einmal Leichte Sprache gewünscht. (stk.)
te Sprache bekannter machen. Bei den Zielen des Vereines sieht das dann so aus: Für Menschen mit Lern-Schwierigkeiten gibt es nur wenig zum Lesen. Es fehlen Bücher oder Informationen in Leichter Sprache. Das wollen wir ändern. Jeder Mensch hat das Recht auf Informationen und Bücher. Die Ursprünge der Leichten Sprache liegen in den USA. Dort haben sich in den 70er Jahren Menschen mit Lernbehinderung für mehr Rechte und Selbstbestimmung zusammengeschlossen. Nachdem die Idee in den 90er Jahren auch nach Deutschland kam, gründete sich 2001 der erste Verein: Mensch zuerst –Netzwerk People First Deutschland. Sie brachten auch das erste Wörterbuch für Leichte Sprache heraus. Unter hurraki.de hat Hep Hep Hura, ein
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Der Notruf für den Notruf Wissenswertes für barrierefreie Hilfe
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in Notruf ist für Menschen mit Behinderung eine besondere Herausforderung. Im Fall der Fälle müssen Adressen und Daten parat liegen, um Polizei und Feuerwehr Auskunft über den Vorfall und die Anzahl sowie den Zustand von möglichen Verletzten zu geben. Für Gehörlose und Hörgeschädigte kann dies eine Hürde sein, die im Zweifel wertvolle Minuten kostet. Grundsätzlich gilt für alle Menschen im akuten Notfall, auf sich aufmerksam zu machen und Hilfe von Nachbarn und Passanten zu holen. Die Berliner Polizei ist speziell für Hörgeschädigte vom Handy aus per SMS erreichbar. Zur Entgegennahme von Notrufen ist ein Faxempfang eingerichtet, der nach Eingabe der jeweiligen Providervorwahl des Netzanbieters sowie der Nummer 030-4664-86418 erreichbar ist. Diese Nummer sollte zuvor im Adressverzeichnis gespeichert sein. Abgesehen davon ist der Notruf seit 2009 per SMS unter der Nummer 0171 - 869 2500 erreichbar. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein Fax kostenfrei direkt an die NotrufNummer 110 zu senden. Eine geeignete Vorlage steht zum Herunterladen auf der Homepage der Berliner Polizei www.polizei. berlin.de/notfall bereit. Die Berliner Feuerwehr kooperiert eng mit der Polizei, so dass der Alarm weitergegeben wird. Ein direkter Kontakt zu den Brandhelfern ist auf elektronischem Weg für Gehörlose und Hörgeschädigte allerdings ausschließlich über das Fax am Notrufplatz möglich. Eine Notruf-App, die hörgeschädigte Menschen ins deutsche Notrufsystem voll und barrierefreie integriert, gibt es jedoch noch nicht. ((jjme.) IMPRESSUM Berliner Verlag GmbH Geschäftsführer: Michael Braun, Jens Kauerauf Vermarktung und Umsetzung: BVZ BM Vermarktung GmbH (Berlin Medien), Karl-Liebknecht-Str. 29, 10178 Berlin PF: 02 12 84, 10124 Berlin Geschäftsf.: Andree Fritsche Projektverantwortung: Renate Werk, Tel. 030-23 27 53 15 sonderprojekte@berlinmedien.com Druck: BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH, Am Wasserwerk 11, 10365 Berlin Redaktion: Peter Brock (verantw.) Jürgen-M. Edelmann Layout, Produktion: mdsCreative GmbH Geschäftsführer: Klaus Bartels Layout: Nadja Abdul Hussein Titelbild: Thinkstock.de/iStock/ DenKuvaiev
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Ein ungewöhnliches Bild, das aber im Schwimmbad kein Aufsehen erregen sollte.
Baden, Basteln, Tanzen, Musizieren Etliche Projekte in Berlin bieten Spaß für Menschen mit und ohne Behinderung
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ür Menschen mit Behinderung oder behinderten Kindern sind sommerliche Ausflüge und Urlaube meist mit größerem Aufwand verbunden. Laut UN-Behindertenrechtskonvention sollen zwar alle Freizeitangebote, ganz im Sinne der Inklusion, jedem zur Verfügung stehen. Dies ist aber häufig davon abhängig, wie barrierefrei das jeweilige Schwimmbad, Museum oder der Freizeitpark wirklich ist. Und in wie weit die Angestellten geschult und willens sind, Menschen mit Behinderung zu unterstützen. Zu guter Letzt hängt es natürlich wesentlich von der jeweiligen Behinderung ab. So hat ein sehbehinderter Mensch andere Ansprüche an ein Schwimmbad als jemand der gehbehindert ist oder an Spasmen leidet. Die Mitgliedsstaaten der Behindertenrechtskonvention haben sich verpflichtet, Freizeitangebote für alle Menschen zugänglich zu machen. Tatsächlich gibt es daher immer mehr Auflagen beim Neubau von Einrichtungen und auch etablierte Anbieter müssen nachrüsten. Ohne Hindernisse zum Freizeitangebot findet man außerdem in Gruppen, die explizit für Menschen mit oder ohne Behinderung angeboten werden. In Berlin
gibt es in nahezu jedem Bezirk Angebote für Freizeitaktivitäten in gemischten Gruppen. Viele der Freizeitprojekte sind Teil des Integrierten Sozialprogramms der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. Dazu gehören kulturelle Veranstaltungen, offene Treffen, Kurs-, Sportund Gruppenangebote, sowie organisierte Reisen speziell für Menschen mit Behinderung. Anbieter sind zum Beispiel die Arbeiterwohlfahrt, Bürgerbegegnungszentren oder Vereine.
So etwa das Theater Ramba Zamba Berlin. Hier sollen Menschen mit und ohne Behinderung ihr künstlerisches Potenzial zeigen. Sie werden ausgebildet und erhalten Unterricht in Bereichen wie Rhyt ythmus- und Körperarbeit, Sprech- und Stimmtraining und Tanz. Die Stücke sollen sich dabei immer auf aktuelle gesellschaftliche Themen beziehen und werden von den beiden Regisseuren mit dem Ensemble entwickelt. Das Ziel allen Menschen Freizeitaktivitäten zu ermögli-
chen verfolgt auch der Freizeitclub der Vereinigung für Jugendhilfe in Berlin Neukölln. Seit über 50 Jahren bietet er, überwiegend geistig behinderten Menschen, ein abwechslungsreiches Programm aus den unterschiedlichsten Bereichen wie Musik und Tanz, Ausflüge und Wochenendaktivitäten. Hier gibt es im April eine Ostereiersuche, einen Kochclub oder Besuche von der Feuerwehr oder Therapiehunden. (stk.)
ANGEBOTE FÜR MENSCHEN MIT UND OHNE BEHINDERUNG Freizeitclub der Vereinigung für Jugendhilfe in Neukölln: Musik, Tanz, Kochen, Ausflüge, Spiele und Wochenendausflüge für Menschen mit und ohne Behinderung www.vfj-berlin.de Theater Ramba Zamba in der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg: Theater, Musik, Gestaltung und Malerei für Menschen mit und ohne (geistiger) Behinderung. www.theater-rambazamba.org Ausblick e.V. In Lichtenberg: Kinder- und Jugendclub für Menschen
mit und ohne geistige Behinderung. www.freizeitclub-ausblick.de AWO Falk-Club in Neukölln: barrierefreie Freizeiteinrichtung für Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf ab 16 Jahren. www.awo-südost.de/falkclub
Spastikerhilfe Berlin in Charlottenburg-Wilmersdorf: Freizeitklubs für Menschen mit Behinderung. Angeboten werden zum Beispiel Ausflüge, Kino-, Theater- und Konzertbesuche oder Schwimmen. www.spastikerhilfe.de/freizeitangebote/freizeitklubs.html
Freizeitclub Remise in TreptowKöpenick: Koch-, Dart-, Kreativ und Computerkurse für Menschen und Angehörige mit und ohne Lernschwierigkeiten. www.berlinerstarthilfe.org/venue/ freizeitclub-remise
Zukunftssicherung Berlin e.V. in Steglitz-Zehlendorf: Für Menschen mit und ohne Behinderung ab 16 Jahren. Angeboten wird zum Beispiel: Wandern, Tanzen, Yoga und ein Hertha-Club. www. zukunftssicherung-ev.de (stk.)