pöcksteiner | band 1
markus pöcksteiner
Historischer Strudengau
»Vorhang auf für ein außergewöhnliches Werk !« Dieser Band vermittelt in seinen Bildern und Geschichten lyrische und Augenblicke werden in ein neues Licht gesetzt – die Aufmerksamkeit richtet sich auf Persönlichkeiten, Bauten und Landschaften, auf leichtes Leben und harte Arbeit, auf Kurioses und Beständiges. Die reich bebilderte Szenenfolge lässt alles Gegenwart werden, während die Geschichten Staunen und Vergnügen bereiten. Kurzum: À la bonne heure!
robert meyer
Volksoperndirektor und Strudengau-Liebhaber
ISBN 978-3-9505082-0-8 ISBN 978-3-9505082-0-8
9 783950 508208 9 783950 508208
Historischer Strudengau
dramatische Momente vor der Kulisse des alten Strudengaus. Längst vergangene
Alltägliches und Kurioses aus einer vergangenen Welt
band 1
Eine ungewöhnliche Perspektive auf die Kilianikirche in Sarmingstein; um 1900 hatte nahezu jedes Haus an der Donau seine eigene kleine Wirtschaft mit eingezäuntem Nutzgarten.
Ein kurzes Vorwort
D
ie Idee zu diesem Band entstand
Dieser Band zeigt den Strudengau zwi-
mit der Arbeit an einer Topothek
schen 1880 und 1930. Er bringt die Kul-
über St. Nikola an der Donau. Innerhalb
tur und Natur einer vergangenen Epoche
kürzester Zeit sammelte sich in dieser
ans Licht und fördert dabei Alltägliches
Internet-Datenbank eine Reihe bemer-
und Kurioses zu Tage.
kenswerter historischer Fotos an, die als Grundlage zu diesem Werk dienten.
Auf vielen der rund 120 Fotos sind Menschen zu sehen. Menschen, die ar-
Über Jahrhunderte war der Strudengau
beiten, sich entspannen, trauern und fei-
ein romantisches Donautal – und eine
ern. Diese Aufnahmen machen das Buch
gefürchtete Strecke für die Schifffahrt.
lebendig und ermöglichen uns eine Ver-
Mit dem Bau des Kraftwerkes Ybbs-Per-
bindung zur damaligen Zeit.
senbeug wurden der gefährliche Strudel
Als Strudengauer wünsche ich Ihnen,
wie auch der Hausstein-Wirbel endgültig
mit diesem Werk in die Historie unseres
entschärft – allerdings erhöhte sich der
schönen Donautales eintauchen zu kön-
Wasserspiegel um bis zu zehn Meter.
nen und damit auch die heutige Zeit mit
Dies verwandelte das Gesicht des his-
Als gebürtiger Greiner kennt Dr. Markus Pöcksteiner den Strudengau in all seinen Facetten. Der Soziologe und ehemalige Regionalentwickler schätzt die Menschen und die Kultur dieser kleinen Region.
neuen Augen zu sehen.
torischen Strudengaus. Dutzende von
Und vielleicht entsteht dabei ein we-
Häusern mussten dem Bau weichen,
nig Sehnsucht nach den alten, schmalen
der Aufstau veränderte die Donau-Land-
Straßen, bevölkerten Promenaden und
schaft erheblich.
weiten Sandbänken… Dr. Markus Pöcksteiner 7
spezial: der historische strudengau
Die Entwicklung einer Region
I I
m Sommer 1909 zeichnete sich
Über Jahrhunderte war dieser kurze
ab, dass die Bahnstrecke zwischen
Donauabschnitt vorrangig durch die
Grein und Krems noch im selben Jahr
beiden Schifffahrtshindernisse »Stru-
eröffnet werden würde. Also beschlos-
del« und »Wirbel« bekannt. Einen ers-
sen die Bürgermeister von Grein bis
ten Zustrom von Gästen erlebte die
Ybbs, dem Donautal einen passenden
Region ab 1846 mit der Eröffnung der
Namen zu geben, um es zukünftig bes-
Kaltwasser-Heilanstalt Bad Kreuzen.
ser bewerben zu können.
Die Kurgäste entdeckten die schöne
Neben vielen Vorschlägen wie Freya schlucht oder Hunnenpforte fand sich
ten die Kunde zu Hause.
Villa in Sarmingstein. Diese attraktiven
Mit dem Erstarken des Fremdenver-
Bauwerke erhöhten den Reiz der Ge-
kehrs entwickelte sich auch die Gas
gend und zogen weitere Besucher an.
tronomie weiter. An vielen Plätzen
auch der Name Strudengau, den der
Mitte des 19. Jahrhunderts begann
Lehrer Gutlederer aus Altenmarkt an
die Erste Donau-Dampfschiffahrts-Ge-
der Isper mit folgender Begründung
sellschaft die Strecke zwischen Wien
Auch in der Zwischenkriegszeit er-
veröffentlicht hatte: »Der Name Stru-
und Linz zu befahren und machte da-
lebte der Strudengau reges Interesse
dengau ist geschichtlich und landschaft-
mit die Gegend weiter bekannt.
von Sommerfrischlern aus ganz Öster-
Dennoch wurde der Strudengau
reich und darüber hinaus. Neben den
wohl aufgrund seiner topografischen
günstigen Preisen und der herzlichen
Eigenheit eines engen Flusstales nie
Gastfreundschaft schätzten die Gäste
überrannt. Möge er noch lange bleiben,
vor allem die Ruhe und landschaftliche
was er immer war:
lich begründet, erweckt Vorstellungen von
Zum Ende des 19. Jahrhunderts ent-
Riffen und wirbelnden Wellen, ist volks-
standen prächtige Villen und Schlösser
tümlich, sprachlich leicht und gewandt.« Mit der Wahl hierzu war der Strudengau offiziell geboren.
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Mühlviertler Landschaft und verbreite-
entlang der Donau. So etwa Schloss Dornach, die Herndl-Villa am Greiner Donaukai oder die pittoreske Karger-
Mit dem Erstarken des Fremdenverkehrs wuchs entlang der Donau auch die Gastronomie; hier der Gastgarten der Jausenstation ›Korb‹ nahe der Gießenbachmündung
Schönheit.
entstanden nun Jausenstationen, Cafés mit Gastgärten und Ausschänke.
Der Ausschnitt der Karte ›Die Donau. Ulm–Wien‹ aus dem Jahre 1925 zeigt den Strudengau ab den Gemeinden Saxen/Ardagger bis Ybbs/Persenbeug. Im oberen Donauverlauf zeigte sich vor Ardagger eine weitläufige Aulandschaft, die heute so nicht mehr zu finden ist.
Ein Geheimtipp!
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von dornach nach grein
Beginn mit Steinbruch, Schloss und Malerei In Dornach beginnt der historische Strudengau. Während der heutige Besucher seine Blicke auf das stilvoll restaurierte Schloss Dornach richtet, lenkte im 19. Jahrhundert ein gewaltiger Steinbruch alle Aufmerksamkeit auf sich. Die Arbeiter kamen nicht nur aus der näheren oberösterreichischen Umgebung – auch von Ardagger und Tiefenbach setzten sie mit Zillen über die Donau. Der landschaftlichen Schönheit indes widmeten sich die Teilnehmer der Malschule Klingsbögl und in Neustadtl versorgte eine Natural-Verpflegsstation Mittellose und Arbeitssuchende.
Eine Szene wie aus dem Wilden Westen: Der Steinbruch in Dornach um 1900; Abertausende von Granitblöcken wurden in mühevoller Arbeit aus dem Berg gebrochen und zu Pflastersteinen verarbeitet. Mit Plätten nach Wien verfrachtet, dienten sie unter anderem dem Bau der Ringstraße und der Befestigung zahlreicher Wiener Plätze.
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von dornach nach grein
Das ›Große Haus‹ war ein Gutshof, den der schwedische Dichter August Strindberg bei einem seiner Aufenthalte 1894 mit einer selbst hergestellten Kamera fotografierte.
Vom Strindberg-Haus zum Schloss Dornach
I U
rsprünglich war es ein Gutshof –
schen Schriftsteller August Strindberg
das »Große Haus«, wie es gerne
kennen und heiratete ihn kurz darauf.
genannt wurde. Bereits 1455 wird der
Das junge Paar hielt sich von 1893
Hof erwähnt – über viele Besitzer ge-
bis 1896 mehrmals auf dem Anwesen
langte er schließlich in das Eigentum
auf. Der Ehe war allerdings keine lange
des Greiner Notars Cornelius Reischl.
Dauer beschieden. Mit der Geburt der
Dieser hatte eine Enkelin mit dem Na-
Tochter Kerstin 1894 nahmen die Strei-
men Maria Friederike Cornelia Uhl, die
tigkeiten zu. Als sich das Ende der Be-
spätere Frida Strindberg-Uhl.
ziehung abzeichnete, verfiel Strindberg
Und mit dieser jungen Frau beginnt
in eine düstere Phase – seine »Inferno-
Als neue Besitzerin ließ Maria There-
Der heutige Eigentümer erwarb das
eine Geschichte, mit der die Gegend
Krise« – mit Wahnvorstellungen und
sia Prinzessin von Thurn und Taxis
Schloss 2003 und sanierte es aufwän-
um Saxen – allerdings anonym – in die
Realitätsverlust. Mit den beiden Ro-
1898/99 das Große Haus in neobaro-
dig. Den dringend benötigten Hoch-
Weltliteratur einging:
manen »Inferno« und »Der Weg nach
ckem Stil zum Schloss Dornach um-
wasserschutz löste er architektonisch
Damaskus« gelang es ihm indes, seine
bauen. In den vormals offenen Hof
elegant mit kleinen, verglasten Mau-
Seele wieder freizuschreiben.
setzte man eine Terrasse auf Pfeilerar-
ereinsparungen, die wie Zinnen einer Burg wirken.
Frida Strindberg-Uhl war die Tochter von Friedrich Uhl, dem Chefredakteur
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der Wiener Zeitung. 1892 ging sie mit
Und dabei schilderte er die Gegend
kaden. Kleine Erker und Giebel wurden
20 Jahren als Literaturkorrespondentin
von Saxen und Klam in seinen land-
geschoßversetzt angebracht und an der
Und so wird das aparte Gebäude
dieses Blattes nach Berlin. Hier lernte
schaftlichen Szenen auf eindeutig wie-
Ostseite ein achteckiger, von Zinnen
vielleicht ein weiteres halbes Jahrtau-
sie 1893 den 23 Jahre älteren, schwedi-
dererkennbare Weise…
gekrönter Turm angebaut.
send bestehen und betören.
Anbau des zinnenbekrönten, achteckigen Turmes an das Große Haus, 1899
1898 bis 1899 ließ Maria Theresia Prinzessin von Thurn und Taxis das Große Haus zum heutigen Schloss Dornach umbauen. Es markiert – heute vorbildlich restauriert – den Beginn des historischen Strudengaus. Im Vordergrund Zillenfahrer mit selbstgebauten Rahsegeln, um bei Ostwind gegen die Strömung fahren zu können
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